Hallo Welt

August 2021 - August 2022
Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben. - Kurt Tucholsky
Nur wer sich auf den Weg macht, wird neues Land entdecken. - Hugo von Hofmannsthal
Zögere nie, weit fortzugehen, hinter alle Meere, alle Grenzen, alle Länder, allen Glaubens. - Amin Maalouf
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  • Day 34

    In Peru, in Peru, in den Anden

    September 5, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 11 °C

    Wir erreichen Huaraz gegen 6 Uhr früh, nach 8h Busgeschaukel mit übergelaufener Toilette und sehr wenig Schlaf, der Check-in ist leider erst um 15 Uhr, wir dösen in den Hostelbereichen... Der Blick von der Dachterrasse auf die Berge der Cordillera Blanca hier entschädigt uns für die Nacht. Wir sind nun in den nördlichen Anden Perus angekommen, der höchsten Gebirgskette des amerikanischen Kontinents und der Tropen (180 km lang und mit über 50 Bergen über 5700m )! Cordillera Blanca - denn dort liegt ganzjährig Schnee, im Gegensatz zur Cordillera Negra.
    Hier in Huaraz, auf 3100m, beginnen wir unsere Akklimatisierung, gewöhnen uns an die dünne Luft, trinken viel Coca-Tee, machen langsam. Wir kommen für knapp eine Woche im Selina Hostel unter, mit Blick auf die Berge und einer Badewanne (juhuuu!). Die meisten anderen rauschen hier mit zahlreichen Touren durch, wir gehen es in der Höhe etwas langsamer an und planen nur zwei Routen, beides langgehegte Ziele! Ich bin ein bisschen aufgeregt!
    Ansich bietet die Stadt nicht viel, ist eher bekannt unter Bergsteigern; der Plaza de Armas jedoch wird von mächtigen Bergen eingefasst und das kleine Museum zeigt zahlreiche alte Schätze und einen liebevoll gehegten Park voller Monolithen in Mensch- und Tiergestalt, die vermutlich Tempel oder andere Orte schützen sollten. Die Stadt wurde durch eine Lawine 1970 komplett zerstört, daher ist sie nicht unbedingt eine Perle der Anden, ihre Straßen ebenso. An einigen Stellen ist es sehr schmutzig und Müll prägt das Straßenbild, an anderen Stellen ist wieder ganz akkurat gefegt. Überall aber belagern dutzende Hunde die Stadt, sie liegen tagsüber in der Sonne, durchstöbern Müll, bellen die ganze Nacht um die Wette.
    Wir gehen ein paarmal bei TraMonti lokal essen (ein Mittagsmenü(!) für 2 Euro pro Person), teilen mit israelischen Hostelbewohnern die bisher schlechteste Küche und werden von ihnen an  Rosch Haschana zum jüdischen Neujahrsessen eingeladen. Traditionell wird zudem Apfel mit Honig gegessen, damit das neue Jahr genauso süß werden wird. Diese Aussicht nehmen wir sehr gerne mit!
    Nunendlich zu unserer ersten Tour: Am Sonntag, dem 5.09. ging es um 8 Uhr los, Ziel Laguna Paron, auf 4200m. Wir hatten bereits Videos davon gesehen und freuten uns wahnsinnig auf die Tour. Die Anfahrt dauerte fast 4h und es schaukelte am Ende sehr stark, bis wir endlich mit dem Kleinbus ankamen - und natürlich waren wir nicht die einzigen!
    Aber wir waren beide restlos begeistert, Chris findet sogar, dass es der schönste Ort unserer bisherigen Reise ist. Und tatsächlich - die strahlendblaue Lagune im Sonnenschein erschien fast unwirklich. Dieses Türkis! Ich musste Uzu schreiben, denn ein wenig fühlte ich mich an den Peyto-Lake erinnert, den ich vor vielen Jahren mit ihr in Kanada besucht hatte. Welch schöne Fleckchen Erde unsere Welt doch zu bieten hat!
    Wir gehen noch eine halbe Stunde hoch zum "Mirador" (Aussichtspunkt) , nur 200 Höhenmeter, der Aufstieg ist leicht, aber die Atmung geht schwer. Umgeben von Gletschern und riesigen Granitbrocken erhaschen wir trotz vieler anderer Touristen weitere tolle Blicke auf die Lagune, dem größten Gletschersee der Cordillera Blanca und wichtigste Süßwasserreservoir der Region hier, gespeist vom Schmelzwasser des Huandoy und Chacraraju, dem Artesonraju, Aguja und der Pyramide im Osten. Habt ihr auch das Paramount-Motiv wiedererkannt?
    Wir hatten noch das wunderbare Blau vor Augen, als wir abends im Hostel ankommen und mich unsägliche Kopfschmerzen heimsuchten. Erst nach drei oder vier Stunden, zahlreichen Tabletten und kalten Waschlappen fand ich Schlaf. Chris blieb zum Glück verschont!
    Trotzdem waren wir uns einig, wie wundervoll dieser Tag gewesen ist - und wollten am nächsten Tag "blau" machen. ;-)
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  • Day 36

    Der weiße Sherpa

    September 7, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 9 °C

    Heute geht ein Traum in Erfüllung - wir erklimmen 4604m und erreichen die Lagune 69. So unaufgeregt der Name auch klingen mag, der Anblick dieses Gletschersees ist jede Anstrengung wert. Und anstrengend, das war der dreistündige Anstieg definitiv - nicht so sehr von der Muskelkraft, vielmehr für mein Herz und meine Lunge, die sich während der Wanderung manchmal wie in einer Druckkammer anfühlten. Habt ihr je eure Lunge gespürt? Der weiße Sherpa bleibt von diesen Erfahrungen unberührt. Aber dazu später mehr!
    4.20 Uhr klingelte der Wecker, 4.45 Uhr sollten wir abholbereit sein - eine Stunde später holt uns tatsächlich der Bus ab. Auf geht es! Wir fahren am Nevado Huascaran vorbei, mit 6768m der höchste Berg Perus, schrauben uns langsam die Berge hinauf, vorbei an kleinen Dörfern mit luftgetrockneten Ziegeln, an Blaubeerplantagen und Maisfeldern.
    Nach etwa 1,5 h halten wir in Yungay (3600m), Frühstückspause! Die Kinder bringen die Getränke und Speisen. Schule haben sie - zumindest heute - nicht. Als nächstes halten wir 5min. an der smaragdgrünen Llanganuco Lagune (3850m). Jeder See hier hat meine Lieblingsfarben!
    Der Halt Cebollapampa auf 3900m bildet den Ausgangspunkt unserer 14km-langen Wanderung. Die Landschaft ist unfassbar schön, zunächst wandern wir durch ein Auenland, mit Bachläufen, wundersamen Bäumen, Gebirgsblumen und grünem Gras, gerne stehen uns Kühe im Weg. Dann wird es felsiger, aber der Anstieg ist moderat und wir kommen gut voran. Alle halbe Stunde machen wir ein paar Minuten Pause, trinken etwas und geben unserem Körper Zeit wieder seinen Ruhepuls zu bekommen, oder zumindest etwas in der Richtung.
    Wir sind etwa bei 2/3 der Route, da kommen uns zwei aus unserer Gruppe schon wieder entgegen - fullspeed (wirklich?!). Aber unser Guide, der die Gruppe von hinten begleitet, geht den Weg täglich und benötigt auch nur 1h 10' für die Strecke.
    Vor uns türmen sich die weißen Berge der Cordillera, links ein hoher Wasserfall (catarata!). Jetzt beginnt der wirkliche Anstieg. Chris fällt es sichtlich leichter, er ist topfit, aber ich komme auch gut voran. Meine Atmung eskaliert erst als wir auf etwa 4400m ankommen. Ich muss öfter halten, um ausreichend Luft zu bekommen... Verheißungsvoll sind die ausnahmslos glücklichen Gesichter derjenigen, die sich schon auf dem Rückweg befinden. Bald geschafft! Dann aber folgt laut Aussage des Franzosen, der später einiges hinter uns zurückbleibt, "der längste Kilometer seines Lebens". Der weiße Sherpa rettet mich: Chris, nun bepackt mit 2 Tagesrucksäcken, und ich (nur mit Korsett um die Lunge) erreichen nach 3h 5' die Lagune 69. Mein weißer Sherpa atmet kaum schneller als sonst - wie hat er das nur hinbekommen?
    Dieser Gletschersee raubt uns - in doppelter Hinsicht - den Atem! Wie wunderschön es hier ist. Die Lagune 69 wird zu Recht als "der schönste Gletschersee im Huascaran Nationalpark" beschrieben und liegt am Fuß des Pisco und Chacraraju. Wir genießen die Stille und ruhen uns nach ein paar Snacks und Brötchen etwas aus.
    Viel zu früh müssen wir wieder absteigen, ich hätte ewig bleiben können. Ob es wohl regnen wird? Leider gewinne ich die Wette gegen Chris (Inka-Cola!), dennoch fällt der Abstieg leicht und wir sind pünktlich nach 2h stolz über die gemeisterte Strecke und beglückt durch dieses fantastische Erlebnis wieder am Bus - bereit uns erneut durchschütteln zu lassen... Keine Kopfschmerzen an diesem Tag, nur rote Handrücken!
    Zur Feier des Tages gehen wir essen - und wir hätten niemals erahnt, dass selbst die Burger das Wochenmotto "blau" erfüllen werden!
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  • Day 40

    Arequipa, la Cuidad Blanca

    September 11, 2021 in Peru ⋅ ☀️ 21 °C

    Arequipa - die weiße Stadt hinter den Vulkanen, UNESCO-Wekulturerbe, zweitgrößte Stadt des Landes und kulinarische Renaissance Perus. Die Peruaner witzeln, man benötige einen eigenen Reisepass, um hier zu wohnen - so besonders und voller Selbstvertrauen ist die Stadt hinsichtlich der Kultur und ihrem historischen Erbe. Es gibt zwei Erklärungen für den Stadtnamen, entweder in der Sprache der Aymara "hinter den Gipfel (ari) liegend (quipa)" oder in Bezug auf die Äußerung des vierten Inka-Königs, der durch das Land reiste und von seiner Schönheit begeistert war, und (vermutlich) auf Quechua sagte: "Ari, quipay" - "Ja, bleibt!" Das wäre zumindest auch meine Empfehlung!
    Freitag, 10. September: Wir erreichen Arequipa müde, 8h Nachtbus von Huaraz nach Lima, danach 1,5 h Flug. Wie anders es hier ist! Trockene Hitze, Staub, Wüsten- und Vulkanlandschaft und dann dieser weiße Vulkanstein! Es ist bereits spät am Mittag, als wir es endlich in die Stadt schaffen, wir bekommen im Xarza Mora ein Tagesgericht (typischerweise 3 Gänge) - mit so großen Portionen, dass man es zu zweit hätte essen können. Ich verliere die Wette gegen Chris, er schafft die riesen Portion mit allen drei Gängen - ich muss eine Inca-Kola trinken...
    Der Plaza de Armas ist der schönste Platz überhaupt! Die weiße Kathedrale und die restliche Architektur machen ihn zum absoluten Highlight! Dann fahren wir im Hotel Katari nach oben auf die Dachterrasse und haben den besten Blick auf den Platz und ihre drei Vulkane, Misti, Pichupichu und Chachani- besonderen Dank an Miri für diesen fantastischen Tipp! Als die Sonne untergeht, Strahlen die Vulkane blassrosa. Wie hätte dieser Tag perfekter sein können?!

    Am Samstag buchen wir eine Tour durch Arequipa mit Guru Free Walking Tours und sind restlos begeistert von dieser wunderschönen Stadt, die aber in regelmäßigen Abständen von Erdbeben heimgesucht wird (letztes Mal 2001). Wir besuchen einige historische Stätten, Kirchen, Innenhöfe, ein ehemaliges Gefängnis und einen Aussichtspunkt und bekommen einige Kostproben von Obstsorten, Teigtaschen und traditionellem Eis (Queso Helado) frisches Milcheis mit Zimt) auf dem Markt. Besonderes Highlight- die Iglesia San Agustin- Jesus isst hier auf einem Bild vom letzten Abendmahl gebratenes Meerschweinchen und Mais! Wenn das keine gelungene Integration ist!
    Wir haben unseren Guide Beatrice für uns alleine und sie nimmt sich sehr viel Zeit für uns, zeigt uns Orte, die wir alleine niemals entdeckt hätten und erzählt über die Kultur und die Menschen in Arequipa, auch die Flüchtlinge aus Venezuela. Am Ende landen wir im Viertel Yanahuara und beenden die Tour mit Blick auf den Vulkan Misti. Die Picanteria La Dorita, ein traditionelles Restaurant mit Hausmannskost, die uns empfohlen wird, zeigt sich für uns am Ende als absolute Herausforderung (Zuerst sprachlich, dann kulinarisch) : Chris bekommt gekochte, wabbelige Schweinefüße (und seine große Sorge war die Schärfe) , aber auch meine panierten Hähnchenstücke wurden zuvor, wie in China, vom ganzen Huhn einfach mit dem Hackebeil in kleine Stücke geschlagen und enthielten Knochen, Knorpel und alles andere... Mehrfach stellte sich die Frage, ob es auffallen würde, wenn der Schweinefuß auf der Straße unten landen würde... Aber wo sind die ganzen Hunde, wenn man sie braucht? Chris Kommentar: "Ich hatte nie gedacht, dass mir die Zwiebeln an einem Gericht am besten schmecken würden!" Die Teller blieben fast voll, dennoch gingen wir nicht hungrig aus dem Lokal, denn uns war der Appetit mächtig vergangen...
    Wir besuchen zur Zerstreuung das vielgelobte Kloster "Monasterio de Santa Catalina", in dieser farbenfrohen Umgebung lebten die Nonnen früher fast völlig abgeschnitten von der Außenwelt in einer Art Stadt in der Stadt, aber teilweise mit mehreren Dienerinnen...
    Ein Sandwich zum Abendessen bei La Lucha erschien uns eine sichere Variante und dann hieß es den Daypack für 3 Tage packen, den Rest unterstellen, mit dem Hotelpersonal unsere Abwesenheit besprechen (puh!) und um 2.30 Uhr aufstehen. Es geht 3 Tage in den Colca-Canon!
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  • Day 41

    Kondore über dem Canyon

    September 12, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 18 °C

    Rund 100 km von Arequipa entfernt befindet sich der drittgrößte Canyon der Welt mit einen der größten existierenden Vogelarten - und wir haben beides gesehen!
    Der Colca-Canyon, benannt nach den sogenannten "Colcas" (in Höhlen aufbewahrte Getreidebehälter), ist angeblich doppelt so tief wie der berühmte Grand-Canyon in den USA. Und die Kondore, die hier mit ihrer z. T. über 3m-Flügelspannweite die Thermik um das "Cruz del Condor" benötigen, um durch die Lüfte zu gleiten - auf der Suche nach Aas, können hier bestaunt werden. Wir haben mit offenem Mund tatsächlich auch welche gesichtet und nun ist uns auch klar, weshalb manche nach einem extrem ergiebigen Essen erst einmal nicht mehr abheben können! Sie sind einfach unvorstellbar groß! Außerdem leben sie wie die Aras monogam und haben ihr Leben lang denselben Partner, weshalb sie oft zu zweit anzutreffen sind!

    Die Tour führt uns danach zu einigen Aussichtspunkten, man erkennt überall die steilen Terrassen, die für den Anbau von Mais und Früchten angelegt wurden. Vorbei an den Touristenschauplätzen in Maca, wo peruanische Frauen in traditionell bunter Tracht mit ihren Alpakas, Lamas und Lämmern für Bilder posieren, an Wilpferden und einem beeindruckendem Bergpanorama starten wir mit Marizol, unserer Führerin für die nächsten 3 Tage, unsere Colca-Tour. Wir sind scheinbar erst einmal die einzigen Wanderer, die Pandemie führte hier zu erheblichen Einschränkungen... 5 Stunden Abstieg in den Canyon folgen, wir schrauben uns die Schlucht hinunter, Landes- und Kaktuskunde inklusive, mit den ganzen Namen auf Spanisch und Quechua bin ich völlig verloren (Tuna ist die Kaktusfrucht, wo sollte auch der Thunfisch hier herkommen?!).
    Irgendwo in dieser Gegend entspringt doch tatsächlich.... ja, der Amazonas! Wir hingegen sehen nur den Rio Colca, in dem sich zahllose Forellen tummeln (trucha!).
    Gegen 15 Uhr erreichen wir hungrig die Lodge Llanhuar, die wunderschön am Flussbett gelegen ist, und werden rundum gut versorgt. Ich entspanne mich bei Sonnenuntergang in den heißen Quellen (während Chris ein Schläfchen hält...). Himmlisch hier! Was wären wir gerne länger geblieben!

    Ein spezieller Dank geht hier an die Sonnencreme-Produzenten (LSF 90!) und Buff-Produzenten- die Sonne erforderte vor allem bei dem Engländer C. B. eine Komplettbehandlung. Wir wären sonst verbrannt!
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  • Day 44

    Die Oase ruft!

    September 15, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 16 °C

    Nach einem leckeren Frühstück vor dem Bergpanorama und dem ausgiebigen Streicheln des Haushundes starten wir den zweiten Tag etwas gemütlicher - heute wandern wir den Canyon etwas weiter hoch, danach gerade entlang Richtung Oase, die sich wie eine grüne Verheißung am Füße des trockenen und braunen Canyons entfaltet.

    Die harte und extrem aufwändige Arbeit der Bauern hier ist bei jedem Schritt spürbar, der Weg staubt, einige Häuser und Gebiete sind nur mühsam zu Fuß oder auf / mit einem Muli zu erreichen, es gibt nur wenige Quellen. Die holprige Straße, die die Dörfer miteinander verbindet, existiert erst seit einigen Jahren und es gibt eine Enklave von 8 Menschen, die jahrelang nur nach einer 12-stündigen Wanderung erreichbar war. Als Miri vor 5 Jahren hier war, gab es Abendessen im Kerzenschein, den Strom gibt es hier erst seit 3 Jahren! Wegen des wenigen Regens letzten Jahres war die komplette Ernte in dieser Gegend für die Einheimischen verloren (plus Covid!). Wir sind hier überall mehr als willkommen, die Menschen sehen sich hier nach der Rückkehr der Touristen und benötigen dringend Einnahmen.

    Es ist der schönste Abschnitt der Wanderung, wir nähern uns großen Anbauterrassen, die alle auf Regen warten, durch die zahlreichen Kakteen bahnen wir unseren Weg, sehen Kolibris und Kondore. Im Zickzack geht es weitere 1,5 h zur Oase, wir erkennen schon unseren Pool, sind hochmotiviert! Wir lassen Kakteen, Wasserfall und Hängebrücke hinter uns und sind restlos begeistert von unserer einfachen, aber schönen Bambushütte und der blühenden Umgebung! Essen und Getränke (riiiiesen Fruchtdrinks und Pisco!) sind herrlich und wir entspannen uns am Pool, nicht zuletzt Dank der wenigen anderen Gäste, denn hier scheint sonst um diese Zeit immer noch Hochkonjunktur zu herrschen.

    Das Abendessen wird von Pablo im Lehmofen zubereitet, einfach köstlich! Vegetarier sollte man in Peru jedoch wirklich nicht sein! Wir gehen früh ins Bett, denn um 4 Uhr beginnt der 4-stündige Aufstieg zurück nach Cabanaconde. Ich habe Magenprobleme und mache kaum ein Auge zu... Nicht nur wegen des Magens und der Aufstehzeit- denn es gibt im Zimmer unzählige Spinnen (und ab und an auch angeblich Skorpione!)...

    Unter dem schönsten Sternenhimmel beginnen wir den Aufstieg, ca. 1100 Höhenmeter müssen überwunden werden...  An dieser Stelle muss ich gestehen, dass es am Anfang echt gut ging, ich ab der Hälfte aber gerne auf einen Muli zurückgegriffen hätte (Gestern hatte ich noch über die Geschichten der peruanischen Touris gelacht, die in der Oase feiern und sich am nächsten Tag hochschaukeln lassen)... Trotz der schönen Umgebung kam mir der Weg gleichförmig und unendlich lange vor. Für mich wollten die Zickzack-Kurven mit den hohen Stufen einfach kein Ende nehmen... Selbst Chris hat mit Motivation und Kraft gekämpft. Verrückt: Einheimische schaffen diese Strecke in 1,5h. Aber wie???

    Oben erwartet uns ein Frühstücksbuffet, das ich erst einmal kaum anrühren konnte. Aber die Tour geht weiter - wir lassen den nächsten Aussichtspunkt für eine Pause im Bus aus, erst die heißen Quellen, Lamas, Alpakas im Vulkankrater (Vale de los Volcanos) und die Steindenkmäler locken uns von den Sitzen.
    Die stundenlange Rückfahrt nach Arequipa belohnt uns mit wunderschöner Vulkan-Landschaft, zahlreichen Lama-und Pekunjaherden. Chris isst im Restaurant Forelle, ich Alpaka-Steak. Bei unserer Ankunft ist der Vulkan Misti in Sonnenlicht gehüllt und begrüßt uns warm... Wir schälen uns aus den staubigen Klamotten und fallen nach einer Dusche totmüde ins Bett.
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  • Day 48

    Mythos Machu Picchu

    September 19, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 20 °C

    19. 09.2021: Endlich ist es soweit! Wir werden nach langem Warten eines der neuen sieben Weltwunder besuchen – für mich nach der Chinesischen Mauer das zweite – Machu Picchu (aufgepasst: gesprochen Machu Pikchu!)! Vor einem Monat hatten wir bereits die Tickets buchen müssen – früher musste man mehr als doppelt so lange im Vorhinein planen... Ob sich diese enormen Kosten für diesen Touri-Magneten wohl lohnen?

    Da wir uns schweren Herzens gegen den berühmten Inka-Trail als Weg zum „Alter Gipfel“ entschieden hatten (zu teuer für eine Weltreise!), wollen wir zumindest die letzte Wegstrecke des Trails laufen: So geht es am Tag vorher 6h im Bus von Cusco aus auf holprigen (und zum Teil von riesigen, herabgestürzten Felsbrocken) beschädigte Straßen zur Haltestelle „hidroeléctrica“, von wo aus wir gute 2,5 h am Fuße des Machu Pichhu an den Bahngleisen der Perurail nach Aguas Calientes laufen: Ein wunderschöner Wanderweg vorbei an grünen, hohen Bergen und entlang des Flusses mit dem wunderbaren Namen „Urubamba“. Da die Dämmerung und ein Regenschauer drohen, sputen wir uns ein wenig – viel zu schnell endet der wunderschöne Weg. Wegen des Hinweises von Miri (Meine Knie danken es dir tauschendfach!) verzichten wir am nächsten Tag auf den Fußweg nach oben und nehmen ganz dekadent um 5.30 Uhr den teuren Touristenbus, der – wie alle Touren hier – natürlich NICHT pünktlich ist, aber was soll's, einmal mehr um 4 Uhr aufgestanden...
    WIR SIND DIE ERSTEN AUF DEM GELÄNDE! Bis wir aber etwas sehen sollten, vergehen leider noch einmal 1,5h – der Nebel war zuvor so dicht, dass wir nicht einmal die ersten Terrassen erkennen konnten und wir müssen dann unseren fantastischen Aussichtspunkt mit einigen weiteren Touristen teilen.

    Langsam verzieht sich der Nebel und enthüllt die Ruinen der Inkas, die so unfassbar faszinierend aussehen. Der letzte Nebel unterstreicht diesen mystischen Ort, um den sich viele Theorien ranken, aber die meisten bleiben spekulativ, weswegen wir auch froh sind, ohne Guide unterwegs zu sein. Zunächst kommt es uns ganz surreal vor, denn wir haben den Machu Picchu natürlich schon hunderte Mal auf Bildern gesehen. Der Anblick übertrifft jedoch alle unsere Erwartungen! Es ist das absolute Highlight der Reise! Langsam schrauben wir uns nach unten und machen entweder Bilder oder betrachten diesen wunderschönen Ort, der von imposanten Bergen umgeben ist. Tempelanlagen, Wohnhäuser, Bewässerungskanäle, Kalendersystem, Anbauterrassen aus dem 15. Jh. auf 2430m Höhe. Dazwischen erreichen wir tatsächlich via WhatsApp Videotelefonie (ja, das Netz ist überall besser als in Deutschland!) meine Eltern – Mama und Papa: Ihr wart nun live mit uns auf dem Machu Picchu!
    Nach vier Stunden verlassen wir das Gelände, denn leider kann man nicht mehr zum Aussichtspunkt zurück – der Weg ist eine Einbahnstraße. Ich hatte auf Chinchillas vor dem Eingang und einen Stempel von Machu im Pass gehofft, außerdem wollten wir den Tempel des Kondors sehen, aber leider waren einige Teile geschlossen.
    Es gibt dennoch eine Sache, die wir nach der ausgezeichneten Pizza im Touristendörfchen Aguas Calientes bereuen: Keine zweite Eintrittskarte für den nächsten Tag gekauft zu haben, denn wir hätten noch so gerne dieses Wunder länger bestaunt!
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  • Day 50

    Drei Tage im Heiligen Tal der Inkas

    September 21, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 15 °C

    Dank Chris' Idee fahren wir nicht wie die anderen Touristen zurück nach Cusco und machen von dort eine Tagestour in das Heilige Tal, sondern buchen uns direkt im Tal eine tolle Unterkunft in der Ortschaft mit dem klangvollen Namen „Ollantaytambo“ (Werde ich mir die Schreibweise je merken können?). Wir fahren 2h mit dem Zug von Aguas Calientes durch das wunderschöne Tal – mit einer kohlebetriebenen Dampflock entlang des Urubamba! Mein Papa hätte seine wahre Freude daran gehabt!
    Die zwei Tage in "Veronikas View Hotel" sind herrlich: Der Name ist Programm, denn wir können direkt auf den riesigen schneebedeckten Montana Veronika blicken – vom Zimmer und vom Pool aus ;-)
    Unsere Gastgeber sind rundum um uns bemüht und ruhen sich mehrfach mit ihrem 4 Monate altem Baby unter der Theke aus! Wir waren betroffen, als wir das bemerkten, konnten Ihnen aber auch mit unserem bescheidenem Spanisch nicht verständlich machen, dass wir keine Rundumbetreuung benötigen. Wir genießen die zwei Tage Auszeit – mit Hund, zwei Katzen, Huhn und dem wunderschönen Lama, mal am Lagerfeuer, mal im Städtchen, wo uns ein Fahrer des Hotels absetzt und wir durch die ursprüngliche Inka-Wohnstätte schlendern und vom Rooftop mit einer heißen Schokolade auf die Ruinen schauen... während Zuhause die Schule wieder beginnt und meine Kollegen sich mit den zahleichen Covid-Bestimmungen, Schülern und Kollegen auseinerdersetzen müssen. In der Ferne fährt die Dampflock vorbei... Worum ging es... Arbeit? - Zeit für den Pool!
    Am 22. holt uns morgens unser Guide ab und führt uns zu einigen weiteren bemerkenswerten Inka-Stätten des Heiligen Tals. Beginnend mit der Festung in Ollantaytambo, die nach einem ersten Sieg dann leider doch von den Spaniern eingenommen (und natürlich zerstört und geplündert wurde), fahren wir weiter zu den wissenschaftlich angelegten Rundterrassen in Moray, den Salzterrassen von Mara und schließlich zu den Ruinen von Pisac. Um die optimalen Anbaubedingungen zu erforschen sollen die Inkas die Rundterrassen so angelegt haben, dass jede Ebene ein eigenes Mikroklima mit unterschiedlicher Temperatur besitzt – zumindest wird das heute so angenommen, denn es gibt darüber keine Quellen oder zuverlässigen Überlieferungen. Ich freue mich besonders auf die Salinen, die hier oben in den Bergen rot-weiß in Erscheinung treten und einen Großteil der Salzproduktion der Region Cusco ausmachen. Die Salzgewinnungsmethode – und das verwundert uns nun nicht mehr – hatten bereits die Inkas genutzt. Die rund 5800 Becken werden von einer heißen Salzwasser-Quelle gespeist, die dafür sorgt, dass jeder Pool jeden Monat bis zu 150 kg Salz liefert – da nehmen wir uns doch ein wenig mit! Am Ende bestaunen wir noch die mächtigen Terrassen in Pisac, die sich entlang der mächtigen Berge anschmiegen.
    An diesem Tag hatten wir übrigens zum ersten Mal Regen in Peru – für uns Pech, für die extrem trockene Natur hier ein Glück. Das Plus an dieser Tour (bei der wir wieder einmal nur zu zweit waren): Wir werden direkt in Cusco in unserer Unterkunft abgesetzt und nehmen die vielen Eindrücke mit in unsere Träume...
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  • Day 52

    In Cusco, um Cusco und um Cusco herum

    September 23, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 16 °C

    Cusco, die ehemalige Inkahauptstadt auf 3400m in den peruanischen Anden, lebhaft und quirlig. Fast 2 Wochen sind wir insgesamt in der Gegend um Cusco oder in Cusco – viel zu lange, wenn man Chris und mich fragt, denn trotz der historischen Bedeutung und der vielen Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten, die man hier buchen und bestaunen kann, ist es irgendwie nicht unsere Stadt. Zuerst war ich nach der Colca-Tour mit einer Erkältung ziemlich angeschlagen, nach dem Heiligen Tal verlängern wir unseren Aufenthalt wegen der teuren Weiterflüge und um unser Spanisch zu verbessern. Ständig hab ich hier irgendwas, nach der Erkältung folgen Magenprobleme, zudem ist man natürlich schnell aus der Puste.
    Als Ausgangspunkt für alle wichtigen touristischen Aktivitäten Perus erleben auch wir Cusco recht belebt und chaotisch. Das Hostel ist proppenvoll und laut. Man kann nicht auf die Straße ohne dutzendfach von Verkäufern auf Bilder, Mützen, Figuren, Tickets oder Restaurants angesprochen zu werden. Ein „no“ reicht auch meist nicht aus, um die Leute loszuwerden, wir fühlen uns öfter gestresst.
    Nach einer sehr witzigen, aber auch fordernden Führung durch „Elvis“, der auch Geschichtsprofessor in Harvard hätte werden können, haben wir am ersten Tag schon einen guten Eindruck von der kolonialen Stadt mit ihren wunderschönen geschnitzten Holzbalkons und den zahlreichen Inka-Relikten. Mit einem Schmunzeln zeigt uns Elvis die dilettantischen spanischen Mauern, die neben denen der Inkas stehen – letztere perfekt ineinandergepasste Meisterwerke!
    Wir vertreiben uns die restlichen Tage nach dem Mach Picchu und dem Heiligen Tal mit der Testung zahlreicher Restaurants und Cafes, dem Aufsuchen von Aussichtspunkten und wir buchen ein paar Spanischstunden bei Rocsana, die ganz begeistert von diesen Deutschen „muy inteligente“ ist... Wir sind ihren ersten Schüler nach der Pandemie – dank ihr sind wir mit einigen Grundlagen bereit Bolivien zu erobern und können sie etwas durch unser Engagement "blenden".
    Ich mache einen peruanischen Kochkurs bei „We cook“ und lerne die Zubereitung von Ceviche, Pisco und Papa Rellena (gefüllte Kartoffeln mit Rinderspieße – Rind klang gut, hätte ich mal vorher gewusst, dass es aus RunderHERZ gemacht wird...). Mir ist etwas unangenehm, dass der Kurs für mich alleine stattfindet... Hier fehlen trotzdem die Touristen. Chris wird durch andere Reisende währenddessen zu einer Tour überredet und... findet sich auf einem 2-stündigen Ritt auf einem Pferd wieder. Unsere Beigeisterung hielt sich bei allem recht in Grenzen. Zum Glück wartete aber ein letztes Highlight Perus auf uns!
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  • Day 56

    Ein Berg wie ein Regenbogen!

    September 27, 2021 in Peru ⋅ ⛅ 13 °C

    An dieser Stelle möchte ich einen positiven Effekt des Klimawandels nennen – die Enthüllung dieser Landschaft, die früher schneebedeckt ein weiteres Juwel Perus verbarg: Den Regenbogen-Berg Vinicunca, dessen sieben farbigen Sedimentschichten (Eisen, Kupfer, Mangan, Schwefel, Granit) so parallel verlaufen, dass sie wie ein Regenbogen wirken. Hättet ihr gedacht, dass es so etwas überhaupt auf der Welt gibt?
    Wir schlagen zwei Mal zu: mit einer Landschaft der Superlativen und unserem höchsten erklommenen Platz der Erde bisher – denn wir haben die 5000er-Marke mit dieser Tour geknackt und sind mächtig stolz auf uns!
    Wer schon andere Berichte von mir gelesen hat, kann sich hier bereits denken, wer von uns beiden den Berg zügig und ohne Probleme besteigt und wer etwas länger hechelt... Nun gut, immerhin habe ich kein Pferd genommen, wie zahlreiche andere (oft peruanische Touristen ;-), die die Einheimischen hier im Laufschritt hoch und hinunterführen.
    Für uns geht es etwa 2h hoch, auf einem sehr entspannten Weg mit wenig Steigung. Dennoch kämpft man sehr mit der enormen Höhe. Rings um uns ziehen sich schon die bunten Gesteinsschichten durch die Landschaft, zahlreiche Adler schwingen sich in die Höhen. Oben angekommen, wird einigen auch schon Sauerstoff verabreicht, uns geht es aber soweit gut. Überall tummeln sich fotografierende Touristen, aber der Ausblick bleibt einfach wieder einmal atemberaubend – Ich denke, hier sagen die Bilder mehr als meine Worte je könnten!
    Mit diesem Ausflug, einer letzten Spanischstunde und weiteren Magenproblemen neigt sich auch unsere Zeit hier in Peru dem Ende zu. Dieses Land hat uns so erfreut mit seiner Farbenpracht und Natur, hat uns gefordert mit seinen Wegen und uns beglückt durch seine wundervollen Orte und Menschen. Wir verabschieden uns mit den Worten, die sich hier in Cusco in den Berg geschrieben finden: „Viva El Peru“ (Es lebe Peru!“)
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  • Day 59

    Bolivien - Wie dich beschreiben?

    September 30, 2021 in Bolivia ⋅ ⛅ 16 °C

    Bolivien - ein Land, über das ich sicherlich noch lange nachdenken werde, und bei dem es mir schwerfällt, die richtigen Worte zu finden, um es annähernd passend zu beschreiben. Alejandro, unser Guide in Uyuni, fragte uns, was wir über Bolivien wüssten. Unsere Antworten waren dürftig: Salzwüste, Kriminalität und Drogen, El Alto - eine der gefährlichsten Gegenden der Welt, schlechte Arbeitsbedingungen in den Minen, Armut, besondere Kleidung der Frauen, die größte Salzwüste, Land in den Anden... Mir geistert Miris (Pichons) Begeisterung von Bolivien im Kopf herum – vor 5 Jahren war sie hier auf ihrer Weltreise, in dem Land, „das alle [ihre ] Erwartungen übertroffen hat“.

    Und das erwartete uns hier in Bolivien:
    Wir kommen morgens um 4 in El Alto am Flughafen an, besorgen uns gleich SIM-Karten (nach einer Woche stellt sich heraus - man hat uns voll abgezogen...) und kommen dank Fernandos Flughafentransfer gut in unserem Hostel Greenpoint in La Paz an. El Alto – Boliviens zweitgrößte Stadt - sah nachts erstaunlich sauber und ordentlich aus. Trügt der Schein? Wo der Schein definitiv trügte: Bei unserem Hostel – Wo kommen die 10 Bewertungspunkte bei Hostelworld (von 10) her? Das ganze Gebäude ist sehr heruntergekommen, die Betten sehen ranzig aus, der Teppichboden muffelt und ist ungesaugt, es gibt weder Seife noch Klopapier (Fast wie in der Schule in Ba-Wü!). Zum ersten Mal benötigen wir unsere Juhe-Schlafsäcke, um der ekligen Umgebung etwas entgegenzusetzen. Chris findet es witzig und ist froh, dass ich die Unterkunft ausgesucht habe und nicht er ;-) Sie sei ein wenig wie sein 2-Euro-Zimmer in Vietnam. Dennoch dürfen wir gleich einchecken und die nächsten zwei Tage schlafen wir gefühlt fast nur. Ich bin ziemlich erschöpft von den ganzen Fahren, Flügen, Packen, Eindrücken, usw. Und Chris? Der gab ja schon bei unseren Spanischstunden an, dass „dormir“ (schlafen) sein Hobby sei.
    Damit mein Geburtstag nicht in diesem traurigem Hostel in La Paz stattfinden muss, ziehen wir dann doch noch los in die Stadt, die mich mit ihrem dichten Verkehr und zahllosen Menschen zusätzlich stresst.

    Es soll noch ein wenig dauern, bis ich mich einigermaßen mit Bolivien angefreundet habe, das Land bleibt mir bis zum Schluss sehr fremd und ich fühle mich unterwegs oftmals unwohl. Es liegt weniger an den Leuten als an den Bedingungen: Touristen finden sich hier derzeit kaum, die Menschen sind noch schwerer zu verstehen als in Peru, noch weniger können Englisch, wir wirken wie Geldesel, die jedem viel Trinkgeld geben sollten und das obwohl die Preise hier extrem gestiegen sind...
    Und das ist Bolivien auch:
    - La Paz: Straßenhunde wühlen im Müll und jagen die Autos, sind sonst aber friedlich, nicht so aggressiv wie in Asien. (Wobei – Chris wurde einmal fast an der Wade gepackt, aber das war in Cusco... )
    - Einige Viertel der Städte sind zu meiden, auf andere Weiße treffen wir sowieso quasi nicht – wir sind Fremdkörper hier, aber dennoch überall sehr willkommen.
    - Hier gibt es Städte in Höhen, wo bei uns schon lange kein Baum mehr wachsen würde. La Paz, Verwaltungshauptstadt Boliviens, mit über 3500 m/ü. M. weltweit höchste Hauptstadt, in der sich die Häuser den Hängen hinaufschlängeln, als gäbe es keine Schwerkraft.
    - Land der Vielfalt im Herzen Südamerikas – vom Titicacasee, über die Anden, die Atacamawüste bist hin zum Regenwald im Amazonasbecken – Und wir haben gleich wie in Peru nur so wenig entdeckt.
    - Man spricht nicht nur Spanisch und diverse Dialekte, sondern auch die indigenen Sprachen Quechua, Aymara und Guarani. Mit unserem Spanisch kämpfen wir uns mehr schlecht als recht durch, hier wird zudem nicht sehr deutlich gesprochen... Aber selbst wenn, es hätte uns nicht viel geholfen... ;-)
    - Wir entdecken Hightech und Moderne (Teleferico von Doppelmayr, teure Wohnviertel im Osten von La Paz, hippe und sehr westliche Restaurants und Cafés in Sucre, teure Hotels,...) und Armut und Tradition (Feldarbeit mit einfachen Harken und Geräten, Autos und Minibusse aus dem letzten Jahrhundert, altertümliche Trachten, Leben auf der Straße, schmutzige Kinder, Bettler, … Alejandro meint, „bolivianisch“ bedeute auch, „alles findet auf der Straße statt“.
    - Bolivien – ein armes, reiches Land: Hier liegen zahlreiche Bodenschätze verborgen, trotz hoher wirtschaftlicher Wachstumsraten gilt es immer noch als eines der ärmsten Länder Lateinamerikas – zwischen ausländischen Firmen, die die Bodenschätze abbauen und die Gewinne großzügig einstreichen, und der Korruption des Landes, die es in vielerlei Hinsicht lahmlegt, dazu der Drogenhandel...
    - Aberglaube, Religion und Mythos: Laut Internet sind 97% der Bolivianer Christen, die meisten Katholiken mit Einschlägen zum alten, indigenen Glauben, z. B. an Pachamama/Muttererde und anderen Gottheiten, denen regelmäßig Opfer dargebracht werden – sei es in Form von Coca-Blättern, Zuckerstatuen oder Lamaföten (!JA! auch in Grundmauern eingebettet). Schamanismus und auch Blutopfer sind weiterhin vertreten, auch wenn wir hiervon nichts mitbekommen, ich verzichte darauf, mir die Zukunft lesen zu lassen und auf dem Hexenmarkt tote, getrocknete Tierföten zu kaufen... Vielmehr fotografiere ich die Menschen nach Möglichkeit nur von hinten, denn einige glauben, dass das Fotografieren ihre Seele stiehlt...
    - So wird hier auch die Naturmedizin – Tees, Pulverchen, Tinkturen, usw. - großgeschrieben, andererseits ist auch der Standard der Krankenhäuser extrem unzureichend und leisten können es sich die wenigsten...
    - Das Essen bekommt uns in vielen Situationen schlecht, so verzichten wir leider komplett auf Streetfood oder dem Essen der einfachen Lokale, zu denen nur die Einheimischen gehen. Trotzdem - es schmeckt immer gut: Es gibt viel Reis und Kartoffelbeilagen, sonst Fleisch oder Trucha (Forelle), diverses Gemüse, oft auch Quinoa – als Beilage und Getränk... Außerdem finden sich viele französische Süßgebäcke in den Städten – leeeeecker! Ansonsten geht es weiter wie in Peru: Es gibt immer nur Erdbeermarmelade zum Frühstück, die nach Pestiziden schmeckt!
    - Und das ist Bolivien auch: unendlich weite, wunderschöne Natur, wilde Vekunas, Lamas und zahlreiche wilde Vögel. Wir sehen hunderte Flamingos und einige Vogelstrauße. Vulkanlandschaft so weit das Auge reicht und hunderte von Kilometern Schotterpiste oder Off-road-Fahren... Ein Land also, in dem es anscheinend noch viele Flecken von Freiheit gibt oder zumindest Bereiche fernab von festen Regeln und Kontrollen...
    - Die Frauen sind hier sehr altmodisch gekleidet, mit mehreren Stofflagen Rock, meist mit einem Tuch, das einer Tischdecke ähnelt, und einem Hut – je nachdem einer Melone, einer Mütze, einem Sonnenhut oder Ähnlichem. Sie tragen ihre Haare zu zwei Zöpfen geflochten, hinten meist noch kleine Quasten miteingeflochten. Die Fahrzeuge, die Kleidung, die Feldarbeit, Häuser, alles – wir werden in einer Zeitreise um die 50 bis 100 Jahre zurückgeworfen. Und ich mehrfach beinahe überfahren. Hilfe, dieser Verkehr!
    - Über allem jedoch stehen die unfassbar netten Menschen, die uns die Zeit hier so viel verschönern: Man begegnet uns stets korrekt, meist zuvorkommend und höflich, oftmals super freundlich. Die Menschen freuen sich so über uns Fremde und warten in vielerlei Hinsicht sehnsüchtig auf das Wiedererblühen des Tourismus (und auf Trinkgelder). Einerseits sind sie unfassbar stolz auf die Schätze und die Schönheit des Landes, andererseits benötigen viele nach dieser Durststrecke dringend Einnahmen. Und was gibt es für Schätze: Kulturgüter und Ruinen, UNESCO-Weltkulturerbe, Naturwunder und Artenvielfalt... Dennoch macht mich die wirtschaftliche Lage betroffen: Ein Land voll reicher Bodenschätze und Naturwunder schafft es nicht, sich Wohlstand und ein zeitgemäßes Erscheinen zu erarbeiten, gebeutelt von Korruption und einem Mangel an Know-how und Technologie führt dazu, dass die ausländischen Firmen aus den USA und vornehmlich China, die Eigentümer der Bergbauunternehmen sind und die großen Scheine einstecken. Kinder findet man hier weitläufig bei Mutter oder Großmutter auf der Straße beim Verkauf von ein paar wenigen Produkten wieder: Obst, Gemüse, Süßigkeiten, Essen, Säfte, usw. Auch verschwinden immer wieder zahlreiche Kinder...

    Als die Reise zu Ende ist, überkommt mich fast ein schlechtes Gewissen – nichts was ich unternommen habe, wurde dem Land annähernd gerecht, ich weiß kaum, wie die Locals wirklich leben, ein Großteil bleibt verborgen und ruft vielleicht nach einem neuen Besuch – zu einem anderen Zeitpunkt...
    Der Eindruck von Bolivien – er soll fragmentarisch bleiben, so groß und komplex ist das Land, als dass man es in wenigen Sätzen zusammenfassen kann. Und diese wenigen Sätze waren dann doch schon relativ viel ;.)
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