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  • Dag 196

    Den nächsten Tausender voll gemacht

    10 maart, Turkije ⋅ ☀️ 13 °C

    Mit dem Gesang des Muezzin im Rücken und dem Meeresrauschen vor uns, machen wir an der türkischen Küste die 4000km voll.
    Es gibt sogar einen Radweg!!!
    Mit Blick auf Europa (Lesbos), sind wir mittlerweile in Asien.Meer informatie

  • Dag 184

    Inselhopping: Lesbos

    27 februari, Griekenland ⋅ ☀️ 16 °C

    Lesbos - unser letzter Stopp des Inselhoppings quer durch die Ägäis, bevor es in die Türkei geht, ist für mich ein sehr emotionaler Ort. Er wühlt mich auf und meine Gedanken kreisen sehr viel um das Thema "Flüchtlinge".

    Dass wir zu Beginn auf dieser Insel erstmal nach Skala Eressos aufgebrochen sind, um uns von der "Frauenkommune" einen Eindruck zu verschaffen, ist in den Hintergrund gerückt. Dennoch möchte ich auch diesen Ort würdigen, da er vermutlich einzigartig ist.

    In Skala Eressos habe ich das Gefühl, "hier ist die Welt noch in Ordnung". Egal ob hetero, lesbisch, schwul, trans, binär oder oder, hier wird man so genommen, wie man ist. Der Ort ist bekannt für sein einwöchiges Frauenfestival im September. Und es gibt mir einfach ein gutes Gefühl zu spüren und zu erfahren, dass sich hier viele Frauen entschieden haben zu leben, die einfach ihr Ding machen. Ich fühle mich hier irgendwie frei.

    Luzi und ich haben ganz blauäugig keine Schlafmöglichkeit gebucht, weil wir dachten, ein Hotel hat ganz sicher auf. Aber Pustekuchen! Wir stehen vor verschlossenen Türen und ich bin kurz davor die Nerven zu verlieren, weil ich mich (nach 4 Tagen wild campen und baden in heißen Quellen) endlich wieder duschen möchte und mich wirklich auf ein Bett gefreut habe. Luzi ist entspannt - ganz nach dem Motto "ach, es wird schon eine Lösung geben". Und in der Tat - sie hat recht. Nachdem sie in einer Bar nach einer Schlafmöglichkeit gefragt hat, laufen die Handys heiß im Ort und wir werden in ein Reisebüro geschickt, was sich auf Frauenreisen spezialisiert hat und schwupps di wupps organisiert die Besitzerin den Schlüssel eines eigentlich geschlossenen Hotels und wir haben ein Zimmer 🙃. Der Ort liegt in einer wunderschönen weiten Bucht mit Sandstrand. Die Fahrt hierher war landschaftlich spektakulär. Tolle und abwechslungsreiche Berge. In der Saison muss es noch schöner hier sein, wenn die hölzernen Terrassen der Restaurants und Bars voller Leben sind und Lebensfreude pur versprühen. Wir haben einen schönen Abend im Ohana Saloon bei leckerem Essen, Bier, netten Gesprächen mit Expats und griechischer live Musik.

    Nach diesem schönen Wochenende sind wir wieder in Mytilini und beginnen unsere Arbeit im Hope Project.
    Phillipa und Eric aus Großbritannien, die seit vielen Jahren in Lesbos leben, gründeten das Projekt 2015, nachdem sie zahlreiche Flüchtlinge an der Küste im Meer gerettet hatten. Zu diesem Zeitpunkt gab es kaum Hilfe für die Geflüchteten.
    Von den Geschichten und Erfahrungen der beiden bekomme ich Gänsehaut. Es ist bedrückend und traurig zu hören, wie mit den ankommenden Menschen umgegangen wird und wie sie hier leben. Ganz davon abgesehen, dass sie bereits viele Tote, Sterbende und Verletzte gesehen haben. Zugleich erzählen sie uns auch von der Freude und Erleichterung der Menschen, die diese Überfahrten überleben, und an der Küste Hilfe bekommen.

    Mittlerweile macht sich jede Person strafbar, die Menschen aus dem Meer rettet - quasi als Beihilfe zur Schlepperei. Bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe erhält man dafür. Eric und Philippa droht, sollte das Verfahren jemals eröffnet werden, eine unendlich lange Haftstrafe. Deshalb haben sie sich von der Rettung an der Küste zurück gezogen und konzentrieren sich voll auf ihr Projekt und damit auf die Unterstützung der Menschen aus dem Flüchtlingslager.

    Auch wenn in Moria, das Camp, welches 2020 abbrannte schlechtere Bedingungen herrschten, sieht das aktuelle Lager von außen ziemlich abschreckend aus. Es ist von Mauern mit Stacheldraht umgeben und hat für mich eher einen Gefängnis Charakter.
    Wir arbeiten mit dem Hope Project außerhalb des Lagers, denn alle NGOs, die im Camp sind, müssen krasse Verhaltensregeln unterschreiben und versichern, dass sie nichts nach außen tragen. Eric und Philippa haben sich bewusst dagegen entschieden, da sie sich nicht den Mund verbieten lassen, sondern lautstark auf Missstände hinweisen möchten. Eric schreibt übrigens jede Woche eine Mail an die EU - noch nie kam eine Antwort.
    Die EU scheint die Augen vor den Misständen und beweisbaren Pushbacks, sprich dem offensichtlichen Verstoß gegen internationales Recht zu verschließen. Die griechische Regierung behauptet, es gäbe sie nicht. Dabei finde ich im Internet zahlreiche Videos auf NGO Seiten.

    Im Hope Projekt helfen zahlreiche Menschen verschiedenster Nationen in der Kleiderkammer - unentgeltlich. Doch sie erhalten im Gegenzug eine Wohlfühlzone außerhalb des Camps. Es gibt eine Küche für die Freiwilligen, einen Kunstraum auch für Interessierte aus dem Camp, sowie einen kleinen Trainingsraum und einen Beautysalon. Das gibt den Freiwilligen ein Stück Normalität. Ansonsten sind ihr Alltag und ihre Gedanken nämlich vorallem von einem beherrscht: Warten!

    Warten auf die Eröffnung ihres Asylverfahrens, warten auf die Entscheidung des Asylverfahrens und warten auf eine (vielleicht) bessere Zukunft. Viele Monate können bis dahin vergehen. Eine Familie aus Afghanistan hat sich nach 14 Monaten über die Bewilligung des Asylantrags riesig gefreut. Sie machen sich jetzt auf den Weg nach Finnland.

    Ihre Geschichten, die wir hören sind unvorstellbar für uns. Manche sind seit Jahren auf der Flucht, manche wurden an Grenzen zusammen geschlagen und manche hatten Todesängste in dem Schlauchboot über das Mittelmeer - auch um diese Geschichten aus erster Hand zu erfahren, sind wir hier und es ist heftig und aufwühlend.

    Wir werden von allen herzlich aufgenommen und kommen mit vielen ins Gespräch. Nach Deutschland möchten übrigens die wenigsten von ihnen. Wir essen gemeinsam mit ihnen zu Mittag und vorallem in den ersten Tagen habe ich das Gefühl, dass ein krasser Unterschied zwischen uns herrscht: unser Pass!
    Während wir aus dem Zufall unserer Geburt heraus in der glücklichen Situation sind, reisen zu dürfen, wohin wir möchten, steht diesen Menschen kein Land in Europa einfach offen. Sie müssen hoffen und bangen, dass sie aufgenommen werden. Uns gibt das nicht nur ein gutes Gefühl, es nagt an uns und macht uns sehr nachdenklich und auch demütig. Fast schäme ich mich für meine Priviligien.

    Wir sind auch dankbar, dass es Menschen wie Eric und Philippa gibt, die sich aufopfern und einsetzen für Menschlichkeit und Würde. Trotz aller Anfeindungen (ja, es gibt auch Griech:innen, denen nicht gefällt, dass sie helfen) und Widrigkeiten (korrupte Politik), bleiben sie auf Lesbos - "There is always HOPE" sagen sie und ich ziehe meinen Hut vor ihnen.

    Es fühlt sich schon etwas seltsam an, jetzt in die Türkei zu fahren - von dort sind alle hierher übergesetzt und wir machen uns in die entgegengesetzte Richtung auf.

    Hier noch einige Links:
    Hope Project Greece
    https://www.hopeprojectgreece.org/
    Dokumentation von Push-Backs https://aegeanboatreport.com/
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  • Dag 173

    Inselhopping: Ikaria

    16 februari, Griekenland ⋅ 🌬 9 °C

    Die Nacht ist kurz. Um 2 Uhr steigen wir in Ikaria von der Fähre. Der Wind ist so stark, dass wir mitsamt der Räder fast umgehauen werden. Jetzt heißt es mitten in der Nacht in die Pedale treten, um zur Unterkunft zu kommen. Googlemaps sagt, die 2 km bis zu unserem Schlafplatz seien weitestgehend flach. Kaum radeln wir jedoch aus dem Ort geht es mega steil nach oben. Tagsüber schon frustrierend, ist es nachts echt die Hölle. Egal - müssen wir durch. Umso schöner ist es um 3 Uhr ins Bett zu fallen.

    Ikaria, eine Insel in der nördlichen Ägäis, besteht vorallem aus einem - aus Bergen und heißen Radon Quellen, die sich ins Meer ergießen. 

    Die Insel zählt außerdem zu einer der fünf "blue zones" auf der Welt, was bedeutet , dass hier überdurchschnittlich viele Menschen über 90 und 100 Jahre alt sind. Erklärt wird dies mit der mediterranen Ernährung, Bewegung bis ins hohe Alter, einem sozialen Leben und wie man auf japanisch sagt dem "Ikigai" (einfach übersetzt, "das wofür es sich zu leben lohnt" = Leidenschaft).

    Auch wenn ich nicht wirklich 100 werden möchte, spazieren wir am nächsten Morgen zur ersten Radon Quelle. 

    Luzi stürzt sich umgehend ins Meer und schwimmt zur dampfenden Stelle...ich warte erstmal bis sie bestätigt, dass es auch wirklich, wirklich warm ist.

    Während der ersten Tage in Ikaria lernen wir die Griechinnen Makrina, Kiki und Sophia kennen. Sophia lebt in der Schweiz und ist seit 3 Monaten auf Ikaria, die anderen beiden sind Freundinnen, die hier ein Wochenende verbringen. Sie sprechen perfektes Deutsch und während wir uns unterhalten, erzählen sie, dass sie in Deutschland groß geworden sind, mittlerweile aber seit vielen Jahren wieder in Griechenland leben. Nicht nur das Wetter sage ihnen hier mehr zu. 
    Ganz spontan laden sie uns ein mit zum Spaghettifest in einem der umliegenden Dörfer zu kommen. 

    Obwohl wir heute eigentlich schon weiter zur anderen Inselseite wollten und unsere Räder quasi schon bepackt auf uns warten, fällt uns die Entscheidung leicht: wir bleiben noch eine Nacht länger hier. Denn ein griechisches Spaghettifest darf man sich doch echt nicht entgehen lassen. 

    Auf dem Fest werden wir nicht nur mit Essen (natürlich Spaghetti) und griechischem Rotwein belohnt, sondern auch mit Musik, Tanz und dem Aufschneiden eines Neujahrkuchens, in dem eine Münze versteckt ist und dem Finder ewiges Glück verspricht. 

    Während ich mir noch überlege im Fall der Fälle die Münze einfach unterzuschlucken, um nicht nach vorne zu müssen, schwingt Luzi schon mit den Anderen ihr Tanzbein. 

    Zurück vom Fest beschließen wir gemeinsam noch die etwas in die Jahre gekommene Therme mit ihren Indoorbadewannen zu nutzen und am nächsten Morgen gemeinsam zu frühstücken, bevor wir uns von den Dreien verabschieden und schließlich aufs Rad schwingen. Die erste Ikaria-Etappe schreibt Rekorde: nach ganzen 5,6 Kilometern gefällt es uns an den nächsten heißen Meeresquellen so gut, dass wir einfach die Nacht hier bleiben.

    Dann kommt der unausweichliche, harte Ritt über Ikaria's Berge, um nach Evdilos zu gelangen. 

    In Evdilos angekommen wissen wir beide, dass wir diese Seite mit dem Fahrrad definitiv nicht mehr verlassen werden. Kurzerhand kümmern wir uns um ein Mietauto für die nächsten drei Tage. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen in diesem Jahr kein Auto zu mieten, aber nach so vielen bergreichen Inseln habe ich einfach keine Lust mehr in die Pedale zu treten, um gefühlt im Kreis auf einer Insel zu fahren. 

    Mit dem Auto sehen wir Teile der vielfältigen Insel, die wir mit dem Rad niemals erkundet hätten. Wir genießen diese drei einfachen Tage voll und ganz - einfach noch schnell ein Bierchen kaufen gehen, einfach noch schnell zu einem Strand runter fahren, einfach noch schnell bis zum Leuchtturm der Insel fahren und einfach schnell ein schönes Plätzchen zum Zelten suchen. Toll, es mal einfach einfach zu haben!!!

    Nach 8 Tagen Ikaria kann ich sagen, dass mir diese Insel ganz besonders gefällt. Dies liegt wahrscheinlich in erster Linie an den netten, herzlichen Menschen, die wir hier getroffen haben, zugleich an der Vielfalt der Insel auf relativ kleinem Raum. 
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  • Dag 171

    Inselhopping: Samos

    14 februari, Griekenland ⋅ ☀️ 16 °C

    Samos hatten wir eigentlich nicht als Ziel vorgesehen. Von Kalymnos sollte es über Samos nach Ikaria gehen. Wir wussten, dass weniger (Inseln) mehr (intensivere Eindrücke) wäre. Doch oberste Reiseregel ist: immer schön flexibel bleiben. Unsere Abreise aus Kalymnos war für 6 Uhr morgens geplant. Wir also Wecker auf 4:55 gestellt, gefreut, dass das Gewitter gerade eine Pause eingelegt hat, schnell in Klamotten geschlüpft. Als wir zur Tür raus wollen, bekommt Denise eine SMS der Fährgesellschaft: Abfahrt auf Grund des Wetters erst um 13.30h nach Samos.

    Um 5 Uhr war schon klar, dass wir dadurch die Fähre am gleichen Tag nach Ikaria nicht bekommen würden...also erst mal wieder hingelegt, dann alles wieder neu durchdacht. So sind wir zwei Nächte auf Samos gelandet, da die Schiffe hier nicht täglich fahren im Winter.

    Wir kommen im netten Hafenort Pythagorio an und radeln entlang der Ostküste in die Hauptstadt mit dem kreativen Namen Samos. Es sind nicht viele Kilometer, aber es gibt einiges zu entdecken: schöne Strände, ein Naturschutzgebiet mit Flamingos und gut getarnten Chamäleons, wilde Orchideen wie daheim im Bliesgau - und viel Militär.

    Das hat seinen Grund, denn die Türkei ist hier zum Schwimmen nah. An der engsten Stelle der Meerenge von Mykale sind es nur 1,7 Kilometer. Sowohl die griechische als auch die türkische Küstenwache patrouilliert in den Gewässern. Als wir im Hafen ein Boot der EU Agentur Frontex sehen, realisieren wir DAS ist die gut bewachte EU Außengrenze.

    Wir campen an einem Strand und in einer unruhigen, weil auch stürmischen Nacht, gehen mir Gedanken durch den Kopf: Hat hier schon mal ein Boot voll mit Geflüchteten an diesem Strand angelegt? Wie gefährlich ist die Überfahrt in einem Schlauchboot? In Samos Stadt sind sehr viele Flüchtlinge unterwegs: Kinder toben auf dem Spielplatz, die Erwachsenen schleppen die Einkäufe in Plastiktüten zur Haltestelle. Von hier werden sie mit Bussen zum vollen Camp (über 3000 Einwohner, obwohl nur für 2000 ausgelegt) in den Bergen, fern von Ortschaften und ohne fließendes Wasser gebracht - so wird es uns erzählt.

    Wasser erhielten sie in Plastikbehältern - täglich eine gewisse Menge, so ein Helfer von Samos Volunteers, der in seiner Rente jedes Jahr mit seiner Frau ein halbes Jahr aus den USA herreist, um zu helfen. 80% der Bewohner:innen dürfen das Camp verlassen, während der Rest unter haftähnlichen Bedingungen lebt. Die Erzählungen sind bedrückend - jede der Fluchtgeschichten hätte ein eigenes Buch verdient, sagt der Freiwillige. Er kenne mittlerweile viele der Geschichten, da er seit 2019 jährlich hier sei. Als wir dann noch erfahren, dass die Menschen pro Person und Monat 90 Euro erhalten, davon ihre Lebensmittel kaufen müssen, wird mir noch klarer: die Not muss sehr groß sein, wenn man eine gefährliche und ungewisse Flucht über das Mittelmeer auf sich nimmt, um sein Land, seine Arbeit (sofern es welche gibt), Freunde, Familie und seinen Kulturkreis zu verlassen.
    Dass die griechische Küstenwache auch Push-Backs (d.h. die Boote werden zur türkischen Küste zurückgebracht) durchführt, bei denen Menschen ums Leben kommen, hören wir auch...obwohl sie verpflichtet sind, schiffbrüchige Menschen zu retten. Verifizieren können wir das natürlich nicht...

    Auch mit einem Kapitän von Frontex reden wir, da er am Nachbartisch sitzt und uns auf die bepacken Räder anspricht. Sie unterstützen die Griechen und patrouillieren. Push-Backs von Seiten Frontex werden verneint - es könnte sein, dass die griechische Küstenwache welche durchführe.

    Da sind wir also an der EU Außengrenze...und könnten ganz einfach per Fähre hinüber in die Türkei...

    Gut, dass das Schiff von Kalymnos Verspätung hatte, sonst wären uns einige interessante Begegnungen entgangen.
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  • Dag 165

    Inselhopping: Kalymnos

    8 februari, Griekenland ⋅ ☀️ 18 °C

    Nach unserem Ritt durch und auf dem Vulkan Nisyros, geht es für uns weiter nach Norden. Das Schnellboot nimmt jede Welle und außer den Horizont anzupeilen, ist nicht viel möglich. Ein Stopp in Kos bringt eine Verschnaufpause, bis wir schließlich in Kalymnos ankommen und uns über festen Boden unter den Füßen freuen - wir sind etwas schiffsmüde.

    Der Hauptort ist geschäftig. Hier merken wir kaum, dass Nebensaison ist. Das Inselleben hat hier seinen Dreh- und Angelpunkt. Händler:innen verkaufen Obst und Gemüse aus kleinen LKWs am Straßenrand. Die Sonnenplätze der Cafés sind gut besucht. Auch wir kehren erst einmal in einer Fischtaverne ein, die uns ein Einheimischer, der uns auf deutsch angesprochen hat, empfohlen hat. Viele Griech:innen haben einige Zeit im Ausland verbracht, um zu arbeiten. In Deutschland war es den meisten zu kalt, zu trüb und zu hektisch. Manche haben auch die schlechte Laune erwähnt - die bei dem Wetter nachvollziehbar sei. Während daheim die Wintergeister an Faasend und Karneval vertrieben werden, fühlt es sich hier schon nach Frühling an. Die Mandel- und Orangenblüten bringen Farbe in die Landschaft. Vogelgezwitscher, Schmetterlinge und das Summen der Bienen (machen die hier eigentlich überhaupt Winterpause?) ergänzen diesen Eindruck.

    Unsere Unterkunft liegt über einen kleinen Hügel fünf Kilometer weiter in einem, um diese Jahreszeit verschlafenen Touristenort. Von Frühjahr bis Herbst sind die Felsen der Insel ein riesiges Kletterparadies. Wir haben uns fünf Tage hier eine Ferienwohnung gebucht, um mal eine Auszeit zu nehmen. Wir sind tatsächlich auch ein wenig reisemüde. Sehen auch wenig Sinn darin auf Inseln immer im Kreis zu fahren. Es fühlt sich wenig nach weiterkommen an.

    Wir gehen auf die Suche nach weiteren Freiwilligen Jobs gegen Unterkunft und Verpflegung, doch ad hoc ist nichts dabei.
    Noch dazu recherchieren wir, dass der Weg Richtung Osten komplizierter wird als angenommen. Wir sind etwas gefrustet. Wir waren ja schon einige Male so lange unterwegs und wissen, dass diese Phase auch immer dazugehört - wir lassen es zu und kämpfen nicht dagegen an.

    Den höchsten Berg, mal wieder dem Propheten Elias gewidmet, erklimmen wir noch, radeln in die Nachbarbucht, aber viel mehr als Yoga, Pilates, Sonnenuntergang schauen, Wäsche machen und Artikel schreiben über den italienischen Nationalpark Gran Sasso (wie weit weg fühlt das sich schon an...) passiert nicht.

    Kurz vor Abreise komme ich noch mit einem Schwammverkäufer ins Gespräch. Um die 30 Taucher gibt es auf Kalymnos noch, die Naturschwämme im Meer ernten. Schwämme zählen zu den Tieren - das was man später benutzt, ist nur noch das Skelett. Larven bauen dieses Skelett - es scheint mir ein hochkomplexes Thema zu sein. Er erklärt mir, wie ich einen echten Naturschwamm von Kopien unterscheiden kann - er ist ein wandelndes Lexikon, den ich alles über dieses Lebewesen fragen kann. Um einen Schwamm so groß wie eine Orange zu erhalten, brauchen die Larven ein Jahr "Bauzeit". Er zeigt mir ein riesiges Exemplar...ein jahrzehntelanges Meisterwerk.

    Apropos Meisterwerk: Die Mehlknepp, die wir hier gekocht haben waren die besten aller Zeiten - Dank einer guten Portion griechischem Joghurt.
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  • Dag 162

    Inselhopping: Nisyros

    5 februari, Griekenland ⋅ ☀️ 16 °C

    Wir lassen Rhodos hinter uns und schippern mit einem etwas in die Jahre gekommenen Boot zur kleinen Vulkaninsel Nisi Nisyros.

    Nisyros ist ein aktiver Vulkan und liegt in der südöstlichen Ägäis. Schon beim Ankommen spüre ich eine Ruhe, wie ich sie bisher in Griechenland so noch nicht erfahren habe. Die Insel ist nur per Schiff erreichbar. Fallen die Schiffe wegen schlechten Wetters aus, gibt es erstmal keine Möglichkeit die Insel zu verlassen.

    Hier ticken die Uhren, vorallem um diese Jahreszeit, anders: es gibt genau ein Taxi, eine Tankstelle, zwei Obst- und Gemüseläden, eine Schule, kleine Minimärkte, tolle Bäckereien und eine Krankenstation. Bei schweren Notfällen muss erstmal ein Helikopter angeflogen kommen.
    Diese Abgeschiedenheit, die mir immer mal wieder bewusst wird, beunruhigt mich nicht. Allerdings stelle ich mir ein ständiges Leben hier schon speziell vor.

    Es scheint, als ob außer den Einheimischen aktuell niemand auf der Insel ist. Zumindest fühlt es sich für uns so an.
    Wir radeln durch den kleinen, sehr hübschen Hauptort "Mandraki" und haben schon nach dem ersten Tag das Gefühl, dass uns alle kennen und wissen "es sind zwei Radfahrerinnen auf der Insel unterwegs".
    Die gesamte Insel hat rund 1000 Einwohner. Im Sommer kommen zahlreiche Touristen hinzu, die entweder einen oder mehrere Tage auf der Insel verbringen.

    Wir lassen uns insgesamt drei Tage Zeit. Wie auf allen Inseln geht es bergauf, bergab und das Radeln ist schweißtreibend.
    Nachdem wir es dann auch noch schaffen uns auf dieser Miniinsel mit gefühlt zehn Straßen zu verfahren, sind wir nahezu alle Straßen geradelt, die es hier gibt. Da wir den falschen Weg nach oben in eine Sackgasse genommen haben, machen wir nach kurzem Ärgern über die Höhenmeter an der falschen Stelle das Beste draus: Wenn wir schon mal oben sind, besteigen wir einfach den höchsten Berg der Insel und genießen schon von hier oben einen eindrucksvollen Blick in die Caldera.

    Das Highlight folgt am nächsten Tag - eine Radtour durch die Caldera und ein Spaziergang durch den Stefanoskrater.
    Schon beim Hochstrampeln steigt uns ab und zu ein leichter Schwefelgeruch in die Nase.
    Die seismische Aktivität wird hier seit 1995 streng überwacht, da es von 1995 - 1999 zu Temperaturveränderungen und Änderungen in der Zusammensetzung der ausgestoßenen Gase kam. Seitdem gab es keine besorgniserregenden Aktivitäten mehr.

    In der Caldera angekommen, steigen wir die Treppenstufen in den Krater hinab. Es qualmt und blubbert an manchen Stellen und ich kann meine Hände nur schwer bei mir halten. Am liebsten würde ich alle Steine in meine Radtaschen stopfen. Wie immer, wenn wir in vulkanischen Gefilden sind, fasziniert mich diese absolute Vielzahl an Gesteinsarten und Farben, die ein Vulkan in seinem Innern produzieren kann.

    Wir lassen uns Zeit in der Caldera und bestaunen alles ganz in Ruhe. Hetzen müssen wir hier ja eh nicht. So viele Möglichkeiten in die Pedale zu treten gibt es nicht mehr.

    Unser nächstes Ziel ist eine kleine "Sauna" am Straßenrand, die dank des Vulkans beheizt wird. Ein weiterer Vorteil dieser Jahreszeit, wir haben die Sauna für uns alleine und es fährt genau ein Auto vorbei, als wir drinnen saunieren.

    Danach noch ein schönes Zeltplätzchen suchen, was hier wirklich nicht schwer ist und schon ist unsere Zeit auf dieser besonderen Insel auch schon wieder vorbei. Ein absolutes Highlight unserer Reise bisher.
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  • Dag 161

    Inselhopping: Rhodos

    4 februari, Griekenland ⋅ ☀️ 13 °C

    Nach drei Wochen auf Kreta sind wir der Berge ein wenig müde - nicht, dass die anderen Inseln flach wären, aber keine von ihnen hat so hohe Erhebungen wie Kreta. Das Wetter war wechselhaft von Hagel, Gewitter, Sturm über wärmende Sonne war alles dabei. Knapp 500 km haben wir auf der größten griechischen Insel zurückgelegt und hatten Lust, weiter zu kommen. Für die letzten 80 km haben wir den Bus von Rethymno nach Heraklion genommen, um dort am nächsten Morgen um 6 Uhr die Fähre nach Osten zu den Dodekanes-Inseln und zuerst nach Rhodos zu nehmen.

    An Rhodos hatten wir ehrlich gesagt keine allzu großen Erwartungen, es war eher die Notwendigkeit hier zu stoppen, um einige Tage später das nächste Schiff auf eine kleine Vulkan-Insel zu nehmen. Bei unserer Ankunft wurden wir positiv überrascht: eine mittelalterliche Stadtmauer mit beeindruckenden Toren und Türmen aus der Zeit der Kreuzritter des Johanniter-Ordens sowie ein pittoresker Fischerhafen hießen uns nach acht Stunden Fahrt bei strahlendem Sonnenschein willkommen.

    Um ein Bier zum Sonnenuntergang zu erstehen, sahen wir schon, was Rhodos Stadt im Sommer noch zu bieten hat: neben Bars und einladend aussehnden Restaurants, die leider meist verschlossen sind, kommen wir auch durch die Vergnügungsmeile, die mit Striptease, Tanz und Sex um Gäste wirbt. Klingt hier ganz nach Halligalli-Party Insel.

    Wir fahren nach der Nacht im echt netten Hostel (endlich gibt es mal eins) entlang der geschäftigen Küste Richtung Theologos, wo Denise sogar einen Campingplatz entdeckt hat und die freundliche Besitzerin uns trotz Winterpause beherbergt. Mit Efigenia kommen wir ins Gespräch. Sie schwärmt von der Schönheit der Insel. Es gäbe hier seltene Tierarten und wunderschöne Natur. Sie beklagt, dass trotz Naturschutz immer mehr Hotelanlagen Baugenehmigungen erhalten - als wenn es nicht schon genügend Betten gäbe.

    Das größte Problem der Insel sei aber das Wasser, erzählt sie uns. Im Sommer wenn die Touristenmassen hier sind und viel Wasser benötigt werde, kann sie sich in diesem Jahr nicht vorstellen, wo das herkommen soll. Die Speicherseen sind nicht gefüllt, da es nicht ausreichend geregnet hat.

    Wir radeln über einen Pass auf die andere Inselseite. In den Bergen erahnen wir die Schönheit, von der Efigenia erzählt hat. Die Küste ist uns beiden aber einfach zu be- und verbaut. Sicher gibt es auch tolle naturbelassene Abschnitte, aber der Radius mit dem Fahrrad lässt uns diese nicht entdecken. Wir feiern noch eine Premiere: ein absolutes Super-Schnäppchen verlockt uns dazu für eine Nacht in einem all-Inklusive Hotel in Rhodos Stadt einzuchecken. Unser Fazit: viel, aber eher mittelmäßiges Essen, passable Cocktails, sich am echt guten Frühstücksbuffet bedienen und ein warmes Bett (die Nächte im Zelt waren etwas frisch) - nur die Schüler:innen auf Abschlussfahrt aus Athen erhöhen nachts in den Fluren den Lärmpegel.

    Nach drei Tagen verlassen wir die Insel in Richtung Norden per Schiff. Ahoi Nisyros, wir kommen!
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  • Dag 137

    "Erstmal einen Raki...

    11 januari, Griekenland ⋅ ☁️ 12 °C

    ...dann was zu essen", sagt die Besitzerin der Minimarkt-Bar-Taverne sehr bestimmt zu uns und stellt uns eine "kleine" Flasche Trester-Schnaps hin - immerhin drei Gläschen für jede von uns zum Mittagessen.

    Wir trauen unseren Augen nicht, was sie danach noch alles an unseren Tisch bringt: Fetacreme, eingelegte Zwiebeln, gebratene Pilze, Fleischbällchen mit sowas wie Schmand, frische Pommes und zuguterletzt Leber. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass wir nichts davon bestellt haben, sondern nur nach etwas Kleinem zu essen fragten.
    Gelernt haben wir daraus, ab jetzt immer direkt mitzuteilen, dass wir kein Fleisch essen wollen. Die Fleischbällchen haben wir dann doch gegessen, nur bei der Leber mussten wir echt passen...

    Die Gastfreundschaft hier auf Kreta ist immens. Wir haben das Gefühl gefüttert zu werden, zumal wir für kretische Vorstellungen wohl zu dünn sind. Immer wieder zeigen sie uns, wie schmal wir sind und dass wir doch viel, viel Kraft auf unseren Rädern brauchen.
    Und irgendwie stimmt das ja auch, denn Kreta mit dem Rad zu entdecken ist kein Zuckerschlecken.

    Die Insel ist durch eine große Gebirgskette in einen nördlichen und südlichen Teil geteilt. Die höchsten Erhebungen sind das Ida Gebirge in Zentralkreta, das Lefka Ori Gebirge weiter westlich und das Dikti Gebirge im östlichen Teil, von denen die höchsten Gipfel derzeit schneebedeckt sind.

    Heraklion, die Hauptstadt, liegt im Norden der Insel.
    Natürlich bewundern auch wir hier zunächst den Palast von Knossos, kulturhistorisch die wichtigste Städte Kretas, Sitz der Minoer und die erste Hochkultur Griechenlands in der Bronzezeit um 2600 vor Christus.
    Im Sommer ist die Anlage übervoll. Wir haben sie fast für uns allein und kommen in den Genuss einer Führung. So erfahren wir viele interessante Fakten über die Minoer: die Wein anbauten, ein Zysternensystem erfanden, 2-3 stöckig bauten, Mosaike entwarfen, als erste mit Fresken Räume verschönerten, das wohl erste Olivenöl pressten und und und. Zugleich wird uns klar, dass man unter anderem vor dem geschichtlichen Hintergrund sehr stolz darauf ist, Kret:in zu sein.

    Der Entdecker Knossos', Arthur Evans hat den Palast im 20 Jh. teilweise nach eigenen Ideen ein Stück weit aufbauen lassen, was zum Teil sehr kritisch beäugt wird.
    Wie auch immer, mir hilft es eine Idee davon zu bekommen, wie der Palast einst ausgesehen haben könnte. Die beeindruckenden Fundstücke sind im archäologischen Museum der Stadt ausgestellt.

    Nachdem wir von Heraklion ein kurzes Stück Richtung Osten geradelt sind, müssen wir uns über die Berge nach Süden kämpfen.

    Östlich der Stadt sind es vorallem große Hotelanlagen und völlig ausgestorbene Touriorte, die das Bild bestimmen.
    In Agios Nikolaos müssen wir uns dann entscheiden...entweder weiter in den Osten oder aber auf zur Südküste.
    Wir entscheiden uns für den Süden und bezwingen das erste Gebirge.

    Im Süden, in Ierapetra empfangen uns große Plastiktunnel Gewächshäuser und uns wird klar, dass hier wohl der größte Teil der kretischen Tomaten, Gurken etc. angebaut werden. Kein schöner Anblick, aber irgendwo muss das Obst und Gemüse ja herkommen. Gerade Saison haben Zitrusfrüchte, die wir meist einfach an übervollen Bäumen, die scheinbar niemand beerntet, abpflücken. Auch Avocados und kretische Bananen sind jetzt reif - ein Träumchen.

    Wir radeln ein kurzes Stück entlang der Südküste Richtung Westen, bevor wir wieder ins Landesinnere fahren müssen, um weiter zu kommen.
    Von der Küste weg zu radeln bedeutet immer auch viele Höhenmeter zu machen, da sich die Erhebungen eigentlich direkt hinter der Küste auftürmen.

    Nach einem zweitägigen Abstecher nach Matala, ein ehemaliger Hippie Ort, der vorallem im Sommer sehr frequentiert ist, kämpfen wir uns wieder Richtung Berge.

    Die Radtage in den Bergen Kretas sind wunderschön und ich habe das Gefühl, dass mir Kreta vorallem im Landesinneren gefällt.
    An vielen Tagen können wir in kurzen Sachen radeln, denn die Sonne hat hier noch eine unglaubliche Kraft, die uns sogar etwas Farbe verleiht. Auch sonst ist hier außer den bepuderten Bergen der Winter ganz anders und farbenfroher: Blumen blühen, Schmetterlinge flattern und sogar Stechmücken hat es noch.
    Ein Blick auf die Karte verrät, dass Kreta auch nicht wirklich weit weg von Afrika liegt.
    Kommt der Wind aus Süden, ist es eine fast warme Briese, die uns um die Ohren weht. Der Winter bringt aber auch den dringend benötigten Regen, der uns auch schon gut gewaschen hat. Gerade fegt ein Sturm über die Insel mit Böen von bis zu 100 Kilometern pro Stunde - an Zelten und Radfahren für einige Tage nicht zu denken.

    Und dann sind da die Begegnungen mit den Menschen. Vaggelio, die Besitzerin eines Minimarktes in dem kleinen Bergdorf Sykologos, bekreuzigt sich direkt dreimal, als sie hört, dass wir von Deutschland bis nach Griechenland Fahrrad gefahren sind. Nachdem sie dabei auch immer wieder "oh panagia" (Mutter Gottes) ausruft, packt sie uns kurzerhand in ihr Auto, um uns zu einem tollen Aussichtspunkt zu bringen. Wir genießen einen Panoramablick auf einige Buchten der südlichen Insel.
    Ich bin ihr an dieser Stelle des Tages mehr als dankbar, für diese zwanzig Minuten mal nicht in die Pedale treten zu müssen.

    In den vielen kleinen Bergorten fallen mir die Gedenktafeln auf. Luzi recherchiert und findet heraus, dass die Nazis während des zweiten Weltkrieges auf Kreta ziemlich wüteten, zum Teil ganze Dörfer niederbrannten und die Bewohner, darunter auch Kinder, aus Rache vor der verlustreichen Landung der Fallschirmjäger erschossen. Auch in dem kleinen Sykologos hat sich solch ein dramatisches Ereignis abgespielt.
    Um so schöner finde ich es, dass sich die Kreter ihre Gastfreundschaft bewahrt oder wieder aufgebaut haben und wir sie tagtäglich zu spüren bekommen.
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  • Dag 134

    StreetArt in Athen

    8 januari, Griekenland ⋅ ⛅ 16 °C

    Die großformatigen Hauswände der Stadt bieten eine riesige Fläche für StreetArt Künstler:innen. Die Werke bewegen sich im Spektrum zwischen politischen Statements, Gesellschaftskritik und dem puren Ausdruck von Ästhetik. Manchmal muss man beim Flanieren durch diese irre Stadt aber genau hinsehen, um die versteckten Botschaften zu erkennen. Ich lasse einfach die Bilder sprechen...Meer informatie

  • Dag 106

    Athen - einst die Wiege der Demokratie

    11 december 2023, Griekenland ⋅ ☀️ 15 °C

    Sollte ich Athen beschreiben, wären es Worte wie: Papageien, Moloch, Graffiti, irrer Verkehr, linke Szene, wahnsinns Geschichte.

    Nachdem wir uns langsam nähern und die Fahrt von Piräus nach Athen trotz des irren Verkehrs tatsächlich überleben, werden wir in der Stadt von wilden Papageien begrüßt, die sich entlang des einzigen Fahrradweges der Stadt versammeln.
    Wir merken schnell, dass die Bewohner Athens nicht wirklich an Radfahrer gewöhnt sind, denn sie tummeln sich auf dem Radweg und sind zum Teil sichtlich irritiert, wenn wir klingeln.
    Eigentlich ist es verrückt hier Rad zu fahren, denn der Autoverkehr ist lebensgefährlich. Kilometerlange Staus und Hupkonzerte sind keine Seltenheit auf unserem Weg durch die Stadt.
    Athen ist im übrigen eine der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung und ändert trotzdem nichts am bestehenden Verkehrskonzept - so unser Eindruck.

    Auf den ersten Blick ist es wirklich keine aufgehübschte, für Touristen hergerichtete Stadt und vielleicht gefällt sie uns deshalb nach ein paar Tagen so gut.
    Athen ist schmuddelig, es wimmelt von archäologische Ausgrabungsstätten und es hat eine sehr aktive linke Szene.
    Nicht zu vergessen ist natürlich die weltbekannte Akropolis. Sie liegt auf dem der Göttin "Athene", der Namensgeberin der Stadt, geweihten Burgberg.
    Ihre Geschichte ist ebenso alt wie die Geschichte Griechenlands und immer wieder waren es andere Völker (Griechen, Römer, Perser...), die die Festungsanlage für sich nutzten und veränderten.
    Im demokratischen Athen wurde sie schließlich als Sitz der Götter (Tempelanlage) ausgebaut.
    Sanne, die wir bei der Olivenernte in Selegoudi kennengelernt haben und die wir seitdem regelmäßig trafen, ist geschichtlich sehr interessiert und gibt uns eine Privatführung. Dank ihr verstehe ich die Geschichte Griechenlands nun ein bisschen besser und bin beeindruckt von all dem, was sich in der Menschheitsgeschichte hier abgespielt hat.

    Natürlich lassen wir uns in Athen das archäologische Nationalmuseum nicht entgehen und bewundern auch hier die zum Teil sehr, sehr gut erhaltenen Fundstücke. Vorallem der Goldfund von Heinrich Schliemann aus der mykenischen Zeit beeindruckt mich sehr.
    Schliemann, der durchaus kritisch hinterfragt wird, begann 1869 mit Ausgrabungen in Mykene und stieß hierbei auf besagten Goldfund.
    Die mykenische Kultur gilt als eine der ersten Hochkulturen Europas und das antike Mykene ist wirklich eine Besichtigung wert. Die alte Festungsstadt mit ihren vielen Gräbern und den Mauern aus riesigen Steinquadern fesselt uns sehr.

    Aber nochmal zurück zu Athen😊, das für mich nicht nur wegen seiner archäologischen Bedeutsamkeit interessant ist, sondern auch wegen aktueller Geschehnisse. Einst die Wiege der Demokratie, bekommen wir nach Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen das Gefühl, dass hier einiges in Schieflage geraten ist.
    Da gibt es beispielsweise die linke Szene, die sich mit vollem Einsatz für den Erhalt einer Parkanlage einsetzte und trotzdem verlor. Die Parkanlage wird seitdem von hoch ausgerüsteten Polizisten bewacht und ist abgeriegelt.
    Da gibt es einzelne Menschen, die sich für die stark machen, die nicht das nötige Kleingeld haben, um gerichtlich gegen mächtige Menschen vorzugehen, die ihnen Unrecht angetan haben.
    Da gibt es den Hostelbesitzer, der sich mit Freiwilligen für Geflüchtete einsetzt und der jetzt zur Kasse gebeten wird, da er Freiwillige bei sich arbeiten hat.
    Da gibt es diejenigen, die von heftiger Polizeigewalt auf Demonstrationen berichten, obwohl sie friedlich auf die Straße gingen.
    Und da gibt es die Menschen, die wir im Dunkeln in den Straßen liegen sehen- eine obdachlose alte Frau, Junkies, die Drogen verticken oder konsumieren, obdachlose Menschen, die sich in Hausecken eingerichtet haben.
    Kurzum in der Nacht zeigt Athen auch sein hässliches Gesicht in den Seitenstraßen.

    Mit einem Gefühl zwischen Bewunderung und Abscheu verlassen wir Athen und Griechenland für einen Weihnachtsbesuch zu Hause.
    Unsere Fahrräder und Taschen lassen wir in unserem Hostel stehen.
    3 Wochen später sind wir zurück in Athen und erholen uns erstmal von der zweieinhalb tägigen Anreise aus Deutschland, auf der wir nahezu alle Verkehrsmittel (außer Flugzeug und Fahrrad) nutzten.
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