Elternzeitreise Philmonella

September - November 2023
Mona, Ella und Philipp touren durch Nordamerika. Von Frankfurt aus geht es nach Atlanta, mit dem Wohnmobil durch Kalifornien und West-Kanda sowie nach Toronto und Montreal. Hier werden wir über unsere achtwöchige Reise berichten. Read more
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  • Day 18

    Signal aus dem Funkloch Yosemite Valley

    October 1, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 7 °C

    Wir sind im Yosemite Nationalpark angekommen und haben nach der ersten Nacht am Campground Wawona unser Lager für mehrere Tage im Tal (Valley) auf dem Upper Pines Campingplatz. Leider ist der Empfang im Tal ziemlich schlecht, selbst Textnachrichten kommen nicht immer durch. Deshalb nur ein kurzer Eintrag, dass es uns gut geht - wir melden uns ganz ausführlich, wenn wir wieder raus aus dem Park sind und erzählen dann von der wunderschönen Natur, die es hier gibt.Read more

  • Day 19

    "Das hier ist Bärengebiet!"

    October 2, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 13 °C

    Bevor wir zu unserem Abenteuer in den Yosemite Nationalpark aufbrechen machen wir noch einen letzten Zwischenstopp. Wir müssen nämlich mal wieder Wäsche waschen und den Benzin- und Gastank des Campers auffüllen. Dafür haben wir uns das Örtchen Mariposa ausgesucht. Im Waschhaus angekommen treffen wir gleich drei deutsche Paare und tauschen uns aus. Zwei waren bereits im Park, das dritte will, so wie wir, noch rein.

    Es ist Samstagmittag und noch bangen wir, ob wir überhaupt reinkommen in den Park. Denn im Repräsentantenhaus tobt ein Streit um einen Übergangshaushalt. Wenn bis Mitternacht keine Einigung erzielt wird, droht ein "shutdown" des öffentlichen Diensts, davon wären auch die Parks betroffen. Also hoffen wir, dass die Republikaner sich endlich einig werden und zustimmen.

    Die Paare, die wir hier treffen, sind ziemliche Weltenbummler. Das aus Berlin ist zunächst den Jakobsweg gelaufen, dann nach New York und nun im Yosemite. Weiter gehen sollte es nach Tahiti - und dann nach Hause. Ein anderes Paar war zunächst in Kolumbien und Peru, ehe es in die USA ging. In drei Monaten wollten sie dann nach Australien reisen. Während wir alle unsere Wäsche hier waschen und trocknen kommt dann die Eilmeldung: Repräsentantenhaus stimmt für Übergangshaushalt. Puuh, dann kann es ja morgen losgehen!

    Im Gegensatz zu uns waren alle mit einem Mietwagen unterwegs und wir waren auch die einzigen, die direkt im Park übernachteten. Dennoch konnten wir den ein oder anderen Tipp mitnehmen. Die Nacht verbrachten wir auf einem eher einfachen Stellplatz auf einem Veranstaltungsgelände im Nachbarort von Mariposa. Am nächsten Morgen fuhren wir nach dem Frühstück los zu unserem ersten Campingplatz am südlichen Eingang des Parks. Etwas mehr als eine Stunde dauerte die Fahrt, dann standen wir inmitten von riesigen Pinien- und Nadelbäumen und an einem Bach.

    "Hier ist Bärengebiet!" steht auf einem Infoblatt, das wir beim Check-in am Campingplatz bekommen. Darauf steht nochmal das, was uns auch von den Rangern eingetrichtert wird: kein Essen oder duftende Gegenstände draußen lassen. Entweder im Wohnmobil oder in den extra dafür aufgestellten Metallschränke ("bear locker") verwahren. Denn die Bären könnten leicht ein Auto aufbrechen, wenn sie wollen, sagt die Rangerin. Auch die Mülleimer sind mit einem Stahlseil und einem Karabinerhaken gesichert, damit die Bären nicht darin einbrechen - und eventuell stecken bleiben.

    Nach so viel Sicherheitsinstruktionen ist Mona etwas verunsichert und hat Schiss. Wir haben Fleisch im Kühlschrank - kann der Bär das riechen? Wir kuscheln uns ob der kalten Temperaturen wieder zu dritt in unser Bett im Heck, doch Mona schläft die erste Nacht nicht gut, eine Alarmanlage eines Autos, das mitten in der Nacht losgeht, ist da erst recht nicht hilfreich.

    Am nächsten Morgen stehen wir etwas später auf, denn Ella wird erst gegen 8 Uhr wach. Wir ziehen die Rollos hoch und schauen uns um: viele haben in Zelten übernachtet und auch sie scheinen nicht von einem Bären gefressen worden zu sein. Für Mona aber bleibt trotzdem ein mulmiges Gefühl (und das die ganze Zeit über). Aber immerhin haben wir es dank Heizung kuschelig und können uns schnell einen Kaffee kochen - ganz ohne dafür ein Feuer entfachen zu müssen.

    Ella ist dagegen ganz begeistert: sie dreht jeden Stock, jede Tannennadel und jeden Stein um unser Auto herum um. Als wir ihr den Fluss neben unserem Campingplatz zeigen, beobachtet sie ganz genau das Wasser, und zeigt immer wieder mit ihrem Finger auf Dinge wie Vögel, Bäume und vor allem jeden Hund, dem wie begegnen. Tiere sind jetzt der absolute Hit für sie und die Natur, so mittem im Wald, scheint sie auch sehr zu genießen. Wenn einer von uns raus geht, egal ob es nur dazu ist, den Müll wegzubringen, will sie unbedingt mit. Falls nicht, wird Ella auch richtig laut und bockig. Ihren Dickkopf kriegen wir seit ein paar Tagen zu spüren und vielleicht kann sie sich noch etwas zu oft durchsetzen. Aber wir muten ihr mit der Reise und der ständig wechselnden Umgebung ja auch viel zu. Vielleicht ist das nur fair, denn ausgesucht hat sie sich das ja nicht. Deshalb können wir ihren Dickkopf noch gut akzeptieren, mal sehen wohin uns das noch führt (mit zwei dickköpfigen Eltern schwant uns nichts Gutes...

    Wir sind jedenfalls alle vom ersten Tag von der wunderschönen Umgebung begeistert und nehmen uns für den ersten ganzen Tag vor, zum Glacier Point, dem wohl bekanntesten Aussichtspunkt zu fahren.
    Mehr dazu dann im nächsten Blogbeitrag!
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  • Day 20

    Oh Yosemite!

    October 3, 2023 in the United States

    Die zweite Nacht lief für mich etwas besser, wenn ich auch nach wie vor auf der Hut vor Bären bin 😜 vor dem Schlafengehen überprüfe ich mehrmals die Türen, packe alles an Essen weg und verstaue den Müll in der Dusche - in der Hoffnung, die Bären lassen sich erst gar nicht blicken. Faszinierend wie seelenruhig Philipp bei dieser drohenden Gefahr doch schlafen kann. Ella schläft übrigens seit wir den Camper haben sehr gut, meistens braucht sie nachts nur einmal kurz die Flasche und schläft dann durch bis morgens um 7-8 Uhr. Aber reden wir nicht weiter drüber, sonst wird es ja immer automatisch schlechter.

    An unserem ersten vollen Tag fahren wir von Wawona zum Aussichtspunkt des
    Glacier Points - und Philipp muss sich den sehr kurvigen Straßen annehmen, die keine andere Richtung kennen als sehr weit nach oben. Ich bevorzuge dank meiner Höhenangst doch lieber den Beifahrersitz. Die Anstrengung lohnt sich: die Aussicht auf dem 2200 Meter über dem Meeresspiegel und 1000 Meter über dem Yosemite Valley hohen Glacier Point ist beeindruckend und zeigt u.a. auch den Granitfelsen Half Dome. Der kurze Fußweg vom Parkplatz zum Aussichtspunkt ist zum Teil asphaltiert und auch gut mit dem Kinderwagen zu erreichen. Ella ist gut drauf und hat sichtlich Spaß. Sie grinst und winkt allen möglichen Leuten zu und wie so oft bekommen wir zu hören, was für ein unfassbar süßes Baby sie doch ist (wie Recht sie doch haben😂).

    Auf dem Weg zu unserem nächsten Campingplatz namens „Upper Pines“ halten wir noch beim Tunnel View, der einen tollen Panoramablick unter anderem auf das Yosemite Valley bietet. Das eigentlich noch von uns angepeilte Visitor Center verschieben wir auf morgen - dank Fehlleitung durch unser Navi kommen wir nicht nah genug heran.

    Die Nacht schlafe ich besser, bei all den anderen in Zelten schlafenden Touristen werden sich die Bären doch hoffentlich von uns fern halten rede ich mir ein. Ich genieße zunehmend das gemeinsame Einschlafen im Bett im hinteren Teil des Campers und unsere sehr gemütlichen Morgende, in denen Ella quer durchs Bett wandert, lacht und Quatsch macht. Ellas zunehmender Bewegungsdrang und das alleinige Stehen, in die Hocke gehen und zurück in den Stand kommende, führen allerdings auch zum ein oder anderen Sturz und damit verbundenen Veilchen oder leicht blutender Lippe - so sehr es uns schmerzt das zu sehen, ist es doch wohl Teil des Prozesses. Wir sind uns sicher: bis Weihnachten läuft die kleine Maus.

    Heute geht es auf zum Curry Village, ein kleines gemütliches Dorf ganz in der Nähe mit einem Restaurant, einem Deli und einem Coffee Shop - für uns eine gute Möglichkeit etwas zu essen und für Ella Vögel und Ziesel, ein süßes Nagetier mit buschigem Schwanz, ähnlich dem grauen, nordamerkanischen Eichhörnchen, zu beobachten. Als wir dann den kostenlosen Shuttle Bus zum Visitor Center nehmen wollen (ähm ja verrückt es gibt zwei Buslinien in diesem Nationalpark), kommt der Bus nach 40 Minuten Wartezeit immer noch nicht. Als wir beschließen zu gehen, ist es wie immer im Leben: aus der Ferne erkennen wir den anfahrenden Bus. Jetzt haben wir aber auch keine Lust mehr! Den dritten Anlauf verschieben wir auf morgen. Ob wir dann mehr Glück haben??
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  • Day 21

    Von Vögeln und kalifornischen Zieseln

    October 4, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 20 °C

    Immer noch tief beeindruckt von der Landschaft geht es für uns am nächsten Tag ins nahe gelegene Yosemite Village, die größte Siedlung im Park. Das Tal nimmt nur ein Prozent der Parkfläche ein, aber nahezu der gesamte Tourismus findet dort statt. Zudem lebt hier seit mehreren Tausend Jahren der Indianerstamm Ahwahneechee, nach dem auch das Hotel benannt ist. Wir gehen einkaufen, essen hier unsere erste Pizza (ganz gut) und lassen uns treiben.
    Ella interessiert sich natürlich wie immer nur für die Vögel, die Hunde und die kalifornischen Ziesel.

    Am nächsten Tag wollen wir zum Crane Flat Viewpoint, ein Punkt, an dem man die großen Sequioa Bäume (Mammutbäume) sehen können soll - nach einer engen und abenteuerlichen Fahrt zum Viewpoint stellen wir fest: die Bäume sieht man wohl erst nach längerer Wanderung, der Viewpoint selbst ist ein Reinfall.

    Wir ziehen weiter zum Toulumne Grove, eine weitere Möglichkeit bereits nach kürzerer „Wanderung“ (der Weg ist asphaltiert und leicht zu begehen) die Mammutbäume zu sehen. Ella ist heute leider nicht so in Stimmung (kein Wunder es gibt auf dem Weg keine Ziesel zu entdecken), sie hasst es in der Trage auf dem Rücken zu sein, sie will andauernd anhalten und auf dem Boden spielen und die Bäume interessieren sie verständlicherweise so gar nicht. Wir aber finden sie ziemlich beeindruckend und freuen uns kurz über diese kleine Wanderung. Der Weg wieder rauf wird dann aber zum Albtraum: Ella schreit sich in Rage (so verjagt sie immerhin jeden sich in der Nähe befindenden Bären) und lässt sich nicht mehr beruhigend. Die meisten der uns entgegenkommenden Touristen laufen schnell an uns vorbei, ein Lichtblick ist eine Frau, die mit ihren etwas älteren Söhnen und ihrem Mann unseren Weg kreuzt. „it gets better“, ruft sie uns lächelnd zu. Ich frage völlig fertig: „really??“, sie entgegnet „sort of…“. Und ihr Ehemann ergänzt: „it gets different“ - eine Reaktion, die immerhin zu einer kurzen Erheiterung beiträgt. Und man glaubt es kaum, wir schaffen es danach dann doch tatsächlich noch zum Visitor Center und bekommen einen Tipp für eine Wanderung für unseren letzten Tag.

    Am letzten Tag in diesem wundervollen Paradies entschädigt uns Ella für ihren Ausraster am Tag zuvor (zumindest ein bisschen, der erste Tagschlaf ist ein Kampf und findet später statt als eigentlich geplant) und wir können erneut „wandern“ gehen: ein kurzer und flacher, wiedermal zum großen Teil asphaltierter Weg führt uns vorbei am Yosemite Lower Waterfall und Cook‘s Meadow - eine Wiese mit dem Fluss Merced und schöner Aussicht.

    Das war ein schöner Abschluss im Yosemite, in dem jedes Jahr beeindruckende 700.000 Menschen campen. Bären haben wir übrigens die ganze Zeit über keine gesehen. So langsam glaube ich der einen witzelenden Amerikanerin, die wir im Bus kennengelernt haben: „Die sagen doch nur es gibt Bären, um Touristen anzulocken.“ Wir kommen auch ohne gerne wieder!
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  • Day 26

    Bye, bye, Harry!

    October 9, 2023 in the United States ⋅ ☁️ 20 °C

    Unsere Zeit mit dem Camper in Kalifornien ist vorüber. Zweieinhalb Wochen mit Harry gingen aus unserer Sicht sehr schnell vorbei, was wohl auch daran lag, dass wir fast jede Nacht an einen anderem Ort mit dem Camper standen und die Tage mit Abbau, Aufräumen, Fahren, Aufbauen und Ankommen stets gut ausgefüllt waren.

    Als Nicht-Camper macht man sich nämlich wahrscheinlich gar keine Gedanken, wie viel Aufwand es jedes Mal ist, alles herzurichten - ob fürs Fahren oder fürs Campen. Daher, zum Abschluss unseres ersten Kapitels im Wohnwagen, mal ein kleiner Exkurs, wie unsere Tage so aussahen:

    7 Uhr: Ella wird wach und wir müssen somit auch raus aus den Federn. Dann heißt es zunächst: die Kleine frisch wickeln und Kaffee kochen. Und oft muss der Abwasch vom Abend noch erledigt werden, denn wenn Ella schläft, wollen wir nicht eineinhalb Meter daneben im Waschbecken Radau machen (allein die Wasserpumpe ist sehr laut). Danach geht's ans Frühstück. Ella wird zuerst versorgt, dann wird - wobei sie bei uns auch immer mehr mitisst. Also eigentlich zweimal frühstückt - wie bei den Hobbits, haha! Ella isst übrigens mittlerweile alles: sie liebt Avocados, Bananen, alle möglichen Beeren und ist völlig besessen von Tomaten (wehe wir gehen an welchen im Supermarkt einfach vorbei, dann ist ein Schreianfall vorprogrammiert). Genauso begeistert ist sie aber auch von Grillhähnchen, Pommes (eh klar!), Nudeln (hier gibt es als Babyessen Mac'n Cheese) und sie isst Limette oder Zitrone mit Vergnügen und ohne das Gesicht zu verziehen.

    Nach dem Frühstück folgt dann wieder Abwaschen. "Könnte man nicht einmal alles abwaschen?", denken jetzt sicherlich einige. Doch da gibt es zwei Probleme: wir haben kaum Platz, um dreckiges Geschirr aufzubewaheren und gleichzeitig kaum Geschirr und Besteck im Wagen: zwei Tassen, zwei kleine und zwei große Teller, zwei Schalen, und für jeden ein Messer, einen Löffel und eine Gabel. Da geht es nicht anders, als ständig zu spülen.

    Dann wird der Wagen bereit gemacht, alles sicher verstaut und vertaut, damit nichts während der Fahrt oder einer scharfen Kurve aus einem der Schränke fliegt. Dann müssen noch alle Anschlüsse gekappt werden: Stromkabel, Wasser- und Abwasserschlauch müssen abgebaut werden. Den Abwasserschlauch spülen wir auch immer einmal durch, damit er möglichst sauber ist.

    10 Uhr: Etwa um diese Zeit sind wir bereit, um loszufahren. Ella schläft mit etwas Glück nach 10 bis 20 Minuten ein, sodass der Beifahrer etwas entspannten kann oder sich zum Beispiel dem nächsten Blogeintrag widmet, während der andere fährt.

    11.30 Uhr: Wir haben zumeist Fahrten von rund einer Stunde gehabt, sodass wir um diese Uhrzeit oft in dem Ort waren, wo wir hinwollten. Zum Campingplatz sind wir dann aber oft nicht direkt, sondern haben vorher noch was erledigt: Einkaufen, Tanken, Sightseeing.

    13 Uhr: Der Magen knurrt langsam. Ella kriegt wie immer zuerst ihr Essen, dann sind wir dran. Mal gibt es nur ein schnelles Brot oder eine Instantsuppe, manchmal haben wir uns was geholt. Dann fiel das Abendbrot oft kleiner aus.

    14 Uhr: Wir kommen am Campingplatz an. Ella will sich nun verständlicherweise endlich wieder austoben und den Wagen wieder in die "Ordnung" bringen, die wir morgens einfach mit unserem Aufräumen zunichte gemacht haben. Einer passt auf, dass sie keinen Blödsinn macht, der andere schließt den Camper wieder an alle vorhandenen Anschlüsse an, dazu kommt noch das Ausrichten des Wagens, weil nicht alle Stellplätze gerade sind. Und in einem schräg stehenden Camper macht das Leben weder uns noch Ella Spaß.
    Zum Ausrichten haben wir dreistufige Klötze, auf die wir mit dem Wagen fahren können.

    14.30 Uhr: Der Wagen steht, wir sind alle gesättigt, Ella könnte jetzt eine Runde schlafen. Anfangs tat sie das auch immer, zum Ende der Camperreise wollte sie nachmittags nicht mehr schlummern. Also entweder hatten wir nun Zeit zum Verschnaufen oder wir sind mit Ella los, um den Platz zu erkunden.

    17 Uhr: Zeit, um zum Camper zurückkehren. Ellas Abendbrei vorbereiten, unser Essen vorbereiten und dann wieder nacheinander Essen - wenns gut läuft.

    18.30Uhr: Apropos wenns gut läuft: dann schläft Ella um diese Zeit, wir können entspannen, den Tag verarbeiten und besprechen sowie den nächsten planen.

    20 Uhr: Wenns nicht so gut läuft, schläft Ella erst jetzt und wir kamen noch nicht zu unserem Abendessen. Das wird dann nachgeholt und wenn unsere Energie danach noch ausreicht, wird weiter geplant.

    22 Uhr: Wenn wir nicht schon vorher eingeschlafen sind, machen wir uns nun bettfertig. Wer weiß schon, wann Ella uns morgen weckt? Dann heißt es einen Platz im Bett finden, den Ella noch nicht für sich eingenommen hat.

    Jetzt habt ihr einen guten Einblick bekommen, wie unsere Tage etwa aussahen. Dabei lief natürlich jeder Tag anders ab. Und nun ist unsere Zeit als fahrendes Volk auch vorerst vorbei. Am Montagmorgen muss der Camper in Dublin, auf der rechten Seite der Bay Area, abgegeben werden. Wir haben deshalb unsere Morgenroutine am letzten Tag abgeändert. Auf den ersten Kaffee und das Frühstück haben wir zunächst verzichtet und stattdessen die letzten Sachen verstaut und gepackt. Dann sind wir von unserem letzten Campingplatz in einem Ort direkt neben Dublin losgefahren, um zu frühstücken. Bei der Kette IHOP gab es Eggs Benedict für Mona, French Toast, Eier, Würstchen, Bacon und Pancakes für mich - und Ella natürlich auch. So waren wir alle gut gestärkt und haben uns auch noch einen Abwasch gespart!

    Die Station unseres Vermieters El Monte RV war dann nur noch vier Minuten entfernt. Harry hat nochmal alle seine Macken gezeigt: die Seitentür sprang während der Fahrt auf, genau wie der Küchenschrank und die Toilettentür. Alles Dinge, die wir garantiert nicht vermissen werden. Und dennoch ist da auch ein bisschen Wehmut, denn Harry hat uns schließlich eine lange Zeit und knapp über 1000 Meile begleitet.

    Bei der Rückgabe lief zum Glück alles ohne Probleme. Auch der kaputte Schlüssel für die Seitentür war kein Grund für den Vermieter, was von der Kaution zu behalten, nachdem ich auf die Probleme mit der Tür hingewiesen hatte. Das hatte mir die Nacht zuvor doch schon auch noch den Schlaf geraubt...(Mona: sowas Unnötiges raubt ihm den Schlaf, aber nicht die Bären???)

    An der Abgabestation spricht mich ein Mann mit Glatze auf Englisch an, er hatte gesehen, dass ich einen Kindersitz aus dem Camper getragen hatte. Ob ich wüsste, wie man diesen im Camper befestigt, fragte er mit deutschem Akzent. Ich gab mich als Landsmann zu erkennen und sicherte ihm Hilfe zu, sobald wird mit dem Papierkram fertig waren. Dann stellte sich heraus, dass das Pärchen mit ihrem fünfmonatigen Sohn Henry auch auf Elternzeitreise ist. Bis nach San Diego wollen sie mit ihrem Wohnmobil fahren.

    Zusammen mit der Mutter befestigten wir nach etwas tüfteln die Station für die Babyschale und bekamen im weiteren Gespräch mit, dass sie in dem Hotel in San Francisco waren, in das wir nun wollen. So bekamen wir gleich noch ein paar hilfreiche Tipps für die Umgebung. Und nicht nur das: sie schenkten uns noch Fahrkarten für die U-Bahn und eine Linie der Cable Cars. Einer dieser vielen schöne Begegnungen auf dieser Reise.

    Danach ging es dann für uns mit dem Uber-Taxi nach San Francisco. Dazu dann mehr im nächsten Eintrag!
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  • Day 27

    … wear some flowers in your hair!

    October 10, 2023 in the United States ⋅ ⛅ 19 °C

    Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich sind meistens die ersten paar Minuten in einer Stadt ausschlaggebend, ob ich sie lieben werde oder nicht. Spüre ich den Vibe? Gefällt mir, was ich sehe, rieche, aufschnappe? So war es in Venedig, so war es in New York. Und es ist wieder geschehen. Auf dieser Reise. Zum ersten Mal.

    „Be sure to wear some flowers in your hair“ - eine Liedzeile, die wohl wie keine andere für diese Stadt steht. Ein viktorianisches Haus aus „Full House“, das große Berühmtheit erlangte und in dieser Stadt zu finden ist. Oder diese beeindruckende Hängebrücke mit 2.737 Metern Gesamtlänge, die wohl eines der berühmtesten Wahrzeichen in den gesamten USA darstellt. San Francisco, du hattest mich schon kurz nach der Ankunft.

    Nachdem wir Harry abgegeben hatten, ging es direkt mit dem Uber in unser Hotel, ein Holiday Inn, gut gelegen inmitten der Stadt. Wir wollen nach Ankunft eigentlich nur noch kurz die Gegend erkunden und uns etwas zu Essen holen, merken aber schnell, dass Ella gut drauf und in der Trage sehr zufrieden am Beobachten ist.

    Also laufen wir weiter und landen in Chinatown (natürlich nach einigen steilen Straßen, die uns beim Hochlaufen durchaus unsere gesamten Anstrengung kosten und mich sehr an Lissabon erinnern). Wir genießen den Trubel, die verschiedensten Gerüche, darunter auch streng riechende Fischgerüche, die chinesischen Zeichen überall und Zutaten, die uns sonst nicht so über den Weg laufen. Nach einigem Rumschauen kaufen wir in zwei Läden Dim Sum, gedämpfte oder frittierte Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen, fürs Abendessen ein.

    Dank des Paares, das wir bei der Camperabgabe kennengelernt haben, haben wir auch noch zwei Tickets für die Cable Car übrig, die wir dann auf unserem Rückweg direkt nutzen. Wir sind völlig fasziniert von dem tollen Fahrgefühl und den einzigartigen Wägen, die in liebevoller Handwerksarbeit innerhalb von zwei Jahren gebaut und verziert und immer noch per Hand gesteuert werden. Ella liebt vor allem die Kordel, die zum Bimmeln an den Kreuzungen getätigt wird, und würde sie natürlich selbst gerne die ganze Zeit betätigen. Wir kommen ohne große Kordel-Zwischenfälle am Hotel an und genießen noch das Abendessen (wiedermal romantisch im Badezimmer).

    Am nächsten Tag beschließen wir nach einer Auszeit im Pool (Baden ist bei Ella nach wie vor mega angesagt!) und ihrem ersten Nap im Hotel, den Hop-on Hop-off Bus zu nehmen, in der Hoffnung einen guten Überblick über die Stadt zu bekommen und gleichzeitig Ella mit Busfahren zu begeistern. Wir starten bei einem winzigen Teil der Lombard Street, (die ist nämlich super lang), die als „kurvenreichste der Welt“ bezeichnet wird. Innerhalb der 145 Meter werden 33 Höhenmeter überwunden. Danach geht es weiter an den Pier39, eigentlich war das nicht das nächste Ziel, aber Ella findet Busfahren wohl doch nicht so toll wie erhofft. Wir gehen etwas shoppen, essen zu Mittag (die restlichen Dim Sum vom Vortag, Ella fand sie auch lecker), schauen Seerobben und Möwen an und genießen das, wenn auch sehr touristische Flair.

    Schönerweise schläft Ella dann schnell in der Trage ein, wir setzen uns im Doppeldeckerbus nach oben an die frische Luft und fahren eine ganze Weile mit dem Bus, lauschen den Infos über Kopfhörer und genießen die Aussicht. Unser letzter Stopp des Tages sind dann die „Painted Ladies“, viktorianische, mehrfarbig gestrichene Holzhäuser, aus dem 19. Jahrhundert. Wunderschön! Philipp und ich haben uns eventuell eins ausgesucht. Oder auch schon eins der anderen, die wir davor gesehen haben. Das wäre dann schon das zweite Haus, das wir kaufen müssen, neben dem in Carmel-by-the-sea. Ella hat die Ladies verschlafen und ist erst auf dem Rückweg ins Hotel wieder aufgewacht.

    Unseren letzten vollen Tag in Frisco starten wir nach Poolauszeit und Ellas Nap im Haight-Ashbury, dem Hippieviertel der Stadt, von dem aus der Summer of Love (1967) die Welt eroberte. Dort gefällt es uns sehr: Shops mit tollen Dingen, schöne Cafés und eine Ben&Jerry‘s Eisdiele. Hier haben aber auch schon Berühmtheiten wie Jimi Hendrix, Janis Joplin und sogar Marilyn Monroe gewohnt.

    Danach ist Ella-Zeit: wir finden im nebenan gelegenen Golden Gate Park einen Kinderspielplatz und treffen die Eltern von Noel, elf Monate alt und für einige Zeit Ellas Spielgefährte. Die drei sind auch auf Elternzeitreise bleiben aber vor allem in und um Frisco. Als Noel anfängt vor Müdigkeit zu schreien, kommentiert sein Vater das nur mit den Worten „Noel, chill mal“ - ich nehme mir vor, das künftig auch mal auszuprobieren.

    Danach nutzen wir nochmal den Bus, um die Golden Gate Bridge von allen Seiten zu bewundern und nehmen so langsam Abschied von dieser Stadt. Eine Stadt, die so viel zu bieten hat: wundervolle viktorianische Häuser, ein trubeliges Chinatown, ein chilliges Hippieviertel, ein beeindruckendes Bankenviertel mit Hochhäusern vergleichbar zu Frankfurt (ebenso leider vergleichbar die doch immer wieder sichtbaren Obdachlosen und Drogenabhängigen), durch die vielen Parks sehr viele grüne Ruheoasen und den Strand, die Piere und das Wasser. Ich hätte gerne zwei, drei Tage mehr hier verbracht. Aber ich bin sicher, mit einem viktorianischen Eigenheim kommen wir bald wieder. Natürlich nur mit ganz vielen Blumen im Haar.
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  • Day 29

    Ein besonderes Wiedersehen

    October 12, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 16 °C

    Neun Jahre hat es gedauert, bis wir uns in Seattle wiedergesehen haben. Zwischendrin hatten wir nur selten Kontakt. Umso schöner, dass es sich anfühlte, als wäre keine Zeit vergangen. Aber beginnen wir am Anfang.

    Von Frisco aus fliegen wir nach Seattle, ein zweistündiger Flug, auf dem wir uns erstmals die Economy Premium Class gegönnt haben. Dafür bekamen wir mehr Beinfreiheit und Getränke umsonst. Ella machte die Anreise und den Check-In gut mit, shakerte mit einer Frau eine Reihe hinter uns im Flugzeug und schlief auf mir direkt nach dem Start ein. Ich haderte wieder mit mir und meiner Flugangst, stellte aber recht schnell fest, dass wir aufgrund eines Inlandsflugs nicht so hoch flogen (gefiehl mir gut!) und der Flug insgesamt sehr ruhig war (gefiehl mir auch sehr gut!!). Ich genoss die schlafende Ella auf mir, die Ruhe und Entspannung ausstrahlte und schaute sogar einige Male nach draußen (sogar im Landeanflug!). Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich Fliegen lieben könnte, wenn ich nicht jedes Mal solche Angst haben würde. Ergibt das einen Sinn?

    In Seattle angekommen, geht es mit dem Uber zum Hotel, in dem wir ein größeres Zimmer mit Kochnische haben. Wir bestellten Ramen Suppe zum Abendessen (lecker und sau scharf!) und dann ging es bald ins Bett - Reisetage sind immer anstrengende Tage.

    Am nächsten Morgen zieht es uns früh los: nach dem Frühstück laufen wir an den Hafen, dann zur Space Needle, einem Aussichtsturm, der vielen aus Grey‘s Anatomy bekannt ist und in den Kraken Eishockey Fanshop (das war vor allem der Grund warum es Philipp so früh rauszog…😋).

    Zurück im Hotel werden wir dann auch schon abgeholt: Tianyi, den ich 2014 im Auslandssemester in Venedig kennengelernt habe, hatte sich extra freigenommen, um den Tag mit uns zu verbringen. Nach neun Jahren ein Wiedersehen voller Freude und Neugierde! Was war nur alles zwischenzeitlich passiert? Erstmal hatte er chinesisches Essen besorgt und holte uns mit seinem Tesla (wow!) ab für den Zoobesuch. Das hatten wir extra für Ella eingeplant, damit sie auch mal wieder auf ihre Kosten kommt. Und der Zoo war schön angelegt, es gab Vögel, Affen, Giraffen, Löwen, Pinguine, Otter, Ziegen und vieles mehr zu bestaunen. Ella fand es toll! Uns blieb aber auch genug Zeit das leckere Essen zu probieren und ausgiebig zu quatschen. Tianyi arbeitet bei Cruise, einem Anbieter selbstfahrender Autos. Super spannend und für mich doch nach wie vor etwas gruselig.
    Er erzählt zudem von seiner Acapella-Singgruppe (er hat eine wahnsinnig schöne Stimme!), wir reden über vergangene Zeiten und über unsere Reise. Er erzählt aber auch, wie einsam er sich während der Pandemie gefühlt hat, seine Eltern leben nach wie vor in China, und es wird mir wieder bewusst, wie viel Glück ich doch hatte in dieser Zeit.

    Danach geht es weiter zum Kerry Park. Wir hören unterwegs Annenmaykantereit und Milky Chance (Tianyis deutsche Lieblingsband während seiner Venedigzeit) und Ella schläft unerwartet bei all der Lautstärke im Auto ein. Wir genießen die Aussicht auf die Seattle Skyline und den dahinter liegenden Mount Rainier und Tianyi berichtet uns, wo Promis wie Bill und Melinda Gates wohnen.

    In Seattle sind nämlich viele weltweit bekannte Unternehmen wie Microsoft, Amazon (zusammen stellen die beiden über 100.000 Arbeitsplätze), Boeing und Starbucks angesiedelt und haben einen großen Teil der Stadt unter anderem mit ihren Büros belagert. Auch Google hat seinen zweitgrößten Standort hier, und auch T-Mobile USA und Facebook sind hier vertreten.

    Wir stellen an diesem Tag aber auch fest: Seattle ist gemütlich, sehr grün, ist umringt von großen Bergen wie dem Mount Rainier und hat eine wunderschöne Universität, die ein bisschen an Hogwarts erinnert und laut Tianyi im April von Kirschblüten umringt sein soll. Nach einem Spaziergang und einem Kaffee an der schönen Uni bringt uns Tianyi zurück zum Hotel. Wie viel man an einem Tag erleben kann und trotzdem das Gefühl hat, die Zeit war nicht genug!

    Am nächsten Tag sind wir dann wieder zu 2 1/2 unterwegs und besuchen den Pike Place Market, ein Markt direkt am Wasser, auf dem es von Essens- und Shoppingständen nur so wimmelt. Wir folgen Tianyis Rat und essen bei der russischen Bäckerei Piroshky Piroshky, eine Institution, in der es Smoked Salmon im Teigmantel, den Bestseller Beef&Cheese, ebenfalls im Teigmantel, und Rhabarber- sowie Kürbisteilchen zum Vernaschen gibt. Danach zieht es uns aufs Wasser: wir machen eine Rundfahrt mit der Fähre nach Bainbridge Island und zurück. Wir werden mit einer frischen Brise und einer tollen Aussicht auf Seattle belohnt.

    Zurück an Land wollen wir noch in den International District, ähnlich wie Chinatown, das dann aber doch eher enttäuschend ist. Wenig Geschäfte und Restaurants, dafür viele Obdachlose und Drogenabhängige. Eine Situation, die bedrückend ist und wie Tianyi uns berichtete, seit der Pandemie um einiges schlimmer geworden ist. Nach diesem vollen Programm geht es für uns zurück ins Hotel und früher ins Bett. Am
    nächsten Tag wartet eine lange Zugfahrt auf uns, die uns zum zweiten großen Teil unserer Reise bringt: Kanada. Ich bin etwas wehmütig, die USA zu verlassen, schwöre mir aber, dass es nicht wieder neuen Jahre dauert, bis Tianyi und ich uns wiedersehen. Bye Bye States, du warst gut zu uns, see you soon again!
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  • Day 32

    It's umbr-Ella season!

    October 15, 2023 in Canada ⋅ ☁️ 19 °C

    "Oh, wie schön ist Panama", betitelte Janosch einst eine Geschichte vom Bären und dem Tiger. "Oh, wie schön ist Kanada!", denke ich dagegen seit vielen, vielen Jahren, seitdem ich mich mit diesem Land beschäftige, der Heimat meines Lieblingssports Eishockey. Kanada stand so ziemlich ganz oben auf meiner "bucket list", oder Löffelliste, wie Mona es nennt. Also die Dinge, die man gesehen oder gemacht haben will, bevor man den Löffel abgibt. Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als Kanada im Herbst zu erleben, wenn sich das Laub und speziell die Blätter des Ahornbaums in Rot, Gelb oder Braun verfärben, die Sonne noch ein paar warme Strahlen schickt und alles in ein goldgelbes Licht taucht und dann vielleicht noch ein Reh, Elch oder Bär irgendwo über die Straße läuft. Genau dort wollte ich immer sein.

    Nun sind WIR hier! Das macht es natürlich umso schöner, wobei ich auf dieses von mir ausgemalte Naturszenario noch ein bisschen warten muss, denn zunächst steht nach San Francisco und Seattle die nächste Großstadt auf unserem Plan: Vancouver. Von Seattle nehmen wir dieses Mal kein Auto und kein Flugzeug, sondern steigen in einen der silbernen Amtrak-Züge. Wahrscheinlich hätten wir diese Art des Reisen schon viel früher genutzt, wenn es denn vernünftige Verbindungen gäbe. Die Amerikaner sind aber, noch viel mehr als die Deutschen, eine Autofahrernation. Zugfahren widerspricht ganz offensichtlich dem Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit. Und zudem herrscht der Eindruck vor, dass mit dem Zug nur diejenigen fahren, die sich kein Auto leisten können.

    Es gibt ein paar ganz tolle Strecken der Amtrak-Züge. So kann man von New York bis Miami oder von Seattle bis Los Angeles fahren. Wenn die Züge aber genauso langsam fahren wie unserer, dann ist das fast wie eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok. Mehr als viereinhalb Stunden braucht der Zug für die Strecke (230 Kilometer). Mit dem Auto wären es nicht mal drei gewesen.

    Unsere entschleunigte Reise war dafür sehr entspannt und unterhaltsam, weil wir einen sehr gut gelaunten und zum Scherzen aufgelegten Schaffner hatten, der uns nicht nur über die nächste Haltestelle, sondern auch über Sehenswürdigkeiten und Tiere in der Umgebung hinwies. Oft waren es Robben oder Seelöwen, denn die Zugtrasse führt über weite Strecken direkt am Pazifik entlang - wunderschön. Die Amtrak-Züge sind dagegen schon in die Jahre gekommen, aber noch ganz gut in Schuss. Wir sitzen vorne in einem Waggon, auf einem behindertengerechten Platz mit viel Freifläche, ideal für Ella und ihren Bewegungsdrang.

    Es gibt hier auch keine Koffer, die den Platz wegnehmen, denn das Gepäck muss im Voraus abgegeben werden, ähnlich wie beim Fliegen und für das Handgepäck gibt es auch klare Vorgaben. Wir drei genießen so den Freiraum, die Aussicht und die Ruhe, während der Zug langsam durch den Staat Washington gen Norden tuckert. An Bord gibt es selbstverständlich auch ein Bistro mit guter Auswahl und sehr humanen Preisen, so kostet der Kaffee hier nur 2,50 Dollar inklusive Tax. Leider ist es ein Starbucks Kaffee. Wir hatten es bis zu diesem Tag geschafft, dieser Kette aus dem Weg zu gehen, aber nun gab es keine Alternative. Ganz ohne Koffein ging es dann auch nicht.

    Ella genoss die Fahrt mindestens so sehr wie wir. Entweder gewann sie mit ihrem Lächeln die anderen Passagiere für sich oder sie tobte durch die Gänge unseres Waggons. Das alles war dann auch so anstrengend, dass sie recht schnell bei Mona in der Trage einschlief. Mona nutzte die Zeit zum Lesen, ich schaute mir währenddessen das Spiel meiner Fischtown Pinguins gegen Düsseldorf an - mit einem dramatischen, aber guten Ende für die Pinguine.

    Bereits im Zug füllten wir das Einreiseformular aus, das Visum hatten wir schon vor der Reise, und am Bahnhof in Vancouver angekommen ging dann alles auch recht zügig bei der Kontrolle durch die Grenzbeamten. Die Fahrt mit dem Uber von der Pacific Central Station zu unserer Unterkunft dauerte nur zehn Minuten und wir waren gegen 13 Uhr da - konnten aber erst eine Stunde später aufs Zimmer. Also gabs für Ella schon mal Mittagessen und danach kauften wir ein wenig ein, denn gerade Ellas Mittagsmenüs gingen zur Neige. Im Supermarkt stellten wir dann fest, dass es auch zwischen den USA und Kanada offenbar Unterschiede beim Kinderessen gibt. Die praktischen Menüs, die wir zuletzt immer gekauft hatten, gab es hier fast nicht. Ebenso hadern wir nach wie vor bei der richtigen Windelmarke, die meisten taugen hier nichts. Die Preise für viele Lebensmittel hier sind dafür nicht so hoch wie in den USA, aber nach wie vor viel höher als bei uns.

    Zurück im Hotel genossen wir dann zunächst mal die Aussicht, denn unser Apartment liegt im 10. Stock. Hier in Vancouver gibt es einige sehr hohe Wohnhäuser, besonders am Wasser stehen viele. Nachdem Ella das alles nochmal im Nachmittagsschlaf verarbeiten musste, gab es noch einen späten Ausflug zum Granville Island Market, einer Markthalle mit vielen Essensständen. Um dorthin zu gelangen, nahmen wir die wohl bisher kleinste Fähre unseres Lebens von False Creek Ferries. Die Überfahrt dauerte keine 3 Minuten und auf das Bötchen passen, mit Kapitän, auch wohl nur rund 10 Menschen. Uns, besonders Ella, hat diese Seefahrt auf jeden Fall sehr gefallen.

    Am Tag darauf sind wir direkt nach dem Frühstück zur Erkundung der Stadt aufgebrochen. Hier, wie auch schon in Seattle, ist der Herbst angekommen - in San Francisco schien dieser noch weit entfernt - und es regnete bereits seit Stunden, doch wir hatten ja unsere Regenjacken eingepackt. Da Ella aber in der Trage bei mir Schlafen sollte, war sie ohne hundertprozentigen Regenschutz. Nachdem wir mit dem Bus ins Viertel Gastown gefahren sind, klapperten wir daher die Geschäfte nach Regenschirmen ab. Im zweiten Souvenirgeschäft wurden wir fündig und waren fortan mit einem schwarzen und einem rot-weißen Kanada-Regenschirm unterwegs und so, wenn nicht bereits vorher, auch als Touris direkt erkennbar. Ella unter dem Umbrella konnte dann auch endlich gut geschützt einschlafen, während wir gemütlich eine Kaffee tranken und Gastown erkundeten.

    In Gastown, Downtown und Yaletown stehen viele Backsteinhäuser, oft sind es alte Fabrikgebäude, in denen nun kleine Geschäfte, Bäcker, Kaffeeröster, Brauereien und andere Unternehmer sitzen. Dadurch unterscheidet sich Vancouver auch von Seattle, wenn es sonst doch viele Ähnlichkeiten gibt, wie die Lage am Wasser, das Klima und die Einwohnerzahl. In Seattle haben Amazon, Google und Co. viele moderne Bürogebäude gebaut, in Vancouver wird offenbar mehr altes renoviert, so kommt es mir vor. Die Backsteinbauten in Seattle waren jedenfalls oft nicht so gut in Schuss. Glas-Beton-Bürotürme gibt es hier aber auch einige.

    Nach Gastown wollen wir Chinatown erkunden, doch montags haben hier einige Geschäfte zu und ähnlich wie der International District in Seattle ist es auch hier nicht so schön wie in San Francisco. Zumindest sieht es nicht so schön klischeehaft aus wie dort. Immerhin hat es zwischenzeitlich aufgehört zu regnen. Drum geht es gleich weiter zur Rogers Arena, der Spielstätte der Vancouver Canucks aus der NHL. Der Fanshop muss erkundet werden - ich sammle seit meiner NHL-Reise 2020 Pucks mit dem jeweiligen Teamlogo. Ella ist inzwischen wieder wach, scherzt mit Kunden und Verkäufern und macht auch sonst einen guten Eindruck. Wir gehen im Pacific Center etwas Essen und danach nach Yaletown. Alles lässt sich fußläufig gut verbinden.

    Dann entdecken wir einen Spielplatz, Ella hat ihren bunten Matschanzug an und ist überglücklich und freut sich auch über die vielen Kinder, die gerade hier herumtoben. Bis dann der Himmel wieder nasse Grüße sendet und die Regenschirme wieder gefordert sind. Wir spazieren im Regen nach Hause, machen uns dort eine Nudelsuppe und Mona und Ella nutzen die große Badewanne zum Aufwärmen. An diesem Tag haben wir wohl so viel gesehen, wie von keiner anderen Stadt bisher - trotz des Wetters!

    Am Tag darauf haben wir daher gar nicht mehr viel auf unserem Plan stehen. Die Wettervorhersage ist eigentlich gut, also wollen wir in den Stanley Park, dort gibt es einen großen Spielplatz und ein Brauhaus, in dem man auch gut essen können soll. Gesagt, getan: Von unserem Hotel laufen wir an der Küste entlang dorthin, Ella darf ein bisschen mit Oma und Opa aus Bremerhaven telefonieren und auf den Klettergerüsten turnen und auch rutschen. Dann regnet es wieder, also nichts wie ab ins Brauhaus. Dort teilen Mona und ich uns einen "Flight", vier Probiergläser mit verschiedenen Bieren und essen lecker und deftig. Anschließend gibt es einen Verdauungspaziergang im Park und von dort über die belebte Denman Street nach Hause.

    Am Abend, als Ella bereits schläft, feiern Mona und ich dann noch eine Premiere: Es gibt Poutine! Das ist das kanadische Volksgericht und besteht aus Pommes, Bratensoße und Käsebrocken. Klingt eigenartig, schmeckt aber hervorragend. Allerdings essen wir jeweils nur eine kleine Portion, weil das Mittagessen schon so schwer war. Den Salat, den wir am Tag zuvor noch gekauft hatten, gibt es dann morgen...

    ...dann beginnt zudem unser nächstes Abenteuer. Wir holen unseren zweiten Camper ab und haben diesen für zwei Wochen. Stay tuned!
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  • Day 37

    On the road again (im Winterchalet)

    October 20, 2023 in Canada ⋅ ☁️ 19 °C

    Nun rollen wir wieder mit unserer mobilen Unterkunft über die Straßen, dieses Mal auf der anderen Seite Nordamerikas. Von Vancouver aus müssen wir zunächst 40 Minuten mit dem Uber in den Vorort Delta fahren, dort hat der Vermieter Canadream eine Niederlassung. Wir sind etwas zu früh dran, die Abholung ist für halb 2 angesetzt, aber das stört weder Ella noch uns. Sie erkundet den großen Empfangsraum, läuft entlang der vielen Stühle und gibt ihnen schließlich auch eine neue Anoordnung. Außerdem bleibt genug Zeit für ihr Mittagsessen, ehe es eine sehr kurze Einweisung in den Camper sowie wichtige Infos gibt: Wir haben einen speziellen Camper gemietet, der, ganz offiziell, winterfest ist. Ein "Skichalet auf vier Rädern". Im Normalfall darf sich in der kalten Jahreszeit, wenn es frieren kann, nämlich kein Wasser in den Tanks befinden, weil sonst Frostschäden an den Leitungen drohen. Oft werden die Leitungen sogar mit Frostschutz aufgefüllt. Toilette, Spülbecken und Dusche sind dann nicht nutzbar.
    Wir hatten kurz überlegt, ob wir auch ohne Wasser im Wagen auskommen würden. Auf den meisten Campingplätzen gibt es neben Toiletten und Duschen auch Spülplätze zum Abwaschen des Geschirrs.
    Aber mit einem kleinen Kind, vor allem im Herbst und dann später auch noch in den kälteren Gefilden der Rocky Mountains, war es so einfacher. Und Mona muss nachts nicht bei Eiseskälte über den Platz zur Toilette laufen - haha! (Anmerkung von Mona: alle Nachtpinkler sind da ja wohl meiner Meinung??)
    Unser Camper ist winterfest, weil er beheizte Wassertanks sowie eine spezielle Isolierung hat. "Arctic Pac" nennt sich das und funktioniert bis Temperaturen von bis zu minus 30 Grad. Und in Kanada kann es durchaus noch kälter werden...

    Wir lernen außerdem bei der Abholstation ein nettes Paar aus der Schweiz kennen, das uns spannende Geschichten über das friedliche Zusammentreffen mit Bären erzählt (Anmerkung Mona: Hilfe!!!!) und uns mit Feuerholz und einem Bärenpfefferspray versorgt (nur für den Fall der Fälle). Die beiden waren auch in den Städten Kelowna und Kamloops unterwegs, anstelle von den Jasper und Banff Nationalparks haben sie sich allerdings Vancouver Island genauer angesehen (hörte sich so gut an, dass es auf die Löffelreiseliste kommt).

    Nun ja, wir fühlen uns mit diesem Wohnmobil jedenfalls gut gerüstet für die Fahrt. Äußerlich gibt es kaum Unterschiede zu unserem ersten RV, bis auf das Logo. Und ein nettes Extra ist erkennbar: wir haben dieses Mal ein Slide-out, wir können somit den Essbereich ausfahren und haben so mehr Platz im Innenraum.
    Was im Inneren aber sofort auffällt, ist die viel bessere Verarbeitung. Hier geht kein Schrank während der Fahrt auf, alles sitzt wie es soll. Und auch der Geräuschpegel während der Fahrt ist deutlich niedriger. Zudem ist der Grundriss etwas anders. Die Küche ist dieses Mal auf der Seite der Seitentür, Dusche und WC sind getrennt, aber hinter derselben Tür. Der Camper ist etwas kleiner als unser alter und hat statt einer Klappcouch nur einen bequemen Sessel hinter der Fahrerkabine. Uns gefällt er richtig gut!

    Wir starten mit guten Voraussetzungen in unseren Kanada-Trip, der uns von Delta bis nach Calgary führen wird. Wir fahren los und Ella schläft schon bald ein. Wir haben mehrere Campingplätze in unserer Google-Karte eingespeichert, je nachdem wie weit wir kommen. Und es läuft sehr gut an diesem ersten Tag, wir schaffen es bis nach Hope - das hatten wir nicht zu hoffen gewagt - wo wir erst einen Großeinkauf erledigen und dann zum Campingplatz fahren.

    Auch hier regnet es noch, so wie schon in Vancouver, der ganze Himmel ist eine dunkelgraue Wolkensuppe. Ella will natürlich trotzdem auf den Spielplatz, der direkt neben unserem Stellplatz ist. Also Matschanzug an und ab auf die nasse Rutsche! Durch das Toben und die frische Luft schläft sie dann in der ersten Campernacht auch sehr gut. Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstück nochmal auf den Spielplatz und dann schnell weiter. Ella schläft im Kindersitz und wir kommen erneut gut voran. In unserem nächsten Stopp Princeton ist es kühl, aber es regnet nicht. Unser Campingplatz liegt direkt an einem Fluss, den wir mit Ella natürlich erkunden. Steine ins Wasser zu schmeißen ist nämlich eine neue Lieblingseschäftigung.

    Auf dem Platz lernen wir Grant MacDonald kennen. Er ist ein ziemlich redselliger Typ und erwähnt Mona gegenüber gleich, dass sein Vater Eishockeyprofi war und er deshalb als Kind viel rumgekommen war in der Welt und viele Geschichten erzählen könne. Ich bin zu dieser Zeit gerade im Camper und koche, muss aber, nachdem mir Mona davon erzählt hat, unbedingt mehr wissen. Also berichtet Grant, dass sein Vater Jack mit dem Team Pentincton Vees in den 50er Jahren eine Meisterschaft gewann und sie daraufhin Kanada bei der Weltmeisterschaft in Deutschland (in Düsseldorf, Köln, Dortmund und Krefeld) verteten durften - und das Turnier gewannen. Sein Vater spielte und trainierte später dann auch noch Teams in Europa, unter anderem den großen Schweizer Klub HC Lugano. Auch in England war Jack MacDonald aktiv, dort wuchs auch Grant auf, weshalb er einen, wie er selbst sagt, "funny english accent" hat. Grant spielte in England zwar auch Hockey, aber nur zum Spaß. Sein Talent habe für mehr nicht gereicht, erklärt er. Nun ist er Bauunternehmer in Pentincton, wohnt aber unter der Woche hier auf dem Campingplatz in Princeton, wie sein Sohn, um nicht täglich anderthalb Stunden von der Arbeit wieder nach Hause pendeln zu müssen. Nach diesem netten Gespräch verabschieden wir uns und ich lese die ganze Geschichte der Pentincton Vees nochmal im Internet nach.

    Tag drei unseres Roadtrips führt uns dann in eine sehr besondere Ecke Kanadas. An der Grenze zu den USA liegt der Osoyoos Lake, den sich beide Länder teilen. Hier liegt die gleichnamige Stadt Osoyoos mit ihrem wüstenähnlichen Klima. Es regnet kaum und im Sommer sind 45 Grad keine Seltenheit. Deshalb gilt der See auch als der wärmste des Landes. Und aus der Region kommt ein großer Teil des in Kanada angebauten Obstes. Bekannt ist die Region auch für den Weinanbau. Mona und ich sind sehr gespannt und suchen uns ein Weingut in der Nähe unseres Campingplatzes für eine Weinprobe heraus.

    Die Weine sind gut, aber auch ziemlich teuer. Die Flaschenpreise starten ab 30 CAD plus Steuern (1 CAD sind 69 Cent). Am Ende gönnen wir uns drei Flaschen Rotwein und zahlen dafür 90 Euro. Für die Weinprobe zahlt man hier, wie in den USA, normalerweise extra. Bei diesem Winzer spart man sich die 10 Dollar pro Nase aber beim Kauf von zwei Flaschen. Naja da Essen gehen bisher mit Ella nahezu gar nicht drin war, gönnen wir uns diesen kleinen Luxus.

    Im Sommer hätten wir, ohne Monate im Voraus zu buchen, hier niemals einen Stellplatz bekommen. Doch im Herbst ist die Saison vorbei, die Temperaturen irgendwo im niedrigen zweistelligen Bereich. Auf dem Campingplatz direkt am See ist zwar was los, aber noch genug Platz für uns und andere spontane Gäste.

    Ella und ich halten die Füße in den gar nicht mal so warmen See, wir rutschen, klettern und schaukeln - auf beiden Seiten des Sees, denn vorher waren wir noch in "Downtown Osoyoos" und dort auf einem Spielplatz. Das muss man den Kanadiern lassen: die Spielplätze hier sind alle top in Schuss, modern und häufig auch recht groß angelegt, sodass hier viele Kinder Spaß haben können. Einige Spielstationen sind ab und zu sogar rollstuhgerecht. Wir finden, da kann sich Deutschland mal eine Scheibe abschneiden.

    Als Ella im Bett ist, machen Mona und ich eine der Flaschen Wein auf (ein sehr leckerer Syrah) und planen die Aktivitäten und Campingplätze für die nächsten Tage. Das ist doch immer auch sehr aufwendig, macht aber auch richtig Spaß. Landschaftlich hat Kanada auf jeden Fall einiges zu bieten: Gebirge, Wälder mit Bäumen in jeglicher Farbenpracht und große, schön gelegene Seen. Wir freuen uns auf die nächsten Stopps: Kelowna und Kamloops.
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  • Day 38

    Ein Stück Heimat mitten im Nirgendwo

    October 21, 2023 in Canada ⋅ ☁️ 13 °C

    Die Fahrt nach Kelowna dauert anderthalb Stunden, wir haben uns aber tags zuvor schon darauf vorbereitet auf halber Strecke - in Penticton - eine Pause einzulegen. Ein Ort zwischen den Bergen direkt am See gelegen, einen schöneren Ort hatte er auf der Welt noch nicht gefunden, so zumindest beschrieb Grant MacDonald vom Campingplatz in Princeton seine Heimat. Aber Ella schläft weiterhin tief und fest, als wir in der Nähe sind, deshalb beschließen wir, weiterzufahren.

    Wir freuen uns auf Kelowna, die belebteste Stadt auf unserer Tour zu den Nationalparks, die aufgrund ihres milden Klimas auch oft mit der Toskana verglichen wird. Dort angekommen gehen wir, wie könnte es auch anders sein, erstmal zum Eishockeyshop der Kelowna Rockets. Deren Maskottchen ist Ogopodo, das Ungeheuer, eine riesige Seeschlange, die angeblich im Okanagan See lebt und Boote zum Kentern sowie Menschen verschlungen haben soll. Wir sehen es leider nicht live. Dafür gehen wir das erste Mal in diesem Urlaub richtig im Restaurant essen: es gibt Ceviche, Trüffel- und normale Pommes und eine Bowl mit Falafel, Hummus und Hähnchen. Ella genießt ihr zweites Mittagessen und isst fleißig mit. Wir bummeln noch etwas durch die Stadt, holen uns bei Tim Hortons, eine Kaffee- und Donutkette eines ehemaligen Eishockeyspielers, Kaffee (und Philipp Sammelkarten für Eishockeyspieler) und gehen für Ella auf den Spielplatz.

    Danach suchen wir einen Campingplatz für die Nacht, in der Nebensaison zwar nicht mehr so voll, aber tatsächlich trotzdem nicht so einfach, denn einige haben schon zu oder bieten nur noch den Platz an, Wasser und Elektro sind schon abgestellt. Aber wir finden einen tollen, kleinen Campingplatz bei einem älteren Ehepaar auf dem Land, kaufen dort uns bisher unbekannte Apfelsorten und probieren uns durch die selbst angepflanzten Kürbisse.

    Am nächsten Tag geht es für uns zum „Don-O-Ray Farm Adventure“ - ein absolutes Kinderparadies: Ella kann auf einem Gummipferd hüpfen, Ziegen, Hasen und Lämmer streicheln, Hühner und Vögel anschauen und wir testen den dort selbst gemachten, leckeren Pumpkin Pie.

    Am nächsten Tag brechen wir auf nach Kamloops, eine zweistündige Autofahrt, die Ella wieder nahezu durchschläft. Wir probieren Bannock Brot („Indianerbrot“) gehen wieder mal zum Spielplatz, einkaufen und fahren danach zum Campingplatz. Dieser ist eigentlich sehr hübsch gelegen, die Nacht wird allerdings aus diversen Gründen für uns alle anstrengend: Ella schläft anfangs sehr unruhig, dann fahren regelmäßig und die ganze Nacht Züge vorbei, die laut hupen und plötzlich klappert etwas laut von außen an den Camper. Wir wachen beide davon auf (Ella gott sei Dank nicht). Was könnte das sein? Mein erster Gedanke natürlich gleich: Ein Bär? Zweite Möglichkeit: Ein Ast, der immer wieder gegen den Camper schlägt? Philipp entwickelt irgendwann die Theorie, dass jemand in die Lagerfächer von unserem Camper einbrechen will. Er betätigt unsere Alarmanlage, um mögliche Einbrecher abzuschrecken und beobachtet eine Weile die Bewegungen draußen. Nachdem mir klar war, dass ein Bär niemals so regelmäßig klappern und klackern würde, schlafe ich beruhigt wieder ein. Philipp lässt das keine Ruhe, er findet anfangs nur schwer wieder in den Schlaf und wacht aufgrund des anhaltenden Geräusches immer wieder auf. Am nächsten Morgen stellte sich heraus: Philipp hat das eine Lagerfach nicht richtig zugemacht und der Wind hat es immer wieder gegen das Auto geknallt… (Kommentar von Philipp: Ja, das war ziemlich dämlich von mir).

    Etwas müde machen wir uns auf ins anderthalbstündig entfernte Clearwater und wollen die Wasserfälle besuchen. Und stellen fest: wir müssen immer noch dazu lernen. Zwei von drei Wasserfällen sind nur durch längere Wanderungen zu erreichen, deshalb sehen wir nur einen. Wir nehmen mit, uns künftig die Ausflugsziele immer genau auf die Länge der Wanderung und Entfernung vom Parkplatz zu überprüfen. Aber neben dem spannenden Wasserfall betreten wir auch wieder Bärenland. Ich studiere genau die Verhaltensregeln bei der Sichtung eines Bären, habe unser Bärenpfefferspray für den Notfall dabei und finde das war mal wieder genug Aufregung für einen Tag.

    Danach, das wird schon zum Klassiker, holen wir uns Kaffee und Philipp sich Eishockeysammelkarten bei Tim Hortons, wir gehen auf den Spielplatz und dann zum sehr schön gelegenen Campingplatz wieder mal direkt am See. Nach kurzem Lagerfeuer, weil viel zu kalt, und Abendessen, macht Philipp mit Ella die Einschlafbegleitung und schläft direkt mit ein. Auch gut, dass wird dann wohl ein Mona-Abend…

    Ella hat übrigens vor einiger Zeit angefangen „Mama“ zu sagen. Allerdings immer nur, wenn sie wütend oder nörgelig war, und dann ganz schnell und oft hintereinander. Das hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt. Vor ein paar Tagen sagte sie es dann zum ersten Mal ganz liebevoll. Und seitdem frage ich mich: Wird sich das jemals nicht mehr so besonders und schön anhören?

    Ella hat sich zudem zu einer eifrigen Esserin entwickelt: zum Frühstück gibt es zum Beispiel gerne mal Porridge, Tomaten, eine halbe Avocado und Banane sowie eine Kartoffel (jap, wilde Kombi). Wir merken, dass sie jetzt alles am liebsten selbst in die Hand nimmt, ob Löffel oder das Essen direkt und haben Spaß ihr dabei zuzusehen, weniger danach wenn wir sie wieder sauber machen müssen.

    Nun geht es zu unserem letzten Halt vor den Jasper und Banff Nationalparks nach Cedarside, zwei Stunden von hier. Nach einer ruhigen Fahrt stellen wir bei Ankunft fest: es ist eisig kalt und wir haben Schnee. Die Verwalter vom Campingplatz berichten von -10 Grad in der letzten Nacht, da sind wir doch sehr froh über unsere Heizung im
    Camper. Ella will direkt raus und die Gegend erkunden, stellt aber recht schnell fest wie eisig es ist. Wir merken, sie muss sich erst noch etwas an die kalten Temperaturen gewöhnen. Wir wollen den Nachmittag nutzen, um nochmal ins nahe gelegene Städtchen Valemount loszuziehen, werden aber von der Verwalterin des Campingplatzes vorgewarnt: es seien zurzeit zwei Grizzlybären in der Stadt unterwegs, wir sollten vorsichtig sein. Na das klingt ja wieder mal nach voll was für mich. Obwohl ich gestehen muss, aus sicherer Entfernung im Auto sitzend, würde ich die Tiere schon gerne mal live sehen.

    Wir fahren zur Bäckerei des Ortes, die uns empfohlen wird, und werden überrascht: mitten im Nirgendwo so weit weg von zuhause finden wir unerwartet ein Stück Heimat. Denn es stellt sich heraus: der Bäcker ist Deutscher und macht herrlich leckeres, deutsches Brot mit guter Kruste. Wie schmerzlich haben wir das vermisst! Und er ist zudem ein super Kerl: ist selbst mit Ärzte ohne Grenzen und mit seiner Frau auf dem Fahrrad um die Welt gereist, hat schon überall gearbeitet und sich vor ein paar Jahren dann hier niedergelassen und die Bäckerei von den Vorbesitzern übernommen, nachdem sie lange keiner haben wollte. Er selbst ist übrigens kein gelernter Bäcker, sondern Wirtschaftsingenieur. Aber er probiert sich gerne aus und arbeitet grundsätzlich nur das, was ihm Freude bereitet und auch das nicht zuviel. Deshalb hat die Bäckerei auch nur drei Tage die Woche auf. In seiner Freizeit fährt er gerne Mountainbike im nahe gelegenen Bike-Park und er wohnt mit seiner Familie in einem Haus im Wald mit Solarzellen auf dem Dach und um die Waschmaschine zu betätigen, muss man Fahrrad fahren. Die Bäckerei kommt bei den Einheimischen gut an und ist voller Lego und deutscher und englischer Weisheiten. Und es hängt dort auch ein Bild von seinem Bruder, der eine Husky-Farm in Norwegen betreibt. Ja, das kannste dir nicht ausdenken…

    Wir lassen uns die Kartoffelsuppe mit Wiener Würstchen und das leckere Brot schmecken, verquatschen uns mit Tim und Ella spielt derweil begeistert mit Duplo. Und stellen zudem fest: Tim kommt aus Bad Säckingen im Schwarzwald, da wohnten auch Philipps Großtante und Onkel. Was für eine unverhoffte Begegnung mitten im Nirgendwo.

    Die Grizzlybären haben wir übrigens nicht gesehen. Tim bisher auch nicht. Aber der größere von beiden, die Mama, bedient sich wohl regelmäßig am Abfall der Bäckerei und der kleinere, der Sohn, wird von einem Bekannten von Tim immer morgens bei den Bahngleisen begrüßt. Wie normal das hier einfach ist. Die sind schon verrückt, diese Kanadier.

    Heute ging es nun los für uns in den Jasper Nationalpark, in dem wir eine Nacht verbringen. Gefolgt von drei in Banff. Wir werden wahrscheinlich wieder nahezu keinen Empfang haben und melden uns danach wieder. Aber keine Sorge, uns wird es gut gehen, wir haben etliches leckeres Brot im Gepäck.
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