• Praia de Marim / Quelfes

    28 Ağustos 2007, Portekiz ⋅ 🌙 26 °C

    Finale

    Um sieben Uhr stehen wir auf, um rechtzeitig vor Einsetzen der Flut aus der Flussmündung herauszukommen. Aber wir haben ja noch die Chipkarte für die Tür zur Marina, die müssen wir erst abgeben. Wir fragen den Marinero, ob er sie abnimmt und die Kaution zurückzahlt. Nein, das Büro macht erst um halb zehn auf. Um halb zehn ist Niedrigwasser, dann setzt die Flut ein und strömt uns entgegen. Mist! Umsonst früh aufgestanden.
    Wir unternehmen noch einen Spaziergang durch Vila Real, trinken einen Café am Platz Pombal und kehren zurück. Der Marinero winkt uns verschwörerisch zu – aha, jetzt kann er doch die Karte annehmen und die Kaution erstatten. Er hatte wohl vorher keine Lust.
    Hurtig sammeln wir Wasserschlauch und Elektrokabel ein und werfen die Leinen los. Der starken Strömung wegen, die auch diese Marina nicht verschont, strebt Olga mit dem Hinterteil vom Steg weg, was den Käpt’n veranlasst, rückwärts herauszufahren. Ein wenig versteuert er sich und wir kommen dem gegenüberliegenden Katamaran ins Gehege, setzen ab und kommen endlich frei und ins Fahrwasser, mit der Strömung flussabwärts und hinaus aufs Meer. Der tut wieder, was er am liebsten tut, und bläst uns sanft entgegen und so fahren wir unter Motor in Richtung Heimat. Bei Fuseta nehmen wir die Abkürzung durch die Lagune.
    Bei Hochwasser ist die Fahrrinne in der Lagune besonders schlecht auszumachen, weil dann auch die Flachwasserzonen überspült sind. Gewievte Lagunen-Fahrer? Von wegen. Prompt sitzen wir fest bei der Ausfahrt in die heimatliche Bucht, dazu haben sich Schlingpflanzen um den Propeller gewickelt und hinter einem Ruder verhakt. Der Kapitän geht von Bord und platziert den Anker immer ein Stück weiter voraus, so dass wir Olga am Ankerseil herausziehen können ins tiefe Wasser.
    Am Steg vom Parque Natural (Quinta do Marim) wartet das Empfangskommittee: Freundin Carla ist da, ihr Mann Helder, Sohn Carlos und Schwester Sónia, und sie jubeln uns zu.
    Aber da sind auch Jóias Mama »Onda« und Papa »Delphin« zur Begrüßung gekommen und Jóia springt zum ersten und einzigen Mal unerlaubt von Bord und begrüßt ausgelassen ihre Familie.
    Wir umarmen uns und es gibt viele viele portugiesische Küsschen – eine überaus herzliche Begrüßung. Dann laden wir schnell die wichtigsten Dinge aus und Fidel startet mit Olga allein, bringt sie zurück in die Bucht von Marim und legt sie dort vor Anker. Inzwischen bringen Helder und ich unsere Sachen zum Haus und holen den nass geschwommenen Käpt’n ab.
    Okumaya devam et

  • Vila Real de Sto. António

    27 Ağustos 2007, Portekiz ⋅ 🌙 26 °C

    Frühstück an Land und Einkauf; Aufbruch ohne Wind, nur ein sanftes Säuseln weht uns entgegen. Käpt’n Fidel hat vergessen, beim Hafenkapitän nach dem Wetter zu schauen. Aber wir haben so unsere Erfahrungen mit Wetterberichten: Es stellt sich alles draußen heraus, wie Captain Ron zu sagen pflegte. Die meisten Stürme wurden nicht vorhergesagt und die versprochenen guten Winde hielten selten, was sie versprachen. Man muss doch nehmen, was kommt.
    Das Meer ist heute spiegelglatt und es ist gut zu beobachten, wie die Wellen entstehen: Es kommt ein wenig Wind auf und die Oberfläche kräuselt sich, als ob die See friert, dann beginnt es zu kribbeln wie eine aufgeregte Kinderschar, lauter kleine Häupter und wenn der Wind ein wenig zunimmt, fangen sie an zu schieben und türmen sich. Heute bleibt aber alles glatt. Wir fahren mit Autopilot und während ich so sitze und aufpasse, komme ich ins Denken.
    Was tun wir, wenn wir ankommen? Seit gestern beschäftigt uns, hauptsächlich allerdings mich, diese Frage. Wo legen wir an, wo entladen wir das Boot – und wohin mit der Freude. Wir dürfen flaggen nach so einer langen Reise – alle Gastflaggen, die wir unterwegs geführt haben ziehen wir auf. Hm, naja, das sind nicht wirklich viele. Wir bringen die schmucken Relingskleider wieder an. Wir entladen das Boot am Steg im Parque natural und ankern anschließend in der Buch von Marim. Wir bringen Olga zum Glänzen bevor wir ankommen und … und …

    Szene V
    FRAU am Steuer eines Segelkatamarans: »Wenn wir ankommen, ziehen wir dann die Flaggen der durchfahrenen Länder hoch? Das darf man doch dann.«
    MANN im Regiestuhl, blickt kurz aus seinem Buch auf: »Das machen nur Angeber!«
    FRAU, sehr leise: »Manchmal wäre ich aber gern ein Angeber.«

    Heute muss ich besonders gut aufpassen: Überall haben die Fischer ihre Zeichen, schwimmende Kanister mit Fähnchen drauf, dort sind Fässer versenkt zum Krakenfang. Ich muss einen Zickzack-Kurs steuern und manchmal hilft nur: Gang raus und vorbeitreiben lassen.
    Eine Segelyacht überholt uns, ebenfalls unter Motor, ich schaue genauer hin, es ist eine portugiesische Yacht. Begeistert renne ich hinein, hole unsere Fahne und schwenke sie zum Begrüßen.
    Während ich so steuere, fällt mir ein Dialog aus einem meiner Lieblingsfilme ein, »Ein Rabbi im Wilden Westen« . Auf uns übertragen würde er so lauten: »Kann dein Gott auch Wind machen?«, fragt der Kapitän den Rabbi – »Wind, oj, mein Gott macht Wind, er macht die Stürme, er kann Orkane machen und Hurrikane …« – »Reden wir nicht von Hurrikanen«, unterbricht der Kapitän. »Aber tut er es auch?« – »Er kann es, er tut es auch, aber er ist manchmal a bissl eigenwillig.«
    Wir nähern uns der Mündung des Grenzflusses Guadiana, und der schönen portugiesischen Stadt Vila Real de Santo António. Plötzlich fängt das Echolot an zu piepen, Alarm, Alarm: 1,20m, 1,00m, 0,90m Wassertiefe. O weh – eine Sandbank.
    Aber wir sind ja gewiefte Lagunen-Fahrer, wir wissen, wie es aussieht, wenn das Wasser flach ist und finden den Weg hinaus. Dann biegen wir in den Fluss ein und haben die Strömung gegen uns. Das Wasser läuft ab und wir kommen nur noch mit 1,9 Knoten voran. Der Wind bläst jetzt seitlich und wir ziehen noch einmal das Focksegel auf und erreichen endlich gegen sieben Uhr die im Vergleich zu spanischen Marinas winzige Marina von Vila Real de Santo António. Mitten im Fluss hatten wir zuvor die Fahne gewechselt – wir haben die letzte Grenze überschritten – wir sind fast zuhause!
    Hier hat sich – außer dem Preis – nicht viel verändert, seit wir 2004 zum letzten Mal mit dem alten Boot hier waren. Dieser ist mit 28 Euro mehr als doppelt so teuer; die Duschen sind die gleichen, in Containern untergebracht, winzig im Vergleich zu den luxuriösen spanischen Duschräumen, aber sie erfüllen ihren Zweck und wir genießen es. Am Gaststeg liegen kaum Segler, wie noch vor drei Jahren hauptsächlich, stattdessen große Motoryachten.
    Ich bringe Olga zum Glänzen, sie wird geputzt, abgespritzt und geschrubbt. Danach gehen wir essen in der schönen Stadt: kein Auto mit lauter Musik, keine knatternden Mopeds, keine schreienden Menschen, es ist angenehm ruhig auf dem großen Platz, obwohl dort etliche Kicker-Geräte stehen, an denen Kinder und Erwachsene spielen. Später in der Marina überraschenderweise ein offenes Internet – ich rufe meine Freundin Carla an. »Estás em Portugal? Juhuuu!«
    Morgen sind wir zuhause.
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  • Mazagón

    26 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ ☁️ 25 °C

    Früh auf, die Heimat ruft und guter Wind war angesagt. Bei der Ausfahrt aus der Lagune blies uns der Wind kräftig entgegen, dann aber drehten wir nach Nordwest und er pustete uns von hinten mit fünf Stärken in die Segel, als wolle er uns nachhause helfen. Wir brausten an Cádiz vorbei, an Rota und weiter in enormem Tempo.
    Cipiona war der letzte Hafen, bevor es auf eine 30 Meilen lange Strecke ohne Fluchtmöglichkeit ging. Aber der Wind schien uns ja günstig und wir wollten schnell nachhause. Was gab es da noch zu überlegen. Auf und übermütig vorbei.
    Kaum beschlossen, begann der Wind sein »Ich-dreh-mich«-Spiel, flaute ab und blies aus Nordwest. Wir segelten hoch am Wind, die Heimat lockte. Und es wurde ein langer, langer Törn, entlang endloser Strände, Steilküste, Strand. Der Wind kam immer mehr von vorn, zum Glück nicht stark, sonst hätten wir umkehren müssen, später schlief er fast gänzlich ein. Stunde um Stunde stampften wir gegenan und immer noch war kein Ziel in Sicht.
    Gegen halb elf, nach 13 Stunden Fahrt meist unter Motor, erreichten wir mit dem letzten Licht den Hafen von Mazagon. Fast 57 Seemeilen haben wir heute zurückgelegt und sind rechtschaffen müde. Aber nun wieder: anmelden, sich einen Platz zuweisen lassen, zurück zum Boot, das Boot verholen, landfein machen und nun endlich essen im Hafenrestaurant – sehr lecker.
    Randbemerkung: in vielen französischen und spanischen Häfen haben wir Technikzonen gesehen, sauber aufgeräumt, mit der Möglichkeit, technischen Müll zu entsorgen; einmal sogar mit einer Augendusche für Verätzungen und Erste-Hilfe-Station. ABER keine einzige Technikzone hatte solch eine schöne Atmosphäre, wie die in Valence, wo wir unter Bäumen, mit freundlichen Menschen, unsere Arbeit tun konnten und wo man auf dem Schiff wohnen konnte.
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  • Sancti Petri

    25 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ 🌧 20 °C

    Endspurt

    Nachdem der vierte Nasensonnenbrand verheilt war und mein Dauer-Herpes, mein Segel-Herpes, erst abheilen würde, wenn wir Zuhause wären, jetzt der Schluss.

    Hoffungsvoll brachen wir gegen zehn Uhr auf und tatsächlich – segeln war möglich, Olga kam ordentlich in Trab. Mit bis zu sechs Knoten umrundeten wir das historische Kap Trafalgar. Gestern hatten wir in einem kleinen Museum die Schlachtenaufstellung der sagenhaften Schlacht gesehen.
    Aber bald begann das übliche Spiel: Das Windex dreht hin und her, der Wind überlegt sich seine Richtung, das Windex kreist um sich selbst, die Segel flattern, das Besansegel schlägt auf die andere Seite … und es endet wie es enden muss: stürmischer Wind von vorn!!! Eine Weile ging es noch mit Segel und Motor, und dann, am Cabo Roche, nichts wie Segel runter, umgedreht und um die Mole in den kleinen Schutzhafen huschen: Conil. Es ist keine Marina, nur ein kleiner Bootshafen, und an den Stegen gab es keine freien Plätze. Wir warfen den Anker in der Mitte des Hafenbeckens. Nach uns kam noch eine deutsche Yacht herein und ankerte ebenfalls.
    »Fahren Sie noch weiter?«, wurden wir gefragt – »Mal sehen, was der Wind macht.« – »Ich will noch nach Sancti Petri, habe dort einen Liegeplatz gebucht.« – »Vielleicht fahren wir auch noch dorthin.«
    Der Wind ließ bald nach und als erste brach die Yacht »Sirena« auf, wir folgten kurz darauf. Wieder ging das Focksegel hoch und Käpt’n Fidel ließ verlauten, dass wir bei solchem Wind in 15 Stunden Zuhause sein könnten: quer über den Golf von Cádiz. Aber leider kann ich da nicht mithalten: 15
    Stunden ununterbrochen segeln, nicht wissen was kommt, welcher Wind, welche Wellen – nein danke, das übersteigt mein Vermögen. Kurz darauf ging es auch schon wieder los: Wind von vorne, immer heftiger werdend. Die letzten vier Meilen legten wir im Schritttempo zurück, zum Glück waren die Wellen nicht so steil wie im Mittelmeer. Die »Sirena« war längst unseren Blicken entschwunden.
    Endlich erreichten wir die Einfahrt von Sancti Petri, fuhren an einer Insel vorbei in die Lagune mit Untiefen und Sandbänken. Es war uns so vertraut, fast wie die Ria Formosa in Portugal. Die Durchfahrt war betonnt, drinnen lagen viele Yachten an Bojen. Wir fanden tatsächlich einen freien Platz am Steg, wo freundliche Menschen angelten. Wir gingen zum Büro und – was bisher noch nie vorgekommen war – wir durften am selben Platz liegen bleiben! Dazu der sagenhafte Preis von nur 12 Euro und kein Deposit für den Schlüssel! Obendrein Internetzugang. Und das in Spanien – unglaublich!
    Wir fanden ein nettes kleines Restaurant am Strand, dort gab es zwei spanische Wasserhunde: Sie sehen aus wie lockige Schäfchen und haben nur ein Stummelschwänzchen – Jóia durfte die ganze Zeit mit ihnen am Strand herumtoben. Der Restaurantsinhaber, ein langlockiger Strandseebärentyp, hatte außerdem zwei zahme Dohlen, die um die spielenden Hunde herumhüpften. Es herrschte eine wohltuende Ruhe, keine lärmende Stadt, keine laute Musik, keine Mopeds, nichts, nur springende Fische. Am Abend besuchte uns das »Sirena«-Ehepaar und wir tauschten Erfahrungen aus.
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  • Barbate

    24 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ 🌙 25 °C

    Wieder ein Sturmtag, der uns im Hafen festhielt, wo wir doch nachhause wollen!
    Ein ausgedehnter Pinienwald verlockte uns zum Wandern, aber wir fanden keinen gangbaren Weg, überall nur Müll und Scherben. Ich konnte Jóia nicht von der Leine lassen, hatte Angst, sie verletzt sich.
    So durchwanderten wir die Stadt; eine unzusammenhängende, traurige Stadt, mit stillgelegten Fischkonserven-Fabriken. Hier wird saniert, stand auf großen Schildern und in den neuen Wohnvierteln sahen wir schöne Häuser. Sobald wir aber um eine Ecke bogen, fanden wir wieder nur Müll. Und auf den Straßen herrschte ein unglaublicher Lärm, jedes dritte Fahrzeug hatte die Musikanlage bis zum Anschlag aufgedreht, jeder eine andere Musik, Hauptsache laut mit wummernden Bässen. Dazwischen knatterten Mopeds, die Leute sprachen laut durcheinander, der Kellner knallte die Gläser auf die Tische, auf der Strandpromenade lagen überall leere Dosen, Flaschen, Plastiktüten … aber Hunde sind nicht erlaubt, nicht im Touristenbüro, nicht im Internet-Café. Unerlaubterweise tobte Jóia auf dem späten Heimweg am mittlerweile leeren Strand. Für den nächsten Tag war besseres Wetter angesagt und ließ uns hoffen.
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  • Barbate

    23 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ 🌙 24 °C

    Der gute angekündigte Wind übertrieb mal wieder: Sechs böige Stärken waren uns zuviel zum Segeln und wir blieben im Hafen liegen, durften ausschlafen, erledigten einige notwendige Einkäufe (neue Seekarte, portugiesische Flagge). Es ist immer dasselbe, was an solchen Ruhetagen an Bord passiert: saubermachen, reparieren, Haare und Bart schneiden, Hund bürsten … naja, faulenzen auch.
    Für Jóia war es ein glücklicher Tag: Wir unternahmen einen weiten Gang ins Städtchen an der Promenade entlang, wo sie auf dem Rückweg auch über den Strand toben durfte. Toben im Sand ist für sie das Allergrößte; dann erfindet sie Spiele mit sich selbst, jagt irgendwelchen Papierfetzen hinterher, dreht sich um sich selbst, rast zum Wasser und zurück, wirbelt Sand auf und freut sich darüber. Auf der Promenade hatten die Menschen Freude daran, wie sie mit einem kleinen Hund spielte: Die beiden rannten um die Tische eines Restaurants herum, belauerten sich, sie jagte ihn, ließ sich von ihm jagen, sie sprangen über die Auslage eines Straßenverkäufers und als wir Jóia riefen, kam sie sofort angelaufen.
    Eine Leine brauchen wir fast gar nicht mehr. Wenn ich sie bitte, »junto« (bei Fuß) zu gehen, läuft sie zwischen uns beiden. Vor kleinen Geschäften bleibt sie ohne Leine liegen und wartet; vor dem Supermarkt binde ich sie fest und sie wartet ohne zu klagen.
    Ein Höhepunkt ist das Bürsten: Sie liegt auf meinem Schoß und lässt sich wohlig überall bürsten, lässt sich hin und her drehen, auch auf den Rücken und genießt es. Und wenn ich auf dem Achterdeck sitze und lese, liegt sie neben mir, den Kopf auf meinem Schoß.
    Für morgen hoffen wir auf guten Wind: noch vier oder fünf Tage bis zu unserem portugiesischen Zuhause.
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  • Barbate

    22 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ ☁️ 24 °C

    Um viertel nach fünf heute Morgen war die Nacht zu Ende, das Geschwabbel war so heftig, dass es uns quasi aus dem Bett warf. Als wir nach dem Frühstück aus der Kajüte krochen, kam ein Boot auf; kam dicht heran, strahlte uns mit seinen Scheinwerfern an, drei Männer an Bord, fuchtelten mit irgend etwas herum. Ich fantasierte schon: tunesische Piraten, wo liegt bloß unsere Pistole … da drehten sie ab. Es waren wohl doch bloß Fischer gewesen, oder die Piraten versprachen sich keine reiche Beute bei uns.
    Jóia musste kneifen, für einen Landgang war es noch zu dunkel. Gegen viertel vor sechs holten wir den Anker ein und brachen im Stockdunklen auf. Zur Orientierung dienten uns die Lichter der zahlreichen Frachter vor Gibraltar. Plötzlich knurrte Jóia und fing an zu bellen, irgend etwas stimmte nicht. Da – Delphine schwammen wieder um das Boot und Jóia warnte vor der vermeintlichen Gefahr. Langsam wurde der Himmel heller und als wir auf Höhe des Felsens waren, färbte sich der Horizont rosa. Vor uns lag der Punto Europa, das flache Südende der Landzunge von Gibraltar, das in die Straße von Gibraltar hineinragt.
    Nun lag ein mit Spannung und nicht ohne Kribbeln erwarteter Abschnitt unserer Reise vor uns: die Straße von Gibraltar. Gefährlich soll es dort sein, und viel Verkehr herrschen. Die Frachter haben wegen der Enge vorgeschriebene Fahrtrouten, und es gibt Strömungen, hier treffen die Gezeiten des Atlantik mit den Wellen des Mittelmeeres zusammen und so weiter.
    Heute gab es nichts von alledem: Spiegelglatt zeigte sich das Wasser, die Frachter schliefen alle noch, der Wind blies uns sanft aus Ost (wie versprochen) in die Segel. Am Eingang zur Meerenge lag – wie zur Warnung – ein havarierter Frachter, die Schnauze tief im Wasser versunken, nur das Hinterteil schaute noch heraus.
    Wir passierten die Bucht von Algeciras: Hier herrschte viel Verkehr ein und aus, die Bucht selbst lag voller Frachter, und wir schauten, dass wir rasch vorbeikamen. Olga zischte mit Motor und Segeln ab, trotzdem zeigte unser GPS nur maximal drei Knoten Fahrt über Grund an: Die Strömung stand uns entgegen. Afrika zeigte sich wieder nur nebelhaft gegenüber. Die mit soviel Spannung erwartete Durchfahrt verlief völlig ereignislos.
    Inzwischen hatte der Wind zugelegt und wir gönnten dem Motor eine Pause. Unter Segeln erreichten wir den Ausgang der Meerenge bei Tarifa: An dieser Ecke herrschte eine starke Strömung uns entgegen und das Wasser schwabbelte heftig gegen die Felsen. Der Atlantik begrüßte uns mit stürmischer Wiedersehensfreude und schickte uns heftige Böen, die sich jedoch nicht auf eine stetige Richtung besinnen konnten; das Vorsegel flatterte und musste bald herunter, Olga war kaum zu bändigen. Wir konnten nur mit dem Besansegel fahren und der Motor musste wieder Hilfsdienste leisten.
    Die Strecke nach Barbate war weit (46 sm Tagesetappe), stundenlang kämpften wir uns durch die immer wieder aufbrausende See, wo sich teilweise zwei Wellensysteme begegneten und aufschaukelten, dann wieder rollten sie bergeweise von hinten heran. Schließlich pustete der Wind wieder von vorn, so dass auch das Besansegel herunter musste und die letzten Meilen nur mit Motor zu bewältigen waren. Nach zwölf Stunden erreichten wir unser heutiges Ziel, fanden eine schöne moderne Marina im Rahmen eines Fischereihafens vor, Platz für uns war vorhanden, Internet gab es leider nicht. Es folgte ein langer Marsch ins Städtchen zwecks Einkauf und ein leckeres Abendessen im Hafenrestaurant »el capitan«.
    Anmerkung: Jóia hat fast 30 Stunden an Bord ausgehalten und nur einmal Pipi auf dem Vordeck gemacht – mit extra Erlaubnis und Aufforderung. Als wir endlich an Land gingen, war sie fröhlich und erledigte alle Geschäfte ordentlich, wie es sich gehört. Sie hatte das Glück, einem netten Hund zu begegnen zum Spielen und Toben und einem kurzen Strandausflug (Hunde verboten) in einem abgelegenen Eckchen. Immerhin haben wir in Spanien schon drei Menschen getroffen, die sie als Wasserhund – perro de agua – identifizierten.
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  • Kurz vor Gibraltar

    21 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ ☁️ 27 °C

    Heute weht der Wind wie vorhergesagt, nur ein bisschen stärker – aus West, wo wir hinwollen. Wir gehen den Tag gemütlich an, finden für das Frühstück eine Bar, in der spanisch gesprochen wird. Es werden diverse Arbeiten an Bord erledigt: saubermachen, das Bett frisch beziehen etc. für die Dame des Hauses; Maschinenraumtätigkeit für den Hausherrn. Gegen Mittag tanken wir und brechen auf.
    Draußen pustet uns der Wind entgegen, aber da er von Land kommt, haben die Wellen kaum Chancen zu wachsen. Immer wieder schlingen sich Gewächse um den Propeller, den ich schon einmal im Eifer des Gefechts »Ventilator« nannte. Dieser hängt bei Motorfahrt an einer langen Welle im Wasser, die man hochziehen kann, damit er beim Segeln nicht die Fahrt hemmt.
    Wir biegen um die nächste Ecke und da liegt er vor uns: der steile Felsen von Gibraltar; hier wächst Spanien dem schwarzen Kontinent entgegen. Wir passieren den Hafen von Sotogrande und ankern im Windschutz der Dünen, hoffen auf ein Nachlassen des Windes, um den Felsen zu umrunden und die Bucht von Algeciras zu erreichen.
    Doch der Wind lässt nicht nach. Das Schwanken am Anker verursacht mir immer noch leichte Seekrankheit. Am späten Nachmittag schwimmen wir zum Strand, versuchen, den Hund zum Mitschwimmen zu überreden, ohne Erfolg. Sicher hat sie meine Bedenken gespürt, der Strand ist nicht ganz nah und der Wellengang spürbar. Das Wasser hier ist merklich kühler als weiter nördlich im Mittelmeer, man spürt den Einfluss des Atlantik.



    Gegen Abend taucht aus dem Dunst am südlichen Horizont ein Hauch von Afrika auf, der sich mit dem Dunkelwerden verstärkt. Vor der Einfahrt zur Meerenge liegen unzählige Frachter vor Anker, die im Dunkeln mit ihren Lichtern herübergrüßen. Der Chefkoch an Bord serviert Spaghetti, mit Speck gebraten.
    Für morgen ist Ostwind angekündigt, hoffen wir, dass er kommt, und wenn er kommt, in Stärken, die ich aushalten kann.
    Nachtrag: »Barbara, Barbara, komm mit mir nach Afrika, wo die kleinen Negerlein , tanzen Ringelreih’n.« Dieses Lied hat meine Kindheit begleitet. Fast jeder Fremde, den ich mit Schönes-Händchen-geben begrüßen musste, sang es mir vor. Was für eine Vorstellung pflanzt ein solches Lied in einen Kinderkopf ? Als ich größer wurde, wäre ich gern mitgekommen nach Afrika, das ich noch später in Marokko begrüßt habe. Aber das war mir nicht genug Afrika, Afrika ist für mich tiefer und dunkler als Marokko.
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  • La Duquesa

    20 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ ☁️ 24 °C

    Heute Morgen gibt es ein extra schickes Jóia-Manöver. Der Käpt’n hat keine Lust, extra das Schlauchboot auszusetzen: zuviel Arbeit, so viel Zeitverlust. Stattdessen fährt er mit Olgas Hinterteil so dicht an den Strand heran, dass ich nur nasse Füße bekomme beim Aussteigen, mich allerdings hinsetze, als Jóia ungestüm hinterher springt, begeistert, von der Badeleiter aus ins Wasser. Und an den Strand rast, tobt, Geschäfte erledigt, eine Extrarunde im Fegetempo hinlegt und sogleich wieder zu mir kommt, als ich erkläre, wir müssten doch wieder zum Boot. Sofort steht sie neben mir im Wasser, bereit, loszuschwimmen. Das Boot liegt nur wenige Schritte entfernt, sie schwimmt zur Leiter, wir hieven sie an Bord und weiter geht unsere Fahrt; Frühstück gibt es unterwegs.
    Wieder bleibt der versprochene Wind aus, kein Hauch kühlt die schwüle, milchige Luft, kräuselt das Wasser. Wir motoren den ganzen Tag in brütender Hitze.
    Im Wasser schwimmende Gewächse machen die Fahrt schwierig. Wie schon auf der Mosel schlingen sie sich um den Propeller und hindern ihn am Drehen, mehrmals müssen wir anhalten und ihn freischneiden. Schlimmer noch: Kiloweise hängen sie an unserem Echolot, die Stange verbiegt unter der Last, das Gerät kann nicht mehr arbeiten. Nach zehn mühsamen Stunden erreichen wir den Hafen von La Duquesa, bekommen einen Platz und bei der Anmeldung eine Flasche Wein geschenkt.
    Wir finden ein Lokal im ansehnlich mit Appartementhäusern, Läden und Restaurants angelegten Hafenumfeld. Und als wir, wie gewohnt auf Spanisch bestellen wollen, sind wir doch sehr erstaunt: Der Kellner versteht kein Spanisch, er spricht nur englisch!!! Dafür kenne ich jetzt den fünften Namen für eines meiner Lieblingsgetränke: a shandy (e) = una clara (sp) = un panaché (f) = ein Radler (b) = ein Alsterwasser (d). Wie mag das wohl auf Portugiesisch heißen?
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  • Malaga

    19 Ağustos 2007, Ispanya ⋅ 🌙 25 °C

    Heute blieb das Meer den ganzen Tag über spiegelglatt, kein Tier wellt, kein Geschwabbel stört und wir fahren unter Motor.
    Von den Fischen: Im Hafen stehen sie in Scharen unter dem Schiff, kleine, noch kleinere, große. Sie wedeln sanft mit den Flossen, und wenn Frühstückskrümel zwischen den Planken unseres Achterdecks hindurchrieseln, sind sie gleich zur Stelle.
    Auch über die Flugkünste der Möwen gibt es zu berichten, wie sie flach übers Wasser streichen, mit den Flügeln fast eintauchen, aber genau bemessen, und dann auf der Oberfläche landen. Wie sie stundenlang auf den Wellen schaukeln und in Scharen bei den Fischern lauern, ob es nichts geschenkt gibt. Und wie sie noch im stärksten Wind gelassen gegenan schweben und mit energischem Kopfdrehen nach Beute äugen.
    Wir tuckern an der Costa del Sol entlang: Ab Punta de la Mola ein einziger Badestrand, bunte Sonnenschirme dicht an dicht, Menschen, Menschen. Und darüberhin fliegen die kleinen Flugzeuge mit den Werbe-Transparenten, zu zweit, zu dritt kurven sie immer wieder im Tiefflug an den Stränden vorbei.
    Die beeindruckend hohen Berge der Sierra Alhama ziehen sich bis zur Küste hin; der Monte Maroma ist mit über 2000 m die höchste Erhebung. Und wir sehen Städte, die sich erfreulich bunt an den Hängen hinauf ziehen, fast ohne Hochhäuser, so dass man von See aus die Kirche erkennen kann.
    Während ich den motorenden Katamaran steuere – eigentlich muss es heißen, Wache sitze, denn er läuft mit dem Autopiloten – gerate ich ins Denken. Plötzlich schrecke ich auf: ein Schwabbel, eine dreieckige Rückenflosse, noch eine, glänzende Leiber, vier Delphine umkreisen spielerisch das Boot, tauchen darunter hindurch, springen minutenlang vor den Bügen. Jóia ist ganz aufgeregt, bellt die unbekannten Tiere an. Und der eine Delphin scheint zu antworten, beim Auftauchen gibt er Grunzlaute von sich, die ähnlich einem Bellen klingen. Und schon ziehen sie weiter.
    Nach vielen Stunden Fahrt erreichen wir gegen halbsieben müde den angestrebten Hafen El Candado und biegen in die enge Einfahrt ein. Käpt’n Fidel funkt den Marinero an und sogleich bellt es in barschem Ton aus dem Lautsprecher zurück, sinngemäß: Um Gotteswillen, bloß nicht, zurück zurück, todo completo, alles voll.
    Also weiter. Vor uns in einer Dunstglocke liegt Malaga, und je näher wir herankommen, desto undurchdringlicher scheint der Dunst, den die Schnellboote und Wassermotorräder noch mit ihrem Gestank anreichern. Die Luft scheint zu dick zum Atmen, vor unseren Bügen tauchen Scharen von Fischen auf, die die Köpfe aus dem Wasser recken, als schnappten sie nach Luft. Dort hinten erscheinen schemenhaft die Hafenkräne von Malaga, dort müssen wir hin.
    Eine weitere Stunde und wir fahren in den Industriehafen ein, links wird gerade ein riesiges Containerschiff beladen. Wir fahren hindurch bis zur Marina, die für eine solch große Stadt erschreckend klein ist, und als wir einfahren wollen, taucht schon ein Marinero auf und macht energisch abwehrende Handbewegungen: alles voll, weg hier!
    Es ist mittlerweile fast acht Uhr, wir sind hundemüde nach dem langen heißen Tag, aber das interessiert hier niemanden. Der Marinero weist uns in eine Richtung weiter hinten im Hafen, wo anlegen offenbar möglich ist. Dort finden wir Yachten an einer Kaimauer und freie Plätze und machen fest.
    Endlich darf der Hund von Bord und dringende Geschäfte erledigen, aber o Schreck: Dieser Platz ist durch eine code-gesicherte Tür abgesperrt, man kann zwar hinaus, aber nicht wieder herein. Also steht der Käpt’n Wache, während Jóia »muss«. Als wir zum Boot zurückkommen, fahren bereits zwei Polizeiautos vor.
    »Ist das Ihr Boot?« – »Ja.« – »Hier darf man nicht anlegen, das ist ein Industriehafen, hier kann man nicht … Wenn Sie unbedingt hier übernachten wollen: Dort drüben ist eine Mauer, da können Sie festmachen.« – »Okay.« Und wir machen uns bereit, loszuwerfen. Aber Halt:
    »Wie lang ist das Boot, wie breit ist das Boot, da gibt es Tarife, Moment mal. Und bis morgen früh, also bis 12 Uhr nachts ist es ein Tag, und von 12 Uhr nachts bis am Morgen ist es ein zweiter Tag; Sie müssen also für zwei Tage bezahlen.«
    Dann ruft der »nette« Polizist bei seinem Vorgesetzten an und erfragt in einem stundenlangen Palaver, wie hoch denn nun der Preis sei, für das Liegen an einer Mauer ohne jeglichen Service für zwei Tage, weil aus eins mach zwei. Wir stehen dabei, sind müde, haben Hunger. Endlich teilt er uns den Preis mit: 58 Euro! Für nichts außer einer Erlaubnis!
    Käpt’n Fidel sagt nur knapp: »Nein, wir fahren wieder.« Wir machen quasi auf dem Sandalenabsatz kehrt, werfen die Leinen los und lassen die verdutzten Polizisten stehen. Nichts wie raus aus diesem stinkenden Hafen! Malaga, du schöne Stadt, du kannst uns mal, wir fahren raus, um die Ecke, dort finden wir eine kleine Badebucht, der Anker rauscht aus und fertig. Ankersuppe und gute Nacht.
    Nachtrag zu Jóia: Wenn wir in einen Hafen einlaufen, ist die Freude immer riesengroß: Aha, jetzt gleich geht es an Land, hurra! Laufen, die Beine vertreten, schnüffeln etc. Wenn wir ankern und beginnen, das Schlauchboot zum Einsatz fertigzumachen, freut sie sich auch: Gleich ist Strand dran, rumtoben, Wasser … All das gab es aber an diesem Abend nicht. Es war schon dunkel, zu spät, wir waren zu müde. Und unser lieber braver Hund beruhigt sich wieder, legt sich uns zu Füßen, seufzt einmal und ist doch zufrieden.
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