• Robert Fichtner

Im Königreich der Lamas

Mit Rucksack und Zelt auf dem Weg ans Ende der Welt. Meer informatie
  • Puerto Natales

    13 maart 2023, Chili ⋅ ☁️ 9 °C

    Der Wind hat uns noch einige Stunden länger hängen lassen.
    Nur wenn es weniger als 15 Knoten Wind hat darf der Kapitän das schwierige Anlandemanöver machen. Denn hier gibt es keine Lotsenschiffe und es wird mit zwei Schlauchbooten improvisiert die Leinen ans Dock zu legen. Nachvollziehbar dass das bei Starkwind nicht geht. Dadurch wurden wir aber auch erst um halb elf Abends von der Fähre gelassen. Auf dem Boot herschte zudem stricktes Alkoholverbot. Nichts leichter als trotz der späten Stunde noch in die Last Hope distillery einzurücken. Die südlichste Distille der Welt. Von Wacholder Gin über Calafate bis zum Whisky gibt es hoer alles. Einziges Problem auf der Karte - es gibt nur Kombi Angebote 3 Whisky zum Festpreis dass die Ohren schlackern. Einzeln keine Chance. Also doch was Leichteres zum Ausklang.

    Ich nutze den nächsten Tag um mich zu organisieren und Puerto Natales zu erkunden. Es ist nicht das Ende der Welt und hat einiges zu bieten. Puerto Natales liegt sehr Flach in einer Bucht in direkter Sicht auf die Gletscher des südlichen Eisfeldes. Bis zu den Torres del Paine sind es auf der Karte noch einmal über hundert Kilometer. - wenn die Sicht gut ist. Für die nächsten fünf Tage haben sie jedoch dicke Wolken vorher gesagt. Solange ich noch etwas sehe geht es auf einen Aussichtspunkt über die ganze Bucht. Die Berge sind leider schon alle im Nebel verhangen. Es ist jedoch wunderschön anzuschauen wie der Herbst hier langsam Einzug hält und die Buchenblätter sich gelb verfärben. Bald setzt Regen ein. Zähflüssiger Regen, kurz vor Schneefall. Zum Glück klappt heute das Trampen zurück in die Stadt wieder reibungslos.

    Bevor ich mich noch einmal mit ein paar Freunden von der Fähre treffe geht es in das kleine städtische Museum. Hier wird allerlei ausgestellt was die jüngsten Siedler aus der alten Welt zum Leben alles brauchten vom Haus im Kolonialstil bis zur Schreibmascchine oder der Apothekenpräzisonswaage und übergroßen BonBon-Dosen. In dieser Zeit entstand hier eine Fleischverarbeitungsindustrie. Das Land lebt wenn überhaupt vor allem von der Schafzucht. Als die Bauern sich gegenüber den Kolonialherren benachteiligt fühlten gab es Schlägerelen mit insgesamt 8 toten Arbeitern und 4 toten Polizisten. Für so eine dünnbesiedelte Region regelrecht ein Massaker. Auch darüber berichtet das Museum und über das eigentliche wirkliche Massaker an den indigenen Ureinwohnern in Feuerland. Das ist selten. Es wird auch heute gern noch unter den Tisch gekehrt dass die Völker nach Europa verschleppt wurden um sie wegen ihrer anderen Art wie Tiere in botanischen Gärten zur Schau zu stellen. In Deutschland war da ein gewisser Herr Hagenbeck führend. Ein sonst wohl ziemlich geschätzter und hoch dotierter Zoologe in Norddeutschland.

    In noch älterer Vergangenheit hat man hier in Höhlen bei Ausgrabungen Saurier und Reptilien gefunden. Der Meilodon ähnelt heute am nächsten noch einem Bären, mehr noch vielleicht einem Ameisenbären. Dieser Ort war also schon immer beliebt. Dennoch habe ich mich entschieden die Pläne etwas umzustellen. Der Torres del Paine muss auf mich warten oder ganz verzichten. Die Reservierungen für Zeltplätze im Park sind trotz des anhaltend schlechten Wetters völlig überbucht. Und nur für eine Tagestour im Regen oder dichtem Nebel und noch dazu horrendem Parkeintritt kann ich auch zu Hause ins Gebirge wandern gehen.
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  • Punta Arenas

    14 maart 2023, Chili ⋅ 🌬 6 °C

    Beginnen wir mal so langsam die Superlativen aufzufahren hier in Chile. Verlässt man Puerto Natales gen Süden dauert es keine halbe Stunde und die Berge sind verschwunden. Die Landschaft wird karg und es wächst maximal noch gelber Rasen. Nach drei Stunden kommt man nach Punta Arenas - dazwischen ist nichts. Patagoniens Steppen sind ein weites Land und plötzlich kann ich jeden verstehen der hier flucht wenn er dem Wind ausgesetzt ist.

    Außerdem ist der Wind eiskalt! Er kommt vom Westen über die Berge und fegt eigentlich aufs Wasser hinaus. 6 Grad fühlen sich dennoch an wie maximal 1 Grad. Kein Wunder wenn ich in drei Tagen eine Erkältung habe. An der Strandpromenade können sie sich jedenfalls die Straßenreinigung sparen. Punta Arenas gilt als die südlichste Stadt auf dem kontinentalen Festland. Von hier sind es noch 85 km weiter südlich bis am Kap Froward das Festland ganz zu Ende ist. Feuerland und was da noch kommt sind „bloß“ noch Inseln. Und das Witzige ist dabei es gibt hier ein paar k
    Kilometer südlich der südlichsten Stadt ein Denkmal dass den geografischen Mittelpunkt von Chile markiert. Der Südpol gehört ja offiziell niemandem aber der Chilenische Teil wird von Punta Arenas aus verwaltet. Das Haus an der Plaza de Armas ist sehr schön und doch unscheinbar. Außer einem kleinen Schriftzug und einer zusätzlichen Flagge weißt nichts darauf hin. Hier in Punta Arenas starten auch die meisten Antarktis-Expeditionen gen Süden soweit es sich nicht um ein Kreuzfahrtschiff handelt.

    Der Streifzug durch die Stadt endet am Friedhof. Die Südamerikaner bauen da ja immer regelrechte Paläste. Zwischen Kolonialherren und Chilenen gibt es keinen Unterschied. Einzig die Kinder liegen separat. Vor allem deutsche und kroatische Namen findet man hier in den Familiengruften wieder.
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  • Feuerland

    15 maart 2023, Chili

    Der Busfahrer heizt wie ein Gaskranker der Fähre entgegen mit der wir das koninentale Festland hinter uns lassen wollen. Ab hier gibt es nur noch Inseln. Große und kleine. Die größte heißt nicht umso st Isla grande del Terra del Fuego. Drei Stunden geht es mehr oder minder durch die Steppe gerade aus und wir müssen aufpassen das der Wind uns nicht fort bläst. Dann gehts an die Grenze zu Argentinien. Und als wir dass dann als erster von drei Bussen überstanden haben hat auch der Fahrer plötzlich wieder gute Laune und drückt nicht mehr so auf die Tube. Ca.eine Stunde vor dem Ziel gibts nochmal eine Kaffeepause. Mittlerweile spitzt sich meine Erkältung zu und ich glaube ich wäre sonst gar nicht aus der Trance aufgewacht. Denn plötzlich zeigt Feuerland sich in einem ganz anderen Kleid. Der Name stammt ja daher dass die Seefahrer hier immer Rauchfahnen an Land gesehen haben wenn sie vorbei segelten. Damit haben sich die Ureinwohner ihrer Zeit warm gehalten. Aber hier ist der Ofen aus und es zieht gewaltig! Schneebedeckte Gipfel warten von einem auf das andere Mal auf. Feuerland hat zurecht mit gerade einmal 300m über See das niedrigste gelegene Skigebiet der Welt. Mühsam windet sich der Bus auf diesen letzten paar Kilometern. Die letzten 500km kann man leider nur mit dem eigenen Fahrzeug so richtig gut erkunden. Da fahren die Bisse immer nur durch. Am Ende liegt unscheinbar in einer Bucht die südlichste Stadt der Welt. Es ist immer noch nicht das Ende der Welt aber in Ushuaia gibt es doch einiges zu entdecken!Meer informatie

  • Auf einem Rundgang durch Ushuaia

    16 maart 2023, Argentinië ⋅ ☁️ 6 °C

    Über Nacht hat meine Erkältung mit grün und gelb zugeschlagen. Ich mag Argentinien schon jetzt nicht. Aber der Weg gen Süden zurück nach Chile ist versperrt. Nach Covid hat Chile den Beagle Kanal noch immer nicht wieder frei gegeben und so gibt es auch keine direkte Fähr-Verbindung von den zwei Nachbardörfern hier.

    Ein wenig Enttäuschung, dann ist eben Ushuaia der südlichste Punkt den ich in Lateinamerika ansteuern kann. Die Stadt ist 100 % auf den Tourismus eingestellt, die Preise auch. Jeder der aus Argentinien kam erzählt mir wie günstig es im Vergleich zu Chile sei. Jeder der aus Chile kommt sagt mir - das hier geht gar nicht! Egal ob in Ushuaia oder auch sonst hat die Inflation hier voll zugeschlagen. Geld abheben in der Bank kostet mehr Gebühren als das Geld wert ist an dem was man maximal bekommt wenn denn überhaupt. Bei einem Bummel durch die Stadt gibt es jede Menge kleiner Fachwerkhäuser in einem Architekturmix aus Fachwerk und Betonplattenbau. Typisch Argentinien. Jeder macht was er will solange genügend Schmiergeld fließt. Korruption wird in Zeiten von 1000% Inflation binnen eines Jahres weiterhin groß geschrieben. Als Besucher merke ich davon sonst nichts. Ich könnte hier nach Herzenslust Kuchen schlemmen und bis auf Swarovski Kristall eigentlich alles kaufen was das Herz begehrt. Allein das Geld ist nichts mehr wert und der Geldautomat spuckt nichts aus. Dann geb ich eben kein Geld aus wenn ich keins bekomme…selbst Schuld diese Argentinier.

    Da ich davon und sowieso überhaupt die Nase sichtlich voll habe gibt es erst einmal Siesta. Es ist hier Mittag zwar nicht mehr so heiß aber Tradition soll man nicht aufgeben. Am Nachmittag geht es auf einen Spaziergang zwei Stunden außerhalb zu einem Gletscher. Ja richtig, zwei Stunden Fußweg vom Hafen weg schneit es nicht bloß, der Schnee bleibt auch liegen. Klasse! Endlich kein Regen mehr. Ich mag Schnee…anstatt Schneemännern baut man hier jedoch Pinguine. Wer suchet der findet!
    Außerdem gibt es zur Belohnung eine herrliche Weitsicht über die Stadt und den Beagle Kanal bis hinüber nach Puerto Williams. So nah und doch so weit weg! In den nächsten Tagen werde ich definitiv noch einige Exkursionen mehr in den Schnee machen.
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  • Ein Rundgang durch Ushuaia (2)

    17 maart 2023, Argentinië ⋅ 🌬 6 °C

    Ushuaia ist eigentlich recht groß. Mit seinen 60.000 Einwohner ist das regelrecht eine Insel in dem sonst so endlos großen Feuerland. Wie San Francisco schmiegt es sich an den Berg und spätestens jede zweite Häuserreihe hat Meerblick. Geld gibt es immer noch keines also beschließe ich ins Museum zu gehen. Es regnet sowieso. Ushuaia war einst eine Strafkolonie. So eine mit harter Vorarbeit und ohne Zaun drum herum. Wo sollten sie auch hin in dieser unwirtlichen Welt. Hier wurde nur hergebracht wer eigentlich gute Führung leistete, gute Arbeit leisten konnte und dessen Verbrechen dann aber doch recht schwerwiegend war so dass meist lebenslänglich galt. Das spart dann die Kosten für den Rücktransport.

    Heute ist das Gefängnis ein riesiges Museum über Ushuaia, Seefahrt, Feuerland und die Antarktis. Künstler sind immer wieder immer noch aktiv so dass es hier auch regelmäßig Wanderausstellungen gibt.
    Da Kohle teuer und nur von weit her kam mussten die Gefangenen den örtlichen Wald abholzen. Einerseits nicht schön, aber andererseits auch keine leichte Aufgabe. Während die Ureinwohner eigentlich alle nackt und nur mit Lendenschurz lebten. Verschlang alleine das Gefängnis jeden Tag im Schnitt 30 Kubikmeter Holz.

    Um das heran zu bringen bauten die Gefangenen eine Schmalspurbahn. Die seit 1922 ununterbrochen im Einsatz ist und dank alter deutscher Technik heute immer noch fährt. Nur transportiert sie jetzt zahlungswillige Touristen.

    Die Bucht rund um Ushuaia ist indes herrlich von weißen Schneegipfeln eingezuckert. Morgen will ich da unbedingt wieder einmal wandern gehen.
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  • Der Schatz der verborgenen Lagune

    18 maart 2023, Argentinië ⋅ ☁️ 7 °C

    Durch die allabendlich langen Küchensitzungen mit anderen Mitbewohnern im Hostel wird es doch nicht so zeitig wie gedacht. Nach dem ausgiebigen Frühstück geht erst einmal drei Kilometer die Straße entlang. Dann hört der Asphalt schon mal auf und es geht weiter die Straße entlang. Hier draußen liegt das eigentliche Ushuaia. Keine Hochhäuser, keine Hostels, keine Geschäfte. Dafür gibt es auch hier die allseits kläffenden Hunde. Dem Nationalpark ist hier noch ein Naturschutzgebiet vorgelagert dass seinen Status dadurch erhielt dass weltweit Regionen markiert wurden die es Zugtieren erlauben soll weiterhin ungestört ihren Routen zu folgen und nicht nur in einem Nationalpark zu leben. Ansonsten nimmt sich das nichts. Der Weg führt gleich mal über eine Feuchtwiese die so heißt weil die Wiese wie ein Sumpf auch mal 10 cm nachgeben kann. Die Bäume zeigen dass der Herbst nicht mehr weit ist und hier im Süden recht zeitig einsetzt. Die Buchen fangen gerade erst ihre gelben Töne an. Jedes Blatt glänzt golden im Tageslicht. Und darüber thront der Schnee schon auf den Gipfeln. Nach geraumer Zeit erreiche ich die Laguna escantata. Und weil ich doch etwas schneller war als die angegebene Zeit entschließe ich mich auch gleich noch zu einer zweiten Lagune zu wandern. Es ist ja gerade mal um fünf und der Tag hat noch drei Stunden.

    Auf dem Weg treffe ich eine Französin aus dem Bus wieder. Sie kommt mit ihrer Kamera bepackt gerade von oben wieder herunter. Beide sehen wir mittlerweile aus wie die Schlammschlacht in Person. Aber ihre Geschichte macht mich neidisch. Sie verbringt nämlich nur noch gestern und heute mal eben in Ushuaia bevor es wieder zurück nach Hause nach Paris geht. Zuvor war sie mit Freunden auf eine zweimonatige Segel-Expedition von Punta Arenas in die Antarktis unterwegs. Ein Skipper, vier Leute und jede Menge Projekte im Gepäck. Das Abenteuer begeistert mich schon ein wenig. Vor allem ohne die ganzen Touris. Herrlich!

    An der zweiten Lagune bin ich schlussendlich wieder einmal der Letzte der den Aufstieg wagte. Kein Mensch heißt umgekehrt jede Menge Vögel. Der Wind peitscht vom Gletscher herunter und gefriert die Lagune zum Teil an der Oberfläche zu. Ach ich mag Schnee, auch wenn es da immer kalt ist. Am Abend geht es auf selben Weg wieder zurück durch den Herbstwald hinein ins kuschelige Dorf. Ich halte einen Busfahrer an ob er mich mitnimmt. Natürlich kann ich kein Ticket vorweisen und Bargeld will er keines. Aber irgendwann lässt er mich gewähren. Das ist weitaus kuscheliger als im Sturm da draußen in der Dunkelheit zurück in die Stadt zu finden.
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  • Das Postamt am Ende der Welt

    19 maart 2023, Argentinië ⋅ 🌬 5 °C

    Letzter geplanter Tag in Ushuaia. Es ist schon wieder so weit aufzubrechen. Oje! Es regnet wieder mal. Wenn die Berge in den Wolken hängen brauche ich auch nicht hinauf zu steigen. Dann geht es eben in den Nationalpark. Im Bus lerne ich eine Norwegerin kennen. Sie arbeitet für eine Ölfirma offshore. Immer zwei Wochen, dann vier Wochen frei. Und diese vier Wochen nutzt sie mal Eben für Feuerland. Wir beschließen dass wir gemeinsam entlang der Küste laufen und schauen was wir erkunden. Jedoch gehe ich gleich am Parkplatz verloren. Da steht nämlich eine Fischerhütte mit Landesteg, davor ein Briefkasten und die Große Überschrift „Postamt del fin del Mundo“. Nützt nix, da bin ich erst einmal eine Stunde mit stöbern beschäftigt. Die hole ich dann später bestimmt wieder auf.

    So herrlich die Küstenwanderung auch ist, so sehr die Touristen hier aber herum lärmen wäre ich als Tier auch schon längst ausgewandert. Nach halber Strecke verabschiede ich mich höflich und laufe in meinem Tempo noch die letzten vier Kilometer bis zum wohl wirklichen Ende. Die zweitlängste Straße Argentiniens macht noch einmal einen Knick und endet dann am Meer nach 3079km. Das Ende der Welt? Zumindest ist es das Ende Argentiniens. Ich weiß nicht ob ich nicht auch froh sein soll das Ende schon erreicht zu haben bevor es hier noch schlimmer wird mit diesem Land.

    Jedenfalls sollten wir uns warm anziehen. Es wird Winter. Der Wetterbericht sagt eisige Temperaturen von -10 bis örtlich -64Grad Celsius für die nächste Woche voraus. Vielleicht aber auch nur weil Argentinien sowohl auf den Falkland Inseln seit Jahrzehnten im Streit mit Großbritannien ist als auch in der Antarktis das gleiche Territorium wie Chile beansprucht. Auf der Weltkarte Namen zu wechseln ist nun einmal stets ein Leichtes.
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  • ein Abstecher in neue Welten

    27 maart 2023, Antarctica ⋅ 🌫 -4 °C

    Für die Zeit vom 20. März bis 02. April möchte ich einen größeren Abstecher in die Antarktis unternehmen. Es wird dazu in einiger Zeit einen separaten Blog geben. Bleibt also neugierig.

  • Streit um die Falklandinseln

    2 april 2023, Argentinië ⋅ ⛅ 7 °C

    Während die ersten bereits in der Nacht wieder Ushuaia unsicher machen gehen wir nach dem Frühstück gemeinsam von Bord. Es ist ein herrlicher Sonntag. Die Stadt schläft noch, die Sonne lacht und die Temperatur ist wenig gewöhnungsbedürftig.Zu warm wäre auch nicht gut. Ein paar Leute halten Gottesdienst, ein paar andere laufen durch die Souvenirshops. Die meisten Einheimischen strömen jedoch hinunter an den Hafen. Dort hat sich bereits eine Menschentraube gebildet und ringsum stehen Marine Soldaten zu einer Kranzniederlegung an der ewigen Flamme. Die erinnert an den Falklandkonflikt der seit 1982 auch heute mit harten Bandagen geführt wird. Sind sie nun Argentinisch oder gehören sie zum Commonwealth? Ist Ushuaia zurecht der Verwaltungssitz, oder gar die ‚Hauptstadt der Falklands‘ als einheitlicher Landesteil von Feuerland?

    Diese Fragen mussten schon hunderte Soldaten mit ihrem Leben bezahlen. Antworten sind nicht in Sicht. Und so wird weiter heroisch die Fahne gehisst. Auf die Nationalhymne folgt ein dreifaches ‚viva !‘ Man ist sich einig dass England keinen Anspruch hat und zeigt das auch demonstrativ. Hoffen wir dass nicht dieser Konflikt auch wieder aufflammt.

    Unterdessen ist die Zeit auf Feuerland schon wieder um. Es geht wieder gen Norden und ich hoffe dass ich noch ein paar herrliche Herbstfarben in Patagonien finde. Ausnahmsweise habe ich mich zum fliegen entschieden um nicht zwei Tage im Bus zu verlieren. Bei 45% Discount spricht außerdem nichts dagegen. Und ich bekomme obendrauf einen Rundflug durch den Beagle Kanal.
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  • Perito Moreno

    3 april 2023, Argentinië ⋅ 🌧 9 °C

    Ich glaube ich bin Seekrank. Als ich heute morgen am Aufwachen war und jedes Mal wenn ich mich umgedreht habe drehte sich die Welt um mich mit dass mir bald schwarz vor Augen wird.
    Macht nichts, denke ich mir. Ich will den Tag mal ruhig angehen und erstmal aufarbeiten. Als ich zum Postamt will traue ich jedoch meinen Augen nicht. Ich hab vor einem Postamt noch nie so eine lange Menschenschlange gesehen! Liegt das daran dass Montag ist? Aber da sind auch jede Menge Urlauber dabei. Ach nee, denke ich. Wieder mal Western Union Schlange. Die Post ist die Einzige die noch Geld hat.

    Auf meiner Bummeltour durch die Stadt lande ich am Busbahnhof und entscheide mich kurzfristig heute noch zu einem Besuch am Perito Moreno Gletscher. Aus dem Bauch raus, wer weiß was morgen wieder ist.
    Keine zehn Minuten darauf sitze ich im Bus und lange 78km später sichte ich einen Haufen Eis. Ich konnte in den letzten Wochen tatsächlich noch nicht genug davon bekommen.

    Am See herrscht raues Klima. Die Temperatur ist mehr als zehn Grad gefallen. Es stürmt, und es… Ein Regenbogen!! Cool…Ach egal, Schnee wäre mir lieber aber soll es doch regnen. Der Sonnenschein mit gedämpftem Licht bringt zwischendurch herrliche Farben an den Tag! Ein verzauberndes Blau jagt das Nächste. Und dann bricht spätestens alle fünf Minuten ein Stück Eis krachend herab und ein neuer Eisberg wird geboren.
    Das ganze wirkt zudem viel kleiner als seine unfassbaren Ausmaße. Allein die Front ist fünf Kilometer breit. Ich brauche über drei Stunden um letztendlich alle zugänglichen Aussichtspunkte zu erreichen. Mit seinen 24 km Länge reicht er bis zur chilenischen Grenze. Der Gletscher gilt als bereits über mehrere Jahrhunderte stabil und zieht sich nicht zurück. Im Winter erreicht seine bis zu 70m hohe Abbruchkante das gegenüberliegende Ufer und bildet einen Damm. Ganz so weit ist es heute noch nicht. Trotzdem kann ich meinen Leitspruch der Reise bestätigen. Wenn ein Regenbogen am Himmel steht wird der Tag ein ganz besonderer.
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  • El Calafate

    5 april 2023, Argentinië ⋅ 🌬 12 °C

    Jetzt sitze ich gerade im Bus und möchte neben dem Perito Moreno Gletscher auch über den Ort El Calafate schreiben. Mir fällt perdu aber nicht viel ein. Karg. Das beschreibt den ersten Eindruck wohl am Besten. Die Leute führen ein einfaches Leben. Und wenn wie jetzt im April die Touri Saison zu Ende ist kann es schon mal sein dass den ganzen Tag gar nichts passiert. Wer jetzt nicht gerade zum Gletscher will ist hier fehl am Platz. Es gibt zwar auch Angebote zu versteinerten Wäldern, der Süden der Provinz Santa Cruz ist bekannt für seinen Ölreichtum und beherbergt auch Fossilien. In den Flusstälern gibt es jede Menge Überreste von versteinertem Wald. Stämme bis zu 1,5m Durchmesser heißt es. Doch der nächste Exkursionstermin ist in einem halben Jahr. Genau so Stadtführungen, Weinverkostungen, egal was man anfasst. Heute wird das nichts mehr und bis Oktober auch nicht.

    Man fühlt sich wie im wilden Westen, nur mit etwas moderneren Häusern. Die Hauptstraßen sind gepflastert und mit Baumallee in der Mitte. Die Nebenstraßen bestehen durchgängig aus sandigem, losem Schotter. Der Wind fegt durch die Gassen. Er wirbelt Staub und dreck auf. Es fehlt nur nach dass ein Kaktus durch die Straßen rollt. In einer nahe liegenden Lagune haben sich allerlei Flamingos versammelt. Am naheliegenden Strand sieht das putzig aus weil der Wind von den Flamingos die rosa Federn hier und da auf dem dunklen Sand verteilt. Der Ort hat generell kein Haus mit mehr als zwei Stockwerken was ihm dennoch einen großen Charme zuspricht. Aus dem Zentrum raus sind die Hauser hier und da alle hundert Meter verteilt. Zwischendrin grasen die Esel und die Pferde. Es gibt eine 3km lange Strandpromenade mit zwei sehr leckeren Cafes und Restaurants vor denen die Einheimischen in langer Schlange parken aber rund herum ist einfach mal nichts bebaut was die Straße rechtfertigen könnte. Das ist ein kurioses Gefühl was ich so sonst noch nicht bewusst erlebt habe, Von den ersten Pionieren stehen hier und da noch die Ochsenwagen am Straßenrand und in den Kreisverkehren. … So lange ist die Vergangenheit hier also noch nicht alt. Das hat eindeutig auch seinen Reiz.
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  • Abenteuerspielplatz

    5 april 2023, Argentinië ⋅ 🌙 7 °C

    Ich komme hier noch ganz durcheinander. In Patagonien heißt auf chilenischer Seite jeder Ort ‚Puerto ….‘ und auf argentinischer Seite fängt jetzt jeder Ort mit ‚El …‘ an. Ständig bin ich im falschen Film wenn ich mit Leuten in Gespräch komme. Dann machen wir das jetzt ganz einfach. Für die nächste Woche bin ich in ‚El Capital de Trecking‘. Nach Buenos Aires kommt gefühlt jeder. Nach ‚ El Chalten‘ wie Argentiniens jüngster Ort in der Geschichte heißt kommt zumindest nur jeder der in Patagonien unterwegs ist. Für Wander- und für Kletterfreunde ist das hier ein groß angepriesenes Paradies. Jetzt möchte ich mich selbst davon überzeugen.

    Mein erster Ausflug führt mich nur vor die Tore der Stadt auf den Mirador Condor. Der Gebirgsstock ist übrigens der südlichste Von dem ich weiß dass hier Kondore leben. Durch die starken Winde ist das für die gleichermaßen ein Paradies.
    Der Ausblick überzeugt mich ebenso sehr. In der untergehenden Sonne bilden Fitz Roy und Cerro Torre eine grandiose Silhouette. Mit der Zeit schieben sich die Sterne an den Abendhimmel und die Venus schiebt sich zwischen den Türmen über den Horizont. Hier gibt es Tag und Nacht definitiv jede Menge zu entdecken!
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  • Ostern und Herbst fallen auf einen Tag

    6 april 2023, Argentinië ⋅ ⛅ 6 °C

    100% Regenwahrscheinlichkeit. Der Vorteil an Patagonien ist, wenn der Wind den Regen waagerecht hält kommt nicht so viel unten an. Zum Einwandern geht es heute also trotz Wettervorhersage erstmal zur Lagune Capri an den Strand. Einmal mehr deutet ein Regenbogen darauf hin dass ich heute nicht so zeitig wieder heim komme.

    Gleich nach einem Kilometer öffnet sich unter mir das Tal. Der Fluss mäandert durch den bunten Herbstwald. Die Aussicht ist grandios, nur der Wind ist echt streng. Arme Ausbreiten nur unter größten Risiken oder lieber nur wenn man Skydiven möchte. Fortan geht es stets gegen den strengen Wind. Regelmäßig bleibt mir die Spucke weg. Einmal der Wind und zum andern diese Herbstfarben! Ich habe es noch nicht geschafft das Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen, jedoch bin ich nah dran. Wie auf einem Pilgerpfad kommen mir alle entgegen doch kaum einer geht in meine Richtung. Bestimmt alles Tagesausflügler die mit dem Bus zu irgend einem Einstieg auf den Weg gefahren wurden und jetzt den Rückenwind genießen. Ja, ja, das kann ich nachher auch… zuvor suche ich aber wieder mal noch einen Umweg. Der Tag ist noch nicht völlig ausgefüllt. So fühlt es sich für mich an. Gedacht, gefunden. Der Lago Piedras Blancas überzeugt von weitem schon. Er ist in ein enges Tal gefercht in dass die Fallwinde vom Gletscher heute mit voller Wucht hinein donnern. Das Wasser wird wie ein feiner Nebel aufgebläht und in alle Richtungen verweht. Vorsicht ist geboten denn man wird dabei definitiv nass wenn man dem Schauspiel zu nahe kommt. Von oben, genauso wie von unten. Der See ist wie eine aufgeschaukelte Badewanne und schaukelt trotz seiner überschaubaren Größe 10-15cm. Das bringt sogar den Ablauf dazu wieder zurück zu fließen.

    Halten wir also fest: Hier gibt es keine Ostereier doch wer sucht der findet. Stattdessen hat der Herbst die Blätter bunt gefärbt. Wer in Canada schon immer mal die leuchtend roten Farben zum Indian summer sehen will und im August/September nie Zeit hat, dem empfehle ich dringend zu Ostern nach Patagonien zu reisen!
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  • Lago Torres all inclusive

    7 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 3 °C

    Zum Frühstück unterhalte ich mich mit dem Platzwart und erfahre dass die Saison eigentlich schon in der Verlängerung ist. Jetzt wo die Herbstfarben so schön sind kommen immer noch genügend Leute dass es lohnt den Campingplatz offen zu halten. Auf die Frage warum denn im März schon Ende sei bekomme ich jedoch ebenso zu hören „wenn du das richtige Equipment hast ist das ja kein Problem, aber für die Argentinier ist das hier jetzt einfach nur kalt…“
    Gut, OK. Unter ‚normal‘ geselle ich mich schon lang nicht mehr. Aber das macht das Leben nunmal außergewöhnlich. Warum also nicht auch bei unter Null zelten? Tagsüber scheint die Sonne und die Wärme durchdringt reichlich schnell während es immer erstmal bergan geht.
    Heute zum Lago Torre mit gleichnamigen Gletscher und den berühmten Cerro Torres. Nicht zu verwechseln mit Torres del Paine. Wieder gleicht der Weg einem Pilgerpfad. Ich habe mit Leuten vor Ort gesprochen die bereits früher einmal hier waren und alle meinten einstimmig. Schlimm! Vor zehn Jahren waren hier nicht mal ein Hundertstel der Leute auf den Treks unterwegs. Heute kommt alles was nicht im Rollstuhl sitzt. Das aber nicht darüber hinwegtäuschen dass diese Natur immer noch einzigartig ist. Spätestens wenn alle zum Kaffee trinken müssen ist der Wald nämlich plötzlich leer. Und bis ans bittere, windumtoste Ende des Weges geht auch fast keiner. Zugegeben die Torres hängen leider in einer dicken Regenwolke während ringsum die Sonne scheint. Der Gletscher ist dennoch schön anzuschauen. Der Starke Wind hat seine Eisberge alle zusammengetrieben. In der grauen sandigen Brühe vom Lago Torre schauen die regelrecht aus wie Leuchttürme. Leider habe ich von der Patagonischen Fauna keine Ahnung. Sonst wäre der Rückweg einmal mehr ein Paradies für mich. Durch den Wind bemerken die Vögel am Wegesrand erst viel zu spät wer sich ihnen nähert. Da sind ihre Bilder bereits im Kasten. Ebenso kleine, süße, Haare sträubende Raupen.
    Morgen muss ich aber unbedingt erstmal wieder eine Auszeit vom All Inklusive Tourismus nehmen.
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  • 9 Gefährten

    8 april 2023, Argentinië ⋅ ☁️ 4 °C

    4 Tage Auszeit. Das ist das besagte Ziel. Am „leichtesten“ erreicht man das hier auf dem Huemul-Treck. Im Wanderführer ist er als Schwarz mit „sehr anspruchsvoll“ gekennzeichnet. El Chalten für Fortgeschrittene. Ich bin mir ziemlich sicher dass es jede Anstrengung wert ist. Mal sehen ab wann die Rechnung auf geht.

    Am ersten Berg hänge ich nämlich bereits ziemlich durch. Oh mein Gott, ich habe seit über drei Wochen meinen Rucksack nicht für ein längeres Stück getragen und das sagt mir mein Rücken ziemlich eindrücklich und schnell. Noch dazu scheint die Sonne erbarmungslos, egal wie tief sie auch steht. Es geht wieder durch hübsche bunte Wälder. Hier lebt der Huemul, oder auch Südandenhirsch. Leider macht er sich auch im Herbst sehr rar. Nach dem Mittag hört der Wald auf und ich lande mitten in sumpfigem Weideland. Hier und da steht eine Kuh am Wegesrand und weiß mit mir nichts anzufangen. Immer erstmal dumm gucken und einfach nur dastehen. Das hilft als Kuh oft weiter. Den Vorteil den die Kühe hier haben. Sie stehen ohnehin halb im Sumpf. Da macht auch die ein oder andere Flussüberquerung nichts wenn man sich die Hufe nass macht. Für die Schuhe ist es leider ab und an zu tief. Hierbei jedes Mal einen geeigneten Weg durch den Fluss zu finden ist gar nicht so ohne. Manchmal ist der Fluss auch der Weg. Dann wird es besonders spaßig. Zum Nachmittag setzt besagter Regen dann den Rest und ich entscheide mich auf den ersten Zeltplatz auch wenn es erst früher Nachmittag ist. Zudem weht heute nochmal dieser fürchterliche Wind. Für die nächsten Tage ist zum Glück Besserung angesagt.

    Mit mir zelten hier noch 6 Franzosen und zwei Holländer. Jetzt erfahre och dann auch dass man den Weg lieber nicht allein gehen sollte. Kann sein dass man verloren geht. … aber das ist ja gerade der Grund warum ich mich hier wohl fühle! Ein bisschen Gesellschaft in den nächsten Tagen schadet nie. Leider eben auf französisch. Die zwei fliegenden Holländer machen sich so gut sie können immer aus dem Staub. Würde ich ja auch gern. Lässt aber mein Rucksack nicht zu. Nach dem Essen bereitet sich bereits jeder zwischen neun und zehn aufs schlafen vor während der Regen aufs Zelt prasselt und der Wind hinterher gleich wieder fönt.
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  • Campo Hielo - Niemandsland

    9 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ -5 °C

    Der Morgen beginnt schlaflos. Die ganze Nacht werde ich wach gehalten wie die Mäuse durch mein Zelt tanzen und auf irgendwas in meinem Rucksack scharf sind. Essen kann’s nicht sein, dass hängt wirklich alles draußen im Baum. Ein Loch in meinem Rucksack reicher finde ich die Lösung. Warum die Mäuse es jedoch auf meinen Zeltlappen abgesehen haben weiß ich bis jetzt noch nicht.
    Mittlerweile habe ich Übung Flüsse zu durchqueren. Ich hänge mich nur ungern an eine waghalsige Traverse wenn das Wasser maximal einen halben Meter tief ist. Erfrischend für den Start in den Tag ist es allemal. Und so ein Fluss ist die perfekte Chance die Mäuseplage hinter sich hu lassen.
    Es dauert gar nicht lang da eröffnet sich vor mir der erste Gletscher. Er erstreckt sich bis zum Gipfel. Oben wehen die Eisfahnen vom Neuschnee aus der letzten Nacht. Dabei ahne ich noch nicht einmal dass das nur der Anfang des grandiosen Schauspiels ist. Der Weg führt nämlich auf den Gletscher drauf. Auch wenn keine Steigeisen nötig sind ist es doch eine Kunst mit allen Sinnen seinen Weg durch das Spaltenlabyrinth zu finden.
    Auf den ersten Gletscher folgt auch bald der Zweite und es geht immer weiter Bergan bis auf einen Pass der aus dem Tal heraus führt.
    Oben gibt es zwei Seen. Der eine ist zugefroren der andere hat noch eine offene Pfütze. Grund genug also für unsere Franzosen die Badehose anzuziehen und einmal im Leben Eisbaden zu gehen. Ach wie gut dass ich das schon hinter mir habe. =) Mehr noch. Wer hatte denn schon alles mal dass Gefühl dass er gegenüber der Natur klein und unscheinbar ist? Fünfizig Meter weiter habe ich es in jedem Fall für den heutigen Tag! Mit der Überschreitung des Passes verlasse ich ganz nebenbei kurz mal Argentinien, bin aber auch nicht in Chile. Das südliche Patagonische Inlandeis ist ein Eisfeld dass eigentlich beide Länder für sich beanspruchen, da man sich aber nicht einig ist und ein Krieg ums Eis sich derzeit auch nicht rechnet wurde es kurzerhand als Niemandsland deklariert. Und glaubt mir, das Eis ist mächtig gewaltig groß. Mit dem würde ich mich nicht anlegen. Die Natur gewinnt immer! Auf über 20km Länge erstreckt sich vor mir der Viedma Gletscher in strahlendem Sonnenschein. Das Eisfeld von dem er abfließt erstreckt sich über 250km von Süd nach Nord und gen Westen erstreckt es sich bis in die chilenischen Fiorde durch die ich vor ein paar Wochen mit dem Schiff gefahren bin. Ist das nicht genial!?! In den kommenden Stunden denke ich nur noch in Superlativen. Dagegen kann der Perito Moreno Gletscher einpacken.
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  • Campo Hielo - Niemandsland (2)

    10 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 2 °C

    Für die Nacht wurden wir schon vorgewarnt. Die Mäuse am Refugio de Campo Hielo seien legendär in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Der eigentliche Zeltplatz steht unter Wasser und die Zelte wurden auf einer Wiese nebenan aufgeschlagen. Es tut gut gemeinsam ein wenig vor der Kälte geschützt zu sein. Also kochen wir im Refugio. Es gibt Nudeln mit Parmesan und Mayonnaise. Es ist unbeschreiblich mit welchen Einfällen die Leute auf den Berg gehen. Zum Teil tun es auch nur Kekse mit Mayo und Salami. Und natürlich Mate. Soweit ich zählen konnte hat uns derweil nur eine einzige Maus besucht. Den anderen war es eindeutig der Ausgang vom Bau zugefroren. Denn mit gefühlt -6 Grad hatten wir hier oben die Kälteste Nacht der Wanderung. Der Sternenhimmel lässt einmal mehr die Kälte vergessen und heute am nächsten Tag geht es am Gletscher weiter. Vorfreude ist also vorprogrammiert. Die Ausmaße kann ich aber immer noch nicht recht beschreiben. Sehen und staunen!
    Für die ersten dreizehn Kilometer Wanderweg durch die Endmoräne brauche ich den halben Tag. Mein Kilometer-Schnitt liegt weit unter 3Kmh. Das liegt auch an den Calafate Beeren die am Wegesrand die einzige Vitaminzufuhr in diesen Breiten sind. Also immer wieder fleißig pflücken und essen. Meine Heidelbeeren schmecken mir trotzdem besser als die Calafate Beeren. Keine Ahnung was daran süchtig machen soll aber es steht geschrieben wer sie einmal probiert hat der will immer wieder kommen.
    Irgendwann am Nachmittag gegen 5 habe ich das Ende des Gletschers erreicht. In zwei Stunden wird es finster und ich muss noch 700m vom Berg runter. Das Schicksal meint es nicht gut mit mir. Nachdem ich den ganzen Tag nicht aus dem Staunen herausgekommen bin wartet jetzt noch harte Arbeit. Von oben denke ich mir wer diesen Weg hinab konzipiert hat gehört gesteinigt. Immer schön durch die Büsche hangeln. Über Wurzel krabbeln die größer sind als ich selbst. Und teilweise so steil dass ich mich wie Tarzan von Baum zu Baum schwinge. An einer ausgesetzten Stelle fehlt schon das Sicherungsseil und liegt durchgerissen nur noch so da. Und dann komme ich und hab auch noch die Zeit im Nacken. Von unten betrachtet war das Sportklettern für Einsteiger. Denn da führt definitiv kein Weg hinauf. Jetzt weiß ich auch warum die Wanderroute eine Einbahnstraße ist. Unten angekommen bin ich für die Nacht auch gleich am Zeltplatz. Bummelletzter aber mit dem Tag mehr als zufrieden.
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  • Bahia de los Témpanos

    11 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 8 °C

    In dieser Nacht habe ich gleich zwei Plätze auf dem Zeltplatz beansprucht. Einen für das Zelt und mich und einen zweiten für meinen Rucksack und das Essen zum separat aufhängen. Das war zu viel des Guten. Genützt hat es nichts. Im Zelt meine Luftmatratze wurde zwei mal angefressen bevor ich abends noch mit Essen kochen fertig war. Und mein Rucksack hat allein wegen diverser Kekskrümel die ich nicht ausgeschüttelt habe noch zwei Löcher mehr. Rattenbande!
    Warum musste ich ausgerechnet auch hier absteigen? Ach ja, es wurde finster. Und wenn es früh wieder hell wird ist der Name Programm. Témpanos - Eisberge werden nämlich vom Ende des Viedma Gletschers direkt in diese Bucht getrieben und wenn die Sonne ein intensives Morgenrot erzeugt erscheinen die Eisberge in herrlichen Rosa Tönen anstatt wie üblich Blau.
    Der Weg führt heute zurück in die Zivilisation. Bis dahin sind es aber lange 23km. Die Franzosen haben heute verschlafen, oder sie haben noch größere Schwierigkeiten mit ihrem Zelt als ich mit meinem Rucksack. Das die Mäuse hier sogar Zelte anfressen wenn auch nur mal zum kosten höre ich nicht zum ersten Mal. Dadurch bin ich vielleicht als letzter gekommen aber als erster gegangen und die Feldhasen sagen mir Guten Morgen. Die Kühe gucken heute nicht nur doof, sie sind so ängstlich über den morgendlichen Besuch (um zehn ist aber auch zeitig) dass sie davon rennen. In jeder Pfütze durch die sie rennen bricht das Eis krachend und die halbe Kuh versinkt wenig später. Dass die sich dabei nicht verletzen oder das auch einfach so in Kauf nehmen?
    Das schlimme ist dass der Weg heute weitestgehend baumlos ist. Wer rechnet denn schon bei „Schönwetter“ in Patagonien mit intensivem Sonnenschein und 20 Grad wo Nachts noch unter Null herrschen?
    Da kommt es mir recht als die nächste Seilrutsche kommt den Fluss stattdessen wieder zu Fuß zu durchqueren. Während die fliegenden Holländer sich gerade irgendwie in ihrem Gurt verheddert haben kann ich dann schon sagen: „Ich bin all hier!“ am Nachmittag findet die Wanderung ihren krönenden Abschluss noch am und im See bei einem kühlen Bad. Nach dem Eisbaden und den Nächten im Zelt stört mich das nicht mehr. Ich empfinde das Wasser zwar erfrischend aber allemal angenehm warm gegenüber den letzten Gebirgsbächen.
    Am frühen Abend Abend erreiche ich mit den Franzosen gemeinsam wieder El Chalten. Wir legen einstimmig fest dass morgen Ruhetag ist und für mich gibt es beim Restaurant nebenan, dass die größten Portionen der Stadt serviert Lammeintopf mit Pommes und Majo. Ach so viel Entbehrungen passt das alles gerade so in meinen kleinen Magen bis ich Sodbrennen bekomme. Allein von den Kalorien muss ich aber wohl noch einige solche kleinen Bergsteigermahlzeiten verdrücken.
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  • Die Cerro Torres

    12 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 6 °C

    Das Wetter ist einfach zu gut als dass ich mir einen Ruhetag gönnen könnte. Mein Körper wird mir schon frühzeitig noch die Rechnung präsentieren. Aber dem Kopf ist dass egal. Außerdem schmeißt mich der Campingplatz raus weil er Saisonschluss hat. Da bleibt ohnehin nur Rucksack satteln. Wenigstens kann ich ausschlafen auch wenn meine Matratze immer noch ein kleines Leck hat. Zum Mittag gibt es erstmal noch beim Cafe meiner Wahl ein Stück Käsekuchen mit Brombeeren und nen Cappuccino. Erst dann geht es auf Tour. Aber ich hätte mich geärgert wenn ich nicht losgelaufen wäre. Ich kenn mich doch.
    Die Route bin ich zu großen Teilen schon einmal gelaufen. Da hing jedoch eine dicke fette Wolke im Gebirge. Leider hat der Frost der letzten Tage schon sehr viele Farben aus dem Herbstlaub gewaschen. Aber beim Blick nach oben tut das keinen Abbruch.
    Am späten Nachmittag bin ich auf den letzten Kilometern zum Zeltplatz als ich zwei Spechte beim Abendessen beobachte. Und dann bin ich von der lautstarken Brabbelei zweier Wanderer erst genervt und nachher positiv überrascht. Treffe ich doch zwei Franzosen wieder die mit mir in Santiago die allerersten Tage im Hostelzimmer verbracht haben. Man trifft sich wirklich immer zweimal im Leben. Zusammen bestreiten wir den Weg. Mit der Ankunft herrscht emsiges Gewusel. Ich bin überrascht. Aber scheinbar ist das in jedem Basislager das gleiche. Egal ob am Aconcagua oder am Fitz Roy. Mein Zeltnachbar ist ein junger Chilene der in seinem Urlaub heute die erste Nacht draußen im Zelt schläft. Ich weihe ihn erstmal in die blutrünstigen Gepflogenheiten der ansässigen Mäusepopulation ein. Und als ich ihm die Löcher auch noch als Beweismittel vorzeigen kann klappert er mit den Zähnen. Schauen wir einfach mal. Vielleicht hat die Lottofee für die Mäuse heute ein anderes Zelt auserkoren.
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  • Tango am Fitz Roy

    13 april 2023, Argentinië ⋅ 🌙 0 °C

    Es ist anstrengend kürzer zu treten. Ich will heute nur den Sonnenaufgang erleben und dann gemütlich zum nächsten Campingplatz schlendern. Keine Bäume raus reisen auf meine alten Tage… Was mache ich stattdessen. Sobald vor dem Zelt das Gewusel losgeht und alle aufstehen bin ich auch hell wach. Dabei wollte ich doch wenigstens noch 10 Minuten bis früh um Sechs schlafen! Also aufstehen. Der Sonnenaufgang wartet ohnehin nicht auf mich. Aber erstmal was essen. Frisch gestärkt folgt dann meine Spezialdisziplin. Verträumt als letzter loslaufen und als einer von Wenigen bis hin zum Ziel unter die Ersten gehören. Stirnlampe auf, rotes Licht an damit sich alle umdrehen warum der kein richtiges Licht benutzt - das gibt mir die Zeit zum vorbeilaufen wo sonst kein Platz dazu ist und dann gehe ich schlussendlich mit meinem Wanderschritt Bergauf. Wo eine Stunde dran steht darf man schließlich höchstens 59 Minuten brauchen. Meist weniger wenn der Tag noch jung ist. Um sieben bin ich dann oben. Die fünfzig Leute die ich am Berg überholt habe schaffen es bis zum Sonnenaufgang sicher auch noch verpassen jedoch die magische Stimmung davor. Der See ist klar, am Himmel lacht auch noch der Mond zwischendurch. Es ist wolkenlos und windstill. Einzigartig! Dann geht die Sonne auf und man kann die Uhr danach stellen. Das magische Morgenrot hält 5 Minuten an dann ist es passé. Deswegen ist der Fitz Roy nicht minder schön anzuschauen. Zweites Frühstück gibt es daher heute nach der Rückkehr auch erst Mittag um 12.

    Und jetzt noch einmal versuchen den Tag ruhig anzugehen. Früh hab ich mich irgendwie so verausgabt dass die Sehnen schmerzen. Über Stock, Stein und Wald geht es in Richtung eines Refugios im Nordteil des Fitz Roy. Die Hütte Piedra de la Fraille hat um diese Saison bereits dicht, nur der Winterraum hat geöffnet. Soll mir recht sein. Dann schaffe ich es vielleicht endlich meine Luftmatratze zu flicken denn die leckt trotz Reparatur immer noch. Ganz allein bin ich jedoch nicht. Dafür ist das Wetter auch viel zu schön. Am Abend habe ich Gesellschaft von einer jungen Abgeordneten im Argentinischen Parlament. Sie beschäftigt sich mit Umweltangelegenheiten und einer Vogelart die in Latainamerika ausschließlich in ihrer Provinz vorkommt. Auch solche Leute gehen wandern. Natürlich fragt sie mich wie mir Argentinien gefällt und ich komme in Erklärungsnot. Denn die Landschaft ist grandios. Von den Menschen war außer Geschäftssinn bislang wenig zu erwarten. Vielleicht denke ich auch nur so verkehrt weil ich jetzt schon wieder 10 Tage diese herrliche Natur fernab der Zivilisation erleben darf. Da kann schon mal jeder Mensch zu viel zum Störfaktor werden. Das nimmt sie mir aber nicht krumm. Spätestens als ich meine ganzen tollen Bilder von heute herauskrame.
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  • Abschied vom Fitz Roy

    14 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 0 °C

    Die Nacht hatten wir nur eine einzige Maus und die hat die Schokolade der anderen geknabbert. Das stellt mich zufrieden. Leider macht sich meine Sehnenscheidenentzündung von gestern früh immer noch bemerkbar. Hier bleiben ist auch keine Option. Und der Weg nach El Chalten ist weit.
    Da für heute früh das vorerst letzte wolkenlose Wetter angesagt ist will ich der Nordwand des Fitz Roy noch einen Besuch abstatten. Warum sich hier eigentlich alles immer um den Fitz Roy dreht kann ich gern erklären. Ich würde keineswegs ohne weiteres zehn Tage in einem einzigen Gebiet zum Wandern bleiben wenn mir das ganze Land offen steht. Aber dieser Granitblock besteht in allen vier Himmelsrichtungen wirklich nur aus steilen Wänden und überragt das umliegende Gebirge locker noch mal 900Hm. Wenn man da drunter steht ragt der bis zu 3000m über einen auf. Ein klumpen Granit der schier seiner Größe wegen alle Aufmerksamkeit anzieht.
    Im Abstieg treffe ich meinen Chilenen von vorgestern wieder und in der Stadt verabschiede ich mich vom Campingplatzwart der in der Zwischenzeit auf allerlei am Berg nutzlose Sachen von mir aufgepasst hat. Den letzten Tag lasse ich mir noch einmal ein Stück Torte schmecken. Die Portionen sind hier ebenfalls ungesund groß. Die Torte teilt man hier nämlich maximal durch acht, manchmal auch nur durch sechs. Da habe ich gut eine Stunde zu essen. Macht aber nichts. Es ist eh gerade wieder Stromausfall.
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  • Für die Kirschblüte zu spät

    15 april 2023, Argentinië ⋅ ☀️ 10 °C

    In der Nacht habe ich den erstbesten Bus heraus aus El Chalten gewählt. In 13 Stunden geht es über die berühmt berüchtigte Ruta 40 (kurz: la quarenta) auf losem Schotter gen Norden. Hätte mich nicht irgend jemand in El Chalten daran erinnert hätte ich den nächsten Zwischenstop doch glatt verpasst. Der Lago Buenos Aires hatte in Chile bereits im März eine große Rolle gespielt. Jetzt, von Argentinien kommt man etwas leichter heran.
    In Los Antiguas spuckt mich der Bus aus und ich bin erstaunlich ausgeschlafen. Oder es kommt mir nur so vor weil das Nest tiefer im Winterschlaf scheint denn jedes andere bisherige Dorf in Patagonien.
    Bekannt ist Los Antiguas bei den Argentiniern ausschließlich und vor allem wegen der Kirschen. Unter den Patagonien-Kennern gibt es noch ein paar mehr Besonderheiten die ich auskundschaften will. Jedoch fällt es schwer sich vorzustellen dass es hier nächste Woche anders zugeht als jetzt am Wochenende. Warum auch? Die Kirschen, für die das Klima hier so besonders gut ist, sind für dieses Jahr bereits geerntet. Geschweige denn dass es schon Zeit für die nächste Kirschblüte wäre.(Ich glaube selbst die in China und Japan ist jetzt schon wieder durch für dieses Jahr) Da wäre noch der Lago Buenos Aires. Hoer kann man wunderbar Windsurfen. Der Verleih hat aber auch schon zu. Das eigentliche Wellenreiten wäre technisch wohl möglich wenn der Wind kräftig weht. Man lässt es dennoch lieber sein. Wenn ich mir das andere Ufer zum greifen nah anschaue kann ich mir nur schwer vorstellen dass das nach dem Lago Titicaca mit 900m durch die Plattentektonik der Zweittiefste See in Südamerika ist.
    Das Hostel habe ich von der Argentinischen Abgeordneten in Piedra de Fraille empfohlen bekommen. Allein für den Wäscheservice muss ich zustimmen dass ich es hier nicht besser hätte treffen können. Ja, es tut gut nach zehn Tagen seinen zwei T-Shirts vom Wandern einen gewissen Spa zu bieten. Da aber nicht einmal am Samstag Abend die Dorfjugend steppt entschließe ich mich mein Glück in den nächsten Tagen anders als in Los Antiguas zu versuchen. Ohne eigenes Fahrrad komme ich hier nicht weiter.
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  • La cueva de los Manos

    17 april 2023, Argentinië ⋅ 🌬 9 °C

    Ich glaube für den Interessierten gibt es heute mehr zu lesen als ihm lieb ist. Das hängt aber auch daran dass ich selbst von dem Ort so fasziniert bin. Schauplatz ist die Provinz Santa Cruz. Irgendwo im Nordwesten versteckt sich in der endlosen Weite Patagoniens ein Canyon durch den über 150km der Rio Pintura fließt. In Buenos Aires schreibt man das Jahr 1956 als Carlos J. Gradin das erste Mal mit dem Topografen Adolfo Tallaferro nach Santa Cruz reist. Sie wollen eigentlich kartographieren und entdecken stattdessen Felszeichnungen.
    Dass lässt Gradin für die nächsten zwanzig Jahre nicht los und mich in der heutigen Zeit ebenso wenig. Felszeichnungen sind nichts einzigartiges auf der Welt. Allein hier im Canyon hat man über 300 Orte ausfindig gemacht an denen frühere Erdenbewohner ihre Kunstwerke hinterlassen haben. Nir ein Ort ist davon öffentlich frei zugänglich. Man will in der Zeit heute natürlich auch Diebe fern halten die meinen so eine Felszeichnung tut sich zuhause im Wohnzimmer gut. Anders als in Europa zum Beispiel gibt es keine Einschränkungen zu fotografieren oder ähnliches. Noch nicht. Nur anfassen ist nicht erlaubt und es wird nur eine begrenzte Anzahl von Leuten mit auf jede Exkursion genommen.

    Es ist das Eine wenn man solche Zeichnungen im Buch sieht oder darüber hört. Es ist definitiv eine Bereicherung sich das persönlich anzuschauen denn dann weiß man auch warum es sich zu erhalten lohnt. Man spricht hier von der Vor-TehalucheKultur, bezeichnet sie aber nicht näher. Forscher gehen davon aus dass dieser Canyon bereits seit 9.000, manche behaupten sogar 13.000 Jahren für Zeremonien und im Winter sicher auch als Schutz vor dem Patagonischen Wind genutzt wird. Dabei unterteilt man sowohl 3 Epochen der Gestaltung als auch Zeremonienhöhlen und Wohnhöhlen. Meiner der Orte diente der Bestattung. Man fand in all den Jahren auch Gräber außerhalb des Canyons. In den Höhlen selbst jedoch nur tierische Knochen. Hier kommt alles vor was Patagonien zu bieten hat und die Hälfte habe ich am Wegesrand heute auch selbst entdeckt. Guanaco, Strauß, Flamingo, Chinchilla, Gürteltier, Fuchs, Stinktier oder Gallineta Austral um nur einige zu nennen. Was für den Laien einfach so schon faszinierend aussieht lässt sich mithilfe der Parkverwaltung und des Archäologischen Instituts Santa Cruz in Perito Moreno besser aufarbeiten. Die Höhlen liegen im Canyon wettergeschützt. Der schlimmste Feind für Mineralien ist über tausende Jahre jedoch nicht Wind u d Wasser in der Höhle sondern die Abwesenheit von Sonne. Dadurch hat sich eine spezifische Patina gebildet die man in die Zeit um 11.000-7.000 v.Chr., 5.300 v.Chr. u d 3.400 v.Chr. datiert. Entsprechend unterscheiden sich die Malereien. Während in der ersten Epoche hauptsächlich Jagdszenen und Negativabbilder von Händen anfertigte spielte später die künstlerische Ausgestaltung der Hände eine immer größere Rolle und zum Schluss wurde die Kunst durch abstrakte Elemente, Linien, Punkte, Ritualszenen ergänzt. Besondere Bedeutung wird dem Ort heute auch deshalb beigemessen weil es die größte Ansammlung mit über 2.000 Händen weltweit ist und hier im Canyon andere Fundstätten immer nur eine Epoche widerspiegeln. Dieser Ort führt alle drei zusammen. Das schlimme ist da man heute solche Malereien gut nachzumachen weiß ist es umso erstaunlicher dass es sich hier um so gut erhaltene Originale handelt. Der Zustand ist unglaublich! Schwer zu erreichen aber in jedem Umfang einer Reise lohnt es den Ausflug.

    In Patagonien schafft jedoch nicht nur der Mensch bildgewaltige Kunst. Die Natur kann das auch und zeigt dass neben dem Rio Pintura im Canadon Pintura außergewöhnlich eindrucksvoll. Durch Sonne, Wind und Erosion wurden unter dicken Vulkanasche-Schichten Eisensedimente freigelegt. Die sind durch die Oxidation bekanntlich braun. Jetzt bin ich nicht genug Geologe dazu. Durch Alterungsprozesse, Wärme und Sonneneinstrahlung reagiert das Gestein weiter zu intensiven Gelb und später zu Rottönen die ich so nur in Colorado erwartet hätte aber nicht hier in Patagonien. Ich bin sprachlos mit welcher Vielfalt diese oberflächliche Einöde aufwartet.
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  • RN 40 (die Quarenta)

    18 april 2023, Argentinië ⋅ 🌬 12 °C

    Von El Calafate bis Bariloche folge ich in großen Teilen der RN 40. Über die patagonischen Grenzen hinaus bekannt als die einsamste Straße der Welt. Warum ist das so? Ich glaube das versteht man erst wenn man auf dieser Straße unterwegs ist. Große Entfernungen von 500km und mehr waren aufgrund des Busfahrplans bislang stets auf die Nacht gelegt. Heute ist der erste Tag an dem das anders ist. Die Route sieht 550km quer durch Patagonien vor.
    In meinen glänzenden Erwartungen werde ich jäh gebremst. Der Bus hat auf seiner Nachtfahrt über 2,5h Verspätung eingefahren. Zeit genug sich im Busbahnhof umzuschauen was sonst alles verschickt wird. Von Stühlen bis zum Motorrad wird alles eingewickelt was in Verpackungsfolie passt. Dann kommt der Bus. Der Tankvorgang dauert auch nochmal länger als eine halbe Stunde bevor wir einsteigen dürfen.
    Durch die Polizeistation durch, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr besetzt scheint und doch vorsichtshalber eine Vollbremsung verursacht dann sind wir in der unendlichen Weite Patagoniens. Kurz: gestern habe ich die Perlen Patagoniens gesehen. Heute zeigt mir das Land wieder wie klein ich bin und wie erbarmungslos es sein kann. Links und rechts der Straße wachsen Gräßer, Büsche, aber keine Bäume. Dafür ist die Steppe zu trocken. Die Tierwelt ist faszinierend, keine Frage. Im Bus bekommt man davon leider nichts mit. Ja, ich habe sogar aufgehört die Autos zu zählen die uns entgegenkommen. Immer wenn eines kam hatte ich vergessen wo ich gerade war. Die Straße läuft bewusst maximal 5-10km geradeaus bevor die nächste Kurve einen wach hält. Das finde ich weit voraus gedacht. Einziger stetiger Begleiter ist der andauernde Wind dem der Bus hier schutzlos ausgesetzt ist. Ich genieße das Privileg in der ersten Reihe oben zu sitzen. Ich kann dem Wetter zuschauen wie es zieht. Regen, Sturm, Wolken und Sonne. An einem Tag macht man alle Jahreszeiten mit.
    Regelmäßig nehmen die beiden Busfahrer ihre Pausen sehr ernst. Mal halten sie mitten in der Steppe um die Plätze zu tauschen, mal heißt es 15 Minuten Pause am Raststopp. Bis dan aber das Spiegelei mit Bagel gebraten und gegessen ist vergehen auch schon mal 40 Minuten. Bei einem dieser Stops fällt mir erstmals auf dass unser Bus mit einem Windschutzgitter zusätzlich gegen Steinschlag geschützt ist. Das kann er gut gebrauchen auch wenn der heutige Teil der Quarenta zum Großteil asphaltiert ist. Ich habe zuletzt Bisse mit Windschutzscheiben erlebt wo der Windschutz demnächst durchaus fraglich war. Wenn während eines Haltes dann zusätzlich der Wind auffrischt schaukelt der Bus auf und bietet volle Angriffsfläche. Verwunderlich dass noch kein Wrack am Straßenrand liegt. Irgendwann mit drei Stunden Verspätung kommen wir an während sich die Straße unendlich windet und das Ziel in weiter Ferne bleibt. Ich bin umgeben von Halbwüste und Steppe. Morgen früh will ich im Regenwald sein. Ob das gut geht?
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  • Die Zeitkapsel ‚Los Alerces‘

    19 april 2023, Argentinië ⋅ ☁️ 11 °C

    Der Tag beginnt ohne Frühstück. Ich habe verschlafen. Die Frau an der Rezeption meinte gestern noch, sie habe leider keine Privatzimmer mehr frei aber im Schlafsaal wäre ich bislang der einzige. Privatzimmer zum halben Preis also. Was soll ich mich beklagen. Ich muss eben nur so früh raus weil der einzige Bus in den Nationalpark noch vor Sonnenaufgang losfährt. In den NP los Alerces. Unscheinbar und nur ein Hundertstel Besucher aller umliegenden Parks in Patagonien. Auf den ersten Blick gibt es hier auch keine spektakulären Berge und keine langen Wanderwege. Hier kann man angeln gehen. Oder man lässt die Harmonie der Natur auf sich wirken. Ruhe und Einklang bescheren bekanntlich ein langes Leben. Wie für den Menschen so auch für Bäume. Denn der Park beherbergt über 4.000 Jahre alte Zypressen und damit einen der fünf ältesten Baumbestände der Welt.
    Zypressen heißen zu Hause in Deutschland nicht umsonst auch Lebensbäume. Hier haben sie alles was sie zum Leben brauchen umgeben von kaltem Regenwald. Im Jahresdurchschnitt regnet es mit 4.000-6.000mm mehr als im Amazonas jedoch ist es bei weitem nicht so feuchtwarm und alles geht einen Zahn langsamer.
    Als wir endlich ankommen sieht man die Zypressen vor lauter Urwald nicht mehr. Doch mot scharfem Adlerauge hebt sich der ein oder andere Baum mit der Zeit hervor. So erfahre ich vom Parkführer dass speziell die Zypressen im Umfang nur ca 1mm pro Jahr wachsen. Ein drei Zentimeter dicker Stengel, vielleicht vier Meter hoch entpuppt sich als ebenso alter Youngster wie ich es bin. Dabei gibt es auch schnell wachsende Pflanzen hier. Bambus zum Beispiel. Irgend eine besondere Art, deren Mark nicht hohl ist sondern gefüllt und deren Blüte-Lebenszyklus 40-70Jahre beträgt. Nicht 4.000.
    Die Bäume sind bewusst nur per Boot zugänglich und vor Fremdeintrag von Pflanzen und Samen genauso geschützt wie die Antarktis. Die Bootstour führt nebenbei an einem Gletscher vorbei. Einer von 17.000 allein in Argentinien. Allerdings gilt unter den hier ansässigen Glaciologen keiner der Gletscher im Park mehr als stabil. Alle sind sie auf dem Rückzug.
    Das nutzt der Wald für sich. Der ist nur langsamer. Allein wenn ein Baum umfällt dauert das schonmal 500 Jahre bis sein Stamm auch verrottet ist.

    Diese Zeitkapsel hier kann mit unserer schnelllebigen Zeit wahrlich nichts anfangen. Wir können aus vielerlei Hinsicht dankbar sein dass es sie gibt.
    Sonst wüssten wir heute vielleicht auch nichts von Charles Darwin. Ja, richtig. Die Fitz Roy expedition brachte Charles Darwin nur heil wieder nach Hause zurück nach England weil die Tealhuche ihm zeigten dass man diese Zypressenrinde wunderbar nutzen kann um Boote zu reparieren. Bleibt mir nur dem Wald noch ein langes Leben zu wünschen.

    Den Abend verbringe ich bei Meeresrauschen, Sternenhimmel und einer Flasche Wein am Lago Futalaufquen. Soweit ich weiß habe ich damit auch alle Zutaten für ein langes gesundes Leben. Was braucht es mehr für das große Glück ind noch viele spannende Abenteuer.
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