Im Königreich der Lamas

February - August 2023
Mit Rucksack und Zelt auf dem Weg ans Ende der Welt. Read more
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  • Day 16

    Melipeuco - auf dem harten Weg bis zum V

    February 23, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 12 °C

    Die nächsten Provinzen sind wieder müßig. Selbst für 100km kann ich schon mal 3 Stunden im Bus zubringen. Und doch nehme ich es wie alle anderen mit stoischer Gelassenheit. Es ist erstaunlich dass wir in Deutschland stöhnen wenn etwas länger als zwei Stunden Autofahrt bedeutet. Wie schon gesagt unter 5-10 Stunden geht hier gar nichts! Vielleicht ist fliegen später mal eine Alternative. Jetzt nicht wirklich. Ich nutze die Zeit zum Spanisch lernen, doch der Buss ist zum lernen für mich noch nicht der geeignet Ort.

    Aus den Feldern wird Wald. Hier war es auch wo vor ein paar Wochen ganze Landstriche brannten und die Winde vom Meer sie stets neu anfachten. Zugleich wandelt sich das Land von verdorrtem Gelb des Spätsommers zu immer noch grünen Wiesen. Ab und zu spaziert eine Kuh. Die Region macht ihrem Namen alle Ehre - Biobio Region.

    Am nächsten Tag nochmal zwei Stunden Bus fahren und dann geht die Verzweiflung erst gänzlich los. Es ist schon wieder Mittag. Kurz vor Siesta. Ein alter Herr kommt auf mich zu will mir sein Taxi zum Nationalpark anbieten. Ich sage erstmal dankend Nein bei den Preisen. Er erzählt mir aber auch dass ich das Tagesticket für die Nationalparks in Chile nur noch online kaufen kann. Ich habe eine böse Vorahnung! Mit dem Mäusekino auf dem Smartphone stehe ich sowieso auf Kriegsfuß. Also kämpfe ich mich durch die Seite. Währenddessen kommen zwei Chilenen die in den Park wollen und fragen mich ob wir uns die Kosten der Fahrt teilen wollen. Liebend gern, jedoch kämpfe ich gerade mit dem Ticketkauf und gebe nach einer halben Stunde auf. Die zwei müssen ohne mich ziehen. Ich laufe zur Touristeninfo, die helfen mir dann so gut sie können und nach 2 Stunden habe ich für morgen ein Tagesticket. Jipie!! Merke - es braucht zwei volle Tage zwischen den Orten zu reisen und halbwegs das fortkommen zu sichern. Die Quote ist echt noch verbesserungsfähig. Und - Nationalparks in Chile haben nur von 8-14Uhr Ticketkontrolle, nachher kann man für diesen Tag auch keine mehr kaufen. Obˋs ohne dann auch geht wollte ich nun am ersten Tag auch nicht versuchen. Was also tun?
    Kaffee und Kuchen sind ja immer eine gute Idee. Leider stehen die Preise in Chile den deutschen Preisen in nichts nach. Cappuccino und ein Stück Blaubeertorte = 7,50€… Für den nächsten Tag habe ich mir als plan B ein Fahrrad besorgt. Damit kann ich umgehen.

    Es dauert nicht lange dann kommen die ersten Lava Felder zu gesicht und ich bin einmal mehr froh dass es nicht mein eigenes Rad ist dass auf den unbefestigten Pisten ziemlich hart geprüft wird.
    Mittlerweile sengt die Sonne alles was ihr unter die Linse kommt. Jedoch Schatten suche ich hier vergebens. Der ist am gegenüberliegenden Hang, oben auf dem Berg. Aber Lava ist erbarmungslos. Laut Karte gibt es einen Abstecher zur grünen Lagune. Als ich dort ankomme stelle ich jedoch fest, die ist grün, weil sie bereits umgekippt ist. Und dass nicht erst gestern. Bestimmt schon zu über zwei Dritteln vom Sommer ausgetrocknet kann man den Seeboden als mehr oder minder sandige Piste nutzen. Tote Baumstämme schauen aus dem Wasser und die vertrockneten Algen modern vor sich hin. Da lebt definitiv selbst in der Lavawüste nebenan mehr. Aber es ist schön anzuschauen! Und kaum zu glauben was für ein Kontrast dazu die anschließende blaue Lagune darstellt. Gleiches Lavafeld, nur zwei Kilometer weiter.

    Und all das gibt es nur wegen dem Vulkan Llaima. Was diesen und die umliegenden Lagunen für Araukanien so besonders macht erfahrt ihr das nächste Mal.
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  • Day 16

    Die Sierra Nevada des Südens

    February 23, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 21 °C

    Ich finde Vulkane sind etwas besonderes weil in unseren Breite aktive Vulkane eher selten sind. Hier in den Anden ist das ein bisschen anders. Das witzige ist jedoch einen aktiven Vulkan erkennt man hier im Sommer immer an seiner Schneehaube. Da kann rings herum jeder Gletscher im Sommer abgeschmolzen sein. Vulkane haben ihre weiße Haube und wenn man Glück hat raucht es oben ein wenig. Wie im Bilderbuch.

    Nun wette ich hat sich irgend ein Spanier an zu Hause erinnert gefühlt als er gerade den Gebirgszug gegenüber dem Vulkan Llaima in Sierra Nevada taufte. Denn die paar Restgletscher machen dem Namen leider keine Ehre mehr. Trotzdem kann und möchte ich diesen Abstecher jedem wärmstens empfehlen. Zum einen wegen dem Blick auf den Vulkan. Und dann hats hier ja noch diese unbeschreiblichen Araukarienwälder. Schauen aus wie aus der Steinzeit, sind sogar noch älter und neben Bambus und Hibiskus scheinbar die einzige Baumart die Flächendeckend auch auf Vulkangestein wächst. Die Bäume selbst stammen aus der Zeit der Dinosaurier und können mit bis zu 1200 Jahren selbst regelrecht zu Sauriern werden.

    Wer jetzt wissen will warum es das nur hier gibt? Daran sind wiederum die Vulkane schuld oder genauer die Gebirgsbildung der Anden. Dadurch wurden die Wälder in Patagonien durch die patagonische Trockensteppe in Argentinien und die Atacamawüste im Norden Chiles regelrecht isoliert und konnten nicht in Austausch mit anderen Landesteilen Südamerikas treten. Schaut euch das an, solange das noch so ist!
    Für mich jedenfalls haben sich die 7 Stunden Anfahrt mit dem Rad vollends gelohnt. Naja, dafür muss ich abends um sieben mit dem Sonnenuntergang aber noch den Heimweg antreten. 4 Stunden im Finstern unterm Sternenzelt querfeldein über Lavaschotterpisten.

    Was tut man nicht alles wenn man Flusen im Kopf hat. Dem Sternenhimmel sei Dank kann ich aber selbst jetzt dem Ganzes etwas wunderbares abgewinnen.
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  • Day 18

    Tanz um den Vulkan

    February 25, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 12 °C

    Hier sitze ich nun, ausgespuckt von Uber, an einem Platz an dem ich eigentlich gar nicht sein wollte. Ich wollte zum Eingang vom Wanderweg. Stattdessen lande ich am Parkeingang. Der Fahrer traut soch mit seinem Vehicel nicht höher den Schotterweg hinauf. Oder er will einfach nur schnell wieder in die Stadt. Wäre nicht das erste Mal. Keine Ahnung. Jedenfalls beschert mir das zusätzliche 6 km Fußmarsch mit jeder Menge Schaulustiger, denn an Anhalten denkt hier niemand in seinem Pickup solange ich wohl auf den Beinen stehe und nicht so aussehe als bräuchte man Hilfe. Ich muss unbedingt an meiner Pantomime arbeiten.

    Der weg endet an einem Skigebiet. Die Leute wollen mir gerne was gutes tun und schließen sogar die Hintertür auf. Vor der habe ich es mir zum Picknick bequem gemacht. Sie fragen mich ein letztes Mal ob ich ne Notfallnummer und Handy dabei habe, dann will sich mir keiner mehr in den Weg stellen. Außer vielleicht, der Weg selber! Ab hier noch 73km, über 3000 Höhenmeter, keine Einkehr. Wenn das mal kein Einstand ist zum Tanz um den Vulkan.

    Ich bin frohen Mutes, der Weg ist gut markiert und wenn es durch Lavafelder geht ist er gar von großen Steinbrocken gesäumt. Das laufen durch die Lavafelder ist jedoch anstrengend. Wenn ich in der Stunde 2-3 km schaffe ist das viel. Wo meine Kondition hin ist weiß ich in dem Moment leider auch nicht.

    Es dauert keine zwei Stunden und mir kommt wirklich sehr unverhofft ein Wanderer entgegen. Immerhin bin ich nicht der einzige mit Flusen im Kopf. Aber der Mann ist sehr Wortkarg. Auf ein „Hallo, wie gehts?“ folgt ein Lächeln und sonst nichts. Immerhin weiß ich dass ab und zu einer vorbei schaut wenn mir doch einmal etwas ernsthaftes passiert.

    Der Weg zieht sich, alle Stunde setze ich den Rucksack ab und mache eine Verschnaufpause. Wirklich vorwärts komme ich auf der Karte jedoch nicht. Und dabei ist heute noch ein angenehmer Wolkenverhangener Tag. Wie soll das erst werden wenn ab morgen wieder die Sonne brennt?

    Irgendwann tragen mich nur noch die Füße doch der Kopf will nicht mehr. Ich suche mir einen Schlafplatz. Da hätten wir kleine Lagunen, jedoch sind die umgekippt. Ein paar Waldzeltplätze, jedoch mit Wildschweinen in der Nähe ist mir das auch nichts. Bleibt dann nur noch oben über einem Fluss zu Zelten wenn es eigentlich schon Nacht ist. Mein Lager habe ich heute mit nur 1,5 Stunden Verspätung erreicht. Die ein oder andere Verspätung wegen Fotostop ist es aber ja bekanntlich wert.
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  • Day 19

    Tanz um den Vulkan (2)

    February 26, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 18 °C

    Scheinbar kann ich hier wunderbar mitschreiben wieviele Tage ich auf der Traverse unterwegs bin. Den ersten Tag treffe ich einen Menschen, den zweiten gleich zwei hintereinander - und dann niemanden mehr bis ich die erste Teilstrecke erfolgreich gemeistert habe. Wohlgemerkt dieser Weg gilt als stark frequentiert im Sommer. Leider hat sich gestern auch schon angekündigt dass meine Füße nicht schneller laufen möchten und dass das Wetter wieder besser wird. Keine Wolken und Sonnenschein bedeutet auf nem Lavafeld Gluthitze mit ganz wenig Wasser. Hätten Vulkane nicht ab und zu ein Gletscherrinnsal, wenn auch sehr versandet dann wären es hier in Patagonien die trockensten Landstriche überhaupt. Während die Sonne brennt suche ich mir nun meinen Weg über das Lavafeld, Schatten gibts keinen wenn ich ihn nicht selbst herstelle, ab und zu gibt es Trinkpausen. Ansonsten bin ich zu sehr mit mir beschäftigt den Weg nicht zu verlieren und natürlich mit der grandiosen Landschaft.

    Über Nacht hatte es leichten Bodenfrost gegeben und so hatte ich zum Mittag die grandiose Idee mir aus meinem Zelt ein Sonnensegel zu bauen. Siesta! Mehr kann ich bei der sengenden Sonne eh nicht tun.

    Am Nachmittag windet sich der Weg durch endlose Steppe und fällt dann jäh in s Tal hinab, morgen muss ich das alles wieder hoch. Ne denkste, heute muss och auch noch mal 250m hoch. Warum man die Straße nicht durchs Tal gebaut hat weiß wahrscheinlich niemand. Dafür haben sie ein Kunstwerk an den Wegesrand gestellt damit es nicht langweilig wird. Ich glaube langweilig wird mir auch sonst nicht. Der ganze Wald um mich herum ist ein riesiger Regenwald. Und wenn die Straße gerade mal wieder fort gespült wird ist es leichter die Schlaglöcher wieder mit Baumstämmen zu füllen anstatt mit Schotter.
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  • Day 20

    Volcán Quetropillán

    February 27, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 25 °C

    Kurz vorab. Die Quote ging heute nicht auf. Ich habe mehr Menschen getroffen als gedacht. Zwei Bergsteiger hatten zum Beispiel mit der Besteigung des Quetrupillán ganz andere Ziele. Und wieder zwei anderen weiß ich nicht mal ob sie an dem Tag ihr Zelt überhaupt ab und wo anders wieder aufgebaut haben. Die sahen nicht so aus als würden sie die Morgenstunden nutzen.

    Dabei sind die doch ach so wichtig. Meinen Lagerplatz verlasse ich eigentlich nur ungern. Ein vollständig eingerichtetes Camp mit Bungalows, Feuerstelle, Zeltplatz fließend Wasser - nur geisterhaft sowas von verlassen dass dort in dieser Saison noch nicht einmal der Gärtner vorbei geschaut hat. ( viel späer erfahre ich dass das seit dem letzten Vulkanausbruch 2015 schon so ist. Die Baufirma ging damals pleite und ein anderer hat sich auch wegen Corona bis heute nicht gefunden)
    Die heutige Tour wird jedoch wohl der anstrengendste Tag auf der ganzen Traverse. Gleich zu Beginn geht es 700m steil bergauf durch feuchte Nebelwälder, Araukarien bis hin zu Mondlandschaften. Dass will ich nicht erst angehen wenn die Sonne im Zenit steht. Ich treffe auf zwei Französinnen die mit deutlich leichterem Gepäck unterwegs sind und aus dem reden gar nicht mehr raus kommen. Dass ich zuvor gegen den Wind einen Bussard oder Geier einsam auf einem Stein gesehen habe oder die unzähligen Salamander, das werden die so gar nicht mitbekommen.
    Doch die Sonne brennt, unerbärmlich. Regelmäßig schleppe ich zur Vorsicht bis zu 2,5l Wasser mit mir herum. Zuviel wie ich am Ende weiß, aber es war selten so Schweißtreibend dass ich alle 300m den Rucksack kurz absetzen möchte oder zumindest kurz stehen bleiben muss.

    Nach dem Mittag lasse ich den allerletzten Wald hinter mir und steuere geradewegs auf den Vulkan zu. Die Asche glüht und wie aus dem Nichts hat sich vermutlich aus einer Spalte ein wunderschöner Wasserfall gebildet. Das sind Oasen! Überall blüht es und ringsherum Lava, soweit das Auge reicht. Dann geht es wieder Bergauf. Bis 2 Km vor dem Ziel wollen die 1300 Höhenmeter heute kein Ende nehmen.

    Nach 10 Stunden sehe ich zum Glück dann schon die zweite Oase. Die blaue Lagune und das Ufer an dem ich heute Nacht zelten möchte. Doch an Schlafen ist zuerst gar nicht zu denken. Ich kann noch so erschöpft sein. Es geht nicht ins Bett ohne Sonnenuntergang! Und was ich hier oben natürlich gar nicht auf dem Schirm hatte. Sandfliegen! Hunderttausende fliegen zwischen den 10 Büschen die hier kärglich wachsen und die Fledermäuse laben sich daran. Ohne Mückenschutz ist und bleibt es schwer einzuschlafen. Zum Glück habe ich mich zuvor ordentlich ausgepowert.
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  • Day 21

    Zu Fuß durch die Südamerikansche Schweiz

    February 28, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 20 °C

    Ausschlafen in meinem Zelt am See! Herrlich. Nach dem Frühstück lasse ich die schöne Landschaft und die Geselligkeit wieder hinter mir. Wilkommen zurück auf dem Mond. Der Weg führt durch etlich Lavafelder die heute früh zum Glück noch nicht wieder so glühen. An der Laguna Blanca geht ein ordentlicher Wind. Regelmäßig treibt der in der Ferne Sandwolken und aufgepeitschte Nebel über die Lagune. Der Wind pfeift so stark dass er sogar meine Kamera vom Stativ haut. Für eine „laguna Blanca“ ist das jedoch die dreckigste Lagune die ich in Chile soweit gefunden habe. Merke, auf dem Mond willst du weder schwimmen, noch das Wasser trinken. Wahrscheinlich fliegt deswegen auch schon lange niemand mehr dorthin.
    Lange zeit begleitet mich ein ausgetrockneter Fluss und ich stelle mir vor wie es ist wenn im Frühjahr hier überall Schneefelder liegen und die Flüsse Wasser führen. Zu aller Überraschung stehe ich am Ende des Flusses plötzlich auf einem Kraterrand. Auf der anderen Seite ist die Mondlandschaft plötzlich zu Ende.
    Grün, die Karte verweißt mich darauf dass ich ab hier in Argentinien unterwegs bin. Da sollte ich doch noch gar nicht hin? Aber es tut gut bei einer Rast ins Grüne zu schauen. Dann aber schnell wieder nach Chile!
    Ich laufe über einen Pass und das üppige vor mir frei liegende Tal deuted in keinster Weise an dass es hier überhaupt Vulkane gibt. Der Stein ist gefaltet, nirgendwo mehr Lava, sumpfige Graslandschaften bis auf 1700m Höhe. Was ich hier am allerwenigsten erwartet habe waren mitten im Nationalpark eine Horde Kühe neugierig und frei umherlaufend. Vielleicht werden die ja als Ersatz für Elefanten eingesetzt um die Landschaft vom Unterholz frei zu halten. Es zeigt sich aber dass Nationalparks in Chile tatsächlich nur dort entstanden sind wo Landwirtschaft egal in welcher Weise auf unbestimmte Zeit scheinbar undenkbar schien.
    Und noch etwas gehört zum klassischen Fernwandern dazu. Kein Fernwanderweg ohne dass ich mich nicht mindestens einmal verlaufe. Irgendwann habe ich den Weg verloren. Ich laufe trotz Kompass und Karte erst zwei Mal im Kreis bis ich weiß wo ich überhaupt aus dem Unterholz wieder heraus muss. Und als wäre das nicht genug, die nächste Lagune schon in Sicht, kommt jetzt noch eine Flussdurchquerung ohne Matsch, Steine oder gar ne Brücke. Es ist doch gut das ich noch meine wasserfesten Sandalen dabei habe. Somit gehts dann halt barfuß in Sandalen quer durch den Urwald weiter bis die Schuhe wieder trocken sind. Warum auch nicht. Der weitere Abstieg ist von staubigen Pusten geprägt. Nichts erinnert mehr an die Vulkane vor wenigen Stunden. Und zum Tagesende hört lustigerweise alles auf wie es vor vier Tagen begonnen hat. Vitamine! Ich hatte zu beginn schon mal ein ganzes Brombeerfeld für mich allein, dann lange lange nichts und jetzt wieder. Das ist doch mal jede Entbehrung wert bevor es am nächsten Morgen zum Bus und zurück nach Pucón geht.
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  • Day 24

    Valdivia - der Kampf um das Monopol

    March 3, 2023 in Chile ⋅ ⛅ 22 °C

    Eine beschaulich kleine Studentenstadt an der Pazifikküste. Versteckt in ein, zwei Fjorden - wer hätte da gedacht dass es seit jeher Machtkämpfe um die Vorherrschaft gibt?

    Ich befinde mich hier im Land der Mapuche. Die besiedeln von BioBio-Region bis nach Patagonien eigentlich alles. Mit den spanischen Invasoren wurde hier in der Fjordlandschaft ein Handelsstützpunkt errichtet. Und es dauerte nicht lang dass die Mapuche unzufrieden waren, ihn überrannten und zerstörten. Für mehr als 50 Jahre verfiel alles und war unbewohnt sich selbst überlassen bevor die Spanier einen zweiten Versuch wagten. Diesmal wurde die Verteidigung des Seeweges gleich mit vier Festungen gesichert obwohl Piraten in dieser Region bis heute eher fraglich sind. Die Mapuche haben auch nie wieder Aufstand gewagt. Denn neben den Spaniern kamen eine Reihe deutscher Kolonialisten und die brachten das Bier mit.

    Heute ist Valdivia eine junge Studentenstadt. Mit dem Ruf nach mehr Entscheidungsfreiheit und mehr Unabhängigkeit von Puerto Montt wurde neben der Region Los Lagos hier noch die Region Los Rios einberufen.
    Neben ein paar kleineren Sachen die es hier zu organisieren gilt gehe ich auf einem ersten Stadtrundgang zum Fischmarkt. Hier gibt es leckere Ceviche (frischer roher Fisch mit Gemüse und ganz viel Zwiebel in der Schale auf die Hand) der Fang vom Morgen umfasst viele Muscheln, ein wenig Seelachs und viel Tintenfisch. Die Fischer bereiten den Fang vollumfänglich vor, nehmen ihn aus und filetieren ihn vor den Augen der Kundschaft. Der Verwurf wird hier zum Paradies für Seelöwen. Die kämpfen gleich hinter den Ständen um die besten Plätze. Da hindert auch ein mehrer Meter hohes Gitter nicht wenn der Fisch ruft. Wer sich satt gefressen hat der schwimmt dann auf die Sonnenterasse und aalt sich. Aber Fisch ist definitiv interessanter an diesem Nachmittag.

    Am nächsten Tag mache ich einen Ausflug entlang der Fjorde von Valdivia. Mit dem Bus geht es durch unzählige Sumpflandschaften. Der Ort Niebla macht seinem Namen alle Ehre und so setze ich kurzerhand mit der Fähre über nach Corral. Das Boot gerade groß genug für 20 Leute schaukelt zwischen den Wellen als hätten wir hohe See da heißt es gut festhalten. Zudem pfeift vom Meer ein starker, kalter Wind und treibt die Nebelschwaden über die Insel. Als käme man aus dem Nebel am anderen Ende in eine neue Welt scheint am anderen Ufer tatsächlich unverblümt die Sonne als wäre nichts gewesen.
    Das Fort bildet einen Verbund aus vier Festungen die hier um die Fjordmündung mit mehr als 80 Kanonen feuern konnten. Und obwohl es weder zu Zeiten der Spanier noch später in Chile je zum Einsatz kam wurde es selbst zu Pinochet-Zeiten in Gefechtsbereitschaft gehalten. Erst dann wurde es ein Museum das langsam in sich verfällt. Als ich hörte dass man hier in Corall kostenlos Fahrräder ausleihen konnte war ich natürlich der letzte der dabei nein sagen würde. Mit dem Rad ist man halt doch effizienter unterwegs. Der Weg führt mich vorbei an hunderten kleiner Fischerboote die auf ihren Kapitän warten und seelenruhig dahin schaukeln bis zu einer zweiten Festung und weiter bis auf einen Aussichtspunkt über die Region. Erst am späten Nachmittag lichtet sich der Nebel über Niebla das ja nur einen Kilometer entfernt liegt. Für mich ist es bis dahin schon ziemlich schweißtreibend. Ich bin froh dass die Sonne nicht mehr so hoch steht südlich vom Wendekreis. Mit der Fähre gehts zurück und der Bus wirft mich nachher an einer riesigen Brauerei raus.

    Hier gründete Armin Kunstmann aus Deutschland eine der zwei größten Brauereien in Chile und führt sie als Familienunternehmen seit über dreißig Jahren zum Ruhm. Sagen wir mal die Führung war interessant und das Bier schmeckt sehr experimentell. Deutsches Reinheitsgebot hin oder her. Der Größenmaßstab ist jedoch schon sehr beeindruckend. Mit Elektrobussen geht es quer über das Gelände. Seit einigen Jahren versucht man auch seinen eigenen Hopfen zu züchten. Bislang ist die Ausbeute jedoch zu gering und die Pflanzen wachsen wegen des Seeklimas viel zu langsam bis der Südsommer vorüber ist. Im Museum steht ein VW Bulli der zum Bierfest hier regelmäßig den Karren mit den Fässern ziehtund, das finden einige sicher besonders attraktiv, ein Lastenfahrrad mit eigenem Zapfhahn.

    Es ist Freitag Abend. Die Zeit in der scheinbar alles was trinken kann ganz schnell in die Kneipe muss. Der Busfahrer auch. Und so ist es mir schon öfter vorgekommen dass wie heute Abend die ganzen SUV und Pickups auf ser Straße vom Jäger zum gejagten werden. Natürlich lasse ich mir das selbst auch nicht zwei mal sagen. Hier gibt es so viele Bars und Kneipen die im Keller ihr eigenes Bier brauen dass probieren zur Pflicht wird. Auch wenn ich gerade erst eine Brauereiverkostung hinter mir habe. Morgen früh muss es ja vielleicht nicht ganz so zeitig losgehen…
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  • Day 26

    Der Vulkan Puyehue -Asche auf sein Haupt

    March 5, 2023 in Chile ⋅ ☀️ 20 °C

    Wenn der frühe Morgen erstmal mit Brombeeren losgeht ist nicht nur der Tag gerettet, es verspricht hier in Chile auch immer ein besonders schönes Abenteuer.
    Schon gestern die Anreise. Mit derm Fernbus nach Osorno, mit dem Lokalen Bus nach Entre Lagos. Und dann? Ja nix - heute ist Samstag. Bis Montag fährt erstmal kein Bus dorthin wo ich hin will. Nachdem ich zwei völlig überteuerte Empanadas mit Schaffleisch zum Mittag hatte heißt es Rucksack an die Straße und Daumen raus. Voll Erschrecken hält gleich das dritte Auto an. Ups, was frag ich den jetzt eigentlich auf Spanisch? Wir werden uns einig dass er mich wenigstens einige Kilometer mitnehmen kann. Nach immerhin zehn Kilometern stehe ich wieder an der nächsten Kreuzung. Diesmal dauert es keine drei Autos sondern gefühlt zweihundert. Gerade der LKW in den ich keine Hoffnung mehr gesetzt habe, denn die LKWs haben oft mittlerweile sehr strikte Vorgaben keine Tramper mitzunehmen, der hält an. Und er nimmt mich sogar die ganzen fehlenden 30 km noch aufm Bock mit. Er liebt das fahren von Puerto Montt bis Sao Paulo, also quasi der halbe Kontinent. Sein Bruder lebt in Spanien, den müssen wir gleich mal anrufen und in die Kamera winken - eh guck mal ich nen Deutschen aufgesammelt… - mir soll es recht sein.

    Ausgespuckt werde ich in El Caulle. Das ist eine Estanzia inmitten des artenreichsten Regenwaldes der gemäßigten Breiten. Meine Artenkunde ist gar nicht gut genug um hier alles aufzuzählen. Aber wer hier nicht bis zur völligen Dunkelheit wach bleibt und horcht ist selbst schuld. Am nächsten Morgen das gleiche. Dadurch bin ich recht spät dran, doch wie gesagt, erstmal Brombeeren und Vitamine. Dann geht es im Laufschritt mal eben 1000 Höhenmeter durch den Regenwald bergan. Wenn schon nicht vom Himmel regnet es doch wenigstens von meiner Stirn. Jetzt weiß ich warum diese Tour eigentlich auf zwei Tage aufzuteilen sei. Doch so viel Zeit will ich mir nicht nehmen. Zumindest nicht für nen Vulkan. Den bekomme ich ab einer kleinen Hütte zu Gesicht wo gerade eine Gruppe Wanderer emsig beschäftigt ist ihre Zelte zu packen. Die waren heute früh oben auf dem Vulkan und müssen gestern bei dieser Aussicht bereits einen herrlichen Sonnenuntergang genossen haben.

    Spätestens ab hier weiß ich jedoch auch warum Bergsteiger Vulkane so überhaupt nicht mögen. Große Haufen Dreck, Schutt und Asche auf denen es immer zwei Schritte Vor und einen zurück oder direkt zurück auf Anfang geht. Zwei Stunden geht das so. Dann bin ich überwältigt von einem bunten Krater. Die Asche fällt in der Mitte gerade zusammen da die Magmakammer darunter nach dem letzten Ausbruch erkaltet und damit geschrumpft ist. Erstmals ist es gut dass ich noch eine Jacke eingepackt habe. Der Wind hier oben pfeift doch sehr beständig. Dem trotzt gerade noch ein einsamer Vogel der hofft von meinem Lunch etwas abzubekommen. Dann kommt der allseits beschriebene Nebel und es wird kalt auf der Spitze. Die 800Hm bis zur Hütte zurück sind daher auch schnellstens in gerade einmal einer Stunde bewältigt. Den Lava-Schotter am Vulkan geht es eher auf Sohlen surfend hinab. An Laufen ist nicht zu denken. Ich hätte mir genau so gut ein Brett in der Hütte mitnehmen können um die Schuhe zu schonen. Allein die Schlepperei war es mir nicht wert und ich wäre sicher nicht mehr so heile wie jetzt.
    Es ist beeindruckend wie langwierig die Renaturierung hier am Vulkan ist. Während ein paar hundert Höhenmeter unter mir alles üppig wächst, der Regenwald völlig intakt schein und ein Durchkommen ohne den einen Weg schier unmöglich wäre sind hier oben selbst Acht Jahre nach dem letzten Vulkanausbruch gerade einmal Gräser gewachsen. Überall stehen noch die abgestorbenen Baumstämme. Aber es wächst einfach nichts nach.

    Damit ich den Regenwald noch bei Tageslicht passiere und den Weg wiederfinde muss ich mich sputen. Im Tal dann wieder Brombeeren, was sonst und zum Schluss erneut ein herrliches Abendkonzert in der Welt der Tiere. Ich vergesse glatt dass ich zwei Stunden bis in die Dunkelheit auf der Bank gesessen habe und lausche.
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  • Day 28

    Tagua Tagua

    March 7, 2023 in Chile ⋅ ⛅ 19 °C

    Mein erster Eindruck von Puerto Montt? Gut dass ich derzeit in Puerto Varras wohne und hier nur für einen Tagesausflug durchfahre. Morgen habe ich das Chaos dann wohl live. Die Stadt erstickt in ihrem Verkehrschaos. Für mich geht es indes heute erstmals auf die Carretera Austral. Das ist diese Landstraße von der jeder schwärmt wenn es gen Süden geht. Sind wir mal ehrlich, es ist eine Landstraße….Links und rechts mal eine Farm, Kühe, ganz viel Nebelwald und - immer noch Stau von der großen Stadt nebenan. Es ist nicht nur Chiles längste Landstraße, es ist wohl auch die langsamste von allen Nebenwegen. Es ist jedoch auch die einzige Straße die in das nördliche Patagonien hinein führt das sonst für für Reisende und erst recht für die Einheimischen eher einer Terra Incognita gleicht.

    Später geht es erstmals auf eine Fähre und dann biegt die Tour ab. ES geht ins gebirgige Hinterland. Das ist gut so, denn so lassen wir den heutigen Nebel auf Exkursion hinter uns. Über eine Stunde schüttelt der Micro (Kleinbus) so ordentlich auf der Schotterstraße durch. Rechts von mir hoch aufragende Berge und ein Vulkan. Links von mir auf über 50km der Fjord, Wasser und Lachsfarmen. Ich könnte gut und gerne auch in Norwegen sein. Doch ich bin in Puelo. Ein kleines Dorf am Rande der Zivilisation und es geht noch weiter zu einem Außenposten. Von dort geht ein Feldweg rüber nach Argentinien. Zuerst muss mann jedoch mehrere Fähren über den Lago Tagua Tagua und die anschließenden Flüsse nehmen. Und das ist heute das Ziel. Auf mich warten Wasserfälle die aus den Wolken zu kommen scheinen. Es warten glasklares smaragdgrünes Wasser im Rio Puelo und es wartet eine Familie die hier Bootstouren auf den See hinaus anbietet.
    Der See selbst ist kaum breiter als ein Kilometer und schneidet sich über 8 km lang durch eine Schlucht zwischen den umliegenden Bergen.
    Es ist Chiles jüngstes Naturschutzgebiet das die Universität von Santiago hier ins Leben gerufen hat und nun zu konservieren versucht. Als die ersten Siedler in den 80er Jahren hier ankamen gab es riesige Brandrodungen von denen sich die Hänge bis heute noch nicht wieder erholt haben. Sicher, sie sind grün, doch der Wald wächst nur spärlich.
    Ich fühle mich irgendwo zwischen einer einsamen Bergidylle mit Regenwald und See und andererseits dem karibischen Flair des Wassers.

    Der Tag war ja eigentlich gar nicht eingeplant jedoch empfinde ich ich habe alles richtig gemacht. So kann es weiter gehen.
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  • Day 29

    Puerto Montt auf den zweiten Blick

    March 8, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 17 °C

    Der Bus hat mich heute erst zum Mittag ausgespuckt da es am Morgen noch einige Besorgungen zu erledigen galt. Puerto Varas ist zum Schlendern, Bummeln und Shoppen nun mal einfach die schönere Stadt.

    Nun gebe ich Puerto Montt noch eine Chance. Ich will ohnehin weiter gen Süden. Und ich möchte unbedingt noch einmal Fähre fahren… Das älteste Haus am Platz ist die alte Kathedrale. Sie ist irgendwann vor 180 Jahren ganz aus Zypressenholz erbaut worden. Und typisch Südamerika, sind der Eingang und alles was man als Besucher davon anfassen könnte mit Wellblech verbarrikadiert. Die Schönheit in dieser Stadt zu finden ist zwecklos. Nebenan steht schmucklos in bröckelndem Weiß das Regierungsgebäude der Provinz los Lagos. Drei Hochäuser und der Rest der Stadt verteilt sich auf Favelas. Hm - Sightseeing ist schnell beendet.

    Auf Empfehlung stiefle ich durch die Gassen weg vom Zentrum einen kleinen Berg hinauf. Durch den Regen der Vortage haben sich überall Bäche gebildet und dort wo öfter Wasser fließt wächst schon Moos auf den Betongehwegen. Schwups da sauert es nicht lang und ich liege pitschnass im Regenwasser. Ausgerutscht. Mit dem großen Rucksack auf dem Rücken und einem kleinen Beutel der mich nach vorn zum Glück polstert liege ich da und das Wasser läuft schön unter mir durch mich hindurch. Juhu. Noch ein Grund diese Stadt schnell hinter mir zu lassen. Zum Glück geht das trocknen heute schneller wenn es nicht von oben noch regnet. Ich komme zu einer schäbigen Markthalle. Von außen wenig einladend gibt es einige Obststände, ein paar Fischstände deren Fang auch nicht immer fangfrisch ausschaut und am Schluss noch 4 oder 5 kleine Minirestaurants von denen das Puerto Frito meine Empfehlung war. Also gehe ich hin und bin überrascht wie sauber und moderat es dort aussieht. Allein wegen der Aussicht über die Stadt entscheide ich mich dazu hier zu bleiben Mittag zu essen. Es gibt Seeaal „Congrio“ mit Kartoffeln und Radieschen. Die Kellner geben sich um zwei noch redlich Mühe die Tische so schnell wie möglich für die nächsten Gäste wieder her zu richten. Der Koch leistet echt gute Arbeit und die Aussicht ist famos!

    Dann geht es zurück in die Stadt und an den Hafen. Ich möchte ja gerne nochmal Fähre fahren. Also habe ich mich dazu entschlossen heute Nachmittag auf mein eigenes kleines Kreuzfahrtschiff einzuchecken. ( überall sind die Rescue-Zonen hier mit mit einem großen gelben R wie Robert in einem Runden Kreis markiert - als hätten sie es gewusst - wie für mich gemacht) ich bin auch nicht der einzige. Mit mir kommen noch 113 andere an diesem Mittwoch Nachmittag. Gemeinsam geht es hinein in die einzigartigen Patagonischen Fjorde. Dort wo man ohne Schiff gar nicht hin kommt. Wo es Dörfer gibt in denen gerade mal ein Laufsteg existiert jedoch keine Straße, geschweige denn ein Fußweg. Leider werden wir an einigen Orten nur vorbei fahren anstatt anzuhalten.
    Um vier ist Check-in und um Sechs ist Boarding. Dann passiert lange lange nichts. Dann Abendessen und es passiert wider lange Zeit nichts. Das Organisationstalent der Chilenen ist wahrlich nicht das Beste.
    Am Abend gibt es ein Captains Meeting und Safety Advise. Der Kapitän bereitet uns seelisch moralisch schon einmal darauf vor dass es mehrere Tage kein Internet geben wird und an Bord auch kein Wifi existiert. Außerdem kann es gut passieren dass die Leute mit Schaukeln anfangen, am zweiten Tag dann seekrank sind und mindestens noch einen dritten Tag an Bord verbringen sollten um wieder gesund zu werden. Ich lasse mich also überraschen und begebe mich auf eine einzigartige Reise.
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