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  • Day 277

    Von Geta, Katakana und Onsen

    May 30 in Japan ⋅ ☁️ 26 °C

    Noch nicht gehört? Dann mal schnell googeln. So geht es uns hier tagtäglich...😜.

    Es ist unfassbar - wir sind da, wo ich von Beginn an unserer Reise hin wollte: Japan!!!
    Das Land der aufgehenden Sonne, des Sushis, der Kanincheninsel, der Vulkane und der Schiebetüren.

    Dennoch, es gibt für uns einen großen Wermutstropfen...wir sind eben nicht ganz ohne zu fliegen hier angekommen. Wir hatten einen 4 stündigen Flug von Tiflis nach Urumqi, im Westen Chinas. Wegen der aktuellen politischen Weltsituation sind für uns viele Wege nicht in Frage gekommen: durch Russland wollten wir nicht wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine, durch den Iran hätten wir gekonnt, aber danach kämen Länder wie Afghanistan und Pakistan, durch die wir als lesbisches Paar ganz sicher nicht reisen möchten und zu guter letzt hat Aserbaidschan seit Corona seine Überlandgrenzen geschlossen, so dass wir auch dorthin nur hätten fliegen können.
    Es war bis hierher nach Japan ein unendliches hin und her überlegen, welcher Weg für uns tragbar ist. Ein Abwiegen zwischen Pest und Cholera. Und dabei ist uns vorallem eins aufgefallen - zu viele Konflikte und zu viele durchgeknallte, aggressive Staatsoberhäupter machen die Welt enger. Natürlich gibt es (Rad-)reisende, die in den besagten Ländern unterwegs sind. Jedoch sind es wenige alleinreisende Frauen und vielleicht noch weniger Frauenpaare.
    Wer weiß, vielleicht beruhigt sich die Welt irgendwann und wird sogar toleranter...dann müssen wir einfach nochmal los😜.

    Aber zurück zu Japan. Mit der Fähre schippern wir von Busan in Südkorea nach Fukuoka, in Kyushu, Japan.

    Hier angekommen habe ich erstmal ein Ziel vor Augen: original Sushi essen gehen. Noch am selben Abend sitzen wir in einem Sushi Restaurant und stellen fest: die bunten Rollen gibt es nur bei uns zu Hause, gutes Sushi ist auch in Japan echt teuer und der Fisch ist hier definitiv von besserer Qualität als daheim. Luzi probiert Kugelfisch und überlebt.

    Am nächsten Tag gibt es ein traditionelles Fest auf dem Kanal der Stadt. Berühmte
    Kabuki Schauspieler:innen (traditionelles japanisches Theater) werden auf Booten durch den Kanal geschippert und die umher stehenden (auch älteren) Japaner:innen flippen zum Teil echt aus. Kurz sind wir Zuschauerinnnen des Spektakels bevor wir uns auf die Räder schwingen und Fukuoka hinter uns lassen.

    Mao, die wir in Georgien kennengelernt haben und die selbst in Kyushu gelebt und gearbeitet hat, ist unsere virtuelle Reiseleiterin in den ersten Tagen. Sie hat für uns im Vorfeld eine Liste der Highlights auf der Halbinsel zusammengestellt.
    Ohne sie hätten wir vieles ganz sicher nicht gemacht und wir hätten wirklich tolle Begegnungen und Orte verpasst. Wir sind ihr noch immer sehr dankbar. Nach wie vor ist sie unser Japan-Joker. Wenn wir was so gar nicht verstehen, können wir sie jederzeit kontaktieren. Danke, arigato Mao!!!!

    Bevor wir unser erstes Ziel die kleine Stadt Hita erreichen, landen wir in einem kleinen, von Reisfeldern umgebenen Dorf, wo es einen sehr einfachen Campingplatz geben soll. Leider ist an dem Tag unserer Ankunft das sogenannte "Glühwürmchen-Fest" und der Campingplatz Austragungsort.
    Sehr hilflos fragen wir uns und einen vorbei gehenden Japaner, wohin wir stattdessen sollen. Dieser, zunächst auch überfragt, hat keine wirkliche Idee. Als wir grad aufbrechen, um uns einen Zeltplatz irgendwo im Wald zu suchen, kommt er mit einer jungen Frau namens Yuko zurück, um uns mitzuteilen, dass wir am alten Kindergarten zelten können. Japan hat ein ähnliches Problem, wie viele andere Länder auch, die kleinen Orte sterben aus. Es gibt nicht genügend Kinder, um einen Kindergarten oder eine Schule am laufen zu halten.
    Am Abend besuchen wir natürlich das Glühwürmchen-Fest und sind dort ebenso eine Attraktion, wie die paar Glühwürmchen, die sich im Dunkeln zeigen.
    Yoku besuchen wir am nächsten Tag bei ihr zu Hause auf einen Tee. Sie erklärt uns die unterschiedlichen Schriftarten Japans - Kanji, Katakana und Hiragana.

    In der kleinen Stadt Hita gibt es noch insgesamt vier Schuhmacher, die die traditionellen Geta herstellen. Holzsandalen, die die Japaner:innen seit jeher tragen. Mao hat uns einen Workshop organisiert und so lernen wir bei Mr. Ito, wie die Sandalen traditionell gefertigt werden und dürfen an unseren eigenen Geta Hand anlegen.

    Unsere Radtaschen werden so langsam schwerer. Nicht nur Holzsandalen, sondern eine tolle Keramiktasse ist seit Japan dazu gekommen. In dem kleinen Töpferdorf Onta, stellt man nach wie vor Tassen, Teller, Vasen, Schüsseln auf die alte Weise her. Ganz ohne Strom wird hier noch die Töpferdrehscheibe durch Anschupsen mit dem Fuß betrieben.

    Nachdem es bereits Sushi und Kultur gab, ist unser nächstes Ziel ein aktiver Vulkan. Der Aso ist der aktivste Vulkan Japans überhaupt. Aktuell gilt hier die Warnstufe 2. Dies bedeutet, dass ein Gebiet 1 km um den Vulkan gesperrt ist. Es treten vermehrt Rauch und Gase aus, die man nach Möglichkeit nicht einatmen sollte. Vor einigen Wochen konnte man noch in den Krater hinein schauen. Heute können wir ihn nur auf einer Wanderung von weiter oberhalb bestaunen. Vulkane faszinieren uns beide sehr. Davon hat Japan auch Richtung Norden noch mehr zu bieten. Von daher geht's ab jetzt weiter gen Norden.
    Unser erklärtes Ziel auf dem Weg - nach Möglichkeit jeden Tag in eine Onse (heiße Quelle) "hüpfen".
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  • Day 271

    In den Süden von Südkorea

    May 24 in South Korea ⋅ ☀️ 22 °C

    Radfahren, Zeltplatz suchen, Essen, Schlafen…Endlich sind wir wieder Radfahrvagabunden.

    Wir genießen es einen wirklich top ausgebauten und beschilderten Radweg zu haben. Der erste seit dem Rhein, würde ich sagen. Bislang haben wir immer viel Zeit dafür aufgewendet die Strecken zu planen, zu recherchieren, wo es landschaftlich schön ist, wo sich Höhenmeter lohnen und wo nicht. Das fällt hier alles weg.

    Südkorea ist ein touristisches Radparadies. Der 4 River Cycling Path beginnt westlich von Seoul und führt bis in den Süden nach Busan am Japanischen Meer. Wir gehen es ganz entspannt an. Nichts muss, alles kann. Jeden Tag entscheiden wir neu, wie weit wir radeln. Es ist auch denkbar einfach einen Stellplatz fürs Zelt zu finden. Wildcampen wird in Südkorea geduldet, wenn man nicht die Verbotsschilder ignoriert und wenn eine Toilette in der Nähe ist. Das beachten wir und finden einige richtig tolle Plätze. Noch dazu ist es hier so sicher, dass wir auch an Stellen das Zelt aufschlagen, wo wir sonst niemals übernachten würden, wie zum Beispiel im Stadtpark von Seoul. Am liebsten verschwinden wir immer spurlos, so dass uns niemand sehen kann oder auch auf dem Weg zum Platz gesehen hat. Hier geht es manchmal nicht anders, aber das Bauchgefühl ist hier ok, wenn wir auch so stehen, dass uns morgens die ersten Spaziergänger um 6:00 Uhr sehen.

    Weil wir auch mal duschen wollen, nehmen wir uns alle paar Tage ein Zimmer. An einem Tag bleiben wir nach nur zwölf Kilometern in einem Thermalort hängen. Die Werbeschilder mit 53 Grad Celsius (mehr können wir ja nicht lesen) sind verlockend genug den Tag zu beenden und ins heiße Wasser zu hüpfen. Ein Erlebnis der besonderen Art – dessen Beschreibung ich mir aber noch ein wenig aufspare. Nur soviel: hier herrscht ein anderes, bürstigeres Verständnis von Wellness als bei uns. Sauberkeit hat höchste Priorität.

    Der Weg ist nur mit ein paar Höhenmetern gespickt. Einmal klettern wir auf über 500 Meter. Und einmal auf 170 Meter, aber mit durchgehend 14 Prozent. Wie fertig kann man denn sein, nach einem Kilometer steil bergauf? Ansonsten macht uns die Hitze zu schaffen – schließlich radeln wir in Richtung Subtropen je weiter nach Süden wir kommen. Beim Fahren haben wir wenigstens Wind um die Ohren.

    Wir genießen die Kulinarik entlang des Weges und staunen nicht schlecht über die Preise bei Obst und Gemüse, wenn wir einkaufen. Drei Äpfel für 8€…Eine Bibimbab Bowl kostet dagegen nur 6€. Die bei uns so teuren Pilze sind hier spottbillig und in großer Auswahl zu haben.

    Später erfahren wir, dass der komplette Radweg auch ein Greenwashing Projekt ist. Der K-Water Konzern, der beinahe jeden großen Fluss gestaut hat und damit massiv in die Ökosysteme eingegriffen hat, finanzierte den Radweg quasi zur Wiedergutmachung. So erzählt es uns hier jemand. Wie auch immer: der beschilderte Weg bringt die Menschen aufs Rad in ihrer Freizeit, das finde ich genial. An den Wochenenden ist ganz schön was los. Wir begegnen vielen interessanten Menschen…in den Fotos stellen wir euch einige vor.

    Einen möchte ich aber besonders erwähnen: als wir nach über 600 Kilometern in Busan ankommen, gönne ich meinen Füßen ein heißes Bad mitten auf einem großen Platz. Da setzt sich ein älterer Mann neben mich und wir kommen ins Gespräch – er spricht ein wenig Englisch. Ich erzähle von unserer Reise und frage ihn, was ihn auf den Radweg bringt. Er ist ehemaliger Radprofi und fährt jeden Tag 100 Kilometer mit seinem Rennrad. Bei seinem Alter staune ich und mache eine kleine Verbeugung. Mit 91 Jahren ist das noch alles möglich.

    Also Vorsicht: Radfahren kann das Leben verlängern - wenn es gute und sichere Radwege gibt😊
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  • Day 270

    Konfuzius sagt: Der Weg ist das Ziel

    May 23 in South Korea ⋅ ⛅ 28 °C

    Nach nur 500 Kilometern im letzten Monat in Georgien und China, haben wir endlich mal wieder richtig Strecke gemacht in Südkorea. 6000 Kilometer haben wir jetzt auf dem Tacho und über 55000 Höhenmeter.

    In der Nähe lag eine UNESCO Welterbestätte. Der Dodong Seowon Konfuzius Tempel ist ein Ausbildungsort des Neokonfuzianismus' aus dem 15. Jahrhundert. Konfuzius selbst lebte im 6. Jahrhundert vor Christus. Sein philosophischer Ansatz hat Korea geprägt.

    Hierarchie und Respekt spielen eine große Rolle. Das zeigt sich auch in der Sprache. Es gibt sechs verschiedene Anreden zwischen Menschen je nachdem auf welcher "Stufe" der Hierarchie man zueinander steht. Ich persönlich denke, dass Hierarchie ein Konzept ist, das längst überholt ist und in den allermeisten Bereichen ein Agieren auf Augenhöhe angemessen wäre.

    Wir hören ein Beispiel vom Korea Air Flug 801. Die Maschine mit 254 Menschen an Bord ist 1997 abgestürzt, weil der Co-Pilot, der in der Hierarchie dem Pilot untergeordnet ist, nicht deutlich genug den Fehler des Piloten angesprochen hat, um den Absturz zu verhindern. Der niedere Rang hat es ihm schlicht nicht erlaubt, ihn so stark zu kritisieren. Eine extreme Story. Seitdem dürfen Pilot:innen im Cockpit nur noch Englisch miteinander sprechen, weil es da nur ein "you" zur Absprache gibt.

    Zum Respekt: Wir sehen auch hier in diesem reichen Land, dass viele ältere Menschen Pappe und Papier sammeln und mit einem Karren zum Recycling bringen, um ein bisschen was zur mickrigen Rente dazu zu verdienen. Wo ist da die Verehrung der Eltern und Alten, von der Konfuzius sprach...

    Bei Respekt denke ich noch oft an die Menschen auf Lesbos, die auf der Suche nach einem besseren Leben in Frieden und ohne Gewalt sind. Ich wünsche mir sehr, dass die rechten Parteien bei der anstehenden Europwahl die Wählerstimmen nicht mit ihrer Angstmache gewinnen...der Kurs der EU ist mit den Flüchtlingsdeals für mich sowieso schon kaum tragbar.
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  • Day 261

    Südkorea-ein Land mit vielen Gesichtern

    May 14 in South Korea ⋅ ☀️ 18 °C

    Was fiel mir vor der Reise zu Südkorea ein? Eigentlich nur Kimchi, Kimbab und Bibimbap. Und natürlich die angespannte Situation mit Nordkorea.

    Wir kommen pünktlich und vorallem gut ausgeschlafen mit der Fähre über das Gelbe Meer in Incheon an. Es ist etwas absurd, dass man uns bei der Abfahrt auferlegt hat unsere Fahrräder die echt steilen Rolltreppen hoch zu hieven, damit sie in einen Abstellraum an Deck gestellt werden können. In der Regel radeln wir mit unseren Rädern ganz entspannt in das Autodeck ein. War vielleicht nett gemeint mit dem Deck, zugleich sehr unpraktisch für uns.
    Von daher heißt es bei Ankunft erstmal wieder die Räder und unser ganzes Gepäck von Deck 7 schaffen. Schweißgebadet radeln wir in Incheon Richtung Seoul. Spaß ist anders, denn Fahrradwege gibt es hier null. Unser Weg führt uns durch ein großes, tristes Industriegebiet.

    In einem, für uns neuen Land ankommen, heißt auch immer, sich neu orientieren und eingrooven. Sprich, wo können wir Geld abheben, wie ist der Wechselkurs, wie läuft es mit der Bezahlung hier, was gibt es in den Supermärkten, wie klappt es mit der Verständigung etc. Nachdem unsere Kreditkarten erstmal nicht am Kaffeeautomat funktionieren, lädt uns eine Koreanerin direkt zu einem Kaffee ein. Wir merken schnell, dass uns auch hier die Menschen mit offenen Armen empfangen. Sehr neugierig und freundlich werden wir immer wieder angesprochen und nach unserer Reise gefragt. Mit Google Translator und mit Händen und Füßen versuchen wir den Menschen dann zu erklären, was wir machen.

    Mittlerweile habe ich ein Schild gestaltet, was unsere Reise abbildet und was wir den Menschen zeigen können. Wir ernten immer wieder erstaunte und bewundernde Ausrufe, die mich nur zu oft innerlich schmunzeln lassen, da es für mich Geräusche sind, die ich so nicht kenne.

    Nach unendlich langen 20 Kilometern kommen wir endlich am Fluss und somit an unserem eigentlichen Start der Reise quer durch Südkorea an: dem 4 River Cycling Path. Ein Radweg, der Südkorea von Nord nach Süd durchquert.

    Kaum am Radweg, treffen wir endlich mal wieder andere Radreisende. Deren nächstes Ziel ist allerdings die Grenze zwischen Süd - und Nordkorea. Die demilitarisierte Zone kann besucht werden und scheint ein sehr merkwürdiges Erlebnis zu sein.
    Im Laufe unserer Radtour sprechen wir mit einem Südkoreaner, der Tränen in den Augen hat, als er von der Teilung seines Landes spricht. Es seien doch seine Brüder und Schwestern, die da hinter der Grenze leben. Es sei doch eigentlich ein Land und nicht zwei.

    Ähnlich wie Deutschland wurde Korea nach dem zweiten Weltkrieg und mit der Kapitulation Japans 1945 in zwei Teile geteilt: der Süden wurde von den USA verwaltet, der Norden von der ehemaligen Sowjetunion. Die Grenzziehung verlief Recht willkürlich entlang eines Breitengrades. Die Geschichte der daraus resultierenden Konflikte ist lange und kompliziert. Leider ist es nie gelungen die beiden Landesteile zu einem Land zu vereinigen, wie es in Deutschland gelungen ist. Und was in Nordkorea so los ist, ist ja bestens bekannt.
    Hier in Südkorea ist man dennoch scheinbar gelassen bzgl. einer realen Bedrohung durch Nordkorea. Das Leben läuft hier ganz normal. Aber was bleibt den Menschen auch anderes übrig?!

    Schnell merken wir, dass hier vieles möglich ist, aber eine Sache nicht: spontan sein.
    Wie in anderen Ländern radeln wir in der Stadt, hier die Metropole Seoul, zu einem Campingplatz. Der Platz liegt auf einem Hügel. Schweißgebadet oben angekommen, stellen wir mit Freude fest, dass der Platz riesig ist. Es sollte also kein Problem sein, ein Plätzchen für unser Minizelt zu ergattern. Denkste - nicht in Korea. Wir haben nicht reserviert, also gibt es keinen Platz! Wir fassen es nicht. Es ist am dämmern und man schickt uns weg?!? Richtig. Ist uns so noch nie irgendwo passiert. Nach mehreren Versuchen den Campingplatzbesitzer von unserer Situation zu überzeugen und ihn von seinen Richtlinien abzubringen, radeln wir angep... wieder bergab in den größten Park von Seoul. Etwas ratlos überlegen wir, was wir machen sollen. Bis in die Stadt ist es noch ein Stück und es wird dunkel. Da wir uns hier sehr, sehr sicher fühlen, schlagen wir unser Zelt, nachdem ich einen Polizisten um Erlaubnis gefragt habe, kurzerhand im größten Park der Metropole auf. Niemals hätten wir das in Athen, Istanbul, Tiflis oder sonstwo getan! Morgens um 5h schrecken wir dann doch hoch, als es an unser Zelt "klopft" und uns jemand darauf aufmerksam macht, dass Zelten nur von 7h morgens bis 21h abends erlaubt ist. Day Camping - für uns neu und bisher Sinn befreit. In Korea sehr beliebt.

    Sowieso lernen wir in den ersten Tagen viel Neues zu Südkorea:
    - Die Koreaner:innen lieben das Neuste vom Neusten. Egal ob bei Rädern, Autos oder sonst was. Konsum steht hoch im Kurs und sie brauchen Statussymbole.
    - selbst wenn man nur spazieren geht, kleidet man sich wie zu einer Expedition.
    - Hunde sind vorallem hübsch zu kleiden und zu frisieren.
    - Radwege in Städten quasi Fehlanzeige.
    - Auch öffentliche Toiletten können wie geleckt aussehen.
    - Schönheits-OPs gibt es als Geschenk zum 18. Geburtstag.
    - Südkorea ist das Land mit der geringsten Geburtenrate: 0,72 .
    - Das Bildungssystem ist vorallem eins: stressig! In die Schule geht man je nach Alter von 7h - 18h/19h/20h. Danach wird gelernt.
    - die Suizidrate ist hoch, sowohl bei Jugendlichen, als auch bei alten Menschen.
    - körperliche Fitness steht hoch im Kurs. Spätestens ab 6h morgens wird sich an der frischen Luft bewegt.
    - Augen auf, bevor man in einem Motel eincheckt. Es könnte nämlich sein, dass man in einem "Love Hotel" landet, in dem unverheiratete Paare oder auch Singles absteigen, die Spaß haben wollen. Uns passiert. Deshalb lieber mal das Zelt aufs Bett gebaut. Matratze mochten wir nicht😜.
    - Safety first! Egal ob Taschenlampe oder Ablassseil im Hotelzimmer ist alles vorhanden für irgendeinen Fall der Fälle. Verbotsschilder gibt es überall.
    - Keine Sonne an die Haut lassen, ist oberstes Gebot. Ich werde davor gewarnt die Sonne auf meine Arme scheinen zu lassen.
    - mehrfach zeigt man uns die korrekte Technik mit Stäbchen zu essen. Wir sind nämlich bei Nudeln recht unbeholfen
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  • Day 260

    Querbeet durch China

    May 13 in China ⋅ ☀️ 19 °C

    Wir haben China hauptsächlich als Land gewählt, weil es einfach und recht schnell mit dem Zug zu durchqueren ist. Es ist beeindruckend, welche Investitionen die Regierung in den vergangenen Jahrzehnten in die Infrastruktur gesteckt haben muss, wenn wir uns das Schienen- und Straßennetz anschauen. Auch in anderen Dingen hat sich das Land komplett umgestellt (ob immer erstrebenswert, sei mal dahingestellt). Wir zahlen noch gern mit Bargeld, weil wir kostenlos Geld abheben können. Damit sind wir die Ewiggestrigen. Alle zahlen mit dem Smartphone. Überall, auch am Mangostand auf Rädern, hängen QR Codes zum abscannen. Gläserne Menschen bei jedem Einkauf.

    Wir steigen in Xining nur am Bahnhof um. Kurz haben wir die riesige Bahnhofshalle zwecks Essenssuche verlassen, um uns erst mal in einem labyrinthartigen Parkhaus eine halbe Stunde zu verlaufen (wie die Doofen tappen wir rum, weil mal wieder nix auf der Online-Karte stimmt). Wieder am Tageslicht, sehen wir die Vielfalt der Ethnien hier. Buddhistische Mönche und Nonnen kommen vom naheliegenden Kloster zum Shoppen in die Stadt. Auch traditionell gekleidete Tibeter:innen machen genauso ihre Erledigungen hier wie muslimische Frauen mit Hijab.

    Wir kaufen zweckmäßiges Essen für 29 Stunden Zugfahrt, mit der wir an der Ostküste in Qindao ankommen werden. China ist ein Thermoskannenland. Überall, auch in den Zügen, gibt es heißes Wasser, um Tee oder Instant-Nudelsuppe zu kochen. Jemand hat mir erzählt, dass manche Leute hier denken, dass kaltes Wasser sie krank macht – stimmt sicher auch, denn aus dem Wasserhahn sollte man hier nicht direkt trinken.

    Um kurz vor 23 Uhr fährt der Zug pünktlich ab – und bleibt es auch. Wir liegen im Sechserabteil ganz unten auf den Pritschen. Bis zum ersten Halt um 1:15h in Langzhou, sind wir allein und machen schon mal die Augen zu. Dann füllt sich das Abteil schlagartig. Koffer werden unter unsere Liegen gequetscht und ein Mann setzt sich dazu auf mein Bettchen, was mir gar nicht gefällt. Dann verschwinden alle ihren höher gelegenen Kojen und der Zug schaukelt und rumpelt alle in so was wie Schlaf. Dumpf höre ich von der obersten Etage ein ziemlich unangenehmes Schnarchen – gut, dass der Zug so laut ist, sonst müsste ich ausrasten. Ich brauche dringend eine Form der Meditation, die mich Frieden schließen lässt mit diesen Geräuschen

    Die Nacht geht vorbei. Erholsam ist anders. Dann muss ich zur Toilette. Eine Edelstahl-Stehschale mit einem mini Loch erwartet mich. Dazu eine Reinigungsbürste und eine Würstchenzange. Nach kurzem Grübeln, geht mir ein Licht auf. Die ist wohl dazu gedacht, die Hinterlassenschaft durch den kleinsten Abfluss der Welt zu manövrieren, weil die Schwerkraft das alleine nicht schafft, je nach Konsistenz. Die Verfärbungen am Zangenende bestätigen meine Vermutung. Mein Körper reagiert angemessen: alles was nicht ganz dringend raus muss, bleibt drin.

    Ich bin irritiert, denn bisher waren wir anderes von diesem Land gewohnt. Moderner, neuer, sauberer. Komisch, wenn mich jemand vor der Einreise nach meinen Erwartungen gefragt hätte, hätte ich aber genau solche Züge erwartet.

    Wir berufen beim Nudelsuppenfrühstück mit Kaffee eine Krisensitzung ein. Eine weitere Nacht stünde uns in diesen Räumlichkeiten bevor. Gott sei Dank funktioniert gerade das Internet reibungslos. Das war ansonsten hier wirklich nervig. Wir haben uns VPN Apps aufs Handy geladen, damit wir die Firewall umgehen und wir unsere Apps wie gewohnt nutzen können. Unsere VPN funktioniert leider nur die Hälfte der Zeit. Wir merken, wie sehr wir mittlerweile auf die praktischen Infos im Internet angewiesen sind. Unseren Travel-Flow müssen wir hier ja eh etwas umstellen – ich weiß rückblickend gar nicht, wie wir das vor zehn Jahren in Taiwan ganz ohne Übersetzungs-App überhaupt geschafft haben – ging scheinbar auch.

    Wir checken, ob noch ein Viererabteil frei ist, aber Fehlanzeige. Dann recherchieren wir, wo der Zug noch überall hält und suchen nach Umsteigeverbindungen mit den schönen und erschwinglichen Schnellzügen. Yes! Wir werden in einigen Stunden den Würstchenzangen-Express verlassen und diesen mit einem Sprinter einholen, um sogar noch vorzeitig in Qindao anzukommen. Man wird doch älter und komfortbedürftiger – naja das nötige Kleingeld zu haben, macht es eben auch leichter. Warum wir nicht von Anfang an ein schöneres Viererabteil gebucht haben, lässt sich auf den Reisemodus zurückführen. Es ist kein Urlaub, wo man sich mal so richtig was gönnt, sondern wir wollen unser Geld wohl bedacht einsetzen (und nicht am Essen sparen).

    In Qindao ziehe ich noch meinen Fahrradhelm vor dem sympathischen Hostelbesitzer. Er hat als erster Chinese sein Land zu Fuß umrundet. Hat nur fünf Jahre gedauert. Mit dem Fahrrad ohne Gangschaltung ist er auch bis Tibet geradelt (er musste oft schieben). Im Hostel
    treffen wir einen jungen Dänen, der Chinesisch spricht, dem wir noch allerlei Fragen stellen können, um einiges hier besser zu verstehen. Wir haben einen schönen letzten Abend. Wheat, der Hostelbesitzer, schenkt uns ein von der Familie gekochtes Abendessen im Innenhof der Unterkunft. Das bekommen nur Radfahrer:innen, die hier übernachten. Wir sind mal wieder unendlich dankbar, was das Leben so für uns bereit hält. So sitzen wir mit bunt gemischten Menschen, mit Live-Musik von der Bambusflöte am kleinen Lagerfeuer – ich schätze mal, es ist das einzige in der Sechsmillionenstadt.

    Abschließend noch eine kleine Bilderschau zu dem Land, das uns in nur zwei Wochen um so viele Erfahrungen reicher gemacht hat. Die Zeit hat sich sehr intensiv angefühlt. Wir haben uns geärgert, viel gelacht, waren irritiert, angeekelt, überrascht und haben ganz viele Vorurteile abbauen können (und mache bestätigt).

    Südkorea wird sicher ganz anders sein? Oder?
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  • Day 258

    In und um Zhangye

    May 11 in China ⋅ ☀️ 24 °C

    Nach einer sehr komfortablen Zugfahrt von Urumqi nach Zhangye, sammeln wir unsere bereits vorgeschickten Räder ein. Noch in den Kartons möchten wir sie zum Hostel transportieren lassen. Leider passen sie in kein Taxi und die super nette Mitarbeiterin von China Railway Express, mit der wir uns nur dank google Translator irgendwie verständigen können, gibt uns zu verstehen, dass sie uns jemanden organisiert. Nach 45 Minuten taucht ihr Sohn mit einem Freund auf und die beiden packen die Räder, unser Gepäck und uns in ihre Autos. Den großen Karton für den Weitertransport in ein paar Tagen, hebt sie für uns auf. Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie hilfsbereit die Menschen uns gegenüber in China sind.

    Eigentlich hatten wir die Idee über eine Passtraße 300 km von Zhangye nach Xining zu radeln, um dann von dort aus die Räder mit China Railway Express 3000 km an die Ostküste zu schicken. Wie so oft auf dieser Reise müssen wir jedoch sehr spontan umplanen. Die Fahrräder brauchen länger als gedacht und uns bleibt weniger Zeit zum radeln, so dass wir den Pass, den uns auf Höhen von über 3000 Metern bringen würde, nicht in der Zeit schaffen. Rückblickend eine gute Fügung, denn wir treffen eine andere Radfahrerin, die später bei der Passüberquerung von der Polizei eingesammelt wurde und 200 Kilometer nach Xining gefahren wurde. Begründung: Ausländer seien in der Gegend mit vielen ethnischen Minderheiten nicht erlaubt.

    Wir verbringen mehrere Tage in Zhangye und seiner vielfältigen Umgebung. 
    Die Stadt liegt an der Seidenstraße und schon Marco Polo, dem hier ein Denkmal gewidmet ist, hat hier ein Jahr verbracht.
    Für uns fühlt sich die Stadt schon fast klein an, dabei hat sie 1,1 Millionen Einwohner.

    Auch wenn es stressig ist die Räder nur für ein paar Tage wieder zusammen zu schrauben, entscheiden wir uns dafür.

    Unser erstes Ziel sind die Rainbow Mountains, Sandsteinberge in unterschiedlichen Farben.
    Die Radtour dorthin ist wenig spektakulär. Es geht gefühlt immer geradeaus entlang einer großen Schnellstraße, aber mit viel Platz für uns. Selbst ein Stück der chinesischen Mauer gibt es noch zu bestaunen, die hier eher ein Lehmklotz, als ein prächtiges Bauwerk ist.

    Vor Ort bei den Rainbow Mountains trifft mich dann der Schlag... Menschen, Menschen, Menschen. Es wimmelt nur so vor chinesischen Touristen. Wir sind während chinesischer Feiertage unterwegs und haben das Gefühl, das ganze Land ist ebenfalls in Bewegung.
    In China sind die touristischen Highlights in unterschiedlichen "A" Kategorien eingeteilt und die Rainbow Mountains sind mit AAAAA ausgeschrieben - der höchsten Punktzahl, die es gibt.
    Auch dachte ich, dass wir ganz entspannt durch die hübsche Kulisse spazieren könnten. Fehlanzeige. Wir werden mit Bussen durch die Attraktion gekarrt und dürfen an bestimmten Stellen aussteigen, die künstlich angelegten Wege ablaufen, um dann wiederum bis zum nächsten Stop gebracht zu werden. Genau unser Ding 😜. Die Landschaft ist natürlich trotzdem mega schön und gut ist ja auch, dass die Massen nicht einfach überall rumlaufen dürfen.

    Wildcampen ist in China strengstens untersagt. Wir haben Stories von Radreisenden gehört, die mitten in der Nacht von der Polizei weggeschickt wurden. Wir versuchen es trotzdem, denn wir suchen immer Plätze, wo uns niemand finden kann. Hier in China checken wir noch schnell, ob eine Kamera in der Nähe ist und so finden wir zwei wunderbare Zeltplätze, herrlich ruhig und idyllisch gelegen, ohne nächtlichen Besuch. Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird! Und manchmal muss man einfach mal machen.

    Unser nächstes Ziel sind die Mati Tempel. Bei flirrender Hitze über 30 Grad Celsius müssen wir bis auf 2600 Meter hochstrampeln, was eine ziemliche Strapaze ist und es auch weiter oben nicht wirklich abkühlt.
    Dabei sind die Tempelanlagen "nur" mit AAAA ausgegeben. Ich frage mich an dieser Stelle, anhand welcher Kriterien das festgelegt wird. Denn vor Ort stelle ich fest, dass die in den Berg gehöhlten Tempel mindestens genauso beeindruckend sind wie die Rainbow Mountains. Vielleicht sind es die fehlenden künstlichen Wege, die für den Punktabzug verantwortlich sind.
    Wir dürfen selbstständig durch die Tempelkulisse radeln und staunen immer wieder über die Schönheit der Landschaft und buddhistischen Höhlentempel.
    Teile der Höhlentempel reichen bis in die Jahre 304 - 439 n.Chr. zurück.

    Unser Weg im langen Bergab zurück nach Zhangye führt uns durch eine ländliche Gegend. Bauern, die auf Feldern arbeiten und kleine Dörfer säumen den Wegesrand. Plötzlich höre ich Musik und sehe eine riesige, bunte Pagoden-Laterne. Fröhliche in weiß gekleidete Menschen, die immer wieder Essen in der Hand haben, kommen aus einem Innenhof. Ganz unerschrocken fährt Luzi zu den Menschen und fragt, welches Fest hier gefeiert wird. Die Frauen erklären uns, dass dies eine Beerdigung sei. An dieser Stelle bin ich erschrocken und fühle mich irgendwie fehl am Platz. Für die Familie, die an der weißen Kleidung zu erkennen sind, und Dorfbewohner kein Problem. Sie laden uns spontan ein, führen uns in den Innenhof, wo Musik gemacht wird und nehmen uns mit in ein Zimmer, wo der Tote aufgebahrt liegt. Um den Toten zu ehren muss Luzi Spielgeldscheine verbrennen und sich mehrmals verneigen, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Zum Abschied schenken uns die Menschen eine Tüte voller Obst und Momo, das tibetische gedämpfte Brot. Hätten wir daheim das auch so gemacht mit zwei fremden Frauen?

    Voller Dankbarkeit und unbeschreiblicher Eindrücke radeln wir zurück nach Zhangye, um dort ein paar Tage die Stadt, deren kulinarischen Highlights und den Pingshan Canyon zu entdecken. Niemand bleibt so lange im Hostel wie wir...wir genießen es diese Stadt näher kennenzulernen und es war eine mehr als gute Entscheidung hierher zu kommen - und auch nur paar Tage mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, denn da erlebt man Sachen, die man sonst nicht erleben würde. Und das macht es aus!
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  • Day 247

    Lost in Translation

    April 30 in China ⋅ ☀️ 18 °C

    Das Flugzeug von Tbilisi nach Ürümqi (gesprochen Urumtschi) ist eine Zeitmaschine. Sie katapultiert uns in nur viereinhalb Stunden nach Westchina in die Provinz Xinjiang. Obwohl Peking tausende Kilometer weit entfernt im Osten liegt, müssen wir unsere Uhren auf die Zeit der Hauptstadt umstellen - der Sonnenstand hier würde eine andere Zeitzone vorgeben. Da wir im Kontakt mit anderen Radreisenden stehen, wussten wir vorab, dass die Einreise über Land von Kasachstan ziemlich ätzend sein soll: lange Befragungen der Grenzpolizei im separaten Zimmer, Checken des Handy auf auffällige Fotos, lange Durchsuchungen des gesamten Gepäcks. Das wollten wir uns ersparen und haben daher auch Kasachstan überflogen.

    Und siehe da: die Einreise erfolgt am Flughafen relativ unkompliziert. Fingerabdrücke, Foto und ein paar Fragen später haben wir den Stempel im Pass und dürfen 15 Tage bleiben. Das ist derzeit ohne Visumsantrag möglich. Wie privilegiert wir mal wieder mit deutschem Pass unterwegs sein können.

    Wir lassen uns auf zwei "Taxifahrer" ein, die uns mit samt dem ganzen Gerümpel zum Gepäckservice der chinesischen Bahn bringen sollen. Über die Art und Weise wie die Fahrradkartons transportiert werden, sind wir erst mal nicht begeistert. Nur ein dünnes Seilchen hält die Box auf dem Autodach. Aber es gibt keine Vans oder Minibusse hier, also hoffen wir, dass alles gut geht.

    Dann startet unser China-Abenteuer. Der Geldautomat zieht erstmal die Kreditkarte ein und rückt sie nicht mehr raus, unsere Fahrer verfahren sich ständig, wissen eigentlich gar nicht so genau, wo wir hin wollen und wir haben noch nix gefrühstückt. Das heißt dieses ganze Tohuwabohu ohne die morgendliche Dosis Koffein nach schlafloser Nacht im Flugzeug ist ziemlich anstrengend.

    Die nächste Herausforderung ist es (immernoch kein Kaffee) die Räder und das Gepäck gleich weiter zu verschicken. Denn wir werden hier weite Strecken mit dem Zug zurücklegen und die Mitnahme von Fahrrädern ist nicht erlaubt. Wir nutzen Google Translate (nur dank VPN können wir die chinesische Firewall umgehen), um uns verständigen zu können. Dann spricht der nette junge Mann ins Handy und zeigt uns die Übersetzung: "Die Fahrräder werden nicht am Zapfhahn, sondern in der Kutsche fahren." OK?! Was soll das jetzt bedeuten? So geht es uns sehr oft. Und wir schwanken zwischen Belustigung, Verwirrung und Ungeduld, wenn die App so mies übersetzt.

    Der Weg ins Hotel, das laut Google Maps nur wenige Schritte entfernt vom Bahnhof liegt, dauert dann nochmal eine Stunde. Die Position ist komplett falsch auf Maps und wir irren herum, rufen letztendlich ein Taxi, das uns abermals nicht direkt am Hotel absetzt und wir nochmals rumfragen müssen. Das Zimmer verlassen wir gar nicht mehr an dem Tag. Wir haben die völlige Kulturschock-Überforderung inklusive Schlafentzug.

    Aber dann merken wir hier ganz schnell, dass wir auf die Menschen hier vertrauen können und sind total begeistert. Ohne das Verständnis, die Hilfsbereitschaft und die Freundlichkeit der Menschen wären wir hier komplett aufgeschmissen. Bei den ersten Begegnungen lachen wir einfach viel und sie lachen mit uns. Das durchbricht die Sprachbarriere und die Kommunikation klappt irgendwie.

    Es ist eine echte Herausforderung hier individuell herumzureisen aufgrund der Sprache. Wir müssen uns neue Vorgehensweisen überlegen. Es fühlt sich an, wie in einer anderen Sphäre. Wir waren schon mal in Taiwan mit Rucksack unterwegs, aber das hier ist eine andere Hausnummer. Kaum jemand spricht Englisch. Im Hotel lassen wir uns die Orte, wo wir hin wollen auf Chinesisch notieren. Auch die genaue Adresse des Hotels haben wir beim Verlassen immer in Landessprache dabei. Wenn wir Essen suchen, schauen wir auf Bilder, zeigen darauf oder versuchen es mal wieder mit der Übersetzungsapp, was mehr oder weniger aufschlussreich ist.

    Wir schließen dieses Land mit seinen Menschen, das eigentlich nur Transit ist und wir daher eher geringe Erwartungen hatten, ziemlich schnell ins Herz. Wir sind fasziniert (und manchmal auch verstört) über die Eindrücke und Bilder, die wir sehen und die wir so nie ablichten können. Wir sind nur zwei Nächte in Ürümqi. Die vier Millionenstadt ist modern, voller neuer Hochhäuser und Hauptstadt der Provinz der islamischen uigurischen Minderheit, die es nicht gut hat hier. Auch in den deutschen Medien wird immer wieder darüber berichtet (deutsche Autobauer in China).

    Wir sind an den Maifeiertagen hier, die auch als Tage der Arbeit begangen werden. Die Parks sind voller Menschen, die spielen, tanzen und singen. Kinder angeln echte Goldfische im Planschbecken.

    Die Stadt ist voll von bewaffneten Militärs in panzerähnlichen Fahrzeugen und es gibt hohe Polizeipräsenz, wie sonst nirgends in China. Kameras mit Gesichtserkennung an jeder Ecke. Beim Betreten von Gebäuden werden wir vorher gescannt und durchsucht. Nicht schlimm, wenn wir die Provinz schnell hinter uns lassen.

    Dann geht es per Schnellzug nach Zhangye in der Provinz Gansu, wo wir ein wenig Radfahren wollen.
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  • Day 245

    Radlos durch Georgien

    April 28 in Georgia ⋅ ⛅ 16 °C

    Die Entscheidung, die Fahrräder und viel Gepäck in Tbilisi abzustellen, war vernünftig. Jetzt sind wir mit unseren kleinen Rucksäcken bepackt in Bussen unterwegs. Ich vermisse trotzdem schmerzlich das Rad, weil es mir die Last zu schleppen abnimmt. Rollenderweise fühlt sich das Gewicht anders an. Und wir waren gerade so gut drin im Fahrradfahrrhythmus.

    Wenn ich aber aus den Fenstern auf die Straße schaue, bin ich mir sicher: mit Fahrrad hätte ich noch so manch einem Autofahrer (es fahren hier tatsächlich hauptsächlich Männer) böse Gesten und Rufe geschickt. Für einen Seitenstreifen hat scheinbar der Teer nirgends gereicht in diesem kleinen und doch so vielfältigen Land.

    Wir merken aber auch beide schnell, dass diese Rucksacktouren so gar nicht unser Ding momentan sind. Es erfordert unglaublich viel Planerei: wie kommen wir von A nach B? Wann fährt ein Bus? Wo fährt er ab? Wie kommen wir dorthin? Ist der Zug eine Alternative? Wie viel kostet es? Bisher waren wir durch die Fahrräder immer autonom, was die Mobilität anging. Es nervt mich auch, dass wir an tollen Fotomotiven einfach vorbeirauschen. Mit dem Rad kann ich flexibler als jedes Auto einfach halten, wo ich will.

    Wir machen erstmal eine Touri-Tour im Minibus mit - so kommen wir ohne viel Planerei und mit vielen Infos über Land und Leute bis in den Großen Kaukasus. Wir fahren im beheizten Gefährt ganz komfortabel über den 2395 Meter hohen Kreuzpass, der ringsherum noch voller Schnee im April ist und uns tolle Ausblicke beschert. Wir haben so ein Glück mit dem wolkenlosen Himmel und sehen den Kazbegi, der mit seinen 5047 Metern erhaben da steht. Stepansminda ist der letzte Ort in Georgien. Wenn man weiter nach Norden fährt, kommt einige Kilometer weiter die russische Grenze.

    Die zahlreichen LKW, rollen weiterhin ins Nachbarland. Wir wollten diese Strecke eigentlich mit dem Rad fahren, dann über Russland und der mit Transsibirischen Eisenbahn in die Mongolei reisen. Aber nach vielem Überlegen, Abwägen und mit dem Mauscursor auf Maps, haben wir uns zwischen Pest und Cholera entscheiden müssen. Dann haut das Auswärtige Amt auch noch eine Reisewarnung raus und wir geben unseren Plan auf. Wir werden in Tbilisi ins Flugzeug bis Westchina steigen, denn wir wollen Russland nicht durch hohe Visa Gebühren und Zugtickets (Staatsbetrieb) unser Geld geben und damit indirekt einen Krieg finanzieren. Für mich ist es ein echter Bruch in der Reise. Mein Ziel war es klimafreundlich ohne zu fliegen in Japan anzukommen...aber jetzt umkehren und Heimradeln war auch keine wirkliche Option. Die Vorfreude und Neugier auf das verrückte Japan war schon zu groß.

    Auf eigene Faust geht es nach dem Ausflug in die hohen Berge weiter in den Borjomi Nationalpark. Hier wollen wir eine kleine Trekking Runde mit Zelt in die Berge machen. Dann Ernüchterung im Visitor Center: noch zu viel Schnee auf dem Panorama Trail. Also nochmal Plan ändern und andere Tour, die leider nicht ganz so hoch geht, aber durch herrlichen Wald. Endlich fließt auch mal klares Wasser in den Bächen. Das hatten wir bisher kaum, entweder war es furztrocken oder dreckig.

    Dann erleben wir doch noch georgische Gastfreundschaft der anderen Art. Im Visitor Center lernen wir die Freiwillige kennen, die hier mithilft und uns kurzerhand zur Übernachtung in ihre Wohnung einlädt. Mao kommt aus Japan und wir verstehen uns auf Anhieb. Mit ihr tauchen wir mehr ins georgische Leben ein, weil sie ihre Erfahrungen mit uns teilt, die sie seit einem halben Jahr hier gesammelt hat. Gleichzeitig können wir auch schon unsere Fragen zu Japan stellen. Eine tolle Kombi. Wir werden auch schon gleich zu ihrer Mutter nach Osaka eingeladen - mal sehen, ob wir da durchkommen.

    Gastfreundschaft bedeutet für uns nicht, dass man ständig eingeladen wird. Es kann auch ein einfaches Lächeln sein, grüßen, Hilfe anbieten, wenn man sieht, dass sich jemand nicht zurecht findet...wir haben in Georgien durchaus noch (sehr) gastfreundliche Menschen kennen gelernt. Gleichzeitig ist es für uns zumindest nicht das gastfreundlichste Land, wie es in den schönen Reisedokus suggeriert wird. Sicher haben andere Menschen auch andere Erfahrungen gemacht. Wir mögen sie ja auch, diese leicht verschrobenen, eher zurückhaltenden Menschen und wissen, dass die Geschichte dieses Landes nicht gerade zum Ausgelassen und Fröhlich sein steht...

    Batumi am Schwarzen Meer ist eher künstlich. Wie aus der Retorte schießen neue Wolkenkratzer weltweit bekannter Hotelketten aus dem Boden. Trotzdem sind zwei Sonnenuntergänge am Meer mal wieder schön. Dass auf der anderen, weit entfernten Seite ein Krieg tobt, stört hier niemand so wirklich beim Urlaub machen.

    Dann verbringen wir noch drei schöne Nächte auf dem Dumbo Eco Camp im subtropischen Gurien, das uns wie ein grüner Dschungel umschlingt. Liza ist 21 Jahre jung und managed hier alles in dieser Saison. Wir sind die einzigen Gäste und beim Lagerfeuer führen wir gute Gespräche über das Land und seine Jugend, die so voller Hoffnung auf
    Europa ist, bevor wir zum kulinarischen Feuerwerk (Kochkurs und Weinprobe) nach Tbilisi zurück kehren.

    Beim "Kargat brzandebodet!" an der Passkontrolle am Flughafen, luchse ich der Beamtin dann noch ein Lächeln ab mit der schwierig auszusprechenden georgischen Verabschiedung ab. Wir kommen bestimmt mal wieder, aber sicher ohne Fahrrad!

    (Luzi)
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  • Day 229

    Tiflis, Tblissi oder Tiblissi

    April 12 in Georgia ⋅ ☀️ 24 °C

    Nach einem sehr holprigen Start in Georgien erreichen wir die Hauptstadt Georgiens, Tiflis. Übrigens die Partnerstadt Saarbrückens, weshalb wir hier den "Saarbrücken Platz" und die "Saarbrücken Brücke" entdecken.
    Wir fühlen uns wie in einem anderen Land. Nach dem kargen Hochland ohne touristische Infrastruktur, finden wir uns plötzlich inmitten schöner Cafés, ansprechenden Restaurants und vielen hübschen Unterkünften wieder.
    Ich genieße die Annehmlichkeiten der Stadt und freue mich über guten Kaffee und tolles Essen.
    Außerdem stolpern wir über das riesige Fahrrad Monument und fragen uns schon irgendwie, was das hier soll. Denn Georgien ist vieles, aber definitiv kein Fahrradland. Auch in Tiflis sind Radwege sehr, sehr selten.

    Sehr schnell fallen mir die Graffitis auf, die immer wieder sehr anti Russland sind. Ebenso sind die Farben der Ukraine an jede Ecke gesprüht.
    Zum einen ist die Ukraine natürlich geographisch nicht weit entfernt, zum anderen fürchtet man auch hier, dass sich Putin weitere Teile des Landes unter den Nagel reißt. Denn Russland hat bereits Teile Georgiens annektiert. Um es in Zahlen auszudrücken - 20% des Landes sind russisch besetzt.
    Hierzu zählen die Gebiete Abchasien und Südossetien. Diese beiden Regionen versuchten sich von Georgien mit russischer Unterstützung loszulösen. Im sogenannten 5 Tage Krieg zwischen Georgien und Russland 2008 unterlag Georgien. Moskau erkennt diese Staaten seitdem als eigenständige Staaten an und erhöhte vor Ort seine Truppenpräsenz.

    Es scheint als ob dieses Land politisch zerrissen ist.
    Die Menschen, mit denen wir sprechen, wünschen sich den EU Beitritt.
    Und dann gibt es noch die Menschen, eher aus der älteren Generation, die sich Russland zugehörig fühlen und wenig von der EU halten.

    Dass sich viele Menschen lautstark für einen EU Beitritt einsetzen, sehen wir selbst, als wir eine Demonstration in Tiflis vor dem Parlament miterleben und gestern Teil der Massendemonstration waren. Wir sprechen mit einigen Demoteilnehmer:innen, die uns alle das gleiche sagen. Russland versucht mehr und mehr an Einfluss zu gewinnen und setzt die Menschen unter Druck, indem sie unter anderem Fakenews verbreiten.
    Wir lernen auch eine junge Russin aus Sibirien kennen, die ihr Land wegen seiner Politik verlassen hat. Sie möchte ihre Steuern nicht einer Regierung zahlen, die damit einen Krieg finanziert. Als sie uns davon erzählt, hat sie Tränen in den Augen, da sie Sibirien und ihre Familie sehr vermisst.

    Was die Demonstrierenden rufen, verstehen wir natürlich nicht. Aber wir sehen die riesige EU Flagge, die Schilder der Demonstranten und hören "Freude schöner Götterfunken". Für uns als Ausstehende ist dieser Moment sehr ergreifend und uns wird zum 100sten mal klar, welches Glück wir haben in einem Land zu leben, in dem Freiheit eins der wichtigsten Güter ist und jeder so leben kann, wie er möchte- unabhängig von Glaube, Sexualität oder politischer Gesinnung.
    Und alle die glauben, es sei anders, empfehle ich an dieser Stelle einen Ausflug in ein Land, in dem Menschen aus unterschiedlichen Gründen unterdrückt werden und so etwas wie Meinungsfreiheit nicht existiert.

    Wir hören hier häufig, dass die georgische Regierung zwar oberflächlich an dem EU Beitritt festhält, jedoch anders handele.
    Die Menschen fühlen sich belogen.
    Sollte sich Georgien für das sogenannte "Agentengesetz" aussprechen, rückt der EU Beitritt ein Stück weit in die Ferne und der Frust in der Bevölkerung wird steigen. Die Stimmung ist schon jetzt aufgeheizt.
    Es bleibt abzuwarten, was die Regierung unternimmt und in welche Richtung sich Georgien politisch entwickelt.

    Für mich persönlich ist Tiflis bisher die schönste und interessanteste Stadt auf unserer Reise und ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass es eine der schönsten Städten überhaupt für mich ist.
    Die Stadt versprüht einen jungen, kreativen Charme und in den Abendstunden pulsiert Tiflis mit seinen vielen Bars, Clubs und Lokalen. Da ich mich nach wie vor sehr von der elektronischen Musik angezogen fühle, war mir Tiflis schon vor unserer Reise ein Begriff für seine Techno Musik, die hier für das freie, junge, aufrührerische Lebensgefühl steht.
    Und ich glaube, es ist diese Verbindung zwischen alt und neu, was den Charme der Stadt ausmacht.
    Auch, dass sie noch nicht an allen Orten aufgehübscht ist, gefällt uns sehr.
    Wir schlendern mehrere Tage durch die Straßen und entdecken immer wieder neues. Vorallem die Hinterhöfe der Häuser faszinieren mich. Es ist wie eine Stadt hinter der Stadt. Die Bewohner:innen haben sich die Hinterhöfe wohnlich gestaltet und wir merken, dass sie mit Leben gefüllt sind.

    Im Gegensatz zu gestern, wo die Straße trotz der Menschenmassen zunächst nicht von der Polizei für Autos gesperrt wurde, ist die Hauptstraße durch die Stadt seit heute morgen (29.04.24) gesperrt. Wie wir erfahren gibt es heute eine Kundgebung der Regierungspartei, die sich für das Agentengesetz ausspricht. Busse werden aus dem ganzen Land angekarrt. Es gibt eine große Bühne vor dem Parlament und heute morgen wurde dort auf der Bühne das Fahnenschwingen einstudiert.

    Es bleibt spannend, wie es politisch weitergehen wird in diesem kleinen Land und wir werden es jetzt mit anderen Augen verfolgen.

    (Denise)
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  • Day 226

    Es gibt Grenzen...

    April 9 in Georgia ⋅ ☀️ 12 °C

    Voller Vorfreude und auch sehr emotional haben wir uns der Grenze auf der Hochebene zwischen der Türkei und Georgien genähert. Schließlich war es unsere erste Grenze außerhalb Europas, die wir auf dem Landweg zu überschreiten hatten.

    Wetter und Wind waren mit uns an diesem Radtag. Bei einer tollen Abfahrt bin ich sanft und sicher auf 69,9km/h gekommen. So schnell war ich noch nie im Sattel unterwegs. Geht auch nur, wenn der Straßenbelag perfekt ist - dafür hat Erdogan in den letzten Jahren im ganzen Land fast übermäßig gesorgt....und leider auch für vieles andere, für das er indirekt in der vergangenen Regionalwahl abgestraft wurde.

    Dann sehen wir die Flaggen der Länder in der Ferne, wischen uns heimlich ein paar Abschiedstränen von den Augen und sagen noch einmal teşekkürler Türkiye!

    Die Prozedur an der Grenze ist dagegen sehr ernüchternd. Bürokratiekram halt...und ein Telefonat des Grenzbeamten. Wir sind in der Ägäis mit dem Personalausweis eingereist und wollen auch mit diesem wieder ausreisen. Dieses Privileg ohne Reisepass hier zu reisen verdanken wir dem Pauschaltourismus an der türkischen Riviera. Das ist hier im äußersten Osten, wohl nicht klar und der Grenzbeamte weiß nicht, wie er uns abwickeln soll. Aber es klappt. Die türkische Zollbeamtin kramt dann noch stümperhaft in unseren Taschen herum, so dass sie es auch einfach hätte lassen können.

    Dann rollen wir zur georgischen Seite. Nettigkeit ist sicherlich hier kein Einstellungsgrund bei Grenzbeamt:innen. Und dabei gebe ich mir echt Mühe mit ein paar extra gelernten georgischen Vokabeln. Mit dem Stempel im Pass und dem gechillten Zollbeamten, der uns nach ein paar Standardfragen durchwinkt, sind wir in Georgien, dem kleinen bergigen Land mitten im Kaukasus, eingereist.

    Neues Land, neue Schrift, neue Sprache, neue Mentalität...Nur die frühlingshaft zwitschernden Feldlerchen und der Müll am Straßenrand begleiten uns weiter. Wir waren sehr gespannt, was uns erwartet würde. Georgien eilt der Ruf seiner Gastfreundschaft voraus und wir freuten uns schon auf viele Begegnungen.

    Unser erstes Ziel ist die Hauptstadt Tbilisi, die vier Tagesetappen entfernt liegt. Danach wollen wir noch die Weinregion per Rad erkunden.
    Die Gegend hier oben ist rauh und untouristisch. Es gibt einige größere Orte, wo wir uns verpflegen können, ansonsten kleine Dörfer mit Landwirtschaft. Die schwarze Erde ist bereits umgegraben, aber die Seen sind noch gefroren und es liegt oberhalb von 2000 Metern Schnee. Wir werden durch die Höhe in den Winter zurück katapultiert. Im eisigen Gegenwind fühlen sich Temperaturen um die 5 Grad viel kälter an. Wir packen uns dick ein. Pausen sind nur kurz und mit wärmendem Tee. Es gibt hier nichts zum Einkehren. Wenn wir an Leuten vorbei fahren werden wir kaum gegrüßt. Manche winken zurück - wir haben den Eindruck, dass man Fremden gegenüber in dieser Gegend nicht gerade aufgeschlossen ist. Es ist ein so krasser Unterschied zur Türkei. Dort wurden wir vor zwei Tagen ins Büro einer Tankstelle zu Kaffee vor dem Heizstrahler eingeladen - total durchnässt. Die Männer waren empathisch und haben gesehen, was wir gebraucht haben. Ein paar Menschen sprechen uns dann doch an. Ein Grieche und Armenier. Einen größeren Gegensatz in der Mentalität habe ich durch einen Grenzübertritt noch nie erlebt. Dabei hätte ich es ehrlich gesagt eher umgekehrt erwartet.

    Dazu kommen die Hunde, die mich bei einer Abfahrt fast vom Rad holen - noch nerviger als in der Türkei. Den letzten Stich versetzt uns der Verkehr. Hier gilt das Recht des Stärkeren und Schnelleren und das sind die unzähligen Mercedes Sprinter, die hier als Busse fahren oder der BMW X7. Es gibt keinen Seitenstreifen für uns. Als ein überholendes Taxi mir auf meiner Fahrbahn so knapp entgegen kommt, habe ich einen kleinen Nervenzusammenbruch. Ich schreie die überholenden Auto mit "Abstand, Abstand" an, verschaffe mir Platz bis zur Fahrbahnmitte und verursache schließlich einen kleinen Stau, weil ich niemanden mehr überholen lasse. Die Autofahrer bleiben ziemlich gelassen und schütteln nur den Kopf, keiner steigt aus, um mir eine zu scheuern:))
    Ich bin am Anfang dieses Landes gerade fertig mit ihm, dabei hatte ich so hohe Erwartungen...der Regen lässt uns fast einen ganzen Tag im Zelt in the middle of nowhere ausharren und ich komme wieder runter.

    Wir beschließen schon hier oben die Räder in Tiflis abzustellen und mal eine Radfahrpause einzulegen. Wir wollen dem Land noch eine Chance geben und sind sicher, dass Tiflis ganz anders wird. Die Temperaturen steigen mit den Höhenmetern, die wir abfahren. Es wird endlich grüner und die Sonne schenkt uns Hoffnung.

    (Luzi)
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