Von Freiheit und pura vida.

December 2019 - March 2020
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    Auf in die Heimat - nichts leichter...

    March 20, 2020 in Germany ⋅ ⛅ 10 °C

    ... als das🙈. Dass sich dieses Vorhaben als gar nicht so einfach herausstellen würde, wird mir erst nach und nach bewusst und wahrscheinlich ist das auch gut so.

    Als ich nach der Wanderung abends im Hostel ankomme, ist die Stimmung unter den Gästen seltsam angespannt. Die meisten sitzen mit Handy in der Hand am Laptop, recherchieren, suchen nach Flügen oder telefonieren mit ihren Familien und Freunden. Die Atmosphäre wird nicht besser durch alle möglichen ungefilterten Informationen, die das Hostel-Personal wild in die Runde wirft. So heißt es zwischenzeitlich, dass Kolumbien bereits abgeriegelt sei und niemand mehr das Land verlassen dürfe. Das kommt mir dann doch übertrieben und unreflektiert vor und tatsächlich finde ich keinerlei Informationen hierzu. Zur besonnenen Entscheidungsfindung tragen solche Nachrichten wenig bei. Ich beschließe, mir erstmal einen Twitter-Account einzurichten, da man hierüber tatsächlich am schnellsten mit Informationen versorgt wird, wenn man zum Beispiel der Bundesregierung, dem Auswärtigen Amt oder Heiko Maas folgt. Am nächsten Morgen telefoniere ich erstmal mit Mama, meiner Schwester Irene und meinen Freundinnen Claudi und Anna, um gemeinsam zu überlegen, ob ich früher nach Kanada reisen sollte oder besser nach Deutschland zurückkehre. Zu diesem Zeitpunkt ist es noch nicht klar, dass die Rückkehr wohl die einzig richtige und auch mögliche Entscheidung sein wird. Parallel bin ich auch mit anderen Deutschen in Kontakt, die sich dieselben Fragen stellen. Die meisten von ihnen sind jedoch zunächst der Meinung, dass es in Kolumbien kaum Corona-Fälle gibt und man in Südamerika unter Ansteckungsgesichtspunkten sicherer sei als in Europa.

    Um nichts zu überstürzen, beschließe ich zunächst, montags nach Minca zu fahren, wo ich ein sehr kleines und abgelegenes Hostel gefunden habe. Die Fluktuation in dem Hostel in Santa Marta ist mir zu hoch und die Nachrichten überschlagen sich. So fahre ich also ins etwa 50 Minuten entfernte Minca, wo es wirklich wunderschön ist. Das kleine Städtchen liegt mitten im Urwald und ist einer der artenreichsten Orte Kolumbiens, so gibt es beispielsweise über 5.000 verschiedene Vogelarten, die man besonders nachts ganz deutlich und laut hört. So richtig konzentrieren kann ich mich allerdings nicht. Die Nachrichten über Rückholaktionen und internationale Reiseverbote überschlagen sich, nach und nach höre ich von immer mehr anderen Reisenden, die sich so schnell wie möglich zurück in ihre Heimatländer begeben. Ich entscheide gemeinsam mit meiner Familie und meiner lieben und sehr reiseerfahrenen Freundin Anna, dass auch ich die Heimreise antreten werde. Zunächst buche ich mir einen Flug zurück nach Bogotá für den nächsten Tag. Den Flug buche ich in einem kleinen Café in Minca und brauche auf die ganzen Schreckensnachrichten erstmal eine Kaffee-Margarita, die ihr auf dem vierten Foto sehen könnt😆🍸. Ich bin etwas traurig, dass ich es nicht mehr nach Medellín schaffen werde, aber in Anbetracht der Umstände gibt es keine andere Lösung. Zudem muss ich in jedem Falle noch einmal nach Bogotá, denn ich habe einige Sachen bei meiner Gastfamilie gelassen, da ja ursprünglich geplant war, dass ich Ende März noch einmal dorthin zurückkomme. Über die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts bekomme ich fortlaufend Informationen über die aktuellen Entwicklungen in Kolumbien. Die Maßnahmen werden unglaublich schnell umgesetzt, innerhalb weniger Stunden werden Hostels, Nationalparks, Schulen, Universitäten und auch Strände geschlossen und eine vollständige Ausgehsperre steht im Raum. Das Auswärtige Amt rät allen Deutschen dringend dazu, sich schnellstens auf den Heimweg zu machen und ehrlich gesagt schlug die Stimmung in Kolumbien so schnell um, dass man schlicht nicht mehr bleiben wollte. Ich merke außerdem ganz deutlich, dass die kolumbianische Regierung und insbesondere der Staatspräsident Duque nicht so berechenbar ist wie die Deutsche Bundesregierung und man eine solche Krise nicht unbedingt alleine in Kolumbien durchstehen möchte. Schon gar nicht isoliert in einem Hotelzimmer, denn die Hostels werden nach und nach geschlossen, die Mehrbettzimmer gelten als zu risikoreich. Von meinem Hotelzimmer in Bogotá aus bin ich in ständigem telefonischen Kontakt zu meiner Schwester Irene und ihrem Freund Paul, die sich als hervorragende Krisenmanager bewiesen und sich mit mir wegen der Zeitverschiebung die Nächte um die Ohren geschlagen haben. Die beiden recherchieren die besten Flugrouten, telefonieren mit den Fluglinien und Botschaften, um herauszufinden, in welchen Städten ich noch umsteigen kann. Vielen Dank nochmal, Irene und Paul, ohne Euch wäre ich wirklich aufgeschmissen gewesen🥰. Wir entscheiden uns schließlich für einen Flug mit LatAm bis Cancún und von dort mit der Lufthansa nach Frankfurt. Bis mein Flug geht, habe ich noch einen guten Tag in Bogotá, den ich nutze, um meine Sachen bei Carolina und José abzuholen, meine Sachen zu packen und auf die Schnelle noch einen leckeren kolumbianischen Cappuccino in meinem Lieblingscafé in Usaquen zu trinken. Kurz darauf stellt sich heraus, dass ich die Energie gut gebrauchen werde, denn nachmittags wird mein Flug nach Cancún storniert. Ich fahre mit dem Uber direkt zum Flughafen und stelle mich gute zwei Stunden in die Warteschlange bei der LatAm. Am Schalter wird mir mitgeteilt, dass es sich um einen einheitlichen Lufthansa-Flug handle und ich mich daher zwecks Umbuchung an die Lufthansa wenden müsse. Da ich aus Kolumbien heraus nicht telefonieren kann, spricht Irene mit der LH-Hotline und erhält die Info, dass ich mich in der aktuellen Situation selbst um einen Ersatzflug nach Cancún bemühen müsse. Wir buchen also abends einen neuen Flug, der jedoch kurz nach der Buchung schon wieder storniert wird. Nachts finden wir dann noch einen Direktflug nach Cancún, den ich am nächsten Tag auch nehmen werde. Während ich donnerstags am Flughafen warte, treffe ich noch Lydia und Chris aus Berlin, die ein knappes Jahr auf Weltreise waren und mit denen ich bereits in Guatemala auf den Vulkan geklettert bin. Auch sie haben sich entschieden, die Heimreise anzutreten und ich freue mich riesig, sie in der ganzen Aufregung noch einmal zu treffen. Als Medienfachleute haben die beiden übrigens einen wirklich schönen Reise-Podcast, den man u. a. auf Spotify findet. Er heißt „Coffee, Rice and Questions“, falls Euch irgendwann das Fernweh packt☺️.

    Mit mir fliegen nur sechs weitere Personen nach Cancún, der Flug wird also nicht storniert. Es ist schon ein seltsames Gefühl, nur zu siebt mitsamt der gesamten Crew in einem großen Flugzeug zu fliegen. In Cancún angekommen, läuft die Einreise zum Glück problemlos und ich werde freudig vom Labrador des Grenzschutzes begrüßt. Ihr könnt unsere beginnende Romanze auf dem dritten Foto sehen😆. Wahrscheinlich war er einfach nur unterfordert und froh, dass er meine beiden Rucksäcke inspizieren konnte, denn der Flughafen in Cancún ist wie leer gefegt. Bis zu meinem Lufthansa-Flug habe ich noch ein paar Stunden Zeit und da ich fortlaufend Emails zu meinem Flug bekomme, gehe ich davon aus, dass ich abends nach Frankfurt fliegen kann. Als ich jedoch mein Gepäck aufgeben möchte, teilt die Lufthansa mir mit, dass ich auf dem Flug nicht registriert sei, da ich meinen ersten Flug von Bogotá aus eigenmächtig nicht angetreten hätte. Ich versuche zu erklären, dass dies nicht der Fall sei, sondern dass meine Flüge ausgefallen seien und die LatAm sich geweigert habe, meinen Flug umzubuchen. Parallel telefoniert Irene wieder mit der Lufthansa, die uns jedoch auch nicht weiterhelfen, sondern darauf beharren, dass ich mich an die LatAm wenden muss. Ich reise also mehrfach zwischen den Lufthansa-Schaltern und denjenigen der LatAm hin und her, die passenderweise in unterschiedlichen Terminals sitzen und sich fleißig die Kompetenzen zuschieben. Irgendwann bin ich so weit, ein neues Ticket bei der LH für über 2000 EUR zu buchen, um es später zurückzufordern. Jetzt wird mir jedoch mitgeteilt, dass der Flug überbucht sei und ich nicht mehr mitfliegen könne. Ich fürchte, das gibt meinen ersten Gerichtsprozess in eigener Sache😉🤦🏼‍♀️. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als mir ein Hotel in Cancún zu suchen und nachts mit meiner Schwester einen neuen Flug, diesmal über Kanada zu buchen. Zum Glück kann ich über Kanada noch fliegen, da ich ein eTA-Visum habe, das auch für den Transitbereich in Kanada gilt. Die Rückreise über Montréal funktioniert dann zum Glück ohne Probleme und ich lande am 21. März früh morgens am Frankfurter Flughafen. Mit dem Zug geht es weiter nach Düsseldorf, wo mich Anna in Empfang nimmt und mich mit selbstgemachtem Hugo und meiner Lieblingssüßigkeit Curly-Wurly versorgt🥳🥂. Ihr könnt uns auf dem ersten Foto sehen. So haben Anna und ich immerhin eine Mini-Reise zusammen, denn Anna hatte schon Flüge gebucht, um im April ihre Osterferien mit mir in Vancouver und Calgary zu verbringen. Diese Reisepläne müssen wir dann nun erstmal verschieben.

    Als ich kurze Zeit später das Haus meiner Eltern (6. Foto) und meine Familie wiedersehe, freue ich mich riesig und bin dankbar, dass ich 3/4 meiner Reise erleben konnte. In den letzten Tagen habe ich immer wieder Reisende getroffen, die erst vor einigen Tagen aufgebrochen sind und nun lang geplante Weltreisen abbrechen müssen. Verglichen damit habe ich wirklich riesiges Glück gehabt. Auch darauf stoße ich abends mit Mama, Achim und meinem Bruder Adrian mit einem Glas Sekt an. Irene und Paul sind per Videoanruf aus Berlin zugeschaltet. Kurz nach dem Anstoßen (2. Foto 😉) falle ich ins Bett und schlafe für etwa 13 Stunden so lange und gut, wie seit Monaten nicht mehr. Im Flugzeug hatte ich wegen der ganzen Aufregung nur etwa zwei Stunden geschlafen und war daher fast 40 Stunden am Stück auf den Beinen. Vielleicht war die Aktion gar nicht schlecht, denn vom Jet Lag habe ich überhaupt nichts gemerkt.

    Da meine Eltern gerade unsere Holzböden abschleifen und lackieren und die Zimmer umräumen, fühle ich mich fast wie in einem Travel and Work😆. Liebe Mami, lieber Achim, Ihr seid meine liebsten Hosts bisher😅😍. Im Ernst fühlt es sich nicht so an, als wäre ich 3,5 Monate weg gewesen. Es ist eher so, als hätte ich die Zeit angehalten. Ich übernehme (sehr gerne☺️) das Kochen und die Einkäufe und meine Jogging-Strecke ist um ein paar erste grüne Blätter und Buschwindröschen reicher. Verrückterweise fallen mir die Knappheiten beim Einkaufen in Deutschland auch gar nicht so auf. In den vergangenen Monaten war ich es gewohnt, dass ich mindestens 2/3 meiner Einkaufsliste nicht bekam, da es die Produkte entweder nicht gab, sie nur in riesigen Mengen verkauft wurden (z.B. Speiseöl) oder einfach zu teuer waren (z.B. Käse oder Sojasoße). So habe ich gelernt, zu improvisieren und mache damit einfach weiter. Wenn Achim Pech hat, bekommt er nächsten Sonntag einen Geburtstagskuchen aus Kichererbsenmehl, das ich bei Rossmann aufgetrieben habe😆🎉.

    Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass meine Reise so abrupt endet und ich hätte Euch gerne noch mit nach Kanada genommen. Ich werde es vermissen, meine Eindrücke und Erlebnisse mit Euch zu teilen und mich mit Euren Kommentaren, Fragen, lieben und hilfreichen Ratschlägen, Ideen und Sichtweisen auseinanderzusetzen. Ich freue mich riesig, dass so viele von Euch mitgelesen und mitgefiebert haben und mir auf diese Weise Kraft und Unterstützung gegeben haben. Vielen Dank dafür, Ihr habt meine Reise auf ganz unterschiedliche Art bereichert und ich bin froh, Euch alle zu haben ☺️. Mit meiner kanadischen Gastfamilie aus Calgary habe ich übrigens vereinbart, dass ich sie nächstes Jahr besuchen werde. Unsere Kanadareise ist also nur etwas aufgeschoben ☺️.

    Nun wünsche ich Euch allen viel Gesundheit und hoffe, dass Euch die vielen Einschränkungen momentan nicht allzu sehr zusetzen.

    Es grüßt Euch alle ganz herzlich
    Eure Astrid😘❤️
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  • Day 100

    Ciudad Perdida II, Kolumbien

    March 12, 2020 in Colombia ⋅ ⛅ 21 °C

    Hier kommen noch ein paar Eindrücke von der Wanderung zur Ciudad Perdida für Euch ☺️🌿🌴.

  • Day 99

    Ciudad Perdida, Santa Marta, Kolumbien

    March 11, 2020 in Colombia ⋅ ⛅ 23 °C

    Meine Lieben, in den letzten Tagen ist es hier ganz schön ruhig geworden, was meiner etwas langwierigen und aufregenden Rückreise aus Kolumbien geschuldet war. Den meisten von Euch habe ich schon berichtet, dass letztlich alles doch noch funktioniert hat und ich gut zu Hause bei meiner Familie angekommen bin. Ich erzähle Euch gerne noch ganz in Ruhe, wie ich im Einzelnen zurückgereist bin, aber der Reihe nach😉.

    Vorher möchte ich Euch noch von meiner wirklich ganz tollen und beeindruckenden Wanderung zur „Ciudad Perdida“ (also der „Verlorenen Stadt“) in Kolumbien berichten. Leider bin ich in dieser App kein Premium-Kunde mehr, weshalb ich nicht mehr so viele Fotos hochladen kann. Ich mache aber gleich noch einen zweiten Beitrag ohne großen Text, damit Ihr noch ein paar Bilder sehen könnt.

    Von der viertägigen Wanderung zur Ciudad Perdida habe ich zum ersten Mal vor etwa zwei Jahren gehört, als meine liebe Freundin Johanna ganz begeistert von ihrer eigenen Wanderung hierher berichtete. Seit Beginn meiner Reise war diese Tour einer der Orte, die ich auf jeden Fall bereisen wollte. Dass dies wegen der Corona-Krise nur noch ganz knapp möglich sein würde, erfahre ich erst, als ich von der Wanderung wieder zurückkehre.

    Von Bogotá aus fliege ich am 10. März 2020 nach Santa Marta, gelegen an der Karibikküste Kolumbiens, um am 11. März die Wanderung zu beginnen. Eigentlich wollte ich schon am 4. März los gewandert sein, aber wegen einer Mandelentzündung muss ich den Start um eine Woche verschieben und bleibe noch etwas länger bei Carolina und José in Bogotá. Zum Glück ist die Reiseagentur, mit der ich die Wanderung gebucht habe, völlig flexibel und ich um die Erfahrung meines ersten Telefonats auf Spanisch reicher. Allerdings frage ich wiederholt und leicht panisch nach, ob dieses Telefonat zum Verschieben der Tour ausreicht oder ich noch eine Mail schreiben solle. Irgendwann lacht mein kolumbianischer Gesprächspartner, Juan vom Wanderveranstalter Wiwa Tour in Santa Marta, nur noch und sagt mir sinngemäß, dass ich mich wegen der Terminsverschiebung doch nun bitte mal entspannen solle („Tranquila, tranquila, chica, todo está bien!“ 😆). Ich bin eben doch die eher unflexiblen Tourveranstalter aus Europa gewöhnt. Als ich am 10. März abends im Büro von Wiwa Tour stehe, bekommt Juan den nächsten Lachanfall und spiegelt mir vor, dass mit der Verschiebung etwas schief gelaufen sei. Es handelt sich aber nur um eine Ausprägung kolumbianischen Humors, denn tatsächlich kann ich die Tour am 11. März beginnen. Wie schon in Mexiko habe ich mich für einen Tourveranstalter der indigenen Bevölkerung entschieden und bin von der Organisation, der Zuverlässigkeit und der Höflichkeit der Beschäftigten wieder begeistert. Wiwa Tours ist einer der wenigen Veranstalter, der die Wanderung mit indigenen Guides anbietet. Die allermeisten Tourveranstalter in Santa Marta sind fest in den Händen kolumbianischer Familien, die bis vor ein paar Jahren im Kokainhandel verbandelt waren und es teilweise noch sind und die Wanderung als neue Einnahmequelle gefunden haben. Sollte sich jemand von Euch für die Wanderung interessieren, kann ich Euch nur empfehlen, bei einer Organisation zu buchen, die von den Indigenen betrieben wird oder zumindest mit ihnen zusammenarbeitet, damit der Nationalpark und der Lebensraum der indigenen Bevölkerung dauerhaft erhalten bleibt.

    Früh am Morgen des 11. März geht es mit einem Jeep von Santa Marta aus los in Richtung des Nationalparks Tayrona, in dem sich die Ciudad Perdida befindet. Bis zu unserem Startpunkt sind es schon gut zwei Stunden Autofahrt, nach etwa einer Stunde gibt es keine Internetverbindung mehr. Ich bin ganz schön aufgeregt, mir ist bewusst, dass die viertägige Wanderung sehr anstrengend und fordernd sein soll, zumal sie vier Tage durch den feucht-warmen Regenwald führt. Hinzukommt, dass ich seit Ende November nicht mehr wirklich Sport gemacht habe und auch davor wegen meiner Knieverletzung ziemlich eingeschränkt war. Auch habe ich auf Kuba ziemlich abgenommen und schlicht nicht mehr so viel Energie wie noch vor ein paar Wochen. Wieder einmal sind es ein paar ganz liebe, aufmunternde und bestärkende Nachrichten von Euch, die mir helfen, letztlich doch zuversichtlich in die Wanderung zu starten. Glücklicherweise habe ich eine ganz liebe und sehr lustige Wandergruppe erwischt. Marie und Marlon aus Berlin, Meg aus Japan, Adam und Andrew aus den USA, Ed und William aus London sowie ich aus dem schönen Rheinland verstehen uns auf Anhieb und wachsen in den kommenden vier Tagen zu einer Art Schicksalsgemeinschaft während der Wanderung zusammen. Begleitet werden wir von Sawa, der dem indigenen Stamm der Kogui angehört und der auf Spanisch Eliseo heißt. Ihr könnt ihn auf dem ersten Foto, an einen Stein gelehnt, sehen. Das Dorf, aus dem er ursprünglich kommt, ist vier Tageswanderungen von unserem Startpunkt entfernt. Sawa ist für seine 23 Jahre unglaublich ruhig und erfahren und macht uns während der Wanderung immer wieder auf seltene Vögel oder Pflanzenarten aufmerksam. Wenn wir zwischendurch müde werden, motiviert er uns mit traditioneller Kogui-Musik, die er von seinem Handy abspielt. Als ich ihn vorsichtig frage, ob man die Musik eventuell im Internet findet, schaut er mich vorwurfsvoll mit seinen großen, dunklen Augen an und sagt: „Astrid, por favor, estamos en Spotify!“🙄 Na klar, wie naiv von mir, natürlich kann man den Kogui-Remix auf Spotify streamen😆🙈. Neben Sawa begleitet uns auch noch Victor, der als Übersetzer bei Wiwa Tours tätig ist, denn der überwiegende Teil der Gruppe spricht kein Spanisch . Victor ist eigentlich Koch und ist vor einigen Monaten aus Venezuela nach Kolumbien geflüchtet. Da er als Koch zu wenig verdienen würde in Kolumbien, arbeitet er derzeit als Übersetzer und träumt von einer Küchenchef-Karriere in Europa. In den nächsten Tagen erfahren wir viel über die schlicht unglaubliche Situation der Menschen in Venezuela. So kann er auf unbestimmte Zeit nicht mehr in sein Heimatland einreisen, weil ihm sofort der Reisepass abgenommen würde, damit er das Land nicht mehr verlassen kann. So will die venezolanische Regierung verhindern, dass noch mehr Menschen das Land verlassen. Außerdem müssen die Venezolaner unglaublicherweise ihre Stimme bei den Präsidentschaftswahlen mit dem Fingerabdruck abgeben. Gleiches gilt für den Kauf von Reis, Linsen und anderen notwendigen Lebensmitteln. In der Konsequenz bedeutet dies, dass man keinen Reis und Linsen mehr für seine Familie bekommt, wenn man jemand anderen wählt als den aktuellen Präsidenten Maduro. Diese in meinen Augen vollkommen untragbare Situation hatte mir vor einigen Wochen auch schon eine andere Venezolanerin erzählt, die bei Carolina und José zu Besuch war, um sich bis auf Weiteres zu verabschieden. Nach mehreren Jahren als Flüchtling in Kolumbien hat sie sich entschieden, nach Venezuela zurückzukehren, um bei ihrer Familie zu sein.

    Nun aber zurück zu meiner Wanderung. Am ersten Tag wandern wir knappe vier Stunden bis in unser erstes Camp, in dem wir mit Abendessen versorgt werden und nach einem Stündchen am Lagerfeuer früh in unsere Betten fallen. Schlafen werden wir in den nächsten Tagen unter freiem Himmel oder Wellblechdächern in großen Lagern, die entweder aus Hochbetten oder Hängematten (glücklicherweise jeweils mit Fliegennetzen ausgestattet) bestehen. Geschlafen wird meist schon gegen 20 Uhr, denn dann wird der Strom in den Camps ausgeschaltet und es wird stockfinster. Geweckt werden wir morgens um kurz vor fünf, Frühstück gibt es um halb sechs und die Wanderung startet um 6 Uhr in der Frühe. Was am ersten Tag noch ungewohnt ist, wird am zweiten Tag schon zur Routine. Unterwegs werden wir nach langen Aufstiegen immer wieder mit Ananas, Orangen und Wassermelone versorgt, um den Wasser- und Energiehaushalt wieder aufzufüllen. Geschlafen habe ich übrigens überraschend gut (vor allem, nachdem ich gelernt habe, dass man in der Hängematte am besten diagonal schläft, damit der Rücken gerade ist). Während des zweiten Tages kommen wir nach und nach in das Gebiet der Indigenen. Im Nationalpark leben insgesamt vier indigene Stämme, die Wiwa, die Kogui, die Arhuacu und die Kankuamo. Von vielen Angehörigen der Indigenen wird der Tourismus im Zusammenhang mit der Wanderung zur Ciudad Perdida sehr kritisch gesehen, zumal die Ciudad Perdida ein heiliger Ort ist. Ich komme zwischendurch immer wieder ins Grübeln und frage mich, ob es die richtige Entscheidung war, die Wanderung zu machen und somit in das indigene Territorium einzudringen. Auf der anderen Seite stellt die Wanderung auch eine Einnahmequelle für die lokale Bevölkerung dar, zumindest wenn man mit einer vernünftigen Organisation bucht. In den kommenden Tagen wandern wir auf und ab durch den Regenwald und kommen immer wieder an den traditionellen Dörfern vorbei. Ich habe Euch im nächsten Post ein Bild von einem traditionellen Haus hochgeladen. Sämtliche Indigene tragen weiße Kleidung, die Frauen weiße Kleider und die Männer ebenfalls weiße Kleider mit einer weißen Hose darunter. Ihr könnt sie auf einigen Bildern sehen. Mittags kommen wir meist am Fluss oder an Wasserfällen vorbei, springen einmal ins eiskalte Wasser, um uns von der Hitze zu erfrischen und wandern danach weiter. Besonders schön fand ich die spielenden Kinder am Wasser, die ihr auf dem zweiten Foto sehen könnt. Ich fühlte mich ein bisschen an Ronja Räubertochter erinnert. Im nächsten Beitrag könnt Ihr noch ein Bild von einem der natürlichen Pools sehen, in dem wir geschwommen sind.

    Die Ciudad Perdida selbst erreichen wir am dritten Tag der Wanderung, nachdem wir insgesamt 1.250 Treppenstufen hinaufgeklettert sind. Die Verlorene Stadt ist eine riesige terrassenförmige Anlage mitten im Regenwald und ist neben Machu Picchu in Peru eine der ältesten präkolumbischen Städte Südamerikas. Auf dem vierten Bild könnt Ihr Marlon und mich sitzend auf einer der Terrassen sehen. Wir haben riesiges Glück mit dem Wetter und freuen uns über die klare Sicht in der Verlorenen Stadt. Die Stimmung ist wirklich einmalig und fast ein bisschen magisch. Noch nie zuvor war ich an einem so entlegenen Ort. Ich kann gar nicht glauben, wie früh die indigenen Völker Kolumbiens schon eine vollkommen entwickelte Stadt nebst Entwässerungssystem auf solch einem unwegsamen Gelände erschaffen haben.

    Nachdem wir die 1.250 Treppenstufen wieder hinabgestiegen sind, springen wir noch einmal in den Fluss und beginnen mit einer weiteren Übernachtung den Rückweg zum Startpunkt der Wanderung. Als wir schließlich nach vier Tagen offline wieder Internetempfang haben, überschlagen sich die Nachrichten in Sachen Coronavirus. Es ist, als hätte sich in diesen vier Tagen so ziemlich alles verändert. Wir erhalten die Nachricht, dass der Nationalpark um die Ciudad Perdida ab sofort gesperrt wird und wir eine der letzten Gruppen waren, die die Wanderung noch beginnen durften. Wir hören von geschlossenen Hostels, Stränden und Nationalparks. Meine Gastfamilie aus Bogotá, die ich eigentlich noch einmal für ein paar Tage besuchen wollte, schreibt mir, dass ich nicht mehr bei ihnen wohnen kann, weil ihnen das Risiko einer Ansteckung zu groß ist. Ich kann die rasante Entwicklung ehrlich gesagt gar nicht fassen und muss nach der Rückkehr erstmal ein paar Telefonate mit meiner Familie und einigen Freunden führen. Euch ging es ganz bestimmt ähnlich. Bis ich mich entscheide nach Hause zu kommen, wird es nur zwei Tage dauern, aber davon erzähle ich Euch ganz in Ruhe in einem eigenen Beitrag.

    Ich hoffe, es geht Euch allen erst einmal gut und die Einschränkungen des täglichen Lebens treffen Euch nicht zu hart.

    Trotz aller Umstände und gruseligen Nachrichten wünsche ich Euch allen einen guten Start in die neue Woche. Alles Liebe von Eurer Astrid😘❤️
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  • Day 84

    Bogotá, Kolumbien

    February 25, 2020 in Colombia ⋅ 🌧 19 °C

    Meine Lieben, meine persönliche „Kuba-Krise“ ist endgültig beendet 😉. Ihr wisst ja schon, dass ich gut gelandet bin in Bogotá und mittlerweile habe ich auch genügend Eindrücke und Fotos gesammelt, um sie mit Euch zu teilen.

    Der Flug von Havanna bis Bogotá dauert etwa 3,5 Stunden war ganz schön unruhig für meine Begriffe. Die Einreise verläuft vollkommen problemlos, allerdings sind die Grenzbeamten wegen des Corona-Viruses mit Mundschutz ausgestattet, weshalb ich sie, noch dazu hinter einer Glaswand, kaum verstehe. Nach zweimal Nachfragen verstehe ich endlich, dass ich herzlich Willkommen in Kolumbien geheißen werde und 90 Tage ohne Visum bleiben darf. Ohne Mundschutz kann ich das kolumbianische Spanisch ziemlich gut verstehen, nachdem mir der kubanische Dialekt in etwa so vorkam, als sei ich in einem spanischsprachigen Oberbayern gelandet. Spanisch ist für unsere Ohren ja doch ziemlich s-, c- und z-lastig, die Kubaner verzichten jedoch gefühlt auf sämtliche Zischlaute. So wird aus der Frage „Estás lista?“ („Bist Du fertig/bereit?“) auf Kuba schlicht und einfach „E ta li ta?“ und die Verwirrung ist perfekt🙈. Zumindest war sie das für mich.

    An der Gepäckausgabe (die dieses Mal außergewöhnlich schnell verläuft, Gregy dreht schon seine Runden auf dem Gepäckband und wartet sehnsüchtig auf mich) treffe ich Kaarel aus Tallin, Estland, der auch alleine in Südamerika unterwegs ist und mit dem ich erfolgreich die emsigen Taxifahrer am Flughafen verscheuche, während wir auf unser Uber warten. Als Kaarel mir zum Abschied in guter alter europäischer Manier höflich, aber distanziert die Hand gibt und mir somit nicht zu nahe kommt, könnte ich nach den vergangenen Wochen kaum dankbarer sein😆.

    Die Fahrt mit dem Uber durch die Stadt dauert gut anderthalb Stunden, der Verkehr in Bogotá ist schlicht gruselig. Ein paar Tage später lerne ich, dass man mit seinem Auto in Bogotá nur jeden zweiten Tag fahren darf. Es handelt sich hierbei um eine Maßnahme des Straßenverkehrsministeriums, um das übermäßige Verkehrsaufkommen zu steuern. An welchem Tag man fahren darf, sieht man an der letzten Ziffer des Nummernschildes - die geraden Ziffern dürfen Montags, Mittwochs und Freitags fahren, die ungeraden Ziffern Dienstags, Donnerstags und Samstags (oder umgekehrt, das weiß ich gerade nicht mehr). Sonntags dürfen jedenfalls alle fahren, die Situation wird völlig verrückt.

    In Bogotá wohne ich wieder in einer Gastfamilie, die ich über die App „Workaway“ gefunden habe. Über Workaway kann man weltweit Arbeit meist gegen Kost und Logis finden. Die meisten Angebote findet man in Schulen oder in Hostels, die Unterstützung benötigen, es gibt aber auch andere Aufgaben, zum Beispiel im handwerklichen oder landwirtschaftlichen Bereich. Als ich mir vor einigen Wochen die Angebote in Kolumbien angeschaut habe, bin ich auf die etwas ungewöhnliche Anzeige von Carolina und José gestoßen,
    die mich sofort angesprochen hat. Carolina und José sind große Deutschland-Fans, lernen seit gut drei Jahren Deutsch und verbringen jedes Jahr etwa drei Monate in Deutschland, da sie eine Wohnung in München besitzen. Über Workaway suchen sie deutsche Reisende, die mit ihnen Deutsch üben und sie ein bisschen im Haushalt oder bei handwerklichen Aufgaben unterstützen. Im Gegenzug bekommen die Reisenden ein Zimmer und Verpflegung. Ich freue mich riesig, dass ich für eine Weile bei ihnen wohnen darf und so die kolumbianische Kultur aus nächster Nähe erfahre. Carolina und José haben ein sehr hübsches Haus in einer der besten Wohngegenden Bogotás, dem Viertel Usaquen im Nordosten der Stadt.

    Witzigerweise ist José auch Anwalt und Carolina ist freie Journalistin für klassische Musik mit einer eigenen Radiosendung in Bogotá. Beide arbeiten freiberuflich von zu Hause aus - José hat sein Büro unter dem Dach und Carolina ihres im Souterrain. José ist begeisterter Birkenstock-Latschen-Träger, da fühle ich mich gleich wie zu Hause☺️.

    Die beiden sind wirklich außerordentlich gastfreundlich, die Küche ist mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt und überall blinzeln mir dm-Bioprodukte oder die 6-Kräuter-Teemischung von Meßmer aus den Regalen zu😉. Gleich am ersten Abend kocht Carolina, die auch die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, köstliche Pasta mit Tomaten und Büffelmozzarella. Nach den letzten Wochen muss ich mich wirklich zusammenreißen, nicht die ganzen Nudeln auf einmal zu verschlingen🙈😆. Auch in den nächsten Tagen lerne ich nach und nach typische kolumbianische Hausmannskost kennen, die sich interessanterweise nicht grundlegend von der traditionellen deutschen Küche unterscheidet. Häufig gibt es Hühnchen oder sehr langsam gegartes Rindfleisch mit Salat. Wie fast überall in Lateinamerika isst man hierzu sowohl Kartoffeln als auch Reis, was für uns etwas ungewöhnlich ist. Mein Lieblingsessen ist schon bald die sogenannte „Ajiaco“, eine für Bogotá typische Suppe aus vier Sorten verschiedener Kartoffeln, Hühnchen, Kapern und Kräutern.

    Da Carolina und José besondere Liebhaber der deutschen und insbesondere der bayrischen Küche sind und Carolina eine gute Metzgerei in Bogotá aufgetrieben hat, bekomme ich an einem Abend sogar bayrischen Wurstsalat und an einem anderen Abends Leberkäse mit Kartoffelsalat☺️. Den Wurstsalat und unsere kolumbianisch-deutsche WG könnt Ihr auf einem der Bilder sehen.

    Frühstück gibt es meistens auf der schönen, von Bäumen umsäumten Terrasse, wobei wir meistens von einem Kolibri beobachtet werden, der in einem der Bäume auf der Terrasse herumschwebt. Da Carolina großer Fan von Musik und Heilkunst der Hildegard von Bingen ist, taufe ich den Kolibri Hildegard. Leider ist sie sehr scheu und wollte nicht für ein Foto für Euch posieren. Falls mir doch noch ein Foto gelingt, liefere ich es Euch gerne nach☺️.

    Eigentlich möchte ich nur eine Woche bleiben, da ich am 4. März nach Santa Marta fliegen möchte, um eine fünftägige Wanderung zur „Ciudad Perdida“, der „Verlorenen Stadt“, zu unternehmen. Die Klimaanlage im Flugzeug und wahrscheinlich auch die für mich anstrengenden letzten zwei Wochen haben jedoch für eine Mandelentzündung gesorgt und so entscheide ich mich, noch eine weitere Woche bei Carolina und José zu bleiben und die Wanderung um eine Woche zu verschieben. So habe ich noch ein bisschen mehr Zeit, Bogotá und das schöne Viertel Usaquen zu erkunden. Usaquen war früher ein Dorf, das mit der Zeit eingemeindet wurde und heute zu Bogotá gehört. Tatsächlich hat man aber immernoch das Gefühl, in einem Dorf zu leben. Es gibt einen kleinen Park mit einer Kirche, den ihr auf einem der Fotos sehen könnt, viele kleine Cafés, eine Eisdiele, Blumen- und Dekoläden, Bars, Restaurants und sogar ein kleines Kino, das sehr aktuelle Filme zeigt. An einem Nachmittag gehe ich mit Carolina ins Kino und schaue „Little Women“, der auf Spanisch „Mujercitas“ heißt und den ich, besonders den Mädels unter Euch, wärmstens empfehlen kann. Von dem Kino habe ich Euch ebenfalls ein Bild gemacht. Sonntags gibt es in den Straßen und Gässchen Usaquens einen tollen Kunsthandwerkermarkt, auf den ich gleich zweimal gehe, um ein paar Mitbringsel zu besorgen.

    Carolina und José erweisen sich für mich als Glückgriff, sie integrieren mich wirklich vollkommen in ihren Alltag und stellen mich vielen ihrer Freunde vor, die oft zum Mittags- oder Abendessen vorbeischauen. Es ist für mich sehr spannend, den Gesprächen beizuwohnen und so zu lernen, was die Kolumbianer bewegt und worüber man eben so spricht. Natürlich ist das Coronavirus auch hier ein großes Thema und ich muss mehr als einmal betonen, dass ich schon seit mehr als drei Monaten nicht mehr in Deutschland war und wohl niemanden anstecken kann😆. Bei einem dieser Gespräche lerne ich, dass die Drogenkartelle auch heute nach den Zeiten Pablo Escobars noch sehr viel Macht haben. Völlig skurriler fun-fact hierzu: es gibt tatsächlich ein Problem mit den Tieren aus Pablo Escobars ehemaligem Privatzoo, da sich unter anderem Elefanten und Nilpferde fleißig vermehrt haben und den kolumbianischen Dschungel übervölkern. Das kann ich zunächst kaum glauben, aber sowohl Carolina als auch José beteuern, dass dies tatsächlich so ist.

    Da Carolina als Journalistin regelmäßig Karten für Theater- und Operaufführungen bekommt, darf ich an einem Samstagabend mit in die Oper um Mozarts „Don Giovanni“ anzuschauen. Um die Karten abzuholen, fahre ich nachmittags mit dem Fahrrad zu einer Freundin von Carolina und kann es kaum fassen, dass ich tatsächlich durch eine Metropole wie Bogotá radel, als wäre es Köln oder Düsseldorf. Die Aufführung ist sehr modern inszeniert, Don Giovanni treibt sein Unwesen in der Damenwelt ausgestattet mit Kapuzenpulli und ipad, während er sich zwischendurch eine Line Kokain zieht. Ich bin doch einigermaßen überrascht. Nicht dass ich schon zehn Inszenierungen von „Don Giovanni“ gesehen hätte (es war meine erste😆), aber ich hatte bei Mozart traditionelle Kostüme erwartet. Als ein paar Tage später der Programmdirektor der Oper bei uns zum Abendessen zu Besuch ist, weil er viel mit Carolina zusammenarbeitet, erfahre ich, dass viele Zuschauer sehr allergisch auf diesen Kokain-konsumierenden Don Giovanni reagiert haben. Viele Kolumbianer sind es verständlicherweise leid, immer wieder auf die Kokainproduktion reduziert zu werden.

    Ein paar Mal fahre ich mit dem Bus von Usaquen aus ins Zentrum Bogotás, was mir wirklich richtig gut gefällt. Wegen des Verkehrs braucht der Bus für etwa 8 km, die immer geradeaus gehen, gut und gerne 70 Minuten. Im Zentrum angekommen wird man für die Mühe jedoch belohnt, es gibt unzählige Cafés und Straßenkunst, viele Museen und ein tolles, quirliges Studentenviertel mit einem Park, in dem es streetfood und frisch gepresste Säfte zu kaufen gibt. Ganz besonders gut gefällt mir, dass Bogotá von mit dichtem Grün bewachsenen Bergen umgeben ist. Da Bogotá bereits auf 2.600 m über dem Meeresspiegel liegt, sind die Bergspitzen manchmal von Wolken verhangen, was wirklich beeindruckend aussieht. Ein besonderes Highlight ist die Fahrt mit der Seilbahn auf den Berg Monserrate. Die Aussicht auf die Stadt vom Monserrate aus habe ich versucht, Euch in dem Video aufzunehmen. Leider war der Tag etwas diesig beziehungsweise versmogt , sodass die Dimensionen der Stadt nicht ganz so sichtbar werden. Vielleicht könnt Ihr sie Euch trotzdem vorstellen ☺️.

    Trotz des Verkehrs und der Armut, die in den Straßen Bogotás durchaus sichtbar ist, fühle ich mich ausgesprochen wohl. Es gibt viele Grünflächen und ich empfinde die Kolumbianer als sehr höflich. Vor allem die jüngeren Menschen sind super-hip gekleidet, Levi’s-Jeans im 80s-Style, DocMartens-Boots oder Vans-Sneaker sind genauso beliebt wie in Berlin oder Köln. Wenn ich nach der richtigen Bushaltestelle frage, wird mir sofort geholfen und viele sprechen prima Englisch, was bisher weder in Mexiko noch in Guatemala oder Kuba der Fall war und daher sehr auffällig ist (wobei ich immer schnell darauf verweise, dass ich lieber Spanisch üben möchte, was dann gerne angenommen wird ☺️). Eine Situation im „Juan Valdez Café“, dem kolumbianischen und wirklich ganz hervorragenden Analog zu Starbucks, verliere ich einen 20.000 Pesos-Schein, was etwa 5 EUR entspricht, und während ich ihn in meiner Tasche suche, kommt eine Stundentin zu mir und bringt mir den Geldschein, den sie aus meiner Tasche hat fallen sehen. Ich freue mich riesig und kaufe ihr zum Dank einen Schokokeks, woraufhin sie sich riesig freut. Wieder einmal merke ich, dass es diese ganz kleinen Dinge sind, die darüber entscheiden, ob man sich an einem Ort wohlfühlt oder nicht.

    Die nächsten Tage werde ich noch in Carolina und Josés schönem Haus genießen, bevor ich Euch demnächst von meiner Wanderung zur „Ciudad Perdida“ berichte. Bis dahin wünsche ich Euch allen ein erholsames Wochenende und sende Euch liebste Grüße aus dem schönen und spannenden Bogotá.

    Eure Astrid😘❤️
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  • Day 83

    Havanna II, Kuba

    February 24, 2020 in Cuba ⋅ ☀️ 26 °C

    Ihr Lieben, die Fahrt von Viñales nach Havanna hat problemlos funktioniert und dieses Mal konnte ich ohne weitere Zwischenfälle die Fahrkarten buchen.

    In Havanna schlafe ich noch eine Nacht in der Wohnung von Sissi und Enrique, die ich wieder für mich alleine habe. Das Wetter ist gut und so entscheide ich mich, einen Spaziergang am Malecón entlang zu unternehmen. Der Malecón ist die 8 km lange Uferpromenade Havannas, am späten Nachmittag vor Sonnenuntergang ist das Licht besonders schön zum Fotografieren. Die ersten vier Aufnahmen sind am Malecón entstanden, wobei Ihr auf Bild Nummer 3 die von der Meeresluft zerfressenen Häuserfassade sehen könnt.

    Viel mehr schaffe ich an diesem Tag ehrlich gesagt nicht mehr, die zwei Wochen auf Kuba haben mich ganz schön geschafft und ich bin ziemlich müde. Als ich abends im Bett liege, lasse ich die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren und frage mich, wie ich Kuba wohl am besten beschreiben könnte. Dies fällt mir gar nicht so leicht, denn Kuba ist jedenfalls ganz anders, als jedes andere Land, in dem ich bisher war. Ich schaue die hellblauen, gut vier Meter hohen Decken und den Kronleuchter in meinem Zimmer an und höre, wie gleichzeitig der Fernseher der Nachbarn laut durch die dünnen Wände schallt, eine Frau auf der Straße lautstark nach irgendeinem Familienangehörigen ruft, Kinder draußen spielen, der Geruch von Autoabgasen und Zigarre findet seinen Weg durch die Holzfensterläden meiner Wohnung, ein Verkäufer auf seinem Fahrrad preist lautstark sein Angebot von Brot bis Butter an, während aus einem Oldtimer mit lautem Motor Reggaeton-Musik durch die Straße schallt. Und das ganze auch problemlos noch abends um 23 Uhr.

    Es wäre sicherlich vermessen, nach einem relativ kurzen Zeitraum von zwei Wochen über ein ganzes Land zu urteilen, von dem ich lediglich ein Fragment gesehen habe. Positiv finde ich, dass Kuba mich oft zum Staunen gebracht hat und ich gelernt habe, dass all die Möglichkeiten und Chancen, die wir in Deutschland haben, nicht selbstverständlich sind. Vieles empfinde ich nun noch deutlicher als Privileg, das es gleichermaßen zu schätzen wie zu erhalten gilt.

    Würde man mich heute jedoch fragen, ob ich gerne nach Kuba zurückkehren möchte, müsste ich die Frage mit einem klaren Nein beantworten. Als Alleinreisende habe ich mich zu oft ausgeliefert und unwohl gefühlt und bin sicherlich in mancher Hinsicht an meine Grenzen gekommen. Dabei ist mir natürlich bewusst, dass mein Empfinden subjektiv ist und die Erfahrung möglicherweise eine andere ist, wenn man als Paar reist und nicht mit dem Rucksack unterwegs ist. Da ich jedoch ausgesprochen gerne mit Gregy unterwegs bin, freue ich mich, ihn am nächsten Morgen wieder einmal zu packen und mich auf den Weg nach Kolumbien zu machen.

    Ich hoffe, es geht Euch allen gut und wünsche Euch schon einmal einen guten Start ins Wochenende 🙋🏼‍♀️🎉.

    Un beso, Eure Astrid 😘
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  • Day 80

    Valle de Viñales, Kuba

    February 21, 2020 in Cuba ⋅ ⛅ 25 °C

    Meine Lieben, nachdem ich die Städte Havanna, Trinidad und Cienfuegos besucht habe, war es Zeit für ein paar Tage im eher ländlichen Kuba. Ich habe mich für das Valle de Viñales im Nordwesten Kubas entschieden. Viñales ist gut sechs Stunden von Cienfuegos und etwa 2,5 Stunden von Havanna entfernt und berühmt für seine Tabakplantagen, die für eine ausreichende Zigarrenproduktion sorgen. Die Tabakpflanzen könnt Ihr auf einem der Fotos betrachten, es sind die knallgrünen Pflanzen mit den großen Blättern auf dem achten Bild.

    Wieder wohne ich in einem casa particular, dieses Mal bei Miriam und Ricardo, die wiederum sehr höfliche Gastgeber sind. Mein Zimmer grenzt unmittelbar an das Wohnzimmer der Familie an, wobei sich die Holztüre meines Badezimmers leider nicht verschließen lässt. Also bekommt Gregy ein neue Funktion, dieses Mal als Türsteher vor meinem Badezimmer😆. Geht auch irgendwie.

    Als ich freitags in Viñales ankomme, regnet es ziemlich stark, was sich bis Sonntag nicht ändern wird. Als der Regen etwas nachlässt, laufe ich durch das kleine Städtchen und finde eine Art Café mit eigenem Garten, in dem Gemüse angebaut wird. Überhaupt ist Viñales von der Landwirtschaft geprägt, überall sieht man Felder und Acker, die Landschaft ist grün und wirklich schön anzusehen. Vielleicht könnt Ihr es anhand der Bilder erahnen. In dem Café sprechen mich kurz nach meiner Ankunft Sarah und Salil aus London an, die ebenfalls wegen des Regens im Café gestrandet sind. Wir unterhalten uns lange, die beiden arbeiten seit Langem in der Unternehmensberatung und sind schon viel gereist in ihrem Leben. Unter anderem erzählen sie mir von ihrer Anapurna-Umrundung in Nepal, die sie vor gut zehn Jahren mit ihren beiden Söhnen unternommen haben. Da es nicht aufhört zu regnen, entschließen wir uns, zum Abendessen zu bleiben und unterhalten uns über die verschiedensten Dinge, besonders über den Brexit, den beide sehr bedauern. Am Ende des Abends laden die beiden mich zum Abendessen ein, was mir zunächst total unangenehm ist. Sie verweisen aber vehement darauf, dass ich gerade nichts verdiene und sagen, dass ich irgendwann einen Reisenden zum Essen einladen soll, wenn ich wieder arbeite. Das finde ich eine sehr schöne Idee und muss sehr an Dich auf Island denken, lieber Norbert, als Du die Backpacker im Camper mitgenommen hast☺️.

    Samstags nehme ich an einem geführten Spaziergang durch den Nationalpark teil, der tatsächlich schön anzusehen ist. Leider mündet der Spaziergang wieder einmal in einer Verkaufsveranstaltung auf einer Tabak-Farm, was mich wirklich sehr nervt. Zum Glück ist ein Paar aus den Niederlanden mit seinen beiden kleinen Kindern dabei, die sehr nett sind und mit denen die Zeit sehr schnell vergeht. Die Kinder sind erst ein und vier Jahre alt und ich bewundere die beiden sehr, dass sie ihren Urlaub mit den beiden Jungs auf Kuba verbringen. Sie erzählen mir, dass soweit alles klappt, allerdings haben sie insgesamt 90 Paar Windeln mitgebracht, da Windeln auf Kuba nur schwer zu bekommen sind. Quasi ein eigener Koffer nur für Windeln🙈. Wieder muss ich an Euch und Eure Weltreise mit Jana und Nils denken, liebe Gabi und lieber Norbert☺️.

    Sonntags habe ich endgültig genug von irgendwelchen geführten Touren und leihe mir ein Fahrrad, mit dem ich ein wenig die Gegend erkunde. Das klappt auch zunächst ganz gut, ich komme zumindest bis zum Mural de la prehistoria, das Ihr auf dem siebten Bild sehen könnt. Dort werde ich jedoch schon wieder von einem findigen Parkwächter aufgegriffen, der mir erklärt, dass man an dieser Stelle nicht alleine weiter dürfe, da es sich um Privatgrundstücke handle. Das macht für mich auch zunächst Sinn, da man tatsächlich viele Häuschen beziehungsweise Bauernhöfe sieht. Skeptisch bin ich trotzdem. Da ich jedoch ehrlich gesagt keine bessere Idee habe für den angebrochenen Tag und mir fest vorgenommen habe, weiterhin offen zu bleiben, willige ich letztlich in eine Führung zum Dorf Los Aquaticos ein, zumal die Tour umgerechnet nur etwa vier Euro kostet. Meine Skepsis wird wenig später jedoch leider bestätigt, denn an jedem zweiten Haus soll ich irgendetwas kaufen oder werde um Geld gebeten. Ich bin super-genervt und es wird nicht unbedingt besser, als wir zwei Deutsche treffen, die mir versichern, dass man natürlich alleine nach Los Aquaticos laufen darf. Ich ärgere mich, nicht über das Geld, sondern über mich selbst, weil ich nicht auf mein Bauchgefühl gehört habe. Gleichzeitig finde ich es sehr schade, dass ich weiterhin das Gefühl habe, extrem vorsichtig sein zu müssen. Den restlichen Tag bekomme ich dann irgendwie rum und freue mich ehrlich gesagt, dass es zwei Tage später nach Kolumbien geht.

    Zunächst fahre ich aber am nächsten Morgen noch für einen Tag nach Havanna, wovon ich Euch in den nächsten Tagen erzähle. Seid alle ganz lieb gegrüßt von Eurer Astrid 😘💫
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  • Day 78

    Cienfuegos, Kuba

    February 19, 2020 in Cuba ⋅ ☀️ 30 °C

    Hallo Ihr Lieben, ich sende Euch ganz herzliche Grüße aus Bogotá, wo ich seit der vergangenen Woche bin und wo es mir bisher wirklich sehr gut gefällt. Tatsächlich bin ich mit meinen Kuba-Berichten etwas in Verzug. Vielleicht ist es aber auch gar nicht schlecht, die Erlebnisse mit etwas Abstand zu betrachten. Ganz lieben Dank noch einmal für Eure lieben und klugen Nachrichten, die mich in Bezug auf meinen letzten Eintrag erreicht haben. Viele von Euch haben mir ihre Gedanken zu meinen Eindrücken geschildert, was mir sehr geholfen hat, das Erlebte noch einmal zu reflektieren und einzuordnen. So ist mir noch einmal sehr bewusst geworden, dass der Tourismus in einem Land, das derart isoliert ist und am Welthandel letztlich nicht teilnimmt, eine der wenigen Möglichkeiten ist, um vernünftiges Geld zu verdienen. Und so muss man wohl auch das Verhalten vieler Kubaner einordnen.

    Dies bestätigen mir auch meine Gastgeber Gisela und Lazaro in Cienfuegos, wo ich nach einer gut zweistündigen Busfahrt ankomme und von Gisela am Bahnhof abgeholt werde. Gisela ist eigentlich Elektroingenieurin und Lazaro ist Tierarzt, sie haben jedoch beide ihre Jobs gekündigt weil sie mit der Vermietung von Gästezimmern schlichtweg mehr verdienen. Lazaro ist einer der wenigen Kubaner, die von sich aus über die politische Situation Kubas sprechen. Von mir aus hätte ich keinen Kubaner gefragt, um niemanden in eine blöde Situation zu bringen. Kritische Äußerungen können für die Kubaner durchaus gefährlich werden, die Loyalität gegenüber der Regierung wird durch mehr oder indirekte Kontrollen durchaus überprüft. Dies bekomme ich bei Gisela und Lazaro sogar unverhofft mit, denn während ich mich in meinem Zimmer ein wenig einrichte, bekommen die beiden Besuch von zwei Damen, die sich über die Vermietung der Zimmer erkundigen. Da die Unterhaltung im Wohnzimmer stattfindet und mein Zimmer weiter hinten im Haus ist, bekomme ich nicht viel mit von dem Gespräch und gehe davon aus, dass es sich um potentielle Gäste handelt, die sich die Casa particular anschauen möchten. Erst als die beiden Damen wieder verschwunden sind und Lazaro erleichtert einen Cuba Libre aufs Haus ausgibt (natürlich im für Kuba üblichen Mischverhältnis 50/50 😆🤦🏼‍♀️), erklärt er mir, dass es sich um eine staatliche Kontrolle ihrer Casa particular gehandelt habe. Dies sei ihm in den letzten drei Jahren, in denen er Zimmer an Touristen vermietet, noch nicht passiert. Überhaupt ist er sehr offen was seine politische Meinung betrifft und fragt viel über das politische System in Deutschland, wobei er ein klarer Befürworter des Solidaritätsprinzips und der sozialen Marktwirtschaft ist. Gisela und Lazaro erweisen sich als sehr bemühte Gastgeber. Als ich ihnen von meinen Erlebnissen in Trinidad erzähle, was die Preise für Tagestouren betrifft, reagieren sie sehr bestürzt und geben ihr Bestes, damit so etwas nicht noch einmal passiert.

    An meinem ersten Tag unternehme ich einen Rundgang durch Cienfuegos, das mit etwa 150.000 Einwohnern deutlich größer ist als Trinidad. Da die Stadt seit einigen Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, sind viele der im französischen Kolonialstil erbauten Gebäude sehr gut restauriert. Zudem lerne ich, dass Cienfuegos die Geburtsstadt des kubanischen Nationalsängers Benny Moré ist. Den Herrn musste ich mir ehrlich gesagt erstmal bei YouTube anhören und kann seine Popularität nachvollziehen.
    Am frühen Abend finde ich eine Bar in der Nähe des José Martí-Parks, wo das Internet zum Glück recht zuverlässig funktioniert, und gönne mir eines meiner täglichen Käse-Sandwiches. Während ich esse, setzen sich zwei Deutsche aus Bamberg, Simone und Ralph, zu mir an den Tisch und wir unterhalten uns für eine Weile sehr gut. Sie sind mit einem Mietwagen unterwegs und erzählen mir, dass sie sich in vielerlei Hinsicht an die Gegebenheiten in der ehemaligen DDR erinnert fühlen. So muss man in Kuba in vielen Situationen den Pass zeigen, dessen Daten dann in irgendwelche Listen eingetragen werden. Die Prozedur ist meistens nervtötend langwierig, ich bin jedoch der Meinung, dass man sich eher vor den Datensammlungen von Google, Facebook & Co. Sorgen machen muss und bin deshalb höchstes irritiert wenn ich beim Kauf einer Internetkarte den Reisepass zeigen muss. Die Internetkarten waren in Cienfuegos übrigens zwischenzeitlich ausverkauft. Ich treffe jedoch vor dem Verkaufsbüro ein sehr liebes Paar aus Spanien, die mir eine ihrer Karten geben. Diese Solidarität unter den Reisenden erlebe ich in Kuba immer wieder, im Zweifel wundern sich alle über dieselben Dinge und viele können sich vorstellen, wie es ist, alleine durch Kuba zu reisen.

    Am nächsten Tag unternehme ich eine Tour in die Guanaroca-Lagune bei Cienfuegos, die mir ein Paar aus den Niederlanden empfohlen hatte. Die Lagune ist etwa 20 Minuten mit dem Auto von Cienfuegos entfernt, wobei Gisela und Lazaro das Taxi für mich organisieren. Für mich sieht es aus wie ein Klappergefährt und ich bin einigermaßen beeindruckt, dass ich trotz Tempo 120 auf der Landstraße wohlbehalten an der Lagune ankomme🙈. Die gelbe Klapperkiste könnt Ihr auf einem der Fotos sehen. Tatsächlich sehen wir in der Lagune etwa 250 Flamingos, wobei die Tour mit lediglich einer guten halben Stunde auf dem Wasser sehr kurz war und ich mir ehrlich gesagt mehr erhofft hatte. Da man nicht so nah an die Flamingos heranfahren durfte, könnt Ihr sie auf dem Foto erahnen😉.

    Auf dem Rückweg vom Ausflug zur Lagune lässt der Fahrer mich am Busbahnhof raus, damit ich meine Fahrkarten für meine Reise nach Viñales und von dort aus nach Havanna kaufen kann. Leider gab es jedoch einen Stromausfall bei der zentralen Buslinie Viazul, weshalb man auf unbestimmte Zeit keine Tickets mehr buchen kann und auf handschriftlich geführte Listen ausgewichen wird. Am Busbahnhof treffe ich einige Franzosen, mit denen ich bereits gemeinsam im Bus nach Cienfuegos gefahren bin und sie berichten mir, dass sie seit morgens früh um acht Uhr versuchen, ein Busticket zu erhalten. Auch Gisela und Lazaro sind der Meinung, dass es zu unsicher ist, sich auf die wilden handschriftlichen Listen zu verlassen und buchen mir einen Platz im Colectivo-Taxi für die sechsstündige Fahrt nach Viñales. Dies funktioniert sehr gut und erweist sich für mich als Glücksgriff, denn ich fahre gemeinsam mit Gloria und Cristian aus Medellín, Kolumbien, die mich mit allen möglichen Tipps für Kolumbien und Kontaktdaten von Familienangehörigen in Kolumbien versorgen. So habe ich gleich ein gutes Gefühl, was mein nächstes Reiseziel betrifft.

    Bevor ich Euch von Kolumbien berichte, erzähle ich Euch aber in den nächsten Tagen noch von meinem Besuch im Valle de Viñales und meinem letzten Tag in Havanna. Euch allen wünsche ich Euch einen guten und hoffentlich nicht zu kalten Start in die neue Woche. Ganz liebe und herzliche Grüße sendet Euch Eure Astrid 😘🙋🏼‍♀️
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  • Day 75

    Trinidad, Kuba

    February 16, 2020 in Cuba ⋅ ☀️ 25 °C

    Meine Lieben, nach einer gut sechsstündigen Busfahrt bin ich gut in Trinidad angekommen. Bevor es losging, musste ich am Busbahnhof in Havanna erstmal lernen, dass man sich in Kuba noch einmal einchecken und sein Gepäck aufgeben muss, bevor die Reise losgeht. Der ganze Prozess dauert je nach Reiseziel noch einmal eine gute Stunde. Während ich warte, werde ich ganz schön nervös, denn die gekauften Tickets verfallen, wenn man sich nicht mindestens eine halbe Stunde vor Abfahrt des Busses eingecheckt hat. Einmal bekomme ich mit, wie die Tickets verfallen bzw. weiterverkauft werden, obwohl die Ticketinhaber deutlich mehr als eine Stunde vor Abfahrt am check-in-Schalter angestanden haben, aber eine halbe Stunde vor Abfahrt noch nicht an der Reihe waren. Das ist mir aber zum Glück nicht passiert. Die Busfahrt funktioniert ohne Probleme und führt teilweise direkt am Meer entlang bis nach Trinidad.

    In Trinidad am Bahnhof angekommen, werden sämtliche Neuankömmlinge gleich von allen möglichen Taxifahrern und Anbietern von Unterkünften in Beschlag genommen. Ich finde es ehrlich gesagt furchtbar anstrengend, denn es ist schon kaum möglich aus dem Bus auszusteigen, weil einem so viele Plakate mit irgenwelchen Wohnungsbildern ins Gesicht gehalten werden. Da man die Unterkünfte nur selten über das Internet buchen kann, ist es in Kuba durchaus üblich, einfach in eine Stadt zu fahren und sich vor Ort mehrere Unterkünfte anzuschauen, bis man sich für eine entscheidet. Der Kampf um die Touristen ist hart. Das Vermieten von Privatunterkünften ist in Kuba noch nicht so lange erlaubt und eine gute Einnahmequelle für die Kubaner. Das Ergebnis ist leider, dass man, je nach Ort, am Busbahnhof tierisch belagert wird. In diesem Moment bin ich sehr froh, dass Sissi mir meine Unterkünfte jeweils gebucht hat und mich die jeweiligen Gastgeber am Busbahnhof in Empfang nehmen. Das klappt auch in Trinidad gut und ich kann das Durcheinander schnell hinter mir lassen. Auf dem Weg zur casa particular von Irma und Ignacio, wo ich die nächsten drei Nächte bleiben werde, fallen mir sofort die vielen Pferdekutschen in den Straßen Trinidads auf, die neben Fahrradrikschas das Fortbewegungsmittel Nummer 1 sind. Schon morgens wird man vom Hufgetrappel geweckt, wenn nicht gerade der Brotverkäufer auf seinem Fahrrad, der ab etwa 6 Uhr in der Frühe lautstark auf sein Angebot hinweist, schneller war mit dem Weckruf. Oder auch der örtliche Hahn, denn Hähne sind beliebte Haustiere in ganz Zentralamerika und ich habe mich noch nicht so richtig daran gewöhnt.

    Irma und Ignacio sind wirklich sehr höfliche Gastgeber, an meinem ersten Abend schauen wir gemeinsam eine kubanische Comedy-Sendung („Vivir del Cuento“), in der die Kubaner sich selbst und die kubanischen Verhältnisse in Sketchen aufs Korn nehmen. Der erste Sketch könnte passender nicht sein: es geht um eine kubanische Familie, die den Opa nach Santiago de Cuba, also ans andere Ende der Insel, schicken wollen, um auch noch das letzte kleine Zimmer im Haus als casa particular vermieten zu können. Da das Busticket aber mit 25 CUC einem Durchschnittsmonatseinkommen der Kubaner entspricht, ist es zu teuer und Opa soll mit dem Zug fahren. Der kommt aber niemals an und so muss sich der Tourist das Zimmer mit dem Opa teilen. Ich gucke wohl leicht erschrocken, sodass Irma und Ignacio lachend beteuern, dass ihre Eltern bereits verstorben seien und ich keine Sorge haben müsse, mein Zimmer mit dem Opa teilen zu müssen😆. Tatsächlich habe ich ein sehr sauberes Zimmer mit Bad ganz für mich alleine.

    Am nächsten Morgen erkunde ich zu Fuß und mit meiner Kamera das Städtchen. Man hat fast das Gefühl, die Zeit sei irgendwann stehengeblieben in Trinidad. Die Altstadt ist fast ausschließlich mit Kopfsteinpflaster ausgestattet und ständig wird man links und rechts von Reitern oder Kutschen überholt. Ich empfinde Trinidad als extrem touristisch und sehr anstrengend, da einem an jede Ecke irgendetwas angedreht wird. Das war in Havannas Altstadt auch so, aber da Havanna deutlich größer ist, hat man mehr Ausweichmöglichkeiten. Überhaupt empfinde ich meine Stadtspaziergänge als Alleinreisende extrem anstrengend. Der Lonely Planet für Kuba beschreibt die Situation folgendermaßen:

    „Was die persönliche Sicherheit angeht, ist Kuba für Frauen ein Traumziel. Auf den meisten Straßen kann Frau sich nachts problemlos aufhalten. Gewaltverbrechen sind selten und es wird einem freundlich Platz gemacht. Aber der kubanische Machismo hat zwei Seiten, er schützt auf der einen und verfolgt auf der anderen. Einheimische Frauen sind an die sog. Piropos (Pfiffe, Kussgeräusche und ständige Komplimente) gewöhnt und antworten vielleicht sogar darauf, wenn sie gut gelaunt sind. Für Ausländerinnen kann sich das jedoch wie eine andauernde Belagerung anfühlen. Piropos zu ignorieren ist der erste Schritt. Manchmal aber reicht das nicht, deshalb sollte man ein paar Antworten auf Spanisch parat haben.“

    Die Beschreibung der (männlichen) Autoren trifft es ganz gut, wobei ich Kuba für mich nicht als Traumziel beschreiben würde. Ich habe das Verhalten kubanischer Männer als extrem nervig empfunden. Sicher habe ich mich tatsächlich gefühlt, in dem Sinne als dass ich nicht das Gefühl hatte, irgendwo ausgeraubt zu werden. Auch hat die Ignoranz-Nummer hat meistens funktioniert (ein paar Mal habe ich sicherheitshalber einen Freund erfunden, der in der casa particular sehnsüchtig auf mich wartet 🙄), aber auch das Ignorieren ist durchaus anstrengend und hat bei mir dazu geführt, dass ich mich nicht wirklich frei gefühlt habe und mich an einigen Tagen zwingen musste, wieder rauszugehen und den Menschen eine Chance zu geben.

    Hierüber tausche ich mich an meinem ersten Tag in Trinidad nachmittags mit einer Tschechin aus, die ebenfalls alleine unterwegs ist und ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie ich. Sie beobachtet mich, wie ich in einem Café verzweifelt versuche, einen Cappuccino zu bestellen, denn eine besondere Servicementalität haben viele Kubaner nicht. Ich möchte dies nicht vollkommen verallgemeinern, ich bin ja nur für eine kurze Zeit hier, aber so habe ich das Verhalten, vorwiegend von Kellnern und Fahrkartenverkäufern an mehreren Orten erlebt und kann hier nur meine persönliche Wahrnehmung schildern. Die Reisende aus Tschechien muss total lachen, weil ich kurz davor bin, wieder zu gehen und setzt sich zu mir an den Tisch. Schließlich bekomme ich dann auch meinen Cappuccino (den ich letztlich bei verschiedenen Kellnern an der Theke bestellt habe) und wir tauschen uns über unsere Kubaerfahrungen aus. Nach kurzer Zeit schalten sich auch noch zwei Südkoreaner ein, die unserem Gespräch gelauscht haben und sich, zunächst sehr zurückhaltend, aber dann doch sehr deutlich über das Serviceverhalten beschweren, das nicht so ganz zum anschließenden und recht offensiven Trinkgeldverlangen passen will. Dieser Austausch mit anderen Reisenden wird besonders in Kuba für mich essentiell, es tut einfach gut, zu merken, dass andere Reisende verschiedene Situationen genauso oder ähnlich wahrnehmen und wenn man sich über die Erfahrungen unterhält, ist es meist nicht mehr ganz so schlimm.

    Das gilt auch für meinen zweiten Tag in Trinidad, als ich einen Reitausflug zu einem Wasserfall mit Naturschwimmbecken unternehme und auf der Tour zwei andere Deutsche, Martin und Mehmet aus München, kennenlerne. Nachdem mich der Tourveranstalter preislich tierisch über den Tisch gezogen hat und wir feststellen, dass diverse Touristen kubanische Prostituierte mit zu dem Wasserfall genommen haben und sich fleißig vergnügen, ist meine Stimmung ehrlich gesagt im Keller. Bei der Gelegenheit erfahre ich von Martin und Mehmet, dass die Prostitution tatsächlich das Thema ist, mit dem Männer, die ohne weibliche Begleitung reisen, in Kuba konfrontiert werden. Die beiden berichten mir von diversen Bar- und Clubbesuchen in Havanna, in denen es keine Minute dauerte, bis die ersten Damen an ihrer Seite auftauchten. Die beiden empfanden es als sehr anstrengend. Als ich einige Tage später jedoch einen Ausflug in Cienfuegos unternehme, treffe ich zwei deutsche Studenten, die das ganze völlig unverfänglich sehen und sich ebenfalls weibliche Begleitung für den Ausflug verschafft haben. Ich fühle mich in dem Umfeld ehrlich gesagt überhaupt nicht wohl und sehe es erst entspannter, als Martin und Mehmet mich mich Cuba Libre versorgen. Der ist hier verrückterweise häufig günstiger als Wasser.

    Nach dem Ausflug bin ich abends ehrlich gesagt am Tiefpunkt meiner bisherigen Reise angekommen. Ich fühle mich absolut unwohl und habe ständig das Gefühl, sehr gut auf mich aufpassen zu müssen, damit man nicht ständig abgezogen oder belagert wird. Hinzukommt, dass günstiges Essen nur schwer zu bekommen ist und mich dies mit meinem Backpacker-Budget sehr herausfordert. Zwar gibt es mittlerweile einige sehr vernünftige Restaurants in den Städten, die sind aber auch einigermaßen teuer, zumindest mit dem, was ich eingeplant habe. Die meisten von Euch wissen, wie gerne ich esse und so ist auch das ein Aspekt, der nicht unbedingt dazu führt, dass ich mich wohlfühle. Es war zwar klar, dass es bei einer solch langen Reise auch immer mal wieder Situationen gibt, die schwierig sind oder in denen man sich nicht ganz wohlfühlt, aber wenn man sich gerade in der Situation befindet, ist es eben nicht ganz angenehm. Zumal auch das Internet in Kuba nicht ständig verfügbar ist und ich mich so nicht immer, bei einem von Euch melden kann, wenn es mir gerade nicht so gut geht. Ohne ein paar ganz liebe und für mich sehr wichtige Nachrichten von Euch, die mich beruhigt, abgelenkt oder zum Lachen gebracht haben, hätte ich die Zeit sicher nicht so gut überstanden. Dankeschön nochmal 🥰.

    Einen Tag später geht es für mich weiter mit dem Bus in die etwa zwei Stunden entfernte Stadt Cienfuegos, wo es mir schon deutlich besser gefallen hat und auch die Erfahrungen insgesamt positiver waren für mich. Aber das erzähle ich Euch beim nächsten Mal☺️.

    Ganz liebe Grüße von Eurer Astrid😘
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  • Day 71

    Havanna, Kuba

    February 12, 2020 in Cuba ⋅ ☀️ 29 °C

    Un beso de Cuba a todos😘 Wenn ich diesen Beitrag hochlade, bin ich, wenn alles gut geht, zwar schon in Kolumbien, aber verfasst habe ich ihn in Havanna. Das mit dem Internet ist hier tatsächlich so eine Sache. Die üblichste Form der Nutzung funktioniert über Internetkarten, die man in autorisierten Geschäften kaufen kann. Eine Stunde Internet kostet 1 CUC (Cuban Convertible Peso). Der CUC ist die Touristenwährung in/auf (?😉) Kuba und ist wertmäßig an den USD gekoppelt. Für die Kubaner gibt es noch die nationale Währung, den CUP (Peso cubano oder moneda nacional), wobei ein CUC etwa 25 CUP entspricht. Ich lerne allerdings schnell, dass man im selben Verkaufsbüro täglich nur drei Internetkarten erwerben kann, manchmal sind sie auch ganz ausverkauft. Das ist mir allerdings nur einmal passiert und da hat mir ein Paar aus Spanien ganz lieb eine von seinen wertvollen Karten verkauft.
    Um das Internet nutzen zu können, geht man an bestimmte Orte mit Internetempfang, dies sind meist öffentliche Parks. Dort meldet man sich mit einem Nummerncode an und kann für eine Stunde das Internet nutzen, wobei die Verbindung ziemlich schwach ist. Für ein Lebenszeichen per WhatsApp reicht sie aber aus.

    Der Flug von Cancún nach Havanna dauert nur eine gute Stunde. Die Gepäckausgabe am Flughafen dauert dafür umso länger. Ehrlich gesagt hatte sich das schon am Schalter in Cancún abgezeichnet, meine Mitreisenden reisen mit unglaublich viel Gepäck, das Ehepaar vor mit gibt beispielsweise acht Koffer für zwei Personen auf 🙈. Meine Gastgeberin Sissi aus Havanna wird mir später erklären, dass jeder, der Familienmitglieder oder Freunde in Kuba hat, mitbringt, was er nur irgendwie transportieren kann. Fernseher, Kosmetikprodukte, Seife und Speiseöl sind derzeit besonders beliebt. Zudem steht der Valentinstag am Freitag bevor, der in Kuba groß gefeiert wird und für viele Anlass ist, seine Familie in Kuba zu besuchen. An den Gepäckbändern herrscht also Ausnahmezustand, als Gregory nach über 40 Minuten immer noch nicht auftaucht, werde ich langsam nervös und befürchte, dass er es nicht bis Havanna geschafft hat. Meine Mitreisenden sind den Kummer jedoch gewohnt und beruhigen mich, es sei bestimmt alles gut mit meinem Gepäck, hier gehe so schnell nichts verloren, es dauere nur eben seine Zeit. Sie sollen recht behalten, jedenfalls fährt Gregy kurze Zeit später auf dem Gepäckband (die hier übrigens irre schnell sind - ehe man sich versieht, ist der heiß ersehnte Rucksack an einem vorbeigefahren und man muss wieder warten 😆🙈) auf mich zu. In der Wartehalle werden wir von Sissi empfangen, in deren Wohnung ich die ersten vier Nächte wohnen werde. Zwar gibt es auch Hostels in Kuba, die üblichste Form neben Hotels sind jedoch Privatunterkünfte, sogenannte „casas particulares“. Buchen konnte ich mein Zimmer auch über Hostelworld und Sissi hatte mich vorher schon gefragt, ob sie mich vom Flughafen abholen soll. Das kostet 25 CUC und ist somit kein Schnäppchen. Da es jedoch keinen öffentlichen Nahverkehr bis zum Flughafen gibt und die nächste Bushaltestelle noch gut 3 km vom Flughafen entfernt ist, sind Taxis oder Privatfahrer quasi die einzige sinnvolle Möglichkeit, in die Innenstadt zu gelangen. Auf der Fahrt Richtung Wohnung erzählt Sissi mir, dass Benzin momentan wegen der Handelsembargos extrem knapp ist in Kuba und sie um 3 Uhr morgens aufgestanden ist, um das Auto zu tanken. Das sieht sie jedoch alles völlig gelassen, als Kubanerin ist sie an solche Aktionen gewöhnt.

    In der Altbauwohnung angekommen, bestaune ich zunächst einmal die übermäßig hohen Decken, die mindestens 4 Meter hoch sind. Ich freue mich über mein großes Zimmer mit eigenem Badezimmer. Sissi wohnt selbst nicht mehr in der Wohnung, ist jedoch hierin aufgewachsen. In der Wohnung wohne ich ganz alleine. Eigentlich hatten sich noch zwei Franzosen angekündigt, aber die tauchen dann irgendwie doch nicht auf. Sissi ist daran gewöhnt, dass ihre Unterkunft zunächst gebucht wird und dann die Leute nicht kommen. Mit deutschen Touristen hat sie diese Erfahrung jedoch erst selten gemacht, weshalb sie gerne Deutsche beherbergt und mich bittet, die Bewertung bei Hostelworld auf Deutsch zu verfassen und ein bisschen Werbung zu machen. Ihrem Wunsch bin ich gerne nachgekommen, denn ich fühle mich wirklich wohl bei Sissi. Morgens kommt sie, häufig begleitet von ihrem Mann Enrique, und bereitet ein leckeres Frühstück vor. Es gibt Früchte, Omelette mit Zwiebeln und Tomaten, Käse, Brot und mein persönliches Highlight ist Sissis selbstgemachte Platano-Marmelade. Überhaupt erweist sich Sissi als Glücksgriff für mich in Kuba. Sie ist gut vernetzt mit anderen casas particulares und organisiert mir per Telefon meine nächsten Unterkünfte in Trinidad, Cienfuegos und Viñales. Außerdem erklärt sie mir alles, was ich über Havanna wissen muss und bringt mich morgens immer mit dem Auto an irgendeinen Ort, von dem aus ich gut in meine tägliche Erkundungstour starten kann.

    An meinem ersten Vormittag bringt sie mich zur Busstation, von wo aus die Viazul-Busse in die meisten größeren Städte Kubas starten. Als ich aussteige ahne ich noch nicht, dass ich quasi den ganzen Vormittag hier verbringen werde. Der Fahrkartenkauf ist in Kuba alles andere als eine schnelle Angelegenheit. Vor mir warten noch etwa 20 Leute und ich lerne schnell, dass man immer fragen muss, wer der letzte in der Reihe ist (Quién es el ultimo?) und sich dann an dieser Person orientiert. Wie bei allen möglichen Gelegenheiten muss man in Kuba beim Kauf des Bustickets den Pass vorzeigen und sämtliche Reisewünsche werden, höflich ausgedrückt, äußerst gemächlich bearbeitet. Auch die Pausenzeiten werden sehr genau eingehalten und das Quätschchen mit der Kollegin hat Vorrang vor sämtlichen Reisewünschen, während ein weiterer Kollege mit besonderer Sorgfalt die Fensterscheiben des Verkaufsbüros poliert. Die Kubaner, und witzigerweise auch einige russische Touristen, sehen die Szenerie völlig entspannt, nur die Europäer scharren nervös mit den Flipflops😆. Geschlagene zwei Stunden und einige gleichsam witzige wie analytische Gespräche mit meinen Mitwartenden weiter, habe ich aber meine Bustickets gebucht und laufe einige Straßen weiter bis zur Plaza de la Revolución, wo sich der Sitz der Kubanischen Regierung und einige Ministerien befinden. Auf der Außenfassade des Ministerio del Interior befindet sich eine Wandmalerei mit einem Portrait von Che Guevara (natürlich nebst Schlachtruf „Hasta la victoria siempre“😉) und auf der Fassade des Telekommunikationsgebäudes kann man ein ähnliches Bild vom Revolutionsführer Camilo Cienfuegos betrachten. Ihr könnt die Herren Revolutionäre auf einem der Fotos bewundern😉.

    Auf der Plaza de la Revolución gibt es außerdem einen Aussichtsturm, von dem aus man eine prima Sicht über Havanna hat. Als ich wieder Boden unter den Füßen habe, laufe ich kreuz und quer durch die Stadt, unter anderem am Hotel Habana Libre vorbei, das 1959 von Castros Revolutionären beschlagnahmt wurde. Während der ersten Revolutionsmonate regierte Fidel das Land von seiner Suite im 23. Stock des Hotels aus.

    Ganz in der Nähe finde ich ein Kino, das abends den Film „Parasites“, der in der vergangenen Woche als bester Film mit dem Oskar ausgezeichnet wurde, und beschließe, ihn mir abends anzuschauen. Es wird ein ziemliches Filmerlebnis, denn das Kino ist aus den 60er Jahren und scheint sich seitdem nicht wesentlich verändert zu haben. Der Film wird in koreanischer Originalfassung mit spanischen Untertiteln gezeigt und ich lerne, dass Kubaner bei besonders guten oder lustigen Szenen sowie nach dem Film im Kino gerne klatschen. Interessant😆.

    Freitags ist Valentinstag, der tatsächlich ein großes Ding ist in Kuba. Schon morgens in der Küche werde ich fröhlich von Sissi und Enrique empfangen, die mich zum „Día de San Valentín“ beglückwünschen und mir erst einmal beibringen, dass der Valentinstag in Kuba nicht nur der Tag der Liebe, sondern auch der Freundschaft ist. Nach dem Frühstück laufe ich mit meiner Kamera durch die Stadt und lerne, dass man sich permanent auf der Straße zum Valentinstag beglückwünscht, auch unter völlig Fremden.

    Nachmittags beschließe ich, einen Supermarkt aufzusuchen, um mich mit Wasser zu versorgen und abends zu Hause etwas zu kochen. Das Vorhaben erweist sich als nicht allzu einfach, da es in Kuba fast keine Supermärkte gibt, in denen man alles für eine Mahlzeit bekommt. Zwar finde ich Spaghetti und Wasser im Supermarkt, muss dann aber gut 1,5h an der Kasse anstehen, um zu bezahlen. Wieder kommt man mit den Mitwartenden ins Gespräch, alle beteuern mir, dass dies völlig normal sei. Am Ausgang werde ich dann noch einmal kontrolliert, ob ich denn auch bezahlt habe. Einen kleinen Eindruck vom Supermarkt-Erlebnis habe ich Euch auf einem der Bilder festgehalten. Typischerweise gibt es das gleiche Produkt x-fach oder überhaupt nicht, z.B. 500 Dosen Sardinen derselben Marke. Dann geht man einen Gang weiter und findet 500 Packungen Spaghetti. Wieder einen Gang weiter gibt es dann 500 Flaschen der gleichen Sorte Essig. Zwischendurch sind die Regale auch einfach leer, weil es das jeweilige Produkt zur Zeit nicht gibt. Auch wenn in unseren Supermärkten sicherlich eine Überversorgung herrscht und man nicht zwischen 70 verschiedenen Nudelsorten mit oder ohne Ei, aus Weizen, Vollkorn, Emmer, Linsen oder Kichererbsen wählen können muss, lerne ich unseren Aldi oder Rewe doch sehr zu schätzen.
    Gemüse finde ich dann an einem Stand auf der Straße und mir schwant so langsam, dass Sissi wahrscheinlich stundenlang in irgendwelchen Schlangen angestanden hat, um mir ein derart abwechslungsreiches Frühstück zu zaubern und weiß es einmal mehr zu schätzen.

    Einen Abend verbringe ich im Gran Teatro de la Habana und schaue mir mehrere kürzere Aufführungen des Ballet Nacional de Cuba an, unter anderem „Le Papillon“ von Jacques Offenbach. Ich habe nun wirklich keine Ahnung von Ballett, aber Sissi hat es mir wärmstes empfohlen und tatsächlich bin ich tief beeindruckt von dem schönen Gebäude und den Auftritten des Staatsballetts. Das Gran Teatro könnt Ihr auf dem zweiten Foto sehen, zumindest die Innenansicht.

    Das Gran Teatro befindet sich in der Altstadt Havannas, in La Habana Vieja. Dort besuche ich außerdem das Museo Nacional de Bellas Artes, das aus einem Gebäude mit Kubanischer Kunst und einem weiteren Gebäude mit Internationaler Kunst besteht, wobei mir die Kubanische Kunst deutlich besser gefällt. Ansonsten meide ich Habana Vieja ehrlich gesagt, es ist mir einfach zu anstrengend. Zwar sind viele Häuser dort deutlich besser restauriert als in den Vierteln Habana Centro und Vedado, als Touristin hat man dort aber keine Sekunde Ruhe, weil einem alle paar Meter etwas Neues angedreht wird. Von Oldtimer-Tour bis Restaurant-Besuch mit kubanischer Musikuntermalung ist alles im Angebot dabei. Die effektivste Abwimmel-Strategie war für mich die Behauptung, ich sei Studentin in Kuba. Dann gingen die findigen Verkäufer davon aus, dass ich das gesamte Touriprogramm schon kenne und ließen mich ziehen.

    Sonntagmorgens bringt Enrique mich mit dem Auto zum Busbahnhof, von wo aus ich mit dem Überlandbus nach Trinidad aufbreche. Der Check-in-Prozess ähnelt demjenigen am Flughafen, man muss mindestens eine Stunde vorher dort sein, eine halbe Stunde vor Abfahrt verfallen die mühsam erstandenen Bustickets. Ihr seht, die Kundenzufriedenheit wird groß geschrieben in Kuba🙈😉. Ich schaffe es aber rechtzeitig einzuchecken und bin kurz darauf auf dem Weg nach Trinidad. Wie es mir dort gefallen hat, könnt Ihr in meinem nächsten Beitrag lesen☺️.

    Bis dahin sende ich Euch ganz liebe Grüße! Eure Astrid😘
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  • Day 65

    Bacalar, Valladolid & Cancún, Mexico

    February 6, 2020 in Mexico ⋅ ☀️ 30 °C

    Ihr Lieben, morgen früh steht mein Flug nach Kuba an und ich bin ganz schön aufgeregt. Über Kuba habe ich ganz unterschiedliche Meinungen gehört und tatsächlich macht mich die sozialistische Internetverbindung etwas nervös😉. Es ist einfach so, dass ein Großteil meiner Reise über das Internet läuft, so buche ich zum Beispiel meine Hostels mit zwei Klicks über die App Hostelworld und kann sie bis zu 24 Stunden vor Reiseantritt wieder stornieren. Auch die Busfahrten kann man, zumindest in Mexiko, einfach über Apps buchen. Das Reisen ist also ziemlich einfach dank des Smartphones. Zum Glück gibt es über die App Maps.me prima offline-Karten, auch für Kuba. Ich werde also schonmal nicht verloren gehen. Und außerdem soll sich auch nicht zu viel Routine beim Reisen einschleichen. Jaaa, Mami, Papa, Achim, Marina und Uwe, Beate und Helmut, Gabi und Norbert - ich kann Euch gerade förmlich grinsen sehen😆. Ihr habt das früher auch ganz prima hinbekommen und ich werde auch ohne das liebe Smartphone ganz hervorragend reisen.

    Kurz vor Abflug erzähle ich Euch aber noch kurz, wie meine letzten Tage in Mexiko waren. Ich habe mich für die Fähre von Caye Caulker aus nach Chetumal, Mexiko entschieden, was deutlich schneller und praktischer funktioniert als die Einreise über den Landweg. In Chetumal angekommen, wird erstmal unser Gepäck von einem halb-interessierten Marinehund inspiziert, Ihr könnt es auf dem Foto sehen. Er findet nichts, entweder weil nichts zu finden ist oder weil er bestochen wurde, wer weiß das schon😉.

    Von Chetumal aus nehme ich ein Colectivo-Taxi, also einen Kleinbus, den man sich mit Mehreren teilt, bis nach Bacalar. Bacalar liegt an einer Lagune, deren Wasser so türkis und blau ist, dass man glaubt, man sei am Meer. Tatsächlich ist es aber Süßwasser und man kann prima darin schwimmen oder Kanufahren. Ihr könnt die Lagune auf dem dritten Foto sehen. Viel los ist in Bacalar ansonsten nicht, aber ich finde ein hübsches Café (mit einem super hippen Hummus-Falafel-Cappuccino-Smoothie-Angebot, die Yucatán ist eindeutig der Touri-Hotspot Mexikos 😉) und komme endlich dazu, ein bisschen in meinem Spanisch-Übungsbuch zu wiederholen, das ich in der Sprachschule bekommen habe.

    Von Bacalar aus fahre ich nach zwei Nächten weiter nach Valladolid, was weiter nördlich, ebenfalls auf der Halbinsel Yucatán liegt und der Startpunkt zu einigen Cenoten und vor allem zu den Ruinenstätten von Chichén Itzá ist. Nach einigem Überlegen entscheide ich mich gegen einen Besuch von Chichén Itzá. Sie sollen unglaublich überlaufen sein und sind ziemlich teuer. Zudem war ich bereits in Teotihuacán, Monte Albán und Tikal und meine, einen ganz guten Einblick in die Ruinenstätten Zentralamerikas bekommen zu haben. So zieht ein Teil der Sieben Weltwunder unbesichtigt an mir vorbei. Vielleicht bereue ich es irgendwann, aber man kann nicht alles haben.

    In einer Cenote zu schwimmen möchte ich mir jedoch nicht entgehen lassen und so leihe ich mir im Hostel ein Fahrrad und fahre zu einer der vielen Cenoten in der Nähe von Valladolid. Keine Sorge, Mami, ich habe Deine Stimme im Kopf gehabt und bin im mexikanischen Straßenverkehr mit Helm gefahren😉😘❤️. Cenoten sind ähnlich wie Höhlen, die teilweise bewachsen sind und in denen man prima schwimmen kann. Auf der Yucatán gibt es viele verschiedene Cenoten, in anderen Teilen Mexikos findet man sie so dann und wann. Ihr könnt die Cenote unten auf dem ersten Bild sehen.

    Valladolid selbst ist ein hübsches und sehr ruhiges Kolonialstädchen mit schönen Geschäften und netten Sträßchen. Hier lässt es sich durchaus eine Weile aushalten. Für mich geht es nach drei Nächten aber weiter nach Cancún, von wo aus ich morgen früh nach Kuba fliege. Ich habe Cancún einzig und allein aufgrund des günstigen Fluges gewählt, ansonsten würde ich hier keine Zeit verbringen wollen. Es ist die absolute Touri-Hochburg mit einer endlosen Reihe an Hotelburgen, Shoppingmalls, Fastfoodrestaurants und Steakhäusern, alles vollkommen amerikanisiert. Es ist sicherlich Geschmacksache, aber da ich nun nicht wirklich mit Hotelurlauben groß geworden bin, ist es nicht so meine Welt. Ich will dem ganzen aber doch eine Chance geben und laufe zum Hafen, um den Strand zu suchen. Das Vorhaben erweist sich jedoch als schwieriger als gedacht, denn die meisten Strände sind nur über Hotels zugänglich. Ich frage eine mexikanische Familie, die mir laufend entgegenkommt und sie empfehlen mir, den Bus bis zur Playa de Delfinos zu nehmen. Sie bringen mich noch zur Bushaltestelle und so fahre ich 20 Minuten an unendlichen Hotelburgen vorbei bis zum öffentlichen Playa de Delfinos, der tatsächlich richtig schön ist. Schneeweißer Sand und türkisblaues Meer. Ich habe Euch ein Foto gemacht, es ist das Vorletzte in der Reihe☺️.

    Nun heißt es für mich aber Rucksackpacken und früh ins Bett, denn mein Flug geht schon morgens um 8 Uhr. In den nächsten beiden Wochen wird es hier also etwas ruhiger, da ich vermutlich erst in Kolumbien wieder ausreichendes Internet haben werde, um die Berichte und Fotos hochzuladen. Am 25. Februar fliege ich von Havanna aus nach Bogotá, worauf ich auch schon sehr gespannt bin. Ursprünglich wollte ich noch nach Honduras und Nicaragua. Die beiden Länder habe ich für diese Reise jedoch gestrichen, da sie schlichtweg zu schwer und teuer zu erreichen sind. Die Busfahrten dauern sehr lange und Flüge waren unfassbar teuer. Der günstigste Flug zB von Managua nach Bogotá hätte mich knapp 300 Eur gekostet, allerdings hätte ich über Fort Lauderdale, Florida fliegen müssen und die ganze Aktion hätte über 20 Stunden gedauert. Also stehen Honduras und Nicaragua weiter auf meiner Reiseliste 😉.

    Nun begebe ich mich aber erstmal ins digital detox 😆 und melde mich wieder Ende Februar bei Euch. Seid alle ganz lieb gegrüßt von Eurer Astrid😘
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