culture, jungle and streetfood

January - March 2024
Bikepacking tour through Southeast Asia. Read more
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  • Day 16

    Schwitzen im Mekongdelta

    February 3 in Vietnam ⋅ ☀️ 33 °C

    Im Mekongdelta fühlte sich alles, was Vietnam auszeichnet, noch intensiver an: Die Gerüche, die Geräuschkulisse, die Hitze und Luftfeuchtigkeit aber auch die Herzlichkeit der Menschen.

    Der Shuttletransfer von Phan Thiết nach Vĩnh Long dauerte länger als geplant. Aufgrund eines Missverständnisses zwischen einem Mittelsmann und dem Fahrer, fuhren wir erst gegen neun Uhr los. Der Verkehr war dicht und alleine für die knapp 80 Kilometer lange Umfahrung von Ho-Chi-Minh-City benötigten wir fast drei Stunden.

    Mein Fahrer war sichtlich genervt und die Hupe war im Dauereinsatz. Mich störte dies wenig. Erleichtert darüber, mir den Stress mit dem Velo nicht angetan zu haben, genoss ich den Stau bisweilen sogar. Nur schon aus der Stadt herauszufinden, glich einem Kunststück. Nach geschlagenen fünfeinhalb Stunden erreichten wir den von mir gesetzten Drop-off-Punkt bei einem chinesischen Tempel. Ab hier radelte ich nochmals 65 Kilometer bis nach Long Xuyên, eine wenig anschauliche Grossstadt im westlichen Mekongdelta.

    Mitten am Nachmittag loszuradeln war alles andere als optimal. Die Hitze war erdrückend und die hohe Luftfeuchtigkeit sorgte innert Minuten für ein klitschnasses Radtrikot. Hinzu kamen die Abgase der Töffs, Roller und Lastwagen. Glücklicherweise konnte ich eine Zeit lang auf Nebenstrassen ausweichen und durch kleinere Ortschaften radeln. Noch vor Sonnenuntergang erreichte ich so die Fähre von Phà Vàm Cõng. Vom gegenüberliegenden Flussufer war es nicht mehr weit bis zur Stadtgrenze.

    Am nächsten Morgen schwang ich mich bereits kurz nach sieben Uhr aufs Rad. Ich hatte am Vorabend beschlossen, in einem Tag die 130 Kilometer nach Hà Tiên zu radeln. Um dem Grenzverkehr etwas zu entkommen, führte die Route mehrheitlich über Nebenstrassen. So konnte ich nochmals durch weitläufige Reisfelder radeln und entlang der Kanäle den regen Schiffsverkehr bestaunen.

    Die Streckenwahl hatte sich gelohnt. Es gab kaum Lastwagen und ich fuhr durch eine entspannte Gegend mit kleinen Dörfern, schön gepflegten Feldern und vielen Gotteshäusern. In Südvietnam scheinen verschiedene Religionen seit Jarhunderten friedlich nebeneinander existieren zu können. Es gab vergoldete Pagoden, reich verzierte chinesische Tempel, katholische Kirchen und Versammlungshäuser der Cao Dai. Das ist eine Art Super-Religion mit etwa drei Millionen Gläubigen. Der Caodaismus wurde erst im letzten Jahrhundert gegründet und bedient sich Elementen verschiedener Religionen. Die Tempel gleichen einem Mischmasch aus Pagode und Kathedrale. Verehrt werden neben Konfuzius, Buddha und Jesus auch Isaac Newton und Victor Hugo.

    In ihren Bann gezogen hatten mich aber vor allem die schwerbeladenen Lastschiffe, welche die Kanäle friedlich rauf und runter tuckerten. Sie waren mit allerlei Baumaterialien und Handelsware beladen. Teilweise mussten die Kapitäne zuoberst auf der Ladung sitzen und das Schiff über eine mehrere Meter lange Lenkstange steuern. Die Schiffe sind Wohn- und Arbeitsort zugleich. In der kleinen Kabine drängen sich ganze Familien. Es wird gekocht, gewaschen und gespielt, manchmal sogar Vieh mitgeführt.

    Noch vor der nachmittäglichen Hitze traf ich in Hà Tiên ein. Dank Rückenwind sass ich nur gerade fünfeinhalb Stunden im Sattel. Zur Feier des Tages bestellte ich mir in einem kleinen Restaurant einen Vegi-Feuertopf. Mit der vietnamesischen Küche konnte ich mich nämlich bis zum Schluss nicht so recht anfreunden. Deshalb verzichtete ich nun auch beim Fondue Chinoise auf Fleisch und tunkte stattdessen Frühlingszwiebeln, Broccoli und Pak Choi in der siedenden Brühe.
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  • Day 17

    Raus aus dem Chaos

    February 4 in Vietnam ⋅ ⛅ 30 °C

    Fünfzehn Tage lang bin ich durch Vietnam geradelt. Insgesamt kamen so knapp eintausend Kilometer, mindestens so viele schöne Momente und schweisstreibende Minuten zusammen.

    Es war ein Wechselbad der Gefühle. In Hội An verzweifelte ich fast beim zusammenbauen des Velos, nachdem der Mechaniker dieses in Christchurch feinsäuberlich zerlegt hatte. In Quy Nhơn fand ich endlich zwei Jungs, die mir die Gangschaltung justieren und die Kassette behelfsmässig reparieren konnten.

    Beim allabendlichen Streifzug durch die vietnamesischen Streetfood-Stände roch es zwar immer köstlich, zu einer Bestellung konnte ich dann aber doch nicht durchringen. Zu viele Fleischstände mit Rinderzungen, Schweinsköpfen und Hühnerfüssen lagen an meiner Strecke. Die Auslage oftmals der Sonne und den Abgasen ausgesetzt, gingen mir diese Bilder bei der Futtersuche wie ein Film immer wieder durch den Kopf. So wurde Fried Morning Glory zu meinem Standardmenü, mal mit Reis und mal mit Nudeln als Beilage. Dazu Meeresfrüchte in allen Variationen. Warum mich das Meeresgetier nicht ebenso ekelte, kann ich nicht sagen. Vielleicht lag es daran, dass dieses oft frischer wirkte und im Falle der Muscheln und Krabben bis kurz vor dem Verzehr in grossen Bottichen gehalten wurde.

    Jedenfalls gelang es mir in Vietnam nicht, meinen Energiehaushalt vernünftig zu regulieren. Ich hatte permanent Hunger und trotzdem Lust auf nichts. Als Frühstück und Mittagessen dienten mir Bananen, Orangen, Kokosnüsse und Brot. Bei so viel Sport war dies aber definitiv zu wenig. In Kombination mit der Hitze fühlte ich mich deshalb oft schlapp und schlief fast neun Stunden pro Tag.

    Trotz mehrspurigen Strassen, einem nicht enden wollenden Strom von Verkehrsteilnehmern und viel Gehupe, fand ich mich in Vietnams Strassenverkehr gut zurecht. Ich fühlte mich sogar wohler als auf den neuseeländischen Highways. Und sicherer. Der dichte Verkehr hat auch eine gute Seite: Es gibt kaum Raser. Alle sind sich an langsame Verkehrsteilnehmer gewohnt und nehmen Rücksicht.

    In Vietnam ist es überall laut. Der Lärm beginnt mit dem ersten kümmerlichen Krächzen der vielen Hähne und endet nachts um drei, wenn die Hunderudel um ihre Reviere kämpfen. Dazwischen die permanente Geräuschkulisse des Strassenverkehrs, laute Marktschreier, das Dröhnen der Schiffschrauben und der Baumaschinen und der wohl schlimmste Krachmacher von allen: die Karaokebars.

    Ich konnte noch so abgelegen unterwegs sein. Es gab immer irgendwo einen Grund zum feiern und einen Nachbarn mit einer mobilen Discoanlage. So floss das Bier manchmal schon am späten Vormittag in Strömen und ich durfte mich über die schrägen Klänge freuen. Meine Hotels suchte ich deshalb nicht nach Sauberkeit und Einrichtung, sondern nach der Distanz zur nächstgelegenen Karaokebar aus🤣.

    So viel Reizüberflutung macht müde. Nicht körperlich, aber mental. Ich war deshalb froh, von Hà Tiên aus nach Kambodscha einzureisen. Kurioserweise war die Ausreise aus Vietnam mühsamer als die Einreise in Kambodscha. Alles Gepäck wollte der Zöllner sorgfältig röntgen, bevor ich das Land verliess. Nach einer kurzen Fahrt durchs Niemandsland traf ich beim kambodschanischen Grenzposten auf weitere Radreisende aus Deutschland. Daniel und Melli sind seit viereinhalb Jahren (!) unterwegs. Sie fuhren bereits ihre zweiten Velos und waren zuletzt zwei Jahre lang in Pakistan, Indien und Nepal am radeln.

    Nach so vielen Jahren auf "Wanderschaft" sind die beiden mit allen Wassern gewaschen. Daniel las dem Zöllner die Leviten, als ihn dieser bei den Visagebühren übers Ohr hauen wollte. Auch dem Grenzwächter beim Schlagbaum erteilte er eine Schmiergeldabsage. Davon profitierte ich, als ich an die Reihe kam. Die eingeschüchterten Zöllner probierten ihr Glück bei mir gar nicht erst einmal.

    Zusammen mit Daniel und Melli radelte ich ins beschauliche Kep, wo ich ein Bungalow in einem kleinen Garten angemietet hatte. Am späteren Nachmittag traf ich die beiden bei ihrem Nachtlager. Bei kühlem Bier und frischen Kokosnüssen tauschten wir Reisegeschichten aus und hatten viel zu lachen. Die beiden dürfen warhaftig grossartige Abenteuer erleben und ihre Bescheidenheit hat mich tief beeindruckt.
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  • Day 19

    Wo der Pfeffer wächst

    February 6 in Cambodia ⋅ ⛅ 32 °C

    Die fruchtbare Küstenregion rund um Kep und Kampot ist bekannt für die Pfefferproduktion. Feinschmeckerinnen und Sterneköche rund um den Globus schwören auf den edlen Kampot-Pfeffer, den es in unterschiedlichen Varianten zu kaufen gibt. Der Besuch einer Pfeffer-Farm war somit naheliegend und ich war gespannt darauf, beim Testing meine Geschmacksknospen herauszufordern.

    Für den Ausflug heuerte ich einen der vielen Tuk-Tuk-Fahrer an. Seit der Corona-Pandemie hat sich der Tourismus in Kep nicht mehr erholt. Viele Einheimische haben deshalb einen substanziellen Teil ihres Einkommens verloren und buhlen nun um die Aufmerksamkeit der wenigen Touristen.

    Im Gegensatz dazu laufen überall Investitionen in Millionenhöhe ins Leere. Dutzende von hässlichen Bauruinen säumen die Küste, ganze Hügel werden abgetragen und Mangrovenwälder unwiderbringlich zerstört. Laut Insidern stehen hinter diesen Immobilienprojekten vor allem chinesische Investoren, welche damit im grossen Stil Geld waschen. Gesetze und Regeln sind praktisch inexistent. Solange die Behörden und lokalen Politiker fürstlich beteiligt werden, wird dieser Raubbau an der Natur weiter gehen. Dafür steht nun in manchen Hofeinfahrten ein neuer Lexus. Die Dichte an Luxuskarrossen in Phnom Penh soll sogar jene in mitteleuropäischen Grossstädten übertreffen.

    Die Fahrt zur Farm führte zuerst entlang der Hauptstrasse. Auf einem Einachser lieferte ein Schreiner seine Ware aus und junge Novizen sammelten bei ihrem allmorgendlichen Bittgang Lebensmittel für ihr Kloster ein. An einer belebten Ecke bog der Fahrer auf eine Staubpiste ab. Über Stock und Stein ging es nun durch kleine Siedlungen. Marktfrauen boten ihre Ware an kleinen Ständen an und auf den Kohlegrills brutzelten bereits Fische, Hühnerschenkel und Fleischspiesse. Ich genoss es, das dörfliche Leben zu beobachten.

    Bei der Pfefferfarm erwartete mich die übliche Touri-Führung. Wir besuchten ein Pfefferfeld, die Trocknungsanlage und erhielten Informationen zum Produktionsprozess. Obschon in französischem Besitz, ist "La Plantation" fest in der Dorfgemeinschaft verankert. Rund 40 Prozent des Erlöses geht an Bildungs- und Infrastrukturprojekte. Das ist lobenswert und zeigt, dass ausländische Investitionen auch nachhaltig sein können. Anschliessend gab es ein Tasting, bei welchem wir die Aromen der unterschiedlichen Pfeffersorten herausschmecken konnten. Tatsächlich gab es hier grosse Unterschiede und beim Gang durch den Shop langte ich kräftig zu😎.
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  • Day 20

    Radreisende unter sich

    February 7 in Cambodia ⋅ ⛅ 30 °C

    Wie jede Community, sind auch Radreisende gut vernetzt. Es gibt zahlreiche Foren, Facebook-Gruppen und Blogs. Einigen folge ich als Leser, an anderen beteilige ich mich aktiv. Zu jeder Frage gibt es hilfreiche Antworten. Reiserouten werden rege diskutiert und Eindrücke miteinander geteilt. Das ist für mich nützlicher als jeder Reiseführer. Und aktueller.

    Wenn man solche Internet-Freunde dann auch im echten Leben trifft, ist dies immer ein speziell schöner Moment. Mit Michel stand ich schon über eine Woche in Kontakt. Er radelt mit seiner Frau Karin eine ähnliche Route wie ich, einfach in entgegengesetzter Richtung. Währendessen ich an Informationen zum Strassenzustand in Kambodscha interessiert war, suchte er nach Himweisen rund um das Tết-Festival in Vietnam.

    Verabredet hatten wir uns nicht. Aber Michel wusste, dass ich gegen Mittag aus Kep eintreffen würde. Und wie das so ist, treffen sich Radreisende beim lokalen Velomech. Michel musste eine Speiche ersetzen lassen und ich fand zu meinem Erstaunen alle Ersatzteile, welche ich bereits in Vietnam überall suchte: Kassette, Ersatzkette, Bremsbeläge. Nachdem meine Suche in Grosstädten wie Nha Trang und Quy Nhơn erfolglos blieb, wurde ich hier endlich fündig.

    Sofort fingen wir an Geschichten auszutauschen und Michel lud mich spontan zum Mittagessen ein. Er und Karin sind Abenteurer der ersten Stunde. Sie sind schon einmal mehrere Monate durch Südostasien geradelt, haben Afrika bereist und mit dem Unimog den Sahel erkundet. Michel war vor seiner Pensionierung zudem Jahre lang für die UNO in Zentralafrika tätig und dort viel mit dem Motorrad unterwegs. Auch Karins Familie mag es sportlich. Erst kürzlich hat ihr Sohn die "Great Divide Tour" mit dem Mountain Bike absolviert.

    Bis in den frühen Nachmittag sassen wir zusammen, lachten und diskutierten. Ich genoss es, den Erzählungen von Karin und Michel zu lauschen. Ihre Geschichten und ihr Blick auf die Welt sind inspirierend. Ich bin mir sicher, dass viele weitere Abenteuer auf die beiden warten. Auch mit Mitte sechzig respektive siebzig sind beide noch immer topfit und schmieden fleissig neue Reiseprojekte.
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  • Day 21

    Abendstimmung auf dem Kampot River

    February 8 in Cambodia ⋅ ⛅ 30 °C

    Das einstmals für seine französische Architektur bekannte Kampot hat leider viel von seiner Schönheit und Beschaulichkeit eingebüsst. Seit in Sihanoukville chinesische Investoren das Zepter übernommen haben, hat sich der dortige Tourismus mit billigen Bars, komischen Käuzen und einschlägigen Etablissements hierhin verlegt.

    Tagsüber bleibt die Stadt zwar ein vergleichsweise ruhiges Nest, dafür ist abends der Teufel los. Nach einer schlaflosen Nacht zog ich es deshalb vor, meine Unterkunft vom Stadtzentrum an das Ufer des Kampot-Flusses zu verlegen. Dank dem Tipp von Karin und Michel habe ich im "Les Manguiers" ein ruhiges Zimmer in einem echten Khmer-Pfahlhaus gefunden.

    Vom "Les Manguiers" aus buchte ich eine Sonnenuntergangsfahrt mit dem Langboot. Während die Fischer mit ihren alten Kuttern in Richtung Mündung tuckerten, fuhren wir gemütlich flussaufwärts. Tet, der Kapitän, gab Auskunft über die Landschaft und die Natur. Vor allem das Westufer war stark verbaut. Luxusressorts wechselten sich ab mit Instagram-tauglichen Backpacker-Bleiben und den einfachen Behausungen der Fischerfamilien.

    Viele der Unterkünfte waren hübsch anzusehen und liessen wohl keine Traveler-Wünsche offen. Vom Bungalow direkt in den Fluss zu springen und sich anschliessend in der Hängematte trocknen zu lassen, hört sich ja auch gut an. Der zunehmende "Ökotourismus" hat aber auch negative Folgen. Immer mehr Wald verschwindet, die Uferböschung wird zubetoniert und das Abwasser fliesst wohl ungefiltert in den Fluss.

    Bleibt zu hoffen, dass diesem schönen Flecken Erde nicht das gleiche Schicksal zuteil wird, wie so manch anderem Ort in Südostasien.
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  • Day 22

    Tết Festival mit Familie und Freunden

    February 9 in Cambodia ⋅ ☀️ 31 °C

    Vieles beim Reisen passiert zufällig. Heute morgen habe ich im "Les Manguiers" spontan um eine Nacht verlängert, um mich nochmals mit einem guten Buch und Sound auf den Ohren in die Hängematte zu flätzen. Genau so spontan wurde ich von den Angestellten dazu eingeladen, mit ihnen das chinesische neue Jahr zu begehen. Wie toll ist das denn?

    So kam ich unverhofft doch noch in den Genuss des Tết-Festes im kleinen intimen Rahmen mit der Hotelfamilie und weiteren Freunden. Obwohl das Fest des neuen Jahres nach dem Mondkalender vor allem in Vietnam, China und Südkorea zelebriert wird, gibt es auch in Kambodscha überall kleine Feierlichkeiten. Vor allem die chinesischen Hotels wurden schon vor Tagen mit Girlanden, roten Laternen und Fahnen geschmückt.

    Auch im "Les Manguiers" herrschte schon am frühen Morgen viel Betrieb in der Hotelküche. Die Köchinnen bereiteten die Speisen für das gemeinsame Buffet vor und das Personal an der Rezeption stellte die Utensilien für die Zeremonie zusammen. Am späten Vormittag trafen sich alle auf der grossen Terrasse beim Haupthaus. Neben den Angestellten sowie mir und Marc, einem weiteren Gast, waren auch ein paar Familienangehörige und Freunde anwesend.

    Wir setzten uns im Kreis auf den Boden. In der Mitte waren auf einer Bambusmatte fein säuberlich die Speisen und Getränke aufgereiht: Suppe, Nudeln, Gebratenes Hühnchen, Klebreis, Früchte, Bier und Süssgetränke. Dazu auf einem Silbertablett zwei Kerzen, ein Gefäss mit Sand und eine Grosspackung Räucherstäbchen. Eine ältere Dame verteilte allen Anwesenden ein Räucherstäbchen, welches zwischen die gefalteten Hände geklemmt wurde.

    Nun kniete sich eine Person nach der anderen vor das Silbertablett, entzündete das Räucherstäbchen und sprach ein kurzes Gebet mit Wünschen für das neue Jahr. Anschliessend wurde das Räucherstäbchen in das Gefäss mit dem Sand gesteckt.

    Nachdem alle ihr Räucherstäbchen angezündet hatten, erläuterte eine der Angestellten auf Khmer die einzelnen Schritte der Zeremonie. Marc und ich erhielten eine bruchstückhafte Übersetzung. Aus einer Plastiktüte durften wir kleine rote Umschläge mit chinesischen Schriftzeichen ziehen. Alle waren völlig aus dem Häuschen und neugierig darauf, was sich in den Umschlägen wohl befinden mag. Zuerst gab es jedoch das obligate Gruppenfoto.

    Danach begannen die ersten ihre Couverts zu öffnen. In jedem Couvert steckten kleine Geldbeträge. Ein älterer Mann lachte laut auf und winkte glücklich mit seinem Fund zwischen den Fingern. Er hatte vier 500-Rielscheine in seinem Umschlag. Knapp zwei Franken.

    Nun da die Zukunftswünsche gesprochen und die Geschenke in Form der roten Couverts verteilt waren, galt es die Ahnen zu ehren. So zumindest hatte ich es verstanden. Zum "Gabentisch" wurde ein grosser Tontopf gestellt und im Kreis herum Geschenkpapier, Spielgeld und golden glitzernder Karton gereicht. Das Geschenkpapier wurde gerollt und zu kleinen Päckli gefaltet. Ebenso der goldene Karton. Einige Männer bastelten aus den Geldscheinen Flugzeuge und Origami.

    Als nächstes entfachte eine der leitenden Mitarbeiterinnen im Topf ein Feuer. Nach und nach knieten sich wieder alle vor den Topf und verbrannten darin die falschen Geldscheine, das Gold und die Geschenke für ihre Ahnen. Es wurde viel gelacht und offenbar auch die eine oder andere lustige Anekdote erzählt.

    Nachdem alle Gaben für die Toten verbrannt waren, wurden die Speisen zum grossen Deck am Fluss gebracht. Hier durften sich alle am Buffet bedienen und auf das neue Jahr anstossen. Was für ein Glück, Teil dieses schönen und mir doch so fremden Festes gewesen sein zu dürfen🥰.
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  • Day 23

    Erholen im Paradiesgarten

    February 10 in Cambodia ⋅ ⛅ 32 °C

    Da war er wieder, der lästige und von mir so gefürchtete "Käfer". Klangheimlich hatte er sich wohl in Vietnam über das Wasser oder zuwenig gekochtes Essen in meinen Magen geschlichen.

    Zunächst dachte ich noch, dass das Gurgeln im Magen vom Hunger stammt und die seit ein paar Tagen anhaltende Übelkeit eine Folge der Hitze ist. Nach einer üblen Nacht, in der ich mehr Zeit auf dem Topf als im Bett verbrachte hatte, war dann der Fall klar. Die Symptome waren vergleichbar mit jenen im Amazonas. Auf der Reise durch Südamerika dauerte es fast drei Monate, bis ich die Giardien definitiv los war.

    Dieses auf und ab wollte ich mir in Kambodscha ersparen, weshalb ich mich schnurstracks ins internationale Krankenhaus von Kampot fahren liess. Nach einigen Tests lag die Diagnose vor. Ich hatte zwar nicht Giardien, dafür aber einen anderen Parasiten erwischt. Der anwesende Arzt verabreichte mir eine Rosskur und beim Warten auf die Rechnung konnte ich sogar noch ein paar Worte mit der leitenden Ärztin, einer Schweizerin, wechseln. Sie versprach mir, dass es schon bald bergauf gehen würde.

    An Velofahren war jedoch nicht zu denken. Wie viel Glück im Unglück ich doch hatte, wurde mir erst zurück im "Les Manguiers" bewusst. Ein gutes Spital mit einer Schweizer Ärztin befand sich in unmittelbarer Nähe und einen besseren Ort zur Erholung als der paradiesische Garten im "Les Manguiers" konnte ich mir gar nicht vorstellen.

    So wurden aus einer Übernachtung plötzlich vier, gut umsorgt von der Hotel-Crew. Die Köchinnen bereiteten sogar extra für mich Gemüsesuppe, Kartoffelstampf und einen Magendarm-Tee mit Zitronengras zu.
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  • Day 24

    Phnom Sar Pagode

    February 11 in Cambodia ⋅ ⛅ 30 °C

    Was wäre eine Reise nach Kambodscha ohne einen Ausflug zu einer Pagode. Mit den zusätzlichen Erholungstagen in Kampot bot sich mir auch die Gelegenheit, die Nachbarschaft etwas besser zu erkunden.

    Für den Besuch der Pagode von Phnom Sar bestellte ich mir nochmals ein Tuk-Tuk. Auf Google Maps hatte ich gesehen, dass die Anlage etwas ausserhalb der Siedlung liegt und nur über eine Sandpiste zu erreichen ist. Die an der Strasse liegenden Höfe liessen mich zudem annehmen, dass sich entlang der Strecke unzählige wachsame Hunde tummeln würden. Ein Hundebiss war so ziemlich das letzte, was ich mir jetzt wünschte.

    Die zu Bestien gewordenen Hunde tauchten zwar nicht auf. Trotzdem war ich froh, mit dem Tuk-Tuk unterwegs zu sein. Der Fahrer entpuppte sich nämlich als hervorragender Begleiter, was den Ausflug zur ansonsten fast menschenleeren Pagode wesentlich interessanter machte.

    Das weitläufige Gelände berbergte auch ein kleines Kloster. Bei unserer Ankunft unterrichtete ein älterer Mönch gerade zwei Novizen im Schatten der Bäume. An einer Wäscheleine trockneten die frischgewaschenen orangen Umhänge. Neben der bunt bemalten Hauptpagode gab es noch eine neuere Pagode, welche in ihrem Baustil eher an einen vietnamesischen Cham-Tempel erinnerte.

    Zudem befanden sich im hinteren Teil der Anlage mehrere rechteckig angelegte Teiche mit Seerosen und den typischen Khmer-Ornamenten. Über die Jahre hinweg kamen entlang dieser Teiche wohl immer wieder neue kleinere und grössere Pagoden hinzu. Einige glichen den Pagoden von Mandalay, andere den kleinen Tempeln, welche sich die Einheimischen zu Hause in die Gärten stellen.

    Mein Interesse galt zwei Tempeln, welche am Fuss eines kleinen Hügels lagen. Der erste hatte ein verschnörkeltes Dach mit goldenen Schlangen und Drachen. Zu seiner rechten standen zwei Löwenskulpturen mit einem Leoparden in der Mitte. Der zweite Tempel beherbergte einen mindestens zwei Meter hohen Ochsen der von zwei Hunden und gelb bemalten Königskobras flankiert wurde.

    Was es mit diesen beiden Tempel auf sich hat, konnte ich leider nicht herausfinden. Auch der Fahrer schien überfragt und Google Translate war dieses Mal keine grosse Hilfe. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich die Fotos deshalb einem Mönch zeigen.
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  • Day 25

    Ab in den Dschungel

    February 12 in Cambodia ⋅ ⛅ 32 °C

    Auf dem Weg Richtung Thailand führte meine Strecke durch den weitläufigen Waldkorridor zwischen dem Botum Sakor Nationalpark und den Cardamom Mountains. Obschon der Dschungel in Siedlungsnähe nicht mehr vergleichbar ist mit jenen dichten Wäldern und Baumriesen in den nördlichen Cardamom Mountains, bot sich die Gegend für einen Abstecher in den Regenwald geradezu an.

    Meine Wahl fiel auf eine kleine Ecolodge etwas oberhalb des Dorfes Tatai. Die Rainbow Lodge wurde vor über 16 Jahren auf ehemals als Reisfelder genutzten Flächen angelegt. Inzwischen hat der Dschungel das Grundstück zurückerobert und die Bungalows befinden sich mitten im üppigen grün des Waldes.

    Mein Bungalow hatte ich bereits vor Wochen gebucht. Nun geriet ich durch den krankheitsbedingt längeren Aufenthalt in Kampot zeitlich ins Hintertreffen, weshalb ich mir für die knapp 250 Kilometer lange Strecke einen Platz im Minibus buchte. Der Minibus war auch eine Vernunftsentscheidung. Nach wie vor fühlte ich mich nicht ganz fit. Zudem hatte ich für die hügelige Strecke mit langen Baustellenabschnitten und sandiger Piste eigentlich drei Tage eingeplant.

    Schon nach den ersten zwanzig Kilometer fühlte ich mich in meinem Entscheid bestätigt. Die Strasse war praktisch inexistent. Zahlreiche Minibusse, Lastwagen und Motorräder fuhren im Schneckentempo über die löchrige Piste. Wir Passagiere wurden dabei regelrecht durchgeschüttelt und der feine Staub drang trotz geschlossenen Fenstern bis ins Wageninnere. Als Radfahrer muss eine solche Strasse eine wahre Tortur sein. Stellenweise besserten sich die Strassenverhältnisse und der Fahrer konnte etwas Zeit gut machen.

    In ein paar Jahren werden die grossen Siedlungen über eine zwei- bis vierspurige Strasse miteinander verbunden sein. Bis dahin dauert es aber noch eine Weile und ich bezweifle, dass dieser Ausbau nur vorteilhaft sein wird - zumindest für die Natur. Wie eine tiefe, zwei Kilometer breite Narbe zieht sich die Baustelle durch den Wald. Das ermöglicht einen einfacheren Zugang für illegalen Holzschlag.

    Vor allem Vietnam und China kaufen Unmengen der edlen Hölzer für die Möbelproduktion und den Schiffsbau. Rund ein Drittel des Regenwaldes hat Kambodscha in den letzten zwanzig Jahren bereits durch illegalen Holzschlag und zweifelhafte Verträge mit Firmen aus diesen Ländern verloren. Es bleibt zu hoffen, dass hier in Zukunft die Vernunft einkehrt und sich die Regierung ihrer Verantwortung annimmt.

    Nach sechseinhalb Stunden im engen Minibus kamen wir endlich in Tatai an, wo ich bereits erwartet wurde. Mit dem Langboot ging es nun noch zwanzig Minuten flussaufwärts. Die Fahrt zur Lodge erinnerte mich an die Ausflüge im Amazonas. Nur hie und da deuteten ein verlassener Steg oder ein festgemachtes Boot darauf hin, dass hier noch andere Menschen leben.

    Bei der Lodge verstummte der Zivilisationslärm gänzlich. An seine Stelle trat das unaufhörliche Rascheln im Buschwerk und das fröhliche Gezwitscher dutzender exotischer Vögel. Zwischen den Bäumen sponnen tellergrosse gestreifte Spinnen ihre Netze, um einen der Falter oder Schmetterlinge zu fangen. Jeweils zur Dämmerung riefen sich die Tokehs zu. Bis zu vierzig Zentimeter lang können diese Geckos werden. Zusammen mit ihren kleineren Artgenossen bevölkerten sie die Wände und Decken der Lodge und frassen die Mücken in meinem Bungalow.

    In der Lodge wurden wir Gäste rundum versorgt. Pirom und Gee, die beiden Gastgeber, taten alles, um unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu gehörten verschiedene Ausflüge mit dem Langboot, Vogelkunde mit Gee und ausgiebige Pétanque-Partien mit der Crew. Jeweils abends wurden wir reich bekocht und durften uns durch die unterschiedlichsten Gerichte "probieren". So wurde aus meinen zweitägigen Dschungelabenteuer ein fünftägiger Aufenthalt mit Familienanschluss bei Pirom.
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  • Day 27

    Tatai River und Mangroven

    February 14 in Cambodia ⋅ ☁️ 31 °C

    An der Mündung des Tatai Rivers und den vorgelagerten Inseln befindet sich eines der grössten Mangrovenwaldgebiete Südostasiens. Die Mangroven bilden die Kinderstube für zahlreiche Fischarten und sind Rückzugsgebiet für Vögel, Affen, Reptilien und die letzten verbliebenen Otter Kambodschas.

    Zusammen mit Pirom und Didier, einem Hotelgast aus Frankreich, machte ich mich auf Entdeckungstour durch das Wurzelwerk und die engen Kanäle. Im Schatten der Bäume war es angenehm kühl und überraschend still. Die farbenprächtigen Eisvögel, die Reiher und Pfeiffgänse blieben leider lieber in ihren Verstecken. Ebenso die Krabben-Makaken.

    Mit den Kayaks paddelten wir immer tiefer durch die an einen verwunschenen Wald erinnernden Mangroven, bis wir schliesslich eine kleine Insel erreichten. Ab hier übernahm Didier das Zepter. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, sich den Weg zu merken und uns wieder aus dem grünen Labyrinth zu navigieren. Tatsächlich waren wir keine Stunde später wieder bei unserem Langboot und Wachhund "Nico".

    Quasi auf halber Höhe zu den Cardamom Mountains hat der Tatai River einen Zufluss mit einem sehenswerten Wasserfall. Diesem Wasserfall ist es zu verdanken, dass zumindest auf der rechten Flusseite noch nicht alle Urwaldriesen abgeholzt wurden. Als natürliche Barriere verhindert der Wasserfall einen einfachen Zugang zum Wald und schützt damit die letzten Lebensräume der Gibbon-Affen, welche sich in Gruppen von Baumkrone zu Baumkrone schwingen.

    In der Trockenzeit wird der Wasserfall von einheimischen Touristen bevölkert, die sich in den verschiedenen Becken abkühlen und am Ufer grillieren. Wir taten es ihnen gleich und genossen das kühle Nass, eine reichhaltige Fruchtplatte und kaltes Bier. Auf dem Retourweg versuchten wir das abendliche Buffet mit frischem Fisch aufzuwerten, mussten dann aber letztlich mit leeren Händen zurückkehren. Die Fische wollten nicht anbeissen oder waren schlicht und einfach Kostverächter.
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