• WildeHilde
Feb – Okt 2024

Ich gehe.

Es gibt einen Plan.
Schließlich braucht’s
was zum Verwerfen…
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  • 9. August

    9 Agustus 2024, Swedia ⋅ ⛅ 16 °C

    Heute Morgen haben wir einen Termin: Um kurz nach neun geht am See Riebnes das Boot für gut sechs Kilometer, so dass ich um sechs aufstehe, in Ruhe frühstücke und mich darum kümmere, dass das Zelt bis dahin einigermaßen trocken ist. Es hat in der Nacht einige Male heftig geregnet und dazu ordentlich gewindet, so dass ich auch ein paar Tropfen Wasser innendrin hab. Rechtzeitig kurz nach acht starten wir zusammen die zweieinhalb Kilometer runter vom Berg und sind auch überpünktlich an Ort und Stelle, um gegen 9:10 Uhr das Motorboot zum Wucherpreis zu nutzen. Es ist eine Überfahrt von knapp 10 Minuten, die pro Nase mit gut 40€ zu Buche schlägt. Das haben wir alle die letzten Tage schon schon mehrere Male diskutiert, aber mangels Alternativen bleibt keine andere Wahl. Direkt nach der Überfahrt in das kleine Örtchen Vuonatjviken, es sind nur ein paar Häuser, lassen wir uns zum zweiten Frühstück nieder, es ist Ivars Geburtstag heute und um elf lösen wir uns Stück für Stück auf. Jeder geht separat los, es ist auch mal wieder schön, einen Solotag zu machen, wir werden uns ohnehin im Laufe des Tages bei den Pausen jeweils wiedersehen. Ich habe von jetzt an nur 17 km geplant heute, dementsprechend kann ich zwischendurch auch mal eine Pause mehr einlegen und natürlich auch insgesamt recht langsam laufen. Das Wetter ist gut, wie es nicht besser sein könnte. Der Himmel ist fast komplett blau und es ist auffällig, dass doch neben der abendlichen Dämmerung auch am Tag der Herbst ganz langsam und still einzieht. Die Birken bekommen einige gelbe Blätter, gerade auf den Hochebenen wirken die grünen Flächen nicht mehr so sehr grün, sondern bekommen bräunliche Töne und nicht zuletzt leuchtet der Schwedische Hartriegel in den letzten Tagen knallig rot. Das ist ein Zeichen, dass er reif ist und das Jahr sich langsam zu neigen beginnt. Es ist für mich ein merkwürdiges Gefühl, nachdem ich jetzt über so lange Zeit das Licht dauerhaft an hatte, mich nicht darum kümmern musste, und jetzt doch spätabends die Stirnlampe nehmen muss. Also auch insgesamt den Tag an sich wieder mehr nach dem Tageslicht ausrichten werde. So blau der Himmel auch ist, so schnell ziehen auch innerhalb einer halben Stunde dicke weiße Quellwolken von Südosten heran, die dicksten von Ihnen untenrum schon grau und ich bin gespannt, was der Nachmittag bringt. Gegen zwölf komme ich an den Fluss Bartek, viele kleine Stromschnellen, das ist sehr einladend, und so mache ich einen kurzen Stop und nehme ein Bad. Allzu weit kann ich nicht in die Strömung hineingehen, da ich schon am Rand merke, dass ich ihr nicht standhalten würde. Also bleibe ich in dem Bereich, in dem es für ein Bad gut taugt und einen großen Stein gibt, auf dem ich zwischendurch eine Weile sitzen kann, um danach noch einmal reinzugehen. An diesem Fluss soll es noch eine Zeit aufwärts entlang gehen. Er ist die Verbindung zwischen mehreren Seen, ich passiere am Nachmittag einen davon, es ist der Lijggá. Vorher mache ich aber noch eine längere Pause, nehme noch einmal mein Zelt raus, lasse alles in der prallen Sonne richtig durchtrocknen. Dabei liege ich auf der Isomatte und sehe über mir vor dem quellend weißen Hintergrund einem Adler zu, wie er seine Kreise zieht.
    Es geht von hier weiter durch Birkenwald, wir sind alle ziemlich am Nölen und hoffen, dass der irgendwann durch ist und wir wieder hoch aufs Plateau kommen. Aber vorher steht noch eine ganz besondere Sache an, auf die ich mich schon seit einigen Tagen freue: der Polarkreis. Er ist einer der besonderen Punkte, die ich auf meiner Tour als Meilenstein sehe, leider aber in den Karten, die wir alle nutzen, nicht finden kann. Aus einem Buch konnte ich mir vor einigen Tagen ein Foto machen mit einem Punkt, wo er circa am Kungsleden sein soll. Mit Ivar zusammen komme ich in diese Gegend und wir halten beim Laufen Ausschau, ob es irgendein Schild oder einen Hinweis gibt und siehe da, im Birkenwald hängt ein Schild, dass uns die Bestätigung gibt, auf 66° 33′ 55″ nördlicher Breite zu sein. Kaum einen Kilometer weiter treffen wir ein paar deutsche Wanderer in entgegengesetzter Richtung, die uns auch ganz freudig davon berichten, vorhin da und da den Polarkreis überquert zu haben. Erst gucken wir uns alle an, dann gibt es großes Gelächter und am Ende ist es auch nicht mehr ganz so wichtig, schließlich verschiebt er sich durch die Änderung der Erdneigung jedes Jahr um fast 15 Meter. Kurz darauf verlassen wir endlich den Birkenwald. Es zieht sich auf einen Berg hoch und da passieren wir die Stelle, an der mit kleinen Steinen das Wort „Arctic Circle“ dargestellt ist. Da ich heute nicht wieder so lange wie gestern unterwegs sein will und es auch gar nicht nötig ist, entscheide ich mich, hier an diesem besonderen Punkt den Tag zu beenden und mein Zelt aufzubauen.
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  • 10. August

    10 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 11 °C

    Ich habe so gut geschlafen, bis um neun. Dabei habe ich nicht mal mitbekommen, dass es irgendwann in der Nacht angefangen hat zu regnen. Und so kümmere ich mich am Morgen erst mal um die Stellen, an denen es von oben reingetropft hat. Glücklicherweise auf den Rucksack, das ist verschmerzbar, ich decke für die restliche Zeit die Stelle mit meinem Handtuch ab. Es scheint sich eingeregnet zu haben, dabei windet es hier oben am Berg ganz ordentlich und ja, außenrum ist alles grau und neblig. Während des Frühstücks lässt der Regen deutlich nach, es ist mir aber zu unsicher, alles draußen zu packen, wer weiß, wie lange das anhält. Also beginne ich, das Innenzelt und alles runterzunehmen, packe den Rucksack innendrin und habe am Ende nur noch das Zeltcover mit Gestänge und den Außenbefestigungen stehen. Zuletzt heißt es also nur noch die Sturmleinen lösen, die letzten Heringe raus und just in diesem Moment passiert, was niemals passieren darf: Ich bin für einen Moment unaufmerksam und wende mich von der ungesicherten Halbkugel ab, der Wind greift rein und es beginnt die Slapstickkomödie des Morgens, die für mich allerdings gar nicht lustig ist. Wie ein großer Ball rollt die in sich stabile Halbkugel und der Wind kickt sie immer wieder an. Ich renne schreiend hinterher: „Nein, nein, nein…“. Rennen ist in diesem Gelände so eine Sache, da der Untergrund so wechselhaft ist, das ganze Strauchwerk, kleine Löcher, Steine… und es dauert gefühlt ewig, bis ich mich annähere. Dabei gehen wir die wildesten Bilder durch den Kopf: „Was, wenn ich es nicht schaffen kann, nicht schnell genug bin?“ Nach gut achtzig bis hundert Metern bin ich ganz dicht dran, die ersten zwei oder drei Versuche, es zu greifen, scheitern noch, dann habe ich es!
    „Gottverdammte Sauzucht!“ schreie ich es hellwach und pumpend an. Oder eher mich selbst. Da war jetzt eimerweise Glück dabei, dass es nicht den Berg hoch oder sogar runtergeweht wurde, das hätte ich von der Geschwindigkeit her niemals schaffen können. Wie lange hätte ich hinterher rennen können, wenn ich es nicht so schnell geschafft hätte? Okay, nun also zurück zum Rucksack, hier binde ich mir eine der Sturmleinen an den Arm, um alle weiteren Eventualitäten auszuschließen. Gegen elf verlasse ich diesen schönen Schlafplatz. Es zieht sich jetzt noch weiter hoch aufs Plateau der Regen nimmt zu und je höher ich komme, desto mehr Nebel ist dabei, der Wind treibt sie beide quer übers Land. Gleich zu Beginn kann ich noch ein paar Rentiere sehen und ab dann ist es nur die kleine Welt, in der ich mich bewege. Ein paar Wanderer begegnen mir entlang des Weges, die meisten von Ihnen wollen gar nicht stehen bleiben, da sie sofort anfangen zu frieren. War der Weg anfangs eher ein ausgetretener Pfad im Grasland, wird es mehr und mehr steinig und es liegen große Felsblöcke verstreut umher. In diesem Nass in Nass habe ich auch kaum Lust, Fotos zu machen, da eh alles beschlagen ist. Da ist der Typ in der merkwürdigen Aufmachung, der mir am Nachmittag entgegenkommt, doch zur Erheiterung tauglich: Ein kleiner Regenschirm, der teils vom Wind hochgestülpt ist, die Jogginghose mit dazu passenden Schuhen und das lodderige Gepäck wirken irgendwie, als wäre er grad aus einem Heim rausgeflogen. Als erstes fragt er mich nach einer Zigarette… Ein zusammenhängendes gescheites Bild ergibt das in meinem Kopf nicht, wenige Minuten später auf dem Weg löst aber eine junge Italienerin das Rätsel auf. Er ist ihr Freund, und er ist der beste in der Gruppe, sagt sie mir. Braucht all dieses Zeugs nicht, was wir alle haben, gegen Regen und so. Naja, ich glaube, sie mag ihn sehr.
    Was mich mehr umtreibt, ist der Gedanke, heute nur 16 oder 17 Kilometer zu laufen und morgen einen Ruhetag zu machen. Von all den Leuten habe ich soweit die Vorhersagen mitbekommen, dass es heute und auch morgen regnen wird, was für mich bedeutet, einen ganzen Tag und zwei Nächte in der Tropfsteinhöhle zu sitzen. Also ist mein Gedanke eher dahingehend, so lange zu laufen, wie es irgendwie geht und vielleicht doch schon morgen in Kvikkjokk anzukommen. Der Regen ist zwar dort genauso nass wie hier, aber irgendwie ist das Gefühl, dass es dort eine Fjällstation gibt und ich mir irgendeinen von oben trockenen Unterschlupf ergattern kann, sehr verlockend. Ein älterer Herr, der mir gegen vier am Nachmittag begegnet, erzählt mir, dass er jetzt schon deutlich vor der für heute geplanten Zeit aufhört, er hat die ganze Zeit diese Bilder eines trockenen, gemütlichen Zeltes im Kopf und geht jetzt dieser Fantasie nach. Na vielen Dank auch. Zwischendurch beim Blick auf die Uhr bin ich gerade zu erschrocken, wie spät es jeweils schon ist, wenn ich denn mal eine kurze Pause mache. Es läuft sich halt so stupide dahin bei diesem Wetter. Gegen fünf komme ich an einen Platz mit einem Shelter. Ok, Shelter ist etwas hoch gegriffen. Es ist eine große Plane, die man schräg zwischen den Bäumen aufgespannt hat mit einem Brett darunter zum Sitzen. Ein Schwede sitzt dort und sucht Schutz, sie ist total löchrig und überall tropft es durch. Trotzdem wirkt sie einladend und ich setze mich zu ihm. Wir machen eine längere Pause, unterhalten uns gut, insbesondere auch, weil er gerade vom Nordkap kommt. Dabei wird es sechs und ich überlege hin und her, vielleicht jetzt hier mein Zelt aufzubauen, da es sogar eine Toilette gibt. In der Zwischenzeit sind einige Wanderer hier angekommen, die beginnen, ihre Zelte aufzubauen und mich fragen, ob ich auch hierbleibe. Ich hadere noch für einen Moment, breche dann aber auf, weil mir der Gedanke, nach Kvikkjokk zu kommen, noch im Kopf ist. Wie ich den Pfad weiter verfolge, merke ich irgendwann, dass die typisch roten Markierungen an den Bäumen fehlen, obwohl der Pfad selbst gut ausgetreten ist und es hierum nicht allzu viele in der Art gibt, der Blick in die Karte verrät mir, ich bin gut einen Kilometer an einer großen Hängebrücke vorbeigelaufen, die ich hätte überqueren müssen. Also einmal retour, dabei kann ich aber eine ganze Reihe Moltebeeren ernten und nach dieser langen Pause ist mir eh nach Laufen, Laufen, Laufen zumute, obwohl es weiterhin von oben gießt wie aus der Kanne. Und es brauchte wohl genau dieses Verlaufen, denn grad als ich auf dem Weg zurück Richtung Brücke bin, kommt mir die Idee, was ich gegen das Durchtropfen tun kann. Ich hatte schon an den Poncho gedacht, ihn oben drüber zu spannen in irgendeiner Art, aber nein, ich habe ja eine Rettungdecke, sie ist aus stärkerem Aluminium. Dann kann sie ihrem Namen auch alle Ehre machen und mir die nächsten Tage retten, bis ich mein neues Zelt habe. Ich werde sie oben quer über das Zelt spannen, gegen Wegfliegen fixieren und damit den undichten Bereich der Naht vom Wasser freihalten. Yes, das wird‘s. Inzwischen ist es neun geworden und der Regen hat nachgelassen, fast aufgehört, wie erfreulich. Was mich aber noch mehr wundert, statt dunkel wird es immer heller und wie ich mich umdrehe, sehe ich am Himmel ein klitzekleines Stück blau, wo es doch den ganzen Tag eine zusammenhängende graue Masse dort oben war. Für mich ist das die Bestätigung, dass es genau richtig war, weiterzulaufen und ich hoffe einfach mal, dass diese Regenpause jetzt für mich gedacht ist, in der nächsten halben bis Dreiviertelstunde einen Platz zu finden und das Zelt im Trockenen aufzubauen. Genauso wird es auch, gegen halb zehn habe ich auf einem Hügel einen Platz gefunden, der zwar nicht absolut gerade ist, aber der Wind pfeift so schön hier drüber und ich bin jetzt auch nach fast 28 km bereit, den Tag zu beenden. Es ist ein kleiner See ganz in der Nähe, eigentlich zu klein, um das Wasser pur zu verwenden, aber das, was ich hier rausnehme, werde ich eh nur für gekochte Sachen nehmen und damit ist es okay. Der Regen hat tatsächlich aufgehört und das Stückchen Azur ist viel größer geworden. Bei ziemlich starkem Wind konstruiere ich mir auf dem Zelt mithilfe meiner Leine eine Halterung, die das Zusatzdach fixiert und spanne den Rest gleich in die Bäume, um später all die nassen Sachen zum Trocknen aufzuhängen. Das alles nimmt sicher 1 Stunde in Anspruch, die ich aber gerne bereit bin und so kann ich gegen elf die Augen zumachen und freue mich darauf, morgen den Ruhetag abzuhalten, egal wie das Wetter wird.
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  • 11. August - Ruhetag

    11 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 13 °C

    Es ist Sonntag und ich freue mich, dass ich den Ruhetag jetzt doch so halten kann wie angedacht. Und noch mehr freue ich mich über diesen „Regentag“, also zumindest den angekündigten. Ich werde einfach kein Freund dieser Vorhersagen und des Gesülzes von X,Y Millimeter um die und die Zeit und so weiter. Am Morgen, nachdem ich alle nassen Sachen wieder raus auf die Leine gehängt hab, dauert es eine gute halbe Stunde und es gibt für eine gute halbe Stunde Regen. Das war’s. So habe ich am frühen Nachmittag alles in trockenen Tüchern und kann mich um diverse Kleinigkeiten und mein Wohlbefinden kümmern. Mein Knie hat sich nicht wirklich gebessert, aus der Sicht heraus es ist gut, dass ich nur noch den Weg bis Kvikkjokk habe und ab dann für einige Tage Ruhe, an denen ich nicht laufe. Rundherum auf meinem Sonntagshügel wachsen Blaubeeren und der schwedische Hartriegel, so dass ich zwischendurch immer mal wieder zur Ernte ausrücke, dabei die Landschaft und die Berge rundherum genießen kann. Gegen drei zieht dann tatsächlich Regen auf gepaart mit ordentlich kräftigem Wind, für mich die beste Zeit für einen Sonntagnachmittagsschlaf. Der Wind wird am Abend noch deutlich stärker, ich hoffe, dass meine Flatterplane oben auf dem Dach das mitmacht, schließlich ist es nur improvisiert.Baca selengkapnya

  • 12. August

    12 Agustus 2024, Swedia ⋅ ⛅ 17 °C

    Nichts hält besser als ein gutes Provisorium. Meine Dachkonstruktion hat sich bewährt, obwohl es die halbe Nacht mächtig gewindet hat. Nicht umsonst stehen die Birken an diesem Hang alle schräg, sie kriegen scheinbar ihr Leben lang heftigen Wind immer aus Nordwest. Am Morgen, ich weiß gar nicht genau wann, hat es noch mal kräftig geregnet, aber als ich um acht aufstehe, ist das Zelt schon wieder fast trocken. Ich hänge die Rettungsdecke auf, damit sie auch trocknen kann, sehe aber in wenigen Kilometern Entfernung ein Regengebiet heranziehen und setze sie direkt wieder aufs Zelt. Kann ich also erst mal in Ruhe Frühstück machen, aber irgendwie kommt der Regen nicht, den ich erwartet habe und als ich nach gut 20 Minuten noch mal rausgucke, ist weit und breit nichts mehr davon zu sehen. Umso besser, dann kann ich alles, was noch feucht oder klamm sein sollte, raushängen und komplett trocknen lassen. Ich habe ja heute ein sehr schmales Programm auf dem Plan, nur zwölf, vielleicht fünfzehn Kilometer zu laufen, um dann morgen ganz in Ruhe noch einmal so viel bis zum letzten Bootstransfer vor Kvikkjokk zu machen. Gegen zehn starte ich durch dichtes Gewächs, junge Birken, die bis in den Pfad reingewachsen sind, so dass ich mit dem Rucksack und meinen Sachen jeden Baum streife und Stück für Stück durchweiche. Auf die Regensachen habe ich trotzdem keine Lust, da ich weiß, in spätestens einer halben Stunde habe ich die Baumgrenze überquert, da es sich jetzt deutlich auf einen Berg hochzieht, der wie ein Tafelberg vor mir steht. Es geht an einem wunderschönen, kräftig rauschenden Fluss aufwärts, der von weit oben aus den Bergen kommt. Bevor der Weg vom Fluss weg geht, mache ich die erste Pause und sitze staunend vor dieser 1250 m hohen Steilwand. An ihrem Fuß werde ich gleich in nordwestliche Richtung weitergehen. Bei der kurzen Strecke heute fallen die Pausen natürlich länger aus und es fällt mir mal wieder mehr auf, wie schön es ist, mit so viel Ruhe rundherum alles zu genießen. Als ich den Berg fast in seiner Breite passiert habe, treffe ich um zwölf auf eine junge Schweizerin, sie kommt mit ihrem Hund gerade vom Nordkap und so unterhalten wir uns ein wenig über unsere etwas ähnliche Wanderung. Und nebenbei, für mich ist es ein Novum, huscht ein Lemming unter die Steine. Kurz darauf ist er noch einmal zu sehen, dann nicht wieder. Ich habe so oft davon gehört, dass man diese kleinen, etwas mehr als mausgroßen Tiere auf dem Weg sehen kann, heute ist es für mich das erste Mal und umso schöner. Wir beenden unseren Talk am Wegesrand, da uns ein Regenschauer dazwischenkommt, ich sitze aber gegen eins schon wieder zum nächsten Mal bei trockenem herrlichen Wetter und dem typischen Bergwind und schaue weit in die Täler, wo die Sonne auf die vielen Seen scheint und ich weit weit im Hintergrund Bergkette um Bergkette sehen kann. Es ist wirklich ein wunderschöner Tag heute, Sonne, Wolken, Regenschauer, Berge, ich kann mir aussuchen, was immer ich sehen will, muss mich nur in die richtige Richtung drehen. Gegen zwei sehe ich wieder einen Lemming, leider ist der tot und liegt auf dem Weg. Immerhin aber eine Bestätigung, dass es hier welche gibt und ich mich vorhin nicht verguckt hab. Kurz darauf öffnet sich vor mir ein wunderschönes grünes Tal, in dem es jetzt abwärts geht. Es sind insgesamt nur noch gute 15 km und ich bin der Meinung, einen bestimmten Berg vor Kvikkjokk zu erkennen, den ich in den letzten Jahren schon mal gesehen habe. In den riesigen Quellwolken bilden sich die ungewöhnlichsten Formationen, in einer sehe ich sogar einen Regenbogen nur in der Wolke. In der Karte habe ich in nicht allzu weiter Entfernung einen Fluss gesehen, an dem ich heute beenden will. Es ist der Tsielekjåhkå und ich sehe schon vom weiten, er ist sehr breit und es gibt eine Hängebrücke. Was ich bisher nicht auf dem Schirm hatte, mir aber ganz gelegen kommt, ist die Tsielejåkkastuga, an der ich um vier ankomme. In ihr werde ich übernachten und muss mich also nicht um Zelt und Regen kümmern. Ich setze gleich erst mal etwas Wäsche an, die Sonne scheint, es geht gut Wind dazu, da kriege ich alles noch am Abend trocken. Während ich hier so beschäftigt bin, kommen ganz unerwartet meine holländischen Freunde daher, die ich schon lange im Voraus in Kvikkjokk wähnte. Sie haben auch die letzten zwei Tage ruhiger gemacht, es ist umso erfreulicher, sie als die letzten aus den vergangenen Tagen doch noch mal wiederzusehen. Nachdem ich im Fluss ein Bad genommen und gegessen habe, gehe ich noch mal zu ihnen auf die andere Seite des Flusses. Wir sitzen etwas zusammen, unterhalten uns, nebenbei füllen sich auf dieser Seite alle möglichen Plätze mit Zelten. Kurz bevor ich rüber zum Schlafen gehen will, platziert Sven sein Zelt nebenan. Er ist für einen guten Zweck unterwegs, hoch zum Nordkap getrampt und seit Juni wie ich zu Fuß unterwegs auf dem Weg nach Spanien. Na das ist ja mal ein paar Worte wert, sich über mehr als 8000 km und alle möglichen anderen interessanten Sachen etwas auszutauschen.Baca selengkapnya

  • 13. August

    13 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☀️ 15 °C

    Mal wieder eine Nacht in der Hütte, aber der Bringer war‘s irgendwie nicht. Moskitos abklatschen und fast stickige zwanzig Grad… Da ist es im Zelt doch angenehmer. Aber gut, es war ja nicht die letzte Nacht auf dem Weg, ein paar habe ich noch vor mir. Für circa um acht bin ich mit dem Geschwistertrio zum Frühstück verabredet. Dann noch ein kurzer Schwatz und ein Foto mit Sven, dem Charity Hiker und dann ziehen wir um kurz nach neun zusammen los, es sind heute nur 12 km bis zum Bootsanleger. Kvikkjokk ist von westlicher Seite von den Flüssen Gamájåhkå und Tarraätno begrenzt, deshalb ist der Zugang nur mit dem Boot möglich. Der Ort an sich mit seinen zwölf dauerhaften Einwohnern ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt, es gibt hier eine Fjällstation und von hier aus geht täglich ein Bus in Richtung Osten zur wichtigen Nord-Süd-Bahnlinie. Wir haben wieder prächtiges Wetter, laufen recht zügig erst noch über freies Sumpfland, später zieht sich der Weg im Wald auf ziemlich matschigen Wegen abwärts. Das Ziel wird am Ende auf 300 m.ü.M. sein. Entlang des Weges sind immer wieder Schilder aufgestellt, die auf den Bootstransfer hinweisen, es gibt hier zwei private Betreiber, die auf diesem Weg um die Kundschaft kämpfen. Wir laufen zwar zu viert als kleine Gruppe, trotzdem ist es ein sehr angenehmer Schweigemarsch. Das Reden beim Laufen ist ziemlich aufwändig, alle laufen schließlich hintereinander, so versteht man kaum was von dem, was vorne gesprochen wird. Außerdem ist es sehr schön, auch mal nicht zu reden. Zwischendrin beobachten wir einen sibirischen Häher (Unglückshäher), ein Vogel, den ich vor etlichen Wochen schon einmal am Weg hatte. Sie sind recht zutraulich und wenn man etwas Zeit hat, kommen sie immer wieder zurück, weil sie scheinbar recht neugierig sind. Gegen 14:00 Uhr erreichen wir die Stelle, an der das Boot zweimal täglich nach Plan verkehrt, eins ist allerdings in dem Moment schon vor Ort, da Jana vorab schon angerufen hatte. Es ist etwas konfus, der Bootsführer Björn nimmt die Holländer mit und ich soll doch besser auf das nächste Boot mit Helena warten, um dann mit einem weiteren Deutschen überzusetzen. Da ich nicht in Eile bin, ist es kein Problem, aber richtig verstehen tue ich es nicht. Wir treffen uns später auf der Zeltwiese gute hundert Meter vor der Fjällstation wieder, auf der ich die nächsten drei Nächte bleiben werde. Der Platz ist oberhalb einer steilen bewaldeten Böschung vom Fluss, der Geräuschpegel ist tierisch laut, da es viele Felsen und Stromschnellen gibt. Am Nachmittag gönnen wir uns bei diesem herrlichen Sonnenwetter ein Bad im Fluss, hier muss man schon aufpassen, welche Stelle überhaupt zugänglich ist, um ja nicht in eine dieser Stromschnellen zu geraten. Die riesengroßen Felsen sind von der Sonne wunderbar aufgewärmt und so liegen wir drei Kerle nach dem Bad wie am Strand nackt in der Sonne und lassen uns trocknen. Gegen Abend füllt sich die Wiese immer mehr mit Wanderern, die aus Nord oder Süd hier ankommen und hier draußen übernachten. Viele von ihnen werden morgen früh den Bus nach Jokkmokk nehmen oder auf dem Weg weiterziehen. Da es hier wieder Empfang gibt, kümmere ich mich am späten Abend um den weiteren Weg, da ich erst am Donnerstag nächster Woche von hier aus weitergehe, wenn ich aus Luleå zurück bin. Das Boot, das ich in gut 130 km Entfernung dann über den See Akkajaure benötige, ist dieses Jahr bis zum 8. September aktiv, so dass ich ausreichend Zeit habe und meinen geplanten Weg zumindest im groben so weiter verfolgen kann. Bin ja schließlich bei gut sieben Wochen „Verspätung“.Baca selengkapnya

  • 14.-16. August Kvikkjokk

    14–16 Agu 2024, Swedia ⋅ ☀️ 20 °C

    Das war mal wieder eine dieser nassen Nächte. Nicht, weil mir mein Granufink ausgegangen ist, sondern weil die Luftfeuchtigkeit so immens hoch war, dass alle Zelte innen wie außen nass waren. Am Morgen verabschiede ich mich von dem liebenswerten Trio, das ich ein paar Tage begleiten durfte und so schnell sich die Wiese am Morgen leert, so schnell sammelt es sich über den Tag auch wieder. Ich mache Wäsche, da es heute nach gutem Wetter aussieht und platziere mein Zelt nochmal um, habe ja viel Zeit und jetzt wieder freie Platzwahl. Es ist ein interessantes Kommen und Gehen. Da ist zum Beispiel Nikita, ein junger Deutscher, der sich als Einsteiger heute mit dem Heli am Sarek absetzen lässt, um ihn allein zu durchqueren. Ich wünsche Hals- und Beinbruch, natürlich nur das Beste. Dazu gesellt sich ein schwäbisches Ehepaar um die Mitte achtzig, sie sind sowas wie Veteranen hier im hohen Norden und haben das selbe Ziel mit dem Luftquirl, aber nach sieben Wanderungen allein im Sarek dieses Mal nicht mehr so tief rein. Respekt, in dem Alter! Der Sarek ist ein Nationalpark in der Größe ungefähr des Saarlands, hier steht circa die Hälfte der zwölf Zweitausender, die Schweden hat und es gibt nichts ziviles wie Hütten, Brücken, Schilder, Wege oder gar Telefonempfang, aber eine unglaublich schöne rauhe Bergwelt. Später unterhalte ich mich noch mit Gerit und Simon, sie sind heute auf dem Kungsleden von Abisko hier etwas zu früh gelandet, warten wie ich darauf, am Freitag den Bus zur Bahn zu nehmen. Freundlicherweise überlassen sie mir ihre Gasbuddel, da sie die im Flieger später eh nicht mitnehmen dürfen. Danke euch beiden. Am Nachmittag sitze ich dann noch unten am Fluss und genieße das Dröhnen und Donnern des Wassers. In der Lobby der Fjällstation halte ich es bei einer Fika und einem Bier und einigen Gesprächen ganz schön lange aus.
    Mein Zelt ist in bester Dachdeckerqualität mit Zusatzdach ausgestattet und von mir aus kann der Regen kommen. Es war die ganze Nacht trocken, pünktlich um sechs am Freitagmorgen fängt es ordentlich an zu regnen, so dass alle circa 25 Zelte auf der Wiese zum Einpacken ordentlich nass sind. Um neun geht der Bus nach Murjek. Ich werde heute bis um halb zwei mit ihm unterwegs sein, dann drei Stunden Aufenthalt am Gesäß des Planeten haben, um mit der Bahn dann bis um halb sieben am Abend in Luleå zu sein.
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  • 17. - 21. August Luleå

    17–21 Agu 2024, Swedia ⋅ ☁️ 13 °C

    Am Morgen halte ich auf diesem ruhigen Platz mein Frühstück ab, heute am Samstag ist in dieser Firma niemand da, so dass es auch niemanden stört, noch nicht mal jemand wahrnimmt. Danach kaufe ich für die nächsten Tage etwas ein und bin gegen elf in der Stadt im Shop der Naturkompaniet. Dort wartet das bestellte Zelt auf mich, was ich freudig in Empfang nehme, es mir bei der Gelegenheit aber auch nicht nehmen lasse, wegen meiner Schuhe noch mal vorzusprechen. Schließlich bin ich ja wieder in Schweden und das Ablösen der Geröllkante hat sich langsam fortgesetzt. Nachdem einer der zwei heute tätigen Angestellten einen Moment darüber nachgedacht hat, holt er mir aus dem Lager ein neues Paar, also beginnt das Spiel heute von Neuem. Ich habe also die ersten 1000 km mit meinen alten Schuhen gemacht, die nächsten 1000 mit dem Paar Hanwag, wieder die nächsten mit den Crispies, die ich bis jetzt hatte und ab jetzt eine neue Chance. Gegen Mittag, als ich gerade Richtung Bus unterwegs bin, um aus der Stadt raus in Richtung meiner Unterkunft zu fahren, schreibt mir Tobbe, dass er gerade auf dem Weg dorthin ist und mich mitnehmen kann. Perfekt, so fahren wir zusammen raus, ich spare mir einige Kilometer zu laufen und er lädt mich auf einen Kaffee ein.
    Für die nächsten Tage habe ich keine Riesenaktionen geplant, touristisch ist das Angebot überschaubar und egal wo ich hin will, muss ich immer mindestens 2 km laufen bis zur nächsten Bushaltestelle. Ein Highlight hier in Luleå, ich sehe für dieses Jahr zum ersten Mal Polarlichter, zwar nur sehr kurz, aber dieses wunderbare Bild, das ich hatte, ist sehr faszinierend. Ein Ausflug führt mich nach Gammelstad, das ist ein altes Kirchendorf mit circa 400 kleinen Häusern um die Kirche herum, in denen sich seit mehreren hundert Jahren die Gemeindemitglieder sammeln und aufhalten. Dazu muss man wissen, der Besuch der Kirche war in alten Zeiten obligatorisch und die Anreise oftmals zu Fuß über mehrere Tage. Also wurde das Kirchendorf für den Aufenthalt und teilweise natürlich auch für Handel und Begegnung allgemein genutzt. Mehr oder weniger durch Zufall entdecke ich an einer der Bushaltestellen ein Eisenbahnmuseum. Hier stehen unter freiem Himmel eine ganze Reihe alter bis uralter Bahnwaggons, Dampfloks und Züge, die ältesten aus 1887.
    Das neue Zelt habe ich natürlich einmal über Nacht ausgetestet, da es eine ganze Reihe Funktionen und Neuheiten für mich bereithält, für dich hier die beste Zeit habe, sie kennenzulernen. Am Mittwochmorgen fahre ich mit den Öffis noch mal in die Stadt rein, hole mir im Lidl Futter für etwas mehr als eine Woche, sitze dann bis um elf am Bahnhof und warte auf meinen Zug. Dabei treffe ich auf Simon, ein Südtiroler, der ebenso wie ich auf dem Weg zum Nordkap ist, allerdings schon um Weihnachten herum in Sizilien gestartet ist und es schon bis Abisko geschafft hat. Auch er hatte wie ich eine Unterbrechung, war mal kurz in Norwegen und ist heute mit dem Zug wieder zurück an seinen Ausgangspunkt. Mit all den üblichen Unterbrechungen der Bustour erreiche ich gegen sechs Kvikkjokk und habe dort Helena schon im Voraus informiert, so dass sie mich direkt mit dem Boot auf den Padjelantaleden übersetzt. Ich will am Abend zumindest noch ein paar Meter laufen, um dann morgen früh direkt in den Nationalpark Padjelanta aufzubrechen.
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  • 22. August

    22 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 13 °C

    Ich bin wieder zurück in der absoluten Ruhe. Am Abend hat mich Helena von Kvikkjokk aus durch das Delta circa 3 km den Tarraätno flussaufwärts gebracht. Direkt an der Bootsstelle ist eine Hütte, die ich gegen sieben bezogen habe. In der Nacht hat es etwas geregnet und ich stehe heute schon gegen halb sieben auf, bin so gegen acht bereit, loszugehen. Abends um neun ist es inzwischen ziemlich dunkel, noch nicht vollständig, aber so, dass in den Hütten mit den kleinen Fenstern oder auch im Zelt durchaus die Stirnlampe notwendig ist. Deshalb richte ich meinen Tag jetzt mehr nach dem Tageslicht aus und stehe früher auf.
    Es ist schon ein immenser Unterschied zu den letzten Tagen, diese Ruhe hier gegenüber der zivilen Umgebung. Bis auf das Wasser vom Fluss und ein paar Vögel ist absolut nichts zu hören. Die Ausnahme bilden hier um Kvikkjokk herum natürlich die Helikopter, die typischerweise einmal am Tag ihre Linie fliegen an einige Punkte, wo sich Wanderer und Angler absetzen oder einsammeln lassen. Gestern Abend und heute Morgen ist es noch mal mehr, da im Sarek aktuell zwei Leute vermisst werden, wie ich gestern gehört habe.
    Der Weg führt erst mal durch Birken- und Kiefernwald, wir sind ja nur auf gut 300m Höhe und zieht sich parallel in einiger Entfernung zum Fluss. Alles, was in den Weg hineinragt, schüttelt sich an mir ab, da es aber insgesamt nicht regnet, hoffe ich auf baldiges Trocknen. Der Pfad entlang des Flusses ist einfach zu laufen, von Zeit zu Zeit ist er steiniger, es sind große, runde Steine so wie sie auch im und am Fluss entlang liegen. Und es wird Herbst, jeden Tag mehr. Heute riecht es irgendwie danach, ich kann das kaum richtig beschreiben. Ob es die Pilze sind oder die welkenden Blätter, wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allem. Die Farben des Laubes, die reifen Beeren, jetzt inzwischen auch die Preiselbeeren, alles ruft das Ende des kurzen Sommers aus. Über den Tag verteilt begegne ich ungefähr zehn Leuten, hier ist es deutlich gemäßigter als auf dem Kungsleden. Ab um elf klart es am Himmel mehr auf, so dass immer mehr Blau dabei ist und um kurz vor zwölf öffnet sich der Wald, ich stehe vor einem Bergpanorama mit Höhen über 1500 m. Im Vordergrund der große Fluss, dahinter der Wald auslaufend ins kahle Fjäll und dann rauf bis auf die grauen Berge. Meine Pausen mache ich bisher immer, wenn der Weg nah am Fluss ist, die erste große mache ich an der Njunjes Fjällstuga. Eine ganze Stunde sitze ich auf selbst gebauten großen Holzstühlen in der Sonne, esse und trinke und nicke zwischendurch immer mal wieder ein. Ich habe bis hierher 13 km gemacht, in 7 km gibt es eine weitere Hütte, die Tarrekaise Fjällstuga. Bis dahin zieht sich der Pfad wieder komplett durch Birkenwald, allerdings laufe ich in immer wieder unterschiedlicher Entfernung am Tarraätno-See entlang. Der gleichnamige Fluss hat sich hier auf gut 4 km Länge zu einem glasklaren See ausgebreitet. Gegen fünf erreiche ich die Hütte und da ich aus Kostengründen nicht in direkter Nähe campen möchte, gehe ich gut hundert Meter runter zum See und habe hier einen wunderbaren Platz, an dem ich einerseits geschützt, andererseits aber doch mit freiem Blick auf den See mein Zelt zum ersten Mal in der Landschaft aufstelle. Das dauert natürlich etwas länger und da es der erste echte Einsatz im Feld ist, ist meine Begeisterung umso größer. Wie gut und geschützt der Rucksack da rein passt, zwei große Dachfenster, durch die ich bei passender Witterung die Polarlichter sehen kann, die ganzen Möglichkeiten zum Öffnen und Halböffnen, die Varianten zur Belüftung. Ich hoffe, dass all diese Funktionen sich in der Praxis genauso bewähren, wie ichsie mir ausmale. Ganz in Ruhe mache ich mir was zum Essen, koche mir heute am Abend zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Tee und beende den Tag nicht allzu spät gegen neun, da es morgen wieder früh rausgehen soll.
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  • 23. August

    23 Agustus 2024, Swedia ⋅ 🌫 11 °C

    Juhuu, es hat am Morgen geregnet. Eigentlich ja eine der unbeliebteren Varianten, aber mit dem neuen Zelt braucht es ja auch eine Einweihung. Seit um vier bis um sieben rum hat es geregnet, als ich aufstehe ist es noch leicht am Nieseln und es windet etwas dazu. In Gedanken bin ich darauf vorbereitet, das Innenzelt rauszunehmen, um nur das nasse Außenzelt zu verpacken. Aber zu meiner großen Freude darf ich sehen, dass die Innenseite des Zeltcovers absolut trocken ist, also nicht beschlagen und ich mit meinem neu gekauften Mikrofasertuch die Hülle in gut 10 Minuten mit einmal drüberwischen so gut trocken habe, dass ich alles komplett so einpacken kann. Ich war heut nicht der frühe Vogel, der ich sein wollte und da auch das einpacken, zumindest im Moment, noch etwas länger dauert wird es halb zehn, bis ich loskomme. Der Hüttenwart hat mir Niesel und wechselndes Wetter für den Tag mitgegeben, wie gern hätte ich auf diese Vorhersage verzichtet. Es geht weiter am Fuße des Tarrekaise-Massivs entlang, der Padjelantaleden umkreist den Sarek-Nationalpark an seiner südlichen und westlichen Flanke. Es ist wie schon gestern Birkenwald und es geht bei wolkenverhangenen Bergen zu beiden Seiten weiter entlang des Tarraätno. Das nächste Ziel in gut 12 km ist die Såmmarlappa fjällstuga. Der Weg durch den Birkenwald ist durch den Regen teils sehr matschig, speziell die ganzen Holzplanken sind oftmals extrem schmierig, so dass sich daneben an vielen Stellen neue Pfade ausbilden. Immer mal wieder, besonders wenn es recht dicht an den Steilwänden entlang geht, wird aus dem eigentlichen Weg ein großes Blockfeld durch die Steine, die alle Jahre mal wieder von ganz oben herunterstürzen oder rollen. Hin und wieder sind kleinere oder größere Bäche zu durchqueren, aber alle flach genug, um mit den Wanderschuhen so hindurchzukommen. Gegen Mittag treffe ich auf ein junges, deutsches Paar, wir halten zusammen eine Pause ab und unterhalten uns. Die zwei Berliner erzählen mir, dass sie nach einigen Tagen hier draußen froh sind, wenn sie in wenigen Tagen wieder zurück sind, weil sie den Lärm und das Chaos der Großstadt vermissen. Dazu kommen zwei finnische Männer, sie waren bis heute Morgen in Begleitung einer Frau, die aber Magenbeschwerden, vermutlich durch verunreinigtes Wasser, bekommen hat und im Laufe der nächsten Stunde vom Hubschrauber abgeholt wird. Gegen drei erreiche ich die genannte Hütte, der Hüttenwart Per-Olof bietet mir gleich erst mal einen Preiselbeerensaft an und ist im Laufe unseres Gesprächs sehr inspiriert von meiner Reise. Während ich hier eine Stunde lang pausiere, treffen eine Reihe Leute ein, Schweizer, Belgier, Dänen, die alle in der Hütte übernachten wollen und morgen entsprechend weiterziehen. Mein Ziel ist noch gute 8 km entfernt, es soll eine kleine Stelle sein, an der man schön das Zelt platzieren kann. Diese Stellen gibt es entlang des Weges natürlich immer wieder von Zeit zu Zeit, aber diese ist in meiner Karte eingezeichnet und so habe ich irgendwie die Erwartung, dass sie doch besonders schön sein sollte. Den ganzen Tag über hat es sich trocken gehalten, um die Mittagszeit rum und am frühen Nachmittag war auch immer mal blauer Himmel dabei. Als ich gegen vier von der Hütte weiterziehe, fängt es wieder an zu regnen, aber es hält sich nicht so sehr lange und so komme ich bei wieder ganz gutem Wetter gegen sechs dann endlich in den Nationalpark Padjelanta. Die knapp zwei Tage bis hierher waren also nur ein Zubringerweg und passenderweise ist ab hier auch der Birkenwald zu Ende, ich habe freie Sicht in ein wunderschönes U-förmiges Tal. Das Ganze wird deutlich unterstrichen durch die herbstlichen Farben, das Sumpfgras hat eine magische gelb-orange Färbung und so fallen mir die 3 km, die ich jetzt noch habe, nicht so sehr schwer. Um kurz nach sieben erreiche ich die Stelle und siehe da, sie liegt an einem Wasserfall. Hatte ich zwischendurch doch schon ein- oder zweimal gehadert und überlegt, mein Zelt aufzustellen, freue ich mich doch jetzt umso mehr, dass ich bis hierher weitergegangen bin. Während ich das Zelt aufstelle und meine nassen Sachen Stück für Stück verstaue, beginnt es immer wieder zu regnen, aber ich sitze jetzt schon drin und tüftele mir neue Varianten aus, wie ich nasse Sachen aufhängen und über Nacht zumindest ein wenig trocknen kann. Die Belüftung in diesem Zelt ist sehr gut und ich habe mit jeder Stunde mehr Freude an meinem grünen, gar nicht so kleinen Panzer.Baca selengkapnya

  • 24. August - Ruhetag

    24 Agustus 2024, Swedia ⋅ ⛅ 7 °C

    Die erste Nacht in Padjelanta, übrigens der größte Nationalpark in Schweden und einer der größten in Europa. Angekündigt mit Regen, der auch in der Nacht aufgezogen ist und sich durchgehend bis zum Morgen gehalten hat. Per-Olof hatte gestern schon alle Wanderer darauf hingewiesen, dass es heute den ganzen Tag stark regnet und dazu heftigen Wind aus West gibt. Aus diesem Grund entschließe ich mich am Morgen kurzfristig, den Tag als Ruhetag zu verbringen und hierzubleiben. Ich ruhe bis zum Mittag, da es draußen tatsächlich durchgehend heftig regnet und windet. Nachdem ich entsprechend spät gefrühstückt habe, gehe ich dem Tagesgeschäft nach, als Morgengeschäft kann ich es ja nicht mehr bezeichnen jetzt. Dazu hat Petrus ab circa um eins für eine Stunde den Hahn zugedreht, es sind zwischen den schnell ziehenden Wolken sogar immer mal wieder Stücken von blauem Himmel zu sehen. Der Wasserfall als auch der Bach haben deutlich an Wassermenge zugelegt, gestern abend konnte ich mit den Wanderschuhen einfach durch den Bach und über einige Steine laufen. Von Steinen ist jetzt überhaupt nichts mehr zu sehen und der gesamte bewachsene Uferbereich ist jetzt überspült. Ich habe Zeit, mich ausführlich über den ganzen Tag verteilt mit den Möglichkeiten zu beschäftigen, wie ich in diesem Zelt meine Sachen aufhängen und trocknen kann. Es ist deutlich mehr möglich als vorher, so dass ich sogar meinen Poncho aufhängen und im Laufe des Tages trocknen kann. Eins meiner neuen Highlights ist aber die Möglichkeit, selbst bei Regen oben einen Bereich zu öffnen, aus dem ich die Umgebung beobachten kann. So entgeht mir auch nicht der Helikopter am Nachmittag. Ganz nebenbei greife ich mal wieder zu Nadel und Faden, um an meiner Hose eine Schönheitsreparatur vorzunehmen. Nach der ersten Pause kommt der Regen immer wieder mit kurzen Lücken dazwischen, je später der Tag beziehungsweise Abend wird, desto weniger Regen ist dabei. Um acht ist der Himmel bis auf wenige helle Wolken komplett blau und ich freue mich, hoffentlich morgen früh so wieder zu starten.Baca selengkapnya

  • 25. August

    25 Agustus 2024, Swedia ⋅ ⛅ 8 °C

    Na endlich! Mal wieder eine trockene Nacht. Ein guter Grund, um sechs aufzustehen. Während ich am Frühstücken bin, fängt es ganz genüsslich wieder an zu regnen, da ist doch all die Arbeit für die Katz. Und nicht nur, dass es mal schnell regnet, es hört nicht wieder auf. Leider weiß ich das immer nicht vorher, was jetzt noch kommt oder auch nicht. Also warte ich, nachdem ich alles soweit vorbereitet habe, dass der Regen vielleicht nachlässt oder mal eine halbe Stunde aussetzt… aber nix. So beginne ich um neun unter nassen Bedingungen einzupacken, also das Innenzelt separat trocken wegzupacken und den ganzen anderen Kram nass mitzunehmen. Kurz nachdem ich dann um zehn aufgebrochen bin, lässt der Regen tatsächlich etwas nach, aber wirklich trocken ist es nicht. An den Bergen ziehen Nebelfelder entlang, der Pfad ist zu großen Teilen ein Rinnsal. Es zieht sich langsam immer weiter aufwärts, so dass ich noch am Vormittag komplett aus den Bäumen raus bin und jetzt endlich wieder das freie kahle Fjäll habe. Zu beiden Seiten ragen majestätisch die größtenteils grün bedeckten Berge auf, auf meiner Höhe passiere ich immer wieder kleinere und größere Seen, schier unzählig viele. Und ich habe seit einiger Zeit auch mal wieder einige Rentiere um mich. Eine Neuerung auf meinem Weg heute: Ich benutze die Wanderstöcke. Die Sache mit meinem Knie ist weiterhin nicht ausgestanden und da ich es so oft gehört habe, habe ich sie heute Morgen doch noch einmal zur Hand genommen und werde es mindestens heute den ganzen Tag und wahrscheinlich auch die nächsten Tage einmal probieren. Wer weiß, vielleicht hilft es ja. Auf den Gedanken gekommen bin ich, da ich die letzten zwei, drei Tage immer wieder gehört habe, es kämen eine Reihe von Flüssen, die es zu furten gilt. Tatsächlich gibt es einige Bäche, die ich aber mit Schuhen ohne Umbauen durchlaufen kann, bei denen aber die Stöcke durchaus hilfreich sind. Gegen zwölf erreiche ich die Darreluoppal Fjällstuga, sie ist ähnlich wie die Hütten vom STF, allerdings ist diese hier von Sami betrieben. Eine der Hütten ist eine typische Notunterkunft mit einem Notruf-Telefon, aber auch hier kostet der Aufenthalt. Und da es draußen recht unangenehm ist, zahle ich den Obolus und kann dafür das Gas nutzen und im Trockenraum Sachen trocknen. Ich sitze mit einem schwedischen Paar, wir unterhalten uns sehr angenehm und dabei gehen am Ende zwei Stunden drauf, da es draußen auch nicht wirklich besser aussieht. Gegen zwei breche ich auf, ganz unbemerkt hat der Regen tatsächlich wieder soweit nachgelassen, dass es quasi trocken ist. Es geht ab hier jetzt deutlich steiler aufwärts in die Berge. Der Anstieg dauert eine gute Dreiviertelstunde, nach der bemerke ich, dass ich meinen Becher stehengelassen habe. Was denn nun? Zurücklaufen fällt aus, dann gibt’s den Kaffee ab jetzt direkt aus der Kanne. Ab jetzt geht es oben auf dem Plateau über eine Fläche, in der große Steine verteilt liegen, die aber trotzdem allgemein recht grün ist und wie schon am Vormittag wunderschöne Seen in verschiedenen Größen hat. Die Berge dazu machen eine sehr anmutige Landschaft und das läuft sich auch sehr schön. Eine Zeit lang habe ich eine besondere Art von Steinen entlang des Weges, sie sind fast schwarz, sehr rund geschliffen und haben ganz besondere Streifen, wie eine Art Maserung. Wie es auch gestern schon war, lichtet das Wetter am Nachmittag immer mehr auf und so habe ich ab um vier die ersten blauen Stücken Himmel, der immer weiter aufreißt. Der Weg allgemein ist ja recht einfach zu laufen, es wäre halt wünschenswert, wenn dabei die Sonne noch ein wenig mehr lachen würde. Gegen fünf erreiche ich die nächste Hütte, beziehungsweise Ansammlung von Hütten, es ist die Duottar Fjällstuga. Ich habe auf dem Weg in den letzten Tagen schon gehört, dass hier nach alter Art ein Brot gebacken wird, was man kaufen kann. Und auch wenn mein Tagessoll von der Entfernung her noch nicht erfüllt ist, reizt es mich sehr, hierzubleiben. Ich spreche mit der Hüttenwartin und sie sagt mir, dass es morgen früh ab um acht wieder ihr Brot gibt, ein guter Grund für mich hier zu bleiben und etwas abseits mein Zelt aufzuschlagen. So kann ich noch einmal in der Hütte den Küchenbereich nutzen, meine Sachen trocknen und mich morgen früh am Brot laben. In einiger Entfernung zieht um diese Zeit mit sehr eindrucksvollen Wolkenformationen von blauem Himmel über weiße und graue Wolken bis zu tief dunkelblauen eine Regenfront heran und während sich die hier bei uns nach einer guten halben Stunde niederlässt, koche ich in der Hütte mein Abendbrot. Eine ganz besondere Sache noch zu diesem Standort hier: Gute fünf Kilometer nordöstlich von hier liegt The Inaccessible Point (der unzugänglichste Punkt). Es ist der Punkt in Schweden, der von ziviler Infrastruktur am weitesten entfernt liegt, bedeutet, es sind über 50 km in alle Richtungen bis zur nächsten Straße. Der eine oder andere wandert entlang dieses Punktes, da es eine Stelle im Nichts ist, ist es mir den Umweg nicht wert. Er sagt aber doch etwas aus über die Abgeschiedenheit, in der wir uns hier bewegen.Baca selengkapnya

  • 26. August

    26 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 9 °C

    So, nächster Versuch an diesem Morgen. Um sechs aufgestanden will ich das Zelt abwischen, um es dann trocken wegzupacken. Als ich soweit bin und die Sturmleinen abgenommen habe, fängt es natürlich in diesem Moment wieder an, leicht zu regnen. Dank des starken Windes gibt es jetzt kein Zurück mehr und so geht das Ganze seinen sozialistischen Gang wie schon die letzten Tage. Immerhin brauche ich es alles heute nur in die Hütte rein zu schaffen, schließlich kann ich da drin frühstücken und dann in Ruhe packen. Kaum dass ich die ersten Sachen rein geschafft hab, kommen zwei neue Gäste, es sind Anne und Freya, zwei junge Mädels aus Deutschland, die gerade zweieinhalb Wochen Sarek hinter sich haben. Es ist sehr angenehm, mit Ihnen zusammen zu frühstücken, sie laden mich sogar zum Frühstück ein samt frischen, selbst gepflückten Heidelbeeren. Dabei wird es dann auch schon mal neun, bis ich zu Jerd, der Hüttenwartin rübergehe und mein bestelltes Fladenbrot abhole. Auch bei ihr dauert die Unterhaltung etwas länger und so wird es am Ende halb elf, bis ich bei ziemlich windigem und bis dahin sehr wechselhaftem Wetter aufbreche. Die Mädels hatten mir gleich empfohlen, die Crocs anzulassen, da kurz nach den Hütten schon zwei Flussquerungen anstehen. Die sind schnell gemacht und ab dann geht es ohne Regensachen, dafür aber mal wieder mit Solarpanel auf dem Rucksack Richtung Staloluokta. Das ist ein kleines Sami Dorf in gut 17 km Entfernung, in dem es neben der Fjällstation mit Sauna auch geräucherten Saibling, selbst gebackenes Brot und Kuchen gibt. Der Wind ist kalt, die Sicht klar und die Sonne strahlt immer mal zwischen den Wolken durch. Dadurch ist Padjelanta heute so schön und freundlich, wie es alle Leute immer gesagt haben. Die sanften Berge, die ganzen Bäche und Flüsse, die Seen, die Rentiere, das Grün, all das macht einen besonderen Reiz. Eine Zeit lang liegen eine ganze Menge schneeweiße Steine, so genannte Milchquarze umher. Schon aus einigen Kilometern Entfernung habe ich die weißen Punkte gesehen und konnte überhaupt nicht einschätzen, was das sein soll. Als ich eine Pause mache, kommen ein paar Rentiere immer näher zu mir, ich kann gut beobachten, wie sie meine Witterung aufnehmen und etwas neugierig bis auf 15 Meter an mich rankommen, dann aber entspannt weiterziehen. Es läuft sich leicht auf und ab in dieser so schöne Landschaft, im Laufe des Tages werde ich gute 300 Höhenmeter abwärts gelaufen sein. Gegen halb zwei mache ich eine längere Pause und krame das Fladenbrot heraus, dass bis dahin noch übrig ist. Es ist sehr lecker, auch ohne irgendwas dazu. Die Anzahl der Wanderer auf diesem Weg ist recht überschaubar, es werden wohl vielleicht zehn Leute im Laufe des Tages sein, die mir entgegenkommen. Gegen drei am Nachmittag hat es sich soweit zugezogen, dass es wieder langsam beginnt zu nieseln. Der Weg hat sich jetzt an den See Gieddávrre angenähert, hier geht es eine ganze Zeit lang durch recht dichtes Weidengestrüpp. Viel interessanter und schon fast vom letzten Schlafplatz aus sichtbar ist ein viel größerer See, der Virihaure. Er ist so wunderschön türkisfarben und über 20 km lang. An seinem westlichen Ende liegt Staloluokta, das ich gegen halb fünf erreiche. Nachdem ich mich in der Fjällstation erkundigt habe, zahle ich für den Zeltplatz auf der anderen Seite des Flusses am See, kann dafür wieder die Küche, den Trockenraum und dergleichen nutzen. Für den Abend melde ich mich für die Sauna an. Bis dahin will ich noch das Zelt aufbauen, solange es momentan noch trocken ist, im See baden, was zum Essen kochen und die kleine Kirche hier im Ort besuchen. Doch bevor ich zu alldem komme, treffe ich draußen vor dem Haus auf das deutsche Ehepaar, dass ich schon in Kvikkjokk angetroffen habe. Sie hatten sich hierher fliegen lassen und werden morgen wieder den Rückflug antreten. Die Unterhaltung dauert natürlich auch wieder etwas länger, und so muss ich mich sputen, im Gemeinschaftsraum mit dem Essen fertig zu werden, um dann um acht die Sauna zu besuchen. Danach sitze ich noch eine Zeit im Gemeinschaftsraum, komme mit allen möglichen Leuten ins Gespräch, um irgendwann nach um zehn runter zum See zu gehen und den Tag zu beenden.Baca selengkapnya

  • 27. August

    27 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 7 °C

    Heute wird’s stürmisch. Mindestens so ist die Anmeldung, dazu ordentlich Regen, ein guter Grund für einige, hier zu bleiben. Ich übe mich im Einpacken eines trockenen Zeltes. Wieder einmal sind genau die wenigen Minuten, in denen es trocken ist, nicht meine. Aber kein Problem, auch unter diesen Umständen klappt es mit dem neuen Tempel hervorragend. Nach dem Frühstück im Gemeinschaftsraum und noch ein paar Gesprächen hier und da starte ich gegen halb zehn. Direkt am See entlang steuere ich in diesem kleinen Sami-Dorf noch zu einem Haus, um Fisch und Brot zu kaufen. Ein warm geräucherter Saibling und zwei Scheiben Fladenbrot für 200 Kronen sind zwar nicht wirklich geschenkt, aber originaler bekomme ich es nirgends. Ich unterhalte mich noch eine Weile mit der Frau, die mir ein wenig aus dem Leben hier erzählt, bis sie mich irgendwann losschickt, bevor der Wind zu heftig wird. Das Wetter ist nicht so schlecht wie angemeldet und so starte ich gegen zehn zwar bei starkem Wind, der laut ihrer Aussage auch noch deutlich zunehmen soll, aber es ist nur zwischendurch immer mal am Nieseln und manchmal sind auch ein paar blaue Stücken am Himmel samt Sonne zu sehen. Aus dem Ort raus geht es erst mal etwas steil den Hang hinauf, übrigens für kurze Zeit mal wieder entlang des E1, des Nordkalottleden und des Nordlandsleden. Der Weg zieht sich eine ganze Zeit lang an den Hängen am östlichen Ufer des Virihaure entlang. Von hier oben habe ich einen wunderbaren Blick auf dieses faszinierend türkisfarbene Wasser in verschiedenen Nuancen. Der heftige Wind lässt Wellen mit deutlich weißen Kämmen entstehen, dadurch wirkt der See eher wie ein Meer als ein Binnengewässer. Schon beim Losgehen heute Morgen habe ich es wieder sehr deutlich gemerkt, der Herbst ist sowas von da, alles riecht sehr intensiv wie zum Beispiel die welken Blätter und mit dem Wind dazu muss ich die ganze Zeit an Drachensteigen denken. Ich könnte ja meinen großen Poncho nehmen und dann die Wäscheleine anbinden… Nochmal etwas mehr als gestern habe ich heute das Gefühl, dieses schöne Padjelanta, dieses wunderschöne Padjelanta. Immer wieder bleibe ich stehen, blicke auf den See, aber auch die Hänge, an denen ich entlang laufe, die Formationen der Hügel und Täler, die Bäche, die so unterschiedlich herunterkommen sind so wunderschön anzusehen. Gegen eins erreiche ich zusammen mit dem Schweden Anders das Sami-Dorf Árasluokta. Hier gibt es auch eine Fjällstuga, in der wir in einer der Hütten die Mittagspause machen. Es hat in der Zwischenzeit heftig angefangen zu regnen, ich genieße derweil den Fisch mit dem Fladenbrot und nach gut anderthalb Stunden geht es gegen halb zwei weiter. Trotz des Wetters waren wir merkwürdig schnell unterwegs, gerade weil die Landschaft auch nicht einfach flach zu durchlaufen ist. Das erklärte Ziel des heutigen Tages ist die Låddejåhkå Fjällstuga. Es sind insgesamt 25 km bis dahin, die sich aber sehr gut laufen. Ich bin bezüglich des Windes heute in der richtigen Richtung unterwegs, ich habe ihn von hinten. Alle Wanderer, die mir entgegenkommen und mit denen ich spreche, sind ziemlich am Ende, weil sie den ganzen Tag harten Wind und Regen ins Gesicht haben. Ich habe weiterhin einen tollen Blick zurück auf den Virihaure, er bestimmt heute hauptsächlich das Bild des Tages und ist einfach in seiner Türkisfarbe zu faszinierend. Es geht jetzt in Richtung des Flusses Miellädno, der Unmengen von Sedimenten aus den Bergen mitbringt und noch etwas heller türkis schimmert als der See, in den er gleich läuft. Unterwegs sind immer mal wieder ein paar Rentiere anzutreffen und gegen vier erreiche ich den Fluss, den ich über eine große Hängebrücke überquere. Direkt auf der anderen Seite ist ein kleines Kreuz mit einer Inschrift, hier ist in 1944 ein russischer oder polnischer Strafgefangener aus einem deutschen Arbeitslager aus Norwegen ums Leben gekommen, der geflüchtet war und es immerhin bis hierher geschafft hat. Ob er den Fluss nicht geschafft hat oder verhungert ist, ergibt sich aus der Inschrift nicht, ein Geistlicher hat ihn in der Nähe begraben lassen. Ab hier geht es jetzt über den Pårka- Pass zwischen den Bergen Allak und Huornnásj hindurch. Der Wind ist hier deutlich stärker und das heftigste, was ich bisher auf der ganzen Wanderung hatte. Es ist tierisch laut, zwischendurch regnet es immer wieder. Ich bin froh, dass es immerhin nur von der Rückseite her weht, an einigen Stellen ist es schwierig, die Spur zu halten. Trotzdem sehe ich am Himmel immer wieder zwischendurch sogar größere Stücken blauen Himmels, die von den tief und schnell durchziehenden Wolken immer mal wieder verdeckt werden. Circa auf der Passhöhe komme ich an einer besonderen Steinformation vorbei, es wirkt, als hätte Mutter Natur hier vergessen, die Steine abzutragen und so stehen sie als merkwürdige Formation mitten in der kahlen Landschaft. Ich könnte mir vorstellen, dass diese besondere Konstellation auch ein heiliger Ort der Sami ist oder mal war. Die Hoffnung, dass der Wind auf der anderen Seite des Passes talwärts weniger wird, erfüllt sich nicht, da dieses Tal in den recht großen See Vastenjaure mündet und von dessen nordwestlicher Richtung her der Wind ungebremst durchfährt. Zum Ende hin soll es halt noch mal alles sein. Gegen halb sieben komme ich runter ins Tal an den Fluss Låddejåhkå, die Hängebrücke führt über wunderbar anzusehende Stromschnellen und Wasserfälle und nicht weit entfernt davon komme ich an die Fjällstuga. Ich baue noch im Regen und bei einigermaßen Wind das Zelt auf, um dann im Gemeinschaftsraum das Essen zuzubereiten. In dieser Zeit hat der Wind nachgelassen, es regnet auch nicht mehr, ich bin ziemlich müde und lege mich gegen zehn zur Ruhe.Baca selengkapnya

  • 28. August

    28 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 10 °C

    So langsam gewöhne ich mich an das frühe Aufstehen. Um sechs raus und alles vorbereiten bis zum Abbauen des Zeltes ist inzwischen gute Routine. Genau dieselbe Routine ist es auch, die mich heute wieder mal den Moment abwarten lässt, bis es nicht regnet, dann den Tanz einmal rund um die Discokugel, um sie schnell trockenzuwischen. Und wenn ich gerade rum bin, beginnt es doch wieder zu regnen. Lassen wir das… Der Gemeinschaftsraum in der Hütte ist zum Frühstück schon recht voll, es sind viele bekannte Gesichter, aber natürlich auch einige neue von gestern Abend. Mit allem Drum und Dran wird es gut halb zehn, bis ich aufbreche und direkt hinter der Fjällstuga den Hang hochsteige. Es ist weiterhin bewölkt, immer mal wieder Niesel dabei, aber als ich auf einer Hochfläche angekommen bin, sehe ich in einiger Entfernung, dass die Sonne scheinbar doch heute durchkommen will. Entsprechend befreie ich die Solarzelle vom Poncho und lege meine Regensachen ab. Just als ich damit fertig bin, beginnt es natürlich wieder zu regnen und ich baue ich auf der Stelle alles wieder um, nicht ohne dabei lautstark mit den Augen zu rollen. Trotz dieser Wetterkapriolen, die sich ja nun seit einigen Tagen hinziehen und die Gemüter aller Wanderer unüberhörbar strapazieren, kann ich seit gestern und deutlich heute sagen, dass meine Stimmung sich deutlich gebessert hat. Dieses Thema Herbst und dunklere, nasse Zeit hat mir schon seit 2-3 Wochen einigermaßen auf dem Gemüt gelegen. Immer in Gedanken an die Solarzellen und den Handyakku, die eingeschränkte Tageslichtzeit und das ewige Nass in Nass. Aber gerade weil ich genau das diese Tage ewig habe und merke, dass weder die tief hängenden Wolken noch das Nasse so wirklich die Tage verderben, fühlt es sich jetzt wieder gut an. Ich muss halt eben mit meinem Handy bezüglich Kartennutzung und Sprachaufzeichnungen etwas zurückhaltender sein, Empfang gibt es seit gut einer Woche sowieso nicht mehr, damit ist das Schreiben von Nachrichten ganz automatisch hinfällig. Ich ziehe weiter über die Hochebene, sehe unter der tiefhängenden Wolkendecke westlich von mir den recht großen See Vastenjaure, der leider dank fehlender Sonneneinstrahlung nicht so schön türkis wirkt, obwohl er natürlich wie auch der gestrige Unmengen von Sedimenten durch die Flüsse aus den Bergen bekommt. Da die Sonne sich immer mehr zwischendurch zeigt, baue ich um elf zur ersten Pause wieder alles um auf Sonnenschein. Ich pflücke mir rundherum eine ganze Menge Preiselbeeren, da die jetzt aktuell so schön fett und reif sind und diese wunderbaren Umstände lassen mich auf dem weiteren Weg heute wieder viel singen, was ein so prächtiges Stimmungsbarometer für mich ist. Nachdem ich die Wanderstöcke nun einige Tage verwendet habe und mich grundsätzlich auch mit ihnen angefreundet habe, möchte ich sie trotzdem heute nicht weiter verwenden und packe sie weg, mal sehen, ob ich einen Unterschied wahrnehme zu den letzten Tagen. Das Laufen an sich ist ähnlich wie gestern, obwohl es schon über die Hochebenen geht mit einigem Auf und Ab läuft es sich doch sehr gut und ziemlich zügig, ich habe heute auch wieder gut 24 km bis zur Kisuris Fjällstuga geplant, es wird die letzte Übernachtung auf dem Padjelantaleden sein. Die Distanz bis dahin mache ich deshalb, weil ich morgen am Nachmittag möglichst das Boot über den Akkajaure bekommen möchte, was mich nach Ritsem bringt, der Ort, an den Christiane eins ihrer Essenspakete hat liefern lassen. Da ich mit Futtervorräten so weit runter bin, dass ich mir keine weiteren Tage erlauben will, ist mir das Übersetzen morgen am frühen Nachmittag so wichtig.
    Entlang des östlichen Endes des Vastenjaure zieht sich der Pfad um den Berg Loadásj herum, am Ufer gibt es mehrere, teils recht große Sami-Siedlungen. Gegen eins komme ich am Vuojatädno an eine sehr große Hängebrücke, hier teilen sich die Wanderwege wieder auf. Ich folge weiter linker Hand dem Padjelantaleden, alle anderen führen über die Brücke und gehen in westlicher Richtung auch weiter Richtung Akkajaure. Hier am Fluss halte ich meine Mittagspause, es ist zwar ziemlich windig und es liegt immer eine Art von feinem Niesel in der Luft, aber es ist nicht genug, um mich in der Pause zu stören. Es ist wunderschön, an diesem breiten Fluss zu sitzen und einfach vor mich hinzuträumen. Als ich von hier weitergehe, habe ich in einiger Entfernung das Akka-Massiv im Blick, es bildet das nordwestliche Ende des Sarek-Nationalparks. Am Fuß dieser Berge werde ich heute Abend fast ankommen und morgen entlang laufen. Leider hält sich der gesamte obere Bereich des Bergmassivs den ganzen Tag in den Wolken. Allen, die sich an Nils Holgersson und die Anführerin der Gänse, Akka von Kebnekaise erinnern, dürfte dieser Name also ein Begriff sein. Selma Lagerlöf hat seinerzeit einen wunderschönen Kunstnamen erfunden, der Akka ist einer der höchsten Berge in Schweden, Kebnekaise der höchste. Der Weg hat sich langsam Stück für Stück in eine Niederung gezogen mit teils merkwürdigen, wie aufgeschüttet wirkenden kegelförmigen Flächen, auf denen sich ein paar Bäume halten und über die sich auch der Weg zieht. Es ist ein ewiges Auf und Ab, das aber nicht sonderlich hoch ist, vielleicht irgendwo zwischen 15 und 30 Metern. Zum Nachmittag hat es sich wieder mehr zugezogen, dieses ewige Bäumchen-Wechsel-dich-Spiel macht aus der Landschaft hier ein Regenbogenland. Ich falle noch einmal auf das Spiel herein, als es heißt, die Klamotten von Regen auf Sonne umzubauen, so dass ich heute einige Zeit damit zubringe. Gegen halb fünf erreiche ich dann während eines heftigen Schauers die Fjällstuga und baue direkt im strömenden Regen das Zelt auf. Und dabei passiert mir etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hätte, ich zerstöre mir eins der Elemente vom Zeltgestänge. Es ist eine der Hülsen, die jetzt zu gut einem Drittel ausgebrochen ist, da habe ich wohl nicht genug Obacht gegeben, dass die Elemente wirklich korrekt ineinander stecken oder es ist während des Einsteckens noch einmal weiter auseinander gerutscht. Glücklicherweise hat der Hersteller ein Ersatzelement mitgeliefert und der Austausch gestaltet sich recht einfach, so dass ich nach 20 Minuten ein vollständig aufgebautes und intaktes Zelt habe. Im Gemeinschaftsraum, der rappelvoll ist, mache ich mir was zu essen und einen Tee, unterhalte mich mit einigen der Anwesenden und verschwinde rechtzeitig um acht, da morgen früh der Wecker für mich schon um fünf klingelt.
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  • 29. August

    29 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 13 °C

    Der letzte Tag in Padjelanta bricht sehr früh an. Für um fünf ist der Wecker gestellt und ich stehe auch direkt auf, will auf Nummer sicher gehen, um zehn vor zwei das Boot über den Akkajaure zu kriegen, um in Ritsem nach meinem Futterpaket zu fragen. Zu meiner großen Freude ist der Himmel blau, es ist ein wunderschöner Herbstmorgen und ich blicke Richtung Sarek, hinter dessen Bergen gerade die Sonne aufgeht. Natürlich ist um diese Zeit alles noch nass und beschlagen, das Zelt wird nicht von allein trocknen, so helfe ich einmal außenrum nach und gehe dann zum Frühstück. Alles, was gestern noch nass war, ist im Trockenraum über Nacht wunderbar zum Wegpacken vorbereitet worden, um kurz vor acht bin ich mit allen Vorbereitungen fertig und ziehe los. Es sind heute nur 15 km und ich muss nicht hasten, will circa 1 Stunde vor der geplanten Zeit in Änonjálmme am See sein. Die Stimmung ist dank des brillanten Wetters großartig, aber nicht nur bei mir. Ich tue mich anfangs mit der Richtung etwas schwer, nachdem ich zwei Hängebrücken überquert und das Gefühl habe, vom Akka-Massiv eher wegzulaufen als hinwärts. Nachdem ich zum dritten Mal mit der Karte verglichen habe, muss ich feststellen, dass ich die falschen Berge für Akka gehalten habe. Naja, ist wohl eine leichte Ost-West-Schwäche oder es ist noch zu früh oder ich hab’s an den Augen oder was ganz anderes. Der Weg ist heute nicht besonders schwierig, es sind kaum Steigungen dabei, es zieht sich in einem großen Tal in Richtung See. Die warme Sonne, der Geruch und die Farben des Herbstes, das alles lässt mich heute wieder singen und obwohl gut die Hälfte des Weges im Birkenwald verläuft, macht es mir überhaupt nichts aus. Vielleicht ist es, weil die Birken zur Hälfte schon die Blätter verloren haben und damit immer noch eine gute Sicht Richtung Berge möglich ist, vielleicht ist es aber auch einfach nur meine gute Laune. Nach einer guten Woche werde ich heute Padjelanta verlassen, mal wieder Empfang haben, um ein paar Nachrichten zu schreiben und auch auf die Überfahrt mit dem Boot freue ich mich. Es sind knapp 9 km Luftlinie über den See Akkajaure, der das größte Stauprojekt in Schweden ist und durchaus auch sehr umstritten. Mitte der Siebzigerjahre wurde hier die Landschaft auf über 50 km geflutet und damit wichtige Wege der Samen, aber auch der Rentiere für immer unterbrochen. Meiner Laune tut das keinen Abbruch, ich habe irgendwann dann doch die Akka-Berge (2015m.ü.M.) im Visier und bewege mich zielstrebig auf sie zu. Dabei geht es immer wieder durch Sumpfland und über kleinere und größere Bachläufe und Flüsse. Ich merke, dass ich doch recht flott unterwegs bin und gönne mir deshalb heute einige auch längere Pausen zwischendurch, in denen ich je nach Vorkommen Blaubeeren und Preiselbeeren wie ein Harvester ernte. Über den gesamten Vormittag ziehen diese steilen Berge rechterhand langsam an mir vorbei, der Blickwinkel ändert sich kontinuierlich, natürlich auch der Sonnenstand und so habe ich Richtung Mittag einen guten Einblick weit oben in die Gletscherzone. Seit circa um elf habe ich immer mal wieder den See in Sichtweite und der Pfad führt immer dichter an den Fluss Vuojatädno heran, der der wichtigste Zufluss des Stausees ist. In den letzten paar Tagen haben die Birken massiv von grün auf gelb umgestellt, damit ist der Geruch von Herbstlaub noch stärker geworden und ich möchte es irgendwie in jedem Foto gern mit unterbringen, da es mich absolut begeistert. Gegen zwölf überquere ich den donnernden Fluss über eine Hängebrücke und bin eine gute Dreiviertelstunde später an der Akka Fjällstuga. Hier gibt es auch eine Fläche, auf der der Hubschrauber landet und es steht deutlich sichtbar ein Schild, dass er regelmäßig um eins rüber nach Ritsem fliegt. Ich hatte davon in den letzten Tagen schon gehört, aber weder Zeiten noch Preise gewusst. Jetzt sehe ich, dass in 10 Minuten der Abflug über den See ist und nur zehn Euro mehr kostet als die Bootsfahrt. Heißt für mich, in einer Viertelstunde auf der anderen Seite zu sein, statt noch eine Stunde zu warten, um dann anderthalb Stunden mit dem Boot zu fahren. Da lass ich mir nix im Halse kratzen und in Nullkommanichts sitze ich vorne neben dem Piloten und genieße einen kurzen Überflug von circa 7 Minuten. Das hätte ich mir gestern noch nicht träumen lassen, heute diesen Luftquirl zu reiten. Vom Landeplatz aus ist es nicht allzu weit zur STF-Fjällstation, hier frage ich nach dem Futterpaket und tatsächlich steht es sogar mit meinem Namen versehen schon bereit. Christiane hat also ganze Arbeit geleistet, an dieser Stelle noch einmal meinen allerherzlichsten Dank. Aber was muss ich dann sehen, als ich es öffne? Es ist nicht zu gebrauchen, denn es steht „Abisko“ drinne, aber ich bin doch in Ritsem. Kleiner Ulk am Rande, natürlich werde ich von hier bis nach Abisko mit dieser Versorgung kommen ;) Nachdem ich einen Kaffee getrunken und das Zelt zum Trocknen aufgestellt habe, mache ich mich an ein paar organisatorische Sachen, da ich ja jetzt wieder unter den Zivilisten bin. Am Abend sitze ich mit einigen Leuten zusammen im Gemeinschaftsraum, gefühlt bin ich der einzige, der morgen von hier aus weiterläuft, abgesehen von den Wanderern, die am späten Nachmittag mit dem Bus angereist sind. Bei der Gelegenheit nutze ich heute hier noch die Waschmaschine und kann morgen aus dem Trockenraum frische trockene Sachen einpacken.Baca selengkapnya

  • 30. August

    30 Agustus 2024, Swedia ⋅ ⛅ 9 °C

    Man hat doch wohl schon wieder über Regen gemunkelt. Als ich um sechs aufstehe, ist es trocken, die Nacht fühlte sich ungewöhnlich warm an und selbst das Zelt ist komplett trocken. Von daher mache ich erneut einen Anlauf, einmal das Einpacken trocken zu schaffen. Und ja, es gelingt seit wie langer Zeit zum ersten Mal. Den fertigen Rucksack nehme ich mit in die Fjällstation rein und mache mir Frühstück. Dadurch, dass so viele Wanderer abreisen, ist natürlich auch viel Futter übrig. Und so bekomme ich von zwei Schwaben noch eine Salami geschenkt, Lars aus Köln, der wegen einer abgelösten Sohle aufhören muss, hinterlässt mir einige Knabbereien für tagsüber, aus der Gruschkiste schnappe ich mir noch eine Packung Knäckebrot und bin damit für die nächste Woche hoffentlich ganz gut dabei. Der Mann hat ja schließlich auch immer großen Hunger. In der Zwischenzeit hat es angefangen zu regnen, ich schreibe noch einige Nachrichten und führe Telefonate. Mit Duschen, hier und da quatschen und verabschieden ist es halb zwölf, bis ich mich auf den Weg mache. Ich erwarte für die nächste Woche ziemlich ähnlich wenig Empfang und will daher sicher sein, dass alles notwendige geregelt ist. Es sind heute 20 km geplant bis zum Sitasjaure. Es führt eine Schotterstraße dorthin, die sehr gut zu laufen ist und auf der dank einer Sperre nach dem Ortsausgang bis auf ein Quad kein einziges Fahrzeug unterwegs ist. Die Wolken hängen tief und bewegen sich kaum, der Blick zurück auf den Akkajaure zeigt kaum etwas vom Akkagebirge und so stelle ich mich auf einen sehr einfachen und überschaubaren Tag ein. Ob es ein Regentag ist, wenn es alle halbe Stunde für eine halbe Stunde regnet, damit bin ich gedanklich noch nicht ganz fertig. Schließlich ist es ja dann auch alle halbe Stunde eine halbe Stunde trocken. Es läuft sich auf dieser Straße zügig und recht angenehm, sie ist vom Untergrund her deutlich weicher als Asphalt, außerdem sind die Steigungen sehr überschaubar. Parallel zur Straße ist eine Hochspannungstrasse geführt, aber die Umgebung als solches ist natürlich original Fjäll, gibt ja schließlich nichts anderes hier. Und so ist trotz des diesig-nebligen Wetters die Farbkombination aus gelb, grün, braun, rot und orange mit unzähligen Zwischentönen ein Hingucker. Gerade als ich losgegangen war, hat mir mein Knie auf den ersten 200 Metern gesagt: „Dreh doch bitte um und setz dich wieder hin“, ab danach hat es sich aber heute nicht wieder gemeldet. Dank des Regens und fehlender Sitzgelegenheiten mache ich nur sehr kurze Pausen und bin gegen halb drei plötzlich schon 13 km gelaufen. Ich passiere den Autajaure und tatsächlich finde ich am See eine verschlossene Hütte, die allerdings einen Dachüberstand hat, der dem Vagabunden genau gerecht wird für eine lange Pause. Ein kleines Außenthermometer an der Hütte zeigt 7° über Null, für mich fühlt es sich gar nicht kalt an, gerade auch weil es heute Nacht gefühlt deutlich mehr als die 3-4° waren, die wir in den letzten Nächten hatten. Die Pause hier taugt auch dem Wetter, der Regen hört nämlich im Laufe der Stunde auf und nach einer weiteren halben Stunde sehe ich sogar die ersten blauen Himmelsstücken. Es geht konstant leicht bergauf; von circa 430 m.ü.M. in Ritsem bin ich am Sitasjaure nachher bei gut 600 m.ü.M. Da das Wetter so schön aufklart, geht der Rest bis zur Sitasjaure Fjällstuga auch sehr flott und ich erreiche sie um kurz nach fünf. Der Hüttenwart Stefan hat mich schon seit einiger Zeit beobachtet, als ich die Straße hochkam. Er empfängt mich mit Preiselbeersaft und ich frage ihn erstmal, wo ich denn mein Zelt aufstellen kann, ohne zu dicht am Gelände zu sein, um mir die Gebühr zu sparen. Als er mir darauf hin in der Karte einen Platz zeigen will, vermute ich, er hat mich nicht richtig verstanden. Hatte er wohl und erklärt mir, dass es rund um die Hütte kaum genug Plätze für die zahlenden Gäste gibt und deshalb ist seine Empfehlung, noch eine Dreiviertelstunde zu investieren und über den nächsten Berg zu steigen, vor den wir gerade direkt schauen. Aus dieser Empfehlung wird eine ganze Stunde äußerst interessanter Unterhaltung, da er ein Sami hier aus der Gegend ist und zu den Örtlichkeiten viele Sachen zu berichten weiß. Unter anderem, dass hier vom Sitasjaure in den siebziger Jahren, sein Vater und sein Großvater waren neben circa 6000 weiteren Arbeitern am Großprojekt Akkajaure beteiligt, ein circa 15×15 Meter großer Tunnel unterirdisch über circa 16 km bis runter nach Ritsem gebohrt wurde. Durch den donnern die Wassermassen des Sees und betreiben circa 300 Höhenmeter tiefer ein Kraftwerk. Während wir plaudern, kommt die Sonne immer stärker raus und damit es nicht so spät wird, ziehe ich gegen sechs weiter. Es ist ein sehr angenehmer Abendspaziergang, auch wenn ich noch über 100 m höher über den Berg steigen muss, um dann vor einem weiten offenen Fjäll zu stehen, in der Entfernung die Berge, hinter mir sogar wieder das Akka-Massiv zu sehen. Es gibt eine ganze Reihe kleiner Seen und so baue ich angesichts des guten Wetters mein Zelt völlig ausgesetzt schön weit oben auf und öffne alle Dachluken, um vielleicht am späten Abend noch ein paar Polarlichter zu sehen. Vorher gibt es aber noch aus Christianes Fundus lecker Nudeln mit Pilzen. Für einen Gourmet wie mich ein Hochgenuss und vor allem mal eine Abwechslung zu dem, was ich selbst sonst immer so anrühre. Ich bin jetzt auf circa 730 m Höhe bei komplett offenem Zelt und betrachte die Wolken, wie sie sich mit unendlich langsamer Geschwindigkeit um die Berggipfel zusammenziehen. Es ist so gut wie windstill und ich freue mich unheimlich darüber, dass Stefan mich hierher geschickt hat. Es ist doch mal wieder ganz schön, weg von den Hütten und den vielen Leuten ganz allein ganz oben und ganz weit draußen zu liegen. Das Thema Polarlichter begrabe ich gegen halb zehn, da es sich doch komplett mit Wolken zugezogen hat.Baca selengkapnya

  • 31. August

    31 Agustus 2024, Swedia ⋅ ☁️ 7 °C

    Gute Nacht, also die war es. Wunderbar ruhig ohne Wind und Regen, naja also 10 Minuten am Morgen, damit ich meine Routinen einhalten kann und das Trockenwischen nicht verlerne. Von sieben bis um neun lasse ich trocknen, frühstücke und genieße die Sonne, die tatsächlich für eine Viertelstunde um diese Zeit erscheint. Dementsprechend tanze ich nackt ums Zelt und quäle das Microfasertuch. Es lässt sich von oben her ähnlich an wie gestern, mehr und mehr Wolken ziehen auf, aber sie halten dicht. Ich freue mich auf einen Tag im flachen, weiten Fjäll, ziemlich allein, da dieses Stück Weg kaum sonst jemand beschreitet. Die weite Sicht über diese sanft hügelige Landschaft ist lediglich an den Seiten durch nicht allzu hohe Berge begrenzt, die im Dunst der Wolken ziemlich verschwimmen. Umso mehr wirkt auf mich die Farbe der Graslandschaft, des Birken- und Weidenstrauchwerks am Boden, von Moos, Sumpfgras und all den anderen Bodendeckern, die hier alles geben, um in Summe einen Regenbogen darzustellen. Sitasjaure, das ich gestern Abend passiert habe, eine Samen-Siedlung ist mit noch einigen weiteren am heutigen Weg über den Wanderpfad als auch über eine Quadstrecke verbunden, die sich zwischendurch immer mal kreuzen oder auf gemeinsamer Linie sind. Entsprechend laufe ich von Zeit zu Zeit auf dem fünffach beplankten Weg und dann mal wieder durchs Gelände wie hier so üblich über Stock und Stein, ach nein, nur über Stein.
    Ich merke, dieser Tag wird ein Entdeckertag der kleinen Dinge. So viele kleine farblich oder allgemein hervorstechende Sachen, die mich faszinieren, lassen mich immer wieder mit dem Rucksack auf dem Rücken am Boden knien, um sie irgendwie aufs Bild zu kriegen. Da ist zum Beispiel der Stein auf dem Weg, auf dem sich vor vielen vielen Monden ein Meerestier oder eine Pflanze so deutlich eingeprägt hat, oder der klitzekleine Frosch, der Lemming, einfach alles im Kleinformat. Wunderschön, trotz oder gerade wegen der eher trüben Lichtverhältnisse in der großen weiten Landschaft. Gegen Mittag hat es sich doch soweit zugezogen, dass ich mir die Regensachen überziehe, da auch der Wind über diese offene Landschaft heute recht kühl ist und ich, bis dahin nur im T-Shirt unterwegs, doch ein wenig mehr Schutz brauche. Um halb eins lasse ich mich zur großen Hofpause nieder und ähnlich wie gestern reißt es während der Ruhezeit immer mehr Lücken in die Wolkendecke. Der blaue Himmel ist durchzusehen und so wirkt die Landschaft doch gleich viel freundlicher. Ich bin total happy, diesen Weg hier zu gehen, so ganz allein nach all den Tagen mit vielen täglich wechselnden Menschen und Gesichtern. Einerseits mag ich das absolut, mit allen möglichen Leuten in Kontakt zu kommen und mich zu unterhalten, aber auch das hier gibt mir wieder sehr viel, nichts und niemanden um mich rum außer ein paar Rentieren und hin und wieder mal ein Adler oder ein Falke. Natürlich nicht zu vergessen die Moorschneehühner, die es hier auch recht häufig gibt, scheinbar eine andere Sorte als weiter südlich, da diese hier immer stumm wegfliegen und entsprechend nicht auf meinem Nervenkostüm rumtrampeln. Am Nachmittag dann wird das Gelände etwas hügeliger und steiniger, viel loses Geröll, das umherliegt und die Landschaft gerade bei dieser Beleuchtung grau wie eine Mondlandschaft erscheinen lässt. Um halb drei kann ich einen der Gletscher im Kebnekaise-Massiv erkennen, gerade als ich den See Gáiccajohka erreiche, hinter ihm liegt der Hukejraure mit der Fjällstuga. Luftlinie ist das von hier nur noch dreieinhalb Kilometer, da ich aber die Jesuslatschen nicht dabei hab, muss ich um den See rumgehen und damit noch mal 1 km drauflegen, aber um diese Zeit ist das ja noch sehr manierlich. Wie ich merken muss, ist das Rumlaufen um diesen See doch deutlich aufwändiger, als es über den Tag heute war. Dieses steinige Gelände und das Überklettern einiger Hügel macht zum Nachmittag noch einmal etwas Schweiß auf die Stirn. Als kleines Entgegenkommen finde ich aber just an einem steilen Hang neben dem Weg ein gut zu durchforstendes Blaubeerfeld. Während ich mich wie ein Braunbär da durcharbeite, habe ich den „Blueberry Hill“ auf den Lippen. Wenig später, gegen vier, sehe ich sie dann, die Hütten am See. Ich bin in einer ganz besonderen Mission zu diesen Hütten unterwegs: Mein Host in Luleå hat mir erzählt, dass gute Freunde von ihm hier Hüttenwart sind und ich Helena und Jonas doch beste Grüße ausrichten soll, wenn ich des Wegs bin. Ich sag nur „Welt, Dorf, Scheibe…“. Das ist mir natürlich eine besondere Freude und tatsächlich treffe ich die zwei an, diese Hütte ist aktuell ohne weitere Besucher, da sie eben an einem nicht so sehr belaufenen Weg liegt. Ob ich hierbleiben will, ist mir bis dahin noch gar nicht klar, vielleicht ziehe ich weiter, aber erst mal halten wir ein langes Schwätzchen draußen, dann gehen wir rein in die warme Hütte und mehr und mehr wird es ein sehr angenehmes, interessantes und freundschaftliches Klima. Da ohnehin nicht viel los ist, der Draht zueinander stimmt, laden Sie mich zum Essen ein, sie haben frischen selbst gefangenen Fisch draußen aus dem See, Jonas backt dazu selbst Brot und kocht Kartoffeln. Das kann ich auf keinen Fall ausschlagen und entscheide mich, mein Zelt in der Nähe der Hütte aufzustellen, um dann morgen hier auch den Ruhetag zuzubringen. Schon gestern an der letzten Hütte haben mir die Leute erzählt, dass es hier in dieser Hütte eine ganze Menge Vorräte gibt, die zurückgelassen wurden und aus denen man sich ja üblicherweise bedienen kann. Ich habe mich den ganzen Tag gefragt, warum ausgerechnet in dieser Hütte, die doch gar nicht so an einem typischen Endpunkt liegt wie zum Beispiel Ritsem. Jetzt erfahre ich, dass hier die alte Jurte renoviert wurde und die Leute, die das gemacht haben, alles überflüssige an Lebensmittelvorräten nach der Fertigstellung hiergelassen haben. So kann ich mir aus einem Fundus noch ein paar nette Sachen aussuchen, auch dosenverpacktes Zeugs, was ich dann gleich hier vor Ort heute und morgen verzehren kann, so muss ich nicht das schwere Zeug durch die Landschaft schleppen. Nachdem wir gemeinsam dieses wunderbar leckere Essen hatten und viel viel erzählt haben, beschließen wir den Tag gegen halb zehn und ich freue mich darauf, morgen mit Jonas, wenn das Wetter es zulässt, mit dem Kanu auf den See rauszufahren und mir vielleicht selbst einen Saibling zu fangen.
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  • 1. September - Ruhetag

    1 September 2024, Swedia ⋅ 🌙 8 °C

    Es ist schon wieder Sonntag, und was für einer. Nachdem ich um sechs kurz zur Toilette war, drehe ich mich noch mal rum und mache die Augen erst um neun wieder auf. Wie ich den Kopf rausstrecke, sehe ich einen blauen Himmel und sonst nichts. Fantastisch, und in diesem Licht schon am Morgen ist auch der See blau, die Berge, die mir gestern noch wie eine Mondlandschaft erschienen, wirken deutlich lieblicher. Das Grau der Steine ist viel heller, da wo es grün ist, erkenne ich es heute auch als grün und insgesamt ist dieser Ort hier irgendwie besonders. Ich gehe jetzt zum Frühstücken rüber in die Hütte und wir setzen das fort, was wir gestern Abend beendet haben: Wir unterhalten uns, als würden wir uns schon ewig kennen, so ist die ganze Zeit mein Gefühl. Jonas hat für den Nachmittag die Kanutour angekündigt und ich habe heute nicht so wahnsinnig viel zu tun, die Wäsche ist schließlich erst in Ritsem gemacht worden und so werde ich bei dem schönen Wetter die Schuhe trocknen und wachsen. Die beiden sind nebenbei an der Hausarbeit, die sie hier seit einigen Wochen regelmäßig machen und jetzt langsam beginnen, sich auf das Ende der Saison in einer Woche vorzubereiten. Dementsprechend lange zieht sich das Frühstück und das Erzählen hin. Als wir draußen sind, entscheidet Jonas kurzfristig, doch jetzt schon mit dem Kanu rauszufahren, da das Wetter so schön ist und er den Plan wohl auch nur hatte, um ihn jetzt zu verwerfen. So legen wir mit dem Faltkanu ab, jeder mit einer Angel ausgerüstet und tatsächlich dauert es auch für mich, der sich vor 15 Jahren wegen zwei linker Hände in dieser Sache von jeglicher Angelei losgesagt hatte, nicht lange und ich ziehe den ersten Arctic Char (Seesaibling) aus dem Wasser. Nicht allzu lange später ist auch Jonas dran, er hat einen noch deutlich größeren Fisch am Haken. Und damit ist es auch genug, was wir für heute brauchen. Wir drehen die Runde noch bis zum Ende des Sees, um dann auf der anderen Seite die gut 3 km wieder zurück zu paddeln. Der Tag geht für mich, obwohl ich kaum was mache, so schnell hin, er vergeht bei diesem wunderbar sonnig-warmen Wetter viel zu schnell. Schon am Morgen hatte ich den Gedanken, ob ich denn morgen früh, also am Montag, tatsächlich hier schon wieder weg muss. Aber müssen muss ich ja garnichts. Aus dem Fundus der übrigen Lebensmittel nehme ich mir noch einige Sachen wie süßen Senf und Knäckebrot, was ich zu Jonas‘ großer Verwunderung in mich reinschrote, er hätte sicher an einem Tag wie heute mit guter Kochgelegenheit und so weiter erwartet, dass ich ein großes Mahl zaubere. Aber irgendwie bin ich da doch zu faul. Meine Schuhe sind irgendwann komplett durchgetrocknet, ich wasche sie am See noch mal ab, kann sie am Abend mal wieder ganz genüsslich einwachsen. Das selbe habe ich mit meinem Recken vor, ich gehe runter an den See und schwimme eine sehr kalte Runde, direkt danach breche ich auf, um die alte Sami-Hütte am See mal aus der Nähe zu betrachten, die renovierte Jurte anzugucken und ich hatte als meinen Beitrag zu den Köstlichkeiten, die die beiden zaubern angeboten, das Eimerchen voll Blaubeeren zu sammeln. Es ist eine schöne Nachmittagsbeschäftigung bei leichtem Wind und herrlichem Sonnenschein. Übrigens ist heute einer der so sehr wenigen Tage, die ich hier in Schweden hatte, an denen der Himmel wirklich nur blau ist ohne irgendwelche Wolken. Das Pflücken ist eine Kombination aus rot und blau, da hier Preiselbeeren- und Heidelbeeren gemischt rumstehen: die blauen ins Töpfchen, die roten ins Kröpfchen. Kurz bevor ich aufgebrochen bin, sind auch Helena und Jonas zu einer Jogging-Runde über den nächsten Berg aufgebrochen, als er gestartet ist, meinte er noch in seiner trockenen Art zu mir: „When someone is coming tell him he should go away.“ Ich sitze auf der Treppe, kriege mich minutenlang vor Lachen nicht mehr ein. Ausgerechnet einer der freundlichsten Hüttenwarte, die ich kennengelernt habe, bringt so einen Spruch. Das zeigt mir, wie gut gelaunt er ist und wie viel Spaß sie beide auch an dem heutigen Tag haben. Irgendwann ist das Eimerchen voll, die beiden sind von ihrer Tour zurück, haben auch etliches an Blaubeeren gepflückt und während Helena mit mir zusammen die Blaubeeren von Blättern befreit, zaubert Jonas einen wunderbar leckeren Kuchen mit eben dieser blauen süßen Zutat und richtet später noch den Fisch mit Kartoffelbrei und Dillsauce an. Für mich ist das fünf Sterne plus zwei super liebe Leute. Ebenso wie der ganze Tag. Am späten Abend im Zelt lasse ich meine zwei Luken nach oben offen, Regen ist ausgeschlossen, lediglich der Wind pfeift darüber. Ich habe gute Hoffnung, am Abend Polarlichter zu sehen, da es auch weiterhin wolkenlos ist. Natürlich braucht es etwas Geduld, ich nicke zwischendurch auch schon mal ein, aber gegen halb zwölf ist es dann soweit. Ich stecke den Kopf wie ein Murmeltier aus meiner kleinen Panzerhaubitze raus und Richtung Norden habe ich wunderbar in der Hauptsache grünes Licht, während weiter westlich sogar noch der Rest vom Sonnenlicht zu sehen ist. Eine wirklich wunderbares Ende für einen „Glorious day“, nachdem ich dann alle Schotten dicht mache und mich zum Schlafen lege.Baca selengkapnya

  • 2. September

    2 September 2024, Norway ⋅ ⛅ 8 °C

    Es ist September geworden, ein echter Herbst-Monat mit wunderbarem Herbstwetter. Der beginnt auch heute morgen trocken, allerdings mit ziemlich starkem Wind. Das macht das Runternehmen des Zeltes ein wenig flatteriger, gleichzeitig muss ich aber auch keine Sekunde an Feuchtigkeit denken. Von um acht bis um halb elf frühstücken wir zusammen beziehungsweise unterhalten uns noch und dann breche ich nach einer herzlichen Verabschiedung heute nach Norwegen auf. Der Weg führt eigentlich nordöstlich um den Hukejaure und auch den Vanasjávri herum, es gibt aber einen alten Pfad, den ich auf der südwestlichen Seite nehme und mir damit ein paar Kilometer spare. Der Preis dafür ist einmal am Durchfluss zum nächsten See, dem Vannaksvatnet an der Grenze nach Norwegen zu furten. Jonas hatte sich angeboten, mich zumindest die drei Kilometer auf unserem See mit dem Kanu zu bringen, aber bei dem starken Wind heute früh lassen wir das mal lieber. Auch wenn ich als Boxer mit Sicherheit keine gute Figur machen würde, bin ich heute Rocky. Es geht den ganzen Tag durch Stein- und Gerölllandschaft, also ziemlich rockigem Untergrund. Richtung zwölf sehe ich vom weiten schon den riesengroßen Grenzstein leuchten, da die ganze Oberseite gelb markiert ist. Es ist der Ivarstenen, Riksrøys 259, den ich um 12:05 Uhr ins Nachbarland passiere und an dem mich ein Rentierbulle aus dem gelobten Land verabschiedet. Ich gehe noch ein Stück weiter am See entlang, mache dann Pause und da es hier guten Empfang gibt, füttere ich mal wieder die Pinguine, glücklicherweise sehe ich bei all der Spielerei auch mal in die Karte um zu sehen, ich muss doch etwas zurück und direkt beim Grenzverlauf zwischen den zwei Seen jetzt furten. Das ist bei höchstens kniehohem Wasser ohne Probleme möglich, das Umbauen des Schuhwerks dauert hier am längsten. Von hier aus geht es ohne Pfad einfach auf Richtung weiter, um später den eigentlichen Pfad wiederzufinden, auf dem ich ohne Abkürzung hergekommen wäre. Noch bevor ich den finde, begrüßt mich auf norwegischer Seite ebenso ein Rentierbulle, er wirkt noch etwas prachtvoller und erinnert mich tatsächlich an den Weihnachtsmann und die Rentiere, die den Schlitten ziehen. Bei beiden heute ist mir aufgefallen, dass sie recht wenig scheu sind und obwohl ich sie anspreche und auch langsam weiter auf sie zugehe, sie nicht so hastig wegrennen, wie es sonst immer der Fall ist. Schön für mich, dann kann ich zumindestens ein gescheites Foto machen. Auf dieser Seite der Seen ist das Gelände ähnlich, es ist ein bisschen mehr Sumpf und Grasland dabei, trotzdem bleibt es den ganzen Tag recht steinig. Es zieht sich über einen langen sonnenbeschienenen Hang hoch an den See Vuolip Čoarvejávri. Die Farben, die durch die kräftige Sonne noch deutlicher zur Geltung kommen, verändern sich gefühlt jetzt mit jedem Tag und werden immer intensiver. Unter anderem die Heidelbeer-Pflanzen, deren Blätter inzwischen rot werden und natürlich reife, kräftige Früchte tragen. Völlig unerwartet treffe ich heute noch einmal auf ein kleines Jortron-Feld. Seit gut zwei Wochen sehe ich die Pflanzen nur noch ohne Früchte, da sie überreif sind und abfallen. Warum genau dieses eine kleine Feld heute noch hier ist, an dem ich sogar noch ein paar wenige nicht so sehr überreife Früchte finde, ist mir nicht klar, freut mich aber umso mehr. Es werden wohl für dieses Jahr die letzten sein. Oben am See angekommen ist es heute den ganzen Nachmittag über so, dass ich dank des guten Wetters und trotz des Windes die ganze Zeit das Gefühl habe, ich möchte jetzt genau hier mein Zelt hinstellen. Es sind so unzählig viele tolle Plätze, die hier hoch oben im Fjäll zwischen 800 und 1000 m.ü.M. einladen zum Bleiben und Übernachten. Aber irgendwie muss ich ja schon auch weiterkommen und deshalb habe ich mir als Ziel heute die Gautelishytta ausgesucht. Da es den ganzen Tag ein ziemliches Auf und Ab ist, zieht es sich hin und ich bin mir auch noch nicht sicher, ob ich das Zelt aufstelle oder in der Hütte übernachte. Gegen halb fünf überquere ich noch eine Hängebrücke, sie ist über den Ablauf aus dem See gespannt und gefühlt die wackeligste, die ich bisher hatte. Die seitlichen Geländer sind nicht sonderlich hoch und sollte man hierauf tatsächlich ins Straucheln kommen, habe ich davon keine gute Vorstellung. Um kurz vor sechs sehe ich unten am See schon aus einiger Entfernung die Hütte, und ich sehe auch, dass der Schornstein qualmt, also jemand vor Ort ist. Punkt sechs treffe ich auf Christoph, er kam aus der anderen Richtung und hat Feuer gemacht, weil er seine Sachen gewaschen hat. Wir sind die einzigen, die hier in der Hütte übernachten, unterhalten uns und beschließen dann gegen halb neun diesen prächtigen Herbsttag.Baca selengkapnya

  • 3. September

    3 September 2024, Norway ⋅ ☁️ 9 °C

    Das war also die erste Nacht in einer norwegischen Hütte. In einem richtigen Bett zu schlafen, ist wohl was anderes als im Zelt und recht komfortabel ausgestattet sind sie ohnehin. In vielen dieser Hütten gibt es Solarpanele, die eine große Batterie speisen und über die Beleuchtung und sogar USB-Anschlüsse zum Laden vorhanden sind. Am Morgen frühstücken wir zusammen, Christoph erzählt mir unter anderem von der App, die es zum Bezahlen gibt. Da er heute einen besonders langen Weg hat, bricht er vor mir auf, ich bin circa um acht soweit. Direkt von der Hütte aus zieht sich der Weg weg vom See steil den Berg hinauf und wird nach dem ersten Teil auch recht steinig. Wenn ich gestern schon der Meinung war, es ist steinig, muss ich mich korrigieren, gegenüber heute war das gestern wie eine Almwiese. Es zieht sich aufwärts, ich verlasse schon bald die leuchtend bunten Herbstwiesen, habe immer wieder kleinere Bergrücken zu überwinden und auf jeden Fall nur Steine, durch die ich steige und so sieht auch die Landschaft vor mir aus. Trotz der fehlenden gelb-orangen Herbstfarben sind die Steine in so unendlich vielen verschiedenen Tönen und Schattierungen vorhanden, dass sie es quasi ersetzen. Ein kurzes Stück habe ich mit braunen Steinen, sie sehen aus der Entfernung aus, als wären es Erdhaufen. Ich gehe extra dahin und steche mit dem Stock darauf, in der Erwartung, dass alles zerfällt, aber nein, es sind tatsächlich Steine. Kurz darauf welche in grün wie Irish Moos und insgesamt all das, was ich so übersteige hat wie viele Linien, Schattierungen und die urigsten Formen. Schon um zehn ragt vor mir das Trehakfjellet mit 1512 m.ü.M. empor, das ich an seiner westlichen Flanke passiere. Anfangs ist schwer zu erkennen, wo der Weg wohl weitergeht, Pfade gibt es in den Steinen natürlich nicht und die roten Markierungen sind manchmal nicht zu erkennen. Da vor mir und um mich rum gefühlt überall Berge aufragen, stellt sich die Frage, über welchen davon ich wohl steigen muss. Natürlich ist es in der Regel die niedrigste Stelle, aber mit jedem Meter, den ich laufe, verändern sich diese Bilder ein wenig und so braucht es eine Zeit, bis ich erkenne, wo ich lang muss. Es ist ein Pass westlich des Rivgočohhka (1586 m.ü.M.), der mich über 1285 m führen wird. Der Wind ist wie gestern auch recht kräftig, aber solange ich von den Bergen umschlossen bin, noch überschaubar. Die Wolken über mir ziehen hauptsächlich grau vorüber und verdecken teilweise die Spitzen dieser Berge. Der Blick zurück zeigt mir zumindest zeitweise blauen Himmel über dem See, an dem ich die letzte Nacht verbracht habe. Gegen elf habe ich das Ziel, dass es zu übersteigen gilt fest im Blick und brauche circa eine Stunde, bis ich über all die Felsen und Steine da hoch balanciert bin. In dieser Stunde bin ich übrigens auch an irgendeinem Punkt auf den E1 zurückgekommen, dem ich ab jetzt konsequent folgen werde. Um kurz nach zwölf oben auf dem Pass angekommen, treffe ich auf die Engel am Weg, von denen ich schon die Tage gehört hatte: Inger und Bjørn aus Narvik, ein norwegisches Rentnerpaar und selbst begeisterte Fernwanderer, die als Mitglieder des DNT ehrenamtlich die Markierungen auf den Steinen neu machen. Auf einer Wanderung hier entlang haben sie gesehen, dass die Markierungen so sehr schwach und kaum erkennbar sind, dass sie sich für diesen Teil zur Erneuerung entschieden habe. Sie machen hier oben Pause, da ihre Farbe für heute alle ist und ich geselle mich zu Ihnen, da ich genau hier oben auch meine große Mittagspause geplant hatte. Es ist schön, auch mal solche Leute zu treffen, die sich um all diese Annehmlichkeiten am Weg kümmern, noch dazu sind sie sehr angenehm in ihrer Art.
    Dass der Weg heute so steil und steinig aussieht, hatte ich natürlich nicht auf meinem Plan, von daher sind die geplanten 25 km eine Illusion. Der Weg oben auf dem Pass zieht sich noch eine ganze Ecke hin, bevor es dann auf der anderen Seite wieder abwärts geht. Der Wind ist dort deutlich stärker, der Abstieg also für mich noch viel aufwändiger als der Aufstieg. Manchmal bläst der Wind konstant, dann ist wieder für kurze Zeit totale Ruhe und dann kracht wieder eine Böhe von hinten rein, während meine Schuhsohlen beim Tanz über das Geröll ohnehin nur wenige Quadratzentimeter Kontakt haben. Dafür öffnet sich kurz darauf ein wunderbarer Blick runter ins Tal und nachdem ich den ersten See auf 1094m umlaufen habe, erscheint kurze Zeit später der nächste mit der Cáihnavággihytta. Die erreiche ich gegen drei, habe jetzt 12 km gemacht und da die zwei Engel auch hier Zwischenstation machen, um morgen nach Hause nach Narvik weiterzuziehen, halte ich mit Bjørn noch einen Schwatz, mache eine längere Pause in der Hütte und koche Kaffee und eine Tasse Nudeln. In dieser Zeit kommen noch ein paar Wanderer an, wir unterhalten uns ein wenig, während der Wind draußen das Wasser vom See als Nieselregen gegen die Fensterscheiben schlägt. Um halb fünf breche ich noch mal auf, der Weg gilt ab jetzt als gut zu beschreiten, hauptsächlich abwärts, das Wetter ist gut und der Wind fühlt sich hier nicht mehr so garstig an wie ganz dort oben. Außerdem treffe ich auf Heidelbeer- und Preiselbeerfelder am Wege, so schön reif und dick, ich muß wieder kurz auf die Knie. Es geht wieder an wunderbar bunten Hängen entlang einer Schlucht und je tiefer ich komme, desto mehr öffnet sich ein weites, sehr weites Tal, dem ich in nördlicher Richtung weiter folge, in westlicher Richtung öffnet sich der Blick auf mehrere Gletscher, es ist das Storsteinsfjellet auf 1894 m.ü.M., wohl der dritthöchste Berg im Norden Norwegens. Während ich dem Pfad folge und diese unendliche Weite über das Tal genieße, begegne ich noch einem Norweger, der mir sagt, dass der Weg demnächst an einer Brücke dem Fluss kreuzt und dann auf der anderen Seite wie in einer V-Form wieder zurückkommt. Vielleicht könnte ich ja den Fluss direkt hier schon queren und mir damit ein paar Kilometer sparen. Wenn der Mann das sagt… Ich denke kurz über seinen Vorschlag nach und na klar. Es muss ja gemacht werden. Ich stiefele direkt runter zum Fluss, anfangs noch in der Hoffnung, ihn vielleicht sogar mit Schuhen passieren zu können, was ich mir aber sehr schnell abschminke. Nachdem ich einen Teil des Flusses mit Schuhen gemacht habe, baue ich um, ein paar Meter sind doch knietief zu furten und während ich danach wieder umbauen, sehe ich aus den Tälern hinter mir heftigen Regen heranziehen. Noch schnell den Poncho drüber und dann gehe ich querfeldein Richtung Weg. Es gibt hier eine einsame, verschlossene Rentierwächter-Hütte, an der ich auf der Windschattenseite erst mal kurz innehalte und Schutz vor dem Regen suche. Habe eben schließlich auch nicht meine Regenhose mit drübergezogen. Da der Wind immer noch recht heftig ist und ich in der flachen weiten Landschaft kaum irgendwo Schutz finde, beschließe ich, hier an diesem Punkt im Windschatten der Hütte das Zelt aufzubauen. Was mir natürlich fehlt, ist Wasser, also gehe ich den halben Kilometer inzwischen ziemlich durchnässt noch einmal zurück zum Fluss, besorge Wasser und bin dann gegen halb acht unter Dach und Fach. Der Regen hört gegen acht auf, es ist außen rum wieder ganz angenehm, aber weiterhin stark windig, was ich auch die ganze Nacht durch zu hören bekomme. Für heute bin ich absolut durch, nach dem Essen fallen meine Augen zu und das war’s.
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  • 4. September

    4 September 2024, Swedia ⋅ ☁️ 15 °C

    Dieser Morgen startet wieder bei Null. Also bei der angenehmen Null. Der Wind hat nachgelassen, die Sonne scheint, am blauen Himmel ziehen schnell weiße Wolken vorbei. Die Regenjacke und die völlig durchweichte Wanderhose hatte ich auf der regengeschützten Seite an die Hütte gehängt. D.h. alles Nass von gestern ist dahin und ich kann nach dem Frühstück trocken einpacken. Von hier aus ist es jetzt ein guter Kilometer Buschi-Buschi zu laufen, bis ich wieder zurück auf dem Weg bin. Die Sonne blinzelt immer mal zwischen den Wolken durch, es ist angenehmer Wind dazu und es wandert sich sehr angenehm durch diese unendlich weite flache Ebene auf gut 700 Metern Höhe. Hinter mir sehe ich fast rundherum in den Bergen eine ganze Menge unterschiedlich großer Gletscher, tiefer in der Ebene eine Reihe von Rentieren, die sich möglicherweise jetzt langsam sammeln. Von Zeit zu Zeit ist mal ein Rinnsal oder Bach zu überqueren und ich liege ständig in den Beeren. Die sind aber auch reif und fett hier überall. So erreiche ich gegen elf die Cunojávrihytta, die eigentlich gestern Abend das Ziel sein sollte. Während der Pause kann ich in einiger Entfernung einen Adler beobachten, wie er seine Kreise zieht. Von hier aus geht es im selben flachen Land weiter nach Unna Allakas gute sechseinhalb Kilometer entfernt. Eine halbe Stunde bevor ich diese schwedische Fjällstuga erreiche, überquere ich am Riksrøys 263 die Grenze, um jetzt wieder für die letzten zwei bis drei Tage auf schwedischer Seite zu laufen. Dann ist dieses schöne Land im Norden zu Ende und ich werde es danach ein letztes Mal am Treriksröset küssen. Das Gelände wird etwas hügeliger, Begegnungen habe ich nur ganz vereinzelte und es läuft sich bei diesem meist bewölkten Wetter wunderbar. Ich mache die große Pause von um halb zwei bis um drei, komme dabei mit dem Hüttenwart Mikael ins Gespräch. Er ist jetzt seit gut fünf Wochen hier, hat jeden Tag den Blick auf die Berge und Gletscher in Norwegen und er zeichnet gern Landschaften. Da das Gespräch sehr angenehm ist und wir auf einer Wellenlänge, schenkt er mir am Ende ein selbstgemaltes Bild der Berge, dass er vor einigen Tagen fotografiert hat mit einem ganz besonderen farblichen Stich. Diese rosé bis lila Farbe ist tatsächlich so gewesen und nicht eine Erfindung seiner Wasserfarben. Vielen, vielen Dank für diese besondere Erinnerung.
    In der Nähe dieser Hütten habe ich seit einigen Tagen mal wieder Bäume und es ist erstaunlich, wie sehr sich die Ansicht in den paar Tagen seit den letzten Birken zu hier geändert und ins herbstliche gedreht hat. Inzwischen geht es von gelb auch in einen orange-braunen Ton. Von hier aus zieht es sich kontinuierlich leicht abwärts immer mehr in diesen Birkenwald hinein. Anfangs treffe ich einige Kilometer lang auf komplett toten Birkenwald, das Ganze ändert sich dann aber in den normalen bekannten lebendigen. Es läuft sich am späteren Nachmittag merkwürdig dunkel, hat sich zwar tatsächlich auch zugezogen, aber trotzdem fühlt es sich irgendwie an, als wenn die Nacht hereinbrechen will. Die Wolken haben heute am Nachmittag wieder unheimlich tolle Konstellationen von blauem Himmel bis hin zu tiefdunkel mit den merkwürdigsten Formen. Trotz alledem hält es sich den gesamten Tag trocken. Um kurz vor sechs zieht es sich runter an den See Gámajávri und genau an seinem Auslauf ist ziemlich dicht daneben ein wunderbarer Platz, an dem ich mein Zelt aufstellen kann. Ich habe in den letzten 2 Stunden immer häufiger Pause gemacht und warte nur auf diese Stelle für den Feierabend. Da mir recht warm ist, reiße ich mir fast alle Kleider vom Leib, während ich das Zelt aufstelle und alle durchgeschwitzten Sachen zum Trocknen hänge. Im Laufe des Abends während ich koche reißt der Himmel zumindest teilweise immer noch mal auf und zeigt sich selbst um acht an einigen Stellen herrlich blau. Für mich besonders interessant ist die Bergkette, die sich auf der anderen Flussseite entlangzieht. Hinter ihr verläuft der Kungsleden, auf den ich morgen treffe. Dort bin ich vor zwei Jahren Richtung Süden unterwegs gewesen und habe mich in dieses wunderschöne Lappland verliebt.
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  • 5. September

    5 September 2024, Swedia ⋅ ⛅ 8 °C

    Na das geht ja schon gut los am Morgen. Die Nacht hier zwischen den Bäumen war total ruhig ohne Wind, dafür ist natürlich die Kondensation relativ hoch. Ich habe keine Vorstellung, was mich beim Öffnen des Zeltes draußen jetzt erwartet und Tadaaa, es könnte nicht schöner sein, als ein strahlend blauer Himmel, die Sonne, die im Nordosten hinter den Bergen hervorsteigt und dazu wieder dieser wunder-wunderschöne Herbst. Da macht das Aufstehen Spaß und es ist so gut für mich zu erleben, das genau dieser Herbst, der anfangs so respekteinflößend daher kam, jetzt umso intensiver und schöner ist. Es wirken viele Sachen anders, intensiver, ohne dass ich es immer genau definieren kann. Zum Beispiel, als mein Kaffeewasser heute morgen kocht und der Wasserdampf aus der Kanne pfeift, sieht das völlig anders aus, als es im Sommer gewirkt hat. Natürlich weiß ich, das es objektiv betrachtet genau das selbe ist, aber es wirkt anders. Während ich frühstücke, ziehen vom Süden her Wolken durch, es wechselt ja hier sehr schnell, und die wirken durch ihre graue Farbe auch erst mal bedrohlich. Aber es ist nur der Sonnenstand, der sie aktuell noch nicht so hell erleuchtet und damit sind sie am Ende nur eine besonders kontrastreiche Erscheinung am Morgen. Das Durchtrocknen des Zeltes, das Packen meiner Sachen, all das wirkt so spielerisch einfach, weil meine Stimmung so unendlich gut ist. Gegen halb neun breche ich dann auf, werde heute am Abend Abisko erreichen, der Ort in Schweden mit dem wenigsten Niederschlag, auch als „Blaues Loch von Abisko“ bezeichnet. Kein Wunder also, dass es mich gerade mit dem Wetter so gut trifft. Es wird sich den halben Tag entlang des Kamajåkka durch Birkenwald bis zum Abiskojaure ziehen, durch den ich niemals zuvor so gern gelaufen bin. Das kräftige Gelb, diese ganzen Kontraste am Boden, der leichte Wind dazu und natürlich der Sonnenschein lassen mich ziemlich schweben. Als nächstes Zwischenziel steht in gut 10 km die Fjällstuga am See auf dem Plan, für mich auch besonders, weil ich hier vor zwei Jahren schon einmal gewesen bin.
    Eine reichliche Portion Heidelbeeren entlang des Weges lasse ich mir natürlich nicht entgehen, solange sie noch verfügbar sind. Um halb zwölf betrete ich den Abisko Nationalpark, es ist von hier eine gute halbe Stunde, bis ich die Hütten erreiche. Aufgrund äußerst überschwänglicher, glücklicher, total zufriedener Stimmung und auch der Tatsache, dass ich schon um zwölf hier angekommen bin und knapp die Hälfte des Tagesdistanz hinter mir habe, genehmige ich mir im kleinen Shop eine Dose Fleischsuppe zum halben Preis, ein kleines Bier und eine kleine Dose Ananasringe. Ein Kaisermahl hier draußen unter diesen Umständen. Anschließend mache ich für eine halbe Stunde die Augen auf der Bank zu und als ich mich circa um zwei gerade wieder aufraffe, läuft Christoph gerade hier entlang und wir unterhalten uns noch ein halbes Stündchen. Er ist über den Kungsleden hierhergekommen und wird morgen erst weiterziehen. Ich breche wohlgemut gegen halb drei auf, habe jetzt noch 13 km vor mir, die sich aber dank autobahnartiger Strecke recht gut laufen. Die Planken sind hier fast durchgehend dreifach ausgeführt, die Steine sind geradezu rundgelatscht und der Weg festgetreten. Es sind einfach die Mengen, die von Abisko aus typischerweise starten, um so wie ich auch in 2022 den Kungsleden Richtung Süden zu laufen. Der Wind hat am Nachmittag deutlich aufgefrischt, ich habe ihn im Rücken, die Sonne mit dazu und ich weiß nicht, wie oft ich es heute schon gedacht habe und jetzt auch sicher geschrieben habe, es ist vom ganzen Gefühl her einer der schönsten Tage auf dem Weg. Die ersten drei Kilometer sind noch am Abiskojaure entlang, ab dann ist es bis zum Ende der Fluss Abiskojokk. Die Landschaft ist flach, mal von den Bergen etwas weiter entfernt seitlich abgesehen. Und das Wetter lässt mich einfach hier durchfliegen. So erreiche ich um sechs Abisko und sehe den Torneträsk. Dieser riesengroße See, der sechstgrößte Schwedens, hat mich schon vor zwei Jahren im Zug die Nase an der Scheibe plattdrücken lassen.
    Und es ist wieder zivil hier, die nördlichste Bahnstrecke in Europa rüber zur norwegischen Küste nach Narvik, die Fernstraße E10 und natürlich die ganzen Unterkünfte hier, die sich fast alle um Polarlichter, Tourismus und Wissenschaft drehen. Ich buche mir den Zeltplatz, die Waschmaschine für morgen früh und wackle am Abend noch die zwei Kilometer nach Abisko Östra zum Supermarkt, um für den Abend und morgen etwas dazuhaben. Es gibt wohl eine kleine Küche im Duschhaus, also kaufe ich ein Fertiggericht für den Backofen. Den gibt’s natürlich am Ende nicht und werfe ich das alles in den Topf und rühre so lange, bis es halbwegs heiß und angebrannt ist. Dann geht’s nach einer Dusche in die Falle. Gegen elf leuchten mir die Nordlichter durch‘s offene Dachfenster und dann kann ich selig einschlafen.
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  • 6. September - Ruhetag

    6 September 2024, Swedia ⋅ ☀️ 13 °C

    Dieser Tag wird ein Ruhetag, das war gestern schon klar, auch wenn erst Freitag ist. Das Paket übernehmen, meine Sachen durchwaschen, noch ein paar Besorgungen im Supermarkt, ein paar Karten schreiben, die Mutter mal anfunken, die Bude feucht durchwischen (Es bleibt ja unter uns: Habe gestern Abend ein Bier auf der Tanzfläche umgekippt.) und ganz voran vor allem diesen wunderschönen, sonnigen Herbsttag genießen. Dabei hilft mir Anne, eine sehr sympathische Deutsche, die unweit meines Tempels auch auf dem Zeltplatz übernachtet hat. Sie beendet gerade ihre Packraft-Tour und will übermorgen von Narvik aus heimfliegen. Wir sitzen zusammen in der Sonne, rauchen zusammen ein paar Friedenspfeifen und erzählen uns Geschichten aus dem Fjäll. Höchst interessant und hier und da klingt ein wenig Wehmut durch. Ansonsten bereite ich meine nächsten Tage vor, ich habe fast 200 km vor mir bis zum Dreiländereck und etwas danach kommt in Finnland dann der nächste Supermarkt. Da ist mir Christianes Paket sehr gelegen plus ein paar Sachen aus dem Supermarkt, die ich persönlich noch so gefunden habe. Also dann…Baca selengkapnya

  • 7. September

    7 September 2024, Swedia ⋅ ⛅ 10 °C

    Dass Ruhetage mich immer so in den Ruhemodus bringen. Als der Wecker um sechs klingelt, drücke ich ihn erst nur weg, gehe dann zum Duschen und lege mich danach glatt wieder hin. Beim nächsten Mal stelle ich ihn auf halb acht, ich kann jetzt noch nicht aufstehen, es schläft sich heute aber auch zu gut. Naja, irgendwann muss es ja sein. Heute früh den Rucksack mit all dem neuen Futter zu packen dauert natürlich etwas, es ist die längste Distanz, die ich bisher futtermäßig vorbereitet habe auf dieser Reise. Nebenbei trocknet mein Zelt vom Regen, der kurz in den frühen Morgenstunden hier drüber gezogen ist. Jetzt ist es windig, die Sonne ist da und lugt immer mal wieder zwischen den Wolken durch. Zum Frühstücken gehe ich in den großen Gemeinschaftsraum, den ich gestern auch schon für das Abendbrot genutzt habe. Nachdem ich gegen zehn gerade aufbrechen will, läuft mir zum wiederholten Male Christoph hier über den Weg. Er wartet auf seinen Zug nach Kiruna, von wo er dann irgendwie heimfliegen will. Ein kleines Schwätzchen ist natürlich noch mal drin und dann geht es für mich um halb elf los. Es kommen ab heute eine ganze Reihe Hütten entlang des Weges, so dass ich mir heute als Ziel die Pålnostugan ausgeguckt habe. Sie liegt am äußersten westlichen Ende des Torneträsk, gerade noch auf schwedischer Seite. Gute 2 km danach gibt es eine weitere Hütte, sie ist dann schon in Norwegen, je nachdem, wie ich drauf bin, werde ich die oder die nutzen. Es wird sich also im Großen und Ganzen den Tag über um diesen Riesensee herumziehen. Beginnend mit einem Vogelschutzgebiet, dass sich entlang der Uferzone erstreckt, habe ich auch gleich mal wieder Begegnung mit ein paar Moorschneehühnern. Die E10 und die Bahnstrecke verlaufen ganz in der Nähe, ich kreuze beide im Laufe des Vormittags und habe meine große Freude an den Erzzügen, die hier dem Gleis durch die Berge und diversen Tunnels folgen. Es sind Unmengen von Eisenerz, die aus den Minen von Kiruna mit diesen Zügen rund um die Uhr nach Narvik an den Hafen gebracht werden. Ich bin erstaunt, dass sie trotz der Tatsache, Güterzüge zu sein, so unheimlich leise rollen. Kein Gerappel und Gedröhn, wie ich es sonst von solchen Zügen kenne. Es ist ein recht leicht zu laufender Weg, mir begegnet der eine oder andere Tagesausflüger. Hin und wieder zieht es sich etwas höher am Berg entlang, dann ist der Blick über den See grandios. Um kurz nach zwölf komme ich an den Nuoljatunnel, ein altes Verteidigungssystem aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Obwohl Schweden als neutrales Land nicht direkt beteiligt war, hat man sich vorbereitet, die Erzbahn vor einer eventuellen Invasion der Deutschen von norwegischer Seite her zu schützen. Ich mache heute unheimlich viele kurze Pausen, setze mich hin und genieße einfach diese herbstliche Ruhe, das Wetter, das Leben, das gelingt mir nicht an jedem Tag so sehr wie heute. Am Nachmittag, nachdem ich den Ort Björkliden passiert habe, entfernt sich der Nordkalottleden von den hohen Bergen und zieht sich in niedriger Landschaft durch mehr und mehr steinigen Untergrund. Ich entferne mich von der Bahnlinie, wo aus einiger Entfernung wunderbar anzusehen ist, wie der Zug recht weit oben am Berg entlang fährt und kreuze noch einmal die E10. Hier ist eine kleine Parkbucht, an der gerade auch zwei Autos stehen und besonders kurios: Genau an der Stelle, wo der Wanderweg zu beiden Seiten an die Straße kommt, liegt dort ein Abtreter. Vermutlich von einem Wohnmobilisten vergessen wirkt er jetzt so, als sollte sich jeder, der die Straße überquert, erst mal die Füße abtreten. Es sind nur noch 5 km bis zur Hütte, aber es geht ständig über kleine Bergrücken steil auf und steil ab durch holprig steiniges Gelände, so dass es einfach dauert und mich etwas Schweiß kostet. Der eine oder andere Bach oder Fluss möchte überquert werden, hierfür sind allerdings recht komfortabel Brücken ausgelegt. Aus dem Wald heraus begegnet mir eine Jägerin, sie hat die zweiläufige geschultert und natürlich ihren Jagdhund dabei und als wäre es für mich noch einmal eine Bestätigung, dass seit Anfang September die Elchjagd eröffnet ist, fliegt einige Zeit später ein Hubschrauber über mir entlang, der einen geschossenen Elch transportiert. Ein sehr eindrückliches Bild, wenn ich daran denke, dass ich auch schon geschossene Elche festgeschnallt auf dem Dach eines Volvo in voller Fahrt gesehen habe. Eins der Highlights des heutigen Tages, das mich den ganzen Tag begleitet, ist das Lapporten. Immer wieder kann ich es aus der Entfernung sehen, manchmal zum Teil wolkenverschleiert, es ist für mich das Abschiedszeichen aus Schwedisch Lappland. Am Abend, als ich die Hütte gegen halb acht erreiche, ist es über den See hinweg wunderbar zu sehen. Ich finde hier in der Hütte eine Tüte zurückgelasse Faden-Nudeln, die ich in meiner Essensportion gleich mit verwerte und bin heute relativ früh gegen neun im Bett. Hoffentlich gehen die Augen morgen früh etwas besser auf.Baca selengkapnya

  • 8. September

    8 September 2024, Norway ⋅ ☀️ 16 °C

    Es ist Sonntag und was mache ich am Sonntag immer? Falsch, heute ist mal kein Ruhetag. Der letzte war erst am Freitag und so schiebe ich den nächsten vielleicht auf Dienstag. Ich habe wunderbar geschlafen und kann in der Hütte schön am Tisch sitzen und frühstücken. An meiner Hose steht eine dringende Reparatur des Reißverschlusses an, das mache ich gleich heute am Morgen noch mit. Das Wetter lässt sich herrlich an, die Sonne strahlt mystisch hinter den Wolken hervor und da ich es heute recht langsam angehen lasse, geht es erst um zehn los. Es erwartet mich ein deutlicher Aufstieg ausgangs von etwas über 500 m.ü.M. auf über 1000m und am Ende wieder runter auf 600m. Dementsprechend geht es von Beginn an gut aufwärts, einige Passagen sind schon ordentlich steil. Am Morgen ist es erst noch Wald und ich merke schon, das wird kein Tag zum Rennen. Ich bin ziemlich am Pusten, fühle mich nicht so kräftig wie an manch anderen Tagen und von daher brauche ich schon recht lange, bis ich den Grenzpunkt Riksrøys 272 nach Norwegen erreiche. Hier heißt es nun „Hejdå Svenska Lappland“ und „Velkommen til Finnmark“. So ist die Bezeichnung Lapplands in Norwegen. Gleichzeitig betrete ich den Rohkunborri Nasjonalpark. Von hier aus ist noch 1 km weiter die Lappjordhytta, in der lasse ich mich erst mal zu einer Pause nieder und finde im Schrank einige zurückgelassene Köstlichkeiten, daher entscheide ich kurzfristig, mir eine der selbstgemachten Mahlzeiten direkt zuzubereiten, was auch immer es ist. Irgendwas mit Bohnen, Mais, Kartoffelbrei und crispy drin, schmeckt tatsächlich sehr gut. So gestärkt geht es weiter bergan. Nachdem ich kurz darauf die Baumgrenze überschritten hab, treffe ich auf eine Wanderin aus Dresden. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tals ist ein Hubschrauber am Berg aktiv und sie vermeint, dort ein Licht gesehen zu haben, als wenn jemand dem Hubschrauber ein Signal geben will. Ich versuche mit dem Fernglas irgendwas derartiges zu erkennen, benötige einige Zeit, bis ich dieses Licht als ein weißes Rentier erkenne, dass von etlichen anderen umgeben ist. Dann ist klar, der Hubschrauber treibt die Rentiere zusammen. Wir beobachten das Ganze für eine Weile, irgendwann hören wir einen merkwürdigen Sound dazu ähnlich dem amerikanischer Polizeiautos und ja, es ist der Helikopter. Trotz aller Traditionen, die die Sami haben, sind sie doch in vieler Hinsicht hochmodern unterwegs. Nachdem ich weitergehe und die ganze Zeit im Rücken in einiger Entfernung den Heli höre, kommt er irgendwann auf meine Seite gewechselt und ganz in meiner Nähe steht er auch über dem Wald, wechselt ständig die Position hin und her und macht auch dieses durchaus nervige Geräusch. Und dann dauert es auch nicht lange und eine Herde Rentiere zieht nicht weit entfernt von mir vorbei, begleitet aus der Luft. Irgendwann verschwindet der Blechvogel, es ist nach der interessanten Showeinlage für mich auch wieder schön, Ruhe zu haben. Ich steige weiter aufwärts, die Beine gehen nach dieser kräftigen Mahlzeit durchaus besser jetzt. Je höher ich komme, desto weiter kann ich blicken, allerdings ist die Weitsicht heute eher im Bereich des schemenhaften, alles wirkt dunstig, die Berge sind nur als Silhouetten erkennbar, was aber auch einen gewissen Charme hat. Am Nachmittag gibt sich das Ganze mehr und mehr, ich habe anfangs weit im Osten, später auch im Westen dickste Quellwolken an den Bergen und die Sonne lugt immer mehr und zeigt sich dann zumindest teilweise an blauem Himmel. Noch immer höre ich, obwohl es eine inzwischen immense Entfernung ist, die Hupe der Erzzüge, wenn sie auf der gegenüberliegenden Seite dieses weiten Tals am Berg entlang fahren. Ich sitze hier oben auf diesen Almwiesen, der Wind ist nicht sonderlich stark, und genieße immer wieder die Aussicht auf die inzwischen mehr orange werdende Oberfläche dieser sanften Hügel. So sanft diese Hügel auch sind und so einfach der Weg hier oben über das Grasland zu laufen ist, schaffe ich es doch um halb vier, mit dem Fuß an einem Stein kurz anzudotzen, zu straucheln und liege am Boden. Glücklicherweise konnte ich mich mit den Händen einigermaßen abfangen, trotzdem bin ich ausgerechnet mit dem Knie gelandet, das ohnehin schon lädiert ist. Ich sitze ein paar Minuten auf der Stelle, befrage das Knie eine Zeit lang und schätze mich einfach glücklich, dass ich nicht mit der oberen Zahnreihe gebremst habe. Trotzdem merke ich schon hier, dass es durch ist für heute. Ich bin recht hoch in den Bergen und sobald ich eine gute, nicht zu sehr ausgesetzte und mit Wasser versorgte Stelle finde, werde ich für heute beenden. Das dauert auch nicht mehr allzu lange. Der Weg führt mich nach einer guten halben Stunde abwärts in ein Hochtal, in dem von vielen verschiedenen Stellen her kleinere und größere Gewässer zusammen laufen. Ein schöner Platz ist schnell gefunden, ich habe sage und schreibe zehn Kilometer geschafft heute und so habe ich noch gute 3 Stunden feinsten Sonnenschein, leicht säuselnden Wind und angenehm warme Luft um mich. Wenn diese Zeit auch nicht übermäßig lang ist, fühlt sie sich doch ein bisschen wie Ruhetag an. Immerhin kann ich mir den Bart noch schneiden und habe das Zelt am Abend auf einer Seite noch sehr lange komplett offen um den schönen Farben der Wolken und der Landschaft im Sonnenuntergang zu fröhnen.Baca selengkapnya