• Spaziergänge mit Hilde
июн. 2024 – февр. 2025

Europe along the Coastline (1)

Eine Fahrt um das Festland Europas inklusive ausgewählter Inseln Читать далее
  • Urau

    9–10 янв., Франция ⋅ ☁️ 12 °C

    3.118 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 150 km/ Gesamt 378.155km / Ø121,28 km)

    Wohnmobilstellplatz
    31260 Urau
    Frankreich

    Während ich am Abend meine Sachen erledige, fällt mir auf, dass ich eigentlich die ganze Zeit beschäftigt bin. Es sind Kleinigkeiten, wie das Zubereiten von Hilde's nächtlicher Mahlzeit, oder dem Umbau des Busses für die Nacht, dem Einstellen von Bildern des Tages in Status und Storys, oder meiner Versorgung mit Medizin. Aber jedes Ding will Weile haben, wie die Oma immer sagte, wenn ich als kleiner Junge so ungeduldig war.

    Das verstehe ich jetzt, wobei die Oma die Fallstricke des Internets nicht kannte, und stattdessen Topflappen häkelte. Nur keine Muse aufkommen lassen, denn dann kommt man schnell ins Grübeln und vielleicht auch ins Trauern. Muse im alten Sinne meiner Kindheit war dieses tiefe Nachdenken, was wir heute vielleicht mit depressiven Gedanken beschreiben.

    Die Oma wollte nicht nachdenken über den Mann, den sie im ersten Weltkrieg verloren hat, und dem sie letztendlich ihr Leben lang treu war. Also besser mit dem kleinen Jungen spielen, der ihr auf eine andere Art zugeflogen ist. So bin ich also der Vogel geblieben, der kommt und geht, ruhelos und heimatlos.

    Nur dass mit dem Wegsperren der Gedanken habe ich nicht gelernt. Sie sind immer da, ob ich meine kleinen Aufgaben erledige, oder durchs Land reise auf den Spuren der Katharer damals, und den Reisen anderer Menschen heute.

    Überraschenderweise befinden wir uns zwischen den hohen Bergen und dem Land um Toulouse auf einer Ebene der höchsten Tagestemperaturen. Knackige 16°C und angenehme Lichtverhältnisse begleiten unseren Wege über Puivert, Belésta - von dort hätte ich direkt nach Montségur fahren können - Les Chaubets Saint Nestor, von wo ich dann zum Chateau Montségur abgebogen bin. Allerdings auch zurück fahren musste, weil ich nicht höher in die Berge kommen wollte.

    Aber erstmal über den gleichnamigen Pass auf 1059 Metern, denn von dort hast du den besten Blick auf den Knubbel, von dem jetzt eine Ruine blickt.

    "Der Montségur (okzitanisch „sicherer Berg“) ist ein 1207 m hoher felsiger Berg am Nordhang der östlichen Pyrenäen, etwa 20 km südöstlich der Stadt Foix, im Norden der Gemeinde Montségur im Département Ariège der Region Okzitanien in Frankreich. Auf seinem Gipfel stand die Katharerburg Montségur, die wohl bekannteste Burg der Katharer. Der später an ihrer Stelle errichtete Festungsbau ist heute eine Ruine...

    Im Hochmittelalter befand sich eine Gipfelburg auf dem kuppelartigen Felsen, dem Pog, die Mitte des 12. Jahrhunderts in verfallenem Zustand war. Um das Jahr 1204 ließ Raimund de Péreille sie wiederaufbauen und 1232 die Befestigung der Höhensiedlung verstärken. Im selben Jahr wurde auf Beschluss des Katharerbischofs von Toulouse, Guilhabert de Castres, Montségur Sitz und Hauptstadt der katharischen Kirche.

    Nach dem Albigenserkreuzzug (1209–1229), den Papst Innozenz III. gegen die als häretisch betrachtete Glaubensgemeinschaft der Katharer in Okzitanien initiiert hatte, wurde die Burg Montségur das wichtigste Refugium der katharischen Gemeinde...

    Daraufhin wurde der Montségur 1243 unter Führung des königlichen Seneschalls von Carcassonne durch Soldaten sowie Kreuzritter des Erzbischofs von Narbonne in Angriff genommen und belagert. Die Belagerten mussten im Frühjahr 1244 nach zehn Monaten Widerstand aufgrund von Nahrungsmangel und militärischen Niederlagen in Übergabeverhandlungen eintreten...

    Die Bewohner der Burg wurden vor die Wahl gestellt, entweder ihrem Glauben abzuschwören oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Am Morgen des 16. März 1244 wurde die Burg nach einem Waffenstillstand von zwei Wochen an die Belagerer übergeben. 225 Katharer unter ihrem Bischof Bertrand Marty wurden verbrannt, weil sie die geforderte Unterwerfung unter den katholischen Glauben verweigerten..."
    (Wikipedia - Die ganze Geschichte ist es wert zu lesen).

    Eigentlich war die Burg gar nicht auf meinem Reiseweg, dh im Grunde genommen wusste ich am Morgen nicht mal, wohin uns der Weg führen würde. Wir fahren einfach nach Westen, und das lag auf unserem Weg. Foix war ein Ziel wegen dem Stellplatz, auf den ich nicht näher eingehen will, nur soviel, dass die Photos in der App sehr viel dazu beitragen, die Reisenden in die Irre zu leiten.

    Das passiert mir dann nochmal in Castelnau-Durban, wobei man dort zur Not hätte übernachten können, aber es lag halt auf dem Weg, und tatsächlich unterhalb der stark befahrenen Straße. Als ich Urau sehe, fällt mir ein, dass wir hier schon mal übernachtet haben. Und so hoffe ich auf eine gute Nacht.

    Nette französische Nachbarn, ein großartiger Sonnenuntergangshimmel, dem sich eine sternklare Nacht anschließt, die wieder kalt wird, aber ruhig ist. Die Warnung der Franzosen vor den großen, streunenden Dorfhunden lässt uns vorsichtig sein, und im Hellen ein bisschen tiefer ins Tal zum Morgenspaziergang fahren.

    Die Nachbarn sind auch schon früh unterwegs. Das Ehepaar vor uns lebt hier seit zwei Monaten, zwischen zwei Arbeitsverträgen sozusagen. Er fährt große Bagger, und sie arbeitet als Ingenieur, beide mit Zeitverträgen. Auf diese Art reisen sie durchs Land und sparen sich eine Wohnung, denn der Stellplatz ist kostenlos.

    Immer wieder treffe ich in Frankreich diese Art von "Wanderarbeitern", sei es in der Industrie oder auf den Bauernhöfen, in den Weinbergen. Da dient der Camper zum Leben und nicht unbedingt zum Reisen, zumindest nicht in ferne Länder. Ausländer wie wir sind in diesen Regionen seltener unterwegs, den Tag über habe ich nur wenige Camper gesehen, und ausschließlich Franzosen. Aber sie sind freundlich zu uns, das tut uns gut.

    Die Nacht ist ruhig, der Morgen erwacht in grau, windstill, und trocken. Das Meer ist noch drei Tage entfernt, dann sollen die Temperaturen nochmal kurz ins Minus fallen. Eis und Schnee am Atlantik hat es vermutlich schon lange nicht mehr gegeben. Vielleicht machen wir dann doch noch einen spanischen Abstecher, denn da scheint der kalte Strom vorbeizuschleichen.

    Auf jeden Fall geht es uns gut. Meint Hilde auch, und hofft, dass wir heute auch schöne Spazierwege finden.
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  • Tarbes

    10–11 янв., Франция ⋅ ⛅ 14 °C

    3.119 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 120 km/ Gesamt 378.275 km / Ø121,28 km)

    Wohnmobilstellplatz
    65000 Tarbes
    Frankreich

    Da unsere französischen Nachbarn auf dem Stellplatz in Urau meinten, mehrere große Hunde aus dem Dorf würden frei herumstreunen, haben wir auf den Spaziergang verzichtet, und sind mit den ersten Licht des neuen Tages aufgebrochen.

    Querfeldein sozusagen. Durch ein Tal zwischen den Hügeln und den hohen Bergen im Grenzbereich der Pyrenäen. Fast einsam, nur wenig Verkehr, dafür aber Natur und Sonne pur. In einem Flachstück kommt uns ein Lieferwagen entgegen, ein lauter Knall, und ich kann plötzlich nicht mehr nach hinten schauen. Wir stoppen, er kommt auf mich zu, hält die Reste des Spiegels in seiner Hand. Ça va? Ja nichts wirklich passiert, keiner war schuld, sein Spiegel war einfach stärker, meiner ist nun kaputt.

    Wir wünschen uns einen guten Tag, und wir fahren weiter, auf der Suche nach einem Platz für Hilde's Spaziergang, zum Frühstücken, für eine mögliche Reparatur. Kurze Zeit später biegt links eine Straße ab, ein Rad lehnt an einem Schild, eine kleine Frau macht Photos, die Sonne kommt gerade zwischen den Felsen hervor.

    Im Weggehen schaut sie auf meinen Schriftzug am Bus, kommt ans Fenster, und fragt mich akzentfrei in Deusch, was das bedeutet. So kommen wir ins Gespräch, Ute ist in Deutschland geboren, lebt seit über vierzig Jahren in Frankreich, hat Familie und Enkel, und engagiert sich gegen den Bau einer Fabrik auf dem Platz, wo wir uns getroffen haben. Sie hat die Baugenehmigung fotografiert, will später Flugblätter verteilen. Dazwischen hat sie Zeit, und lädt uns zu einem Plausch in ihren Garten ein.

    Sie bewohnt mit ihrem Mann ein Haus aus dem Jahr 1835, in dem damals eine Marquise aus Paris gelebt hat. In ihre Haut versetzt sich Ute mit ihrem zweiten Projekt, einer Gärtnerei für antike Pflanzen und Bäume. Was hätte die frühere Besitzerin pflanzen können zu ihrer Zeit, wenn sie einen grünen Daumen gehabt hätte. Und so steht an jeder Pflanze, aus welchen Jahr sie stammt.

    Tatsächlich war Ute Französischlehrerin, jetzt ist sie berentet und engagiert sich für den Erhalt der Natur in der Umgebung ihrer Heimat. Denn das kleine Dorf ist ihr Zuhause und längst nicht mehr Deutschland. Doch dann sagt sie etwas, was mich nachdenklich macht. Französisch sei eine analytische Sprache, wenn sie den Enkeln etwas vorsingt, oder wenn sie betet, dann macht sie das in Deutsch, weil sie ihre Ursprungssprache viel stärker aus dem Bauch heraus fühlt.

    Ich nehme beide Sprachen ganz anders wahr, aber vielleicht sind die Verhältnisse verschieden, wenn man nicht mehr in seinem Mutterland lebt. Falls du Interesse an Ute's Engagement hast, verlinke ich hier ihre Seiten. Auf Facebook geht's um die Fabrik, auf Instagram um ihren Garten, und auf der Webseite geht's um Ganze.

    https://www.facebook.com/ute.delaye

    https://www.instagram.com/pepinierexix?igsh=cHR…

    https://www.lesjardinsducapdarbon.fr/

    Während wir uns verabschieden, im Wissen, miteinander den Kontakt zu halten, mache ich noch einige Aufnahmen, und versuche zu verhindern, dass die zutrauliche Katze zu Hilde in den Bus springt. Dann fahren wir auf den Dorfplatz, um zu frühstücken, während Ute hupend uns passiert, um ihre Flugblätter zu verteilen. Ein Leben in Frankreich. Mit 22 Jahren wollte sie einer Freundin Toulouse zeigen, da hat ihr Mann sie beim Trampen mitgenommen. Und so ist sie geblieben, hat es nicht bereut. Würde sie mir auf der Straße wieder begegnen, ich hätte nie den Gedanken, sie sei keine Französin.

    Es geht schon über den Mittag hinaus, während ich dort sitze, und plötzlich Lust bekomme, mich zu rasieren, und später den kleinen Handspiegel als Seitenspiegel anklebe. Nicht ideal, aber durchaus erstmal ausreichend. Wir tingeln durchs Land, bis ich mir Gedanken über einen Schlafplatz machen muss.

    Dann fahren wir den direkten Weg nach Tarbes, wo es einen privaten Stellplatz gibt. Der Platzwart soll abends kommen, um acht Euro zu kassieren, aber heute fällt sein Besuch aus. Dafür lernen wir Francis kennen, der Donnerstagnacht immer hier im Camper übernachtet. Er wohnt in Lourdes, aber arbeitet als Lehrer in Tarbes, und hat Donnerstag und Freitag seine Hauptunterrichtszeiten. Ein Englisch sprechender Franzose mit diesem unnachahmlichen Akzent, eine melodische Freude, ihm zuzuhören.

    Er verlässt den Platz noch vor uns im Dunkeln. Wir fahren im Hellen weg, mitten in einen wunderschönen Sonnenaufgang hinein. An einem Friedhof machen wir einen Spaziergang, auf einem anderen Parkplatz mit dem Blick auf die sonnenbeschienenen Schneeberge frühstücken wir. Hier schreibe ich die Geschichte und bin schon ein bisschen aufgeregt, was der Tag uns schenken wird.
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  • Saint Jean Pied de Port

    11–12 янв., Франция ⋅ ☁️ 10 °C

    3.120 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 155 km/ Gesamt 378.430 km / Ø121,29 km)

    Wohnmobilstellplatz
    64220 St Jean Pied de Port
    Frankreich

    Es regnet. Ganz still und leise. Kein Wind, dunkler Morgen, kaum Verkehr. Und wenn, dann nur in der Ferne. Es regnet geräuschlos. Lediglich im Widerschein der Straßenlaternen sehe ich die Tropfen fallen wie Striche, erst in den kleinen Pfützen machen sie einen kleinen Kreis. Manchmal kommt Wind auf, dann nehmen sie Fahrt auf, und fallen aufs Dach mit einem kleinen Geräusch wie langsam kochendes Wasser.

    Reste von unruhigen Lichtern aus der vergangenen, festlichen Zeit spielen in einem Baum an der Straße, eine helle Glocke erkennt die siebte Stunde des Tages. Die Pilger schlafen noch. Ein paar wenige sind es immer, die von hier aus aufbrechen. Und oft genug bin ich mit einem Kribbeln durchs Dorf gefahren.

    Pilgern liegt außerhalb meiner körperlichen Möglichkeiten, und als ich es gekonnt hätte, war es nicht innerhalb meines Denkens verwurzelt. Trotzdem fasziniert mich der Brauch, berühren mich die Menschen auf dem Weg, auch wenn ich die Eile zeitweise nicht verstehe.

    Manchmal trifft man auf Menschen, die mit mir reden wollen. Das ist selten wie bei Radreisenden. Wenn sie dir zunicken, dann ist das schon viel. Ich bin von ihrem Weg fasziniert, der Art, wie sie nah am Leben vorbeigehen, vorbeifahren. Ich meine fast, sie seien dichter an den Menschen als ich. Aber vermutlich täusche ich mich, wenn ich sehe, wie zügig sie es haben. Sie haben ihre Aufgabe.

    Aber die, die anhalten, mit mir reden wollen, bleiben oft lange in meinem Leben. Heute morgen ist niemand unterwegs. Es sei ein Wetter, bei dem man Hund und Katze nicht vor die Tür lässt. Im Nu bist du bis auf die Haut durchweicht. Der Regen ist warm wie die Luft, zwölf Grad frühlingshaft auf hundertfünfzig Meter Höhe, der erste lange Anstieg auf den Ibañetapass bei über tausend Meter wird die Temperatur senken, aber kein Schnee wird fallen.

    Wir kommen von unserem schönen Frühstücksplatz außerhalb von Tarbes, auf dem wir zum Schluß noch ein aufregendes Erlebnis hatten, kaum dass ich die kleine Tontafel fotografiert hatte. Ein riesiger, schneeweißer Husky tobt durchs Gestrüpp, gefolgt von einem jungen, wilden Radfahrer. Eigentlich ganz schlechte Voraussetzungen für eine entspannte Begegnung, aber es geht so schnell, dass ich es nicht verhindern kann.

    Zuerst eine harmlose Begrüßung, dann wütet Hilde los, während der Husky sich einfach nur wegdreht. Ich schreie Hilde an und kann sie wegziehen, der Husky läuft weiter, während der junge Mann mit einem Redeschwall neben mir anhält. Der Hund würde immer von zuhause weglaufen, da müsse er sich beeilen, um hinterher zu kommen. Er entschuldigt sich, obwohl der Husky die Streiterei nicht angefangen hat.

    Vermutlich hat er einfach so gerochen wie der Husky, der damals Hilde überfallen hat. Wir gehen zum Bus und fahren los, Hilde legt sich schlafen. Bis Pau ist die Landschaft noch melodisch, dann biegen wir ein auf die Fernstraße nach Saragossa, und der Verkehr nimmt zu. Lastwagen kommen aus den Bergen, fahren eiligen Tempos hinter mir her. Ich muss sehr konzentriert bleiben, weil die defekte Spiegelsicht eingeschränkt ist. Hilde schläft. Oloron. Abzweig Richtung Bayonne. Pause auf einem langgezogenen Parkplatz an einer Wiese, gut für Hilde.

    Dann geht's Richtung Saint Jean Pied de Port. Und auch hier sind alle schnell unterwegs. So auch wir. Und bezeichnend dabei ist, dass ich erst wenige Kilometer vor dem Ziel einige Bilder mache. Der Stellplatz liegt mitten in der Stadt, neben einem Footballfeld, auf dem Hunde nicht spazieren gehen dürfen, aber zwei Störche "grasen", bis abends die jungen Männer im Licht der Flut sich um einen Ball streiten, der nicht mal rund ist.

    Wir haben auf einem Spaziergang über den Platz die Bouler beobachtet, denen das sichtlich unangenehm ist, weil sie meinen, ich möge ihnen nicht zuschauen. So deute ich ihre Reaktion und Gestik, er habe schlecht geworfen, weil wir da gestanden haben. Vielleicht war es eher der Rotwein in Verbindung mit dem geschotterten Boden.

    In der andere Ecke stehen einige Schafe erhöht auf der Wiese und schauen Hilde zu, die im getrockneten Laub sich erleichtern will. Vermutlich ist es eher die mangelnde Bewegung, die das erschwert, denn die neugierigen Schafsaugen, aus denen die Geschichte von einer dunklen, abhängigen Vergangenheit in den braunen Gesichtern zu sehen mich dünkt. Denn die Enge ihres Geviert ist bedrückend angesichts der Weite der Wiesenflächen auf den Hügeln um den Ort.

    Und ja, ich weiß, manchmal geht die Stimmung mit mir durch an bestimmten Orten auf unserer Hemisphäre, von denen ich mir eher eine heilige Atmosphäre wünsche, denn die nüchterne Geschäftigkeit egoistischer Selbstverständlichkeit. Aber warum soll es hier anders sein als dort, wo der Lebenslauf eben keinen Jakobus hingebracht hat.

    Gerade jetzt erkenne ich über den Bäumen mit den blinkenden Lichtern einen silbernen Stern gegenüber einer gelben Straßenlaterne. Das ist er wieder, dieser besondere Moment in der Endlichkeit unseres Daseins. Es kommt einfach nur auf die Perspektive an.

    Auf der kleinen Tontafel im Wald steht, 'wer nicht weiß, wohin er geht, ist immer überrascht, woanders zu sein.' Der Morgen ist erhellt, der Platz ist immer noch still. Wir werden jetzt die Stadt verlassen, wie Diebe in der Nacht. Nur unser Müll verbleibt. Und just, als ich das schreibe, verlöschen die Straßenlaternen und auch die blinkenden Lichter, selbst der silberne Stern gehört meiner Vergangenheit an. Und für diejenigen, die jetzt aufwachen, hat es all das nicht gegeben. Ist das nicht wunderbar.
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  • Sare

    12–13 янв., Франция ⋅ ☀️ 4 °C

    3.121 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 195 km/ Gesamt 378.625 km / Ø121,31 km)

    Wohnmobilstellplatz
    64310 Sare
    Frankreich

    Entgegen meinem Vorhaben, früh mit dem ersten Licht über die Berge im Grenzbereich zwischen Frankreich und Spanien wieder ans Meer zu fahren, scheitere ich daran, dass ich zu spät aufstehe, und Hilde Bauch hat. Es ist kalt geworden in der Nacht, der Himmel wirkt hoch und klar, die Sonne bildet Farben mit den Wolken, die mich an Gemälde erinnern.

    So frühstücken wir auf dem Stellplatz und fahren später die geplante Strecke. Im Gegensatz zu gestern, als wir mit dem ersten Licht im Regen und Nebel auf den 1057 Meter hohen Ibañeta-Pass fahren. Meineserachtens die größte Herausforderung der Pilger auf dem Jakobsweg, was die körperliche Anstrengung betrifft. Weit unten sehe ich eine junge Pilgerin die Straße nach rechts verlassen, mit einem Rucksack, an dessen unterem Ende zwei weiße Turnschuhe baumeln.

    Ich denke an spielende Kinder und bin voller Bewunderung für diese junge Frau. Nichts am Wald wirkt fröhlich, die Nebelschwaden ziehen zwischen den Bäumen hindurch, der Fluß gurgelt laut und beständig. Matschige Wege, nasse Straßen, die ersten Radfahrer, keine Sonne.

    Dann sind wir oben am Pass, nach 27 Kilometer und 50 Minuten, hungrig und bewegungsbedürftig. Die junge Dame dürfte froh sein, wenn sie hier am Nachmittag ankommt, noch im Hellen dann beim Kloster talwärts ein Bett findet. Der Nebel wabert über den Berg mit der Kirche, mit dem Kreuz. Von irgendwoher klingen leise Glocken, eine für mich verborgene Schafherde kreuzt talwärts unseren Weg.

    Für einen Freund wollen wir etwas in Pamplona besorgen. Mission impossible. Am Samstag ist jeder Parkplatz besetzt, in den engen Gassen der alten Viertel sind wir froh, unbeschadet entkommen zu können. Unser spanischer Abstecher, denn eigentlich sind wir auf dem Weg ans Meer, wollen am Atlantik nordwärts fahren.

    Hendaye liegt am Grenzfluss Bidasoa, am anderen Ufer ist Irun. Hier ist der Liter Diesel mehr als vierzig Cent günstiger. Wir haben vollgetankt, es wird für eine Woche reichen. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, weil es schon so spät am Nachmittag ist, die Übernachtungssituation bis nach Saint Jean de Luz nicht viel Positives enthält. Grenzstädtr sind umtriebig, nicht immer ein entspanntes Pflaster für Alleinreisende.

    Oben auf dem Berg ist Rummel, Louis de Funes schaut vorbei. Im Mündungsbereich des Flusses parken die Boote der Einheimischen, wie auf dem städtischen Friedhof wirkt die Szenerie still und ein bisschen verloren. Port Hendaye, der Parkplatz ist voll mit den strahlend weißen Fahrzeugen der
    'Gens du Voyage", dem fahrenden Volk.

    Auf der anderen Seite des Hafens ist ein riesiger Strand. Wir parken in einer Seitenstraße und spazieren zum weichen Sand. Unsere erste Begegnung ist ein kleiner, weißer Spielfreund für Hilde, die Besitzerin spricht Englisch, mein Französisch schläft noch. Wir haben ein nettes, ein interessiertes Gespräch. Andere Menschen mit Hunden kommen vorbei, jeder wirkt entspannt.

    Hilde und ein Schäferhundmix wickeln mit der Leine eine Dreiergruppe älterer Menschen mit Hund ein. Sie warten einfach, bis ich sie entwirre, lachen und quasseln fröhlich miteinander, während ich mich entschuldige, die Hunde haben schon längst das Interesse verloren.

    Das habe ich gebraucht, so einen Spaziergang. Denn auch Hilde ist entspannt und fröhlich, was ihrem lachenden Gesicht deutlich anzusehen ist. Wir fahren die Küste entlang bis Ciboure, gegenüber Saint Jean de Luz, um dann landeinwärts über das hübsche Städtchen Ascain auf den Stellplatz in Sare zu fahren.

    Mir fällt auf, dass ich auf dieser Reise kaum frei stehe, obwohl ich selten was bezahlen muss. Ich bemerke eine Form der Müdigkeit, lange rumsuchen zu müssen, denn in den Gegenden, in denen wir in dieser Zeit reisen, sind nur wenige andere Menschen unterwegs, meist Franzosen, die auch in ihren Fahrzeugen leben.

    Hier steht am anderen Eck so ein Fahrzeug, aus dem niemand rauskommt. Ein Dorfhund watschelt über den Platz, und es überrascht mich, dass er unbeschadet die stark befahrene Straße überquert. Morgens kommen Wanderer und Jogger, sie laufen dem Nebel entgegen, der langsam ins Tal kommt, während die Sonne ihn zu durchdringen versucht. Bislang mit gutem Erfolg.

    Wir wollen nochmal in Hendaye am Meer starten, und dann hoffentlich eine Weile seine Nähe genießen. Nordwärts von dort waren wir eigentlich schon überall, so habe ich den Eindruck, trotzdem bin ich gespannt, ob sich dadurch etwas verändert, weil wir gezielt so nah wie möglich am Meer entlang fahren, dabei gleichzeitig auch Abschied nehmen. Das macht das Besondere aus, das Wissen, nicht mehr zurück zu kommen. Ohne Bedauern, sondern mit der Freude, ein Teil sein zu dürfen. Ohne Besitz und Habenwollen, einfach dort zu sein. Mit offenen Armen. Kommen und Gehen. Welch ein Geschenk.
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  • Anglet

    13–14 янв., Франция ⋅ ⛅ 2 °C

    3.122 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 71 km/ Gesamt 378.696 km / Ø121,29 km)

    Wohnmobilstellplatz
    64600 Anglet
    Frankreich

    Die Nacht ist kalt und voller Träume. Ich kann lange nicht einschlafen und werde immer wieder wach. Mein Herz beschäftigt mich. Nicht das, wo die Liebe drin wohnt, sondern das andere, wo das Leben seinen Takt schlägt. Als es mir die Luft zu nehmen droht, merke ich, dass ich geträumt habe, und das es wieder ganz normal in seinem Rhythmus ist. Beruhigt schlafe ich nochmal ein, um fünf Uhr morgens aufzustehen, liegt aktuell leider außerhalb meiner Reichweite.

    Es hat gefroren in der Nacht, die Windschutzscheibe ist innen vereist, die Gräser tragen Rauhreif, Hilde wälzt sich beglückt, die Sonne geht auf, das Meer ist hellblau. Für einen Strandspaziergang ist mir der steile Weg hin und zurück zu schwer, aber wir werden später mit dem Bus näher heranfahren können, und haben dann einen flachen Übergang.

    So wie gestern nachmittag, kurz bevor die Kaffeegesellschaft eingetroffen ist, und mich fast zugeparkt hat. Es ist Sonntag und alle Welt ist am Meer. Damit habe ich nicht gerechnet. Aber es ist noch genügend Platz für die Hunde, die zwar nicht in der Mehrzahl sind, aber ihre Freiheit ausgiebig nutzen.

    Am Meer siehst du die ängstlichen Hundebesitzer von Sandkorn zu Sandkorn hüpfen, und jedesmal vor Sorge erstarren, dass ihrem Baby ein Haar gekrümmt wird. Oben am Zaun sitzt eine junge Frau im Schneidersitz und lenkt ihren Schäferhundmix mit den Fingern. Er spielt eine Weile mit Hilde, dann geht sie ihm aus dem Weg, was er respektiert.

    Mir ist nicht klar, was vorgefallen ist. Es gab eine Situation, wo sie den hohen Wellen zu nahe gekommen sind, sodass ich Hilde abgerufen habe, danach haben sie sich ignoriert. Die Schnauze voll mit Sand, die Augen glücklich, total ausgepowert gehen wir zum Bus zurück, fahren auf den nahen Stellplatz, und sehen das Meer und die Sonne aus der Ferne.

    Noch einmal Spanien. An der Grenze entlang und den Rest des Weges auf der gestrigen Strecke. In Hendaye schläft Hilde tief und fest, so parke ich nicht mehr am Strand, sondern wir versuchen, nahe der Steilküste nordwärts zu fahren. Das ist schwierig und bringt mich unverhofft in sehr enge Situationen.

    St. Jean de Luz ist ungeahnt bergig, die steilen Straßen mit den schönen Häusern, die engen Kurven, ich atme still aus, als ich endlich wieder andere Fahrzeuge sehe. Erromardi, Kokotia, Guéthary, Bidart. Entweder sind die Schranken unter zwei Meter oder die Straße wird eine Sackgasse. In einem Ort sitzen plötzlich im Kreuzungsbereich Menschen an der eh engen Straße draußen vor den Restaurants auf beiden Seiten beim Mittagessen, als ein blauer Bus ihnen die Sicht nimmt.

    In Biarritz gibt es eine Straße, die quer durch die Stadt am Meer entlang führt, mit kleinen und großen Häusern voller Prunk und Vergangenheit. Hier makelt Christie's Immobilien, das Büro in bester Lage. Die Straße führt uns oberhalb der "Résidence Mer Et Golf" am Leuchtturm auf der Grenze von Biarritz nach Anglet, hinter dem man über Nacht im Winter parken kann.

    Jetzt ist hier Hochsaison, und so entscheide ich mich für den Stellplatz oberhalb vom Strand, der hier Chambre d'Amour heißt, was wir in längst vergangenen Zeiten, als hier noch die Palmen still im Wind wedelten, durchaus ernst genommen haben. Wir haben uns in der Jugendherberge getroffen, die Tag und Nacht geöffnet war, und nur wenig Geld gekostet hat. Umgeben von den alten Villen war sie der Treffpunkt aller Reisenden, ein wunderbarer Ort. Und der einsame Strand unser Paradies.

    Das war gestern, aber mit den Alter wacht die Vergangenheit immer mal wieder auf. Heute gibt es die Jugendherberge immer noch, sie ist regelrecht zugebaut von einem gewachsenen Viertel, das es vor 45 Jahren noch nicht gegeben hat. Aber der Strand ist immer noch schön, wenngleich längst nicht mehr so romantisch.

    Wir werden uns gebührend verabschieden, ich habe gestern nochmal an Ann aus Australien gedacht, mit der ich im Sand gelegen habe, und später mit unserem gemeinsamen Freund Frank, der ebenfalls aus Australien kam, bis nach Lissabon gereist bin, wo sich unsere Wege 1979 im Herbst getrennt haben.

    As Times Go By.

    https://youtu.be/kjNxHlmJElk?si=HSEgDQ3JHPt6THpO
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  • Saint Julien en Borne

    14–15 янв., Франция ⋅ ☀️ 0 °C

    3.123 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 135 km/ Gesamt 378.831 km / Ø121,30 km)

    Wohnmobilstellplatz
    40170 Saint Julian en Borne
    Frankreich

    Seit einiger Zeit treffe ich falsche Entscheidungen. Nichts gravierendes, lebensnotwendiges, lediglich unglücklich motivierte Fakten, die sich aber leider negativ auf unsere Gesamtsituation auswirken.

    Ich bin nicht mal sicher, ob ich sie vermeiden könnte, es scheint vielleicht eher so, als würden meine emotionales Empfindungen einen Knacks haben. Ich kann mich nicht mehr gut auf meine Stimmungen verlassen, reagiere statt zu agieren. Das ist nicht nur auf dieser Reise so, sondern zieht sich seit längerer Zeit durch mein Leben.

    Tatsächlich frage ich mich am Abend, warum wir nicht ein paar Tage in Anglet geblieben sind. Der Stellplatz war günstig, ich hätte vielleicht sogar kostenlos hinter der 'Residence' übernachten können. Das Meer, der Strand wäre leicht erreichbar gewesen, wir hätten ein wenig relaxen können.

    Stattdessen folgt eine unglücklich lange Fahrt, weil die Übernachtungssituation an den Stränden sich verändert hat. Schranken unter zwei Meter, polizeiliche Kontrollen, erlaubte Freistehplätze abseits hinter Baustellen, offizielle Stellplätze von der CCP besetzt, deren Plätze teurer und beschrankt sind.

    Aber tatsächlich die einzigen Orte zu sein scheinen, wo man Camper trifft. Wo sind die Surfer in ihren VW Bussen hin, die auf Parkplätzen nahe beim Strand gewohnt haben. Frankreichs Küsten rüsten auf. Für den zahlenden Tourismus, so erscheint es mir. Die Zeiten der vagabundierenden Reisenden scheinen gezählt. Zumindest am Meer. Das war in Norwegen schon so, und setzt sich hier für uns fort.

    Vielleicht empfinden andere das nicht so, vielleicht treffe ich halt nur die falschen Entscheidungen, bin zu ungeduldig, zu wenig gelassen, zu schnell unterwegs. Erschwerend kommt mein Bewegungspotential hinzu. Die Düne von Pyla konnte ich schon vor Jahren nicht mehr hinaufsteigen, doch mittlerweile sind Strände wie in Vieux Boucou ebenfalls nicht erreichbar, wenn ich erst fünfzig Meter hoch steigen und entsprechend tief runter gehen muss.

    Das versuche ich erst gar nicht, auch wenn die Strände dahinter vielleicht menschenleer und wunderschön sind. Auch hier in Julien musst du zum Strand durch den versandeten Ort spazieren. Ein Klacks für die meisten Reisenden, einen halben Kilometer zu gehen, ich brauchs eben fußläufig. Das schränkt die Möglichkeiten einfach ein.

    Genug Gründe, um die Reise hier anders anzugehen, gelassener, entspannter. In meinen Schuhen wandern lernen, das muss ich neu begreifen, denn dankbar darüber, dass es noch möglich ist, bin ich ja schon.

    In Anglet möchte ich beide Seiten an der Mündung des Flusses Adour mitnehmen. Der Leuchtturm am Strand Barre ist von hier aus leicht zu erreichen, die Brücke über den Fluß grenzt schon an Bayonne, dann folgt Industrie und der Ort Boucau, später an einem Kreisverkehr geht es fast rückwärts nach Digue. Vorbei an brachliegendem Land und eingezäunten Bunkerresten im Dünenurwald. Es gibt einen gesperrten Strand am Fluß wegen 1989 erkannter Gesundheitsgefährdung, daneben Reste von Gebäuden, die grünlich überzogen, halb im Wasser modern.

    Ich sehe den Leuchtturm von La Barre und drehe am Parkplatz von La Digue um. Capbreton, wir parken an der langgezogenen Straße mit Blick auf die Passe du Boucarot, als ein Segelboot vor unseren Augen zum Meer hin unterwegs ist, meine Blicke mitnimmt, die übers gegenüberliegende Ufer streichen.

    Am Plage de Moliets gibt es ein Viereck für Camper hinter der Großbaustelle, mit der der ganze Ort modernisiert wird. In Saints-Girons ist das Wäldchen blockiert, wo wir einige Tage gestanden haben, die Gendarmerie kontrolliert gerade eventuelles Fehlverhalten. Mir vergeht die Lust, den langen Weg raus zum Meer zu machen, denn es geht auf den Abend zu, und wir haben noch keinen Schlafplatz.

    Am Cap de l'Homy erwischen wir gerade noch die untergehende Sonne bzw ihre Wolkenverfärbung. Hierhin werden wir heute zurückkehren, denn vom Parkplatz aus ist der Strand für uns erreichbar für einen Spaziergang. Ein Franzose hat in einer Ecke seinen Schlafplatz gefunden, das ist mir diesmal zu exponiert. Und so gehen wir auf den CCP, wo ich erst mühsam eine Karte erstellen lassen muss, während mir die nackten Zehen in den Sandalen erfrieren. Meine Telefonnummer ist schon registriert, ich weiß noch, vor Jahren habe ich den Versuch dann irgendwo abgebrochen, aber sie haben mich nicht vergessen. Zum Glück habe ich eine zweite Handynummer und auch eine zweite Mailadresse, sonst wäre ich gar nicht reingekommen. Dann musst du die Karte erst aufladen, bevor beim Betreten der Betrag abgebucht wird. Am Besten buchst du gleich einen höheren Betrag, weil manche Terminals nicht funktionieren sollen.

    Tolles System, um Geld arbeiten zu lassen. Jetzt muss ich noch auf eine weitere Karte aufpassen, damit ich sie nicht verliere, denn der Anbieter arbeitet nicht europaweit, sondern nur in Frankreich flächendeckend. Und ein bisschen in Spanien, habe ich mir sagen lassen.

    Die Nacht wird kalt, der Mond steht hell und voll an einem klaren Himmel, der morgens ohne Wolken erwacht. Meine französische Nachbarin führt ihren Hund kurz aus, wir lächeln uns zu. Hilde liegt immer noch eingerollt auf der Bettdecke, ein Auge mir zeitweise zugewandt. Das Gras ist gefroren, die Bäume stehen unbewegt wie Gemälde im Rund, auf den Dächern der Häuser liegt eine unberührte weiße Schicht auf den Schindeln, die letzten Lichter im Ort, vom Horizont steigen Wolken auf, der erste Camper fährt um halb neun los, ein Deutscher. Der Mond ist voller dunkler Flecken, so klar, dass seine großen Tiefebenen zu sehen sind, die mit dunklerem Staub gefüllt sind. Und über allem der Rausch des Meeres, ohne Anfang und Ende. Ein eiskalter Morgengang unter den Pinien mit Hilde, die sich vergnügt wälzt und eigentlich wie verrückt rennen möchte. Die Sonne schrägt die Baumstämme und blinzelt durch die Lücken, oben auf dem Hügel ein Leuchtturm, der über die Wäscheleine mit den wenigen Klammern lugt.

    Im Ort ist Licht, der Mond ist hinter den Wolken schlafen gegangen, die Sonne hat es sich auf den Häusern bequem gemacht, auf dem Sand, den Straßen mit Asphalt. Wir machen Frühstück, während die Windschutzscheibe auftaut, und ich die erste Jacke ausziehe. Hilde bellt an meinem Ohr, der Nachbar geht mit seinem Terrier spazieren. So beginnt ein neuer Tag in unserem Leben, ein Grund mehr, um dankbar zu sein.
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  • Contis Les Bains

    15–16 янв., Франция ⋅ ☀️ 0 °C

    3.124 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 94 km/ Gesamt 378.925 km / Ø121,29 km)

    Wohnmobilstellplatz
    40170 Contis Les Bains
    Frankreich

    Sechs Uhr morgens. Minus sechs Grad Celsius. Die Temperatur ist mit den Stunden der Nacht gefallen, tiefer soll es jetzt nicht mehr gehen, denn dann kommt die Sonne. Und die soll uns sieben Grad Wärme bringen.

    Als erstes schalte ich die Standheizung ab, die die letzten neunzig Minuten gelaufen ist, dann den Kühlschrank. Wenn ich Glück habe, reicht die Energie gerade eben aus, um einem halben Liter Wasser für den Tee zu kochen. Meist klappt das nicht, und ich muss den Motor starten, und ihn fünf Minuten laufen lassen. In Frankreich kümmert das niemanden, da läuft öfter ein Generator oder der Motor. Im Ländle bist du ein bodenloser Umweltverschmutzer, während über dir die Flugzeuge kreisen, deren Kerosinverbrauch ungleich höher ist. (ca 3,4 Liter PRO Passagier und 100 km) Da sieht man gleich wieder, wie bodenständig der Mitteleuropäer doch ist.

    Vor dem Kochen des Wassers muss ich die Stützstrümpfe anziehen. Weil ich eine kleine Wunde am Knöchel habe, die nicht heilen will, muss dort ein Pflaster zum Schutz sitzen. Auf den Tee freue ich mich. Unter der Klappe über dem alten Gasherd von früher liegen meine Teebeutel, und ich freue mich immer auf die Beute, die ich dort mache. Heute ist es eine Brennesselmischung.

    Dann schalte ich den Motor aus, die Standheizung und den Kühlschrank wieder an, schütte die Teekanne voll, und habe noch genügend heißes Wasser für die morgendliche Körperwäsche. An den strategisch wichtigen Stellen, wie eine Freundin immer sagte, die Jahrzehnte in der Entwicklungshilfe unterwegs war.

    Waschen und Teetrinken, der heilsame Zweiklang, danach mich anziehen, und um die medizinische Absicherung mich kümmern. Blutdruck messen, Fitline auffüllen, Tabletten einnehmen. Währenddessen höre ich meine beiden christlichen Podcast, manchmal noch eine Predigt.

    Hilde schläft unter der Bettdecke, erst wenn ich mit allem fertig bin, dann gehen wir zusammen raus. Kälte macht ihr nichts aus. Regen auch nicht. Nur zuviel Sonne und Hitze, das können wir beide nicht gut aushalten. Heute werden wir unter den Bäumen spazieren gehen. Das Gras ist gefroren und Hilde wälzt sich auf dem Boden, mit wenig kann man zufrieden sein.

    Ich bin noch nachdenklich, von den Worten, die ich gehört habe, und nun Zeit habe, sie zu verarbeiten. Das hat mir früher oft gefehlt, die Stille nach dem Gottesdienst, der Abstand von den anderen Teilnehmern, die dich gerne mal in ein freundliches Gespräch verwickeln möchten, weil man sich wieder gesehen hat.

    Überhaupt bin ich auf dieser Reise viel alleine, und rede wenig. Gestern ein Lächeln mit einer jungen Frau, die vom Strandspaziergang zurückkommt. Ein, zweimal nicken wir uns freundlich zu, der Fahrer vom gelben Bus, der auf gute Wellen gewartet hat, und abends enttäuscht wegfährt, während wir dem Sonnenuntergang nachschauen, mit den Wellen voll zufrieden sind.

    Nur der deutsche Camper schlunzt mich beim Abendspaziergang an, ob ich meinen Hund hier ... ließe, er habe vor seiner Tür...Eine harte Sprache ist das Deutsche, eine vulgäre Sprache, in der soviel Ablehnung und Wut stecken kann. Besonders dann, wenn man sich 'allein gegen alle' fühlt, ein sehr deutsches Verhalten, was im Ausland schnell zu einer Angriffshaltung führt.

    So gehe ich halt manchen Menschen lieber aus dem Weg, statt ihnen zu begegnen. Um sieben Uhr ist immer noch Nacht, Hilde ist es zu warm, sie guckt aus dem Fenster in die gelben Lichter der Laternen. Über dem Dorf, zwischen den Bäumen auf dem Stellplatz, auf dem wir zum zweiten Mal sind.

    Und tatsächlich heißt der kleine Ort Contis, denn Julien ist acht Kilometer im Inland, hat aber der ganzen Region seinen Namen auferlegt. Gestern sind wir im richtigen Ort gewesen, nachdem wir in Cap d'Homy am Strand waren. Uih, das war vielleicht eine Sache, denn der Hang durch die Dünen ging steil bergab, zu meinem Glück war die Hälfte des Weges noch geschottert.

    Aber ich habe es geschafft, bis auf einen Meeresangler ist der Strand unberührt, wir spazieren im rutschigen Sand bei Ebbe, spielen mit einem Stock, den Hilde findet. Zurück zieht sie mich den steilen Berg hoch, mit weniger Pausen als runter. Am Abend bleiben wir oben auf der Düne, zweimal am Tag ist nicht drin.

    Wir schauen in der Gegend rum. Bias, Mimizan Plage, Lit et Mixe. Nördlich vom Strand in Mimizan ist der Küstenstreifen nicht befahrbar, vielleicht auf fünfzig Kilometer wachsen nur Bäume. 'Der kleine Badeort Mimizan-Plage ist eine wahre Perle an der Silberküste und gehört zur Gemeinde Mimizan in den
    Landes, und liegt zwischen dem Atlantik und dem Wald von Landes in der Gascogne.' Schreibt France-Voyage im Internet.

    In diesem Wald liegt das 'Camp de Naouas', von dem Wikipedia berichtet, "Das Centre d’Essais des Landes (auch DGA Essais de missiles) ist ein Startplatz für Höhenforschungsraketen und ein Testgelände zur Erprobung militärischer Raketen in Frankreich zwischen Biscarrosse und der Atlantikküste.
    Das Centre d’Essais des Landes wurde 1967 als Ersatz für den ehemaligen Startplatz in Hammaguir in Betrieb genommen. Das Testgelände dient hauptsächlich der Erprobung militärischer Raketen und es werden auch zivile Höhenforschungsraketen gestartet. Die wichtigste Startrampe des Centre d’Essais des Landes ist die Base Lancement Balistique (44° 21′ 43″ N, 1° 15′ 0″ W), von der die meisten Mittelstreckenraketen gestartet wurden. Zumindest früher konnte das Centre d’Essais des Landes alle zwei Jahre am französischen Nationalfeiertag besichtigt werden. Am Nordrand des Sperrgebiets, direkt südlich von Biscarrosse Plage, liegt die Kaserne der 17e groupe d'artillerie der französischen Landstreitkräfte."

    Das ganze Gebiet muss um zwei große Seen herum umgangen werden, erst in Biscarrosse können wir wieder zum Meer fahren. Erstmal keine guten Nachrichten, aber wenn man sich so intensiv mit der Meeresküste beschäftigt, dann tauchen auch gerne historische und aktuelle militärische Zeugnisse auf, denn wo sonst muss ein Land verteidigt werden, als an seiner Küste.

    Wenn wir vom Spaziergang zurückkommen, gibt es Frühstück. Für Hilde viel Fleisch, für mich Porridge mit heißem Wasser und ein bisschen süße Erdbeermarmelade. Manchmal noch ein Stück Käse zum Abschluss. Danach schicke ich oft erst die Geschichte weg, dann bist du sicher auch gut aufnahmefähig.
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  • Arès

    16–17 янв., Франция ⋅ ☁️ 3 °C

    3.125 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 159 km/ Gesamt 379.084 km / Ø121,30 km)

    Wohnmobilstellplatz
    33740 Arès
    Frankreich

    Um halb sechs wollte ich nicht mehr schlafen, es ist wärmer geworden, und der Verkehr auf der Straße nimmt zu. Ich mag keine Träume haben, zumindest in der Nacht, wenn ich mich nicht dagegen wehren kann. Und manchmal glaube ich, dass sie die Erlebnisse des vergangenen Tages in einer Weise mit sich tragen, die mir durchaus nicht angenehm ist.

    Wir sind durch den Wald gefahren. Von Contis Les Bains über Mézos, Saint Paul en Born, Gastes, um den ersten See herum ins emsige Biscarrosse, an seine Küste. Kleine Orte, im denen ich lediglich die beiden Bäume interessant finde, die zusammengewachsen sind. Vermutlich von Menschen forciert, aber in der Bedeutung sehr ausdrucksstark.

    Fluglärm vom nahen Camp, Burger an der Straße zum Strand, in der der Kommerz einen festen Platz in Sichtweite der Menschen eingenommen hat. Was du vorher alles nicht gebraucht hast, hier bekommst du es. Am Strand wird gebaut. Nein, das stimmt nicht so ganz. Es ist nur die wichtigste Durchgangsstrasse, die gesperrt ist. Zum Strand hoch gibt es Wiese, grünes Gras, wenig Wege, keine Menschen. Einige Camper parken hier ungestört, am Ende des Weges ist ein Parkplatz mit Schranke, zu niedrig für uns.

    Ich registriere das, so denke ich, aber es macht was mit mir. Denn als wir weiter fahren zur größten Düne Europas, die gar nicht so besonders heraussticht, weil sie so verbaut ist, stelle ich fest, dass der Strand für mich nicht erreichbar ist. Die Wege sind zu weit, fest verschrankt. Es diene dem Erhalt der sensiblen Natur, so höre ich, und meine, dass das in den letzten fünfzig Jahren doch überhaupt keine Rolle gespielt.

    Da konntest du ungehindert ziemlich nah an die Düne fahren, und drauf herumlaufen. Ob das heute noch so ist, kann ich nicht beurteilen. Aber dass es vor zwei Jahren südlich vom Ort Arcachon auf halbem Wege zur Düne einen Waldparkplatz gab, auf dem die Camper zwar schief, aber doch meernah übernachten konnten. Heute ist das kultiviert und mit Pfosten ringsum so versperrt, dass es nur noch wenige kostenlose Parkmöglichkeiten gibt.

    Dafür werden alle Besucher auf einem großen, asphaltierten Parkplatz mit Schranke und Geldschloß gesammelt. Das erinnert mich sehr an die Nordseeküste. Unter dem Deckmantel Naturschutz bereichern sich diejenigen, die das Geld horten, an denen, die sie doch einfach nur sehen wollen.

    Ich finde nicht, dass der Mensch das Recht hat, die von Gott geschaffene und uns allen zur Verfügung stehende Natur, für sich zu kaufen und zu vermarkten. Meine Enttäuschung, nicht mehr so wie früher reisen zu können, ist eine persönliche Sache. Aber, wie die Natur quasi in einen Privatbesitz übergeht, eine andere.

    Manche Freunde schreiben, dass es eine großartige Gegend ist, in der wir reisen. Das stimmt. Aber wenn ich hier unterwegs bin, dann ist es mir auch wichtig, den Finger drauf zu halten. Wir sind hier nur dieses Mal noch, aber was wird in Zukunft sein. Wir umkreisen den Bassin d'Arcachon weitläufig, durch alle kleinen Orte, die sich am Ufer ausgebreitet haben.

    In Arès gibt es einen Stellplatz der Organisation, dessen Mitglied ich jetzt bin. Und ganz in der Nähe endet die Straße bei einem alten Krankenhaus des Roten Kreuzes am gestrandeten See. Flach wir ein Spiegel, das Ufer nackt wegen der Ebbe, darüber Sand, dann Häuser. Die abendliche Spazierrunde in Saint-Brice, einem Ortsteil.

    Im Winter frei für alle Hundespaziergänger und die großen Reifen von SUVs, die 4x4 den Sand aufwühlen. Da waren wir grade am Bus zurück, und während ich meine Schuhe wechsele, liegt ein großer Golden Retriever unter der Hecke am Zaun und beobachtet mich mit ruhigen, fast traurigen Augen, während Hilde den Verkehr durch die Windschutzscheibe im Blick hat, und nichts davon mitbekommt.

    In der Nacht sinkt die Temperatur nicht mehr, sie bleibt bei drei, vier Grad, was immer noch kalt genug ist, aber die Sonne verspricht Wärme. Und wenn sie in windstillen Ecken scheint, dann spüre ich ihre Kraft, auf die ich mich durchaus freue, obwohl ich natürlich nordwärts unterwegs bin in eine Gegend, die den Winter seit einigen Jahren wieder für sich entdeckt hat.

    Und wenn du mich fragst, warum wir nicht in den Süden fahren, wo es warm ist, dann darf ich dir antworten, dass es persönliche Gründe gibt, die dies leider verhindern, weil sie meinen Zeitrahmen einschränken. So habe ich mir dann die Südwestküste als Reiseziel ausgesucht und hoffe, es vielleicht noch bis zu den Inseln zu schaffen.

    Natürlich wünsche ich mir fröhlichere Geschichten, aber vielleicht kann ich dich wenigstens mit den Bildern erfreuen. Uns geht es gut, wir gehen bald spazieren, und weil ich schon so lange wach bin, habe ich auch schon gefrühstückt, während Hilde noch schläft. So sind unsere Rollen gut verteilt.
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  • Lacanau

    17–18 янв., Франция ⋅ ☀️ 2 °C

    3.126 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 113 km/ Gesamt 379.197 km / Ø121,30 km)

    Wohnmobilstellplatz
    33680 Lacanau
    Frankreich

    Als wir aus Cap Ferret herausfahren, kommen wir an dem offiziellen Stellplatz an der Straße vorbei, wo wir vor drei Jahren einem jungen Paar aus England begegnet sind. Kayleigh und Tom sind auf dem Weg nach Portugal, um dort zu leben. Wir verstehen uns gut, und weil Kayleigh einen Blog hat, haben wir immer noch eine Art Kontakt miteinander. Sie macht Graffiti, bemalt sehr eindrucksvoll und auch wohl im Auftrag der Menschen, die dort leben, Wände mit ihren großflächigen Bildern bunter Farben. Ich füge einfach mal den Instagram Link bei.

    https://www.instagram.com/aurikarte?igsh=MW53cn…

    Tom spielt Gitarre, er repariert den Van, ist eigentlich derjenige, mit dem ich mich unterhalte. Eine Weile sehe ich noch Bilder von ihm, in der Zwischenzeit haben sich die Beiden getrennt, sie hat sich neu verliebt, und er ist für mich abgetaucht.

    Heute steht ein Camper hier, aber wir sind nur auf der Durchreise. Am Bassin d'Arcachon entlang, das wieder in der Ebbe weitgehend frei zum Ufer hin liegt, haben wir die rotweiße Kirche uns als Ziel genommen. Ungeahnt passieren wir einen Glaskasten zur Straße hin. Carrefour Express hat alles, was wir brauchen, und Hilde kann sehen, wohin ich gehe. Trotzdem sitzt sie bekümmert auf meinem Sitz, als ich zurückkomme, vielleicht hat doch jemand ans Fenster geklopft, als sie gebellt hat.

    Sie war so fröhlich heute morgen, sodass es mir richtig leid tut, wie elend sie jetzt aussieht. Am liebsten möchte sie, dass ich nicht ohne sie weggehe, und ich hoffe und bete, dass dies niemals endgültig passieren wird.

    Wir fahren zum Leuchtturm und zum Ende der Straße. Von irgendwo dort könnte man zur Düne hinüber schauen, ich erspare mir den mühsamen Weg. Und sehe wenig später an der Straße bei dem weißen Kreuz, dass wir dort am Strand einen Spaziergang machen können.

    Der Sand ist extrem weich und rutschig, die Bucht selbstverständlich ohne Wasser, obwohl es auf den Bilder so aussieht, eben eine hauchdünne Schicht, die Hilde aber zum Glück meidet, weil sie ihr vermutlich schwarze Pfoten bringt. Aber sie findet einen Stock und kann sich ein bisschen austoben, denn meine Knie erlauben keine langen Wanderungen mehr. Ob es die Kälte ist. Oder der steile Berg. Irgendwas hat ihnen zugesetzt. Trotzdem gehe ich, soviel ich kann. Für eine Hündin wie Hilde sicherlich nicht lange genug, aber wenn sie frei ist, dann gleicht sich das einigermaßen aus.

    Auf jeden Fall ist sie erstmal reichlich erschöpft auf der Fahrt von Lege nach Le Porge und weiter nach La Grigne, wo der Océan für uns zu weit zum Laufen ist. Auf der Rückfahrt mache ich ein Video, das in den Storys/Status zu sehen ist, vom Reisen durch die einsamen Wälder in Grün.

    Das sieht schön aus in den fliegenden Bildern, aber nach tagelangem Genuß freue ich mich auf die Weinfelder im Medoc. Von Le Porge geht es nach Nordwesten am Étang de Lacanau vorbei zum Strand am Océan. Wie sich der Ort nennt. Und ja, hier tobt er wirklich lautstark bis hinauf zur Straße. Theoretisch könnte ich weiter unten parken und hinlaufen, praktisch verschiebe ich das auf später, weil wir einen Schlafplatz brauchen, und der hiesige Stellplatz schlechte Kritiken hat.

    Ein deutscher Camper gibt mir eine Einführung in den umständlichen Prozeß des Eintritts, und ich gebe diese gleich weiter an ein englisches Ehepaar. Da er von einem Franzosen belehrt wurde, schließt sich der Kreis auf wunderbare Weise. Er hat in neun Wochen die Iberische Halbinsel umkreist, die Engländer sind auf dem Rückweg vom Winter in Spanien, der Franzose reist mit Frau und Hund durchs Land. Ich mag solche kleinen Geschichten, hinter unserem Stellplatz ist sowas wie eine verwahrloste Lüneburger Heide, die voller Spuren ist, und von Hilde ausgiebig erkundet wird.

    Die Sonne begegnet uns zwischen den Baumkronen, in den Abend hinein wird es wieder kalt, der Verkehr an der nahen Straße nimmt ab. Heute habe ich wieder darüber nachgedacht, dass sich was ändern muss in unserem Reisestil. Eine neverendingstory, die mich schon seit Jahren begleitet, und in verschiedenen Variationen ihren Widerhall findet.

    Eine Zeit lang habe ich überlegt, uns einmal im Monat eine räumliche Auszeit zu gönnen. Aber dazu lieben wir das Busleben zu sehr, und der Aufenthalt in einem Zimmer wäre sehr aufwendig, langfristig aufgrund der verringerten körperlichen Belastbarkeit auch nicht bewältigen.

    Das tägliche Reisen macht schon Sinn, wenn wir die Entfernungen geringer halten, möglicherweise gäbe es Orte, wo wir länger bleiben können, was mir allerdings schon immer nicht leichtgefallen ist. Aber klar ist mir geworden, dass ich die einzelnen Touren aufgrund diverser Umstände nicht länger als acht bis zehn Wochen ausdehnen kann und auch möchte.

    Das bedingt die regelmäßige Fußpflege schon, aber macht auch familiären Sinn, zumal wir klare Ziele mit einzelnen Abschnitten der europäischen Küsten haben. Und nach vier Wochen Meer brauche ich dringend Berge, Landschaften und schnuckelige Dörfer, den Charme des Landesinneren. Oder mit Hilde's Gedanken gesprochen, ich brauch den Mäusegeruch in der Nase.

    Erstmal aber gibt es ein neues Video auf Youtube mit schönen Aufnahmen von einem herrlichen Strand mit rauschendem Meer, das ich dir empfehle anzuschauen. Und wenn es dir gefällt, freue ich mich über eine entsprechende Anerkennung. Oder eine Kritik, denn um den Geschmack der Zuschauer zu treffen, ist Beides gut!

    https://youtu.be/J7NShhSi5vA?si=m2EyVUWco5zqPP7M
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  • Montalivet

    18–19 янв., Франция ⋅ ⛅ 2 °C

    3.127 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 134 km/ Gesamt 379.331km / Ø121,30 km)

    Straße nahe dem Strand
    33930 Montalivet
    Frankreich

    Am Ende der ganzen Odysee fehlt ein Stützstrumpf, was nicht ganz so schlimm ist, weil ich von einem früheren Paar noch nen Socken übrig habe. Die Waschmaschine in Lacanau war top, aber der Trockner hat den Geist aufgegeben, kaum dass ich ihn vollgestopft habe.

    Also den ganzen nassen Wäscheberg in die Reisetasche, wo sonst die Bettdecke ist, und ab die Post zum nächsten Trockner, eine Stunde entfernt. Auf dem Weg noch durch Carcans Plage, weil liebe Freunde gerne wissen wollen, wie sich ihr Feriendomizil im Winter anfühlt.

    Einsam. So leer habe ich keinen anderen Ort am Atlantik angetroffen. Alles, ausnahmslos alles, ist geschlossen. Einige Bewohner mit Fahrzeugen vor der Tür, ein bisschen individuelle Bautätigkeit. Ein alter Mann an seiner Außenmauer, ein Schatten, der durch meinen Augenwinkel huscht.

    Katzen zwar, aber kein Hundegebell, kein Ruf, kein Klingeln, mal ein Motorengeräusch. Die Residenz der Stille, die Einsamkeit des Strandes, die Ruhe der Geborgenheit an einem Wintertag im Januar am großen Ozean. Und dazu vielleicht Jule Zeh lesen, über ihre Bosnienreise. Die Stille ist ein Geräusch. Oder Nadolny. Die Entdeckung der Langsamkeit.

    Der anvisierte Trockner ist großartig. Beim anschließenden Tankenwollen vergesse ich, die Karte aus dem Leser zu nehmen, und wundere mich, warum ich keinen Diesel bekomme. Ein plötzlicher Ausfall von Antriebsflüssigkeit würde mich in ungeahnte Schwierigkeiten bringen.

    Dann habe ich das Problem aber doch gelöst und wir fahren zur nahen Küste. Montalivet ist ein Traum, nicht der schönste Strand bisher auf der Tour, aber endlich wieder einer, zu dem ich nicht über Berge klettern muss. Hilde ist happy, endlich frei rennen zu können, und meine Hüften jubeln, weil kein heftiger Leinenzug an ihnen rüttelt.

    Die Sonne scheint und wir genießen den Spaziergang. Allerdings gehe ich mit der Übernachtungssituation nicht konform und mache mich in der Umgebung auf die Suche nach einem besseren Ergebnis. Soulac sur Mer ist eine trübe Stadt, die nicht gut und wenn, dann nach abgestandenen Rauch riecht. Le Verdon sur Mer gegenüber behütet einen großen Yachthafen, den Blick auf den Fluß Gironde, und menschenleere Straßen.

    Alle Plätze zum Übernachten sind wenig einladend, sodass wir nach Montalivet zurückkehren, gerade rechtzeitig zu den wunderbaren Farben des Abends. Hinter einem großen, französischen Camper parken wir an der Straße, die zum Strand führt, gegenüber einer in die Jahre gekommenen Villa, die unbewohnt ist.

    Es wird kalt in der Nacht. Null Grad mit einem erwachenden Morgen voller Nebel, der im Laufe des Vormittags zwar nach oben steigt, aber in der grauen Wolke sich verfängt, die seit dem Morgen horizontweit über unserer Welt sich eingerichtet hat.

    Interessanterweise sinkt die Temperatur hier an der Küste noch mehr in den frühen Stunden des Morgens, bis die Sonne zu sehen ist. Heute bleibt sie hinter den Wolken, entsprechend steigt die Temperatur nicht höher als drei Grad im Laufe des Tages an.

    Kein Grund, das Meer zu meiden, dem wir gleich einen Abschiedsbesuch machen werden, bevor wir uns zur Spitze des Medoc aufmachen, wo ein Leuchtturm das Meer betrachtet, um dann wohl die Fähre über den Fluß nahe seiner Mündung nach Royan zu nehmen.

    Ein schöner Küstenabschnitt geht zuende. Nicht immer war ich glücklich mit der Situation, aber insgesamt gesehen möchte ich es nicht missen wollen, Frankreich auch von dieser Seite zu betrachten.
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  • Saint-Palais-sur-Mer

    19–20 янв., Франция ⋅ ☁️ -1 °C

    3.128 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 49 km/ Gesamt 379.380 km / Ø121,28 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    17420 Saint-Palais-sur-Mer
    Frankreich

    Er ist wieder da! Ein letzter Spaziergang führt uns an den Strand in Montalivet. Das Meer hat sich weit zurück gezogen, es ist die Zeit der Ebbe. Ein grauer Tag, ein leerer Strand, Hilde macht das nichts aus, sie findet einen Stock und zeichnet Spuren in den unberührten Sand. Später zieht sie mich den Berg hoch, ein letzter Blick von der Bank übers Meer. Es ist Zeit, Abschied zu nehmen.

    Nachmittags geht die Fähre nach Royan, die nächsten Tage bleibt es kalt und wolkenverhangen, dann soll Regen kommen. Es zieht und zerrt in mir, weil ich mir nicht schlüssig bin. Doch ein Blick auf die Karte besagt, wenn ich über Süddeutschland und Luxemburg nach Braunschweig fahren will, haben wir fast zweitausend Kilometer vor uns in neunzehn Tagen, die mir bis zum Termin bleiben.

    Da macht es Sinn, jetzt einen Abschluss zu finden. Die Inseln möchte ich in einer blühenderen Zeit erleben, die Bretagne im Herbst oder im Frühling, wenn ich es mir aussuchen kann. Es waren jetzt nur neun Tage an der Atlantikküste und ein bisschen mehr am Mittelmeer, aber ich erfülle ja keine Pflicht, sondern bin auf der Kür meines Reiselebens unterwegs. Und da zählt nur, was mir, was uns gut tut.

    Wir packen zusammen und fahren zurück zum Carrefour, wo er tatsächlich auf uns gewartet hat. Jemand hat den fehlenden Stützstrumpf so platziert, dass er mir geradezu ins Auge springt. Welch ein Glück.

    Wir beschließen den Medoc an seiner Spitze, wo auch die Fähre ablegt. Dort gibt es neben dem Leuchtturm eine Gedenkstätte an den zweiten Weltkrieg. Das
    'Mémorial opération frankton', weil hier Soldaten einer Spezialeinheit von der Wehrmacht hingerichtet wurden. Einige Auszüge darüber aus Wikipedia füge ich bei.

    "Operation Frankton war eine militärische Kommandooperation einer Spezialeinheit der britischen Royal Marines während des Zweiten Weltkrieges. Das Ziel der Sprengstoffanschläge war es, Fracht- und Kriegsschiffe im von der Wehrmacht besetzten Hafen der französischen Stadt Bordeaux durch Zerstörung oder Beschädigung fahruntüchtig zu machen.

    Der Erfolg der Mission wurde unterschiedlich beurteilt: Aus taktischer Sicht sind die Verluste von über 80 % der ursprünglichen Einsatzkräfte dramatisch, strategisch gesehen erzielten die verbliebenen Soldaten jedoch einen verhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Schaden und psychologische Wirkung...

    Im Juni 2002 wurde der „Frankton Trail“ eröffnet, ein Wanderweg, auf dem sich Haslers und Sparks 160 km lange Rückzugsroute nacherleben lässt. 'Frankton Souvenier' ist eine englisch-französische Organisation, die gegründet wurde, um an die Geschichte der Operation Frankton zu erinnern. Die Organisation plant, den Wanderweg weiterzuentwickeln und an wichtigen Stellen erklärende Tafeln anzubringen."
    (Gesamter Text bei Wikipedia ist sehr interessant)

    Das Schiff der 'Gironde' wartet auf uns. Knapp zwanzig Euro wechseln den Besitzer, wir können im Bus bleiben, was sehr entspannend ist. Am anderen Ufer verlassen wir den Bauch des Bootes und fahren durch ein winterlichleeres Royan am Meer entlang nordwestlich.

    In einem Vorort gibt es einen kostenlosen Stellplatz bei einem hohen Wasserturm und einem kleinen, feinen Wiesengrundstück, so würde das Hilde wohl bezeichnet. Rundum sind Einfamilienhäusern, die Baustile bunt gemischt, an einer Seite hat ein Restaurant geöffnet, das abends gut besucht ist.

    Auf dem Weg begegnen wir einer schönen Kirche aus dem 13. Jahrhundert, und zwei älteren Häusern, die mir ins Auge springen. Unser Nachbar kommt aus dem Norden Frankreichs und reist mit seinem Camper durch die Lande. Statt einem Hund hat er ein kleines Motorrad, um die Umgebung zu erkunden.

    Er war mit dem Rad im Schwarzwald und in Norwegen, wir unterhalten uns eine ganze Weile sehr angeregt, bevor jeder in seine Höhle verschwindet. Die Nacht ist unruhig und kalt, ich wache häufig auf und mach die Standheizung kurz an, kann dann aber schlecht wieder einschlafen.

    Auch Hilde ist in Bewegung, früh am Morgen, noch in dunkler Nacht, muss sie raus. Ich bin voller Gedanken, der Abschied in Montalivet war wunderschön, ich empfinde wieder mehr Ruhe, an der Straße zu schlafen. Das Meer, der Strand, der winterlich verschlafene Ort mit einer offenen Café/Bar.

    Heute umrunden wir noch das Land am Meer oberhalb von Royan bis hinüber zur Brücke, die auf die Insel Oléron führt. Möglicherweise kommen wir zur Nacht hierher zurück, um ein wenig südlicher auf der Höhe von Angoulėme das Land zu queren. Wir werden sehen. Erstmal Tee trinken.
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  • Cherves - Richemont

    20–21 янв., Франция ⋅ ☁️ 4 °C

    3.129 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 132 km/ Gesamt 379.512 km / Ø121,28 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    16370 Cherves - Richemont
    Frankreich

    Während mir am Nachmittag wiederholt Camper entgegenkommen, die alle Richtung Meer fahren, verstärken sich meine Zweifel, dass ostwärts wirklich die richtige Entscheidung ist. Ich könnte doch...und wenn auch nur für ein paar Tage...vielleicht...nur für einige entspannte Strandspaziergänge...um Hilde frei laufen zu lassen.

    Es muss eine andere Lösung geben, um das zu ermöglichen, denn wir wollen ja auch im April/Mai in Deutschland reisen, fernab jeglicher Küste. Mal wieder eine Begegnungstour mit Freunden und Leser/innen machen, die uns kennen lernen wollen. Vorher im März die Ostseeküste von Fehmarn bis Lübeck plus Großraum Hamburg, Mitte Februar die Lüneburger Heide.

    Aber jetzt fahren wir erstmal zum Zoo de la Palmyre. Einer der renommiertesten Zoos im Europa, 1600 Tiere, 18 Hektar. "Im Herzen der Côte de Beauté und den Stränden der Charente-Maritime, nur wenige Dünen von der Stadt Royan entfernt, liegt einer der berühmtesten zoologischen Parks Europas: der Zoo von La Palmyre...

    Jedes Jahr verzeichnet der Zoo mehr als 200 Geburten. Darüber hinaus spielt das Unternehmen eine wichtige Rolle beim Schutz gefährdeter Arten, indem es sich an mehr als 60 auf europäischer Ebene verwalteten Zuchtprogrammen beteiligt und über seinen Palmyre Conservation-Stiftungsfonds den Schutz gefährdeter Tiere in ihrer natürlichen Umgebung finanziert: Orangs, Utans und Elefanten Borneo, Lemuren in Madagaskar, afrikanische Pinguine in Südafrika, Gorillas und Schimpansen in der Demokratischen Republik Kongo, Otter Riesen in Guyana, Tamarine in Kolumbien, Fledermäuse und Störche in Frankreich …"
    https://www.royanatlantique.fr/de/Touren-Ausflü…

    Von Ostern bis Allerheiligen sei der Park offen, da liegen wir wohl knapp daneben. Trotzdem hören wir ungewöhnliche Laute auf der Durchreise, denn auf dieser grünen 'Halbinsel' möchte ich gerne nochmal mit Hilde am Meer spazieren gehen. Was uns nicht gelingt, denn auf den schmalen Durchgängen von der Straße aus, sehe ich am Ende des Weges einen hohen Sandberg.

    Doch am Plage de la Cèpe am Ortsrand von Ronce le Bains finde ich unseren ultimativen Platz. Knapp zwanzig Meter vom Bus entfernt liegt der Strand an einem Meer, das sich grade mal wieder zurück gezogen hat. In der Ferne ist die Insel Oléron zu sehen, die für uns dieses Mal unerreichbar bleibt.

    Aber wir kommen ihr noch näher, denn wir wollen uns vom französischen Atlantik beim Fort Louvois am Port Ostréicole de Bourcefranc-le-Chapus verabschieden. Und nehmen mit Freuden dabei die Fahrt an den bunten Häusern der Cabanes du Chapus mit, von denen unser Blick hinüber zur Brücke nach Oléron gleitet.

    Welch ein grandioser Abschied bei Sonnenschein, blauem Himmel, und angenehmer Ruhe. Und dann. Stehe ich an der Kreuzung und überlege. Mir fällt die Entscheidung sehr schwer. Doch letztendlich ist Saintes unser erstes Ziel, dem wir gleich beim Chateau - Hinweis aus dem Weg gehen, sodass ich Gefallen am Hinterland finde.

    Und so kommen wir zu dem kostenlosen, ruhigen und in schöner Dorfumgebung liegenden Stellplatz, der uns zwar eine frostige Nacht bringt, aber auch einen grandiosen Sonnenaufgang schenkt.

    Ich wünsche Dir viel Freude mit den Bildern und darüber hinaus einen guten, harmonischen Tag voller positiver Ereignisse.
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  • Châteauroux

    21–22 янв., Франция ⋅ ☁️ 3 °C

    3.130 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 253 km/ Gesamt 379.765 km / Ø121,33 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    36000 Châteauroux
    Frankreich

    Eine Erkenntnis, die mein Leben durchzieht, und jetzt in den Jahren unterwegs viel deutlicher sichtbar wird, ist das beständige Auf und Ab in vielerlei Hinsicht. Es gibt nicht zwanzig gute Tage und eine schlechte Nacht, sondern die Abstände sind deutlich kürzer, dafür vielleicht weniger einschneidend.

    Manchmal hat es mit verschobenen Entscheidungen zu tun, die mir nicht aus dem Kopf gehen, manchmal schon mit einem guten Spazierweg, an dem ich früh vorbeifahre, weil Hilde so schön schläft, aber später finde ich lediglich eine schlechte Notlösung.

    Jeden Morgen und Abend muss ich aktuell den Blutdruck messen, weil die Werte unregelmäßig sind. Mal habe ich zwei Herzen im Anzeiger, was auf verschiedene Herzschläge hindeutet, dann muss ich mit dem Pulsoxymeter schauen, ob die Kurve trotz Verschiebungen regelmäßig ist oder ob eine sogenannte "Absolute Arryhtmie" vorliegen könnte, die auf ein Vorhofflimmern hinweisen würde.

    Bislang war das manchmal abends so, aber am nächsten Morgen wieder normal. Darauf habe ich keinen Einfluss, und plötzlicher Stress, der der Verursacher sein könnte, lässt sich nicht vermeiden, weil er mir nicht vorher bekannt ist. Also beispielsweise der Kampf von Hilde mit der Bisamratte, oder ein plötzlich bremsendes Fahrzeug. Den Betablocker, den ich bekommen hatte, um die Herzfrequenz zu senken, darf ich nicht nehmen, da es dabei zur Verlangsamung des Herzens aufgrund einer anderen Disposition kommen könnte.

    Deshalb bin ich jetzt auf dem Weg zum Kardiologen, um mit ihm Alternativen zu besprechen. Aber es gibt noch andere Gründe, warum wir die Küste verlassen haben, um nach Deutschland zu fahren. Küstenfahrten sind ziemlich anstrengend, weil ich möglichst viel davon mitnehmen will. Kurze Strecken, jede Menge neue Informationen, punktuelle Situationen, Orte und Hinweise, die meine Aufmerksamkeit erregen, davon zu erzählen. Nach zehn Tagen, zwei Wochen werde ich müde und brauche ländliche Abwechslung. Wie eben jetzt, wo wir gemütlich durchs Land tingeln wollen.

    Und dann kommt eben nach einer entspannten Nacht ein langwieriger Tag, an dem mir kein Stellplatz wirklich zusagt, ich die tollen Wege für Hilde übersehe, und wir am Ende im Dunklen hier ankommen, lediglich kleine Rasenstreifen übrig bleiben.

    Und weil die Abendroutine in die Schlafenszeit hineingeht, hat das dann Folgen für die ganze Nacht und den nächsten Morgen, an dem ich nicht aufstehen mag. Das ist kein Jammern auf hohem Niveau, aber da es mich betrifft, dachte ich, es interessiert dich vielleicht.

    Alle Herz - Routiniers mögen mich belächeln und mir beruhigend auf die Schulter klopfen, das wird sich schon einrenken, Junge. Das mag sein, aber im Gegensatz zu all den anderen Einschränkungen finde ich Herz halt unberechenbarer. Und weiß natürlich auch, dass ich ein Leben lang nicht unbedingt gesundheitskonform unterwegs war.

    Schwamm drüber. Wir werden sehen. Jetzt gehe ich mit Hilde raus, denn ich habe gesehen, dass es auf der anderen Straßenseite einen Canipark gibt, der gerade noch nicht überlaufen ist. Die Reise quer durchs Land habe ich mit einigen Aufnahmen dokumentiert, die der Schwere des Textes ein wenig Leichtigkeit entgegen bringen.
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  • Sancoins

    22–23 янв., Франция ⋅ ☁️ 8 °C

    3.131 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 122 km/ Gesamt 379.887 km / Ø121,33 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    18600 Sancoins
    Frankreich

    Alle guten Dinge sind drei, so sagt man doch. Zweimal waren wir schon an diesem schön am Kanal gelegenen Stellplatz und sind trotzdem weiter gefahren. Einmal gab es zuviel Hundespaziergänger hier, das andere Mal laut feiernde Jugendliche. Dieses Mal ist früher, sonnig kalter Nachmittag. Mit uns fährt ein französisches Ehepaar auf den Platz, wir begegnen uns beim Spaziergang den Fluss hinunter, der Canal de Berry heißt. Oben an der Brücke sitzt ein Angler, seine Ehefrau spaziert auf und ab, um der Langeweile zu trotzen.

    "Der Canal de Berry ist ein ehemaliger französischer Schifffahrtskanal im historischen Herzogtum Berry in den heutigen Regionen Auvergne-Rhône-Alpes und Centre-Val de Loire.

    Er wurde in den Jahren 1809–1841 im Auftrag des französischen Generaldirektors für das Straßen- und Brückenwesen, Louis Becquey, durch Chef-Ingenieur Joseph-Michel Dutens angelegt.

    Nach seiner Inbetriebnahme diente der Canal de Berry als Transportverbindung vom Loire- zum Rhonetal. Er hat sehr viel zur Entwicklung von Montluçon beigetragen, wurde doch die Region auf diesem Wege mit Kalk, Zement, Holz, Kohle und Porzellan beliefert. Mit dem Aufkommen des größeren Schiffsstandards Freycinet ist der Kanal dann aber bald an die Grenzen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gestoßen. Infolge seiner geringen Schleusen-Abmessungen wurde der Gütertransport 1954 eingestellt."
    (Wikipedia)

    An der Straße sehe ich ein Schild "Ids Roch" und mir fällt ein, dass Kelvin und Yvonne dort einen kleinen Campingplatz haben, auf dem wir schon mal nächtigen. Im Gedanken, wenigstens mal Guten Tag zu sagen, biegen wir ab, und finden nur die Schwiegertochter vor. Der Platz sei seit zwei Jahren geschlossen, Yvonne und Kelvin sind in den Niederlanden, die jungen Leute werden den Platz umbauen.

    So verändern sich die Umstände, man muss loslassen lernen, bevor die Ereignisse dem Menschen den Bestand wegreißen. Im Grunde hat sich der Platz seit dem großen C. nicht mehr erholen können, kurz vor der Schließung müssen wir noch dort gewesen sein. Alleine im Winter, und ich habe viel mit Kelvin geredet.

    Jahre vorher, am Anfang unserer Reisezeit, im Frühling war noch Yvonne da, der Camping hat Freude ausgeströmt. Aber alleine um zu überleben, musste Yvonne später im Winter in den Niederlanden arbeiten gehen. Jetzt scheinen sie dort ihren Lebensabend zu verbringen, im Sommer mal in Frankreich zu Besuch sein.

    Nachdenklich fahre ich weiter, vielleicht hätte ich mir den Besuch schenken können. Manchmal ist es schöner, eine Erinnerung zu behalten. Beim Bäcker habe ich damals eine junge Engländerin getroffen, die mit dem Fahrrad gereist ist. Ein bekannter Radweg und auch der TET für Motorradfahrer verläuft in der Nähe, so war der Camping immer ein gutes Ziel gewesen.

    Heute fahren wir weiter, ich hatte eine Tüte Madeleines gegessen und keinen Hunger auf ein leckeres Kuchenstück. Vielleicht wollte ich auch die Vergangenheit nicht noch mehr provozieren. Heute hat meine norwegische Liebe aus den 70er Jahren Geburtstag, sie ist drei Jahre jünger als ich, da kommt schon genug an nostalgischen Erinnerungen auf, wenn man so alleine reist.

    Es ist früher Nachmittag, als wir am Stellplatz ankommen, in der Nacht regnet es, und auch mein Schlaf ist unruhig, fast stündlich wache ich auf. Morgenspaziergang und Frühstück. Heute morgen bin ich besonders verschnupft, was im Laufe des Tages sich meist legt. Möglich, dass die kalte Luft, die ich über das Apnoegerät einatme, vermischt mit der zeitweiligen Standheizungsluft da nicht unschuldig dran ist.

    Die Sonne ist da, es ist Dienstag morgen, so beginnt passend ein wunderschöner Song von Cowboy Junkies, den ich hier verlinke. Geniess den Tag.

    https://youtu.be/6QXo7oZMbNU?si=dxgl4N5qqa1iKa6j
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  • Dole

    23 января, Франция ⋅ ☁️ 8 °C

    3.132 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 240 km/ Gesamt 380.127km / Ø121,36 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    39100 Dole
    Frankreich

    Heute muss ich mein Wasser genau rationieren, weil wieder alle Wasserhähne auf den angefahrenen Stellplätzen verschlossen waren. Ich habe Trink- und Kochwasser, von dem auch Hilde bekommt, während ich mein Wasser mit Säften mische, um es pur zu trinken. Dabei achte ich in südlicheren Ländern durchaus darauf, dass ich es kaufe, weil die Preise sehr niedrig sind.

    Es hat grade so gereicht, Hilde hat noch Wasser für unterwegs, und ich habe auch noch einen halben Liter zum Trinken. Aber heute muss ich einkaufen, und die Voraussetzungen sind mit bedecktem Wolkenhimmel gut. Es fehlen einige Grundnahrungsmittel von Ziege und Schaf, ein bisschen Schokolade und ein paar Kekse, denn es gibt bald etwas zu feiern. Noch 278 Kilometer, dann ist es soweit. Falls es keine großen Abweichungen gibt, wären wir dann vermutlich bei Waldshut, nahe der Schweizer Grenze.

    Du darfst natürlich raten, um was es sich handelt, und auch morgen dabei sein. Koordinaten gäbe es kurzfristig. Es ist wirklich was Besonderes! Ja, nun sind wir tatsächlich viel schneller durch Frankreich gefahren, was einfach auch daran liegt, dass die Straßen inmitten des Landes auch außerhalb der Autobahnen gerade sind. Die Stellplätze sind wenig einladend, und tatsächlich war ich hier schon so oft, dass es schon an Langeweile grenzt.

    Trotzdem ist es mir gelungen, einige Augenblicke einzufangen. Letztendlich kommen wir nach Dole, wo der Aire Camping Car in einen riesigen Parkplatz integriert ist, der unterhalb der Altstadt und am Ufer der Doubs liegt. Neben Louis Pasteur und einigen berühmten Generälen ist hier auch Hubert-Félix Thiéfaine am 21. Juli 1948 geboren, von dem Wikipedia sagt, er sei 'Sänger/Musiker im Spannungsfeld französischer Dichtung und amerikanischer Beat Generation'.

    Seine Musik, seine Darbietung ist beeindruckend, ich habe mal den Link zu einem Album beigefügt, das ich grade im Hintergrund höre. Vielleicht findest du Interesse daran und verstehst, warum ich so gerne in Frankreich reise, obwohl ich nicht unbedingt jedes Wort mir übersetzen kann. Es ist diese besondere Dynamik eines Lebens zwischen so unterschiedlichen Polen, wie den beiden Meeresküsten, den ebenso beeindruckenden Bergketten, und langen Grenze zu Deutschland und der Schweiz.

    https://youtube.com/playlist?list=PL8SsMW-jNwte…

    In diesen Bergen zu der Schweiz hin würde seine Tochter leben, sagt mir der Engländer, den ich nach seinem merkwürdigen Kennzeichen an seinem kleinen Camper frage. Ja, sagt er, das sei von 1993, die gibt es heute gar nicht mehr. Er wäre schon 82 Jahre und würde gerade vom Skifahren kommen, jetzt müsse er mal kurz nachhause, um nach dem Rechten zu schauen, das bei den Engländern ja auch das Linke sein kann, denn aus seinem Camper steigt er zum Fluß Doubs hin aus, während wir zur Altstadt hin einsteigen.

    Im März möchte er wieder zu Bergen zurück, Downhill lacht er, Langlauf sei langweilig. Wenn sie ihm die Skier hinten im Gepäck klauen, dann kauft er sich neue. Er lacht mir mitten ins Herz hinein. Das ist Lebenslust, das braucht man, um in Großbritannien zu leben.

    In der Nacht regnet es. Nein, es schüttet wie aus himmlischen Wassereimern, der Parkplatz leert sich augenblicklich. Ein Wind kommt auf, dessen Böen den Bus bewegen. Während wir einschlafen, denke ich an die Äste der Bäume über uns und hoffe, sie würden in Richtung Fluß mit dem Sturm fliegen.

    Überall auf dem Platz öffnen sich die Türen von Campern, wir waren schon früh draußen, weil Hilde mal wieder Bauch hatte. Gerade eben fährt der Schweizer hinten vom Platz weg, ich habe ihn gestern zu seinem Fahrzeug gehen sehen, mit einem undurchdringlichen Blick, in dem die ganze Last der Welt zu liegen schien. Wer weiß, welche Botschaften er in sich trägt.

    Manchmal ist der Himmel nicht nur schwarz von Wolken, manchmal ist die erste Nachricht am Morgen auch so dunkel wie der Tod. Das Leben kann einfach nicht gerecht sein, so unberechenbar wie es sich immer wieder präsentiert. Da fällt es nicht leicht, von Sonne und dem leichten Leben zu träumen, sich im Lachen zu baden, und schönen blauen Augen zuzulächeln. Aber genauso ist unser Dasein, und die Franzosen haben das irgendwie perfektioniert. Auch ein Grund wieder zu kommen. Aber jetzt müssen wir uns erstmal ein bisschen erholen. Und wo geht das schon besser, als im kühlen Deutschland, dem nüchternen Äquivalent von La Vie est une Rose.
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  • Hirtzbach

    24–25 янв., Франция ⋅ ☁️ 9 °C

    3.133 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 167 km/ Gesamt 380.294 km / Ø121,38 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    68118 Hirtzbach
    Frankreich

    Seit Wochen schon gehe ich mit einer einschneidenden Veränderung schwanger, und verbringe viel unnütze Zeit damit, mir zu überlegen, ob ich meine Haare abschneide. Also nicht einfach kürzer, wie letzten Sommer, sondern tatsächlich kurz.

    Ich bin mir bewusst, dass mit dem nächsten Geburtstag Ende des Jahres ein weiterer wichtiger Einschnitt im Laufe meines Älterwerdens erfolgt. Und dann ist es nicht mehr weit, bis zur Feier des Tages, an dem wir zehn Jahre unterwegs waren. Das sollte dann der Tag der Tage sein für ein schönes Haarfest irgendwo unterwegs.

    Jetzt kommt erstmal der Tag des blauen Bus, denn heute wird er eine weitere magische Grenze überschreiten. Und dafür habe ich uns Sonnenschein bestellt. Und vermutlich wird es nicht in Waldshut sein, wie gestern angenommen.

    Denn beim Intermarché Contact in Seppoise-le-Bas, wo ich gestern eingekauft habe, gibt es eine Waschmaschine für meine Bettdecke, die es mal wieder nötig hat, frisch und luftig zu riechen. Also werden wir später elf Kilometer zurückfahren, um dann vielleicht in die südlichen Ausläufer des schwarzen Waldes hinaufzufahren.

    Gestern war das Fahren anstrengend, viele Orte, die sich aneinanderreihen und zu durchqueren sind. Eine kurvenreiche, lastwagenlastige Strecke an der Doubs entlang. Morgens die Unruhe im erwachenden Dole, Abschied von Paul, dem Engländer, Frühstück zwanzig Kilometer weiter auf einem ruhigeren Parkplatz.

    Kaum Bilder, die Dächer der Kirchen verändern sich, der Himmel wechselt seine Bekleidung. Auch hier sind wir schon öfter durchgekommen, ich erkenne Orte wieder, an denen ich angehalten habe.

    Es ist schon dunkel, als wir in Hirtzbach ankommen. Der Parkplatz füllt sich mit Fahrzeugen, ich nehme an, dass es Abendessenrestaurantzeit ist, aber vielleicht gibt es auch eine besondere Veranstaltung. Einige Menschen treffen sich zu einer Nachtwanderung. Hinten steht ein sehr alter, völlig abgedichteter, französischer Camper auf Holzblöcken, scheinbar für die Ewigkeit. Doch gerade steigt ein Mann aus, geht mit einigen Münzen zum Bäcker am Platz, sein Frühstück kaufen.

    Diese kostenlosen Stellplätze sind ein Segen für uns Reisende, besonders wenn das Wasser nicht abgestellt ist, und ein bisschen Infrastruktur um den Platz herum ist. Hier leben Menschen in ihren Häusern, gehen zum Bäcker am Platz, auf den Mauern hocken Katzen, Vogelgezwitscher in den Bäumen.

    Eine schwarz gekleidete, jüngere Frau verlässt den Hof gegenüber und kommt zurück mit einem weiß eingewickelten Baguette, öffnet den Briefkasten, klaubt die Postkarten zusammen, Trauergrüße vielleicht, das Leben geht weiter. Wie. Das fragt sich Mancher noch lange danach. Er deckt sich mit Arbeit zu, sagt der Mann, dessen Frau im Sterben liegt, um nicht nachdenken zu müssen.

    Heute scheint die Sonne, so strahlend und voller Glück. In einer Predigt höre ich, sorge dich nicht, sei dankbar. Ich empfinde es als große Gnade leben zu dürfen, reisen zu können, mit Hilde Spaziergänge zu machen. Zu wissen, dass meine Sinne wach sind, und ich an Vielem im Leben teilhaben kann, dass Hilde und ich eine gute Zeit im blauen Bus erleben. Ich wünsche auch Dir, dass sich dieser Tag als Geschenk für Dich öffnet.
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  • Lindenberg im Allgäu

    26–27 янв., Германия ⋅ ⛅ 4 °C

    3.135 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 264 km/ Gesamt 380.659 km / Ø121,42 km)

    Wohnmobilstellplatz
    88161 Lindenberg im Allgäu
    Deutschland

    Der Sprung vom Meer in den Schnee ist gar nicht so einfach. Kaum ne Woche her, dass wir von dort aufgebrochen sind, und tatsächlich Frankreich viel schneller als geplant durchquert haben. Am Donnerstag noch meinen Vorrat an Käse und Joghurt ergänzt, Freitag endlich das Deckbett und mein Schafsfell waschen können, dann noch die Haare ins Mineralwasser getaucht, weil es einfach kein Wasser an den Zuleitungen auf den Stellplätzen gab. Alles winterfest abgestellt.

    Die letzten fünfzig Kilometer durch Frankreich mit Baguette für Hilde und Kuchen für mich. Und dann fahren wir über die Grenze nach Deutschland. Das ist immer noch ein besonderer Moment für mich. Es ist keine Heimkehr, vielleicht ein Geschenk, eine ungewöhnliche Zuwendung, aus einem Land gebürtig zu sein, von dem ich eigentlich immer weggehen wollte. Aber tatsächlich viel länger geblieben bin, als ich mir das hätte vorstellen können.

    Wir wollen in den Schwarzwald zu einem Stellplatz in Zell im Wiesental, haben einen Blick auf den großen Feldberg, und folgen einer langen, kurvigen Straße auf vierhundert Meter. Hinterm Textilmuseum, mitten im Ort, gegenüber von Wohnhäusern, und nahe dem Fluß Wiese, ist es überraschend ruhig in der Nacht.

    Noch fehlen zehn Kilometer auf dem Tacho bis zur "magischen" Zahl, ich finde einen Parkplatz, der 9,5 km entfernt ist, wo wir am Morgen hinfahren wollen, um zu feiern, und dort spazieren zu gehen. Und so stehen wir auf einem lustigen Platz zwischen Feldern und Wiesen, wo die Stadt Schopfheim ein Schild aufgestellt hat, das vor dem Betreten der Eisfläche eines Sees warnt, der aber nicht zu sehen ist.

    Beim Toommarkt in Bad Säckingen finden wir zum Frühstück einen gut behüteten Platz, den wir dann aber schon früher als üblich verlassen müssen, weil wir in Bregenz verabredet sind. Über zweihundert Kilometer am Rhein entlang und oberhalb vom Bodensee hätte ich eigentlich gemütlicher mir gestalten wollen, aber die Sonne scheint, und wir sind die nächsten Tage verabredet.

    Ungewöhnlich nach soviel Einsamkeit, aber vielleicht auf eine Art heilsam. Denn tatsächlich habe ich auf der französischen Reise festgestellt, dass ich für meine Verhältnisse wirklich ziemlich einsam war. Wenn, dann gab es französische Camper, die meist sehr zurückgezogen lebten, sodass ich nur selten in meinen abendlichen Smalltalk hineintauchen konnte.

    Natürlich muss ich zugeben, dass ich mich mit der Auswahl meiner Küstenabschnitte auch diesem Risiko hingebe, weil in solchen Jahreszeiten die Menschen den Süden bevorzugen. Nun sind wir aber in Bregenz an einem See mit einer Familie verabredet, wo jeder alleine unterwegs ist, sie aber zusammen eine interessante Dynamik entwickeln.

    So wird es ein lustiger, gesprächiger Nachmittag mit allerlei kulinarischen Leckereien für Hilde und mich bis in den frühen Abend hinein. Es ist schon dunkel, als ich aus Bregenz losfahre, und auf fast achthundert Metern in Lindenberg ankomme, wo noch Schneereste und kleine Eisflächen auf der grünen Wiese verblieben sind.

    Erstmal den Bus aufräumen und Abendessen machen, während die Nachbarn um uns herum schon das Licht in ihren Campern löschen. Hilde ist in den letzten Tagen ziemlich auffällig. In Dole attackiert sie einen kleinen Hund, sozusagen aus dem Nichts heraus, und gestern sprintet sie plötzlich an langer Leine auf Spaziergänger zu. Das ist neu und gibt mir zu denken, wobei ich schon den Eindruck habe, dass es in kausalem Zusammenhang mit mir steht bzw mit meinen zunehmenden körperlichen Einschränkungen, bei denen sie mich beschützen muss.

    Also müssen wir unsere Spazierwege genauer anschauen, denn wenn wir, wie heute morgen, alleine unterwegs sind, ist sie mega glücklich. Der Himmel blaut, gegen Mittag kommt eine Leserin aus Österreich vorbei, um uns kennenzulernen.

    Begegnungen wird unser Thema in den nächsten Monaten sein. Kontakte auffrischen, Freundschaften fördern, unbekannten Menschen begegnen. Wenn du also Lust dazu hast, uns zu treffen, melde dich einfach, und wir gucken, was möglich ist.

    Falls du grade noch ein bisschen Meer brauchst, unser neues Video auf Youtube ist online.

    https://youtu.be/8HqsDL5lgdk?si=H4WvYPEPrmm7cYmg
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  • Horgenzell

    27–28 янв., Германия ⋅ ☁️ 7 °C

    3.136 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 58 km/ Gesamt 380.717 km / Ø121,40 km)

    Wohnmobilstellplatz
    88263 Horgenzell
    Deutschland

    Heute morgen hat alles gepasst. Wir sind alleine draußen auf den Wiesen, Hilde kann rumrennen, die Sonne schaut kurz über die Berge mit ihrem ersten Rot, Schnee auf den Spitzen, und der Regen kommt erst, als wir kurz vor der Rückkehr in den blauen Bus sind. Perfektes Timing.

    Das klappt ja nicht immer im Leben. Oft genug lieg ich einfach daneben, grade was so meine Reisemodalitäten angeht. Da stimmt das Timing nicht. Andererseits denke ich dann aber auch, dass wir wohl zu dieser Zeit an diesem Ort sein sollten, obwohl ich noch kurz vorher mit mir selbst gehadert habe.

    Wäre doch so schön, jetzt im sonnigen, warmen Süden zu sein, sag ich mir dann, nur um einige Augenblicke später festzustellen, wie gut es uns grade jetzt hier geht. Mittags sind wir mit einer Leserin verabredet, und ein Gefühl sagt mir, dass der rote Bus, der gerade auf dem anderen Parkplatz ankommt, mit ihr zu tun hat.

    Dann tut sich aber lange nichts, bis ich aufschaue und eine Frau im Rollstuhl auf uns zufahren sehe. Eine reiselustige Österreicherin, die sich von einer blöden Kinderlähmung nicht aufhalten lässt, ihre Träume zu verwirklichen. Respekt. Ihre Katze wäre leider an die Wohnung gebunden, sodass sie nur mal ein paar Tage reisen könnte, solange die Nachbarin das Tier versorgt.

    Wir haben ein angenehmes Gespräch, dann schwingt sie sich wieder hinters Lenkrad und fährt nachhause. Der Platz um uns herum hat sich zusehends angefüllt mit aller Arten von Spaziergängern auf zwei oder vier Beinen, was Hilde keine Ruhe lässt, sodass wir auch aufbrechen in diesen herrlich sonnigen Tag.

    Tettnang und Ravensburg. Wir sind morgen nachmittag in Friedrichstadt verabredet und wollen nicht zu weit nach Westen fahren. Keiner der anvisierten Plätze hat auch nur annähernd das Niveau, Gemütlichkeit zu verbreiten, und die Frage der Übernachtung befriedigend zu beantworten.

    Bis wir nach Horgenzell kommen, und ich sehe, dass der Platz an der Wiese neben den Wohnhäusern fast leer ist. Hier steht ein Ehepaar mit Hund, die im Sommer Käse auf der Alm machen, und mein Nachbar, der in der Gegend arbeitet, aber weiter weg wohnt. Der Platz kostet fünf Euro, und du kannst sieben Tage hintereinander dort stehen. Im Winter sei er oft ganz alleine hier gewesen.

    Wir waren schon mal hier, im Sommer, da war der Platz rappelvoll. Das ist ja auch wie Urlaub machen. Ein Platz an der Wiese mit Spazierwegen vor der Tür, den schneebedeckten Bergen im Blick, und die Sonne, wie sie über dem Bodensee in der Talsenke ihren Lauf nimmt. Nebenan ein Fußballplatz, weiter hinten eine Schule, rechterhand Wohnhäuser.

    Es gäbe keine Kneipe, kein Geschäft hier, einfach ländliche Idylle. Natürlich gibt es auch hier Hundespaziergänger und Wanderer, Familien, die ums Dorf an einem Sonntag laufen. Hier kann ich mir vorstellen, was es bedeuten würde zu bleiben. Mit 50 Cent für den Strom und 5 Euro für die Nacht ein ideales Plätzchen. Günstiger als jedes Zimmer mit Bad.

    Unvorstellbar. Ich bin schon froh, wenn ich irgendwo 24 Stunden stehen kann. Aber ein paar Tage, eine Woche, ein Monat. Nur Lesen, Musik hören, Schreiben, Spazierengehen. Niemals. Dann hätte ich auch in einer Wohnung hocken bleiben können. Der Mensch braucht Herausforderungen, auch wenn er dann jammert, es würde ihm alles zuviel. Aber Stillstand ist für mich ein kleiner Tod. Das ist nur meine Sicht der Dinge, ich könnte Socken stricken lernen oder ein Instrument spielen. Fitness machen oder Joggen. Fernseh gucken oder schlafen.

    Ich glaube, es liegt am Regen, dass ich solche gedankenlosen Ausflüge mache. Wir spazieren am Nachmittag zur untergehenden Sonne und am Morgen zum Sonnenaufgang. Essen und Ruhen, ich schreibe eine Geschichte, und schlafe ein bisschen. Der Rücken ist verspannt, und wenn Hilde einseitig zieht, zwickt es gehörig. Eine kaltnasse Kombination mit kaputten Knien, vermutlich komme ich nicht um einige Stunden Krankengymnastik herum, wenn ich in den nächsten Monaten öfter in Norddeutschland unterwegs bin.

    Vielleicht geht's auch weg, wenn es wärmer wird. Aber erstmal beginnt es zu stürmen, dass die Bäume wackeln, und Hilde sich zum Schlafen einrollen.
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  • Aichhalden

    29–30 янв., Германия ⋅ ☁️ 4 °C

    3.138 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 173 km/ Gesamt 380.909 km / Ø121,38 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    78733 Aichhalden
    Deutschland

    Wir haben uns in Hausdülmen getroffen. Vor anderthalb Jahren etwa, als die Wiese am Sportplatz noch für Camper geöffnet war. Eine junge Familie mit einem VW Bus auf Elternzeitreise, die hier eine jähe Unterbrechung fand, weil der Bus einen Schaden hatte, und huckepack zum Bodensee gereist ist.

    Später sehe ich sie mit ihren kleinen Kindern in den Picos wandern, Barcelona verunsichern, wir bleiben in Kontakt. Immer wenn ich mal in der Nähe bin, klettern sie irgendwo durch die Berge. Aber jetzt hat es gepasst, am Tag, als der große Regen in der Nacht kam, sind sie zuhause.

    Und empfangen uns wie lang Vermisste. Herzlich und freundlich, dass Hilde glaubt, das Haus würde ihr schon mehr oder weniger gehören. Die Kinder sind älter, das kleine Baby aus meiner Erinnerung spricht schon so deutlich, dass ich vieles verstehen kann. Ein Tee zum Gespräch, meine Schaf und Ziegen - Mitbringsel zu Rösti und Kroketten, der Sandwein aus der Camargue mundet beiden Eltern gut.

    Elternzeit gibt es nicht mehr, aber die Arbeitgeber sind großzügig, Ende März steht eine große Reise nach Griechenland an, bis dann braucht das Büsle noch ein paar Energieschocks. Wir übernachten vor dem Haus, an einer Hecke dünner Stämme, die sich zusammengestellt haben wie Wartende an einer Bushaltestelle im Morgenverkehr.

    Es schüttet die ganze Nacht, die Wiese, über die wir morgens spazieren, steht regelrecht unter Wasser. Die Kinder haben uns verabschiedet auf dem Weg zum Kindergarten mit Tigerentenrad und Sitzroller, glänzenden Regenjacken und fröhlichen Helmen.

    Wir sitzen noch auf ein Gespräch zum Abschied im Haus, hoffen uns bald unterwegs wiederzusehen. Wir bekommen unsere vier Kanister Trinkwasser gefüllt zum Bus gebracht, herzliche Verabschiedung, dann geht's zur Fähre. Mein Sohn hat mich gebeten, die heißgeliebten Stöckli mitzubringen, die eine alte Tradition bei uns haben.

    Damals war ich alleinerziehender Papa, und wir haben beim Einkaufen im Real diesen seltsamen Schweizer Reibekäse entdeckt. Auf Schwarzbrot mit Butter ein absolutes Festmahl. Schon lange bevor Real von einem anderen Unternehmen aufgekauft wurde, haben sie leider diesen Käse aus dem Sortiment genommen, und die Schweiz war nicht unbedingt auf unserer Hitliste der Urlaubsziele weit oben.

    Trotzdem hat mein Sohn den Käse nie vergessen. Und wenn es meinen Weg in die Gegend bringt, heißt der Auftrag immer, denk an die Stöckli. Ich selber bevorzuge mittlerweile den Zibu, die Zigerbutter, also die gemischte Variante, die mit Ziege übrigens nichts zu tun hat.

    "Seit Generationen erfährt der Glarner Schabziger Sympathie und Bewunderung. Und das nicht nur in der traditionellen, sondern auch in der modernen Küche. Denn das älteste Markenprodukt der Schweiz verleiht sowohl altbekannten als auch neu kreierten Speisen die besondere Raffinesse. Ob gerieben, gestrichen, als Würze oder Dipp – das extrem fettarme und sehr bekömmliche Naturprodukt sorgt immer und überall für glückliche Gesichter.

    Das halbharte Stöckli eignet sich zum Reiben oder Hobeln und kann sehr vielseitig angewendet werden; zum Beispiel zum Abschmecken von Teigwaren, Gratins, Risotto, Polenta, Fondue, Raclette, Fleisch, Fisch, Suppen, Salaten, Apéro-Häppchen, etc. Sein voller, unverkennbar intensiver Geschmack ist einzigartig und gibt jedem Gericht eine ganz besondere Note.

    Das Stöckli passt in unsere bewährte Reibmühle – um feine Scheibchen zu schneiden, reicht ein einfacher Käsehobel.

    Das legendäre Schabziger Stöckli ist weltweit einzigartig, würzig und geschmackvoll – einfach uurwürzig guet.

    Seit 1463, magerer Berg-Kräuterkäse, halbhart, aus pasteurisierter Magermilch von Kühen, praktisch fettfrei und laktosefrei. Für Vegetarier geeignet. Enthält kein Lab."

    https://shop.schabziger.ch/Stoeckli-Original-10…

    Bei Coop und Migros leere ich die Regale, bis in den August muss das reichen, dann wollte ich nochmal einen schweizer Abstecher machen. In Meersburg fährt uns sozusagen die Fähre vor der Nase weg. Das hat den immensen Vorteil, dass wir auf der Nächsten in Poolposition stehen.

    Es ist windig und wellig, tatsächlich kommen wir mitten auf dem Bodensee ein bisschen in Bewegung. Über die Landesstrasse 13 fahren wir bis nach Stein am Rhein, an der Grenzstation Ramsen werde ich angehalten, und der Beamte fragt mich allen Ernstes, woher ich komme und wohin ich fahre.

    Ich gucke ihn ungläubig an und antworte, von der Schweiz nach Deutschland. Oder?! Ein Blick ins Innere, die Einkäufe habe ich zwischen den Sitzen versteckt, Hilde ist angeschnallt, wir dürfen fahren. Auf der deutschen Seite ruht der wahre Grenzschimmel in warmen Gemächern, es reicht, wenn die Schweizer ihre Arbeit gut machen. Das nennt man, glaube ich, Gewaltenteilung.

    In Raeslingen waren wir gerne auf dem Stellplatz am Freibad, heuer hat es eine neue Schicht aus hellen Steinen, dafür ist der Preis auf 12 Euro angehoben worden. Nicht alle Plätze scheinen Strom zu bekommen, und das Freibad hat natürlich geschlossen. Ich kann die Preissteigerung echt nicht verstehen, da muss man sich nicht wundern, wenn Gäste ausbleiben.

    Wir nutzen die Felder zum Spaziergang, die nassen, weichen Wiesen laden Hilde zum Buddeln ein, ihre zweite, große Leidenschaft. Wir sind in Rottweil mit einer Leserin verabredet, fahren zusammen zum kostenlosen Stellplatz im Aichhalden. Sie hat zwei große Hunde, und einen kleinen Kastenwagen, friert ziemlich in der Nacht und fährt früh nachhause. Die Hunde haben nicht so zueinander gefunden, was zu erwarten war.

    Dafür haben wir einen angenehmen Abend im gesprächigen Austausch miteinander, und zum Abschied schenkt sie mir eine Mondkarte, damit ich in diesem Jahr weiß, wann die hellsten Nächte sind. Diese Nacht haben wir die Laternen, die nicht ausgehen, während es wieder regnet, und die heftigen Windböen gut zu hören sind.

    Wir stehen geschützt und mit dem ersten Licht, kurz nach Brigitte's Abfahrt, machen wir den ersten Spaziergang. Frühstück und die lange Pause danach, die Hilde dringend braucht, um zu entspannen. Der Wind ist immer noch aktiv, und hat gerade mal kurz den Himmel aufgerissen, um die Sonne zu zeigen. Wir wollen heute den Schwarzwald durchqueren, da wäre ein bisschen mehr Helligkeit sicher auch bildreicher.
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  • Lahr/Schwarzwald

    30–31 янв., Германия ⋅ ☁️ 9 °C

    3.139 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 69 km/ Gesamt 380.978 km / Ø121,36 km)

    Wohnmobilstellplatz
    77933 Lahr/Schwarzwald
    Deutschland

    Heute geht alles langsam. Als ich Hilde nach vorne bitte, um das Halsband fürs Rausgehen anzuziehen, will sie mit mir unbedingt noch hinten im Bus dolle knuddeln. Erst dann stapfen wir über die Wiese und begegnen unseren Nachbarn auf dem Stellplatz. Sie leben seit zwei Jahren in einem schönen, olivgrün Camper mit Sonne und den Bergen, auf denen Stefan immer rumgeklettert ist.

    Jetzt hat ihn plötzlich sein Herz überholt, und sein Leben beginnt mit knapp sechzig Jahren auf eine besondere Weise, vielleicht nicht neu, aber anders. Und mit der Krankheit einhergehend trifft das auch in gewisser Weise auf seine Frau zu. Sie leben weiterhin im Camper, den sie jetzt fährt, und bleiben vorerst in der Nähe der Ärzte.

    Wir stehen beisammen, solange es möglich ist, das nasskalte Wetter zieht uns schnell die Wärme aus dem Körper. Eins unserer Bücher tauscht den Besitzer, Stefan's Werke treffen eher auf Spezialisten, die in den Bergen zuhause sind, aber falls Dich sein Leben interessiert, verlinke ich seine Seiten.

    https://www.instagram.com/emmaauftour.de?igsh=b…
    https://www.isbn.de/person/Stefan Wagenhals

    Wir sind durch den Schwarzwald gefahren. Vom windignasskalten Aichhalden ins frühlingswarme Lahr. Auf einer Strecke voller Lastwagen im dichten Verkehr, eilig durch Tunnel begradet. Wer in Haslach lebt, ist zu bedauern ob der Verkehrsüberbelästigung, die sich durch die Stadt wälzt.

    An der Schenkenburg waren wir noch alleine, so wie später, als wir nach Lahr abbiegen, während die Karawane durch Freiburg zieht. Wir treffen liebe Freunde mit drei Hunden und machen einen schönen Spaziergang im Tal, über deren weitläufigen Wiesen unsere Hunde sich austoben können.

    Während ich mit drei Kilometern und 45 Minuten einen neuen Jahresrekord aufstellen kann, hat Hilde mindestens das Dreifache in ihren vier Pfoten bewältigt. Grund genug, am nächsten Morgen alles ein bisschen langsamer anzugehen. Nach dem Spaziergang teilen wir noch einen luftigen Kuchen durch drei nette Menschen, die in einem guten Austausch miteinander sind. Meine Freunde fahren im April nach Griechenland, die Fähren sind gebucht, und die Vorfreude ist groß.

    Wir tauschen Bücher miteinander aus, das macht das Wiedersehenwollenkönnen definitiv fest, außerdem soll ich mal ein Stöckli aus der Schweiz mitbringen, mein Bericht hat sie ganz neugierig gemacht. Und da ich mir für den August einen schweizer Abstecher vorgenommen habe, lässt sich das sicher miteinander verbinden.

    Ach ja, die Pläne. Das muss man ganz locker sehen. Aber darf es auch nicht aus den Augen verlieren, denn ohne eine Hoffnung und eine Zukunft blicken wir ganz schnell nur noch auch unsere Füße und werden deprimiert, was die eigene Leistungsfähigkeit angeht.

    Die Sonne scheint und gleich steigt die Temperatur im blauen Bus auf sommerliche Grade, während die Füße noch von nächtlicher Kälte erfasst sind. Hilde hat sich hinten im Bus eingerollt, das Frühstück war vollmundig, jetzt ist das erholsame Vormittagsschläfchen angesagt. So genießt jeder Seins und später machen wir wieder was zusammen. Ich habe schon eine Idee.
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  • Friesenheim

    31 янв.–1 февр., Германия ⋅ ☁️ 4 °C

    3.140 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 134 km/ Gesamt 381.112 km / Ø121,37 km)

    Parkplatz
    77933 Lahr/Schwarzwald
    Deutschland

    Grundsätzlich sind meine Geschichten positiv und lebensbejahend, und ich halte mich weitgehend frei von politischen Beurteilungen und Statements. Dennoch möchte ich meine Betroffenheit ob des weltweiten Umgangs mit der Verharmlosung von demokratiefeindlichen Kräften zum Ausdruck bringen.

    'Wehret den Anfängen' - dieses Zitat, das dem lateinischen Dichter Ovid zugeschrieben wird, hat eine lange Tradition in der Nachkriegsgeneration, zu der ich auch gehöre. Und es ist mir unverständlich, dass Politiker unterschiedlichen Alters unter der Leitung eines Menschen meiner Generation, diesen Grundsatz ignorieren.

    Jeder Mensch ist für sein Handeln verantwortlich. Das haben wir jahrhundertelang gelernt, und trotzdem neigen Menschen dazu, sich dieser persönlichen Haftung zu entziehen, sich hinter einem Trend, einer Führungsperson, einer allgemeinen Stimmung, zu verstecken.

    Tatsächlich habe ich auch auf die Wärme des Südens verzichtet, um wählen zu gehen. Die anderen Umstände sind erst später dazu gekommen. Mehr denn je geht es bei dieser Wahl um den Erhalt der Demokratie. In einem Interview hat der österreichische Sänger Falco mal sinngemäß ausgedrückt, dass Menschen sich nur die Demokratie wünschen können, wenn sie ihre Eigenständigkeit leben wollen. In jeder anderen politischen Richtung werden sie schnell zum Opfer einer gewaltigen Gegenströmung, wie wir sie gerade in den USA erleben.

    Und dann hört ganz schnell der Spaß auf. In jeglicher Hinsicht. Auch gerade bei Menschen, die aufgrund ihrer Andersartigkeit, die ja auch krankheitsbedingt sein kann, oder aufgrund ihres religiösen Hintergrundes, plötzlich im Brennpunkt stehen.

    Die Sonne scheint, und gestern hatte ich ja eine Idee, mit Hilde an den Rhein zu fahren, um sie dort beim Spaziergang frei laufen zu lassen. Dabei ist mir aufgefallen, wie viele Schwäne es am Rhein bzw auf seinen stillen Armen gibt. Immer schön anzusehen, gibt es dadurch auch etliche Nachteile im wackeligen Gleichgewicht der Natur, was wiederum zu Gegenmaßnahmen der Menschen führen wird.

    Wir streifen durch Frankreichs Rheinumland auf der Suche nach einer guten Übernachtungsmöglichkeit, die ich leider nicht finde, sodass ich mich entscheide, nach Lahr zurückzufahren, von dort heute neu Richtung Frankreich zu starten. Und prompt an einer Radaranlage hängen bleibe, weil ich das Tempolimit kurzzeitig vergessen hatte.

    Dafür wünscht mir der Tankwart ein schönes Wochenende, was mich fast zur Antwort, ich sei Rentner und hätte immer Feiertage, gebracht hat. Wie ist das schön, Zeit zu haben, Geschichten zu schreiben, in der Sonne zu frühstücken, dem lieben Gott dafür dankbar zu sein. Und natürlich zu hoffen, sich dafür einzusetzen, dass diese lebensglückliche Beschaulichkeit uns allen in gewisser Weise erhalten bleibt. Denn nicht nur in der Rentezeit hat die Lebensqualität primäre Bedeutung.

    Wie Anselm Grün schon von drei Jahren gesagt hat.
    "Wir brauchen auch langsame Zeiten. Zeiten, in denen wir uns nicht unter Druck setzen, in denen wir den Augenblick genießen können."
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  • Neustadt an der Weinstraße

    1–2 февр., Германия ⋅ ☀️ 5 °C

    3.141 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 167 km/ Gesamt 381.279 km / Ø121,38 km)

    Landvergnügenhof
    67433 Neustadt
    an der Weinstraße
    Deutschland

    In den frühen Morgenstunden werde ich von einem unglaublichen Schmerz an den Zehen des linken Fuß wach. Ich spüre Kälte, und habe das Gefühl, meine Zehen seien gerade gebrochen. Berührung, Wärme, nichts scheint auch nur irgendwie zu helfen, sodass ich sie vorsichtig mit meiner Nervencreme Nr. 3 einreibe, die ich fürs Knie benutze, wenn die Schmerzen zu stark werden.

    Der Tipp einer Heilpraktikerin, die wir vor einigen Jahren getroffen haben. Und tatsächlich lässt der extreme Schmerz nach, und ich kann nochmal einschlafen. Ich vermute, dass Arthrose in den kleinen Knochen sich ausgebreitet hat, die elende Pein des Alters, die kommt und geht, wie es ihr gefällt.

    Als ich später aufwache, lassen sich die Schmerzen aushalten, in der Nacht hat es gefroren, aber zumindest mit Sandalen kann ich spazieren gehen. Die Sonne scheint und nimmt die Kälte hinweg.
    Wir haben auf einem schönen Landvergnügenhof übernachtet. Seit acht Uhr morgens ist der Hofladen geöffnet, und es ist ein ständiges Kommen und Gehen, als gäbe es einen besonderen Preis zu gewinnen. Muss ich nachher mal selber gucken, was da los ist.

    https://www.mein-bauernhof.de/verkaufstelle/obs…

    Gestern morgen also nochmal in Lahr gestartet, nachdem wir auf einem kostenlosen Parkplatz geschlafen haben. Einkaufen und Wäsche waschen ist heute das Tagesthema, im französischen Betschdorf ist das gut möglich. Während die Waschmaschine läuft, kaufe ich im Intermarché ein, den Bus mit Hilde habe ich im Schatten geparkt. Ein bisschen Vorrat ansammeln für die Zeit in Deutschland, wo ich nicht so viele gute Einkaufsmöglichkeiten für Käse von Ziegen und Schafen kenne, die mir auch geschmacklich zusagen. Heute riecht mein Kühlschrank schon beim Öffnen ganz munter, obwohl ich die meisten Käse zusätzlich verpackt habe.

    Die Stellplätze in Frankreich sagen mir einfach nicht zu. Das war den Vortag schon so und ändert sich jetzt auch nicht. Die App - Bewertungen halten der Realität nicht stand, die Bilder signalisieren ganz andere Situationen. So nah an der deutschen Grenze bietet sich ein schöner Bauernhof durchaus an, wobei ich beim Obsthof mir auch gute Säfte kaufen könnte.

    Aus dem nördlichen Vogesenwald kommen wir ins südwestliche Weinland, in dem die Bauern bis zum letzten Licht damit beschäftigt sind, die Reben zu beschneiden. Die Sonne geht spektakulär unter, nachdem wir einen Spaziergang zwischen den Weinfeldern gemacht haben, der Hilde's Nase intensivst beansprucht hat.

    Die Bauersfrau begrüßt uns freundlich, ihre Katze wäre gerne dem blauen Bus beigetreten, was ihre Besitzerin grade noch so verhindern kann. Heute morgen kommt sie nochmal so dicht bei uns vorbei, dass sich Hilde fast aus dem Geschirr losreißt, während ich den Bus umbaue. Ich kann sie grade noch so greifen, während ich mit der Bettdecke zur Belustigung der Einkäufer in den Bus hineinfalle.

    Noch im letzten Jahr bin ich auf einen besonderen Gottesdienst meiner Heimatgemeinde aufmerksam geworden. Es gibt dort seit vielen Jahren den Gospelchor "Crossover", der letztens seinen bisherigen Chorleiter mit einer Veranstaltung im Rahmen des dritten Advent in den Ruhestand verabschiedet hat.

    Da ich zum einen gestern meine Bedenken zur aktuellen politischen Situation geäußert habe, möchte ich dieses Mal die Möglichkeit nutzen, um Dich an meiner Freude teilhaben zu lassen, denn auch die Predigt spricht in die Sorgen der Zeit mit hoffnungsvollen Gedanken.

    Es lohnt sich also, der Musik zu lauschen, und bei den Worten genauer hinzuhören. Prüft alles und behaltet das Gute. Oder nimm sie drei Siebe des Sokrates, um für dich herauszufinden, was brauchbar, sinnvoll und wahr ist.

    https://www.youtube.com/live/QnbqsJuBT_E?si=1VJ…

    Die Sonne ist mittags hoch am Himmel, Hilde muss raus, der Einkaufstrubel nimmt ab, weils Essen pünktlich auf den Tisch kommt, sodass ich auch mal in den Laden schauen kann, um mich zu verabschieden.
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  • Vielbach

    3–4 февр., Германия ⋅ ⛅ 3 °C

    3.143 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 175 km/ Gesamt 381.543 km / Ø121,39 km)

    Landvergnügenhof
    56244 Vielbach
    Deutschland

    Minus sechs Grad in den Morgenstunden, aus dem Tal steigt die Sonne auf, die Wiesen sind gefroren, wir haben gut geschlafen, machen den ersten Spaziergang. Neben uns parkt ein altes Wohnwagengespann mit einer interessanten Geschichte.

    Ich komme mit dem Mann ins Gespräch, sie wären jahrelang im Mittelmeer auf einem Segelschiff unterwegs gewesen, eine besonders schöne, abenteuerliche Zeit. Er habe sich vorgenommen, mit fünfzig Jahren aufzuhören zu arbeiten, so reisen sie schon lange, wenn sie nicht die Enkelkinder aufwachsen sehen, oder im Wald um ihren kleinen Ort spazieren gehen.

    Der alte Wohnwagen ist ganz neu, sie wollen einen Lebensabschnitt damit füllen, das Frühjahr wird voll Sehnsucht erwartet. Gerade haben sie erstmal einen Luftballon gestartet. Ob man auch im Winter reisen kann. Ihn treibt es mehr zu reisen, aber vielleicht erwacht ja ihre alte Sehnsucht auch wieder. Man wird ja nicht jünger, und die Welt ist so groß und schön, wer will da schon warten, bis es zu spät ist.

    Ich kann das auf gar keinen Fall. Auf dem Obsthof bleiben wir tatsächlich bis weit über den Mittag, bis wir dann nach einem letzten Spaziergang aufbrechen. Ich habe gesehen, dass Pfungstadt gar nicht so weit entfernt, dort wohnen liebe Menschen, die sich freuen, uns mal wieder persönlich zu begegnen, statt immer von uns zu lesen.

    Meine Anfrage kommt spontan, aber sie ziehen die leckere Linsensuppe einfach ein paar Tage vor, und haben so eine Idee zum Abendessen, bei dem leckere Käsesorten ebenso nicht fehlen dürfen wie gute Gespräche. Am nächsten Vormittag machen wir einen Waldspaziergang zusammen, da hat auch Lucky, ihr Hund, endlich die Möglichkeit, Hilde kennenzulernen. Denn ihre erste Begegnung an der Haustür ist gleich eskaliert, sodass wir die Hunde trennen mussten.

    Die Freunde sind interessiert an der Duschkabine am blauen Bus, die ich aufgrund meiner schwindenden, körperlichen Kräfte nicht mehr nutze. Ich habe sie seit zwei Jahren nicht mehr benutzt, und als jetzt der Reißverschluss geöffnet wird, saust eine wildgewordene Wespe, die dort überwintert hat, dicht an meinem Gesicht vorbei. Sie wird sich wundern über die eisigen Temperaturen trotz des strahlenden Sonnenscheins, und ich hoffe, sie findet noch ein paar Freunde, die ihr wohlgesonnen sind.

    Am Sonntag queren wir den Großraum Frankfurt, meine Idee ist Idstein, vielleicht dort auf den Stellplatz zu gehen. Zuerst ist aber mal das Tanken erforderlich, und ein kleiner Spaziergang um eine Wiese herum. Komme mit einer Frau ins Gespräch, die über unseren Schriftzug stolpert. Die Sonne habe sie rausgelockt. Sie spricht vom Luftholen im Sonnenschein, und einer seelischen Atmung nach wochenlangen trüben Wintertagen. Mit einigem Abstand folgen wir ihr, der Weg schlängelt sich um die Hälfte der Wiese, und weiter unterhalb der Bahnlinie entlang.

    Ich sehe Schrittspuren über die Wiese und komme auf die tollkühne Idee, das Gras einfach zu queren. Leider ist sie von einer Seite durch einen Graben begrenzt. So ein kleines Hindernis wird für mich nahezu unüberwindbar, ich müsste auf den Po runter, was schon sehr anstrengend sein würde.

    Zum Glück kommt ein junges Ehepaar vorbei, die Frau hält Hilde, und der Mann überquert den Graben, reicht mir seinen Arm, und hält mich fest. Ich bin sehr dankbar, sie hätten es gerne gemacht, sagen sie zum Abschied. Vielleicht haben wir jetzt alle eine Lektion über Mitmenschlichkeit bekommen. Das ist heute wichtiger denn je zuvor.

    Im letzten Licht der Tages kommen wir auf dem Birkenhof in Vielbach an, Hilde ist ganz aufgeregt. Meine defekte Sandale hat es auf der Wiese komplett zerlegt, nimm einfach meine, sagt Randy, er habe sie im letzten Jahr gekauft. Jetzt sei Winter, ergänzt seine Frau Sandra beim abendlichen Tee, da braucht er sie nicht. Heute bekomme ich es aber dicke ab, und da fragt mich noch einer, warum ich im kalten Winter nicht im Süden bin.

    Frieren Sie nicht in der Nacht, fragt mich der Nachbar, als er sich mittags von uns verabschiedet, hat er mir Eier vom Bauern mitgebracht, und ein Buch von uns mitgenommen. Auf eine Art haben wir Freundschaft miteinander geschlossen. Die Sonne ist so warm, dass sie geradezu ins Fenster hineinspringt.

    Trotzdem sind die Wiesen im Schatten noch gefroren, die Vögel zwitschern in den kahlen Ästen, eine stille Katze streift das Gras, Laufenden warten auf der Wiese, Hilde schläft.
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  • Bad Endbach

    5–6 февр., Германия ⋅ ☁️ 3 °C

    3.145 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 177 km/ Gesamt 381.758 km / Ø121,38 km)

    Landvergnügenhof
    35080 Bad Endbach
    Deutschland

    Nach einigem Suchen finden wir einen ruhigen Frühstücksplatz hinter der Friedhofskapelle. Von unserem Schlafplatz aus ist mir ein Spaziergang nicht möglich wegen der hügeligen Landschaft, sodass wir zuerst zum Sportplatz fahren und dann zur Therme. Aber diese Orte haben auch die anderen örtlichen Hundespaziergänger drauf, sodass letztendlich der Friedhof in den Blick kommt.

    Hier kommt sogar eine ganze Wandergesellschaft mit Hunden vorbei, aber da ist Hilde schon in ihrer Schlafphase, und ich sehe sie so frühzeitig, dass ich Hilde ablenken kann. Gestern morgen kommt Sandra noch vor dem Frühstück vorbei, um Hilde zu einer schnellen Runde mitzunehmen, wo sie mal außer Atem und ganz happy zurückkommt.

    Dumm für ihre Ruhephase ist, dass mich Sandra zum Frühstück ins Haus einlädt, aber das ruhige Muhen der Kühe im Stall neben dem blauen Bus, lässt sie schläfrig werden. Habe im Hofladen noch eingekauft und bin angesichts des vielen leckeren Fleisches doch betrübt, dass mir dieser Genuss leider verwehrt ist.

    Aber die Leberwurst im Glas muss unbedingt sein. Sandra hat für Hilde Kartoffeln gekocht, worüber wir ganz glücklich sind, weil sie das Fressen von Hilde ergänzen, sodass heute morgen der Napf im Licht glänzt, so sauber hat sie ihn ausgeleckt. Der Hofladen auf dem Birkenhof ist einen Besuch wert, vielleicht in Verbindung mit einem Stellplatz übers Landvergnügen, sodass ich ihn hier einfach mal verlinke.

    https://www.naturgenuss-partner.de/2024/01/17/b…

    Der Tag hat kalt begonnen. Nebel zieht übers Land und der Rauhreif über die Bäume. Ich liebe diese Stimmung, der eigentlich nur noch Schneefall fehlt oder blauer Himmel. Für die Gelenke ist die Nässe weniger gut, in den Knien spüre ich es zuerst. Die Temperatur bleibt unter null Grad, ich bin unschlüssig, wohin ich fahren soll.

    Doch selbst zum Rhein hin wird es kälter, sodass wir nach einer Pause in Dierdorf Richtung Siegen aufbrechen, und ins Quellgebiet von Lahn, Sieg und Eder kommen.

    "Von Nenkersdorf geht es zunächst westwärts in den Wald und am Steinwäldchen (584m) vorbei zum alten Forsthaus Hohenroth. Hier ist mittlerweile ein Waldinformationszentrum eingerichtet, das neben einer Gastronomie auch ein großes Tiergehege bietet. Mit etwas Glück sieht man das Rotwild beim Äsen.

    Der Rundweg passiert die historische Eisenstraße und führt den Wanderer weiterer in den Ederbruch zur Quelle der Eder. Ab hier folgen wir ein Stück dem Rothaarsteig, der uns zur Quelle der Sieg bringt.

    Von der Siegquelle geht es parallel zur Eisenstraße weiter bis an die Quelle der Ilm, ein kleines Flüsschen, das vor allem durch die Tatsache etwas Bekanntheit hat, dass es der erste Zufluss der noch jungen Lahn ist.

    Dann wird die Lahnquelle zwischen Lahnhof und Forsthaus Lahnhof erreicht. Von hier geht es dann wieder zurück nach Nenkersdorf.

    Die Lahn ist 246 Kilometer lang und führt von der Quelle am Rothaarkamm aus ins Wittgensteiner Land und dann weiter nach Oberhessen über Marburg, Gießen nach Wetzlar. Der untere Flussabschnitt führt die Lahn durch Limburg und Bad Ems bevor sie schließlich in Lahnstein in den Rhein mündet.

    Die Sieg ist ebenfalls ein Rheinzufluss und bringt es auf 155 Kilometer Länge. Sie ist Namensgeber für das Siegerland, das sich rund um Siegen in Südwestfalen erstreckt. Dann fließt die Sieg über Betzdorf, Hennef und Siegburg nach Troisdorf, wo sie in den Rhein mündet.

    Die Eder ist 176 Kilometer lang und fließt vom Rothaargebirge aus in östliche Richtung der Fulda zu. Dabei füllt sie den Edersee, Herzstück des Nationalparks Kellerwald-Edersee. Hier wachsen Buchenurwälder, die von der UNESCO als Weltnaturerbe eingestuft wurden. Die Eder mündet in Edermünde in die Fulda."

    https://www.ich-geh-wandern.de/quellenweg-lahn-…

    Heute ist es das absolute Spektakel hier in dieser Region unterwegs zu sein, wie Du an den Photos gut sehen kannst. Nur mit der Schlafplatzsuche bin ich sehr unzufrieden. Der Stellplatz in Bad Laasphe ist lediglich ein Asphaltstreifen inmitten einer Siedlung, durch den überflüssigerweise auch noch ein Fußweg aus der Innenstadt verläuft. Dafür will die Stadt dann aber noch neun Euro haben, was mich vollends abtürnt.

    Eine gute halbe Stunde entfernt liegt der Hohlandhof in einem Seitental hinter dem Sportplatz sozusagen. Es ist schon dunkel, als wir die Gastgeber beim Abendessen stören, und neben dem Eingangstor für die Nacht Platz nehmen. Da auch hier Fleisch das Hauptgeschäft ausmacht, kaufe ich zwei Gläser dunklen, selbstgemachten Wildblütenhonig vom eigenen Land.

    Sie sind Quereinsteiger, die noch vollberuflich tätig sind, sich die Arbeit mit ihren Tieren erst im Laufe der Zeit angeeignet haben. Hühner, Gänse, Puten Bienen, Hochlandrinder. Sie gehen jagen, verarbeiten die Äpfel in ihrem Garten zu Saft. Wenn nicht der Hauptberuf wäre, möge man denken können, es sei das richtige Aussteigerleben.

    Man könne nicht vom Hof leben. Und da schließt sich der Kreis. Wie so oft treffe ich auf Menschen, deren Hobby für ein Leben ausreichen würde, wenn sie nicht darüber hinaus zum Überleben arbeiten müssen. Und da geht es nicht um einen Überfluss, die Ansammlung von Reichtümern, wenngleich es sich vielleicht um einen gehobenen Lebensstandard handelt, der jedem Menschen gegönnt sein sollte.

    In gewisser Weise denke ich das auch von uns, wenngleich vermutlich kaum einer mit uns tauschen möchte, denn das, was wir vielleicht eine Art Freiheit nennen können, ist verbunden mit vielerlei Einschränkungen. Jedes Leben hat seinen Preis, entscheidend ist die eigene Zufriedenheit mit dem getroffenen Lebensziel.

    Wir haben einen stillen Morgen. Ab und an hebt Hilde ihren Kopf und lauscht nach dem Gebell eines Schäferhunde in der Ferne. Die Toten ruhen in ihren Gräbern, im Tal gluckert ein Bach, der Himmel hängt immer noch tief übers Tal, da die Bäume stumm in der bewegungslosen Luft stehen. Zum Hang hin liegt noch Weiß auf den Hecken, die Tannen zum Friedhof hin sind grün.

    Wir haben ein Stück des Weges vor uns, zu einem Ziel, das wir morgen Abend erreichen wollen. Dann tauchen wir vermutlich ein paar Tage ab. Danach werden wir etwa zwei Wochen zwischen Harz und Heide reisen. Wenn Du da oder dort lebst, und uns kennenlernen oder wiedertreffen möchtest, dann schick mir eine Nachricht, sodass wir das einbauen können. Lieber irgendwo draußen, weil Hilde und ich nicht besonders wohnungstauglich sind, sie darüber hinaus mit ortsansässigen Hunden einen schweren Stand hat. Auf einem Spaziergang sieht das alles anders aus. Wie gesagt, kurze Nachricht, ich kümmere mich dann!
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  • Berenbrock

    9 февраля, Германия ⋅ ☀️ -1 °C