Italien

March - April 2024
A 12-day adventure by Laura Read more
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  • Day 2

    Mucho Maggi

    March 26 in Italy ⋅ 🌧 12 °C

    Wenn wir es uns hätten aussuchen können, hätten wir unsere Nachbarn nicht gleich in den ersten Stunden nach unserer Ankunft in Florenz kennenlernen wollen. Direkt kennengelernt haben wir sie auch nicht, allerdings war das Apartment so hellhörig, dass wir mehr über diese Menschen erfuhren, als uns lieb war: Zu unserer Rechten ein Pärchen, das der Meinung war, es sei eine gute Idee, nach 0 Uhr noch duschen zu gehen, sich die Haare zu föhnen und alle paar Minuten die Wohnung durch die knarzende Holztür zu verlassen, um den Wasserkocher im Flur anzuschalten; links Frühaufsteher, die das Gleiche eben nur sehr früh am Morgen taten. Kurz: Die erste Nacht hätte besser laufen können. Besser hätte auch das Wetter sein können, denn es regnete und ein Ende des Regens schien nicht in Sicht. Norman, der vermutlich aufgrund des Schlafmangels anfing, eine Fantasiesprache zu sprechen, die dem Italienischen gleichen sollte, kommentierte die Situation nur mit den Worten: "Mucho Maggi" (gesprochen: Madschi). Über die nähere Bedeutung dieser Worte ließ er mich im Unklaren. So oft, wie ich diesen Ausdruck an dem Tag noch zu hören bekam, stand lediglich fest, dass es ein äußerst vielseitig einsetzbarer Ausruf war.
    Angesichts des Wetters und Normans Verlangen, Michelangelos "David" zu sehen, kamen wir auf die grandiose Idee, im Internet nach Online-Tickets für die Galleria dell'Accademia zu suchen, mussten aber recht schnell feststellen, dass viele andere vor uns bereits den gleichen Gedanken hatten - Verrückt! Bewaffnet mit einem Regenschirm und einer Regenjacke begaben wir uns deshalb nach draußen. Überraschenderweise war die Schlange vor der Galleria dell'Accademia sehr lang und Normans Verlangen, den David zu sehen, plötzlich kaum noch vorhanden. Glücklicherweise hatte Florenz ja noch viele andere Sehenswürdigkeiten zu bieten, wie die "Ponte Vecchio", den Dom von Florenz, der auch bei Regen nicht minder imposant war, oder die "Piazza della Signoria", hinter deren Herkules-Skulptur wir ein in Stein gemeißeltes Porträt entdeckten. Einer Sage nach soll Michelangelo sich hierbei selbst porträtiert haben, und zwar buchstäblich hinter seinem Rücken, während er sich mit einem Bettler unterhielt. Ich fragte mich, wie das wohl bei Norman aussähe, der bereits sehend Meisterwerke unschätzbaren Wertes produzierte (s. letztes Bild).
    Obwohl wir mit belegten Paninis gegen die Kälte anzukämpfen versuchten, waren wir irgendwann so durchnässt und durchgefroren, dass wir uns dazu entschieden, zur Unterkunft zurückzukehren und uns aufzuwärmen. Es könnte sein, dass uns nach der warmen Dusche in unserem Bett liegend kurz die Augen zufielen. Das ist aber reine Spekulation. Fakt ist, dass wir uns gegen 19 Uhr erneut aufmachten, um unseren Mietwagen abzuholen. Da es mittlerweile aufgehört hatte, zu regnen, legten wir am beleuchteten Dom noch einen kleinen Fotostopp ein, ehe wir unseren Weg zum Hauptbahnhof fortsetzten. Bei Sixt angekommen mussten wir dem Mitarbeiter mindestens zehnmal erklären, dass wir kein Upgrade in Anspruch nehmen möchten, auch wenn - so versicherte er uns - gerade unser Auto in Neapel bei Dieben sehr beliebt sei. Trotz des durchaus innovativen Versuchs, mehr Geld einzuheimsen, blieb er erfolglos und wurde mit jeder Angebotsablehnung unfreundlicher, sodass wir einfach nur froh waren, als wir die Filiale verlassen konnten. Spätestens nachdem wir den Lancia gestartet hatten, bezweifelten wir, dass sich neapolitanische Diebe ausgerechnet dieses Auto aussuchen würden, es sei denn, es handelte sich um Menschen mit wenig Geschmack und einem Faible für schlecht zu bedienende Kupplungen.
    Wenngleich der Hauptbahnhof nicht der beste Ort war, um sich einzufahren, gelang es Norman sehr schnell, sich an das Auto und den Fahrstil der Italiener zu gewöhnen, sodass wir noch einen kleinen Abstecher zum "Piazzale Michelangelo" machten, wo wir eine Kopie der Davidstatue im Rücken und musikalisch von einem deutschen Gitarren-Duo begleitet die Aussicht über Florenz am Abend genossen. Getoppt wurde dies lediglich von einer frisch zubereiteten Pizza. Dem Gesicht nach zu urteilen, das Norman beim Verzehr dieser Pizza machte, würde das nicht unsere letzte Pizza bleiben. Aber auch das ist natürlich reine Spekulation.
    Mit Pizza im Bauch und Ohropax im Ohr beendeten wir schließlich unseren 1. Tag in Florenz.
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  • Day 3

    Marmor, Stein und Eisen bricht

    March 27 in Italy ⋅ ☁️ 9 °C

    Der einzige Unterschied zum gestrigen Morgen war, dass wir unsere frühaktiven Nachbarn nur gedämpft hörten. Der Regen war geblieben. Das störte uns allerdings weniger, weil wir den ersten Teil des heutigen Tages in einer Höhle verbringen wollten, genauer gesagt in einem Marmorsteinbruch in Carrara. Dort angekommen fuhr uns Sonja, unser deutschsprachiger Guide, in das Innere des Marmorberges, wo wir im Rahmen einer 40-minütigen Tour mit dem Marmor auf Tuchfühlung gingen. Wir erfuhren nicht nur, wie der Marmor abgebaut und transportiert wird, sondern auch, dass vor allem Michelangelo dem Carrara-Marmor zum Ruhm verhalf. Da er es sich nicht nehmen ließ, sein Arbeitsmaterial höchstpersönlich in den Marmorbrüchen auszuwählen, wurde sogar ein Steinbruch nach ihm benannt. Für seine Skulpturen wie den "David" kam ihm nur das Beste vom Besten unter den Meißel, nämlich das sogenannte Statuario, eine rein weiße und sehr teure Marmorsorte, die es nur in Carrara gibt. Da wir uns ein Souvenir aus Statuario nicht leisten konnten, mussten wir auf eines aus geädertem Marmor ausweichen. Obwohl ich Norman darauf hinwies, dass wir mit dem marmornen Schneidebrett womöglich die Gewichtsgrenze unseres Aufgabegepäcks übersteigen könnten, ließ sich Norman nicht mehr vom Brett trennen. Freut euch also jetzt schon auf den Blog des letzten Tages, an dem Norman versucht, unser Marmorbrett im Handgepäck durch die Sicherheitskontrolle zu bekommen.
    Nach unserer Führung hatte es aufgehört, zu regnen. Das genügte uns, um die Fahrt nach Cinque Terre anzutreten. Mein Plan war es, auf dem Weg dorthin einen Aussichtspunkt am Ligurischen Meer anzufahren, der über circa 1000 Steintreppen erwandert werden muss. Ich bin mir nicht sicher, ob Norman das hinter vorgehaltener Hand geflüsterte "Schade!" wirklich ernst meinte, als es bei unserer Ankunft plötzlich anfing, zu hageln.
    Ich war wahrlich enttäuscht, hatte aber selbstverständlich noch zwei weitere Aussichtspunkte in petto, die nicht weniger schön waren und ebenfalls nur mit Muskelkraft erreicht werden konnten.
    Vorbei an Bäumen, an denen handballgroße Zitronen wuchsen, durch enge Gässchen und über hohe Steinstufen ging es auf und ab, bis wir zu den Aussichtsplattformen gelangten, von denen man einen fantastischen Blick auf die Dörfer der Cinque Terre hatte. Normans persönliches Highlight auf der zweiten Plattform war jedoch nicht der Ausblick, sondern der Corgi, den er so lange anstarrte, bis die Besitzerin ihn fragte, ob er den Hund streicheln wolle. Ich persönlich hätte bei Normans Blick nicht gewusst, ob er den Hund essen oder streicheln möchte. Aber gut, am Ende freuten sich sowohl Norman als auch der Hund.
    Gefreut hat sich auch die Motorradfahrerin, der Norman auf dem Rückweg half, ihr Motorrad wieder aufzustellen, da sie kurz hinter einer Mautstation einen kleinen Unfall hatte. Genaueres erfuhr er nicht, da sie kein Englisch und er nur Fantasieitalienisch sprach. Mit seinem "Mucho Maggi" kam er da offensichtlich nicht allzu weit. Letztendlich genügte es aber auch, zu wissen, dass sie nicht verletzt war und keine weitere Hilfe benötigte, was sich glücklicherweise auch ohne Worte kommunizieren lässt.
    Zurück in unserer Unterkunft fielen wir in einen sofortigen Tiefschlaf. In dieser Nacht hätten die Nachbarn neben uns vermutlich Marmor abbauen und -transportieren können, ohne dass es uns gestört hätte.
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  • Day 4

    Laura Brénnen di Bene

    March 28 in Italy ⋅ 🌬 16 °C

    Heute stand der erste Unterkunftswechsel an. Deshalb packten wir unsere sieben Sachen zusammen und verließen Florenz.
    Auf dem Weg nach Assisi machten wir zwei Zwischenstopps. Den ersten Halt legten wir in Siena ein, wo uns sowohl der "Piazza del Campo" als auch der Dom von Siena begeisterten, in dessen Inneren sich die Piccolomini-Bibliothek mit ihrer aufwendigen Deckengestaltung befindet, die meinen Blick häufiger auf sich zog als die Textsammlung auf Augenhöhe.
    Gut zwei Stunden später setzten wir unseren Weg nach Assisi fort. Der zweite Halt im Orciatal hätte ein ganz entspannter Fotostopp werden können, wenn Norman nicht ganz plötzlich eingefallen wäre, dass ja Teile des Films "Gladiator" im Orciatal gedreht wurden. Es musste nun also der Punkt gefunden werden, an dem Russell Crowe sanft über die Ähren strich und dabei auf einen Feldweg mit vier Zypressen blickte. Lange suchen mussten wir glücklicherweise nicht, da Google Maps diesen Punkt als "Gladiator Shooting Spot" auswies. 10 Minuten ging es bergab, was ich nach dem gestrigen Treppauf und Treppab deutlich in meinen Oberschenkeln spürte, sodass mir Norman in Anlehnung an italienische Namen wie Maurizio Arrivabene einen neuen Nachnamen verlieh: Laura Brénnen di Bene.
    Schließlich erreichten wir den Hügel, auf dem die berühmte Filmszene entstanden war. In Regenjacke und Jogginghose wollte Norman diese Szene nun nachstellen und wählte dabei aus Mangel an Alternativen mich als Fotografin aus. Anders als Norman hatte ich diese Szene so überhaupt nicht vor Augen. Angesichts meines nicht vorhandenen Film- und Schauspielerwissens konnte er ja schon froh darüber sein, dass ich ihn nicht fragte, ob Russell Crowe der mit der Pandamaske sei. Im Endeffekt brauchte es zwar einige Anläufe, das Ergebnis konnte sich aber sehen lassen. Der Unterschied zwischen Original und Fälschung war für den Laien kaum sichtbar.
    Nachdem wir die Aufnahmen im Kasten hatten, stiefelten wir zurück zum Auto. Da ich nicht damit gerechnet hatte, dass wir heute Spaziergänge dieser Art unternehmen würden, hatte ich meinen Wintermantel angezogen, in dem ich nun den Hügel wieder hinauf musste. Völlig durchgeschwitzt und mit schmerzenden Oberschenkeln ließ ich mich zunächst einmal kräftig vom Wind durchpusten, ehe ich das Auto bestieg.
    Es war gut, dass Norman die letzte Etappe zu unserer Unterkunft fuhr, denn erstens hätte ich im Orciatal am liebsten alle paar Meter angehalten, um ein Foto im Licht der Abendsonne zu machen, und zweitens bekam ich in Assisi angekommen schon als Beifahrerin einen Herzkasper. Unser Apartment befand sich im Inneren eines Labyrinths aus mittelalterlichen Gassen, die im schummrigen Licht der Straßenlaternen alles andere als befahrbar aussahen. Als dann noch steile Anstiege und sich nur langsam in Bewegung setzende Touristengruppen dazukamen, sendete ich Stoßgebete an den heiligen Franz von Assisi aus und schrie die Leute an, dass sie aus dem Weg gehen sollten. Was am Ende half, weiß ich nicht, wir gelangten jedoch unbeschadet zu unserem Quartier, luden das Gepäck aus und stellten das Auto auf einem nahegelegenen Parkplatz ab. Auf dem Rückweg suchten wir nach einem Restaurant. Sobald wir die Stadt durch den Torbogen betreten hatten, rief Norman: "Schau mal, dort gibt es Bruschetta!" Und bevor ich ihm antworten konnte, dass wir ja auch in Italien seien, war er schon durch die Tür verschwunden. Kaum saßen wir, hatten wir auch schon eine Flasche Wasser auf dem Tisch. Nun gab es kein Zurück mehr. Das Bruschetta bestellten wir ohne einen Blick in die Karte. Schließlich war das ja auch der Grund unserer Einkehr. Dass das ein Fehler war, war spätestens klar, als ich das Bruschetta und Normans entsetzten Blick sah. Statt des uns bekannten Bruschettas mit Tomaten und Knoblauch gab es eine gemischte Bruschettaplatte mit Trüffel, Schmalz und vielen anderen Dingen, die Norman gar nicht angerührt hätte, wenn er sie nicht hätte bezahlen müssen. Nachdem ich in jedes Brot gebissen und hoch und heilig versprochen hatte, dass man es essen könne, probierte auch Norman tapfer jede Weißbrotscheibe. Auch wenn einige wenige Bruschettas gar nicht schlecht schmeckten, stand Norman die Enttäuschung weiterhin ins Gesicht geschrieben, was auch daran lag, dass die übrigen Speisen auf der Karte ähnlich exotisch und recht teuer waren. Wir entschieden uns schließlich für Tagliatelle mit Bolognese, wenngleich wir nicht wussten, woraus das Fleisch bestand, weil wir die Übersetzung für "boar" nicht kannten und zu diesem Zeitpunkt auch nicht googlen konnten. Norman war der festen Überzeugung, dass es sich um Keiler handeln müsse und konnte nur deshalb zu einer Bestellung dieses Gerichts überredet werden, weil er sah, dass ein kleiner Junge neben uns am Tisch eben diese Nudeln mit Bolognese aß, ohne sein Gesicht vor Ekel zu verziehen. Das Essen schmeckte in der Tat gut, die Portion war allerdings sehr überschaubar. Obwohl ich ein italienisches Restaurant normalerweise nicht verlasse, ohne das Tiramisu bestellt zu haben, bezahlten wir recht zügig. Zum einen wollte ich gar nicht wissen, mit welchen exklusiven Zutaten sie das Tiramisu pimpten, zum anderen fühlten wir uns in unseren Schlabbersachen schon von Beginn an etwas fehl am Platze. Umso schöner war dafür der Weg durch die beinahe ausgestorbene Stadt, die uns soeben gelehrt hatte, dass Bruschetta allein noch kein Grund ist, ein Restaurant zu besuchen. Wenn das mal keine Bildungsreise war.
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  • Day 5

    Nun sag, wie hast du's mit der Religion.

    March 29 in Italy ⋅ ☁️ 21 °C

    Für meinen Geschmack trieb es Norman mit seinem "Auf den Spuren des Gladiators wandeln"-Ding etwas zu weit, als er am Morgen beim Zubinden der Schuhe mit dem Gesicht auf die Stuhllehne prallte und fortan einen kleinen Cut unter dem rechten Auge hatte.
    Eine Besichtigung der wichtigsten religiösen Stätte Assisis blieb ihm damit jedoch nicht erspart.
    Zur schnelleren Genesung waren in der Pasticceria am Marktplatz allerdings zwei Sandwiches nötig, wie mir Norman nach dem Verzehr des ersten Panini mit seinem traurigen Blick auf den leeren Teller mitzuteilen versuchte. Mich hingegen lachte das sogenannte Rocciata an, ein für Assisi typisches Gebäck mit Nüssen, Rosinen und Marmelade, das fantastisch schmeckte.
    Gut gestärkt spazierten wir durch die Stadt. Die Pilgergruppen, Mönche und Nonnen, die Straßenmusiker, die kleinen Souvenirläden, Cafes, Restaurants, die Gässchen, Treppen, Tore und Bögen - all das machte Assisi zu einer unglaublich atmosphärischen und friedlichen Stadt mit einem besonderen Charme. An unserem ersten Ziel, der Basilika San Francesco, in der der heilige Franziskus, der Gründer der Franziskaner, begraben liegt, nahmen wir uns viel Zeit zum Beobachten. Mit dieser Basilika betraten wir eine uns fremde Welt, in der sich Menschen völlig ins Gebet vertieft kniend am Gitter des Grabmals festklammerten, weinend von der Beichte wiederkehrten und in der man sich inmitten der Mönche wie eine Figur aus "Der Name der Rose" fühlte. Im Nonnenkloster "Santuario San Damiano" setzten wir unsere spirituelle Reise fort. Hier gründete Klara von Assisi den Orden der Klarissen und lebte gemeinsam mit ihren Gefährtinnen in radikaler Armut, was jeder einzelne Raum erkennen ließ.
    Mit einer erfrischenden Lemon- und Oransoda aus dem Supermarkt traten wir den Rückweg an und ahnten dabei nicht, dass noch ein religiöses Highlight auf uns wartete. Um 19.30 Uhr trafen wir unsere überaus herzliche Vermieterin Beatrice, die uns berichtete, dass in Kürze eine Prozession durch Assisi stattfände.
    Da auf dem Marktplatz bereits einige Bereiche abgesperrt waren, sich bislang aber nur sehr wenige Menschen dort eingefunden hatten, wollten wir die Gunst der Stunde nutzen, um vorab in einer Trattoria zu essen, die uns unsere Vermieterin empfohlen hatte. Leider hatte sie vergessen zu erwähnen, dass es sich um eine äußerst beliebte Trattoria handelt, in der gerade an Karfreitag eine Reservierung unerlässlich ist.
    Notgedrungen wischen wir auf ein anderes Restaurant aus, in dem wir ebenfalls etwas Leckeres zu essen bekamen.
    Gerade noch rechtzeitig kamen wir auf dem Marktplatz an, der sich inzwischen gefüllt hatte, und ergatterten glücklicherweise noch zwei Plätze in den vorderen Reihen. Nur kurze Zeit später gingen alle Lichter aus und die Prozession begann. Von Trommelschlägen und kirchlichen Gesängen begleitet trugen vermummte Büßer barfuß riesige Holzkreuze über den Marktplatz. Eskortiert wurden sie von verschiedenen Bruderschaften, die die Stadt mit ihren Fackeln in ein geheimnisvolles Licht tauchten. Diese Prozession war gleichermaßen faszinierend und angsteinflößend.
    Über Gott und die Welt philosophierend begaben wir uns schließlich zurück in unsere Unterkunft und fielen in einen göttlichen Schlaf.
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  • Day 6

    Nächster Halt: Rom

    March 30 in Vatican City ⋅ 🌬 22 °C

    Am wohl schönsten Tag im ganzen Jahr nahmen wir zunächst Abschied von Assisi und Beatrice und fuhren auf einem der vielen Wege Richtung Rom. Nach einer kurzen Verschnaufpause im neuen Apartment begaben wir uns schnurstracks zum Petersplatz, der nur einen Katzensprung entfernt war. Da der Papst am Abend mit etwa 8000 Gläubigen - also nur im engsten Kreise - die Abendandacht vor Ostern feiern wollte, war der Petersdom leider nicht mehr zugänglich. Um auf den Petersplatz zu gelangen, musste man sich zudem einer Personen- und Taschenkontrolle unterziehen. Da es ebenso aussichtslos war, jetzt noch in die Vatikanischen Museen zu gelangen, tüfelten wir einen Plan B aus: Nicht weit entfernt gab es ein Museum, das den Besuchern mithilfe von Hologrammen und einem 3D-Film Roms Geschichte und berühmte Stätten näherbringt. Kurzerhand kauften wir online zwei Tickets für 18 Uhr. Die Wartezeit versüßten wir uns mit einem Eis und einer Clownsshow auf der Piazza Navona. Ich persönlich hätte mich ja sehr gefreut, wenn der Clown zur Feier des Tages Norman für den unsichtbaren Stuhltrick ausgewählt hätte, Norman selbst war allerdings der Ansicht, dass er mindestens einen der Mitstreiter zerquetscht hätte.
    Pünktlich um 17.50 Uhr endete die Show und wir begaben uns zum Museum, das wir für uns allein hatten und das vor allem für Norman, der zum ersten Mal in der "Ewigen Stadt" war, einen perfekten Auftakt unseres Rombesuchs darstellte.
    Nach dem Museumsbesuch bewunderten wir die Piazza Navona mit ihren drei Brunnen, die Engelsburg und den Petersdom noch einmal im beleuchteten Zustand. Über riesige Bildschirme hatte man zudem die Möglichkeit, den Gottesdienst mitzuverfolgen. Während ich gespannt auf die Momente wartete, in denen der Papst auf dem Bildschirm erschien, versuchte Norman die Kolossalität und Schönheit dieses Platzes fotografisch einzufangen, weshalb er meine Simultanübersetzungen der lateinischen Liturgien leider verpasste.
    Schließlich siegte der Hunger über die Faszination dieses Ortes. Zum Abschluss des Tages kehrten wir deshalb in eine Pizzeria ein, in der wir uns zunächst eine gemischte Vorspeisenplatte inklusive echter Bruschetta gönnten. Die Wahl der Hauptgänge war vor allem für mich eine Win-win-Situation, denn überraschenderweise wollte Norman zwar nicht von meinen Nudeln mit Muscheln kosten, ich hingegen war Normans Pizza nicht abgeneigt, was ich ihm auch sehr deutlich zu verstehen gab, sodass das eine oder andere Pizzastück den Weg in meinen Mund fand.
    Fazit: Es gibt wesentlich Schlimmeres, als seinen Geburtstag in Rom zu verbringen.
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  • Day 7

    Vidimus Papam!

    March 31 in Italy ⋅ ☁️ 21 °C

    Klar, wenn man Ostersonntag schon einmal in Rom war, durfte man sich die traditionelle Ostermesse auf dem Petersplatz natürlich nicht entgehen lassen. Norman sah das offensichtlich anders. Er schlief und schlief und machte keine Anstalten, wach zu werden. Mit jeder Minute, die Norman schlummerte, schwand meine Hoffnung, auch nur eine einzige Silbe des Segens "Urbi et Orbi" hören zu können. Doch die Wege des Norman sind unergründlich, denn mit einem Mal erwachte er und alles ging ganz schnell. Schwuppdiwupp standen wir in der Schlange vor den Sicherheitskontrollen und fühlten uns selbst als Nicht-Gläubige so, als würden wir gleich einem Rockkonzert des größten Superstars aller Zeiten beiwohnen. Die Atmosphäre auf dem Petersplatz verstärkte diesen Eindruck. Knapp 60.000 Menschen unterschiedlicher Nationen schwenkten Fahnen, tanzten und jubelten ihrem Idol immer wieder in Chören mit den Worten "Viva il Papa!" (Es lebe der Papst!) zu. Sobald wir den Petersplatz betraten, setzte das Oberhaupt der katholischen Kirche zu seiner Rede an, die zwar deutliche Unterschiede zu einer Rockballade aufwies, uns aber dennoch mitriss. Wie zwei Maulwürfe hatten wir uns einen Gang ins Zentrum gegraben, winkten dem Papst nach seinem Segen brav zu und hielten den Atem an, als wir sahen, dass ihm der Wind beinahe die Papstkappe vom Kopf wehte. Als echte Fans hätten wir selbstverständlich gewusst, dass der Papst nach der Messe in seinem Papamobil an den Menschenmassen vorbeifährt. Zu diesem Zeitpunkt waren wir allerdings schon auf dem Weg zu einer weiteren Sehenswürdigkeit Roms und freuten uns, dass wir den Papst gesehen hatten, ohne uns anders als 59.998 Menschen stundenlang die Beine in den Bauch gestanden zu haben.
    Das konnten wir nun an der Warteschlange vor dem Pantheon nachholen, für dessen Eintritt man seit 2023 5 Euro verlangte. Im Pantheon selbst ließen wir uns viel Zeit und machten aus allen möglichen Perspektiven Fotos von uns und dem Loch in der größten freitragenden Betonkuppel der Welt. Anschließend ging es für uns zur berühmten Spanischen Treppe, zum Trevibrunnen und zu einer Ausgrabungsstätte, in der Reste der Kurie erkennbar sind, in der Gaius Julius Caesar getötet wurde, und in der sich heute eine Pflegestation für Straßenkatzen befindet. Neben den vielen Pudeln, Möwen, Tauben, aber auch den grünen Alexandersittichen zählen sie vermutlich zu den tierischen Bewohnern, die man am häufigsten in Rom antrifft. Unseren Rundgang beendeten wir mit einem Eis bzw. Tiramisu, das definitiv zu den besten Tiramisus gehört, die ich bislang gegessen habe...und ich habe schon einige verputzt. Da uns das natürlich nicht reichte, aßen wir in einer kleinen familienbetriebenen Pizzeria noch eine neapolitanische Pizza. Wenn das so weitergeht, werden wir für den Rückflug wohl noch einen Extrasitz pro Person dazubuchen müssen...
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  • Day 8

    Schlechter Aprilscherz

    April 1 in Italy ⋅ ☁️ 18 °C

    Unser Tag begann auf einem Friedhof, ca. 9 km von unserer Unterkunft entfernt. Warum?Weil Norman zufällig am Abend einen kurzen Ausschnitt aus der allersten Berliner "Wetten, dass...?"- Sendung von 1983 gesehen hatte, in der Bud Spencer und Terence Hill zu Gast waren und in der Bud Spencer Frank Elstner verriet, dass er Neapolitaner war, woraufhin Norman in Erfahrung brachte, dass Bud Spencer zwar in Neapel geboren, aber in Rom begraben lag.
    Und nun konnte man Rom natürlich nicht verlassen, ohne Bud Spencers Grab gesehen zu haben. Während Norman sich vor Ort alles genau anschaute und Fotos knipste, suchte ich schon einmal nach einer nahegelegenen Pasticceria, in der wir uns für den heutigen Sightseeing-Marathon stärken konnten. Mit unserem zweiten 100-Minuten-Busticket fuhren wir zum Bahnhof "Roma Termini", wo wir uns angesichts der vielen Leckereien kaum entscheiden konnten und so viel kauften und aßen, dass wir den Rest des Tages keinen Hunger mehr verspürten. Unsere Sightseeing-Tour begannen wir daraufhin in der Basilika di San Pietro in Vincoli mit der Moses-Statue von Michelangelo. Passenderweise fing es anschließend an zu regnen. Anders als Moses hatten wir nur leider nicht die Fähigkeit, das Wasser zu teilen und auf trockenem Boden durch Rom zu spazieren. Ganz im Gegenteil: Nach und nach wurden wir pitschnass. Unsere lange Liste an Sehenswürdigkeiten wurde auf ein Minimum gekürzt, denn schon nach dem Kolosseum war uns die Lust auf weitere Aktivitäten vergangen. Statt der Besichtigung des Forum Romanum und des Aventin wünschten wir uns nichts sehnlicher als eine warme Dusche und trockene Kleidung.
    Und doch gab es noch eine Sache, die ich Norman unbedingt zeigen wollte: das Innere des Petersdoms. Tapfer stellten wir uns also in der Warteschlange vor dem Petersdom an, während es weiterhin wie aus Eimern schüttete. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Wetterlage war die Schlange kürzer als üblich, sodass wir glücklicherweise nicht allzu lange warten mussten. Triefend und tropfend schafften wir es schließlich in den Petersdom, der uns für alles entschädigte. Diesen Dom konnte man unzählige Male besuchen - sobald man ihn betritt, öffnet sich vor Staunen ganz automatisch der Mund und bleibt offen stehen, bis man ihn wieder verlässt. Wenn man ihn denn verlässt... Denn eben diesen Abschied versuchte ich mit einem plötzlichen Interesse an sämtlichen Engelfiguren im Petersdom hinauszuzögern, als ich sah, dass ein Ende des Regens nicht in Sicht war. Doch auch im Petersdom ist die Anzahl an Engeln begrenzt. Deshalb traten wir irgendwann den Heimweg an und bereiteten die morgige Abreise vor. Vielleicht würde Rom uns ja wenigstens zum Abschied noch ein paar Sonnenstrahlen schenken.
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  • Day 9

    Fantastico!

    April 2 in Italy ⋅ ⛅ 13 °C

    Rom verabschiedete uns mit einem kräftigen Schauer. All unsere Hoffnung auf einen sonnigen Tag lag nun auf Neapel. Als Zwischenstopp auf unserer Fahrt nach Neapel wählten wir die Einsiedelei "San Michele Arcangelo", eine Kirche auf 1160 m Höhe. In Serpentinen ging es stetig bergauf. Nur ab und an waren wir gezwungen, anzuhalten, weil Kühe, Schafe oder Ziegen die Straße blockierten.
    Wenn es nach Google Maps gegangen wäre, hätten wir beinahe den gesamten Weg mit dem Auto fahren sollen. Spätestens als wir die Wandermarkierungen sahen und die Steine auf dem Weg selbst für ein Auto mit Allradantrieb zu groß wurden, entschieden wir uns jedoch entgegen der Empfehlung von Google Maps, das Auto abzustellen und den Rest zu laufen. Da die Kirche in Felsen eingebettet ist, hatten wir zunächst Schwierigkeiten, sie zu finden, waren letztendlich aber erfolgreich und zufrieden mit unserer Wahl: Trotz der Wolken war die Aussicht grandios und die Kirche definitiv etwas, was wir so noch nicht gesehen hatten.
    Schließlich setzten wir unsere Reise nach Neapel fort und kamen nach insgesamt ca. 6,5 Stunden in unserer neuen Unterkunft in einem Nachbarort von Neapel an, der sicherlich nicht zu den schönsten gehörte. Doch noch bevor wir uns fragen konnten, in was für einer Gegend wir hier gelandet waren, öffnete sich das Einfahrtstor und all unsere Sorgen und Zweifel waren wie weggeblasen: Denn am Ende der Einfahrt standen zwei winkende, ältere Herren, die uns gemeinsam mit einem kleinen schwarzen Hund herzlich begrüßten. Nachdem Norman ausgiebig  Nerina, die Hundedame, gekrault hatte, zeigte uns Gennaro, unser Gastgeber, voller Stolz seinen Gemüse- und Obstgarten. Augustino, der auf Capri geboren war, aber Familie in Berlin hat und deshalb auch Deutsch spricht, begleitete uns auf dem Rundgang. Er erklärte uns, dass er nach jeder Reise für ein paar Tage bei seinem Freund Gennaro unterkam. Die Art und Weise, wie die beiden untereinander ihre Sätze beendeten und sich selbst und uns mit ihren Ankedoten unterhielten, machte sie zu einem außerordentlich liebenswürdigen Freundespaar. Als sie hörten, dass Norman vornehmlich wegen des Essens in Italien sei, überboten sie sich an Tipps, was wir in welchem Restaurant probieren müssten. Kurz gesagt: Wir fühlten uns von Anfang an pudelwohl und willkommen.
    Nachdem Gennaro uns das Zimmer gezeigt hatte, reservierte er einen Tisch bei Luigi. Angesichts der vielen Restaurantempfehlungen und der kurzen Aufenthaltsdauer durften wir keine Zeit verlieren.
    Pünktlich trafen wir bei Luigi ein und mussten ein wenig schmunzeln, als wir sahen, dass wir die einzigen Gäste waren. Neben den zwei Pizzen war vor allem Luigi ein echtes Highlight. Als er sah, dass Norman seine Pizza mit Messer und Gabel essen wollte, kam er mit einer Schere, schnitt die Pizza in größere Teile und zeigte ihm, wie er sie falten und essen müsse. Luigi schien es sehr wichtig zu sein, wie seinem "Bro" Norman die Pizza schmeckte. Immer wenn er an unserem Tisch vorbeikam, musste ihm Norman ein Feedback geben. Glücklicherweise mussten wir nicht lügen. Die Pizzen schmeckten hervorragend, weshalb Norman bei der Verabschiedung Schwierigkeiten hatte, angemessene Worte des Lobes zu finden. Nachdem er dreimal "Fantastico!" gesagt hatte, schien er abwechslungshalber einfach irgendwelche Adjektive auf -stico aneinanderzureihen: Elastico! Gimnastico! Dinastico!
    Luigi und der Koch schienen zu wissen, was er sagen wollte, und freuten sich. Einfach fantastico!
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  • Day 10

    Himmel und Hölle

    April 3 in Italy ⋅ ☁️ 15 °C

    Um 9 Uhr gab es Frühstück, und zwar typisch italienisch mit süßem Gebäck und frischem Orangensaft. Mit am Frühstückstisch saß Tom, der zweite Gast in Gennaros Haus. An seinem letzten Tag wollte er ebenso wie wir entlang der Amalfiküste auf dem "Sentiero degli Dei", dem "Weg der Götter", wandern. Da er kein Mietauto hatte, nahmen wir ihn kurzerhand mit.
    Nachdem wir das Auto auf einem kostenlosen Parkplatz abgestellt hatten, folgten wir den Hinweisschildern. Leider übersahen wir ein entscheidendes Schild und wanderten zunächst 30 Minuten auf einem ganz anderen Wanderweg, der steil und steinig und alles andere als göttlich war.
    Nachdem wir den gesamten Weg wieder hochgestapft waren, waren wir schon kurz davor, aufzugeben und uns in eine nahegelegene Pizzeria zu setzen: Wir waren durchgeschwitzt und überdies war das Wetter wieder einmal nicht sonderlich vielversprechend. Was sollte man bei dieser Wolkendecke schon Großartiges sehen?
    Doch unser Begleiter Tom, der mit seinen zarten 20 Jahren über die Steine sprang wie eine junge Bergziege, motivierte uns. Er war optimistisch, dass der Weg weniger anspruchsvoll als der erste sei und dass sich die Wolken noch verziehen würden. Norman und ich dachten nur: "Dein Wort in Gottes Ohr!" und folgten ihm. Während die Wanderung auf dem "Weg der Götter" im Vergleich zu der Wanderung auf dem "Weg des Teufels" in der Tat ein Spaziergang war, änderte sich das Wetter vorerst nicht. Die Aussichten, die sich uns boten, waren dennoch spektakulär.
    Da Norman und ich später noch Neapel besichtigen wollten, entschieden wir uns, uns nach einem Erfrischungsgetränk in einem Café, das auf dem Wanderweg lag und im DIY-Stil an ein Baumhaus erinnerte, von Tom zu trennen und den Rückweg anzutreten. Und während wir genüsslich unseren frisch gepressten Orangensaft schlürften, passierte das, was wir schon gar nicht mehr für möglich gehalten hatten: Stück für Stück klarte der Himmel auf und die Sonne ließ sich immer häufiger blicken, sodass wir uns sogar gezwungen sahen, unsere Sonnenbrillen aus den Untiefen unserer Taschen zu kramen. Die Gunst der Stunde nutzend packten wir auch gleich die Drohne aus und ließen diese an der Amalfiküste entlangfliegen.
    Mit einem Lächeln im Gesicht traten wir den Rückweg an. All das, was wir wenige Minuten zuvor im Wolkendunst fotografiert hatten, wurde nun erneut bei strahlender Sonne festgehalten. Herrlich!
    Glücklich fuhren wir schließlich zurück zu unserer Unterkunft, wo uns Gennaro erklärte, dass er es um diese Uhrzeit für zumutbar hielte, mit dem Auto nach Neapel zu fahren. Der Verkehr sei aktuell ruhig, und wenn wir das Auto in einem von ihm empfohlenen Parkhaus parkten, sei die Chance, dass wir auch mit dem Auto wieder zurückkehren könnten, hoch.
    Da Gennaros Empfehlungen bislang immer Gold wert waren, stiegen wir ins Auto und wagten das Experiment. Um es kurz zu fassen: Je näher wir Neapel kamen, umso verrückter wurde es. Die mit Schlaglöchern übersäten Straßen waren dabei noch das geringste Problem. Es waren vielmehr die Autos und Motorrollerfahrer, die aus allen möglichen und unmöglichen Öffnungen geschossen kamen, auf mehrspurigen Straßen - selbstverständlich ohne zu blinken - von der einen äußeren Spur zu anderen wechselten, uns und anderen mit einer an Arroganz grenzenden Selbstverständlichkeit die Vorfahrt nahmen, im Kreisverkehr in die entgegengesetzte Richtung fuhren, um aus der dritten die erste Ausfahrt zu machen, und ungeduldig alles von der Straße zu hupen versuchten, was sich ihnen in den Weg stellte. Wir sahen Motorrollerfahrer, die sich das Handy unter die Helmschnalle klemmten, um telefonieren zu können, und zahlreiche Fußgänger, die sich bedankten, wenn sie unbeschadet über den Zebrastreifen kamen.
    Es dauerte nicht lange, bis Norman feststellen musste, dass Thailand im Vergleich zu Neapel ein Autofahrerparadies sei.
    Dieses Gefühl, ständig um dein Leben fürchten zu müssen, änderte sich auch als Fußgänger nicht wirklich, weil man in den kleinen engen Straßen des Spanischen Viertels jederzeit mit Rollerfahrern rechnen musste, die aus den Seitengassen geschossen kamen. Schon nach wenigen Minuten war uns klar, dass wir hier nicht allzu viel Zeit verbringen wollten. Die hohen, dicht beinanderstehenden Häuser, deren Fassaden zum Trocknen aufgehängte Wäsche schmücken, die Trikots, Denkmäler und Wandmalereien Maradonas, der in Neapel wie ein Gott verehrt wird, machen Neapel definitiv zu einer einzigartigen Stadt, uns war es jedoch viel zu laut, zu wuselig, zu hektisch und zu schmutzig, sodass wir nach einem kurzen Besuch der Diego-Maradona-Gedenkstätte, eines Regenschirm-Ladens, in dem wir einen handgefertigen Messi-Regenschirm kauften, und einer Pizzeria, die uns Tom empfohlen hatte, wieder den Heimweg antraten.
    Was für ein Tag! Innerhalb weniger Stunden hatten wir Himmel und Hölle kennengelernt.
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  • Day 11

    Was kostet die Welt?

    April 4 in Italy ⋅ ☀️ 16 °C

    Für den letzten Tag stand ein Besuch der Insel Capri auf dem Programm. Angesichts des wolkenlosen Himmels gingen wir trotz der frühen Uhrzeit gut gelaunt zum Frühstück, das Gennaro extra für uns bereits um 7.15 Uhr vorbereitet hatte. Da er Norman nach dem gestrigen Frühstück über seine Frühstücksgewohnheiten ausgefragt hatte, gab es heute auch frische Brötchen und Nutella. Darüber freute sich nicht nur Norman, sondern auch Tom. Aus Angst, den Zug um 8.10 Uhr knapp zu verpassen, begaben wir uns erst gegen 8.30 Uhr zum Bahnhof. Aufgrund der Verspätung, die unser Zug hatte, ärgerten wir uns jedoch ein wenig, dem Irrtum von pünktlichen Zügen in Italien erlegen zu sein. Bei den Abfahrtszeiten handelte es sich offensichtlich nur um grobe Richtwerte, weshalb wir mit ziemlicher Sicherheit auch den früheren Zug bekommen hätten. Gerade als Tourist benötigte man diese zusätzliche Zeit, die sich aus der Verspätung ergab, aber, um herauszufinden, welcher Zug auf welchem Gleis fuhr, denn nach Anzeigen suchte man insbesondere auf kleineren Bahnhöfen vergeblich. Irgendwann saßen wir dann im Zug und kamen nach einem Umstieg am Hafen von Neapel an. Dort erlebten wir dann die erste Überraschung: Für die Hin- und Rückfahrt mit der Fähre mussten wir insgesamt 100 Euro bezahlen. Auf Capri angelangt kauften wir uns ebenfalls überteuerte Busfahrtickets und fuhren nach Anacapri, in den Westen der Insel. Gennaro hatte uns dort einen Aussichtspunkt empfohlen, der ca. 30 Minuten vom Zentrum entfernt lag. Dieser Aussichtspunkt schien ein echter Geheimtipp zu sein, denn schon nach wenigen Minuten waren wir der touristischen Masse entkommen und spazierten auf einem schmalen, asphaltierten Weg an privaten Grundstücken und Obstgärten vorbei, in denen teilweise riesige Zitronen wuchsen. Nur hin und wieder begegneten wir Einheimischen, die freundlich grüßten. Zu unserer großen Freude hatten wir auch den Aussichtspunkt fast für uns allein. Gesellschaft leistete uns lediglich ein Golden Retriever, der in unseren Augen zu den wohl glücklichsten Hunden der Welt zählen musste. Schließlich kam er an diesem friedlichen Ort jeden Tag in den Genuss dieses atemberaubenden Blicks auf den Leuchtturm von Punta Carena und die Faraglioni, eine Felsformation, die das Wahrzeichen der Insel bildet. Nur ab und an unterbrachen Touristen wie wir diese paradiesische Ruhe, sorgten aber gegebenenfalls mit einigen Streicheleinheiten und Leckereien für die nötige Abwechslung. Aufgrund mangelnder Alternativen konnte Norman dem Hund nur ein Stück Apfel anbieten, das dieser aber dankend ablehnte.
    Schließlich traten wir den Rückweg an. Unser Plan war es, uns noch den "Arco naturale", einen Felsbogen an der Ostküste der Insel, anzuschauen. Leider mussten wir an der Bushaltestelle so lange auf den Bus warten, dass wir das zeitlich einfach nicht mehr geschafft hätten. Da wir eine feste Rückfahrzeit hatten, beschlossen wir, zum Hafen zurückzukehren und dort bei einem Eis auf die Fähre zu warten. Ich wollte unbedingt das Zitroneneis probieren, das in einer ausgehöhlten Zitrone serviert wurde. Naiv, wie ich war, fragte ich vorher nicht nach dem Preis. Was konnte das bisschen Eis in einer Zitronenschale schon kosten? Als ich gebeten wurde, meine Karte zum kontaktlosen Zahlen ans Kartenlesegerät zu halten, fiel mir fast die Kinnlade herunter. Das Eis kostete 9 Euro! Ich erkannte da Parallelen zu meinem letzten Urlaub in der Schweiz und dem sogenannten Fondue-Fiasko. Offensichtlich war es mein Schicksal, mindestens einmal pro Reise abgezockt zu werden. Das galt es im Auge zu behalten.
    Zurück zur Zitrone: Diese wurde von mir sorgfältig und akribisch ausgekratzt, sodass man sie anschließend für den nächsten Gast wieder hätte befüllen können.
    Paradoxerweise waren wir beinahe froh, als wir wieder neapolitanisches Festland betraten. Denn, wenngleich wir den Ausflug keineswegs bereuten, weil wir das Glück hatten, die Insel zumindest für kurze Zeit von einer ihrer schönsten Seiten kennengelernt zu haben, wirkten die Preise und die Masse an Touristen auf uns eher abschreckend.
    Für uns stand deshalb auch fest, dass wir unser Mittagessen nicht auf Capri zu uns nehmen würden, sondern in den lebhaften Spanischen Vierteln von Neapel, in denen wir ein Pastarestaurant ausfindig gemacht hatten. Erneut ging es also durch die engen Gassen. Im Restaurant ließ sich ein mittlerweile altbekanntes Phänomen beobachten: Norman und ich bestellten unterschiedliche Gerichte, und sobald diese serviert wurden, stellte Norman fest, dass mein Essen ja viel leckerer sei. Zu seinem großen Glück schmeckte mir sein Essen ebenfalls, weshalb ich meinen Teller ihm zuliebe hergab. Dieses leidende Gesicht konnte man kaum länger als eine Minute ertragen.
    Gut gesättigt fuhren wir schließlich zurück. Da wir am nächsten Tag bereits um 4 Uhr aufstehen mussten, sagten wir Gennaro und Nerina Lebewohl. Jetzt, da die Sonne schien und wir unseren ersten kleinen Sonnenbrand hatten, fiel uns der Abschied von Italien umso schwerer. Allerdings waren wir uns sicher, dass es kein Abschied für immer sein würde. Neben vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen hatten wir zwar auch einige Kilos dazugewonnen, die uns jedoch nicht an einer erneuten Reise nach Italien hindern würden.

    PS: Abschließend möchte ich mich wie immer für das liebe Feedback bedanken, das meine ohnehin schon gute Laune auf Reisen stets noch steigert.
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