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- Day 109
- Sunday, October 13, 2024 at 12:59 PM
- 🌬 12 °C
- Altitude: 11 m
GermanyHeinitzpolder53°15’39” N 7°14’8” E
Aussichtspunkt

TON AUS - STURM AUS - BLICK ÜBER DEN DOLLART AUF EMDEN
UND EINE SEGELTOUR AUF DEM WYMEERER SIELTIEF
- Show trip
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- Day 110–111
- October 14, 2024 at 10:03 AM - October 15, 2024
- 1 night
- ☁️ 8 °C
- Altitude: 15 m
GermanyBeschotenweg53°11’7” N 7°15’60” E
Bunde II

3.031 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 60 km/ Gesamt 367.803 km / Ø121,34 km)
Wohnmobilstellplatz
26831 Bunde
Deutschland
Das Wetter meint es gut mit uns. Viel Sonne. Viel Licht. Viel Wind. Ich liebe diese stürmischen Herbsttage, besonders in der Nähe von Wasser und Weite. Wenn der Regen übers Land peitscht und dir die Worte gleich vom Mund wegreißt.
Wenn du alleine draußen bist, oder die es ebenfalls wagen, in ihrem Mantelkragen zurückgezogen leben.
Hund und Katze sich nicht raustrauen, aber dein Hund nicht genug zu kriegen scheint. Du ständig Haare im Gesicht hast, deine finnische Mütze aber wegfliegen würde. Und wenn manchmal eine Böe mir den Stock aus der Hand zu verreißen droht, dann habe ich auch genug.
Nun ja, ganz so lange wie das klingen mag, sind wir nicht mehr draußen. Aber zumindest tun mir abends die Beine weh, und ich bin früh um acht schon reichlich müde, schlafe, ohne lange zu überlegen, gleich ein. Und nur auf der Wetterseite sind wenig Menschen unterwegs, geschützt im Hafen von Ditzum sieht das gleich anders aus.
Ein bisschen aufgeregt bin ich schon am Mittag bei der Abfahrt aus Bunde. Noch ein spannendes Kapitel aus der Floßfahrt über den Pazifik gelesen, dann möchte ich endlich wieder ans Meer. Obwohl der Dollart ja eher eine große Buchtmündung mit der Ems ist, von der bei Niedrigwasser fast 80% als Watt trocken fallen.
Wenn du mehr über das Land am Dollart wissen willst, empfehle ich dir diesen interessanten Artikel.
https://www.ndr.de/ratgeber/reise/ostfriesland/…
Wir fahren zuerst zum Aussichtspunkt, über den der Wind hinwegpfeift. Hilde muss im Bus bleiben, während ich vorwärts die Treppen auf den Deich steige, mich zurück am Geländer rückwärts hangele. Treppen sind nun mal anders für meine Knie nur mühsam mit dem Stock vorwärts zu bewältigen. Dieses Geländer wackelt auch nicht, da kann ich mich drauf verlassen.
Hinterm Deich ist es so still, dass wir eine Pause machen können, und es gleich warm im Sonnenschein haben, dass die Fenster von innen beschlagen. Später kommt eine junge Frau mit ihrem Rad vorbei, die nur sich sieht, und uns den Rücken zukehrt. Das Land hinterm Deich wird von einem Fluß durchzogen, dem Wymeerer Sieltief, auf dem ein flatterndes, weißes Segel sich durch unseren Blick zieht. Vom Boot selber sehe ich nichts.
Die Häuser in der Landschaft hinterm ersten Deich haben wiederholt eine besondere, schlichte Schönheit, die weiße Wolken und blauer Himmel extra hervorheben. Hier mag man bleiben können, mit sich alleine und den Gedanken von Weite und Nähe. Wenn man bleiben kann. Hilde könnte über die Wiesen rennen und geduckt Hasen jagen, den Wind fangen und die Sonne küssen.
Hat sich einfach nicht so ergeben, denke ich ein wenig wehmütig. Und ob ich überhaupt bleiben könnte. Wir fahren weiter zur Ehemaligen Bohrinsel Dyksterhusen. "Die Bohrinsel Dyksterhusen befindet sich im Deichvorland des Dollarts in der Ortschaft Dyksterhusen, einem Ortsteil der Gemeinde Jemgum.
Der Dollart ist eine etwa 100 km² große Meeresbucht, westlich der Emsmündung bei Pogum und gegenüber der Seehafenstadt Emden, und ist durch mehrere Sturmfluten der Nordsee im 13. und 14. Jahrhundert entstanden. Dabei sind über 30 Dörfer untergegangen.
Im Dollart vor Dyksterhusen befindet sich eine aufgeschüttete Plattform, auf der im Jahre 1964 Probebohrungen nach Erdgas durchgeführt wurden. Dabei wurde ein Gasvorkommen entdeckt. Dessen Ausbeutung galt jedoch als unwirtschaftlich. Nach Abbau des Bohrturms dient die ehemalige Plattform heute als Badestelle. (Wikipedia)"
https://bohrinsel-ditzum.de/
Ein wunderschöner Tagesparkplatz, in einer Ecke steht ein kleines Wohnmobil aus Verden mit einem Ehepaar plus großem Hund, die das wohl so praktizieren. Ich bin dafür viel zu unruhig. Und mit Hilde kann ich nicht gut spazieren gehen. Ja, ich könnte lesen und ein Schläfchen machen, aber jetzt will ich erstmal nach Pogum fahren und dann die Ems flussaufwärts.
In Pogum gehen wir spazieren. Hinterm Deich entlang, wo Hilde durchs hohe Wiesengras stapft, hinter dem die Häuser liegen, durch einen Graben getrennt. Hier beginnen die Orte mit einem 'um' am Ende, kleine Flecken, die sich hinterm Emsdeich aufbauen.
Felder mit zig Vögel, die jedesmal aufgeregt losflattern, wenn ein Mensch sich nähert. Kleine Bachläufe mit Federvieh und gewagten Brücken zu Haus oder Feld. In einem Garten ein halbfertiges Schiff, in anderen Obstbäume, die der Sturm leer geschüttelt hat.
Der Hafen von Ditzum voll mit Menschen und Enge, eine Bauersfrau, die ihre schweren Körbe abgesetzt hat. Die aufragenden Masten vor Anker liegender Segelboote mit Windmühle und Glockenturm im Hintergrund, Geruch von Backfisch und Pommes. Hier kostet der Stellplatz gleich auch 20 Euro, hier wollen sie alle parken und klagen später in den Apps über Enge und Nähe.
Wir fahren zurück nach Bunde, hätten auch in Ditzumerverlaat stehen können, wo eine kleine Baptistengemeinde ihr Gesicht dem Ort zuwendet. Keine zwanzig Kilometer entfernt, sinkt der Preis auf sechs oder zehn Euro, wlan inbegriffen, Strom günstig dazu nehmen.
Auf dem Weg dahin halten wir am Steinernen Haus in Bunderhee, und machen einen schönen Spaziergang durch den Historischen Garten, wo Hilde über die leeren Wiesen flitzen kann.
"Im Rheiderland, nahe der niederländischen Grenze, steht die ursprünglichste Häuptlingsburg Ostfrieslands...
Viele Details im Äußeren und Inneren des Bauwerks erzählen von den einzelnen Phasen seiner Geschichte. Am Anfang stand der Wehrturm des 14. Jahrhunderts als reiner Schutzraum für die Bewohner und ihre Habe bei Angriffen, nur über Leitern oder Treppen zugänglich und mit kleinen Fenstern bzw. Schießscharten. Vor allem im 16. Jahrhundert wurde der Turm wohnlicher gestaltet, mit einem bequemeren Zugang, größeren Fenstern und Kaminen..."
Weitere Details findest du unter https://www.gemeinde-bunde.de/tourismus/sehensw…
Der Platz ist Bunde ist leer, nur unter der Laterne sitzt ein ausländischer Mann mit einem Regenschirm und seinem Handy. Hier gibt es am Besten wlan, hier isst und trinkt er zum Abend, und fährt erst mit seinem Fahrrad weg, wenn es dunkel ist. Er sei jeden Abend hier, bei Wind und Wetter, sagt man mir.
Die Nacht bringt Regen und Stille, morgens um sieben läutet die Glocke, da sitze ich schon bei Kerzenschein und Tee. Hilde schläft unter der Bettdecke tief eingemummelt, Autos fahren vorbei, ein neuer Tag ist erwacht.Read more
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- Day 111–112
- October 15, 2024 at 11:03 AM - October 16, 2024
- 1 night
- ☀️ 9 °C
- Altitude: 8 m
GermanySandhorster Ehe53°24’38” N 7°21’56” E
Ochtelbur

3.032 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 100 km/ Gesamt 367.903 km / Ø121,34 km)
Landvergnügenhof
26632 Ochtelbur
Deutschland
Spätestens an diesem Morgen im Oktober, als ich total verschnupft mich morgens räuspern muss, um Hilde zu begrüßen, denke ich, dass ich es nächstes Jahr mit den Reisezielen dringend ändern muss. Die Knie schmerzen, und ich bin froh, dass die Hilde es morgens nicht eilig hat.
Es gab eine freundliche Einladung in Emden, aber ich fühle mich nicht gesellschaftsfähig, um jemanden zu treffen. Damit tue ich niemandem einen Gefallen. So gehe ich über Nacht auf einen Landvergnügenhof, weil die freien Stellplätze gegenüber der holländischen Küste mit freundlichen Grüßen des Straßenverkehrsamtes zu Halteverbotszonen degradiert wurden.
Hier kann ich dem Sonnenuntergang auf einem Stück Asphaltsackgasse zusehen, und den Morgen begrüßen, während wir in der eisig kalten Nacht im Schutze des Steinhauses schlafen konnten. Bis auf ein kurzes freundliches Gespräch zur Begrüßung und zum Abschied will hier niemand was von mir. Und Hilde möchte sowieso ihre abendliche Ruhe haben, so ein Reisetag ist an sich schon aufregend genug.
Von Bunde aus nehmen wir die Autobahn nach Leer, biegen allerdings vor dem Unterwassertunnel ab, um die Brücke über die Ems zu nehmen. Ja, man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Wenn man Tunnel bauen kann, dann will mensch immer mehr davon. Länger, tiefer, weiter. Norwegen ist ein gutes Beispiel dafür.
Natürlich hält so eine Brücke den Verkehr auf, und vermutlich würde sie bei der Menge der Lastwagen, die über sie donnern, auch keine lange Lebenszeit haben. Mir reicht sie aus. Solange ich weit genug gucken kann und das Tageslicht sehe, ist alles in Ordnung.
Trotzdem müssen wir sozusagen zu ihrem Ausgang zurück, um die Küstenstrasse nach Emden zu nehmen, die nicht immer beschaulich ruhig ist, weil sie ebenfalls gut befahren ist. Das stört weder die Schafe auf dem Deich, noch die alten Schöpfwerke an der Seite.
Und am Emsseitenkanal bei Oldersum finden wir einen Raubvogel, der gemütlich auf einem Baum hockt und sich die Biber- oder Bisamrattenkinder anschaut, die auf die Wiese am Fluß spielen. Das sieht Hilde ganz anders und bellt sie wütend vom blauen Bus an, denn nach wie vor ist die körperliche Wunde nicht geschlossen. Und bei der seelischen Verletzung vermute ich eine lebenslange Erinnerung, wenn ich an die Attacken durch andere Hunde denke, die ihr Verhalten sehr verändert haben.
Ein Rundblick oben auf dem Deich übers Wasser am Emsseitenkanal, gerade sind Segelboote durchgeschleust worden, auf der Ems arbeitet ein Frachtschiff sich der Nordsee zu. Einige Kilometer weiter am Emssperrwerk ist der Frachter noch nicht zu sehen, aber ich erkenne in der Ferne die Windmühle von Ditzum, während die Fähre gerade vom Hafen ablegt und kurz vor uns in Petkum ankommt. Sie hat Platz für ein Fahrzeug, ob es für einen größeren Camper reicht, wage ich nicht zu beurteilen. Der mir da in der kurvigen Dorfstrasse begegnet, mag vielleicht auch nur wie wir einen Blick gewagt und für ein leckeres Fischbrötchen angestanden haben.
Emden. Nordkai. Südkai. Immer nah am Wasser entlang, ist unser Motto. Und so kommen wir zum Außenhafen mit der Gedenkbaake für die Seebestattungen. Hier, zwischen Küstenwache, Polizeischiffahrt, und den starkmotorisierten Schleppern, legt das Schiff für die Seebestattungen ab.
Am Ende der Straße ist ein Parkplatz, auf dem übernachtet werden darf, obwohl er als laut und lärmend in der Nacht bezeichnet wird, weil junge Männer hier Rennen fahren sollen. So sind meine Nachbarn auch schon im Greisenalter, das dem Lärm mit Schwerhörigkeit entgegen wirkt.
Wir sehen die Borkum abfahren, auf der ich auch eines Tages nochmal auf die Insel übersetzen möchte. Jetzt kommt mir das zu früh, aber wenn ich die Nordseetour an der holländischen Grenze beende, dann würde ich das auf jeden Fall versuchen. Vielleicht als ein schöner Familienausflug, denn ohne den blauen Bus ist manches deutlich schwieriger für mich mit Hilde.
Wir bleiben nicht am Außenhafen, sondern fahren weiter am Radarturm in Wybelsum vorbei, zum Schöpfwerk Knock, das weithin ausgeschildert ist. Auf der anderen Seite der Emsmündung in die Nordsee liegen die Windräder und Industrieanlagen der niederländischen Stadt Delfzijl, bei uns sind es weite Wiesenflächen, die sich ins Landesinnere ziehen.
Vom sogenannten "Steg am Nordseestrand" beim Restaurant "Strandlust", den man nicht betreten darf, aber von Strandkörben aus das große, blaue Tor bewundern kann, machen wir einen Spaziergang am Wasser entlang, das auch hier den Schlick freigegeben hat, auf dem die Sonne glänzt.
Am Deich zurück, auf dem Spaziergänger einen endlos scheinenden Weg nehmen können, fahren wir zum Landvergnügenhof auf der anderen Stadtseite. Knapp 25 km sind es, ich kaufe Schwarzbrot, Eier, Wurst und Käse, von dem ich selber nicht alles verwerten kann, aber vielleicht einen armen Wanderer zu stärken in der Lage bin.
Falls du auf der Durchreise bist, schau doch einfach mal vorbei. Vielleicht lässt sich auch eine Übernachtung außerhalb vom Landvergnügen gegen einen Hofeinkauf arrangieren. Ich vermute mal, dass das möglich sein könnte. Auf jeden Fall füge ich dir mal die entsprechenden Verbindungen bei.
https://www.lhv-ostfriesland.de/milchtankstelle…
https://www.instagram.com/fennenhof_pupkes?igsh…
In die Zwischenzeit ist die Sonne wunderschön aufgegangen, wovon du dich bei den Bildern überzeugen kannst. Ich ziehe mich jetzt an und gehe mit Hilde spazieren. Würde mich sehr freuen, von dir zu hören, ob dir der Text und/oder die Bilder gefallen haben. Vielleicht konnte ich eigene Erinnerungen bei dir wecken, so wie bei einer Leserin, die mir noch gestern Nacht geschrieben hat, dass ich sie weit in ihre Kindheit zurückgebracht habe.
Auch wenn das Vergangene nicht immer licht glänzt, ist es manchmal wichtig, es anders einordnen zu können, um sich selber ein wenig mehr Freiraum zu schenken.Read more
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- Day 112–113
- October 16, 2024 at 11:02 AM - October 17, 2024
- 1 night
- 🌬 10 °C
- Altitude: 8 m
GermanyBerumbur53°36’18” N 7°19’13” E
Berumbur

3.033 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 111 km/ Gesamt 368.014 km / Ø121,33 km)
Wohnmobilstellplatz
26524 Berumbur
Deutschland
Jede Nacht ist anders. Jeder Tag ebenso. Nur dass der Mond und die Sonne immer auf ihrem Weg bleiben, rettet mich manchmal aus den Träumen, die ungleich Gedanken in meinen Kopf springen. Fast habe ich den neuen Morgen verschlafen, aber dann bin ich doch noch rechtzeitig aufgestanden, wie du das in den Bildern siehst.
Am gestrigen Mittag sind wir nochmal zum Nordseesteg zurückgefahren, um unsere Spur mit einem Spaziergang aufzunehmen. Dieses Mal ist viel mehr los, wie an einem Faden laufen Hund und Mensch im gleichen Abstand hintereinander her.
Aber die Karawane endet, kaum dass wir geparkt haben und losgehen, sodass wir Wasser und Sonne genießen können. Rysum mit der Mühle nach einer langen Fahrt über unebenen Asphalt kleiner, schmaler Straßen. Der interessante Leuchtturm Campen, die Osterburg am Ortsausgang von Groothusen.
In Pilsum reizt mich die schmale Straße hoch zur Kreuzkirche viel mehr als der Leuchtturm am Deich, unter dem eine Menschenmenge sich versammelt hat, um den Worten eines Zugvogelspezialisten zu folgen. Hier wird auch der Tourismus eingeläutet, denn nun kommt mit Krummhörn, Greetsiel und Norddeich das europäische Gemeinschaftsgefühl in den Mittelpunkt aller Überlegungen.
Die Sonne überm Deich ist unsere maximale Annäherung, beim Anblick vieler Menschen dreht der blaue Bus automatisch um. In Greetsiel erlebt die Seehundstation gleich das Karussellfieber quasi vor der Tür. Eis und Limonade stehen hoch im Kurs, auf den beiden nebeneinander liegenden Stellplätzen ist Nähe gefragt, ein hübscher Kutter dient als Verkehrsinsel, betreten verboten.
Wir dürfen an der Innenseite der Leybucht parken, weil wir eben jetzt kein Wohnmobil sind, sondern ein einfacher Pkw. Das kann sich jederzeit ändern, ich hätte den Bus nach einem Chamäleon nennen sollen. Die Zugbrücke würde selten bedient, obwohl sie tagsüber ständig besetzt ist, erzählt mir eine Nachbarin, als wir eine Durchfahrt fotografieren.
Sie lebt vom Tourismus, hat neben einen B & B einen kleinen Stellplatz, zwanzig Euro die Nacht. Ich hinterfrage nicht den Preis, in dieser Gegend ist es kaum möglich, umsonst zu stehen. Landvergnügen oder wie letzte Nacht zwölf Euro kann ich mir nicht immer leisten, aber es macht auch keinen Sinn, noch weiter ins Inland zu fahren.
Nordsee haben wir übrigens noch nicht gesehen, das will hier gut bezahlt werden. Und oft genug sind Hunde nicht erlaubt. Aber dafür stehen wir gemütlich im Sonnenschein an diesem See, genießen die Ruhe und die Wellen im Wind, das Wasser ist dunkel bis blau, entsprechend dem Himmel darüber.
Ab und an pausieren Radfahrer am Steg, wir machen einen Spaziergang und finden auf der anderen Straßenseite nur Grün und Deich, hinter der die eigentliche Bucht weit entfernt versteckt ist. Dazwischen der Fluß zur niedrigen Brücke, die den Verkehr stoppt.
Hilde genießt meine Oberschenkel für einen bequemen Sitz am offenen Fenster, der Wind fährt über ihre Nase, ihre Augen sind geschlossen. Ich würde meinen, dass es uns gut geht. Es kommt immer auf die Ansprüche an, die wir vor uns hertragen. Unsere sind wohl Gemeinschaft, Nähe und Sonnenschein. Daraus erwachsen gute Gefühle nach innen und außen.Read more

SchönwetterwandererIhr habt ja sagenhaft schönes Wetter da im Norden! Hier in Italien regnet es 😔
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- Day 113–114
- October 17, 2024 at 10:27 AM - October 18, 2024
- 1 night
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 6 m
GermanyHohenkirchen53°39’54” N 7°55’37” E
Wangerland

3.034 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 71 km/ Gesamt 368.085 km / Ø121,32 km)
Wohnmobilstellplatz
26434 Wangerland
Deutschland
Es ist mir wie immer ein Rätsel, dass sich Menschen dort ansammeln, wo auch viele andere sind. Die Nordseelandschaft bietet ja mehr als Hafengebiet und Dorfsightseeing an, da sind die langen Deiche und die sandigen Strände, und die Luft dürfte vermutlich dort auch besser sein, als an den riesigen Parkplätzen und den Ablegeufern der Schiffe. Aber genau da tobt der Bär.
Wir beginnen in Neßmersiel, und ich staune erstmal, wie nah die Insel Baltrum ist. Dann sehe ich im Grün der Landschaft ein helles Geviert von Gebäuden, Fahrzeugen und Schiffen, auf das jede Art von Fortbewegungsmittel zustrebt. Also Pärchen, Roller, Räder und natürlich Autos. Rechts und links biegen die Deiche mit Hundeverbot ab, die ignoriert die Menschheit komplett. Zäune schrecken halt ab.
Am Hafen ein Menschengewusel mit Hundeelend, die Fähre von Baltrum ist wohl gerade angekommen. Ein Fischerboot wird entladen, ich schau kurz zu, nachdem ich es geschafft habe, heil aus dem Fahrzeuggewirr mit Menschen rauszukommen.
Jeder drängt sich auf kleinem Fleck und kommt uns schnell nahe, sodass Hilde sie wegbellt. Aus einem Abstand heraus schauen wir nochmal zurück. Fassungslos. Wieso tun sich Menschen das an. Also nicht wie wir rein und raus oder wie die Inselreisenden gezwungenermaßen, sondern einfach als Sightseeing.
Du musst aufpassen überfahren zu werden, der Lärmpegel ist immens, und freie Sicht aufs Wasser kaum gegeben. Und, man mag es nicht glauben, hier brummt der Umsatz, denn jeder freie Platz muss bezahlt werden, und wenn ich schon mal den Weg hier rausgegangen bin, dann muss auch ein Fisch oder Kuchen wenigstens drin sein.
Hast du einen Hafen gesehen, kennst du alle. Das stimmt natürlich nicht, denn jeder hat was anderes zu bieten. In Dornumersiel kostet der Parkplatz für Wohnmobile 27 Euro für eine Nacht, der Sandstrand ist kaum besucht, aber die Strandkörbe aus Asphalt vor dem Eisladen sind gut frequentiert.
In Neuharlingersiel wird das Parkgelände elektronisch überwacht. Wenn du länger als 30 Minuten kostenlos parkst, zahlst du 40 Euro Strafe plusplusplus. Um den Hundestrand zu besuchen ist nicht nur eine Parkgebühr fällig, nein der Hund muss Eintritt bezahlen, der Besitzer natürlich auch.
Ich fahre hier zum dritten Mal entlang. 2016 oder 17 war kaum was im Winter los, die meisten Parkplätze und Hundestrände außerhalb der Zentren frei zu besuchen. Deichverbote gibt es wohl schon länger. Als Niedersachsen in der Coronazeit im Mai 2020 das Reisen erlaubt hat, war hier eine Menge los, und ich habe mir damals schon gesagt, dass ich nicht für Natur bezahlen werde.
Camping, Ferienwohnung, Kurtaxe, alles okay, aber das Meer, der Strand kann nicht zu einem Besitz gemacht werden, nur weil sich jemand daran bereichern will. Für Hilde ist es letztendlich egal, ob wir im Landesinneren einen Feldweg an den Rüben vorbei spazieren oder an einem See flanieren. Sie interessieren Gerüche, und wenn Strand, dann aber bitte ohne Leinenzwang.
Ich möchte auf keinen Fall negativ und wertend rüberkommen, sodass ich bitte, meinen Text eher als nachdenklichen Beitrag zu bewerten. Jeder Mensch ist frei nach seinem Gutdünken zu leben, sofern er nicht die Freiheit eines anderen Menschen begrenzt.
Für mich gehört auch dieser Küstenabschnitt zu meiner Rundreise, also versuche ich das Gesehene zu dokumentieren. Und wenn du die Bilder anschaust, findet sich auch durchaus Sehenswertes von diesem Tag, den wir am "Wangermeer", einem Badesee in Wangerland, auf einem kostengünstigen Stellplatz beschließen.
Im See liegen zwölf neugebaute Hausboote mit modernem Standard und einem eigenen Seezugang. Tausend Euro für eine Woche sind eine Menge Geld, aber die beiden jüngeren Frauen aus Kassel wollten mal so einen Urlaub ausprobieren. Den Sonnenaufgang haben sie zwar nur schräg von rechts, während die Sonne hinter den Booten untergeht, aber die Dachterrasse bietet einen Rundblick, auch über die Wohnmobile hinweg. Und Zugvogelflug gibt's gratis dazu.
Wir kommen schon vor 16 Uhr an, haben einen schönen Spaziergang und einen ruhigen Abend im Bus, liegen allerdings an der Schneise der morgendlichen Hundespaziergänger, was Hilde entsprechend kommentiert.
Die Himmel kommt heute nur zaghaft in den Tag hinein. Nach den Kondensstreifen zu urteilen, wird über uns reichlich geflogen, der Wind hält die Bäume bewegt, und im Westen graut es ein wenig. Wir werden den Tag langsam begrüßen und schauen, welche Überraschungen er für uns bereithält. Die Stimmung im blauen Bus ist auf jeden Fall gut.Read more

TravelerSo schön es sein mag, wir meiden die ganze Region mittlerweile konsequent. Mit dem Wohnmobil sowieso und wenn, stehen wir weit weg vom Wasser.

TravelerWir sehen es auch überhaupt nicht ein, für einen Strandzugang zu bezahlen. Das Meer, der Strand und die Natur „gehören“ schließlich allen bzw. niemandem! Die deutsche Ostseeküste meiden wir ebenfalls.
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- Day 114–115
- October 18, 2024 at 11:09 AM - October 19, 2024
- 1 night
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 8 m
GermanyHohenkirchen53°39’55” N 7°55’41” E
Hohenkirchen

3.035 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 100 km/ Gesamt 368.185 km / Ø121,31 km)
Wohnmobilstellplatz
26434 Hohenkirchen/Wangerland
Deutschland
Jeder Tag beginnt anders. Als ich aufwache, bin ich überrascht, fast fünf Stunden ununterbrochen geschlafen zu haben. Entsprechend gut gelaunt, sind wir schon früh unterwegs, während sich der Nebel erst langsam vom See erhebt. Das Gras ist triefend nass und die Nachbarn schlafen noch. Mit Ausnahme der Mücken, die uns umschwirren, allerdings noch ein wenig träge wirken.
Die Sonne zeigt ihre erste Rötung am Himmel, während der Mond überm Schilf sich langsam schlafen legt. Wir sind noch einmal nach Hochkirchen zurückgefahren für die Nacht, weil sich keine bessere Möglichkeit für die Übernachtung ergeben hat. Dieses Mal stehen wir am anderen Ende des Platzes im Schutz eines schrägen Hanges, über dem in der Nacht der Mond auf uns scheint.
Die letzten Nordseehäfen liegen vor uns, irgendwo in der Gegend habe ich vor zwanzig Jahren Urlaub mit meinen Kindern gemacht, vor 8 Jahren am freien Hundestrand mit kostenlosem Parkplatz ein junges Paar getroffen, dass das Glück gesucht haben. Heute, und das überrascht mich sehr, deckt sich keine meiner Erinnerungen mit der Realität. Wir fahren durch gänzlich fremdes Land.
Und es ist nicht so, dass ich ein schwaches Gedächtnis habe, eigentlich finde ich schöne alte Plätze wenigstens ansatzweise wieder. Aber heute zwischen Horumersiel und Hooksiel ist mir nichts bekannt. Weder die katholische Walkirche, noch der Stellplatz am Meer, oder den gelben Leuchtturm hinterm Strand.
Vom Hafen in Hooksiel führt eine kleine Straße hinterm und in Gegenrichtung über den Deich durch eine landschaftliche Oase von Grün, Ruhe, Schafen und Meer. Selbst die Radfahrer in bunter Regenbekleidung unten am Wasser passen sich der Atmosphäre an.
Hilde ist neugierig ob der bewegten Bilder vor ihren Augen, bei den langsamen Schafmovings braucht sie längere Zeit, bis sie den richtigen Zusammenhang versteht, und bellend ihre Begeisterung ausdrückt.
Wilhelmshaven liegt vor uns, aber zuvor zieht mich das Wort 'Jade Weser Port' an, ohne dass mir bewusst ist, dass wir uns hier dem einzigen Tiefseehafen in Deutschland nähern. Dass das Industrie im großen Ausmaß, inklusive Umweltverschmutzung, ausmacht, wissen auch die Schafe nicht, die die dampfenden Schlote umgrasen, was dem Ganzen einen milden Touch zu geben scheint.
Aber die Worte sprechen klare Sprache. Wilhelmshaven Tank Terminal, Ölraffinerie, PVC Product Center, Nordfrost. Ist hier nicht auch das vielgerühmte Gasterminal.
"JadeWeserPort wird strategisches Drehkreuz für den weltweit größten Hafen in China
Deutschlands einziger Tiefwasserhafen"
https://www.jadeweserport.de/
Und noch eine Besonderheit historischer Geschichte findet sich unweit des Hafens im Stadtteil Voslapp, wie Wikipedia erzählt. "Voslapp ist ein Stadtteil der niedersächsischen Stadt Wilhelmshaven. Als musterhafte NS-Wohnstadt für Arbeiter der Kriegsmarinewerft wurde sie ab 1938 von der eigens gegründeten Wohnungsbaugesellschaft JADE auf eingedeichtem Land am Westufer des Jadebusens gebaut."
Wir sind auf dem Weg zu einer besonderen Gedenkstätte, die gleich hinter dem Ölhafen zu finden ist.
"Die Stadt Wilhelmshaven präsentiert mit der Erinnerungsstätte "Seefrieden" einen Ort, Seebestatteten zu gedenken. Diese an der Nordsee einmalige Anlage mit Blick auf das Meer ist eine Stelle der Ruhe, der Begegnung und Erinnerung. In die Namensschilder aus Edelstahl sind der Name des Bestatteten mit den Geburts- und Sterbedaten sowie die Koordinaten der Seebestattung eingraviert. Vor Ort ist eine Seekarte zur Bestimmung der Beisetzungsstätte vorhanden."
https://www.tbw-whv.de/technische-betriebe/stad…
Da machen sich die Schafe auch wieder ganz gut und beruhigend, denn der Blick von der Stätte aus übers Wasser umfasst nicht nur den Jadebusen, sondern auch die Ladeterminals des riesigen Hafens. Hier fließt die Weser ins Meer, am anderen Ufer ist das Budjadinger Land mit dem bekannten Ort Tossens am Wasser, zu dem er seine Gäste an den gleichen Strand lockt, auf dessen anderer Seite der Tiefseehafen liegt. Luftlinie höchstens zehn Kilometer. Aber ich habe schon Menschen viel näher an Industrieanlagen baden gesehen.
An einem Stück des Innenhafens von Wilhelmshaven fahren wir noch vorbei, bevor wir ins Landesinnere abbiegen. Helgolandkai bleibt mir in Erinnerung, da wollen wir am nächsten Tag starten. Stimmt, da gibt es ja auch noch eine Insel, die weiter draußen im Meer liegen soll. Sie wird mir persönlich wohl für immer verborgen bleiben.
Was auch nicht schlimm ist, werde ich doch so vieles in der Welt nie gesehen haben. Stattdessen ist mir so vieles begegnet, was anderen Menschen verborgen bleibt. So trägt jeder Mensch besondere Erfahrungen nur in sich, die sich anderen nicht erschließen werden. Wir haben immer nur Schnittmengen miteinander, deren Flächen größer oder kleiner sein mögen. Das macht unser Leben so spannend. Und lässt uns Raum, um voneinander zu lernen, uns gegenseitig zu stärken.
Mittlerweile ist der Vormittag weiter gewachsen, wir teilen uns ein Stück Ziegenkäse, die Sonne hat ein paar Wolken um sich geschart. Ich habe ein schönes Konzert von Ry Cooder aus dem Jahr 1987 gehört, Hilde hat geschlafen, wir sind zufrieden mit unserem kleinen Leben, das uns nicht alles gibt, aber vieles schenkt.Read more
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- Day 115–116
- October 19, 2024 at 12:55 PM - October 20, 2024
- 1 night
- ☁️ 16 °C
- Altitude: 11 m
GermanySüderschweiburg53°23’29” N 8°15’59” E
Schweiburg

3.036 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 83 km/ Gesamt 368.268 km / Ø121,30 km)
Wohnmobilstellplatz
26349 Schweiburg
Deutschland
Es regnet. Und dabei hatte ich gestern so einen großartigen Tag. Mit strahlendem Sonnenschein und Temperaturen bis 21°C. Aber dann hat sich abends eine Mücke mit eingeschleust, die allen Angriffen widerstand, mich dafür aber die ganze Nacht gepeinigt hat, sodass ich zeitweise mit Hilde komplett unterm Bettzeug verschwunden bin.
Zusammengekrümmt bedankt sich der Rücken mit einem freundlichen Ziehen, das auf die Brust drückt und mir den Atem erschwert. Keine gute Stimmung für jemand, dessen Herz manchmal Probleme macht, und gerade mit wenig Schlaf und denkbar schlechter Laune, wird aus der Mücke schnell ein Elefant, den ich noch gerade so aus der Türe rausschieben konnte.
Hilde wollte dann auch gleich mit, weil ich abends zu träge war für einen notwendigen, kleinen Abendspaziergang. Fünfundsiebzig Minuten nach Mitternacht hätte mich ein unschuldiger Schlafwandler für ein Gespenst halten können, wie ich so in Unterwäsche über die Wiese stapfe. Kaum sind wir im Bus zurück, weint der Himmel.
Na dann, gute Nacht. Wenn die Mücke nicht gewesen wäre, die seit heute Morgen verschwunden ist. Vermutlich im Tiefblutschlaf, erholt sie sich für die nächste Attacke. Wir schlafen auch lang in den Tag hinein. Immer noch regnet es, was man angesichts des Vortages kaum glauben mag.
Wilhelmshaven hat eine vorgelagerte Halbinsel, auf der man vom Marinestützpunkt bis zum Freibad Klein Wangerooge fahren kann. Dabei sind diese schönen Bilder am blauen Wasser entstanden. Über Cäciliengroden fahren wir parallel zum Deich bis Petersgroden, und finden nach einem Spaziergang am Windrad den kleinen, schwarzen Adalia bipunctata am blauen Bus.
Nach Dangast hinein zieht sich eine Verkehrslawine, jeder Parkplatz wird zu einem Geldsäckl, die Münzen und Scheine sammeln sich im Minutentakt. Ob das jetzt nur der Wochenendbär ist oder sich dahinter eine besondere Veranstaltung verbirgt, kann ich nicht rausfinden, sodass ich lediglich ein paar schöne Häuser mitbringe.
Also weiter am Deich entlang zum Vareler Hafen, der sich ebenfalls fürs Wochenende rüstet. Vorbei an Pferden, Kühen und Raubvögeln, riesigen Schwärmen an Seeschwalben, und einsamen Bauern auf Treckern im Feld, kommen wir zum Hafen.
Varel zieht sich ewig lang. Vom Ort, der sich aufs Land zurückgezogen hat, fährst du zum Liegehafen, an dem sich Generationen von Häusern, Kränen, Kunstwerken, Booten und Lokalen niedergelassen haben, bei denen es nicht sicher ist, ob der Zahn der Zeit schon ganze Arbeit geleistet hat.
Du kannst bis zum Bistro kurz vor der Schleuse fahren, dann ist der Jadebusen aber immer noch 500 Meter weit entfernt. Macht jetzt auch nichts, ich habe ihn ja schon aus der Ferne betrachtet. Und im Verhältnis zu manchen anderen Busen wirkt er mit seiner Tiefe von 18 Metern ja ziemlich flach auf seine Gesamtfläche von 190 km².
Ich lese von einem kostenlosen Stellplatz und stelle fest, dass wir hier zu einem früheren Zeitpunkt schon mal auf einem Weg den Deich hinauf, den Busen sehen konnten, da war ich aber gangtechnisch noch besser unterwegs. Und auch an dem Stellplatz bin ich schon gewesen, der in Front einer Siedlung mit Einfamilienhäusern liegt. Nur damals waren hier Baufahrzeuge abgestellt, sodass ich es seltsam fand, uns dazwischen zu platzieren.
Heute ist der Zweck eindeutig, die Katze gegenüber ist entsprechend neugierig, was Hilde überhaupt nicht leiden kann. Aber mit der verschlossenen Windschutzscheibe ist das Thema auch durch. Die Frage nach so einem "nahen" Stellplatz lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass zumindest der Bäcker vor Ort von den wechselnden Kunden profitiert. Es gäbe sonst noch eine Schneiderei, zwei Landmaschinenverkäufer, einen Edeka, sowie eine Info-Beihilfe mit einer Rezension, die allerdings schon zwei Jahre alt ist, und von Nutzlosigkeit spricht. Dem gegenüber sagt ein Localer Guide ihr Professionalität und Wert nach.
Wir brauchen weder Informationen noch Beihilfe, der blaue Bus fährt grade gut, und irgendwas nähen lassen, ist auch nicht sinnvoll. Ich trage meine Bekleidung, solange es geht, aber wenn kaputt, dann weg. Und Gelenke kann man halt nicht so einfach nähen.
Gegen Mittag, gerade als die Geschichte fertig ist, hört es auf zu regnen. Windstill und Grau bleibt der Tag erstmal, zum Reisen genauso gut geeignet wie Sonnenschein.Read more
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- Day 116–117
- October 20, 2024 at 10:43 AM - October 21, 2024
- 1 night
- ☁️ 13 °C
- Altitude: 9 m
GermanySüderschweiburg53°22’39” N 8°15’50” E
Jadebusen

3.037 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 66 km/ Gesamt 368.336 km / Ø121,28 km)
Wohnmobilstellplatz
26349 Schweiburg
Deutschland
Es gibt Morgende, da wache ich auf wie aus einer anderen Welt. Routinemäßig koche ich Wasser für den Tee, zünde eine Kerze an, ziehe eine Jacke drüber, habe einen trockenen Hals, und trage einen unvollendet Traum in meinem Kopf.
Bilder nicht aus diesem Leben, aber so real, als wäre ich in einem jüngeren Alter, zwischen fremdbekannten Menschen, in einer vielleicht möglicherweise bekannten Zeit unterwegs gewesen.
Ich habe noch Gesprächsfetzen im Ohr, und sehe wie Puzzleteile eine Lebenssituation, die sich langsam von mir entfernt. Neben mir die Hundeschnauze, der Tee ist heiß, mein Buszuhause nimmt um mich herum den richtigen Raum wieder ein. Es ist ein neuer Morgen. Ich lebe. Wir leben.
Hilde klettert auf die Bettdecke, ich habe immer noch Rückenschmerzen, die auf die Brust drücken, aber die Luft fühlt sich nicht so kalt an, dass ich mit nackten Beinen friere. Der gestrige Abend kommt wieder in den Sinn, das lange Gespräch mit einem Freund, der angerufen hat, was auch schon immer wie ein Besuch aus einem anderen Raum wirkt, weil ich sonst mit wenigen Menschen spreche, schon gar nicht jemand anrufe.
Und jetzt am zweiten Abend hintereinander melden sich Freunde, und später klopft es an die Tür. Da besucht uns zu später Abendstunde der Peter aus Wilhelmshaven, der unsere Reisen begleitet. Er erholt sich am Wochenende von der anstrengenden Arbeit, indem er mit dem Camper und seinem Hund spazieren fährt.
Eigentlich sind wir schon auf dem Weg ins Bett gewesen, sodass mir die Energie fürs Teekochen und Einladen fehlt. Aber er sei auch nur auf der Durchreise, und wollte die Gelegenheit nutzen, weil er mich in der Stadt verpasst habe. Aber melde dich einfach das nächste Mal.
Er gibt mir noch Tipps für die nächste Übernachtung auf meiner Route, denn die Preise in den Nordseebädern von Butjadingen sind hoch. Und Tossens kannst du echt vergessen, da gibt es nur den Markant und die blauen Straßenlaternen. Stimmt, da war ich Einkaufen gewesen, weil es mir so langsam an allem fehlt.
Peter verabschiedet sich, ich schließe die Tür vom Bus, gehe ich Gedanken meine Abendroutine durch, ob ich alles Wichtige erledigt habe, und lösche das Licht. Für einen Moment denke ich noch an Mücken, ob die vielleicht reingekommen sind, aber ich bin zu erschöpft, um nachzuschauen. Außerdem ist die Abendluft ziemlich kalt gewesen.
Mein Sohn hat sich nochmal gemeldet, erstaunt dass ich um halb zehn online bin, wo ein doch sonst um acht Uhr abends schon schlafen gehen. Anrufe, Gespräche, Begegnungen muss ich verarbeiten können, sonst begegnen sie mir in den Träumen. Aber gestern Abend habe ich das vergessen, sodass ich am frühen Morgen aus einer anderen Welt zu kommen scheine.
Erst Sonne und blauer Himmel, dann Regen, Nebel über Land und Meer, statt Wärme nasse Kühle, denn richtig kalt ist es nicht geworden. Wir fahren am frühen Nachmittag weiter. Bäderstrasse, unterhalb vom Deich, auf dem nasse Schafe weiden. Salzwiesenerlebnispfad, Wattwanderung, Vogelbeobachtungshütte, Schwimmendes Moor. Alles hinter einer dunstigen Wand verschwunden.
Links Weidezäune, rechts Wiesen mit Kühen, Abzweigungen ins Landesinnere, geduckte Häuser unterhalb der Straße. Eckwarden, der erste Ort, den wir durchfahren bis runter zum Hafen, in dem ein Boot liegt, das ewig lang nicht mehr unterwegs war.
Eckwarderhörne, ein Knaus Campingplatz hinterm Deich, eine eingezäunte Hundewiese, auf der sich grade nur die Pfützen tummeln. Überall Hundeverbot, selbst auf den Wegen unterhalb vom Deich. Das Oberfeuer Preußeneck mit einem Denkmalsbild eines alten deutschen Kaisers, so vermute ich, das so nah am Wasser steht, dass es in ein bodenloses, weißes Nichts zu fallen scheint.
Hier gibt es ein Restaurant, griechisch-italienische Küche meine ich mich erinnern zu können, was bestimmt falsch ist. Aber wenn du wirklich wissen willst, was da los ist, da gibt es eine begeisterte Rezension auf Google Maps, eine richtige Liebhaberin des Platzes.
Mir ist das Wetter einfach zu grauselig, um da länger zu verweilen und alles im Detail zu erforschen. Aber angesichts der mangelnden Möglichkeiten, mit Hilde abseits der Straßen spazieren zu gehen, bleibt mir der Charme des Ortes vollkommen verborgen.
Allerdings ist auf der kleinen Landstraße nach Tossens auch kein Seitenweg zum Halten und Spazierengehen, zumal jede denkbar kleine Möglichkeit sich als lehmmatschige Wiesenpfütze öffnet. Am Ende parken wir vorm Reit- und Fahrverein, um uns dort die sechs Füße zu vertreten.
Einkauf und auf der Rückfahrt nach Schweiburg nasche ich den köstlichen Kuchen des örtlichen Bäckers, ein Traum in rosaweißschaumigsüss und ein zweites Stück mit gezuckerten Äpfeln. Das ist gleichzeitig mein Abendessen, denn in Schweiburg machen wir noch einen nassen Spaziergang und bekommen dann obige Besuche.
Vor dem schlierignassen Seitenfenster leuchten noch die Straßenlaternen, während dahinter ein klarer Morgen erwacht. Frische, kalte Luft, ich muss mich jetzt wohl mal anziehen, denn Hilde will bestimmt bald raus. Es ist noch nicht mal halb acht. Da schlafen noch viele Menschen am Sonntagmorgen.
Und damit meine Bilder nicht komplett im Grau versinken, gibt es noch die Aufnahmen vom heutigen Morgen, der in unglaublichen Farben erstrahlt.Read more
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- Day 117–118
- October 21, 2024 at 9:37 AM - October 22, 2024
- 1 night
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 10 m
GermanyRastede53°14’45” N 8°10’57” E
Rastete

3.038 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 133 km/ Gesamt 368.469 km / Ø121,28 km)
Landvergnügenhof
26180 Rastete
Deutschland
Sonnenaufgang um kurz nach acht, lese ich, es ist noch ganz dunkel, wenn ich den Vorhang hochschiebe. Aber das stimmt natürlich nicht, weil der Morgen graut. In den Bauernhäusern hinter der Weide brennt Licht, das ebenfalls durch die Nacht von der nahen Autobahn hergeistert.
Ich ertappe mich, wie ich in einer verseuchten Welt Gemüse stehle, um Menschen zu helfen, die abseits leben müssen. Und fahre dann doch zurück, um den Schaden zu begleichen, weil ich mich schäme. Als ich aufwache, sind Rücken und Brust verspannt. Hilde liegt hechelnd neben mir, als ich sie streichele, beruhigt sie sich und schläft wieder ein. Auch Hunde träumen schlecht.
Vielleicht sind es die Vollmondnächte, die uns im Schlaf besuchen. Vielleicht die vielen Eindrücke, die Stille um uns herum, die eine Spannung, eine Anspannung verursacht, das nahe Meer.
Ich spüre schon lange, dass ich nicht dauerhaft am Meer sein kein, der fliehende Himmel, der verschwindende Horizont, die unendliche Wasserfläche.
Ich brauche einen regelmäßigen Wechsel der Landschaftsformen, als würden meine Sinne eine Lebensform nicht aushalten.
Der Wechsel von Witterung dagegen beeindruckt mich sehr. Regen, Nebel, Sonnenschein, Sturm, in der nächsten Nacht regnet es wieder. Es sei ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Immer scheint etwas Unerwartetes zu passieren, dass eine stabile Wetterlage nicht möglich macht. Und uns so mit sich reißt. Nie bist du vernünftig angezogen, entweder fröstelt es mich, oder mir perlt der Schweiß über den Nacken.
Hilde beginnt läufig zu werden. Einen Monat zu früh, was auch an den jahreszeitlichen Verstimmungen liegen kann. Seit wir den Vorhang am Heck dauernd geschlossen halten, fühlt sie sich dort viel ungestörter. Sie legt sich öfter schon unterwegs in ihre hinterste Ecke. Unser Höhlenverhalten, das mir auch nicht fremd ist.
Schon seit meiner Kindheit habe ich dunkle Räume aufgesucht, in denen ich mich wohl gefühlt habe. So ist meine Einsamkeit mir durchaus ein guter Ort. Abends, eine kleine Kerze, Stille. Nachdenken.
Tagsüber sind wir im goldenen Herbst unterwegs. Der kurze Wetterumschwung verändert auch die Natur. Vor wenigen Tagen noch viel Grünes, jetzt wird das Laub gelb und flattert lustig im leichten Wind. Alleen werden zu Phantasiewegen, auf denen Kutschen mit Pferden fernen Zielen zustreben, leichtes Glockengeläut verliert sich im Wind.
Wir fahren im Land hoch nach Butjadingen, die Straßen ähneln unebenen Feldwegen mit Wurzeln, immer wieder bricht eine Asphaltplatte nach rechts weg, als habe ein Blinder den Straßenbau betrieben. Vermutlich mögen die Ansässigen die Situation nicht ändern, weil die Höchstgeschwindigkeit dem eines Fuhrwerks ähnelt.
Mir kommt die Situation zurecht. So kann ich schauen und genießen, denn außer uns fährt hier niemand. Oberhalb von Tossens kommen wir nach Ruhwarden. Langwarden. Biegen ab zum Deichweg. Fedderwardersiel, Burhave.
Der Aussichtspunkt oberhalb vom Flugplatz. Die Skyline von Bremerhaven im Licht über dem Rücken der Schafe. Blexen. Die Kirche am Ende des Deichweges. Dann über die Fährstrasse zur Weser. Das bekannte Restaurant "Weserschlößchen" an der Fähre.
Schlafplatzsuche. Am Ende fahren wir ins Landesinnere zu diesem Hof. Einkauf im Hofladen, unser Abendspaziergang, dann kommt die Nacht. Und der neue Morgen. Und was für ein unglaubliches Geschenk platzt da aus dem Himmel heraus. Seh es selber!Read more
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- Day 118–119
- October 22, 2024 at 6:51 AM - October 23, 2024
- 1 night
- ☁️ 10 °C
- Altitude: 8 m
GermanySievern53°38’52” N 8°35’59” E
Sievern

3.039 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 94 km/ Gesamt 368.563 km / Ø121,27 km)
Landvergnügenhof
27607 Sievern/Geestland
Deutschland
Eine meiner ersten Handlungen am Morgen dient dem Anziehen der Stützstrümpfe, wenn ich sie denn mal am Abend überhaupt ausgezogen habe. Und weil dies eine so konzentrierte, mühsame Aufgabe, vorgebeugt über den Bauch nach unten in den Fussraum hinterm Beifahrersitz, ist, vermeide ich das möglichst oft.
Socken anziehen ist ähnlich mühsam, aber sie sind locker und nur kurz, reißen nicht so schnell, und gehören zu den letzten Kleidungsstücken vorm Rausgehen. Stützstrümpfe machen mir klar, wie ungelenk ich bin, dass der Bauch dick geworden ist, mir der Rücken schmerzt und auf die Brust über die Bänder drückt. Sie spiegeln mir mein Alter vor, meine körperliche Unbeweglichkeit, die mögliche Endlichkeit solcher Tätigkeiten.
Auch den Wunsch mir doch dabei helfen zu lassen, ein Stück mehr meiner Selbstständigkeit, die Voraussetzung des Lebens im blauen Bus ist, aufzugeben. Also ziehe ich sie nur alle drei, vier Tage über Nacht aus, und weiß, vor über einem Jahr habe ich mir darüber viel weniger Gedanken gemacht.
Zeitgleich steckt in dem Wissen eine Herausforderung, nicht aufzugeben, etwas dagegen zu setzen, mich nicht den Gegebenheiten hinzugeben. Eine Niederlage, so weiß ich es aus meiner sportlichen Vergangenheit, ist nicht problematisch, wenn du bis zum Ende dich gewehrt hast, das Beste deiner Fähigkeiten geben konntest.
Wenn der Morgen so startet, kann der Tag nur gut werden. Sobald wir den ersten Spaziergang machen, verabschieden sich die Rückenschmerzen, und wenn ich mir vorher ein bisschen Wärme gönne, wird es auch im Bus angenehmer. Tatsächlich sind wir gestern abend in Wremen über eine Stunde auf den Wiesen vorm Meer spazieren gegangen.
Und weil das vom Schlafplatz nur 12 km entfernt ist, versuchen wir das zu wiederholen. Hier auf dem Hof mitten im Ort ist Spazierengehen leider deutlich eingeschränkt, aber früh am Morgen lässt sich Hilde auch darauf ein, weil Rückkehr Frühstück bedeutet, und hungrig ist sie eigentlich ständig.
Erst mittags sind wir gestern aufgebrochen, mit der Fähre in Brake die Weser überquert, und dann langsam nordwärts flussabwärts gereist durch Dörfer bunter, schöner Häuser, teilweise in hübscher, herbstlichroter Bemalung.
Bremerhaven on the coastside - siehe mein Reel auf FB und Instagram - müsste man eigentlich mit dem Rad machen, und so entdecke ich dann auch einen 'Man in Black' von der Weserfähre kommen. Rad, Taschen, Kleidung, alles in Schwarz. Ein bisschen wie ein Trauerzug mit zwei Rädern, wirkt er unnahbar und fremd. Vermutlich ist es der lustigste Mensch, der mir seit langem begegnet ist, aber leider haben wir nicht die Gelegenheit, dies herauszufinden.
Weder am Ochsenturm, den Überresten einer Kirche auf einem kleinen Friedhof nahe am Meer, noch in Wremen begegnet er uns wieder. Dafür spricht uns ein Mann in Blau an, der im Ort einen buddhistischen Retreat macht. Er begleitet unsere Reisen seit sechs Jahren und ist begeistert, uns hier zu begegnen. Da er uns nur über YouTube verfolgen kann, freut es ihn, dass es mir gerade gelungen ist, ein neues Video zu erstellen, bei dem ich auch einen Text vorlese.
Vielleicht interessierst du dich ja auch, was sich so 'hinter den Kulissen' abspielt, zumindest hast du dabei die Möglichkeit, Hilde beim Schlafen zuzuschauen.
https://youtu.be/p6QjfvRXH-E?si=4BlqW3n41y7OXXMzRead more
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- Day 119–120
- October 23, 2024 at 10:49 AM - October 24, 2024
- 1 night
- ☁️ 10 °C
- Altitude: 10 m
GermanyEmmelke53°44’40” N 8°55’3” E
Ihlienworth

3.040 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 99 km/ Gesamt 368.662 km / Ø121,27 km)
Wohnmobilstellplatz
21775 Ihlienworth
Deutschland
Meine Welt besteht aus Steinen, Erde, Blättern verteilt auf einem dunklen, schrägen, zum Fluß hin abfallenden Platz. Umrundet von herbstlichen Bäumen, die stumm ihre Äste und Kronen dem Grau des Morgens zustrecken.
Begrenzt vom farblosen Braun eines Zauns, der vermutlich Generationen von Campern gesehen hat, ohne selbst erkannt zu werden. Dahinter eine Reihe überragender Bäume, ein Fluss, ein Haus. Jemand, der ein Stück Fluß zu besitzen glaubt, und doch nur fließendes Wasser durch die Tränen seines Abschieds begleitet.
Des Menschen merkwürdigen Glücks, alles besitzen zu wollen, aber nichts behalten zu können. Aus dem schmalen Bettfenster eines Globecar hängt ein Arm mit Zigarette und ein Kopf mit einem Mund, die sich zeitweise verbinden und Rauch in Wolken ausstoßen.
Sucht kennt keine Grenzen. Fenster zu. Wieder eingeschlossen. Mit dem Rauch am Körper, dem Mund und der Hand, die Haare aus der Stirn kämmt, Zeitung und Bettdecke hält.
Der Himmel grau, die Nebel senken sich ins Tal. Wir begreifen unser Leben oft erst im Rückblick, im Nachsehen. Nachlesen. Nachdenken. Nachtrauern. Nachtragen.
Gestern abend kommt Edmond zu Besuch mit seinem Camper. Zwei alte Männer, die schnell über Vergangenes zu reden beginnen, weil das Gegenwärtige sich bald als endlich darstellt, das Zukünftige aber eben noch nicht geboren ist.
Irgendwann hast du alles gesehen und dann wiederholt es sich. Sagen die, die nicht glauben, dass jeder neue Tag ein neues Glück in den Falten seiner Träume trägt. Ich bin wie Hilde, die das Vertraute mit sich nimmt und dem Neuen offen entgegentreten will. Jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend, jede Nacht.
Das ist lebensbejahende Neugier, die es in uns zu erhalten gilt. Faszination über einige Pilze, die in der Mitte eines Baumschnitts wachsen. Eine Handvoll Wildgänse hoch am blauen Himmel, die Farben des Herbst, die bunten Kutter in kleinen Häfen, Kühe im fernen Gras über sonnenleuchtendem Wasser im Graben.
Die Weite und die Nähe, das Ferne und die Blume zu meinen Füßen, deren Blätter sich an den grauen Bordstein anlehnen unter der Last der Tautropfen. In einem Garten sammelt eine scheue Frau gefallene Äpfel in einen Korb, während ihr das Kopftuch von den Haaren zu rutschen droht.
Im Gras ein Zelt, ein Trampolin, die Rollläden im Haus sind runtergezogen, nur hinter einem Fenster brennt Licht. Da wo das Kanu auf dem Kopf steht, als sei jemand gerade angekommen. Vom Fluß aufs Land, aus dem Meer auf eine Insel. Ich erahne den Sonnenschein, eine orangene Kinderrutsche zwischen den Bäumen.
Hilde wartet, ich trinke Tee.Read more
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- Day 120–121
- October 24, 2024 at 10:12 AM - October 25, 2024
- 1 night
- ⛅ 8 °C
- Altitude: 7 m
GermanyWischhafener Süderelbe53°47’11” N 9°20’28” E
Wischhafen-Fähre

3.041 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 83 km/ Gesamt 368.743 km / Ø121,25 km)
Wohnmobilstellplatz
21737 Wischhafen-Fähre
Deutschland
Weil ich Edmond versprochen habe, dass er mein aktuelles Lesebuch abends bekommen kann, verschwinde ich am Vormittag in der Welt des Tim Severin, und komme erst weit über Mittag wieder raus. Die Sonne scheint mittlerweile ziemlich warm und eine junge Frau steht mit ihrem Camper uns gegenüber, strickt Socken in einer bunten, grünen Farbe, während sie vor sich hinträumt.
Sie streichelt Hilde, und wir reden miteinander. Der Bus ist gepackt und wir fahren los, sie blickt nicht von ihrer Arbeit auf. Über Wanna fahren wir nach Otterndorf, wo heute viel los ist. Eine gelbleuchtende Bimmelbahn kommt mir entgegen, der Ort wirkt wie Kirmes mit Buden von Eis, Fisch und Waffeln.
Außerhalb von Neustadt ist zwar das Natureum geöffnet, aber die Zugbrücke nicht, sodass wir zurück zum Ort durch grünes Gras und blaues Wasser fahren. Gerne würden wir mal eine Spaziergangspause einlegen, aber die Seitenwege sind entweder matschig oder privat.
Balje lächelt uns an. Hier fahren wir solange über Feldwege, bis wir hinterm vordersten Deich die Elbe sehen. Hinterm zweiten Deich ist eine befahrbare Straße bis Krummhörn mit Schafen und schönen Häusern, Spaziergängerin und spielenden Kindern.
Und dann sehen wir den ultimativen Seitenweg. Lehmsteine zum Parken, hohes Gras mit einer Radspur fürs Gehen, rechts und links Felder, kein Haus in Sicht. Lass uns zehn Meter glücklich sein, dann springt der Hase auf, die Leine saust mir durch die Hand, im letzten Moment kann ich zupacken.
Der langbeinige Hase ist auch für Hilde's Nase noch zu sehen, als er längst aus ihrem Blickfeld verschwunden ist. Sie ist so in Rage, dass ich mit voller Kraft und dem Stock mich entgegen lehnen muss, den Tränen nahe, weil ich mein Knie verdreht habe, und mich so alt und kraftlos fühle.
Statt einem entspannten Gang bin ich ziemlich erschöpft zurück am Bus mit einem hechelnden Hund, der immer noch die Stelle anstarrt, wo der Hase verschwunden ist. Wir fahren nach Wischhafen, der Platz unweit der Fähre liegt im Sonnenschein, spazieren langsam die flachen Wege zwischen Parkplatz und Wasser entlang, bis Hilde ausreichend sich bewegt hat.
Kerze und Lichterkette, ein bisschen Musik und Bilder anschauen. Abendessen, Bettbauen, Nachdenken. Später kommt Eddi auf einen Schwatz vorbei, nimmt das Buch mit, und ich schaue in die dunkle Nacht, während Hilde in ihrer Höhle schläft.
Aufgrund des Besuchs habe ich den Sitz zur Nacht umgedreht, und stelle fest, wie angenehm sich der größere Platz auf meine Seele auswirkt. Ich vermeide zwar gerne das Umbauen, glaube aber, dass es hier gut sein wird.
Die Nacht ist kalt, am Morgen zieht Nebel auf, durch den wabbernden Vorhang läuft der Verkehr zur Fähre und ins Land. Da sich kaum Schlangen bilden, werden wir hier warten, bis der Tag aufgehellt ist, und wir übers Wasser schauen können.
Ich habe ein neues Lesebuch auch der Kiste geholt mit dem Titel "Der letzte Albatros - Vom Verschwinden der Arten", das sich gut anliest, sodass ich schauen muss, ob sein Inhalt Mut machend oder niederschlagend wirkt.
Erstmal Tee trinken, während Hilde noch schläft.Read more

Jan CuxEin schöner Text, den Du geschrieben hast. Du schriebst von Hilde und ihrem Jagdfiberausbruch, der Dir alle Kräfte abnötigte. Der Titel Deines nächsten Buches paßt hervorragent zu Deinem Erlebten. Ja, wir auch, sind eine aussterbene Rasse als Weltenbummler.
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- Day 121–122
- October 25, 2024 at 11:53 AM - October 26, 2024
- 1 night
- ☀️ 13 °C
- Altitude: 8 m
GermanyNeuleganloch54°0’7” N 8°55’59” E
Friedrichskoog

3.042 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 103 km/ Gesamt 368.846 km / Ø121,25
Landvergnügenhof
25718 Friedrichskoog
Deutschland
Der erste Streifen rosa am Horizont und der Bauer erntet schon den Kohl auf dem Feld. Es ist der Nachbar von Gegenüber, dem unser Übernachtungsbauer gerade hilft. Im Sommer hat er die Ernte mit ihm eingebracht. Man hilft sich halt gegenseitig, wenn es eng wird.
Landschaftlich gesehen zählt das schon zu Friedrichskoog, obwohl das Ortsanfangsschild noch etliche hundert Meter weiter steht. Hinterm Deich haben wir gestern abend den letzten Spaziergang gemacht, während sich die Sonne auf der Krone kurz ausgeruht hat.
Als der Nebel sich am Morgen über Wischhafen lichtet, biegen wir in die Schlange an der Fähre ein, werden nach vorne gewunken, und sind eins der letzten Fahrzeuge auf dem Schiff, das wir als Zweiter verlassen. Ich liebe diese Kombination.
Die erste Straße nehmen wir nach links und bleiben nahe dem Wasser hinterm Deich, vor dem nur Wiesen und einzelne schöne, kleine Gehöfte im bunten Herbstkleid stehen. In Borsfleth biegen wir an der Kirche links ab, und verlassen unmerklich den Deich, weil die Straße sich landeinwärts bewegt, begrenzt vom Fluß Stör.
Sie endet an der Kreuzung Borsflether Wisch, wo wir links in Richtung Beidenfleth abbiegen, um dort mit der Fähre die Stör zu überqueren. Zurück über Wewelsfleth kommen wir ans Störwerk, nur wenige Kilometer von der ersten Fähre entfernt. Während wir eine schöne Rundreise gemacht haben, die zeitweise ganz eng geworden ist.
Die Stör ist blau, der Tag also sonnig und in gewisser Weise auch ein wenig warm. Nach Hollerwettern biegen wir von der schnelllebigen Hauptstraße ab, um sozusagen von unten uns Brokdorf zu nähern. Und natürlich mit dem Kernkraftwerk im Blick, das das Land um sich herum heute nicht mehr sonderlich interessiert.
Es wird gebaut, der Boden beackert, die Kühe grasen auf den Wiesen, die Menschen trinken die Milch, essen das Fleisch und das Gemüse. Sie würden mir sagen, dass alles safe ist, was ich einfach nicht glauben mag. Aber mich fragt ja keiner. Wenn wir lange genug eine Situation akzeptieren können, dann verliert sie ihre Gefahr, ihren Schrecken.
Vielleicht ist ja wirklich alles safe, das kann ich nicht mal beurteilen. Es gibt nur den alten Zweifel in mir, der sich festgesetzt hat. Und ja, wir können nichts ändern, müssen wir trotzdem alles hinnehmen. Gerade geht die Sonne auf. Ein runder, rotorangener Ball über den Feldern zwischen den Windrädern. Die Raben flattern unruhig, einer schießt auf den Bus zu, als wolle er mich wecken, um dann der Sonne zuzufliegen, die immer noch mich anstarrt, der ich zurückschaue.
Sie wirkt so fremd dort am Himmel, als habe sie kurzzeitig ihr Gedächtnis verloren. Muss ich nicht meine Strahlen ausbreiten über das Land und die Menschen. Aber sie bleibt eine Kugel, eine flache Scheibe eigentlich, deren Intensität immer stärker wird, sodass sie meine Augen blendet.
Die Brokdorfer Anlage liegt hinterm Deich, kurz bevor die Straße in den Ort abbiegt. Gegenüber ist der Deich eingezäunt und bildet unter den Bäumen einen Spazierweg, auf dem wir uns die Beine vertreten. Brokdorf, St. Margarethen, Büttel, die Fähre über den Nordostseekanal in Brunsbüttel, nicht fern der Elbe und der Anlegestelle der Fähre nach Cuxhaven.
Über Mühlenstrassen und Nordhusen kommen wir nach Neufeld, wo über den Poldern hinweg die Frachter auf dem Wasser trotz der Entfernung deutlich sichtbar sind. Wir bleiben draußen auf den Koogs. Flaches Land mit Wegen und Bächen durchzogen, vom Deich landeinwärts guter Boden. Vereinzelte Gehöfte, ein paar Bäume drum herum signalisieren die Jahre, die seit der Besiedelung vergangen sind.
Auf dem Deich und soweit ich schauen kann, weiden die Schafe. Über ihnen leuchtet die Abendsonne und schiebt einen goldenen Streifen Licht über das weit entfernte Meer. Eine Familie spielt Drachensteigenlassen im Wind, der über dem Grün säuselt.
In Friedrichskoog - Spitze lassen wir die Sonne untergehen und fahren dann zurück zum Kartoffelbauern, auf dessen Platz wir schlafen können. Junge Menschen mit guter Laune begrüßen uns, so eine Geste ist nach einem stillen Tag mir immer sehr willkommen.
Vermutlich können sie sich das gar nicht vorstellen, wie so eine Begegnung auf andere wirkt. Ein jedesmal besonderes Ereignis für Langzeitreisende, auf eine ganz einfache Art in ein anderes Leben eingeladen zu werden. Wir parken zu den Feldern hin, mit Blick auf die Windräder, den vereinzelten Lichtern passierender Fahrzeuge auf der Straße.
Am Vormittag hat die Sonne es doch geschafft, die dunklen Wolken zu vertreiben und blauer Himmel breitet sich übers Land aus, das vielfältig von etlichen Maschinen bearbeitet wird. Unser Bauer sät heute Getreide, andere ernten den Kohl, die Hühner gackern hinterm Bus in ihrem umzäunten Gehege.
Hilde legt ihren Kopf auf mein Knie, so hat sie den Käse auf dem Brettchen im Blick behält, an dem ich gerade ein Stück abgeschnitten habe. Nicht wahr, Papa, den teilen wir uns schon. Wie immer.Read more
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- Day 123–124
- October 27, 2024 at 8:08 AM - October 28, 2024
- 1 night
- ☁️ 13 °C
- Altitude: 15 m
GermanyHeide54°12’10” N 9°6’47” E
Heide

3.044 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 127 km/ Gesamt 368.993 km / Ø121,21 km)
Wohnmobilstellplatz
25746 Heide
Deutschland
Zeitumstellung in Deutschland, der Hund springt zum fünften Mal auf mich drauf. Immer wenn ich mich drehe oder aufwache, springt er nach vorne, kaum bin ich eingeschlafen, reißt er mich wach. Um halb drei schickt mir jemand ne Nachricht, ich wache auf. Als der Wecker klingelt, steht da, ich soll mich auf den Tag freuen. Der Rücken tut mir weh, und ich fühle mich wenig ausgeschlafen.
Die letzten Tage sind unruhig. Gerade habe ich mir gedacht, dass ich die heutigen Zeit nicht mit einer anderen Reise vor einigen Jahren vergleichen kann. Sie würde vermutlich schlechter abschneiden. Während Büsum im Winter 2016 noch ein verschlafenen Städtchen war, ist es heute eine Tourismushochburg. Mindestens 150 Camper beparken den Ort in dichten Reihen, die Straßen um den Hafen sind voller Menschen. Privat und Durchfahrt verboten prägt das Ortsbild, was selbst bei Google Maps noch nicht angekommen ist.
Friedrichskoog wirkt nach wie vor ein bisschen zurückgeblieben, wenngleich die Preise mit den Nachbarn mithalten möchten. Dazwischen Nationalpark und Bundeswehrlandschaft. Betreten verboten. Schusswaffengebrauch. Lebensgefahr. Artenschutz. Geschwindigkeitsbegrenzung.
Wenige Vögel auf den Seen, aber Hilde ist sicher, dass im Gebüsch einer hockt, den sie gerne jagen würde. Schon am Vortag hat sie einen im Graben aufgespürt und mich fast übers Feld gezogen. Sie wirkt konfus, begegnen wir irgendwann Menschen, wimmert sie ihnen zu, kommen Hunde vorbei bekommt sie ein Bellanfall. Reizüberflutung, sagt jemand.
Ja, das trifft auch auf mich zu. So nach zwei, drei Wochen an der Küste entlang möchte ich mich verändern, dann brauche ich Berge, was in Norddeutschland eher eine Seltenheit ist. Also fahre ich zum Übernachten ins Landesinnere. Mit mäßigem Erfolg, denn als ich beim Landvergnügenhof ankomme, sind alle ausgeflogen. Und auf einer leeren Baustelle möchte ich auch nicht übernachten.
So bleiben wir dann bei den Wasserwelten in Heide, ein Platz mit einer Schranke zu 14 Euro. Ich versuche, meine ablehnende Gedanken zu unterdrücken. Die Nacht ist weitgehend ruhig, der Morgen verhangen.
Auf dem Kartoffelhof Mohr https://www.instagram.com/kartoffelhof_mohr?igs…
ist es früh morgens neblig, bis die Sonne von den Windrädern zerschnitten wird, sich an ihnen hochhangelt. Die Bauern treffen sich auf dem Stoppelfeld zum Wochenendvergnügen mit stampfender Musik und röhrenden Motoren.
Es ist schön, aufgeschlossene Menschen zu treffen, und da lausche ich gerne der Bedeutung dieses Wortes nach, weil das Gegenteil nicht verschlossen ist. Da würde ich vielen Menschen Unrecht tun, aber sie sind so mit sich beschäftigt, dass sie die Welt um sich herum nur wie eine Begleitmusik betrachten.
Überall in ihr finden gerade Wahlen statt, in denen es um mehr geht, als um eine neue Regierung. Das kannst du nicht von dir wegschieben, weil die Auswirkungen letztendlich jeden Menschen einmal betreffen. Aber dennoch erlebe ich viele Menschen in ihrer Glasglocke. Wenn ich nicht hinschaue, dann wird mich das auch nicht tangieren. Ist das nicht das Bild der drei Affen.
Natürlich ist alles vielschichtiger und nicht so einseitig, wie ich das gerade beschreibe. Und natürlich wird sich die Welt auch weiterdrehen, und ich kann auf dem Karussell mitreisen, solange ich will. Selbst wenn es sich nicht mehr dreht.
Nein, ich bin nicht depressiv und niedergeschlagen. Die Welt, in der ich reisen darf, ist immer noch schön und lebenswert. Wir treffen wunderbare Menschen und eigentlich ist das Leben mit Hilde und dem blauen Bus angenehm. Die Sonne scheint, und es wird nachmittags tshirtwarm. Wir finden ruhige Plätze zum Entspannen und besondere Kleinigkeiten für die Seele. Ich muss nur genau hinschauen.Read more
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- Day 124–125
- October 28, 2024 at 10:55 AM - October 29, 2024
- 1 night
- 🌧 12 °C
- Altitude: 8 m
GermanyHedwigenkoog54°11’23” N 8°50’31” E
Wesselburen

3.045 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 35 km/ Gesamt 369.028 km / Ø121,19 km)
Natalie & Andy
25764 Wesselburen
Deutschland
Es gibt Menschen auf unserer Reise, denen wir immer wieder an den unterschiedlichsten Orten begegnen. Selber unterwegs und davon abhängig, Arbeit zu finden, schwirren sie über den Kontinent, und treffen uns mal hier und da, gerne auch in Verbindung mit anderen netten Menschen, bei denen sie Arbeit finden.
So einer ist Andy, den wir schon sechs Jahr kennen, und der bei Natalie am Ende der Straße wohnt und arbeitet. Nicht weit von der Küste entfernt also die Gelegenheit, mal Guten Tag zu sagen. Meist können wir dann auch über Nacht bleiben, was uns oft recht ist.
Am Sonntag haben sie alle Zeit, so kommen wir aus dem verregneten Heide mittags über Wesselburen mit der schönen Kirche am Kopfsteinpflastermarkt an den Deich bei der Wetterschutzhütte, wo wir gestern schon mal waren. Überm Deich soll das Meer plätschern, das ist die Theorie, in der Praxis ist Watt, sagt Elke, die schon einen Blick die Treppe hoch gewagt hat.
Währenddessen wartet Theo mit Ben und Billy, die gleich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigen. Hilde mag sie nicht nur gerne, sondern bietet sich ihnen geradezu an. Perfekt. Wir sind auf dem Höhepunkt der Läufigkeit. Also kein gemeinsamer Spaziergang, was letztlich auch gut ist, weil die schwarze Wolke im Nordwesten zwar vom Wind vertrieben wird, aber in ihrem Abgang uns mit einem heftigkalten Regenschauer bedenkt.
Frierend, halb durchnässt, flüchten die lieben Menschen in ihr warmes Fahrzeug und lassen sich auf nassem Asphalt nachhause treiben. Das letzte Mal haben wir den Theo in Hamburg beim NDR getroffen, wo er auf Hilde aufgepasst hat, während ich bei Yared Dibaba zu Besuch war.
Wenn dich mein Background interessiert, dann hast du jetzt eine unterhaltsame Gelegenheit dazu.
https://www.ardaudiothek.de/episode/dibaba-hat-…
Noch gibt es also die Sendung nachzuverfolgen, Anfang 2025 ist sie Geschichte.
Elke winkt noch aus dem Fenster, dass wir doch mal vorbeikommen sollen, wenn Hilde nicht läufig ist. Das scheint gar nicht so einfach zu sein. Wenn man am Ende der Straße wohnt, die aber für Jäger und Angler als Durchgang benutzt wird, ist es dort ggf gar nicht so ruhig.
Spaziergang mit Andy und Jake fällt der Läufigkeit wegen aus, und da es im Haus noch Katzen gibt, muss Natalie die Hilde von allem trennen, wenn wir nicht in der frischen Luft verweilen wollen. Sie ist eine nette Gastgeberin, wir fühlen uns sehr wohl, und ich kann verstehen, dass die Arbeit hier für Andy zu einer Wohlfühlzeit ausartet, sodass Winter in Spanien, auch wegen dem müden Camper, der noch Reparaturen bedarf, erstmal in weitere Ferne rückt.
So genießen wir die gemeinsamen Gespräche, zur Nacht fahre ich den Bus in den schmalen Hof, und wir galoppieren im üblichen Schlafrhythmus durch die erste Nacht nach der Zeitumstellung. Dass das 6 Uhr 7 Uhr bedeutet und immer noch dunkel ist. Und dass meine 'Halb-sechs-aufstehzeit' eigentlich halb fünf sein muss, was sich wie mitten in der Nacht anfühlt. Und nach unmöglich klingt, sodass ich mich jetzt erst wieder langsam zurücktasten muss.
Kalt war es in dieser Nacht. Sternklar, so sagt man, wenn die Sterne zu sehen sind. Aber vor unseren Fenstern ist es nur grün und weißes Mauerwerk, hinter dem noch tiefe Schlafgeräusche zu hören sein könnten. Wir werden stattdessen mal nach draußen blicken, ob der Deich noch da ist.Read more
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- Day 125–126
- October 29, 2024 at 8:04 AM - October 30, 2024
- 1 night
- ☁️ 13 °C
- Altitude: 9 m
GermanyRödemis54°28’10” N 9°4’13” E
Mildstedt

3.046 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 109 km/ Gesamt 369.137 km / Ø121,18 km)
Wohnmobilstellplatz
25866 Mildstedt
Deutschland
Die Zeitumstellung wirkt schneller als gedacht. Es ist halb sechs und ich bin wach. Leider habe ich die Nacht vorher auch nicht gut geschlafen, sodass es nicht verwunderlich ist, dem jetzt ein Ende zu bereiten. Da mich Hilde grundsätzlich für normal hält, stört es sie auch nicht, dass ich jetzt schon den Bus umbaue, weil ich früh von hier aufbrechen will.
Hauptsächlich, weil wir hier nicht spazieren gehen können, und nebensächlich, da es jetzt durch den Verkehr schon ziemlich laut ist. Das liegt sicher an der Nähe von Husum und der umgebenden Landstrasse 5, die die Stadt mit der Nordseeküste vertikal verbindet.
Die Nordsee hat in der Zwischenzeit ihre Tore für uns weit geöffnet, um uns ihre negativen Seiten schmackhaft zu machen. Meer weg, Schlick da, ist ein schon bekanntes Phänomen, das uns zeitlich den hellen Tag über immer wieder betrifft. Sturm, Regen, Pfützen haben wir gestern voll erwischt, sodass Spaziergänge zu einer ziemlich nassen Angelegenheit mutiert sind. Nicht das platschende Nass, sondern die stetige Berieselung entsprechend der Windrichtung gerne horizontal und durchaus penetrant, sodass wir eigentlich nur auf Asphalt einigermaßen fusstrocken gehen können.
Aber das riecht nicht gut, und so habe ich die Pfützen auf den Wiesenplätzen kennengelernt, bzw mit meinen Sandalen betreten. Für Hilde ist Eile ein Fremdwort, obwohl sie schon die entsprechenden Aufmunterungen kennt, sodass wir immer glücklich im Bus zurück sind.
Man muss nur die Definition von Glück variabel halten, dann wird es der gute Schluss von jedem Lied. Ein drittes Phänomen - und dabei ist mir die Ursache nicht schlüssig - ist die Unzuverlässigkeit von Google. Wie oft bin ich auf dem Weg zum Deich an Privatstrassen geendet, von denen mir eine Durchfahrt signalisiert wurde.
Die Krönung ist der Westerhever Leuchtturm, dabei endet die Straße an einem kostenpflichtigen Parkplatz drei Kilometer vorm Ziel. Da wäre ich erst gar nicht hingefahren, weil ich soweit nicht laufen kann, und bei so einem Wetter auch nicht laufen würde, wenn ich könnte.
In St. Peter Ording bringt mich das bei der Dünen Therme ebenso in Nöte, weil die Straße an einer Schranke im dichten Menschengewusel endet. Zum Glück bin ich schmerzfrei und kann den Bus auch auf einem Teller wendet, aber das mir folgende Wohnmobil fand das sicherlich nicht so lustig.
Aber das Fahren in unbekannte Gegenden bringt so manches schöne Bild mit sich und zugleich solche Erinnerungen, die eher persönlich sind, dafür aber intensiver. Der Schwan im Abflug, oder die Baumaschinen am Deich. Der vom Wind gebeutelte Unterstand und die Schafe im Deichvorland. Die Bank an der Hütte oberhalb des verschlickten bootsfreien Hafens.
Oder der vom Wind gebeugte Baum am Wegesrand und das Schöpfwerk hinter dem noch nicht geernteten Kohlfeld. Das Haus mit den Köpfen am Eingang in St. Peter und das verwaschene Bild vom nächtlichen Schlafplatz.
Wir passieren das Eidersperrwerk, nachdem wir vorher in Hilgroven fast von einem Milchtransporter gestreift wurden. Und danach im Ehstensiel gewahrwurden, dass Schiffe keine Voraussetzung für Häfen sind. Aber ich beim Bauern nebenan das beste Rindfleisch kaufen könnte.
So plätschert auch ein solcher Tag fröhlich vor sich hin. Bald ist Weihnachten, fällt mir in diesem Zusammenhang ein, da ist Mensch ja auch vor Überraschungen nicht sicher. In diesem Zusammenhang freue ich mich auf den neuen Tag und würde dir auch Ähnliches gönnen.Read more
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- Day 126–127
- October 30, 2024 at 9:54 AM - October 31, 2024
- 1 night
- ☁️ 13 °C
- Altitude: 7 m
GermanySophien-Magdalenen-Koog54°36’21” N 8°56’12” E
Bredstedt

3.047 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 121 km/ Gesamt 369.258 km / Ø121,18 km)
Wohnmobilstellplatz
25821 Bredstedt
Deutschland
Nordstrandbilder im Herbst. Und wer mal eben so in allen Himmelsrichtungen unterwegs sein will, ist hier gut angekommen. Selbst die Nordsee ist an der Fährstation nach Pellworm immer präsent. Vielleicht ein bisschen langweilig, einfach so aufs Wasser zu schauen, das kaum eine Bewegung zeigt.
Die schönsten Häuser stehen in Norderhafen, gegenüber in Süderhafen parkt wie fast immer ein Segelschiff am Heimatkai. Nicht weit entfernt von der Hochzeitsmühle unten im Ort. Wenn die Zeit stehen geblieben ist, dann findet man sie am Ehesten hier.
Da gibt es einen kleinen Campingplatz hinterm Deich, an der Treppe zum Haus dreht sich die Besitzerin zu mir um. Gäste bleiben im Herbst aus, da ist der Stellplatz im Osten eher eine Anlaufstelle. Selbst wenn er auch hinterm Deich liegt.
In Oldenbüll wartet eine Kirche auf dem Hügel, die dem Ort den Rücken zukehrt, sozusagen mit dem Turm sich selber über die Schulter schaut. Einsame Häuser haben immer ein Stück Wiese und mindestens einen Baum auf ihrer Seite.
Am Holmer Siel ist Sackgasse, da darfst du nur mit dem Rad oder zu Fuß zum FKK Strand fahren. Und weiter zum Aussichtspunkt am Lüttmoorsiel, wo die Hallig Nordstrandischmoor sozusagen in Sichtweite ist. Vielleicht nicht grade an diesem trüben Tag. Wir müssen über den Beltringharderkoog zum Aussichtspunkt fahren, und haben die bessere Sicht auf eine bunte Tierwelt, die an Herbsttagen eher schwarzweiß wirkt, was durchaus auch einladend wirken kann.
In Hattstedt am Sportpark treffen wir Anja mit ihren Hunden und dem neuen Camper, mit dem sie noch nicht so richtig verbandelt ist. Es wäre ihr Traum gewesen und meine Geschichten seien nicht unschuldig daran. Aber zwischen einem Traum und der Zukunft liegt immer die Wirklichkeit. Und die muss man mit Leben füllen können. Vielleicht sehen wir uns auf dem Weg in den Süden, bis dahin wird sie versuchen, das Yes in sich zu finden.
Auch wenn der verregnete Morgen gegen Abend sich etwas erholt hat, wirkt der graue Himmel immer noch ziemlich traurig und passt sich dem verwelkten Blätterwald an, der wie wir von der frühen Nacht eingeholt werden. Im letzten Licht eilen wir an schnüffeligen Büschen vorbei, wo Hilde den Geruch der Umgebung in Bredstedt am kostenlosen Stellplatz wahrnehmen kann.
Dann ziehen wir uns zurück. Abendessen, Bilder einstellen, Bett machen. Schlafen gehen. Die Zeitumstellung. Um halb acht mache ich mich kurz mal lang und wache mitten in der Nacht auf, die mit zwölf Grad fast so warm wie der Tag ist. Um morgens doch mit der Standheizung aufzustehen und die Geschichte im "Nachthemd" zu schreiben. Sozusagen beim morgendlichen Tee, an den ich mich genauso gewöhnt habe, wie an den Abend ohne Wein. Als würde sich die Welt einfach mal umgestülpt haben und andersherum laufen können.
Leider ist auch dieser Stellplatz nicht für einen gemütlichen Morgen unserer Art geeignet, sodass wir auch von hier - wie gestern - aufbrechen werden, um ein schönes Frühstückszimmer zu finden. Für die Nacht war alles gut und ruhig, aber ein lichter Morgen braucht trotz trüber Tage schon eine helle Atmosphäre.Read more
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- Day 127–128
- October 31, 2024 at 10:40 AM - November 1, 2024
- 1 night
- 🌬 13 °C
- Altitude: 12 m
GermanyNeukirchen54°52’20” N 8°44’12” E
Neukirchen

3.048 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 82 km/ Gesamt 369.340 km / Ø121,17 km)
Landvergnügenhof
Neukirchen/
Nordfriesland
Deutschland
Obwohl wir noch einige Kilometer bis zur dänischen Grenze haben, ist dieser Teil der Reise entlang der Nordseeküste mit einem farbigen Bonbon an wunderschönen Bildern zuende gegangen. Wenn ich es denn gegeneinander aufwiegen würde, was die trüben Tagen mit dem sonnigen Schlussaccord mir gebracht hat, dann weiß ich mit großer Dankbarkeit zu schätzen, wie gut es Gott mit uns meint.
Denn ohne das grautrübneblige Wetter kommen den überschwänglich schönen Farben und Stimmungen nicht so eine Bedeutung zu, hätte ich vielleicht mit weniger Ehrfurcht diese Momente genießen können. Wobei das selbstverständlich eine unbegründete Hypothese ist, denn wäre ich drei Wochen auf Sonnentellern unterwegs gewesen, wer weiß, welche Geschichten und Bilder dann entstanden wären.
Nein, es ist gut so, wie jeder Tag ist. Und auch die fast schwarzweißen Bilder habe ihre besondere Schönheit. Und was in meinem Kopf abgeht, das ist sowieso oft nicht übertragbar. Da sind die trüben Tage vielleicht voller guter Gedanken und Erinnerungen, voll mit Gebeten und menschlicher Nähe. Während ich an solch farbigem Erleben nicht viel übrig habe für meine Umgebung, da meine Sinne aufs Äußerste angespannt sind.
Tatsächlich bin ich sehr dankbar für das auf und ab in meinem Leben, weil es sich lebendig anfühlt, immer in einer leichten oder stärkeren Anspannung unterwegs zu sein. Nichts ist selbstverständlich und nach 50 Tagen ist die Wunde in Hilde's Gesicht immer noch nicht ganz geschlossen. Trotzdem ist sie guter Dinge. Mein dicker Zeh muckt in diesen nasskalten Tagen wieder, eine kleine Entzündung lässt mich mit Dankbarkeit zurückblicken auf jene Tage in Portugal vor drei Jahren als die Wunde sich überhaupt nicht schließen ließ.
Wie gut ist es mir in der Zwischenzeit gegangen. Und heute ist einer der beiden wöchentlichen Kontrolltermine meines Blutdrucks. Wie froh bin ich, wenn das Herz regelmäßig schlägt, und die Werte unproblematisch sind. Mir ist jetzt vieles bewusster, was ich früher als selbstverständlich genommen habe. Das ist ebenfalls nicht vergleichbar, das Leben ist halt nicht vorhersehbar.
Und so geht mir das mit dem Wetter und dem Land auch. Selbst wenn ich schon mal da war, ist das kein Indiz dafür, dass sich die gute Stimmung wiederholt oder sich das Trübe erneut einstellt. Schon der morgendliche Spaziergang ist unberechenbar, und auch diesen Hasen sehen wir erst, als er unmittelbar vor uns aufspringt, nachdem wir auf dem Hinweg unbemerkt an ihm vorbeigegangen sind. Nichtsdestotrotz ist von diesem Moment an die Entspannung weg, und wir kämpfen uns zum Bus zurück.
Mittags kommt die Sonne raus, gerade rechtzeitig für die bevorstehende Küstentour, die hier oben besonders meernah ist, weil in den Häfen die Fähren zu den Halligen und den Inseln ablegen. Dank weniger Tourismus, so vermute ich, sind die Einheimischen entspannter. Und Vogelkundler sind bekanntermaßen mit Ruhe gesegnet.
Wir befinden uns so dazwischen, genießen die kleinen Orte wie die Häfen, die bevögelten Seen wie die verschaften Deiche, das Land dazwischen mit den Bildern eines Himmels, dem nie die Farben ausgehen, selbst wenn sie noch so kitschig und bonbonig aussehen.
Ein Sonnenuntergang auf dem Meer. Häuser wie Geschenke auf dem Land. Wasser mit Spiegelungen und Flüssen, die in die Ferne schauen. Boote, Kirchen und Jahrhunderte in der Vergangenheit zurück. 1862. Da konnte man schon große Häuser bauen, die heute noch bewohnbar sind.
Ein Farbenspiel der Superlative, die unseren Weg in Bildern zeigen. Wenn das jemand in Worten tun kann, dann bekomme ich feuchte Augen. Diane Ackerman ist das gelungen, als sie in ihrem Buch 'Der letzte Albatros' eine Amazonasreise beschreibt. Sie zieht Vergleiche, die mich spüren lassen, was sie meint, vermischt die verschiedenen Genres, um den besonderen Wert eines Moments herauszufiltern. Ihre Sätze sind ein Potpourri an kommagefüllten Nebenschauplätzen, die weder langweilig noch atemlos wirken.
Ein Buch, gut recherchiert, hautnah berührt, federleicht bis taunassschwer, voller Bewegung und atemloser Stille. Eine deutsche Erstausgabe von 2003, acht Jahre nach dem Original, ein Text komplex wie Counting Crows Songs, bei dem alleine die Bilder schon so vielschichtig sind, dass es deutschen Worten an Phantasie zu mangeln droht.
Wir sind beide heute morgen sehr langsam zu Fuß unterwegs, wobei Hilde liegt und ich sitze. Vielleicht liegt die Stimmung mit an dem Garten, in dem wir aufgewacht sind.
"Herzlich Willkommen auf Bynebüll, unserer Warft unter dem großen Noldehimmel an der Nordseeküste in Neukirchen/ Nordfriesland, im Werkhaus für kreative Kommunikation.
Hier befinden sich Musikschule und Musikstudio, hier ist der Stammsitz des mahamudra- Figurentheaters mit Werkstatt, Atelier und Probebühne, hier wird kreativ gearbeitet, hier ist der 'Kunstraum' für musikalische Projekte, Ausstellungen, Begegnungen, ausgewählte Workshops u.v.m., hier holen sich gemeinnützig Engagierte kompetente und kreative Fundraising-Beratung.
Hier heißt das für uns: Leben, arbeiten und öffentlich wirken unter einem Dach.
Aber hier kann man auch wunderbar Urlaub machen. Unsere Gäste erwartet eine geräumige und hochwertig eingerichtete Ferienwohnung, in der sie auch musizieren dürfen und vielleicht sogar Lust bekommen, Angebote der Musikschule oder des Musikstudios im Hause zu nutzen."
http://www.bynebuell.de/
Hier gibt es den nördlichsten Landvergnügenhof, hier ist schon Peter Gebhard @bulliabenteuer
www.peter-gebhard.de/
auf seiner 360°Deutschlandtour angekommen.
Nach soviel sprühender Aktualität wenden wir uns jetzt den profanen Dingen zu, und suchen den Hasen von Neukirchen auf unserem Morgenspaziergang.Read more
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- Day 128–129
- November 1, 2024 at 6:30 AM - November 2, 2024
- 1 night
- 🌬 13 °C
- Altitude: 8 m
GermanyBredstedt54°36’45” N 8°58’18” E
Bredstedt

3.049 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 94 km/ Gesamt 369.434 km / Ø121,16 km)
Wohnmobilstellplatz
25821 Bredstedt
Deutschland
Wie könnte es anders sein, nach einem emotionalen Höhepunkt kommt gerne ein mentaler Bruch, wie Regen oft der Sonne folgt. Am Vormittag mache ich schöne Bilder aus dem Garten meines Gastgebers, und habe gute Gespräche mit Karin und Manne, die mir ein Bild ihrer süßen Puppen zeigen, wobei Manne mir gleich eine Geschichte dazu erzählt, die er mit ihnen spielt.
Über ihren Hinweis finden wir den Nordpunkt Deutschen Festlandes am Dänischen Grenzzaun, der den Endpunkt unseres Reiseabschnittes darstellt. Es stürmt vehement, daß mir das Wort aus dem Mund gerissen wird, während ich mit einem Belgier rede, der in Hamburg lebt, und gerade die dänischdeutsche Grenzroute mit dem Rad gefahren ist.
Er wirkt eher wie eine Däne auf einem Tagesausflug, auch von seiner Sprache und dem Equipment her, aber er habe letzte Nacht im Zelt geschlafen. Wow. Respekt. Ich denke an das Bild im Fenster des alten Hauses. Der Sturm fährt mir durchs Haar, wir verabschieden uns, er fährt zurück nach Hamburg, und ich fühle mich leer.
Für die Ostseeseite Schleswig-Holsteins reicht mein jetziges Zeitfenster nicht mehr, ich muss dringend Wäsche waschen, aber mir fehlt auch die Motivation für die Küste. Im Grunde bin ich froh, dass wir das Gesamtprojekt in einzelnen Bildern machen, denn nach drei Wochen Küstenlandschaft ermüde ich ein wenig in der Konzentration und im Wunsch der Zuwendung.
Vielleicht wäre es Zeit, einfach mal anzuhalten für einige Tage, mich sozusagen aus dem Raum zu nehmen. Was ich früher gerne gemacht habe, wofür mir aber die Motivation fehlt. Ich kann das gar nicht richtig erklären, aber um für uns ein Zimmer zu buchen, fehlt mir das Geld.
Anfangs dachte ich daran, die Inseln zu befahren, aber nachdem ich die Fährpreise gecheckt habe, ist mir klar, dass dies nicht im Budget ist. Es reicht gerade eben zum Reisen und Leben, da will ich gar nicht klagen, denn wir haben alles, was wir brauchen. Aber mal eben 150 Euro zu stemmen, ist nicht wirklich drin. Und eben auch nicht, einen ähnlichen Betrag für ein Zimmer hinzulegen.
Im November ist wieder eine dringend erforderliche Reparatur vom blauen Bus dran, ohne die hilfreiche Unterstützung aus der Leserschaft würden wir immer noch in Norwegen vor der Werkstatt stehen. Und so bricht manches Mal dann das System ein, ich habe grade wenig Lust zu fahren.
Wir tingeln an der dänischen Grenze entlang, biegen ab ins Land und sehen den Autoreisezug von Sylt kommen und gehen. Aufs Festland in Rot, zur Insel in Blau, vermutlich nur ein kleiner Zufall.
In Leck gehen wir spazieren, da sind gerade Herbstferien und wenig Menschen unterwegs, sodass wir es uns ungestört gefallen lassen können, bunte Blätter anzuschauen. Übernachten möchte ich dort nicht, und da Bredstedt auf den Weg liegt, halten wir hier im Nieselregen einfach an.
Ich dachte noch, mit Hilde eine kleine Runde zu drehen, da ist es auch schon dunkel. Im Land ist Feiertag, das wirkt tatsächlich ziemlich deprimierend, obwohl ne Reformation ja eher was mit Veränderung zu tun haben sollte.
Der Platz ist schief, die Nacht ist lang, die Temperatur fällt nicht unter 12/13 Grad, steigt tagsüber aber auch nicht darüber an. Als würde die Zeit die Luft anhalten. Um dann etwas Ungewöhnliches zu tun.
Ich träume von der politischen Situation in diesem Land, von der bevorstehenden Wahl in den USA, und frage mich, wie das alles in mein Leben dringen kann, obwohl ich doch versuche, außerhalb der Systeme zu leben. Haben wir uns tatsächlich trotz einem möglichen Ausstieg zu lange im Hamsterrad gedreht, um jetzt per Traum gestellt zu werden. Also zumindestens ich.
Um fünf Uhr stehe ich auf, koche Tee, schreibe eine Geschichte. Eine Stunde später sind die Rückenschmerzen von der Brust verschwunden, auf der sie jeden Morgen beim Aufwachen sich niederlegen. Der Verkehr hat zugenommen und wir suchen uns jetzt einen schönen Platz zum Spazierengehen.Read more
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- Day 129–130
- November 2, 2024 at 9:22 AM - November 3, 2024
- 1 night
- ⛅ 5 °C
- Altitude: 6 m
GermanyKellinghusen53°56’49” N 9°42’36” E
Kellinghusen

3.050 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 179 km/ Gesamt 369.613 km / Ø121,18 km)
Wohnmobilstellplatz
25548 Kellinghusen
Deutschland
Nachdem ich letztens im Traum die politischen Wahlen bearbeitet habe, ist diese Nacht das Schulsystem von seinen Anfängen über Summerhill bis zur aktuellen Situation dran. Der Gedankentraum endet mit einer taumelnden, stechbereiten Biene im blauen Bus, sodass ich die Tür aufreiße, um uns voneinander zu befreien.
Ich glaube, in meinem Kopf möchte grade niemand zuhause sein. Und auch mir fällt es nicht leicht. Das Gute ist, dass ich ausreichend schlafe und weniger aufwache, zumal die Temperaturen in der Nacht sich deutlich absenken. Fünf Grad sind schon gut zu fühlen, da braucht es morgens schon eine Standheizung, um die Luft zu erwärmen.
Gestern sind wir in Bredstedt früh um sieben Uhr aufgebrochen, um einen anständigen Spazierweg zu finden. Abseits von Treia hat jemand auf einem Platz vor einem Windrad übernachtet, sodass wir dort parken können, um auf der schmalen Straße durch die Felder spazieren zu gehen.
Die Zugänge zu den Windrädern sind hier überall fast straßennah geschlossen, sodass du weder parken noch spazieren kannst. Das habe ich vorher nie so gesehen, das wirkt nach einem System, das sich erstmal so anhört, als würde man Reisende ärgern wollen.
Allerdings fällt mir auf, dass die Räder riesig sind und nicht weit oben sich drehen, sondern fast bodennah, geschätzt keine zehn Meter hoch. Vielleicht ist das ein gewollter Schutz für Menschen. Außerdem ist es hier mit Abstand schon ziemlich laut, obwohl ich ja sagen höre, dass Windräder keinen Lärm machen würden.
Nun ja, für einen ersten Spaziergang reicht es, zum Frühstücken suchen wir etwas anderes. Treia hat Geschichte und nicht nur eine alte Kirche. Am Ortsrand parken wir im Grünen, während der Morgenverkehr auf der Landstraße deutlich zunimmt.
Frühstück. Hilde ist bärig hungrig. Eine Zeitlang lese ich, während sie im Bett ausruht. Ich habe den Bus nicht aufgeräumt, weil ich ja davon ausgehe, dass die neue "Revolution - Laundry" in Eckernförde, wo ich vor einigen Monaten gewaschen habe, mir auch dieses Mal ein wohlriechendes Zuhause beschert.
Falsch gedacht, die Maschine ist defekt, wie auch die anderen Beiden in Schleswig-Holstein, die wohl mittlerweile wieder abgebaut wurden. Vandalismus dient dazu, dem Menschen zu schaden, nicht dem System. Es trifft die, die sich aus verschiedenen Gründen eben keine Waschmaschine leisten können, aber das ist denen egal, die mit Mutwillen zerstören wollen.
In den südlichen Ländern sind defekte Maschinen eine echte Seltenheit, sodass ich mich frage, was ist falsch in Deutschland. Es erschreckt mich, die Veränderungen zu sehen, die vielleicht nicht jeden so offensichtlich anspringen. Aber ich bin seit neun Jahren intensiv im Land unterwegs und spüre deutlich, dass sich die Situation verschlechtert.
Nicht, dass ich in Gefahr bin, in Deutschland zu übernachten, wenn ich mich umsichtig verhalte. Wobei meine thüringer Erfahrung dagegen spricht, und mich gemahnt, auf dem Land deutlich vorsichtiger zu sein, wo sich Gesinnungen ausbreiten, wie Flammen im Gras, wenn sie einmal gezündet werden.
Aber der "Umgangston" wird rauer, das ist erschreckend. Nachdem wir also umsonst alle Standorte für Außenwaschmaschinen angefahren haben, bleiben wir schon früh um halb zwei in Kellinghusen auf dem Stellplatz.
Vielleicht kurz zur Erklärung. In Deutschland liegen viele der öffentlich zugänglichen Waschmaschinen stadtnah, weil es dort mehr Menschen gibt, die sie nutzen. Für uns ist das ungünstig, denn selbst wenn ich davor parken kann, ist Hilde mit der Unruhe um sie herum überfordert und muss den Bus verteidigen. Das tut niemand gut. Also verzichte ich auf solche Möglichkeiten.
Kellinghusen hat einen kostenlosen Stellplatz für eine Nacht am Park, nicht fern von Geschäften und Freibad, was den Aufenthalt im Sommer vermutlich ziemlich unruhig macht. Jetzt geht das schon, wir können entspannt spazieren gehen und ruhig schlafen.
Zum ersten Mal in der dunklen Zeit habe ich Lust, mit Licht zu lesen, und verbringe auch lange Zeit in meinem Buch, bis ich wirklich müde bin und gut einschlafen kann. Das ist mit halb neun immer noch früh, aber meine abendlichen Aktivitäten sind ansonsten ziemlich eingeschränkt.
Vielleicht noch eine kurze Ergänzung zum gestrigen Text. Früher haben wir immer mal ein Zimmer gemietet, da waren unsere finanziellen Möglichkeiten tatsächlich anders. Das möchte ich heute gar nicht, weil es uns im Bus viel besser geht. Ich könnte meine Sachen auch gar nicht mehr hin und her schleppen, denn ohne Stock ist das Gehen schwieriger geworden.
Aber selbst das Bleiben an einem Ort fällt mir ja nicht mehr so leicht, wobei sich die Fahrzeiten in der Regel zeitlich und "kmdrig" deutlich verringert haben. Da das Sehen jetzt einen wichtigeren Raum in meinem Leben einnimmt, brauche ich das Fahren, um in Bewegung zu bleiben.
Währenddessen bekommt das Lesen und Schreiben einen höheren Stellenwert, weil es mich geistig wach hält. So bleibt meine Lebenssituation immer im Bewegung und versucht mich, mit den sich verändernden Einschränkungen, auf einem guten Level zu halten.
Ich bin durchaus mit meinem Leben zufrieden, nur für Hilde wünsche ich mir mehr Bewegung, das portugiesische Strandleben im letzten Winter hat uns schon ziemlich gut getan. Mal sehen, was im neuen Jahr möglich ist.Read more

TravelerWir empfinden es übrigens auch so, dass die Situation in Deutschland sich verschlechtert. Wie zum Beispiel Rettungskräfte angegriffen oder blockiert werden und überhaupt die Gewaltbereitschaft und Rücksichtslosigkeit.

Jan CuxViele Dinge haben in unserer Heimat doch sehr verändert. Unsere Wohlstandjugend ist langsam erwachsen geworden. Das merke ich jeden Tag. Respekt und Rücksichtnahme sind Fremdwörter geworden. Die Linken haben aufgerüstet und zeigen allmählich immer mehr ihre Gewaltbereitschaft. Die Schäden gehen jährlich in die zig Millionen. Wen wundert es, dass es in den Straßen knallt. Jedes größere Ereignis wird politsch mit Krawallen begleitet. Vor vierzig Jahren haben sich die Ultras und die Polizei geprügelt und haben sich hinterher die Hand gegeben. War damals schon eine komische Zeit. Davon sind wir heute weit entfernt.
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- Day 130–131
- November 3, 2024 at 9:14 AM - November 4, 2024
- 1 night
- ☁️ 3 °C
- Altitude: 15 m
GermanyScharnebeck53°17’34” N 10°29’37” E
Scharnebeck

3.051 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 125 km/ Gesamt 369.738 km / Ø121,18 km)
Wohnmobilstellplatz
21379 Scharnebeck
Deutschland
In der Nacht bin ich oft wach, sehe die Temperaturen langsam in den Minusbereich fallen, bei minusone sind wir um viertel vor sieben schon unterwegs. Das Laub raschelt, das Gras knackt, der Morgen erwacht. Anfang November.
Das kleine Teelicht darf auch im Hellen scheinen. Es ist eher eine Erinnerung, denn eine Wärme, ein Lebenslicht für mich, und die sich damit verbunden fühlen. Eine Kampfansage gegen die wachsende zwischenmenschliche Kälte, die wenig mit dem Winter der Natur zu tun hat, eher mit dem Frost im Herzen.
Obwohl ich das persönlich eigentlich nicht erlebe, eher periphere wahrnehme. Mir selber wird viel Liebe geschenkt, darüber bin ich sehr dankbar. Jede Form der mitmenschlichen Zuwendung gehört dazu, sich - wie auch immer man das verstehen will - geliebt zu fühlen. Gerade wenn man alleine lebt, ist ein Hauch des warmen Windes menschlicher Nähe eine Sommerbrise voller Licht und Schönheit.
In Kellinghusen weiß ich eigentlich nicht so recht, was wir tun sollen. Hamburg ist nahe, die Fähre über die Elbe, Lübeck und seine Ostsee. Für jetzt keine interessanten Ziele, aber irgendwie muss ich ja nach Süden kommen. Quickborn klingt fröhlich, die Sonne scheint, ich finde einen wunderschönen Weg durch das Spalier von Wiesen und Bäumen, pittoreske Dörfchen, die man im Norden Deutschlands kaum vermutet.
In Norderstedt gehen wir spazieren. Zwischen Freibad und Volkshochschule verstecken sich verlaubte Wege ohne andere Spaziergänger. Einen vorbeijagenden Fahrradhund nimmt Hilde gar nicht wahr, obwohl nur eine kleine Mauer zwischen ihnen ist. Zu tief steckt ihre Nase im Laub, es riecht wieder mal gut.
Vertikal, keine 50 km entfernt, könnte ich Hamburg über die Elbbrücken in einer Stunde durchqueren. Das klingt inspirativ. Früher bin ich einfach in einigen Stunden hindurchgelaufen, erinnere ich mich lächelnd. Jetzt brauche ich zeitlich viel weniger, aber mir geht so viel dabei verloren.
Die Brücken über die Elbe. Dann Seevetal, aus Winsen an der Luhe habe ich letztens jemand getroffen, Lüneburg, Scharnebeck. Der Stellplatz am Schiffshebewerk, irgendwie habe ich gedacht, der sei kostenlos.
Hilde ist den ganzen Tag knuffelig, sie liebt es, mit mir zu toben, kaum dass wir angekommen sind. Ich halte die Augen geschlossen, damit sie nicht in ihrer Wildheit mit der Pfote dagegen kommt. Schon ein Stups mit der Nase macht mich kurze Zeit blind.
Wir spazieren durch die Wiese, alleine geht's uns immer wunderbar. Ich seh meine Welt mit anderen Augen und habe Zeit, Bilder zu machen. Und sie kann schnüffeln, mit ihren Sinnen ihre Umgebung entdecken. Manchmal werde ich müde, auf der Stelle zu stehen, dann muntere ich sie auf, sich zu bewegen.
Heute mag ich nicht lesen. Höre Musik und lasse den Abend sich langsam einrollen für die Nacht, die kalt wird. Im Schlaf kommen kleine Träume, ein bisschen Sehnsucht, nichts weltbewegendes, eher so ein Schutzfilm, den die Gegenwart über mich legt.
In meinem Buch finde ich ein Zitat von Shami Mansei. "Diese unsere Welt
Womit soll ich sie vergleichen?
Mit dem Kielwasser eines Bootes,
Das in der Morgendämmerung davonrudert."
Wir sind nur ein Windhauch, und trotzdem tragen wir die Verantwortung für das Leben auf unseren Schultern. Bis zu dem Moment, wo sich alles in uns vollenden kann.
Hundeschnauze zeigt mir ihr Lächeln, rollt sich ein, und schläft.Read more
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- Day 131–132
- November 4, 2024 at 9:58 AM - November 5, 2024
- 1 night
- ☁️ 9 °C
- Altitude: 39 m
GermanySalzhausen53°13’18” N 10°10’40” E
Salzhausen

3.052 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 94 km/ Gesamt 369.832 km / Ø121,17 km)
Wohnmobilstellplatz
21376 Salzhausen
Deutschland
Als Marie mir schreibt, sie würde mich in dem Restaurant, wo sie arbeitet, auf eine Tasse Kakao einladen, stelle ich mit einen kleinen Gasthof am Wasser vor mit einem nahen Parkplatz, auf dem wir ggf auch im Bus sitzen können. Doch anstatt mir die Wegbeschreibung anzugucken, gebe ich die Route gedankenlos ein, und stehe vor einem großen Problem.
Denn Bergedorf ist kein kleines Städtchen, sondern hat seine eigene Metropole mit Fußgängerzone und Glasfassadenhäusern, in deren Mitte das Restaurant liegt. Wir hätten in einem offenen Parkhaus halten sollen, zu Fuß die Innenstadt durchqueren müssen, um Marie zu treffen.
Keine Chance, denke ich. Und wie weit wir entfernt sind von einem normalen Leben. Marie ist gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass wir uns so nicht bewegen können. Und ich habe nicht angenommen, dass das für Marie normal ist.
Zuletzt haben wir uns auf einem Hof im Berliner Vorland getroffen, mit Lagerfeuer im Garten und Entengeschnatter. Das ist meilenweit von Bergedorf entfernt. Nicht nur räumlich, sondern auch menschlich. Und leider auch körperlich, denn die Zeiten, in denen Hilde und ich durch eine Stadt spaziert sind, wähnen sich in längst vergessener Vergangenheit.
Heute suchen wir uns die Wege genau aus und vermeiden Unebenheiten, in Städten gehe ich lediglich vom Parkplatz zum Arzt oder einkaufen, wobei ich froh bin, dass es dafür Wagen gibt, auf denen ich mich durch Gänge schieben kann.
Nein, ein Spaziergang durch Bergedorfs Innenstadt ist nicht drin, aber nur wenige Straßen entfernt, schenkt mir Gott einen Parkplatz vor einem geschlossenen Sushirestaurant. Marie braucht nicht lange, um die Straßen zu uns zu überqueren, und wir nehmen uns einfach mal im Bus in die Arme.
Hilde erkennt Marie und freut sich sehr, sie wiederzusehen. Zeit ist vergangen, und ich bin dankbar, dass wir uns begegnet sind. Bis bald, so sagen wir im Abschied, und Marie betont, aber wirklich bald. Und doch wissen wir beide, dass es vielleicht auch sehr lange dauern kann. Das Leben kann oft genug sehr abwegig sein.
Die Sonne scheint, und als ich wieder aufschaue, ist Marie aus meinem Blick verschwunden. Stattdessen fahren wir am blauen Wasser der Elbe entlang, so breit fließt sie, dass man glauben mag, wir seien an einem blauen Meer des Südens.
Als wir in Salzhausen einparken, steht die Sonne so leuchtend gelb auf den herbstlichen Blättern der schlanken Bäume, dass es mich an einen Song von Grateful Dead erinnert. Wir machen einen Abendspaziergang über trockenes Laub nahe dem geschlossenen Freibad unter hohen, kahl werdenden Äste alter Freunde.
Im Bus hören wir Musik, ich schreibe lange mit lieben Menschen, die Nacht öffnet still ihre schlafenden Tore. Am Morgen ist der Himmel grau, die Blätter still, wir schleichen an Zäunen entlang. Im blauen Bus spielt wieder Musik, und wir hören zu, folgen den Worten, den Melodien um jede Ecke. Hilde schläft und meine Gedanken wandern.Read more
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- Day 132–133
- November 5, 2024 at 6:59 AM - November 6, 2024
- 1 night
- ☁️ 4 °C
- Altitude: 75 m
GermanyWittingen52°43’28” N 10°43’42” E
Wittingen

3.053 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 89 km/ Gesamt 369.921 km / Ø121,16 km)
Wohnmobilstellplatz
29378 Wittingen
Deutschland
In Amelinghausen liegt der Friedhof außerhalb des Ortes, dessen Kirche aber bis hier rüber schaut. Die Pferdekoppeln sind tatsächlich näher, und da lässt sich ein schönes Bild zeichnen, wie die Seele nach dem Tod über die Wiesen des Lebens reitet.
Ich habe eine Kerze angezündet und mir einen Tee eingeschüttet, es ist gerade sechs Uhr durch. Hilde schläft noch unter der Bettdecke, der Morgen trägt das Dunkel der Nacht.
Kurz nach dem Friedhof, wo wir einen schönen Spaziergang gemacht haben, und Hilde über den weiten Platz rennen konnte, halte ich an einer Birkenallee. Eine gerade Straße, ein kleines Kreuz vor dem Bus, ein junger Mann hat hier vor über zwanzig Jahren sein Leben verloren. An einem Tag im Februar, mit neunzehn Jahren, am sechsten Sonntag in diesem Jahreskreis.
Ich denke an meine Kinder, meine Enkel, meine guten Freunde. Für die einen, dass sie alt geworden sind, und für die anderen, dass Gott sie täglich bewahrt. Das kann kein Glück gehabt sein, weil es durchaus in vielen Situationen anders hätte kommen können. Das weiß ich aus meinem eigenem Leben nur zu genau.
An einem Feldweg wachsen Pusteblumen, die dem Sturm des Jahres zwar standgehalten haben, ihren Samen aber nicht weitergaben. Auf einer sitzt ein kleines Männchen mit einem Hut, du musst nur genau hinschauen, wie der berühmte Münchhausen auf seiner Kanonenkugel.
Hilde gräbt einen kleinen Rübenrest unter der aufgeworfenen Erde hervor, den aufgetürmten Rübenberg übersieht sie grinsend, und mampft ihre Beute auf dem Weg. Der blaue Bus wartet am Straßenrand unter den hohen Bäumen auf uns.
Hankensbüttel, ein Hof spiegelt sich im kleinen See, ein spießiger Gartenzaun grenzt den Besitz zur Straße ab. Der Stellplatz in Wittingen ist mir erst wieder bekannt, als wir uns dem Freibad am Ende der Straße nähern. Hier haben wir vor einigen Monaten mit netten Menschen gestanden, wir waren gerade aus Norwegen zurückgekommen.
Heute ist das Laub vertrocknet, ein kleines Wohnmobil parkt schon, sie wären in der Lüneburger Heide gewesen, ein letzter Stop vor ihrer Wolfsburger Heimat. Er wirft mir einen fragenden Blick zu, ich hätte nicht so ausgesehen, als würde ich hier übernachten wollen.
Wir spazieren über den Platz in der späten Dämmerung, die nur einen spaltbreit Licht übrig lässt. Kurz nach 17 Uhr ist es dunkel, vierzehn Stunden Nacht liegen vor uns. Lange Schlaf und Traumphasen, ich bin heute auf widerspenstigen Wegen unterwegs, ein Löwenbändiger mit einer Mission.
Als ich aufwache, rennt Hilde im Schlaf, der ganze Körper wird durchgeschüttelt, ich lege meine Hand beruhigend auf ihren Bauch, der Morgen schält sich aus der Nacht, der Blick nimmt Konturen wahr.
Mein Sohn hat gestern festgestellt, dass wir von ihm und seiner Schwester gerade gleichweit entfernt sind. Das gefällt mir gut, sind sie doch beide meine Kinder. Einen Handbreitweg vom Herzen, fast so nah wie die kleine Kerze vor meinen Augen.Read more
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- Day 133–134
- November 6, 2024 at 11:06 AM - November 7, 2024
- 1 night
- ☁️ 7 °C
- Altitude: 41 m
GermanyLössewitz52°24’36” N 11°18’49” E
Berenbrock

3.054 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 86 km/ Gesamt 370.007 km / Ø121,15 km)
Landvergnügenhof
39638 Berenbrock
Deutschland
AGAINST THE WIND
Wenn ich meinem Körper zuhören würde, dann pflegt er zu sagen, ruh dich aus, du hast lange genug gekämpft, gearbeitet, dich gequält, aufgerieben, eingesetzt. Bist für andere Menschen da gewesen, jahrzehntelang, nimm dir jetzt Zeit für dich, wenigstens die paar Jahre, die dir bleiben.
Leg die Beine hoch, schau aus dem Fenster, guck Serien, und lass die Realität draußen vor der Tür. Nur mit Hilde musst du noch ein bisschen spazieren gehen. Und wahrlich, das könnte verlockend sein, wo die Welt jetzt eh den Bach runter geht, bekommt der Ausdruck, nach mir die Sintflut, eine besondere Komponente.
Tatsächlich lebe ich aber dafür nicht, weder nach außen noch für mich selbst. Selbst wenn ich weiß, dass die Widerstände übermächtigt sind, werde ich in ihrem Schatten um die Sonne kämpfen. Ich bin erschüttert über den möglichen Wahlausgang in den USA, dass eine Mehrheit von Menschen anscheinend blind in ihren Untergang rennen, ihre freiheitlichen Möglichkeiten, wie auch immer man das definiert, gegen eine Zukunft tauscht, in der sie ihre Rechte verlieren werden.
Wie kann man glauben, dass die Entwicklungen in Russland und China in den USA anders verlaufen würden. Dass es nicht um Menschen geht, sondern um Macht. Und trotzdem ist mir die ganze Zeit ein Gedanke im Kopf, der Martin Luther zugeschrieben wird.
"Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“.
Against the Wind, hat Bob Seger gesungen, und auch wenn seine Argumente nicht unbedingt meine sind, so denke ich doch, dass ich mich mit der Haltung identifizieren kann.
Die Nacht ist kalt, so wie der Tag feucht und ungemütlich sich angefühlt hat. Wir haben lange im Bus gesessen, bis ich mein Buch zuende gelesen habe. Und mit einer besonderen Empfehlung dafür werben kann, weil die Dichte der Sprache und die Spannung des Inhalts, diesen Text zu etwas Besonderem macht.
Artenvielfalt, der Kampf gegen das Aussterben von Tieren, sollte uns Menschen befähigen, auch unseren Wert noch einmal genau zu überdenken. So bin ich also heute aufgestanden mit dem Bewusstsein, so lange ich dagegen bin, lebe ich.
Mittwochs muss ich immer meine Medikamente für eine Woche stellen, gegen die Demenz schreibe ich auch meine Texte, versuche im Gespräch zu bleiben mit all den Menschen, die Lust darauf haben. Will die Jungen und die Alten verstehen, von ihnen lesen und lernen.
Und gehen. Gegen die Schmerzen und die Müdigkeit, nicht unbedingt für eine bessere Welt, aber zumindest für ein gutes Leben. Es ist nieselig und kalt. Und als wir das erste Mal rausgehen auch noch ziemlich dunkel. Aber dann sind wir alleine auf den Weg, über dem die Wildgänse sich gegenseitig was zurufen, um sich über den Wolken zu orientieren.
Dann kommt meine Tochter mit den beiden Hunden raus, und wir gehen nochmal die Straße runter. Am Ende bin ich über zwei Kilometer unterwegs, fast siebzig Minuten, während die Hilde bestimmt doppelt so weit gelaufen ist. Beide sind wir ziemlich geschafft, aber durchaus fröhlich.
Dagegen sein tut gut.Read more

TravelerUnbeschreiblich, die Nachrichten der letzten zwei Tage. Gestern mit Trump ins Bett, heute Morgen ohne Regierung aufgewacht. Unglaublich Angst.

Spaziergänge mit HildeJa das kann einem schon Sorgen machen. Aber eigentlich sollten wir vorbereitet sein mit Erdogan, Putin, Netanjahu und Li Qiang.
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- Day 134
- Thursday, November 7, 2024 at 3:00 PM
- ☁️ 8 °C
- Altitude: 92 m
GermanyCremlingen52°15’7” N 10°37’44” E
Cremlingen

3.055 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 0 km/ Gesamt 370.007 km / Ø121,11 km)
Landvergnügenhof
39638 Berenbrock
Deutschland
Zwei Tage bei meiner Tochter reichen aus, dass Hilde wieder glaubt, sie könne ihren eigenen Weg gehen. Die Freiheit des ungehinderten Spaziergangs mit den anderen Hunden führt schleichend bei Hilde zu einem durchgängigen Ungehorsam, solange wir draußen sind.
Im Bus ist sie dagegen fast richtig anhänglich, man könnte meinen, sie sei ein bisschen aufdringlich. Wenn ich jetzt nicht einschreite, und mit ihr den Gehorsam konsequent umsetze, dann gerät sie regelrecht "außer Rand und Band".
Langlebige Erziehung, weil - und jetzt kommst du - ich die wichtigen Schritte am Anfang nicht konsequent umgesetzt habe. Oder wie die Tiertrainerin sagt, du hast so einen charakterstarken Hund, entweder du brichst seinen Willen, oder du akzeptierst das, weil ihre Stärke auch unterwegs zu einem wichtigen Part in eurem Leben wird.
Also habe ich es mit Liebe und Freundschaft probiert. Das hatte schon als alleinerziehender Vater doch recht gut funktioniert, wenn ich meine Kinder jetzt betrachte, obwohl ich schon froh bin, dass wir die heftigen Zeiten gut überstanden haben.
Und so bin ich zwar nicht mehr in der Blütezeit meiner Energie, aber doch guter Hoffnung, dass wir unseren Weg mit Mut bestehen.
Die Nacht war unruhig, mehrfach hat Hilde gebellt, weil etwas Ungewöhnliches draußen vor sich gegangen ist. Die Tochter meint, es leben wilde Katzen im Stroh, und manchmal käme der Fuchs vorbei. Auf jeden Fall ist der Hof am Morgen voller Spuren, meint die Hilde aufgeregt.
Die feuchte Kälte von Bodennebel und Nieselregen zieht auch in den Bus ein, die Standheizung hält zwar dagegen, aber wir können sie immer nur für kurze Zeit ertragen, weil es dann gleich stickig im Bus wird. So kämpfen wir uns durch die Nacht, und mittlerweile werde ich von selbst um kurz vor fünf Uhr wach.
Wieder ein langer Spaziergang, morgens habe ich dazu die Energie, was mich erfreut. Nachmittags wird es weniger und abends bleibt nur ein kleiner Weg übrig, der allerdings auch der Dunkelheit geschuldet ist.
Solche Zeiten des temporären Anhaltens nutze ich nicht nur zum Wäsche waschen und Strom laden, sondern auch zu meiner "Lieblingsbeschäftigung" des Reduzierens. Ich hatte in den vergangenen Wochen schon die ein oder andere Idee, und jetzt die Zeit, es umzusetzen. Nichts Gravierendes, dafür leben wir im Bus schon ziemlich spartanisch.
Aber es kristallisiert sich schon deutlich raus, dass ich keine Lust mehr habe zu kochen, geschweige denn anschließend zu spülen. Also brauche ich weder einen Topf noch einen Kocher. Das Essen macht mir aber durchaus noch Spaß.
Heute bekommen wir die neuen Thermomatten für die Busfenster. Nach vier Jahren Dauerbenutzung sind sie komplett fertig, nichts ist für die Ewigkeit, so pflegt man ja zu sagen. Und im blauen Bus gibt es nach zwanzig Jahren Laufzeit ja ebenfalls ne Menge Verschleiß.
Das kleine Seitenfenster ist undicht, sodass bei diesen heftigen Regenfällen die Sachen in einem Schrank ganz nass werden. Jetzt hat ein guter Freund die möglichen Zulaufstellen dicht gemacht, sodass ich jetzt abwarten muss, wohin das Wasser nun fließt.
Mitte des Monats wird Alex feststellen, welche Reparaturen vor dem Winter noch anfallen, und welche Kosten dann auf mich zukommen. Es ist ein ständiger Kreislauf, und es kommt mir so vor, als würden wir dabei nicht zu den Gewinnern zählen.
Obwohl ich keinen Grund dazu habe, zu klagen, selbst wenn das Finanzamt noch die Hand aufhält. Bisher sind wir in allem immer reich beschenkt worden, und können nur dankbar sein für das Leben, das wir genießen dürfen.Read more