Caminho Português

September 2022
Porto - Vila do Conde - Barcelos - Ponte de Lima - Rubiäes - Tui - Redondela - Pontevedra - Caldas de Reis - Padron - Santiago de Compostela Read more
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  • Day 12

    O Milladoiro - Santiago de Compostela

    September 24, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 13 °C

    Ich habe mein Ziel erreicht: Santiago de Compostela. Auch wenn ich davon überzeugt gewesen bin, dass ich mein doch eher sportliches Vorhaben durchziehe, bin ich gerade aufgrund meiner Umstände sehr stolz darauf, es auch mit der schwächeren Version von mir geschafft zu haben.
    Ich startete heute früh um 7 Uhr und zog alles an, was ich hatte, denn es war mit 12 Grad für mein Empfinden doch echt kalt. Ein Vorgeschmack auf Deutschland. Es ist zudem genau das eingetreten, was ich bemängelt hatte, wenn man so früh startet: Es war verdammt gruselig im Dunkeln durch den Wald zu laufen. Zum Glück sah ich paar Hundert Meter vor mir eine Person mit Taschenlampe - ich vermutete einen weiteren Pilger.
    Abgesehen davon, dass es zeitweise ein bisschen creepy gewesen ist, war es aber auch schön, denn der Himmel war klar und die Sterne strahlten. Nach 1,5 Stunden kam ich in Santiago an. Die Stadt schlief noch und entsprechend waren keine Menschen auf der Straße. Als ich die Kathedrale erblickte, war ich gerührt und meine Augen wurden ein bisschen feucht. Jetzt habe ich es wirklich geschafft! Ich war bereits 2012 hier gewesen, aber jetzt war das Gefühl ein ganz anderes.
    Den Platz vor der Kathedrale teilte ich mir mit ganz wenigen und überwiegend mit Pferden. Nur bis 9 Uhr ist es nämlich den Pilgern, die mit dem Pferd den Weg zurücklegen, erlaubt auf dem Platz zu sein. Anschließend betrat ich Kathedrale durch die heilige Pforte, die nur in den heiligen Jahren geöffnet wird.
    2012 war ich ziemlich enttäuscht von der Kathedrale gewesen, überall hingen Bildschirme mit brennenden Kerzen, echte Kerzen gab es nicht, nur elektrische..das hatte so gar keinen Charme in meinen Augen. In den letzten Jahren wurde die Kathedrale allerdings restauriert und zum Glück haben sie auch gleich die Bildschirme abgehängt und wieder echte Kerzen hingestellt. Ich besuchte das Grab den Heiligen Jakobus, setzte mich anschließend und war bereit für die Pilgermesse. Keine Ahnung, wann ich das letzte mal einen Gottesdienst mitgemacht habe. Wahrscheinlich vor 10 Jahren in Spanien? Auch wenn ich in den letzten 10 Tagen nicht zu Gott gefunden habe und auch nicht jedes Wort verstanden habe, war die Atmosphäre doch sehr schön. Alle 10 Jahre kann man das durchaus mal mitmachen. Ich hatte sogar das Glück, dass der Weihrauchkessel geschwenkt wurde - ein Spektakel, dass meines Erachtens nach aber ein bisschen zu sehr gehyped wird. Ich habe auf jeden Fall alles mitgenommen was geht, habe eine Kerze angezündet und bin zum Pilgerbüro um die Compostela, mein Pilgerzeugnis, abzuholen. Die Stadt füllte sich im Nu. Auf einmal musste man überall anstehen: An der Heiligen Pforte, am Grab,..einfach überall. Das frühe Aufstehen und der gruslige Weg haben sich auf jeden Fall gelohnt. Den Nachmittag verbrachte ich damit durch die Stadt zu schlendern und meinen Weg Revue passieren zu lassen. Ich bin zufrieden. Zufrieden mit meinen Entscheidungen und dankbar für all die tollen Erfahrungen und Begegnungen, auch wenn einige davon ein bisschen schmerzhaft waren. Ich habe viel über mich gelernt, aber mir definitiv bewiesen, dass ich an mich glauben kann. Und das werde ich weiterhin tun.
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  • Day 11

    Padrón - O Milladoiro

    September 23, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 22 °C

    Ich habe heute ganz vorbildlich bis 8 Uhr geschlafen. Aufgrund der immens hohen Preise entschied ich mich nochmal eine Nacht außerhalb von Santiago zu übernachten und morgen früh die letzten 7 km zu laufen. Das hat den Vorteil, dass ich dann früh in Santiago bin und so hoffentlich den Massen ein wenig entkommen kann. So die Theorie. Auf jeden Fall bedeutete dies, dass ich heute nur eine kurze Etappe von 16 km vor mir hatte, daher konnte ich es mir erlauben, später aufzustehen. Ich frühstückte noch in einem kleinen Café und machte mich dann auf. Es ging durch viele kleine Ortschaften und eine davon war ein Katzenparadies. Noch nie habe ich so viele gutgenährte Katzen in einem Ort gesehen. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie in einem Unterschlupf immer entsprechend Essen vorgesetzt bekamen - Katze müsste man sein.
    Und dann sah ich sie: Menschenmassen. Beim Annähern erkannte ich, dass es Jugendliche waren, bestimmt 100 oder mehr, die wohl einen Ausflug von Padrón nach Santiago unternahmen. Schöne Idee! Das Überholen gestaltete sich allerdings schwierig auf den schmalen Straßen und beim Vorbeilaufen fühlte ich mich dann wie in Peking, als Attraktion der Kiddies. ‚Hello‘, ‚Hello‘, ,Hello‘ von allen Seiten. Geschafft! Puh! Heute ging es wieder viel bergauf und bergab, letzteres mögen meine Knie nicht mehr so. Der Duft des Weges war eine Mischung aus Kohl und Zimt, ich glaube das sind die Feigen, die so süßlich riechen. Hier gefällt mir letzteres definitiv besser, nichtsdestotrotz macht der Kohlduft wieder Lust auf einen leckeren Eintopf. Als ich in O Milladoiro ankam aß ich erstmal was und brauchte eine Siesta, weil ich so unfassbar müde war. Was man Körper braucht, soll er auch bekommen - schließlich hat er mich in den letzten 10 Tagen über 250km weit getragen, einfach unfassbar!
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  • Day 10

    Caldas de Reis - Padrón

    September 22, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 24 °C

    Heute bin ich noch ein bisschen früher los und eigentlich weiß ich gar nicht so genau warum. Ich war richtig müde, was sicher am Wein, dem späten zu Bett gehen und dem frühen Aufstehen lag. Keine optimale Kombi. Ich lief eine halbe Stunde im Dunkeln und versteh so gar nicht, wieso Leute schon um 6 Uhr (2h vor Sonnenaufgang) losliefen. Es ist kalt. Es ist dunkel. Man sieht nichts von der schönen Landschaft. Es ist gar nicht so ungefährlich und man kann eh erst gegen 14 Uhr in den Unterkünften einchecken. Das einzige: Man umgeht natürlich die Mittagshitze. Aber was gibt es schöneres als die Dusche in der Unterkunft, nachdem man schweißgebadet am Ziel ankommt? Absolut nichts! Heute kam ich bereits um 12 Uhr in Padrón an. Ich war ziemlich flott unterwegs und bin auch so der Mittagshitze aus dem Weg gegangen. Aber ehrlich gesagt, habe ich die ersten 3 Stunden der Strecke gefroren..ich hätte lieber geschwitzt! Check-In ist allerdings wie erwartet erst um 14 Uhr gewesen. Und ab 13 Uhr gibt es erst Mittag in den Restaurants. Bleed. Also setzte ich mich einfach in ein Restaurant, trank eine Cola und wartete bis 13 Uhr. Ich war ganz alleine in diesem Restaurant, denn ich wollte unbedingt hier essen, denn es war eine Pulperia. Um 13 Uhr ging’s dann los: Zur Vorspeise Pulpo, Hauptgericht Kabeljau und zum Abschluss eine Orange. Ohja. Lecker. Mittlerweile hatte sich die Terrasse des Restaurants so gefüllt, dass Leute anstehen mussten bzw. relativ lange warteten um ein Platz zu bekommen. Ich habe also definitiv eine sehr gute Wahl getroffen! Allerdings fühlte ich mich ein bisschen schlecht, denn als die Terrasse komplett leer war, setzte ich mich einfach an einen 4er Tisch. Konnte ja keiner ahnen, dass so ein Ansturm folgen würde!
    Anschließend kaufte ich noch ein bisschen Wasser und Obst und checkte in meiner Unterkunft ein, die ein bisschen außerhalb von Padrón lag. Dadurch, dass es hier einen Garten gab, beschloss ich mich heute Abend nicht mehr in die Stadt zu bewegen, sondern den Nachmittag im Garten zu verbringen. Die Ruhe ist ein Traum und ich kann es richtig genießen einfach mal Zeit zu haben um entspannt im Freien zu lesen.
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  • Day 9

    Pontevedra - Caldas de Reis

    September 21, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 27 °C

    Dadurch, dass es gestern so unerträglich heiß gewesen ist, beschloss ich heute ein bisschen früher zu starten. Es war ziemlich frisch, aber auch schön zu sehen, wie die Stadt langsam erwacht. Die ersten 10 Kilometer bin ich mit Domian aus Slowenien gelaufen, den ich seit Porto immer mal wieder auf der Strecke getroffen habe. Er beklagte die Unterschiede zwischen den portugiesischen und spanischen Abschnitten, quasi das, was ich gestern berichtet habe, nur wesentlich kritischer. Und ja, nachdem wir uns wieder trennten, war ich auch ein bisschen genervt von den ganzen Gruppen, die mit ihren Mini-Rucksäcken und Turnschuhen ‚nur‘ die letzten 100km liefen und vor Energie nur so strotzen. Die Ruhe war definitiv fort.
    Ich war heute überraschenderweise sehr schnell unterwegs, wahrscheinlich weil ich viele Gruppen überholen musste, damit ich ein bisschen Ruhe habe. Sprach Oma Katharina.
    Trotzdem machte ich natürlich vorbildlich zwei Päusschen. Seitdem ich in Spanien bin, sind die Gespräche der anderen Pilger immer die gleichen: Was ist gestern schief gelaufen bei der Unterkunftssuche, wer hat wo welche Unterkunft reserviert oder angepeilt, es sei so blöd, dass man nirgends mehr spontan ein Zimmer finden kann, man hätte Panik gehabt nichts mehr zu finden, man musste 5km weiter in die nächste Ortschaft laufen, weil alle Zimmer belegt waren…usw. JEDEN TAG. Ich bin so unfassbar froh, dass ich alles vorgebucht habe und nicht diese Probleme habe. Das klingt für mich so richtig ätzend und hat in meinen Augen nichts mehr mit Freiheit zu tun, sondern nur Stress. Diese Art von Freiheit funktioniert nur wenn Angebot und Nachfrage im Einklang sind, was aber seit Tui nicht mehr der Fall ist.
    Auf jeden Fall habe ich aus gestern gelernt und bin heute Mittagessen gewesen - endlich gab es meinen Pulpo, der wirklich vorzüglich gewesen ist! Aufgrund der Hitze bin ich auch nach dem Essen wieder ins Zimmer - es ist nämlich eh Siesta und alles hat geschlossen!
    Nachmittags bin ich nochmal los um ein bisschen durch die Stadt zu schlendern und um Lotto zu spielen. Mein Plan ist es nämlich am Freitag die 194 Millionen zu knacken. Träumen darf man ja wohl!
    Als ich durch die wirklich süße Stadt schlenderte, sah ich Javi, der gerade seine Füße in eines der zahlreichen Thermalbecken entspannte. Zwar erkannte er mich geduscht & ohne Wanderoutfit auf den ersten Blick erstmal nicht, lud mich dann aber doch ein ihm Gesellschaft zu leisten, nachdem er checkte, dass ich es bin. Ich setzte mich zu ihm und tränkte auch meine Füße. Das Wasser war unglaublich heiß, oder es fühlte sich zumindest so an. Nach kurzer Zeit war es aber sehr angenehm und meine Füße dankten es mir.
    Anschließend tranken wir noch 1,2,3 Weinchen zusammen und ließen den Abend mit viel Humor und guten Gesprächsthemen ausklingen.
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  • Day 8

    Redondela - Pontevedra

    September 20, 2022 in Spain ⋅ 🌙 23 °C

    Redondela hatte ich mir gestern nicht mehr wirklich angeschaut. Aber zum Glück führt der Weg irgendwie immer durch die Altstadt, sodass ich dann heute früh das Örtchen gesehen habe. Der Weg heute war wieder richtig schön, wenn es nicht mit 32 Grad wieder unglaublich heiß gewesen wäre. Der Unterschied zwischen Portugal und Spanien ist allerdings echt groß. Seit Tui (Spanien) sind sicher das vierfache an Pilgern dazugekommen - wenn das mal reicht. Man merkt, dass viele den Weg ab Tui laufen, aber auch dass der Küstenweg sowie der traditionelle Weg zusammenführten. Zudem muss man in Spanien keine Angst mehr haben, dass man verdurstet oder verhungert, denn es gibt viel mehr Cafés, aber auch private Stände (sogar im Wald), an denen alles was man braucht und nicht braucht kaufen kann. Und: Es gibt in Spanien Bänke, in Portugal gefühlt nicht eine, außer an der Küste. Wie dem auch sei, hat mir der Weg heute wieder richtig gut gefallen. Es war ein guter Mix aus allem!
    Ziemlich ungünstig war allerdings, dass ich irgendwann bemerkte, dass ich meine Socken, die ich zum aufhängen an meinen Rucksack klemmte, verloren habe. 30€! Natürlich lief ich ein ganzes Stück wieder zurück und suchte sie. Die mir entgegenkommenden Pilger waren leicht verwirrt, aber ich habe sie schlussendlich wiedergefunden. Das Waschen hätte ich mir sparen können, denn sie sind schön im Dreck gelandet. Aber ich hab sie wieder und das zählt!
    Pontevedra, mein Etappenziel, gilt als schönste Stadt Galiciens. Und dadurch, dass ich schon relativ früh angekommen bin, schaute ich mir die Stadt auch an. Sie ist wirklich schön! Sehr mittelalterlich geprägt und viele kleine verwinkelte Gässchen. Komisch ist aber, dass Leute hier anscheinend mit ihren Eseln spazieren gehen. Nagut!
    Dadurch, dass ich Mittags nichts gegessen hatte, war ich um 19 Uhr natürlich auch entsprechend hungrig. Und ich wollte unbedingt Pulpo essen! Ich setzte mich in eine Sidreria, wo man mir entgegnete, dass die Küche erst um 20:30 Uhr aufmachen würde, so wie überall. HILFE! Ich wusste ja, dass die Spanier einen anderen Rhythmus haben, aber dass man gar nichts zu essen bekommt, ist mir neu. Ich bestellte trotzdem Sidre mit der Antwort, dass es nur 0,7l Flaschen geben würde und ich besser was anderes bestellen solle. Nö. Einfach nur nö. Ich will genau diese Flasche Sidre. Wenn ich schon nichts zu essen bekomme, muss ich meinen Magen eben mit was anderem füllen. Und natürlich habe ich die ganze Flache getrunken! Und das habe ich dann auch gemerkt…
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  • Day 7

    Ribadeloura - Redondela

    September 19, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 29 °C

    170km in 6 Tagen! Halleluja! Und das mit nur einer Blase am kleinen Zeh. Ich bin wirklich begeistert und ein kleines bisschen stolz. Vor allem werden die nächsten Tage ein bisschen entspannter, denn es sind ja nur noch ca. 85km, was mir meine Füße danken werden.
    Der heutige Tag war aber komplett anders als die davor. Ich startete mit einem unfassbar leckeren, spanischen Frühstück, bei dem ich es leicht übertrieben habe, aber hatte dennoch oder gerade deswegen volle Energie.
    Kurz nach meinem Start lernte ich Javi aus Almería kennen mit dem ich mich so gut verstand, dass wir im Endeffekt die komplette Etappe zusammenliefen. Das war auch eine tolle Erfahrung, vor allem hatten wir tolle Gespräche, obwohl mein Spanisch echt eingerostet ist. Nach weniger als 2 Stunden waren wir bereits in O Porriño, der Stadt in der Javi eigentlich bleiben wollte. (Keine schöne Stadt!) Aber dadurch, dass wir so unfassbar schnell waren, machten wir eine kleine große Pause im Café und Javi entschied sich schließlich mit mir weiterzulaufen. Ich war heute echt unfassbar flott unterwegs - ich glaube mein Körper hat sich jetzt an das Laufen und die Schmerzen gewöhnt!
    Im Allgemeinen war die Strecke heute allerdings nicht so schön, viel Industriegebiet, viele Straßen, viele Häuser. Also eigentlich ging es heute darum, sich die Häuser auf der Strecke anzuschauen und zu überlegen in welchem man wohnen möchte. Daher war es heute umso passender einen netten Gesprächspartner an der Seite zu haben.
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  • Day 6

    Rubiäes - Ribadeloura

    September 18, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 30 °C

    Nach einem leckerem Frühstück bei Sofia startete ich mit Rick, einem Kanadier, die heutige Etappe. Irgendwie wollten meine Beine aber nicht so richtig, ich war so unglaublich langsam, dass ich Rick weiterziehen lassen musste. Wohlgemerkt ist Rick 70+. Für die ersten 6km brauchte ich fast 3 Stunden - ich kam einfach nicht voran. 21 km sollten noch folgen. Nach der obligatorischen Cola Zero war ich aber plötzlich wieder da und es lief, ich lief. Der Weg war heute viel hoch und runter, aber vor allem runter, was wahrscheinlich auch ein Grund für mein Langsamsein gewesen ist. Meine Füße waren müde und schmerzten, aber ich hab ein neues Mittel: Schuhe aus, kurze Massage und nochmal Hirschtalg drauf. Das funktioniert echt wunderbar. Während meiner ausgiebigen Pausen traf ich alte Gesichter und jeder berichtete dasgleiche, niemand kam so richtig voran. Puh, zum Glück bin ich nicht die einzige! Es können aber auch die 32 Grad gewesen sein, die einen ganz schön platt gemacht haben.
    Heute wurde mir klar, dass auch wenn wir alle den gleichen Weg gehen, geht ihn jeder anders. Der eine hört Musik, der andere läuft nie mehr als 15km, andere überspringen Etappen mit dem Taxi und ich nehme mir immer Einzelzimmer. Jeder hat seinen eigenen Rhythmus, seine eigenen Regeln und Grenzen. Und jeder einzelne ist glücklich mit seinen eigenen Parametern, was unglaublich schön ist zu beobachten. Der Camino ist so vielfältig wie das Leben. Man muss ihn nur so gestalten, wie es einem passt.
    Das schönste an der heutigen Strecke waren für mich tatsächlich die Städte: Valenca und Tui.
    Valenca ist die letzte portugiesische Stadt vor der Grenze Spaniens und ist geprägt von imposanten Stadtmauern und einer niedlichen Altstadt mit vielen tollen Geschäften. Ich hätte am liebsten losgeshoppt, aber jedes vermeidbare Gramm im Rucksack ist ein gutes Gramm.
    Valenca und Tui werden verbunden durch eine Brücke, die als Symbol des friedlichen Zusammenlebens beider Länder gilt. Ich fand’s ganz witzig über die Brücke zu laufen und plötzlich in Spanien zu sein und vor allem 1h weiter. Tui ist sehr mittelalterlich geprägt, was der Stadt auch viel Charme verleiht. Obwohl beide Städte toll waren, musste ich noch ein paar Kilometer hinter mich bringen, denn meine Unterkunft war in Ribadeloura. Obwohl diese zusätzlichen 1,5 Stunden gequält haben, hat die Unterkunft diese wieder komplett wett gemacht. Das Zimmer war komplett neu, der Garten traumhaft und die Gastgeberin sehr nett. Und schließlich lernte ich Petra aus dem Saarland kennen, mit der ich bei einem Glas Wein und leckeren Lentejas den Abend ausklingen ließ. Schön wieder in Spanien zu sein!
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  • Day 5

    Ponte de Lima - Rubiäes

    September 17, 2022 in Portugal ⋅ ☁️ 27 °C

    Heute sollte es entspannt werden: 19km & 400 hm - quasi Urlaub. Das war nur die Theorie, denn natürlich wird man von Tag zu Tag nicht gerade fitter und den Füßen geht es tendenziell schlechter und nicht besser. Nichtsdestotrotz freute ich mich auf die heutige Etappe, denn sie sollte landschaftlich sehr reizvoll werden. Nach meinem neuen Ansatz, machte ich in jedem Café, welches mir über dem Weg lief, eine Pause, sofern ich mindestens 1,5h gelaufen bin. So viele Cafés gab es tatsächlich nicht, sodass mein 1,5h Limit keinen Sinn gemacht hatte. Auf jeden Fall setzte ich mich in das erste Café, wo sich schon viele bekannte und einige neue Gesichter tummelten. Ich unterhielt mich nett mit einem Südafrikaner und einer Amerikanerin, als ich wieder ‚Katha, a beer‘ zu hören bekam. Auch dieses Mal lehnte ich ab, denn es war gerade mal 11 & der Anstich war schließlich erst um 12!
    Ich pilgerte weiter, und weiter..ziemlich langsam. Bergauf, bergab und plötzlich merkte ich das was fehlte: die gelben Pfeile! Mist, ich bin falsch bzw. habe mich verlaufen. Es gibt so viele von ihnen, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass man sich überhaupt verlaufen konnte. Öhm, doch. Ich entschied mich den Weg zurückzugehen um herauszufinden, wo ich was falsch gemacht habe, denn eigentlich bin ich an keiner Abzweigung vorbei. Ich hatte recht behalten. Es gab keine offizielle Abzweigung, sondern einen nicht offiziellen Weg, den ich schlichtweg übersehen habe. Den man aber eigentlich nicht übersehen kann, denn es gab mindestens 10 Pfeile. Also: Ich bin ganz selbstsicher den asphaltierten Weg unter der Autobahnbrücken entlang, weil es für mich keinen anderen Weg gab und ich anscheinend so davon überzeugt war, dass es der Weg sein muss, dass ich weder nach rechts noch links schaute. Puh. Wie oft bin ich denn eigentlich voreingenommen? Bilde mir eine Meinung, ohne richtig hingeschaut zu haben? Urteile? Zu oft! Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber das auf diese Weise nochmal aufs Brot geschmiert zu bekommen (jeder zusätzliche Schritt schmerzt!), ist kein schönes Gefühl. Der Weg war heute besonders schön! Es ging sehr viel durch Wäldern, wofür ich bei 28 Grad auch echt dankbar war. Mir schmerzten die Füße, daher lief ich auch vergleichsweise langsam. Und da sah ich plötzlich auf dem Boden ein Stein liegen: ‚Come on Katha‘. Ich musste laut loslachen - dieser verrückte Ungar! Ich fand das total lieb und wirklich motivierend. Später habe ich noch einen Stein gesehen mit: ‚Go, Katie‘ für die junge Amerikanerin. Es sind die kleinen Dinge und oftmals einfach nur zwei, drei Worte! Schön! Ich bin echt auch ein bisschen gerührt, was für nette und bedingungslos hilfsbereite Menschen man trifft. Das ist eine unglaublich schöne Erfahrung!
    Die Höhenmeter hatten es in sich, denn sie kamen auf einmal. Auf halben Weg erreichte man das ‚Kreuz der Pilgerer‘ unter dem die Pilger einen Stein für einen Wunsch, den sie auf dem Weg mit sich tragen, ablegten. Auch ich legte einen ab.
    Den Abend ließ ich mit meinen Mit-Gasthäuslern ausklingen: Zwei ältere Herren aus Amerika & Ute aus Leipzig.
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  • Day 4

    Barcelos - Ponte de Lima

    September 16, 2022 in Portugal ⋅ ☀️ 27 °C

    Mir graute es schon vor dem heutigen Tag, denn nach zwei sehr sportlichen Tagen und der Verzweiflung gestern, wusste ich nicht so recht wie ich es heute machen würde. Die Antwort war allerdings leicht: Anders.
    1. Ich schnürte meine Schuhe nicht so fest. Google sagt nämlich, die Füße müssten durchblutet werden, sonst fängt das ‚Brennen‘ an. Ja, das habe ich gemerkt!
    2. Ich legte nach 2 Stunden jeweils eine Pause ein.
    3. Ich machte eine ausgiebige Mittagspause und aß vernünftig.
    4. Ich versuchte zwischendurch meine Füße anders zu belasten.
    Ich sage nicht, dass mir nach 10 Stunden pilgern nicht die Füße wehtun würden, aber diese 10 Stunden und fast 40km haben nur geklappt, weil ich meinen gestrigen Ansatz grundlegend angepasst habe. Auch sonst war die Stimmung des Tages ganz anders - endlich war ich nicht mehr allein! Es waren nicht viele Pilger*innen, aber genug, sodass man die unterschiedlichsten Leute immer wieder getroffen hat. Jeder hat natürlich ein anderes Tempo. So läuft man ein Stück zusammen, trennt sich und sieht sich 10km später im Café wieder. Genau so wollte ich das! Ein Herr aus Ungarn bat alle Mitpilger*innen auf seinem weißen T-Shirt zu unterschreiben. Das war echt eine süße Idee, weil er so tatsächlich alle Namen draufhatte. Jedes Mal wenn ich ihn wieder traf kam: Katha, a beer? Auch wenn ich das aufgrund der Uhrzeiten oder meinem physischen Zustand immer ablehnte, fand ich das echt super meinen Namen zu hören, wenn ich ein Café betrat. Heimisch! Auch das ist sicherlich ein Grund dafür gewesen, dass ich die Distanz heute gepackt habe - all die Pilger*innen, die ich traf halfen mir irgendwie dadurch. Auch wenn es bei den anderen immer so leicht aussteht, werden alle irgendwie mit irgendetwas gekämpft haben. Und wenn es nur die Hitze ist. 27 Grad, Sonnenschein & strahlend blauer Himmel. Ich will mich nicht beschweren, aber der Regen von Tag 1 war dann doch gar nicht so übel.
    Nach 11 Stunden bin ich in Ponte de Lima angekommen, der ältesten Stadt Portugals. Herr Reiseführer sagt, auch hier soll es ganz schön sein, aber ich laufe keinen einzigen Schritt mehr, der nicht sein muss - meinen Füßen zuliebe.
    Meine heutige Erkenntnis: Falsche Entscheidungen zu treffen, kann schmerzhaft sein. Allerdings kann dies aber auch gut sein, denn im besten Fall, weiß man es danach einfach besser, weil man dazugelernt hat!
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  • Day 3

    Vila do Conde - Barcelos

    September 15, 2022 in Portugal ⋅ ⛅ 21 °C

    Heute machte ich den ‚kleinen‘ Umweg von ca. 9 km um von der Küste zum traditionellen Weg zu gelangen. Auch der heutige Tag begann mit Regen, der aber zum Glück nur kurz anhielt. Regenkleidung an, Regenkleidung aus. Irgendwie war der Tag ziemlich einsam, was ich wertfrei meine, denn ich habe innerhalb von 8 Stunden nur 9 weitere Pilger*innen getroffen. Vor mir lief niemand, hinter mir genauso. Zum Glück war ich sehr davon überzeugt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, sonst wäre das definitiv eine Erklärung gewesen. Vielleicht steht diese schöne Kombi aus Küstenweg & traditionellen Weg auch einfach nicht in anderssprachigen Reiseführern, denn man mag es kaum glauben, aber Deutschen bin ich noch nicht begegnet.
    Dadurch, dass der ‚Umweg‘ nicht Teil des Pilgerweges ist, fehlen natürlich die Markierungen. Daher musste ich mich ganz streng an die Beschreibung im Reiseführer halten: Am Bildstock links, am Haus mit dem Palmen rechts, an der Lagerhalle links,…der erste Teil der Route kam mir vor wie eine Schnitzeljagd und obwohl ich die Beschreibung ab und zu willkürlich fand, gab es wirklich nur ein Haus mit Palmen und nur eine Lagerhalle, sodass die Schnitzeljagd erfolgreich verlief.
    Die ersten zwei Stunden Marsch verliefen prima und ich merkte wie ich über den gestrigen Tag nachdachte. Im Nachhinein fand es sehr amüsant, dass ich bei Ankunft in Vila do Conde gar nicht den Drang verspürte mich im Ort umzusehen, ich verlor nichtmal einen Gedanken daran. Und dann fiel mir der Kalenderspruch ‚Der Weg ist das Ziel‘ ein - und das traf nun mehr als zu! Nicht Vila do Conde war mein Ziel, sondern der Weg zu diesem Ort. Was das fürs Leben bedeutet, weiß ich noch nicht so recht. Braucht man Ziele um den Weg zu gehen? Kann der Weg nicht trotzdem schön sein, auch wenn man ziellos ist?
    Nach den ersten zwei Stunden merkte ich leider schon wie meine Füße schmerzten. Jetzt schon - das darf doch nicht wahr sein. Und dann fing die rechte Hüfte an. Und das Knie meldete sich auch. Mir war gar nicht bewusst, wie viele Schmerzpunkte ein Mensch gleichzeitig haben kann. Aber die Antwort ist definitiv ‚Viele‘, zu ‚Viele‘. Ich war im Mimimi-Modus und fragte mich echt, wie ich es ans Ziel schaffen sollte. Und das an Tag 2! Der Weg ist das Ziel, erinnerte ich mich. Und so lief ich langsamer, machte eine Pause, wenn es nicht mehr ging, dehnte mich in regelmäßigen Abständen & lief. Ich hatte schließlich keinen Zeitdruck. Ich passierte Maisfelder, durchquerte Eukalyptus-Wälder und einige kleine Ortschaften. Die Schmerzen blieben und ich war überrascht, was mein Körper alles so wegsteckt. Auch wenn wegstecken nicht das richtige Wort ist, ertragen, erleiden,.. Die Pausen wurden immer mehr und länger, aber nach über 45000 Schritten und viele Stunden später erreichte ich schließlich Barcelos. In der Zwischenzeit überholten mich auch drei ältere Herren. Die drei hatten definitiv den Dreh raus und motivieren mich irgendwie auf den letzten Metern nicht aufzugeben. Vielleicht war die Etappe deshalb so schwierig für mich, weil ich 35 km alleine vor mich hin lief. Das gemeinsame ‚Leiden’ mit anderen Pilger*innen fehlte völlig.
    Das mit dem Stempel-Sammeln gestaltete sich auch schwierig heute. Die Kirchen und Herbergen waren geschlossen & sowie war der Weg nicht großartig belebt. Aber ich fand dann doch ein Café, in dem ich für eine Cola & 1,5l Wasser sage und schreibe 2,40€ zahlte und mir schließlich meinen Stempel holte.
    Barcelos ist tatsächlich die erste Stadt, die ich nach Porto wieder zu Gesicht bekomme. Der Herr Reiseführer schreibt, dass es sich lohnen würde sich die Stadt anzuschauen. Und das tat ich auch, nachdem ich im Hotel duschen war und meine Flip Flops angezogen habe. Herr Reiseführer hat auch hier recht behalten.
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