• Katrin Just
Aug 2021 – Aug 2022

Hallo Welt

Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben. - Kurt Tucholsky
Nur wer sich auf den Weg macht, wird neues Land entdecken. - Hugo von Hofmannsthal
Zögere nie, weit fortzugehen, hinter alle Meere, alle Grenzen, alle Länder, allen Glaubens. - Amin Maalouf
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  • Weihnachten im Paradies Bacalar

    December 24, 2021 in Mexico ⋅ ☀️ 25 °C

    Wenn es einen Ort für mich geben sollte, der mich ganz besonders erfreuen könnte, dann wäre es einer mit den unterschiedlichsten Blau- und Grüntönen. Diesen Ort kann man in der Nähe von Belize in dem kleinen Dorf Bacalar tatsächlich besuchen, denn dort befindet sich die Lagune der Sieben Farben. Nicht nur der Name klingt poetisch, der ganze Lagunenabschnitt hat den Anschein, irgendeinem romantischen Bilderbuch zu entspringen.

    Es ist der 24. Dezember. Heiligabend. Morgens bin ich noch mit Serrel und ihren Eltern in den Ruinen Tulums und am Strand und abends in Bacalar. Unser Bus von Tulum nach Bacalar hat allerdings so viel Verspätung, dass ich das Weihnachtstelefonat mit meinen Lieben von der winzigen, überfüllten Bushaltestelle aus führen muss. Es dämmert bereits, als wir im Hostel ankommen. Kein Scherz: Es ist kein geringerer als JESUS, der unseren Check-In durchführt. Ich feiere diesen Umstand, dass wir von Jesus zu Heiligabend eine Unterkunft erhalten! Ein ganz vorzüglicher Weihnachtsscherz! Wir buchen das Weihnachtsdinner im Hostel und treffen Lotta wieder. Ich liebe das Reisen hier in Mexiko und die Tatsache, dass wir so vielen mehrfach begegnen – und besonders zu Weihnachten.

    Das Fest selbst ist schön, wir treffen viele neue Leute aus unterschiedlichen Ländern und Städten, aber so richtig werde ich nicht warm mit ihnen. Langsam schleicht sich eine Kennenlern-Ermüdung bei mir ein. Ständig neue Kontakte knüpfen und dieselben Smalltalks führen, ist wirklich ziemlich anstrengend! Dennoch war es ein schöner Abend und als die Musik immer wieder unterschiedliche Richtungen bringt, entschließe ich, dass es Zeit fürs Bett ist. Und ja, auf den Fotos sieht man deutlich: Kein Abstand, kein Mundschutz, keine Kontaktbegrenzung. Es ist eben wie Weihnachten!

    Am nächsten Tag suche ich einen wunderschönen Platz zum Frühstücken: Den Eingang des „Picaflors“ ziert ein riesiger Kolibri und ich sitze unter Palmen, schreibe endlich den Blog weiter und telefoniere nach Hause. An Weihnachten erinnert hier nichts außer meinem tollen Brunch, das ich mir an diesem Tag gönne, und ich bin froh darüber. Auch, dass ich mit Lotta und Rish hier bin und trotzdem Zeit für mich habe.

    Später geht es auf eine Segeltour über die Lagune, weitere Deutsche im Gepäck und Carl, einem Traveller, der mich mit Dutzenden guten Reisetipps ausstatten wird. Jetzt bin ich schon so lange unterwegs und lerne erst jetzt die besten Apps kennen! Tausenddank! Das Segeln ist so entspannend, auch das Schwimmen in der Lagune, als die Sonne untergeht und die Musik im Hintergrund spielt, wird es dann für eine kurze Zeit leise und jeder hängt seinen Gedanken nach. Carl verrät uns später, dass er ein bisschen Tränen wegdrücken musste, weil es so schön war. Rish war zur selben Zeit mit zwei anderen Deutschen unterwegs, die uns in Kolumbien wiederbegegnen werden und hat sich für die günstigere Katamaran-Tour entschieden, die wohl auch gut gewesen sein soll.

    Meine Segeltruppe und ich gehen am Ende alle noch gemeinsam essen, lassen den Abend wunderbar ausklingen. Dennoch kann ich mir nicht helfen, so richtig hatte ich hier nicht hineingepasst. Alle waren unfassbar nett und offen, aber ich fühle mich wie ein Eindringling, warum auch immer. Ob es daran liegt, dass ich wieder einmal die Älteste hier bin?

    Ich starte auch den zweiten Weihnachtsfeiertag in meinem Lieblingsfrühstücksplatz, danach wollen Lotta und ich Kayakfahren gehen. Wir haben eine fantastisch entspannte Zeit und paddeln unseren Weg zurück in die Piratenbucht, in der vor Jahren die Piraten in der Gegend gelandet sind. Das Wasser ist so flach und scheint in den unterschiedlichsten Türkistönen! Love it! Rish ist es zu anstrengend, er würde ein Jetsky bevorzugen. Ich muss lachen, denn manchmal merkt man ihm das reiche indische Kind dann doch an...

    Während wir dann mit anderen vom Hostel und der Französin Claire zum Coclito Strand gehen und einen der schönsten Orte vorfinden, die ich je gesehen habe, stapft Rish mit den Mädels in Chetumal (nicht empfehlenswert!) herum und muss seine auseinanderfallenden Schuhe ersetzen. (Was hat er nur mit seinen Schuhen?!) Lotta und ich jedenfalls haben die beste Zeit, lernen von Claire, wie man Pina Colada macht und legen uns in die Hängematten im Wasser. Was für ein toller Ort!

    Als Lotta und ich am Ende in einem wunderschönen Restaurant (Pina?) unseren Abschied feiern und uns unsere Lebensgeschichten erzählen, überkommt mich der Wunsch, bald nach meiner Reise einmal nach Berlin fahren zu sollen. Manche Leute sollte man im Leben öfter sehen – erst recht, wenn man mit ihnen zu Weihnachten am anderen Ende der Welt in der Lagune der Sieben Farben in der Piratenbucht Kayakfahren war!
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  • Technisches Weltwunder in Panama

    December 28, 2021 in Panama ⋅ 🌧 17 °C

    Wie wäre eigentlich ein kleiner Layover in Panama über Silvester? Da ja eh alles anders kam und dann noch einmal anders, kann man auch mal zwischen den Jahren einen kurzen Zwischenstopp in Panama machen – immerhin findet sich hier eines der neuen Weltwunder der Technik – ein "Meisterwerk der Ingenieurbaukunst im Dschungel Panamas". Also nehmen Rish und ich den Nachtbus von Bacalar nach Cancun-Airport und ab geht es nach Panama. Auch gefällt mir der Gedanke, dass ich in der Mitte der Reise noch einmal in die Nähe der Region Mittelamerikas zurückkomme, die ich sehr geliebt habe - zudem war Panama-City der Zwischenstopp vor Chris' und meinem ersten Land dieser Reise: Costa Rica. Ein würdiges Ziel also!

    Als Rish und ich mit dem Mietwagen zu unserer Unterkunft nahe des Panama-Kanals fahren, staunen wir nicht schlecht über die atemberaubende Sicht, die sich uns bietet. Die beleuchteten Türme der Stadt erheben sich majestätisch in den Himmel. Eine fantastische Skyline! Am nächsten Tag begeben wir uns erst einmal in die Altstadt Panamas „Casco Viejo“, schlendern ein wenig herum, bewundern die Hüte, Kirchen und Fassaden der Häuser. Schön hier!

    Wir haben nicht so viel Zeit und sind mittags schon bei den Miraflores-Schleusen des Panama-Kanals. Für satte 10 Dollar Eintriff darf man von einer Plattform den Schleusenvorgang betrachten. Da sich Dutzende Menschen hier drängen, ist es schwer in Ruhe zuzusehen und das Meisterwerk der Technik zu bewundern. Auch muss ich sagen, dass ich eben auch schon zahlreiche Schleusen gesehen und passiert habe und mein Interesse daher nur mittelmäßig ist. Dies hier ist eben eine große und international bedeutende Schleuse... gut. Dennoch bin ich amüsiert, denn nun trumpft Rish mit vielen Fakten über den Kanal auf und hätte stundenlang zusehen können. Bei den Pyramiden war es anders herum!

    Also ein paar Fakten: Was bereits im 16. Jh. der spanische Kaiser Karl V. planen ließ, wird erst Anfang des 20 Jhs. Realität: Im August 1914 fährt das erste Schiff durch die 82 km lange Wasserstraße, die heute rund 14.000 Schiffe jährlich passieren und sich damit weite Fahrten und enorme Kosten ersparen. Dies alles kam vielen Beteiligten jedoch teuer zu stehen. Die Franzosen versuchten sich 1880 zuerst am Bau, scheitern jedoch: Zirca 22.000 Arbeiter starben an Gelbfieber und Malaria, die aufwändigen Arbeiten in den Tropen trieben die Kanalgesellschaft in den Konkurs. Rund um die Baustelle standen Kreuze, Leichen wurden in Essigfässern nach Europa verschifft, um nicht noch mehr Kreuze aufstellen zu müssen. 1904: Nach politischen Schachzügen und einer Besetzung durch US-Truppen ließen sich die USA die Kanalzone vertraglich zusichern und begannen die Arbeiten: 180 Millionen Kubikmeter Erde wurden ausgehoben, drei Schleusen errichtet, der Gatun-See gestaut – damals mit 375 Millionen Dollar Kosten das teuerste Bauprojekt der USA, das weiteren 5.609 Arbeitern das Leben kostet. Zudem wissenswert: Weiße Arbeiter bezahlte man mit Gold, sie erhielten eine gute Gesundheitsvorsorge und durften kostenlos mit dem Dampfschiff in den Heimaturlaub fahren. Schwarze Arbeiter bezahlte man mit Silber, sie lebten in Barracken und litten häufig an Tropenkrankheiten. 2000: Panama erhielt nach zahlreichen Auseinandersetzungen die vollständige Souveränität über den Kanal, ist jedoch an einen diskrimierungsfreien Vertrag gebunden: Allen Schiffen (auch Kriegsschiffen) aller Nationen muss zu den gleichen Bedingungen Transit geleistet werden.

    Der Panama-Kanal: Er teilte nicht nur zwei Kontinente, sondern auch Rassen, Nationen und Familien. Andererseits macht er auch die Welt für uns etwas kleiner, befahr – und fassbarer. Einen Besuch wert, ist er allemal!
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  • Oh, wie schön ist Panama!

    December 29, 2021 in Panama ⋅ ⛅ 31 °C

    Und, ist Panama wirklich so schön? Etwa fünf Stunden fahren wir südwestlich die Pazifikküste hinunter nach Playa Venao – einem beliebten Surferstrand der Region. Da wir uns zu spät gekümmert haben, eine der letzten schönen Optionen, Flüge nach Bocas del Toro oder zu anderen Inseln hatten wir nicht mehr bekommen. Es ist ein schöner Strand, definitiv, aber sicherlich nicht einer der schönsten, die ich je gesehen habe. Alles erinnert mich hier sehr an Costa Rica, besonders an Uvita und die Stände an der Pazifikküste. Zudem kommt das laute Brüllen der Affen kurz vor Morgengrauen, das mich auch dort oftmals aus dem Schlaf riss. Ein paar konnte ich in den Bäumen erspähen!

    Es sollen ein paar sehr entspannte und sonnige Tage in Playa Venao werden (28. abends bis 1. mittags) – und da sich Rish über die Stockbetten im Hostel beschwert, erhält er nicht nur ein Privatzimmer für die ersten zwei Nächte, sondern macht auch mit dem Chef Bekanntschaft, der uns ein Privatzimmer mit zwei Betten und Klimaanlage für weitere zwei Nächte besorgt (eigentlich hätten wir zurückfahren müssen – wir hatten ein Camp für zwei Tage gebucht). Check! Das Glück ist doppelt auf unserer Seite, denn hier findet ein Festival für Elektronische Musik statt: Into the light! Und ich freue ich einfach riesig darauf!

    Die Yogastunden finden am Strand statt und sind richtig gut. Danach schmeiße ich mich in die Wellen und gönne mir das überteuerte Frühstück des Selina-Hostels (12 Dollar für eine Scheibe Brot, etwas Rührei, ein bisschen Obst und Kaffee? - Ist das die Schweiz?). Überhaupt ist alles extrem teuer hier! Wir fahren ein Stück weiter die Küste hinunter und finden die Landschaft einfach wunderschön. Rish erinnert es an Zuhause, an Indien – und dann ändern sich nicht zuletzt die Straßenverhältnisse so, dass diese ihn auch an Indien erinnern und er startet ein Ausweichmanöver nach dem anderen. Ich bin froh, nicht fahren zu müssen! Er ist voll in seinem Element. Nach etwas einer Stunde gelangen wir zu einem weiteren Strand, hier ist kein Mensch, alles ist unfassbar friedlich und wohltuend. Ja – oh wie schön ist Panama, kann ich hier nur sagen! Auch scheint hier alles bezahlbar zu sein.

    Aus mir heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen kam es in Costa Rica niemals zu Surfstunden – aber jetzt ist es soweit. Wir buchen einen Lehrer und stürzen uns in die Wellen. Zum Glück erklärt mir Rish ein paar Dinge, denn der ausnahmslos Spanisch sprechende „Lehrer“ geht uns nur zur Hand – es folgen keine richtigen Tipps und Tricks... Was soll's, zwei Wellen kann ich am Ende nehmen und bin nach einer Stunde sowieso so aus der Puste, dass ich nicht mehr kann. Zu Silvester leihen wir uns noch einmal Boards und versuchen es alleine. Ich schaffe immerhin vier Wellen, auch wenn es richtig lächerlich aussehen muss – aber ich verbuche das mal als Erfolg!

    Die Musik begleitet uns mit dem Untergehen der Sonne und bis zu ihrem Aufgehen. Sie begleitet uns aus dem alten Jahr heraus – in ein neues, das hoffentlich mehr von Glück geprägt sein wird als das letzte, das alles von mir gefordert hat und mich dennoch bitter ausspuckt. Denn auch wenn die Bilder das nicht zeigen, ist das alles nicht leicht für mich. „Into the light“ ist ein fantastisches Motto und ich nehme es für mich in das Jahr 2022 mit!
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  • Die vielen Gesichter Kolumbiens

    January 5, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 26 °C

    Als ich mit Rish Bogota erreiche, habe ich natürlich grob Kenntnis von den Problemen Kolumbiens, Pablo Escobar, den Drogenkartellen, den Guerillas, der Korruption, usw. Aber was bedeutet all dies für ein Land, in denen große Teile des Volkes immer noch unter den Bedingungen der dritten Welt leben? Kolumbien wird mir in den nächsten Tagen auf eindrücklichste Weise die Schicksale der Menschen hier näherbringen, gepaart mit den lebendigsten Geschichtsstunden meines Lebens. Bei einem werden sich alle Kolumbianer, die ich treffe, einig sein: Die Drogen ertränken ihr geliebtes Kolumbien in Blut.

    Bogota ist eine Stadt, die viele dieser Probleme gleichermaßen offenbart wie versteckt. Ich lerne diese Megacity, die so gigantisch ist, dass man nur kleine Teile besuchen kann (ca. 8- angeblich 10 Mio Einwohner), bei Spaziergängen und einer Fahrradtour kennen, darunter den kulturellen Mittelpunkt, den das Viertel „La Candelaria“ bildet, wo sich auch unser Hostel befindet. Wir schlendern durch viele der Gassen und bestaunen die kolonialen Häuser, kunstvollen Wandgemälde und Skulpturen.

    Mit Rish, seinen Mädels aus Bacalar und den beiden Kolumbianern Gustavo und Nico erkunden wir den Norden der Stadt, der gut mit einem europäischen Szeneviertel hätte verwechselt werden können. Die beiden sind fantastische Gastgeber und versuchen allen Wünschen gerecht zu werden. Letztlich lädt uns Nico, der uns alle 5 in seinen Kleinwagen presst und kaum den Berg hochkommt, in seine Wohnung ein, wo wir Salsa tanzen und mit allem bewirtet werden, was er aufzubieten hat.

    Mit Rish fahre ich mit dem Teleferico zu dem 3152 m hohen Berg Cerro de Monserrate hoch, einem beliebten Pilgerort mit einem spektakulärem Blick über Bogota. Wir besichtigen das "El Dorado Bogotas", das Goldmuseum, das den Reichtum Kolumbiens erahnen lässt. Außerdem mache ich eine Fahrrad-Stadtführung mit und Maria, unser Guide, zeigt uns ihre Stadt – die Altstadt mit seinen Regierungsgebäuden und dem Haus der Unabhängigkeit, Los Martires, San Victorino, Santa Fe und dem Parque National. „Was? Santa Fe und den Parque National?“, werde ich später gefragt. Warum? Santa Fe ist ein Slum, seit vier Jahren geht es hier durch die vielen venezolanischen Flüchtlinge und durch die Pandemie immer weiter bergab. Es ist das gefährlichste Viertel Bogotas! Maria mahnt uns, alles Wertvolle wegzupacken, zusammenzubleiben, nicht stehenzubleiben. Wir radeln also durch Santa Fe, dem Viertel der Prostitution, des Drogenkonsums, der schreienden Armut. Hier liegen abgemagerte Männer auf Kartons und Müllsäcken auf der Straße, die Hütten eingefallen, Mädchen, kaum älter als Sofia, tanzen halbbekleidet barfuß im Dreck, überall liegt Müll, die Wände sind fast schwarz vor lauter Schmutz, einige Personen konsumieren Crack auf offener Straße. An den Hauseingängen stehen die Zuhälter, die Damen am Straßenrand, nur wenig bekleidet, die Augen halboffen, ein Bild des absoluten Elends. Dazwischen Hunde, klapprige Essenswägen, ein gammeliger Geruch in der Luft. Die Deutsche Kathleen und ich sind uns einig: Das ist das Schlimmste, das wir in unserem Leben je gesehen haben.

    Danach folgt ein Viertel mit englischen Häusern, geklinkert, getüncht, mit Vorgarten und Zaun, Blumen und hippen Läden. Wir machen Halt bei einer Kaffeerösterei. Frappierend der Fakt, dass man hier in Kolumbien oftmals den schlechtesten Kaffee erhält. Der Gute nämlich, wird fast vollständig exportiert. Dann umkreisen wir den Parque National, in dem ca. 3000 Menschen unter billigen Planen und improvisierten Zelten hausen. Keine Venezolaner, sondern Einheimische, die von der Regierung wegen eines Bauprojekts zwangsenteignet wurden, ohne neue Zuweisung von Land oder Eigentum, ohne Entschädigung. Sie haben sich hier zusammengeschlossen und wollen sichtbar sein, nicht vergessen werden und leben hier in bitterster Armut inmitten des Stadtparks. Weiter geht es vorbei an einer deutschen Bierfabrik – dem Deutschen Unternehmer gelang es damals wegen des geringen Absatzes an Bier das traditionelle Getränk „Chicha“ zu verbieten und fast vollständig zu verdrängen. Erst in jüngster Zeit wurde dies wieder entstigmatisiert und legalisiert.

    Wir kommen langsam zurück in das Zentrum, das voller Graffiti und Wandmalereien ist. Hier wurde einst Diego Becerra, ein Szenesprayer Bogotas, beim illegalen Besprühen der Wände, von der Polizei erschossen. Die Sprayer wurden jahrelang brutal gejagt – bis Justin Bieber nach Bogota kommt und durch sein Handeln Proteste sondergleichen auslöst. Was passierte? Nach einem Konzert 2013 lässt er sich von der Polizei zu einer Wand eskortieren und will sich hier verewigen – ein Marihuana Blatt sprayend. Der Blonde eskortiert, der Kolumbianer liquidiert – die Menschen in Bogota begehren auf, bis Graffitikunst legal wird. Nun gesteht der Polizeichef ein: „Jemand, der Graffiti erstellt, will uns etwas sagen und wir müssen zuhören.“

    Zu guter Letzt treffe ich Maria Paula wieder, die mir in Cusco/Peru begegnet war und mich sofort einlud. Sie nimmt mich und alle neuen Hostelbekanntschaften mit durch Bogota und berichtet lange über ihr Projekt mit Guerilla-Kämpfern. Als wir uns verabschieden, wissen wir, dass wir uns irgendwo auf der Welt wiedersehen werden. Vielleicht ja auch an einem Ort, der weniger schreiende Gesichter hat als Bogota, der Stadt, die Kolumbiens zerrissene Seele offenbart.
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  • Medellin - Phönix aus der Asche

    January 9, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 24 °C

    Was ist das Besondere an Kolumbien, fragt jemand Dio, unseren Guide in Medellin, der Stadt des ewigen Frühlings. „Chile hat die Gletscher und Berge, Argentinien den Fußball, Peru die Kultur. Wir in Kolumbien haben alles zusammen. Was ganz besonders an unserem Land ist, ist unsere Biodiversität, all die Flora und Fauna, die Berge, das Meer, aber auch die Lebensfreude der Menschen. Man sagt mir oft, Dio, wie können die Menschen hier so glücklich sein, trotz allem? Es liegt daran: Die Menschen hier haben ein selektives Gedächtnis entwickelt, wir erinnern uns nicht an alles, wir können nicht. Wir befinden uns – vergleichen wir Kolumbien mit einer Serie von vier Episoden (I. Ursprung – II. Aufstieg – III. Tragödie ) in der IV., der (Wieder-) Auferstehung oder der Transformation. Wir glauben, dass die Zukunft nicht wie die Vergangenheit sein muss. Vor 25 Jahren beispielsweise wäre niemand von euch hierher gekommen, um unser Land zu besuchen. Aber nun könnt ihr weitererzählen, wie es heute hier ist, dass wir viel verändert haben!“

    Nachdem ich einige Tage flach lag (laut meines Schnelltests immerhin kein Covid, aber wer weiß das schon...), reise ich nach Medellin nach. Medellin (gesprochen Medeschin) – einst die gefährlichste Stadt der Welt, Stadt Pablo Escobars. Vieles ist Netflix-Mythos, vieles harte und blutige Geschichte. Gemeinsam mit Jessi, Kailin und Giti nehme ich an einer Free Walking Tour teil. Dio hat sich nicht nur all unsere 20 Namen in der Gruppe gemerkt, sondern erklärt uns anschaulich und eindrücklich die Geschichte der Stadt, die Geschichte seiner Eltern, seine Geschichte. Er nennt den berüchtigten Drogenboss niemals beim Namen, betitelt ihn schließlich als „Valdemord“: Es gäbe immer noch Leute, die keine klar definierte Meinung zu ihm hätten. Er hätte zwar viele Auftragsmorde erteilt, aber auch die arme Bevölkerung mit Geld unterstützt. Er war also auch gut, sagen sie. Dio stellt dies aus seiner Sicht unmissverständlich klar: „Wie viel Geld muss ich spenden, um einen Mord ungeschehen zu machen? Wie viel, um mich aus Tausenden herauszukaufen? Wie kann es sein, dass Touristen hierher kommen, um auf dem Grab dieses Mannes Kokain zu konsumieren, ihm zu ehren? Meine frühesten Kindheitserinnerungen sind die folgenden: Mit 7 Jahren verstecke ich mich immer wieder zitternd unterm Bett, weil scharf geschossen wird, Männer dringen in unsere Wohnung ein. Ich habe Todesangst. Einmal wird direkt neben mir ein Mann erschossen, ich sehe, wie quasi sein halbes Gesicht explodiert, überall war Blut. Man konnte für wenig Geld Morde in Auftrag geben. Täglich gab es weitere Tote. Als ich noch klein war, wurde mein Vater erschossen, meine Mutter musste uns alleine großziehen, wie viele andere Frauen.“ Ich habe Tränen in den Augen, als er seinen Bericht zu Kapitel III. Tragödie beendet hat. Es herrscht absolute Stille.

    Aufarbeitung? Kaum. Schüler hier haben keinen Geschichtsunterricht, nur eine Art Sozialkunde. Fragen zu der frühren Zeit werden oftmals nicht beantwortet, weswegen sich die Kids im Internet schlau machen und dort auf ein mythenumranktes Leben eines reichen Mannes stoßen, der Frauen in Hülle und Fülle hatte und die besten Parties schmiss.

    Die Plätze in der Innenstadt erscheinen recht schmutzig und ohne wirkliches Konzept, auch fehlt hier oftmals das wunderbare Grün, das sich sonst in dieser Stadt findet. Aber was besticht sind die Orte der „Wiederauferstehung“: Auf dem zentralen Platz der Innenstadt wurde aus einem Markt, der Umschlagplatz für alles (und ich meine alles) war, ein Mondkalender mit Stelen und Bambus, in dem die Leute hier flanieren. Funfakt: Es wurden so viele Änderungen an dem Projekt vorgenommen, dass es heute kein Monskalender mehr ist, aber ein netter Fotopunkt... Aus einem eingefallenem Gebäude daneben, in dem Drogensüchtige und Prostituierte hausten, hat man als Zeichen für eine bessere Zukunft das Ministerium für Bildung angesiedelt. Eine weitere Errungenschaft steht den Medellinern für die Zukunft und ist völlig unberührt von Schmierereien und Dreck: Die Metro, gleichermaßen die Seilbahn.

    Auf dem Plaza Botero sieht man die unproportionalen Statuen des berühmtesten kolumbianischen Künstlers (Botero) – mit Verlaub, einem Stil, mit dem ich so gar nichts anfangen kann. Die Passanten berühren die Geschlechtsteile der Figuren, weil der Glauben vorherrscht, man hätte dann besseren Sex oder würde gar die Liebe seines Lebens treffen, wenn man den Penis des „Römers“ berührt. Ein weiteres Highlight zum Schmunzeln: Der vom Belgier Augustin Goovaerts entworfene Kulturpalast im Zentrum sollte in seinem Aussehen einer neogotischen Kathdrale ähneln und gilt als Meisterwerk der Architektur. Nachdem sich aber die Kolumbianer massiv über Kosten und Aussehen beschwert haben und unzählige Male Änderungen einfordern, reiste Goovaerts schließlich ab: Sie sollten es doch selbst fertigstellen, wenn sie es besser wüssten. Kein Problem, dachten die Kolumbianer, das können wir genauso gut! Ergebnis: Eine wunderbare, glatte Wand, ohne jegliche Ähnlichkeit zum Bauprojekt, dient als Abschluss des Gebäudes.

    Das Ende der Führung findet an einem weitem Platz mit zwei weiteren Figuren Boteros statt. Eine zerstört – durch ein Bombenattentat vor einigen Jahren. Nachdem die Behörden die Skuptur entfernen wollten, ruft Botero erbost beim Bürgermeister an: Die Figur hat als Mahnmal zu bleiben, damit die Kolumbianer diesmal nicht vergessen, was hier passiert ist. Daneben findet sich heute eine neue, unversehrte Plastik. Zwei Vögel als Symbol für die tragische Vergangenheit und für eine bessere Zukunft, einem Zeichen für eine Nation, die sich wie Phönix aus der Asche erhebt, und bereit ist zu fliegen.

    Und hier ein Nachtrag: Wir kommen nach diesem Erlebnis zurück ins Hostel und ein paar Mitbewohner packen ihr Tütchen aus und ziehen sich zur Feier des Abends erst einmal eine Line Koks...
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  • Das Wunder der Comuna 13

    January 10, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 27 °C

    An diesem Tag sollte ich die berühmte und vor allem berüchtigte Comuna 13 besuchen, über Jahre hinweg als „Kriegsgebiet“ bezeichnet, heute turbolentenes, lebhaftes und buntes Viertel, in das alle Touristen strömen, so also auch ich. Die Comuna 13 wird mich vor allem durch die viele Kunst beeindrucken, durch ihre Lebendigkeit, ihre Liebe zur Musik, ihre unzähligen farbenfrohen Graffiti-Wände, die die Geschichte dieses Viertels erzählen. An nahezu jeder Ecke finden sich kleine oder größere Breakdance-Gruppen, Freestype-Rapper, kreative Streetfood-Stände, Kunstwerke zahlreicher Sprayer – allesamt unangetastet von Schmierereien und Tags!

    Unser Guide ist Tänzer, Breakdancer, und tief mit dem Viertel verbunden, bringt uns (angeblich) zu den besten Tanzgruppen und herausragenden Rappern. Er erzählt uns von seinen Tanzkooperativen mit den Kindern, überhauptt scheinen hier trotz der Korruption im Land einige Gelder für Projekte anzukommen. Und alle scheinen mehr oder weniger mit Kunst zu tun zu haben. Hier lernen die Kids Erfolgserlebnisse zu haben, sich auszudrücken, über sich hinaus zu wachsen, Geld zu verdienen. Auch die Jüngsten auf der Straße sprechen uns an, wollen mit uns Kartentricks machen, ihre besten Dance-Moves zeigen. Betteln ist hier nicht! Hier setzt man auf Können. Ich bin sehr beeindruckt und fühle mich inspiriert, etwas von der Lebenszugewandtheit mitzunehmen. Kunst und Musik als Erfolgsrezept aus dem Teufelskreis von Armut, Gewalt und Kriminalität. So bestechend diese Formel auch scheint, ganz so einfach ergibt sich dies nicht von selbst und vor allem bekommt man ja sowieso nur einen oberflächlichen Blick auf die Situation vor Ort.

    Früher jedoch sah es hier ganz anders aus, erzählt unser Guide Diego: In den 80er und 90er Jahren war die Comuna Schauplatz brutaler und meist tödlicher Auseinandersetzungen zwischen dem Medellin-Drogenkartell Pablo Escobars, anderen Kartellen, Sicherheitskräften, rechten Paramilitärs und der linken Farc-Guerilla. Damals eine absolute No-Go-Area, nicht nur für Touristen. Denn Medellín verzeichnete mit mehr als 380 Tötungsdelikten auf 100000 Einwohner die angeblich höchste Mordrate weltweit, zum Teil bedeutete dies 7000 Getötete im Jahr. Die Gruppierungen kontrollierten das Viertel und über das Land verteilte Aktionen, meist Drogengeschäfte: Sie übernahmen Richtspüche, erteilten Aufträge, entschieden, wer lebte oder sterben sollte, wer als Dieb galt und wer als Opfer. Von unserem Guide bekommen wir zudem erzählt, dass auch Kinder bewaffnet durch die Straßen liefen und teils Mordaufträge ausführten. Ich schlucke mehrmals, aber letztlich ist das ganze für mich nicht nur schrecklich, sondern vielmehr unvorstellbar. Wie behütet ich doch aufgewachsen bin!

    Wie kam es aber zu dem „Wunder“ der Comuna 13?
    Eine historisch korrekte und treffende Zusammenfassung wird mir kaum gelingen, dennoch versuche ich eine Annäherung. Zunächst erfolgte mehr Gewalt: Es fanden 10 Militäroperationen statt, mit dem Ziel die Guerilla von ihrer sozialen Basis abzuschneiden. Im Mai 2002 kam es zu der Operation Mariscal, in der 3 Minderjährige zu Tode kamen, insgesamt 9 Zivilisten. Die relativ kurze Dauer dieses Einsatzes ist dem Mut einer Mutter zu verdanken, deren Söhne beide verletzt wurden. Aus dem Fenster die weiße Flagge haltend schrie sie: „Lasst mich hinaus. Lasst mich hinaus, ich muss meine Kinder ins Krankenhaus bringen.“ Nur wenige Minuten später erhielt sie Unterstützung durch ihre Nachbarn, die es ihr gleich taten. Nach 30 Minuten fanden sich in der gesamten Nachbarschaft weiße Flaggen gehisst, was letztlich zum Ende des Einsatzes führte. Welch berührendes Beispiel für Solidarität und Mitgefühl! Dennoch ruhte die Gewalt nur kurz.

    Die berühmteste Militäraktion ist die „Operation Orion“ (2002), die unter dem Befehl des damaligen Präsidenten Alvaro Uribe wenige Monate später durchgeführt wurde und in der Zivilbevölkerung (angeblich) Hunderte von Opfern forderte; die Berichte varrieren stark. Erst Jahre später sollte der Ort offenbart werden, an dem einige der Toten verscharrt wurden, ungeahnt von ihren Angehörigen.

    Wenngleich die Macht der Guerillas gebrochen war, übernahm dann das Paramilitär die Leitung und führte zunächst auf ihre Weise ähnlich brutale Aktionen durch wie zuvor die Kartelle. Die Situation begann sich erst 2006 durch zahlreiche Projekte und Investitionen zu verbessern. Die Infrasturktur wurde verbessert und das Viertel durch überdachte Rolltreppen, einen Rundweg und die Seilbahn an andere Viertel angeschlossen, die Lebensqualität verbesserte sich dadurch erheblich. Bis heute erfolgten weitere Projekte und Initativen – bis die Touristen kamen und den Leuten vor Ort zu mehr Auskommen verhalfen.

    Was man an allen Ecken und Enden dieses Viertels spürt: Den Stolz der Menschen, ein besseres Leben führen zu können, aus dieser Gewaltspirale ausgestiegen zu sein, sich aus dem Dreck gezogen zu haben, vom Leben und den Politikern „bedacht“ und „berücksichtigt“ worden zu sein, auch Dankbarkeit und ein Pflichtbewusstsein für ihre Comuna. Auch Diego zeigt sich stolz über das Dasein der riesigen Massen an Touristen und der enormen Transformation seines Viertels, denn es geschah kein Wunder – alles ist das Ergebnis der Anstrengungen Vieler.

    Während wir durch schmale Gassen laufen, vorbei an Dutzenden Jungen, die hier abhängen, als wir mit den Tanzgruppen mitwippen und die Galerien besuchen, komme ich mir plötzlich ganz fehl am Platz vor, fotografierend mit meinem Sommerkleidchen. Das Gefühl, nur eine dünne Eisfläche betreten zu haben, lässt mich nicht los und die Frage, wo eigentlich die Mädchen in diesem Viertel sind und was sie machen, bleibt letztlich unbeantwortet im Raum stehen. Und so verlasse ich die Comuna 13 beeindruckt und inspiriert, aber auch beunruhigt durch die vielen Fragen, die sich in mir auftun. Nicht nur über die Comuna 13, sondern auch darüber, was unser aller Leben lebenswert macht und uns ausreichend Perspektive und Karft verschafft, auch bzw. vor allem in schlechten Zeiten - Zeiten einer Pandemie, in denen man ganz besonders von diesen Dingen profitieren würde: der Kunst und der Musik!
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  • (K)Ein kulinarischer Spaziergang

    January 11, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 30 °C

    Essen wie die Kolumbianer, das muss herrlich sein! Tatsächlich? Ja, ja, ja – erst einmal DAS kolumbianische Essen gibt es nicht, selbstsprechend. Aber nachdem ich auf einer (angeblich) authentischen Foodtour in Medellin war und innerhalb eines Monats in diesem beeindruckenden Land viel Unterschiedliches gegessen habe, ziehe ich nun ein vorläufiges Fazit.

    Man konnte fast an allen Orten, die ich besucht habe, gut oder gar sehr gut international essen. Sushi, Bowls, Italienisch, Steak, Kebab, Vegan, Vegetarisch, Indisch, Libanesisch, Asiatisch, Ceviche, usw. Dennoch konnte ich insgesamt nur einen mäßigen Eindruck von den kulinarischen Fähigkeiten der lokalen Köche gewinnen. Das Streetfood gehörte vielerorts zu den besseren Varianten... Kolumbianisch bedeutet für mich aber: Fast alles ist frittiert: Kochbanane (patacones fitas), Kartoffeln (papas fritas), Yucca (yuccas fritas) , sogar Fisch (pescado frito) und Schweinefleisch (chicarron) – alles wird frittiert. Beilagen gibt es zum Fleisch meist gehäuft: eine riesige Portion Reis, frittierte Yucca/Pommes UND Patacones, serviert mit einem Hauch an Salat, manchmal Bohnen. Eines ist sicher: Wenn man alles schafft, geht man nie hungrig!

    Und das Frühstück? Viel Ei und Maisfladen, sogenannte Arepas, zur Abwechslung nicht frittiert. Aber auch andere fettige Teigtaschen... Manchmal Früchte mit Granola, aber das dafür gezuckert und mit süßem Joghurt.

    Snacks: Jegliche Teigtaschen wie Empanada (frittiert!), gefüllte Arepas (frittiert), süße Stückchen (Pan artesanal) usw. - fast alles trieft vor Fett... Und obwohl es hier riesige und überaus köstliche Avocados gibt, ausgezeichnete Früchte und Gemüse, findet sich dieses auch in den vegetarischen Varianten kaum wieder. In Guatape werde ich ein veganes Falafel-Restaurant finden und mein Glück kaum fassen können, als ich neben den frittierten Falafel eine riesige Schale gegrilltes Gemüse bekomme. Happy Katrin!

    Ich würze bis auf wenige Ausnahmen immer nach, denn zusätzlich zu dem Fett scheinen mir die meisten Gerichte recht geschmacksneutral zu sein... Dafür schwärme ich für die Kokosnüsse und frischen Fruchtsäfte (Vorsicht – sin azucar bestellen, sonst werden mindestens 3 Löffel Zucker hinzugefügt!), die man hier sehr günstig bekommt.

    Dafür aber herrlichen kolumbianischen Kaffee? Meine Brüder sind ganz neugierig. Da die besten Bohnen aber fast alle ins Ausland verschifft werden und es zudem an qualifizierten Baristas fehlt, auch hier ein Zonk! Einige Male jedoch gab es ganz guten „Tinto“ - schwarzen Kaffee mit (wenn man nicht aufpasst) unendlich viel Zucker.
    Dafür gibt es einige gute Biermarken und Aquadiente, einen Ouzu-verwandten Schnaps, den man sogar im tiefsten Dschungel kaufen kann.

    Kurzum: Wegen des Essens und Trinkens muss man nun wirklich nicht nach Kolumbien kommen, aber natürlich aus vielen anderen Gründen. Insgeheim freue ich mich an vielen Tagen schon, nach Mexiko zurück zu kommen. Ein Hoch auf Tacos, Burritos, Totops und Quesadillas!

    Was sich aber mehr als lohnt: Kulinarische Stadtspaziergänge durch Medellin, vor allem durch das Laureles-Viertel, wo überall Nutzpflanzen wachsen – Ernte ist jedermann erlaubt! Hier gibt es Kakao- und Kaffee-Pflanzen, riesige Mango- und Papaya-Bäume, Zitrusfrüchte aller Art, Heilkräuter, Avocados usw. Ein bunter Garten Eden!

    Auch mache ich mich auf zur Siedlung La Pueblita, streife durch die wunderbare Parkanlage und erreiche die historische Siedlung mit Panoramablick, die auf jeden Fall einen Besuch wert ist – mehr noch zwei oder drei! Und wenn man dann mit Blick auf die Stadt mit einem leckeren frischen Ananas- oder Papayasaft sitzt, will man ganz bestimmt wiederkommen! Vielleicht sogar wegen/trotz eines Arepas oder der frittierten Patacones...
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  • Der Felsen el Penol

    January 13, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 20 °C

    Guatapé, dieses kleine und leider auch sehr touristische Dorf nahe Medellin, wird mein Herz höher schlagen lassen. Mein Besuch in dieser unsagbar schönen Region Antioquias soll eines der absoluten Highlights meiner Kolumbien-Reise werden. Es ist so schön dort, fast ein Nicht-Ort, ein Kleinod aus einem verrückten, kitschigen Rosa-Munde-Sci-Fi-Film. So was gibt es nicht? Ganz genau! Und doch war ich hier, in diesem wunderbaren Guatapé!

    Ich nehme zunächst Abschied von meinen liebgewonnenen Black Sheep Hostel in Medellin und meinen Weggefährten dort, von denen ich noch ein paar unverhofft an anderen Orten wiedersehen werde. Ich reise mittlerweile ohne Rish, den ich nach Santa Marta vorgeschickt habe, und genieße es sehr, alles alleine bestimmen zu können. Für wenig Geld geht es mit dem Bus vom Terminal Norte nach Guatapé. Und statt 2h bin ich 4 oder 5 unterwegs, die Zeit bleibt stehen, genau wie der Verkehr um Medellin. Zwischendrin aber sorgen Verkäufer, Künstler und Musiker für etwas Abwechslung.

    So ist es schon nachmittags, als ich im Lake-View-Hostel ankomme. Der Name hält, was er verspricht und ich werde es die nächsten Tage genießen, meinen Blick über die Landschaft schweifen zu lassen.

    Seit ich Bilder und Videos von Guatape gesehen hatte, wollte ich hierher kommen. Den Felsen, El Piedra de El Penol, hatte ich schon bei der Hinfahrt gesichtet. Er ist ein auffälliger Inselberg aus Granit und wird daher auch häufig als "Monolith" bezeichnet. Für mich sieht er aus wie eine steinerne Festung, die in dieser Seenlandschaft thront. Angeblich ist der Fels um die 70 Millionen Jahre alt. Nicht auszudenken - somit sind unzählige Menschen und Sippen im Laufe der Menschheitsgeschichte hier ebenfalls vorbei gekommen. Ein steinerne Zeitzeuge. Einst wurde er von den Indigenen verehrt, heute ist er ein Nationalmonument Kolumbiens. Erklommen wurde er aber erst 1954 mit Hilfe von Stöcken - Ach 5 Tagen des Versuchens!

    Schon am ersten Abend will ich trotz des schlechten Wetters el Piedra bestaunen und mache mich nach einem Stadtbummel auf zu einem Aussichtspunkt. Hier finde ich einen wunderbaren Freund, den ich Balu taufe. Der schwarze Vierbeiner folgt mir auf Schritt und Tritt und begleitet mich geduldig zum Sonnenuntergang auf den Hügel am Rande des Städtchens. Später wird er sich auf wundersame Weise auch immer wieder auf einem Sofa in unserem Hostel finden, Anlasser für jede Streicheleinheit... Ist eben ein kleines Schlitzohr, dieser Balu!

    Am folgenden Tag mache ich mich mit zwei Niederländerinnen auf zum Felsen (überhaupt ist alles voller Niederländer!), der wie von Zauberhand an einer fantastischen Stelle steht, um das atemberaubende Panorama des Stausees zu bewundern. Es lohnt sich, so früh wie möglich zu kommen, denn ab 11 strömen die Tagestouristen ein, in Scharen! Von einem Besuch am Wochenende ist gänzlich abzuraten!

    Nachdem wir die rund 740 Stufen erklommen haben, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Rings um uns überall kleine grüne Inselchen, umgeben von blau-grünem Wasser. Jeder einmal mache ich einen Life-Call nachhause, wie schon zuvor vom Machupiccu und in Chitzenitza. Das müssen ihre Eltern auch gesehen haben! Ich bleibe eine gute Stunde oben, trinke einen Michelada (Bier mit Maracujasaft... einfach zum Abgewöhnen!) Als ich hinabsteige fühle ich mich seltsam geadelt.

    Lange, nachdem wir Menschen schon verschwunden sein werden, wird dieses Naturmonument immer noch dort stehen, inmitten des hügeligen Landes und majestätisch in den Himmel ragen. Eine Insel inmitten von Inseln, ein Fels inmitten von uns, ohne Festung aus Stein.
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  • Das tropische Allgäu

    January 14, 2022 in Colombia ⋅ ☁️ 19 °C

    An diesem Tag bewundere ich vom Bett aus den Sonnenaufgang über dem See und freue mich auf den Tag. Wie so oft hier in Kolumbien, ist es bewölkt, aber der Tag wird dennoch herrlich werden! Ich starte vormittags mit dem Fahrrad, erst etwa 1,5 Stunden bergauf, dann 2 Stunden bergab, Richtung San Rafael, einem noch kleineren Ort, östlich von Guatapé.

    Alles ist so wunderbar grün hier, zunächst ist es noch flacher und ich fahre an kleineren See-Abschnitten vorbei, dann wird es zunahmend hügelig, bergig, alles ist grün um mich herum. Und diese Stille. Mit Ausnahme der Fahrzeuge, die ab und an an mir vorbeirasen, ist kaum etwas zu hören und ich finde es einfach nur herrlich diese Landschaft zu entdecken. Heimlich betitle ich dies für mich als „das tropische Allgäu“, als ich dann auch noch an grasenden Kühen vorbeibrause. Wie sehr ich den Wind genieße, der mich zersaust! Wie sehr ich die Freiheit liebe und die Geschwindigkeit, mit der die Schwerkraft mich die kurvige Straße hinuntergeleitet!

    Auf Empfehlung mache ich an einer Brücke für einen Kaffee Halt (Empfehlung: Jegliches anderes Getränk kaufen!) und verliere meinen Blick im Lauf des gelb-grünen Flusses. Dann geht es weiter. Zwar soll meine Suche nach dem Wasserfall bei San Rafael erfolglos bleiben (zu weit weg!), aber ich suche „El viejo Jimmy“ auf, einem kleinen, direkt am Fluss gelegenen Imbiss. Die Dame spricht so schnell, ich wähle einfach Option 2 aus dem Menu und erhalte ein gutes Fischgericht (frittiert natürlich!), Blick auf den Fluss inklusive, der mich im Anschluss zu einer kleinen Erfrischung lockt. Ich beobachte die Einheimischen beim Baden, allesamt in normalen Klamotten im Wasser und lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen.

    Der Ort San Rafael selbst erschien mir weniger aufregend, überfüllt, eng und voller Abgase, sodass ich mich wieder in Richtung Brücke aufmachte und dort biertrinkend Stefan empfange, einem der Niederländer, mit denen ich hier abends immer im Hostel meine Zeit verbringe, und der mit dem Motorrad nachgefahren kommt. Wir verquatschen uns so, dass ich den Bus verpasse und noch gerade so vor Antritt der Dunkelheit den nächsten zurück nach Guatape bekomme, das Fahrrad mit im Gepäck.

    Als bei der Rückfahrt der Nebel sich gespenstisch über die Hügel legt und es heftig beginnt zu regnen, versuche ich mich auf den Horizont zu konzentrieren, denn der Busfahrer hat es eilig die Serpentinen zu erklimmen. Während ich mit der Reiseübelkeit kämpfe, kämpft Stefan auf dem Motorrad mit dem heftigen Wetterumschlung und den vielen Schlaglöcher. Mittlerweile ist es stockdunkel und anscheinend entgeht er zwei Mal noch gerade einem Unfall. Nicht auszudenken, wenn ich mir einen Roller gemietet hätte, was ursprünglich mein Plan gewesen war... Nun, alles ist gutgegangen und wir stoßen bei einem leckeren Abendessen mit einem Glas Wein darauf an. Und überhaupt – war dies ein ganz wunderbarer Tag und ich sehe noch die begrünten Berge, als ich mich in mein Bett kuschle.
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  • Guatapé, olé!

    January 15, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 28 °C

    Ich genieße die restliche Zeit in Guatapé mit Herumstreifen durch die Gassen, die morgens und mittags meist leer und entspannt sind. Aber auch zu Stoßzeiten stören mich die Touristen nicht, wenn ich an den wunderschön bunten und mit Ornamenten verzierten Häusern entlang schlendere. Viele haben einen künstlerisch gestalteten Sockel, der Reliefs des dörflichen Lebens oder der Fauna zeigt, in allen Farben des Regenbogens. Meist spielt irgendwo fröhliche Musik und lädt zum Mitwippen ein. Auch liebe ich die gemusterten Tuc-Tucs, die hier überall zu finden sind, und mich so sehr an Asien erinnern. Fast fühle ich mich wie Frederick aus dem Kinderbuch, der die Farben für die kalte Winterzeit in sich sammeln will, und denke mit ein wenig Trübsal an die vorwiegend weißen und tristen Wohnhäuser Zuhause. Auch die Palette an Essens-Optionen ist hier groß: Ich verzichte auf Arepas und gönne mir Pad-Thai, Butter Chicken, Falafel, Pasta, kubanische Küche und ein Lachsfilet. Damit ist mein Speiseplan so international wie die Gäste hier.

    Gemeinsam mit Stefan und anderen aus dem Hostel mache ich noch eine Bootstour über die Seenlandschaft, die vor einigen Jahren durch eine künstliche Flutung entstand. Der Damm, mit dem der hiesige See hier nämlich gestaut wurde, produziert ein Drittel des kolumbianischen Stroms und bietet wunderbare Ansichten auf den 200m-hohen Felsen. Wir staunen nicht schlecht über die Villen und andere luxuriöse Anwesen, die sich hier finden.

    Allen voran die Ruinen der Finca „La Manuela“ von Pablo Escobar, die eine seiner bevorzugten Anwesen darstellte. Die nun verfallenden doppelwändigen Trakte weisen nicht nur einen Party-Pavillon, einen Pool, einen Tennis- und Fußballplatz und ein Massage-Studio auf, von dem letzteres auch zu Folterzwecken gebraucht wurde, sondern auch einen riesige Radar-Empfänger und ein Unterwasserbunker. Für ein schnelles Entkommen vor der Polizei nahm er angeblich das U-Boot oder suchte einen der beiden eingebauten Bunker auf... Andere Quellen berichteten allerdings von einem Dock für Wasserflugzeuge, nicht von einem U-Boot. Ich lese einerseits Berichte über eine Explosion durch TNT im Bad vor der Stürmung und andererseits von einer Bombardierung. Nun ja, die spanischen Quellen verstehe ich leider nicht. Hieran erkannt man noch deutlich wie mythenumrankt alles um diesen Drogenboss letztlich immer noch ist. Auch muss ich schmunzeln, als um mich herum wie wild Video-Beiträge von drei Fahrgästen gleichzeitig zu diesem Thema aufgenommen werden...

    Die Bootstour, die noch einmal die wunderbarsten Ansichten auf den stattlichen Felsen enthüllt, soll meine letzte Unternehmung in dieser wunderbaren Gegend sein. Stefan und ich singen - über eine der vielen Brücken tanzend - noch einmal "Whoop, there it is" (auf den Felsen zeigend) und düsen mit dem Motorrad zurück zum Hostel. Da unser Ausflug dank einigen Teilnehmern viel später begann und länger gedauert hatte, habe ich mir dann noch ganz gediegen ein Taxi zum Flughafen gegönnt, 1h Fahrt für 30 Euro, das war dann doch noch im Budget drin. Aber ich verlasse die Gegend nur ungern, adios Guatape, adios El Penol, adios tropisches Allgäu! Ole wunderschönes Guatapé, ole!
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  • Das Drecksloch Santa Marta

    January 16, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 18 °C

    Verschrien und doch empfohlen war Santa Marta, eine der ältesten Städte Kolumbiens, ein beliebter Badeort der Kolumbianer im karibischen Tiefland. Zunächst wollte ich Santa Marta nur als Zwischenstation nutzen, ich hatte nicht viel Gutes gehört und gelesen, doch dann mehrten sich Stimmen, denen der Aufenthalt hier gefallen hatte. Um es kurz zu machen: Aus meiner Sicht waren die drei Tage hier relativ verschwendete Zeit, Santa Marta hatte für mich wenig zu bieten und die schmutzigen Straßen stanken nach Urin und Unrat. Dennoch hatte ich hier am Ende noch ein sehr herzerwärmendes Erlebnis.

    Zunächst aber zu Santa Marta - Im Kern finden sich ein paar schöne Gebäude und die Strandpromenade ist sicherlich recht nett, wenn nicht gerade gesperrt (wie bei mir). Das Kolonialviertel stellt vermutlich den schönsten Teil der Stadt dar. Den Plan, hier zumindest in der Mittagshitze Erfrischung im Meer zu suchen, verwerfe ich gleich wieder, als ich die Massen an Badegästen sichte, und springe später lieber in den viel zu stark gechlorten Pool meines Hostels. Ich schlage mich durch den Markt – Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch kann man hier auf der Straße kaufen, der faulige Geruch ist durchdringend, überall Lebensmittelreste und Müll auf den Straßen. Die Farbenpracht und die reiche Auswahl an Früchten erfreut jedoch mein Auge; auch der Mann, der versucht, sich mit einem Salatblatt auf dem Kopf vor der Sonne zu schützen. Das offene Fleisch hätte auch welche nötig!

    Der Grund meines Besuchs: Ich suche die Agenturen auf, die den „Lost-City-Track“ und die Touren in die Wüste nach Guajira anbieten, und informiere mich darüber so gut es geht, tätige die letzten Besorgungen, die ich in Medellin nicht geschafft hatte, frage andere Reisende nach ihren Erfahrungen. Meine Versuche, eine Massage, Yoga-Stunden und ein gesundes Essen zu bekommen scheitern. Meine Poke-Bowl enthält frittiertes Gemüse (wie könnte es anders sein!) und ich verbringe schließlich viele Stunden in der Hängematte auf der Veranda im Hostel, das ebenfalls ganz reudiges Essen anbietet. Den Party-Hostels bleibe ich fern, ich bin noch von Medellin geschädigt.

    Dennoch soll mein Besuch hier zwei Highlights haben: Ich suche auf Empfehlung von Stefan am nächsten Tag die Dachterasse des Best Western Hotels auf und genieße bei einem kühlen Bier vom Pool aus ist wunderbare Aussicht. Auf dem Rückweg zum Hostel höre ich schon von Weitem rhythmische Klänge und laufe tanzend auf die zwei älteren Herren zu, die sich zum Musizieren auf der Straße installiert haben. Sie händigen mir spontan eine Rassel aus und so kommt es, dass ich auf einer vom Schmutz geschwärzten, stinken Gasse mit zwei lebensfrohen Senioren stehe und mich mit ihnen in kolumbianischen Rhythmen verliere. Auf diese Weise wurde für eine kurze Zeit dieses Moloch Santa Marta für mich zu einem vibrierendem Musiktempel. Viva la Musical, viva Colombia!
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  • Magische Momente in Minca

    January 18, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 22 °C

    Diese Reise wird mehr und mehr zu einer großen Wundertüte, die so viel Unerwartetes und Schönes für mich bereithält. Ich ändere erneut meine Reisepläne und treffe schließlich die Potsdamerin Kathleen am Flughafen von Santa Marta – wir hatten uns auf der Fahrradtour in Bogota kennengelernt und mochten uns auf Anhieb. Als unser bestellter Fahrer uns dort kläglich im Stich lässt, handeln wir mit Hilfe des Fughafenpersonals einen Top-Preis für die Fahrt nach Minca aus, die eine gute Stunde dauern soll.

    Unser Boutique-Hostel Siembre liegt fantastisch und gibt den Blick auf die uns umgebenden saftiggrünen Hügel frei. Ich atme auf – endlich wieder in der Natur! Dass ich allerdings eine Woche in diesem winzigem Dorf bleiben sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht! Aber Minca entwickelte sich auf merkwürdige Weise zu einem Ort der „Fügung“, einem Phänomen, das sich hier in Kolumbien häufen sollte und mich als Liebhaberin der Naturwissenschaften immer noch verblüfft. Denn wer hätte schon geahnt, dass ich in Mincas Dschungel ein paar Tage bei einem Schamanen wohnen werde und dort eine Ahyahuasca-Zeremonie durchführe? Wie gesagt – Wundertüte! Dazu aber später mehr.

    Es folgen so schöne Tage mit den Mädels hier, dass ich sie nur schwer zusammenfassen kann. Kathleen und ich machen uns zunächst zu einer Rundwanderung zu allen Wasserfällen auf; ich will schließlich fit sein für meine 4-tätige Dschungelwanderung zur Verlorenen Stadt! Da Kathleen die Hitze jedoch zu sehr zusetzt, schaffen wir es nur zum Marinka Wasserfall. Es macht aber nichts, denn nach dem eiskaltem Bad dort (fast schmerzhaft!), das nur ich nehme, entspannen wir uns auf den genialen Riesenhängematten in der Sonne und erfreuen uns an unserem neuen Freund, einem blau-schwarzen Schmetterling, der sich mehrfach zu uns gesellt. Pura Vida!

    Wir quälen uns in der Hitze auf den staubigen Wegen zurück ins Dorf, lassen uns dann aber auf einem der vielen Motorrad-Taxis die letzten 2 oder 3 km hoch zu unserem Hostel bringen. Ach nein, ich laufe diesmal noch ;-) Danach heißt es nur noch Pooltime! Das hochgelobte Essen am Hostel bekommen wir nur mit Mühe runter, alles schwimmt im Fett... Dafür beendet die Sonne ihren Lauf in einem bezaubernd magischem Farbspiel und wir stehen und staunen. Gemeinsam mit der Kanadierin Mariana und der Kolumbianerin Maria wird es aber ein ganz und gar ausgelassener Abend mit „Sex in el Jungle“-Drinks, die leider ebenfalls besser klingen als schmecken. Aber dennoch hielt der Tag so viele magische Momente bereit!
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  • Mincas epische Sonnenuntergänge

    January 19, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 23 °C

    Am zweiten Tag löst die Schweizerin Jasmin unsere Maria ab, wir frühstücken lange auf der Terrasse und beobachten die vielen Kolibris. Für mich allerdings beginnt nun eine Prä-Ayahuasca-Diät – ade Pancakes, Fleisch, Zucker, Milchprodukte und Co., was noch traurigere Mahlzeiten zur Folge haben soll.

    Unsere Fahrt zur Kakao-Plantage muss seinesgleichen suchen und führt dazu, dass die hiesigen kolumbianischen Motorrad-Taxi-Fahrer sich auf Ewig meinen absoluten Respekt verdienen. Nach kurzer Zeit wird die Straße zu einem Weg, der Weg aus meiner Sicht zu einer - mit einem Fahrzeug - unpassierbaren Piste, die nicht nur steil ist, sondern auch ausschließlich aus Schlaglöchern und Erdhügeln besteht. Unsere Hände sind bei Ankunft völlig verkrampft. Wie wird hier nur der Kakao abtransportiert oder wie erreichen Güter diese Hacienda?

    Der Empfang ist herzlich, wir bekommen ein kühles Kakao-Getränk und genießen den Ausblick bis nach Santa Marta zum Meer. Die Führung verwundert mich, da mir nicht klar war, wie einfach man Kakao-Nibs und Schokoladenpaste herstellen kann, zudem gesund! Es fällt mir schwer, auf die selbstgemachten Honig-Vollmilchpralinen zu verzichten, die alle anderen in Verzücken versetzen. Scheiß Diät! Die Schoko-Gesichtsmaske jedoch nehme auch ich mit und erfreue mich den Rest des Tages an meinem eigenen Schokogeruch. Heute sind wir clever und essen lecker im Lazy-Cat-Restaurant und streicheln alles Fellige.

    Der Abend hält aber unser absolutes Highlight bereit: Der Deutsche Thomas (glaube ich zumindest) ruft uns von seinem kleinen Café am Straßenrad vier Motos und dann geht es in einer abenteuerlichen Fahrt über Stock und Stein, die Hügel hinauf und hinter, im warmen Licht der sinkenden Sonne. Kathleen und Jasmin glauben kurzzeitig an eine Entführung, als alle Fahrer plötzlich großen Abstand zueinander gewinnen. Und ich: Ich Wahnsinnige liebe die 40-minütige wilde Fahrt, auch wenn meine Finger langsam zu schmerzen beginnen. Der Wind in meinem Haar, die Berge im honigfarbenem Abendlicht. Unschlagbar! Gerade noch rechtzeitig treffen wir im Sierra Hostel zu unserem "Fotoshoot" im Sonnenuntergang ein und erneut – ein epischer Sonnenuntergang vor einem atemberaubendem Panorama beglückt uns. Wir trinken Gin Tonic, geben unser Motorrad-Gang ein Bier aus und springen in den heißen Pool – unterhalb funkeln die Lichter Mincas.

    Als unsere Fahrer das zweite Bier bestellen, beschließen wir lieber schnell den Rückweg anzutreten – diese Strecke im Dunkeln sollte möglichst nüchtern zurückgelegt werden! Während Kathleen ein bisschen vor der Fahrt panickt, freue ich mich geradezu. Ich glaube, ich strahle die ganze Zeit über und irgendwann rinnen mir Glückstränen über das Gesicht, als es in ebensoabenteuerlichen Fahrt zurückgeht. Über mir die Sterne und erneut der Orion, der mich schon die ganze Reise über begleitet. Ich winke den Mayas zu, den Inkas und all den anderen Hochkulturen, die dieses Sternbild verehrten. Wir alle erreichen das Hostel heil und so beglückt, dass es am nächsten Tag schwer werden wird, Abschied zu nehmen. Für immer haben sich auf jeden Fall die Sonnenuntergänge Mincas in unsere Herzen gebrannt, diese Motorrad-Taxifahrten und die bereichernden Gespräche, die noch ein Weile lang in uns nachklingen werden.
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  • Mit einem Schamanen auf dem Roten Weg

    January 23, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 21 °C

    I feel the Fire (Originaltitel in Quechua: Pachamama)

    In the Sky and on the Earth
    With the Sun and the Stars
    In the Sky and on the Earth
    The Moon and the Stars

    I feel the fire inside inside
    I feel the fire here I meet you

    Pacha Mama, in this fire
    Pacha Mama, here I meet you

    Fly, fly Eagle
    Fly, fly Condor
    They fly freely for us
    They watch, protect everything, everything

    An jenem Tag im Januar sollte ich den „Roten Pfad“ betreten, den „Camino Rojo“, auf den so viele Zufälle mich führten, dass ich sie nicht ignorieren konnte. Carla, die Frau des Schamanen, meinte „die Medizin hätte mich gerufen“, aber so weit würde ich nun wirklich nicht gehen... Welche Zufälle? Ich war zu einem Zeitpunkt in Medellin, an dem ich diese Stadt eigentlich schon verlassen hätte, und dort befand ich mich in einem Hostel, in das mich ebenfalls weitere Verkettungen führten. In diesem Ort also treffe ich auf den Deutschen Kolja, der mir von seinen Erfahrungen mit Ayahuasca berichtet. Wir vereinbaren, uns dazu umhören und in Kontakt zu bleiben. Ich höre mich jedoch nicht um, genauso wie Kolja. Aber dann trifft er zufällig in Santa Marta auf seinen alten Schamanen aus Deutschland: Carlos, dessen kleine Finca sich in Minca befindet. Und wo bin ich zu diesem Zeitpunkt, als er mir dies berichtet? Dreimal dürft ihr raten!

    Es war also quasi beschlossen – ob vom Schicksal oder mir – ich würde die nächsten Tage bei diesem Schamanen im Dschungel verbringen und den „Roten Pfad“ betreten: auf der gesegneten Erde der „Pachamama“ (Quechua oder Aymara für „Muttererde“), vor „dem Opa Feuer“, mit „der Mama Coca“, in geweihten Hütten und vom Stamm der Wiwa konstruierten Zeremonie-Orten, deren Namen mir längst wieder entfallen sind, an einem erwählten Ort bei einem „Baum, der eine Höhle im Bauch hat“. Ich denke nicht, dass ich all das, was ich hier erlebt habe, ansatzweise verstanden und darstellen kann, weder die Mambeado- noch die Ayahuasca-Zeremonie. Auch hat es mir mein kritischer Verstand verboten, in dieser Welt voll und ganz aufzugehen. Dennoch kann ich sagen, dass ich meiner immer größer werdenden Neugierde gefolgt bin und etwas Fremdes vorgefunden habe, das sich in manchen Aspekten vertraut anfühlte, und dann doch so fremd, dass ich verwundert und auch empört zurückbleibe.

    Die vielen Stunden, die wir unter dem Blätterdach des Dschungels um das Feuer sitzen und Zeremonien hielten, mit Rappe, Tabak und Coca-Blättern, die meine Backe betäubten, bereiteten uns lediglich vor; auch die Ernährungs-Diät, die mir einiges abverlangte. Was dann folgte, eine ganze Nacht voller schamanischer Rituale und Musik, kann hier nicht niedergeschrieben werden. Der letzte Teil aber wird jeweils zu zweit durchgeführt und Carlos vollzieht an jedem von uns eine „Heilung“, wie er es nennt. Er singt in indigenen Rhythmen unverständliche Zauberformeln, umkreist uns mit Fächern und Rauch, tanzt um uns herum, mundharmonikaspielend, reibt uns mit einer leicht faulig-fruchtig-riechenden Flüssigkeit ein, berührt uns an Bauch, Rücken, Nacken und Kopf. Er segnet uns und betet, sein Tanz wird schneller. Wir sitzen dort regungslos, die Handflächen auf unseren Schenkeln, sie müssen nach oben gen Himmel gerichtet sein, denn wir empfangen etwas. Als Carlos Gebären noch wilder und lauter wird, sein Tanz noch ausdrucksstärker, als er mir die Hände auf Kopf und Nacken legt und mich segnet, ist es mir plötzlich, als flögen schwarze Raben aus mir heraus und ich selbst verwandle mich in einen riesigen grau-weißen Vogel, der in die Welt hinausfliegt. Dann ist meine Zeremonie zuende und ich fühle mich tatsächlich auf merkwürdige Art und Weise verändert und „erhoben“, als ich zum Morgengrauen in einen tiefen, traumlosen Schlaf falle.

    Auf jeden Fall verlasse ich nach einigen Tagen den Dschungel mit einigen Mückenstichen mehr, hungrig, aber auch mit einer neugewonnenen, profunden Stärke, die sich in mir ausgebreitet hat, aber auch mit hunderten Frage- und Ausrufezeichen, die Kolja und ich noch lange bei einem riesigen, fleischhaltigem Essen diskutieren werden. Und wir verlassen den Camino Rojo mit sehr ambivalenten Gedanken und viel Kritik, jedoch auch starken Gefühlen für uns und unser ganz und gar einzigartiges Leben. Ob ich es wieder machen würde: Nein, ich denke nicht, aber ich bereue es überhaupt nicht, freue mich über diese neugewonnene Erfahrung und fühle immer noch in einen großen, kraftvollen Vogel verwandelt, der um die Erde fliegt.

    Eine Wortkaskade aus dem Dschungel: die mich rufende Medizin – Gemüsesuppendiät - Opa Feuer – Wortschwerter – Seestern und Tod – Rappé, Coca und Tabak – Wiwa – Amazonas Wälder – die Höhle des Baumes – die Federn des Papageien – Pachamamas Erde – die Geister des Dschungels – die Tarotkarten - Aho – der Biss eines Tieres im Bauch der Schlange – Entwaffnung - die Windstimmen der Brüllaffen – anstehen, trinken und sich übergeben - bunte Muster, Farben und Tiere - der Gesang der Schamanenfrau – der verschwindende Körper - die innere Freiheit – der Tanz des Schamanen - die Transformation der schwarzen Vögel - mein Krafttier - die Stärke und das Leben einer Königin
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  • Das Dschungelbuch Tayrona

    January 26, 2022 in Colombia ⋅ ☀️ 23 °C

    „Probier's mal mit Gemütlichkeit“ ist angesagt, während ich mit meinem mittlerweile 16-kg schweren Rucksack den Weg zum Journey-Hostel in der Nähe des Tayrona-Nationalparks hinaufquäle. Aber ich werde nicht nur durch die kleinen Schilder hier („Almost there!“, „You made it!“), sondern vor allem durch dem sagenhaften Blick von der Terrasse aus für alles mehr als entlohnt: Ich blicke über die grünen Hügelketten der Sierra Nevada, dem Tayrona-Nationalpark, den hiesigen Fluss und das Meer gleichzeitig. Dieses wunderbare Hostel wird für einige Zeit meine „Base“ darstellen – denn auch wenn ich mich an dem Panorama nicht sattsehen kann, breche ich von hier in den Tayrona-Nationalpark und zur verlorenen Stadt auf.

    Vom Hostel aus führt ein Weg durch den Fluss, von dem aus man umsonst (wenn man die Krokodile überlebt) in den Park und auf den „Monkey Trail“ kommt. Ich entschließe mich dann doch zu zahlen und betrete den Park, der 30km entlang der zerkläfteten Küste verläuft, über den mittleren Eingang Calabazo, womit ich auch den Touristenmassen entgehe. Der Weg zum heiligen Wiwa-Dorf „Pueblito“ ist gesperrt und ich muss wohl oder übel direkt zum Cabo San Juan del Guia weiterwandern. Die Mädels, die ich auf dem Weg getroffen hatte, lasse ich irgendwann hinter mir. Dieses Paradies will ich alleine erkunden! Mir kommen nur Mulis mit ihren Haltern, schweren Lasten oder schwerfälligen Touristen entgegen, sonst nur ein oder zwei Wanderer. Meist bin ich ganz alleine und genieße es sehr! Die Wege sind zum Teil eben, zum Teil etwas steiler und rutschig, aber insgesamt sehr gut passierbar. Mir gefallen besonders die riesigen, rundlichen Felsbrocken, die hier überall zu finden sind, umgeben von Palmen und allerlei Grünzeug. Als ich Mogli hier herumspringen sehe, tanzend mit Balu, mache ich dann doch eine längere Trinkpause. Dann entdecke ich zum ersten Mal das Meer zwischen den Zweigen und schlängle mich langsam hinunter zum Nacktstrand und von dort an der Küste entlang zum Cabo, dem wohl eindrücklichsten Ort des Parks.

    Auch wenn kein Wochenende ist, es ist sehr überlaufen und die meisten Touristen tummeln sich hier am gleichen Ort. Mein Plan, hier sofort bei Ankunft ein Zelt zu mieten und mein Gepäck darin zurückzulassen, noch etwas weiterzuwandern und später zurückzukommen, scheitert. Entgegen aller meiner Informationen konnte ich am Eingang nichts vorbuchen (nur am Haupteingang möglich!), aber eine Reservierung via Whatsapp wäre wohl doch möglich gewesen – ergo, alles reserviert, ich stehe auf der Warteliste und soll zwei Stunden hier warten, bis ich erfahre, ob ich hier übernachten kann. Entspannt ist anders, aber so treffe ich auf die Deutsche Lena und ihren Freund, mit denen ich mich hier die meiste Zeit verbringen werde. Dennoch genieße ich das kühlende, türkisene Wasser und gönne mir ein paar Snacks, bis ich erfahre, dass ich eine Hängematte im Hauptpavillon ergattert habe. VIP-Platz für VIP-Geld... Die Sonne geht schon unter, als wir unsere Plätze zugewiesen bekommen und uns dann eines der Gerichte des Restaurants aussuchen. Die Organisation könnte definiv verbessert werden!

    Die Nacht verbringe ich also in zahlrieche Schichten gehüllt, mit Mütze und Oropax in der Hängematte in einem sehr vom Wind umspielten Pavillon – Blick auf den Dschungel, Strand und das Meer. Und als ich erwache und mich zu den anderen auf der Veranda geselle, um den Sonnenaufgang über dem Park zu bestaunen, fühle ich so eine tiefe Dankbarkeit für die Schönheit dieser Welt, dass mein Herz fast schmerzt. Zusammen mit dem Sonnenaufgang über den Wolken in Hawaii ist dies wohl einer der schönsten, die ich je gesehen habe und ich hoffe, dass sich diese Bilder für immer in meinem Gedächtnis einbrennen werden.

    Morgens genieße die Ruhe des Ortes, noch sind nur Übernachtungsgäste hier, was es wunderbar entspannt gestaltet. Als die ersten Tagestouristen ankommen, trete ich den Rückweg an, Richtung Haupteingang, vorbei an wunderschönen Stränden, auch der „Piscina“, bereue es aber, nur eine Nacht im Park eingeplant zu haben. Auch scheinen sich wieder einmal alle Tiere vor mir versteckt zu haben, denn meine Hoffnung, hier in Kolumbien endlich auch einmal wilde Affen zu sehen, geht natürlich nicht in Erfüllung. Dafür treffe ich zahlreiche Wiwa an, traditionell in weiß gekleidet, von denen mich die Kinder mit großen Augen beobachten und deren Männer mir eine frisch geerntete Kokosnuss öffnen. Der Einäugige Muli-Führer begegnet mir erneut, seine Tiere quälend, und die Kolumbianer, die mir entgegen kommen, scheinen die kleine Wanderung nicht so sehr zu genießen.

    Durch die Tatsache, dass ich am Nebeneingang nicht mit Karte zahlen konnte, geht mir das Bargeld aus und ich kann mir erst nachmittags ein Mittagessen gönnen, als ich den Park verlassen habe. Kreditzahlung möglich? Fantastisch, ja, Vorspeise und Wein nehme ich auch dazu! Am diesem Abend sehe ich den Sonnenuntergang vom Journey-Hostel aus und wünschte mir, das restliche Jahr einfach hier zu verbringen und noch einmal durch den Fluss in den Park zurückzukehren. Dann würde ich mein eigenes Dschungelbuch verfassen, mit Krokodilen, einem einäugigen Jaguar und beschwipsten Affen und Eisbären, die Kokosnüsse öffnen.
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  • Das Dschungelcamp

    January 29, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 31 °C

    Zugegeben, ich war ein wenig aufgeregt, denn diese Unternehmung versprach ein richtiges Abenteuer zu werden: 4 Tage auf schmalen Pfaden im kolumbianischen Dschungel auf dem Lost-City-Track wandern, insgesamt rund 47 km, mit dem Ziel die Cuidad Perdida (Teyuna) zu erreichen, die heilige Stadt der Tairona, die lange als vergessen galt (zumindest aus Sicht des Westens). Ein Stadtkind auf entlegenen Urwaldpfaden - ob mir das wohl zusagen wird? Aber ich hatte nur Gutes gehört, alle kamen begeistert, ja geradezu beglückt zurück und ich war schon voller Euphorie, noch bevor es losging. Dennoch sollte mich der Spaß einiges kosten: 300 Euro und eine enorme körperliche Anstrengung. Es lässt sich jedoch festhalten, dass sich jeder Cent bezahlbar machen und zu einem Highlight, wenn nicht zu DEM Highlight, meiner bisherigen Reise führen sollte. Denn auch noch Monate später durchströmt mich ein Glücksgefühl, wenn ich meine Augen schließe, mich im Inneren wieder auf diese Wege begebe, die steilen Stufen zur Heiligen Stadt erklimme und erneut die Ehrfurcht und Verbundenheit zu diesem magischen Ort verspüre.

    Ich ließ den Großteil meines Gepäcks im Journey-Hostel zurück und packte meinen Daypack mit handverlesenen Dingen: Handy/Kamera, Ladekabel, Trinkflasche, Moskitospray, Sonnencreme, Bite-away-Stick, Stirnlampe, Kappie, Buff, 3 Paar Socken, 4 T-Shirts, Shorts, Leggings, Flanellhemd/Pulli für die Nacht, Trekkingsandalen- und -schuhe, leichtes Baumwollshirt, Bikini, Handtuch, Elektrolyte, Kekse, etwas Bargeld (für Bier!), Hygieneartikel, ein paar Medis und Toilettenpapier, Tipp: Mini-Rucksack/Beutel mitnehmen. Dann ging es endlich los!

    Tag 1: Santa Marta/Hostel – EL Mamey – Camp 1 – 3,5 Std Wanderung
    Ich wurde gegen 10 Uhr am Hostel in Tayrona abgeholt und wir erreichten nach zirka 2 Stunden Fahrt El Mamey, wo wir uns alle zum ersten Mal trafen und gemeinsam zu Mittag aßen. Darf ich vorstellen? Dies war unser Team, die „Patacones“ (frittierte Bananen), die sich im Laufe der nächsten Tage zu den „Superpatacones“ entwickeln sollten: Die humorvollen Londoner Indra und Oli, die ich sofort in mein Herz schloss, unsere belgischen Supersportivos Olivier und Sebastien, unsere kämpfenden Französinnen Isabelle und Angele, der kälteunempfindliche Kanadier Tanner, unsere kolumbianischen Guides Gabriel and Lara, unser Küchenchef „El jefe“– und ich, die unerschrockene Deutsche.

    Gegen halb 1 beginnt unser Abenteuer und während sich die erste Stunde relativ entspannt gestaltet und wir uns noch rege unterhalten, auf überraschend breiten und leicht begehbaren Pfaden, lernen wir dann doch recht schnell das „colombian flat“ kennen, wie es Gabriel scherzhaft nennt: Die nächsten 2,5 Stunden geht es ständig auf und ab, im Schnitt ist es also quasi eben. Zudem quält uns die Mittagssonne, es gibt kaum Schatten. Zugleich enthüllt sich vor unserem Augen eine wunderbare Landschaft – überall begrünte Hügel, Dschungel und kleinere Felder soweit das Auge reicht. Es geht über kalkige und lehmige Wege, teilweise in treppen - oder brückenartige Konstruktionen, über kleinere und größere Flussläufe. Am höchsten Punkt aber werden wir dann mit herrlich saftigen Wassermelonen belohnt. Hat ein Stück Melone je so gut geschmeckt?!

    Was wir auch sehen: Wir entdecken die Spuren des einstigen intensiven Coca- und Marihuana-Anbaus, den die nicht-indigenen Kolumbianer hier betrieben hatten. Heute erodiert an diesen Stellen die Erde schneller und nur den Indigenen ist der Anbau der Coca-Blätter noch erlaubt, die von ihnen gegen Hunger und für rituelle Zwecke gekaut oder als Tee getrunken werden.

    Nach einer kurzen Pause brechen wir wieder auf, der enger werdende Pfad führt über eine Hängebrücke und durch eine kleinere Ortschaft, vorbei an einer kleinen Dorfschule – die allerdings relativ ungenutzt erscheint. Hier sollen die Kinder, die nur die Sprache der Wiwa beherrschen, Spanisch und rechnen lernen. Und dann erreichen wir schon gegen 16 Uhr unser erstes Camp, erfreut, dass die erste relativ anstrengende Etappe geschafft ist, auch wenn ich nicht wirklich erschöpft bin. Wir entspannen uns zunächst in der Sonne und beobachten die Papageien und Pfaue, die sich hier herumtreiben, bevor wir uns unter die kalte Dusche trauen. Vor allem bin ich erstaunt über den „Komfort“ des Camps, das ich mir viel einfacher vorgestellt hatte: Denn uns erwarten Wasser-WCs und Duschen, ein vollwertiges, leckeres Abendessen, kühles Bier, Strom und eine richtige Matratze in einem Stockbett, in die wir nahezu alle kurz nach 8 schon versinken und umhüllt um Moskitonetz in einen tiefen Schlaf fallen, umgeben von den Geräuschen des Dschungels.
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  • Im Land der Wiwa

    January 30, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 31 °C

    Tag 2: Camp 1 – Camp 3 – ca. 5,5 Stunden Wanderung
    Als ich um 5 Uhr aufstehe, ist der Himmel noch violett-rosafarben. Aber die Sonne schiebt sich schnell über den Horizont und als es nach einem zügigen Frühstück um 6 Uhr losgeht, entledigen wir uns schnell unserer Jacken und Pullis. Die Morgenstunden zeigen die Sierra Nevada von ihrer schönsten Seite und die einzelnen Hügelketten sehen aus, als wären blaue Seidenpapierschablonen hintereinander aufgereiht und würden von dem satten Grün des Dschungels perfektioniert. Gegen halb 8 erreichen wir die indigene Wiwa-Siedlung Mutanshi, treffen den Stammesführer jedoch nicht an und begeben uns daher direkt zum dortigen Wasserfall, vorbei an hochgewachsenen Kakaobäumen. Wir wünschten alle, dass wir langsamer gewesen wären, denn es war noch schattig und nicht besonders heiß. Ahhhhhh, das Wasser ist so kalt, dass ich mich an unsere Ausflüge in die Schweizer Alpen erinnert fühle (Funfakt: Hier wurde unser Dackel Daisy einmal von einem eisigen, reißenden Gebrigsbach mitgerissen – aber unser Hund hatte 7 Leben!). Während die anderen Damen der Patacones nur mit den Füßen in den Pool steigen, habe ich mich mit Oli und Oli, Tanner und Sebastien ins kühle Nass getraut. Das Motto des Jahres ist schließlich: Just do it!

    Danach geht es vorbei an einer weiteren indigenen Siedlung, deren Palmdächer mit ihren Spitzen die zwei höchsten Gipfel der Sierra Nevada symbolisieren – heilige und daher „verbotene“ Berge für die Wiwa und Touristen. Weiter führt uns der Weg durch das Tal des Buritaca-Flusses, dessen Flusslauf wir lange folgen. Wir erreichen das Camp 2 schon gegen 9 und nehmen das früheste Mittagessen meines Lebens (9:52 Uhr!) ein, bevor wir uns auch hier in den eiskalten Fluss erfrischen. Und hier endlich suche ich eine Schlange! Abgesehen von den domestizierten Papageien, den Schweinen und Hühnern das erste wilde Tier, das ich entdecke!

    Dann folgen weitere gute 4 Stunden durch den Dschungel, wieder mit herrlichen Früchten bei den Zwischenstationen, bis wir (bzw. die meisten von uns) um viertel vor 3 schließlich im Camp Paraiso ankommen – bereit für ein weiteres kühles Bad im klaren Wasser des Buritacas und diesmal wirklich erschöpft von der Wanderung. Durch die entspannende Pause haben wir abends noch ein wenig Energie, gönnen uns noch Rum und Bier, spielen ein paar Würfelspiele und verbringen ein paar ausgelassene Stunden, bis wir erneut in unsere Betten verschwinden, von denen aus wir noch das entfernte Brüllen der Affen vernehmen. Hier herrscht zudem stricktes Ausgehverbot, denn so harmlos unser Dschungelcamp auch wirkt, nachts sind wir von Jaguaren umgeben!

    Wir schlafen voller Vorfreude ein, denn am darauffolgenden Tag sollte DER Tag sein: Wir würden finden, was niemals verloren, wir würden sehen, was lange durch den Dschungel verborgen und behütet wurde: Tayuna, die heilige Stadt, die auf bis zu 1200 MM über dem Blätterdach der Sierra thront.
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  • Nicht verloren in der Verlorenen Stadt

    February 1, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 31 °C

    Tag 3: Camp 3 – Verlorene Stadt – Camp 2
    Erneut frühstückten wir um 5.30 Uhr und brechen kurz nach 6 Uhr mit kleinem Gepäck auf. An diesem Tag erscheint das frühe Aufstehen weniger schlimm, denn wir alle sind voller Vorfreude. Nach einer kurzen Strecke „colombian flat“ geht es schließlich 1200 steile Steintreppen, von den Tayronas selbst angelegt, zur Verlorenen Stadt hinauf. Das Fortkommen ist nur langsam möglich, aber irgendwie habe ich es mir anstrengender vorgestellt und ehe ich mich versehe, stehe ich mit Oli und Indra vor dem Eingang der Stadt, begrüßt von unseren Belgiern. Wir warten noch auf unsere Französinnen und begeben uns dann an jenen magischen Ort voller Relikte und Ahnengeschichten. Gabriel erklärt viele Details, aber ich friere im Schatten so, dass ich mich kaum konzentrieren kann. Schon die ersten Ebenen, die wir zu sehen bekommen, begeistern uns, erst später werden wir gewahr, wie weitläufig das Gelände eigentlich ist. Es ist eben tatsächlich eine richtige Stadt, die vor ihrer erneuten Freilegung „die grüne Hölle“ genannt wurde – denn die Mosiktos und das Getier müssen damals nahezu unerträglich gewesen sein, berichtet Gabriel, der einer der ersten Helfer gewesen war! (Funfakt: Dies war auch der Spitzname des Geislinger Gymnasiums, meiner ersten Stelle ;-)

    Es fällt mir schwer zu beschreiben, wie ich den Besuch dieser präkolumbianischen Stätte empfunden habe. Ich dachte kurz zurück an den Macchu Picchu, der für mich gleichermaßen beeindruckend war. Der Moment, an dem sich der Nebel damals verzog, und sich die Stadt in den Bergen vor unserem Auge enthüllte, ist mir unvergesslich. Aber dort schoben sich die Massen an Touristen durch die Stätte und man konnte sich kaum frei bewegen, musste einen Mundschatz tragen und durfte nur in eine Richtung gehen. Die Verlorene Stadt aber teilen wir nur mit den wenigen anderen Wanderern und den Tieren und Bäumen, die uns umgeben.

    Laura und Gabriel bringen uns wieder einmal leckere Snacks, diesmal nicht nur Obst, sondern auch Chips und Süßigkeiten. Lange sitzen wir einfach in der Sonne und genießen den wunderbaren Anblick. Ich will alles in mich aufsaugen und spüre eine besondere Verbindung zu diesem heiligen Ort, den ich mir auch „erarbeitet“ habe, was meine Anwesenheit irgendwie etwas mehr legitimisiert, wie ich finde. In mir macht sich ein unglaubliches Glücksgefühl breit und ich bin einfach nur stolz, alles so locker geschafft zu haben: Ich befinde mich in der verlorenen Stadt und fühle mich so ganz und gar nicht verlorenen.

    Nach einem extrem langsamen und sehr vorsichtigem Abstieg essen wir im Paradies-Camp noch einmal zu Mittag, baden und sind uns alle einig, dass wir hier gerne noch verweilen würden, die Eindrücke sacken lassen und einfach den Ort genießen. Aber es sollte zurück gehen und so machen wir uns auf den Weg zurück zu Camp 3. Eine unserer Französinnen kämpft schon den ganzen Tag mit der Strecke und kommt erschöpft und frustriert an, während wir uns schon im Fluss abkühlen. Tanner liegt wieder in dem kalten Wasser wie in einem Whirlpool – und wir können es auch am dritten Tag einfach nicht fassen, wie sehr unser Kanadier kälteresistent ist.

    An diesem Abend gibt es Kakao mit Rum, aber keine Spiele mehr, denn wir sind alle richtig geschafft und wissen ja nun auch noch, was morgen vor uns liegt. Meine Kondition ist zwar gut und ich konnte locker mithalten, spüre aber abends dann doch mein rechtes Knie – wie nach anderen 3-Tageswanderungen zuvor. Ich schmeiße mir eine Packung Elektroyte und eine Voltaren ein, bevor ich ins Bett gehe. Die letzte Nacht im Dschungel,im Visier der Jaguare.

    Tag 4: Camp 3 – El Mamey
    Natürlich geht es wieder früh los – bis zur letzten Minute suche ich meine Merinosocken, die ich zum Lüften mit meiner Kleidung aufgehängt habe - vergebens! Das Problem ist nicht, dass ich unfassbar an ihnen hänge und sie finanziell nicht leicht ersetzen könnte. Das wirklich Problem ist die praktische Ersetzung – wo zur Hölle findet man in Kolumbien oder auch sonst in Zentral- oder Lateinamerika gute Wandersocken? - Freunde, kein leichtes Unterfangen und nach Monaten (denn ich liege weit zurück in meinem Blog) kann ich euch sagen – es wird ergebnislos bleiben!

    Obwohl ich die Strecke kenne, die wir an diesem Tag zurücklaufen müssen, kann ich mich an ganze Abschnitte nur noch vage erinnern, zu sehr ähnelt sich manches. Später am Tag kommen wir wieder zu den wunderbaren Aussichtspunkten, die Wege werden wieder breiter, wir sind versucht Souvenirs zu kaufen (lecker Kakaonibs mit Honig!).

    Gabriel hält die Motivation hoch, indem er uns von seiner Begegnung mit einem Jaguar berichtet. Er erzählt mit vollem Körpereinsatz und seine Stimme bildet die Spannung und seine Emotionen so ausgezeichnet ab, sodass wir jedes Detail auch ohne Lauras Übersetzung verstehen: Gabriel war noch ein junger Mann und morgens alleine im Dschungel am Fluss unterwegs. Er muss dabei so leise gewesen sein, dass ihn der Jaguar, der andere Lebewesen normalerweise schon aus weiter Ferne hört oder wittert, nicht auf ihn aufmerksam wurde. So entdeckte Gabriel das Raubtier zuerst und bemerkte, dass dieses dem Fluss immer näher kam. Auf ihn zu! Seine Knie gegannen weich zu werden, sein ganzer Körper zitterte, er wollte seine Machete greifen, aber war starr vor Schreck. Unfähig zu fliehen, beobachtete er, wie die Katze immer näher und näher kam, bis sie plötzlich ebenfalls erschrocken stehenblieb und in Angriffsmodus überging: Sie hatte ihn entdeckt! Die Haare des Tieres stellten sich auf, um den Hals herum bildete die Haut plötzlich eine Art Mähne, die das Tier nun umso größer wirken ließ, sein Blick auf ihn gerichtet, die Reißzähne gefletscht. Gabriel starrte zurück, gelähmt vor Angst. So verharrten sie eine kurze Weile (natürlich eine Ewigkeit in Gabriels Wahrnehmung!) , bis das Tier sind langsam, ganz langsam umdrehte, Schritt für Schritt zurückwich, aber nicht ohne mehrmals den Kopf zu drehen und Gabriel anzuvisieren. Als es schließlich nicht mehr sichtbar war und der junge Mann aus seiner Starre erwachte, zog er plötzlich völlig unvermittelt seine Machete, schrie kraftvoll und wie von Sinnen in das Grün des Urwalds, als ginge es immer noch um sein Leben.

    Und im Kopf noch die Begegnung Gabriels mit dem Jaguar (der hier Tiger genannt wird) erreichen wir mittags müde, aber überglücklich die Ausgangsstation, auch unsere Französinnen, die sich dann doch ohne Muli durchbeißen. Und nun, zu den „Superpatacones“ aufgestiegen, stoßen wir alle stolz miteinander an und genießen ein letztes leckeres Gericht unseres "jefes". Wir sind begeistert, gesehen zu haben, was nicht vielen vergönnt ist und was der Dschungel lange wie einen Schatz behütet hatte: die heilige Stadt der Tairona, die Verlorene Stadt, die niemals verloren war, wir aber dennoch gefunden haben. Sie für jeden von uns in unserer Erinnerung lebendig bleiben und nie wieder verloren gehen.
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  • Karibisches Nichtstun am Costeno Beach

    February 3, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 31 °C

    Noch auf dem Rückweg von Tairona werde ich wieder an meinem Hostel herausgelassen, hole mein Gepäck und auf geht es mit einem Motorradtaxi zu meiner Unterkunft, in der ich die nächsten Tage vor allen das machen sollte: nichts! Love it!
    Ich verbringe ein paar Tage am Costeno Beach im Bohemia Hostel in einem wunderschönen Zimmer, abends schlafe ich mit dem Geräusch der karibischen See ein, das mich morgens ebenfalls wieder weckt. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, die Wellen rollen, die Palmblätter wiegen sich im Wind. Hier und da ein Fischerboot.

    Ich liege im Sand, ich liege in der Sonne, ich liege auf den Daybeds, ich liege in den Hängematten, ich liege auf einem der Sofas im Restaurant oder in meinem großen bequemen Bett. Und oftmals findet man mich mit dem einen oder anderem Getränk an. Ach, das Leben ist herrlich!

    Ich spaziere die Küste entlang, ich kühle meine Beine in der Brandung – Schwimmen ist hier aufgrund der starken Strömung zu gefährlich, aber mir gerade eh zu anstrengend. Die Tanzveranstaltungen und Parties in den Hostels müssen ebenfalls ohne mich auskommen – es me-time angesagt, auf karibische Art wohlgemerkt. Ich verfolge das Auf und Ab der Wellen, die Beutezüge der Pelikane, den Lauf der Sonne. Ich BIN einfach nur. Sehhhhhhhr zufrieden.
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  • Heyyyyy Cartagena!

    February 4, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 32 °C

    Mit dem Bus fahre ich nach meiner Karbikauszeit nach Cartagena de Indias, der wunderschönen Kolonialstadt, die meine vorletzte Station in Kolumbien darstellen soll. Farben, Musik, Lebensfreude! Bei der Free Walking Tour, die eher unterhaltsam als informativ war, lerne ich eine Gruppe von Frauen kennen, mit denen ich die Stadt in den beiden Tagen hier unsicher machte: Eine holländische Flugbegleiterin, eine kanadische Influencerin, eine irische Studentin, eine US-amerikanische Reisende und meine Wenigkeit.

    Und so flanieren wir nicht nur zum Sonnenuntergang an der berühmten Stadtmauer entlang, gehen kolumbianisch essen, Cocktails trinken und stürzen uns in das Nachleben von Getsemani, sondern treffen uns auch noch einmal zu Ceviche und einem Straßenkonzert. Am meisten lohnt sich ein Spaziergang durch die Altstadt und das farbenfrohe Getsemani, dem "Viertel der Handwerker" , das zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde. In Cartagena hört man Champeta, eine Mischung aus Afro und karibischen Klängen. Auch finden hier die Wahlen zu „Miss Columbia“ statt und man kann hier die Bilder der schönsten Kolumbianerinnen bewundern.

    Es wird behauptet, dass Cartagena „nicht zuletzt wegen der geografischen Lage die sicherste und bestbewachte Stadt in Kolumbien“ (Wiki) ist. Man darf sich jedoch nicht täuschen lassen – auch wenn ich tatsächlich so viel Militär und Polizeiaufgebot wie noch nie gesehen habe, treffe ich ausgerechnet in Cartagena wieder auf den Nordiren Cailan, der hier ausgeraubt und mit dem Messer bedroht wurde. Das ist letztlich nichts Ungewöhnliches. Schon früher kam es in dieser Stadt zu Überfällen, damals jedoch durch Piraten wie beispielsweise Sir Francis Drake (1585). Zum Schutz wurde daher nach dessen Einfall der elf Kilometer lange Schutzwall und die riesige Wehranlage San Felipe errichtet, die man heute noch bestaunen kann. Sicherer allerdings ist es eben nur teilweise geworden, Schutzwall, Militär und Polizei hin oder her - nachts sollte man hier als Frau besser nicht unterwegs sein, zumindest niemals alleine.

    Mit Cartagena verbinde ich aber etwas ganz anderes: ein wahrhaft buntes Treiben, das Treffen von Menschen jeglicher Couleur, jeglicher Nationalität und Abstammung, allen gemein jedoch scheint der Rhythmus im Blut und die unbändige Lebensfreude. Viele der Einwohner Cartagenas haben afrikanische Wurzeln und somit eine Geschichte des Sklavenhandels und der Ausbeutung hinter sich. Sie verwandelten jedoch ihr Leid in Leidenschaft!

    Zu guter Letzt möchte ich den Klassiker der Weltliteratur hervorheben, der hier vielfach in Restaurants, Geschäften und Hotels zitiert oder ausgestellt wird, und der Cartagena ein weiteres Denkmal setzt: Gabriel Garcia Marquez' Roman „Liebe in Zeiten der Cholera“ (1985) . Ebenfalls seuchengeschädigt, aber mit einer Choleraimpfung versehen, juble ich diesem Schriftsteller zu, der seinem Erzähler die folgenden mächtigen Worte sprechen lässt: „ [...] und erschrak bei dem späten Verdacht, dass nicht so sehr der Tod, vielmehr das Leben keine Grenzen kennt.“
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  • Hey Bali - ho Canggu!

    May 15, 2022 in Indonesia ⋅ ☀️ 30 °C

    Look at the stars
    How they shine for you (Yellow by Coldplay)

    Nach Monaten auf Reisen erreiche ich am 15. Mai endlich die Insel, die von Anfang an erklärtes Ziel dieses Jahres sein sollte: Bali! Ich weiß nicht, wie viele Vlogs Chris und ich während des Lockdowns über Indonesien gesehen hatten – aber es hatte uns oftmals durch die trüben Tage des deutschen Lockdowns gerettet und wurde zum unumstößlichen Samstag-Ritual. Wasserfälle, Strände, Reisfelder, Rollerfahrten, Nasigoreng, Surfen, Tempelanlagen, atemberaubendes Panorama und und und. Und nun bin ich selbst hier und noch ganz ungläubig, als ich zum ersten Mal durch die Straßen Canggus spaziere, der Schweiß rinnt nur so an mir herunter – die Luftfeuchtigkeit ist enorm, die Sonne knallt, der Verkehr ist verrückt – aber ich bin auf Baliiiiiii!

    Eine wichtige Regel beim Reisen: Wenn dir jemand ein Ziel empfiehlt, frage nach warum! Denn zugegeben, dies hätte mich vor dem mittelmäßigem Start in diesem Touristenort bewahrt. Aber die vielen Empfehlungen führen mich nach Canggu – einem Ort, den ich persönlich beim nächsten Mal getrost auslassen würde.

    Warum? Mein Hostel Clandestino ist zwar richtig schön und Eduardo und Cassandra haben den Laden zwar fest im Griff – nicht aber die Gäste: Während die einem beim Sex das Stockbett zum Einsturz bringen, einige Frauen im Bad diverse schmutzige Slips und Shirts liegenlassen, andere den halben Garten vollkotzen, jemand unser Dorm auf 16 Grad kühlt und die Fernbedienung entwendet (ich liege mit Skiunterwäsche und Flanellhemd im Bett und friere – öffne dann kurzerhand die Tür!), meine indischen Mitbewohner nachts einfach ohne Scham im Dorm telefonieren, schafft es ein weiteres Genie es, neben die Toilette zu scheißen. Gratulation! Ich bin auf balinesisch Malle angekommen!

    Dennoch mache ich es mir schön – obwohl mir ein Brite eine erste Einweisung in das Rollerfahren gibt, mache ich mich– nachdem ich ein paar Rollerunfallopfer gesichtet habe - in den drei Tagen hier meist lieber zu Fuß auf den Weg oder nutze Grab. Vorbei an den vielen kleinen Tempeln und an den schlafenden Hunden, steige ich häufig über die bunten kleinen Opfergaben, die hier überall die Wege säumen. Sie sind entzückend und enthalten alles, was sich ein hinduistischer Gott so im Alltag wünscht: bunte Blumen, ein kleines Grasbett, etwas Obst, Bonbons, Räucherstäbchen, manchmal aber auch Kaugummis oder Zigaretten! ;-)
    Der Strand bei Canggu ist vormittags durch die Flut kaum vorhanden, auch ein Strandspaziergang durch den vielen Müll ist erschwert. Hier gehe ich gewiss nicht surfen, denn der Strand endet mit Felsen und Steinen und mein Surfkunststück „With knee on the rocks“ hatte mir ja schon in Mexiko ein paar „Surfertatoos“ beschert, wie das hier so schön genannt wird. Ich leiste mir an also lieber eine Sonnenliege, bestelle gekühlte Kokosnuss und mein erstes Nasigoreng. Die anfängliche Begeisterung über Reis mit etwas Gemüse wird mir noch vergehen... Aber zunächst war Canggu ein wirklich guter – zumindest kulinarischer- Start auf dieser Insel.

    So beschränke ich mich auf Shoppen, balinesische Massagen, Mani-Pedi, leckeres Essen, Cocktails und die Grab-Fahrer, die mich an den endlosen Strand in Seminyak bringen und halte mich von den anderen Hostelbewohnern fern ;-) Aber als ich am letzten Abend in Seminyak am Strand sitze und die Band auf meinen Wunsch „Yellow“ spielt, finde ich meinen Start dann doch ganz und gar gelungen, denn wann sonst leuchten schon die Sterne nur für mich?
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  • Tanah Lot - Zweigstelle des Paradieses

    May 20, 2022 in Indonesia ⋅ 🌧 29 °C

    Von Canggu aus geht es ein paar Kilometer weiter nach Tanah Lot („Land inmitten des Meeres“) zu einem der beliebstesten Sehenswürdigkeiten Balis: eine an der Küste gelegenen Tempelanlage, malerisch auf den zerklüfteten Felsen erbaut und bei Flut von einer starken Brandung umtost.

    Hier komme ich endlich so richtig auf Bali an. Ich gönne mir drei Tage ein schönes Hotel mit Pool, genieße die Ruhe und das wunderschöne Ambiente. Teilweise bin ich der einzige Gast hier, nach dem Lockdown läuft alles wohl nur sehr langsam an. Morgens geht es durch die üppig grüne Gartenanlage zum Frühstück – Frangipanibäume, Papageienblumen, Bambus, Hibiskus und und und. Und zu meiner allergrößten Freude wachsen die Orchideen hier einfach auf den Bäumen! Das MUSS eine Zweigstelle des Paradieses sein!
    Ich erkunde nicht nur die malerische Tempelanlage, sondern auch die Tourimeile und das kleine Nachbardorf, in das ich mich zur Verwunderung der Einheimischen hier zu Fuß auf den Weg mache. Ein Local bleibt stehen und fragt, wohin ich möchte, er würde mich mitnehmen. Verwundert lässt er mich zurück, als ich ihm versichere, ich würde hier gerne spazierengehen.
    Ich genieße frischen Mangosaft in dem Cafe Sari Suma, direkt an den grün leuchtenden Feldern gelegen, besuche mein erstes einheimisches Restaurant – Warung genannt – und erhalte am zweiten Tag eine Privattour mit dem Fahrrad durch den Hotelmanager selbst. Er heißt Waian, so wie Tausende andere Indonesier, die der erste Sohn der Familie sind. Es folgt Kedek, Nyoman und Ketut. Gibt es 5 Söhne so wird wieder mit Waian B begonnen. Herrlich, die Balineser – sie nummerieren ihre Kinder einfach durch!

    Waian ist so erfreut, dass die Touristen nach dem langen Lockdown Indonesiens wieder zurückkommen. Nicht nur aus persönlichen Gründen (er war die letzten zwei Jahre Reisbauer!), sondern auch um sich mit den Menschen auszutauschen. Er hat zahlreiche Fragen zum Leben in Deutschland, berichtet mir aber auch bereitwillig vom Hinduismus – hier einer monotheistisch anmutenden Variante, in der Brahma, Shiva und Vishnu gleich der Trinität nur unterschiedliche Erscheinungsformen zukommen. Wir fahren an zwei lokalen Tempeln vorbei. Zudem berichtet er vom Leben der Reisbauern, von denen immer mehr an reiche westliche Investoren verkaufen und nach ein paar Jahren in bitterer Armut leben; von dem hochgelobten Kanalsystem, das alle Felder gleichermaßen mit Wasser versorgt und dem Zusammenleben in den kleinen Kommunen. So gibt seine Frau beispielsweise Yoga-Unterricht für Senioren und er unterstützt kleinere Projekte im Dorf.

    Die Duldung der hiesigen Jugendlichen in der Poolanlage jedoch geht in meinen Augen etwas zu weit – als ich mich einmal am Pool entspannen wollte, kamen erst 4 jüngere, einheimische Jungen, die lauthals in ihren Unterhosen ins kühlende Nass hüpfen und planschen, danach jedoch auch noch vier Jugendliche, die mich dann letztlich in die Flucht schlagen. Schließlich wollte ich nicht als Kinder hassende Rassistin durchgehen...

    Unser Ausflug wird noch vom Besuch des Sunset Points gekrönt, wo ich Waian zum Dank zum Essen einlade. Er tut es mir gleich und bestellt einen Mojito – sein erster, wie sich später herausstellen wird. Während ich das billige Zeug kaum hinunter bekomme, lobt er die süße Plörre und stellt danach verwundert fest, dass er ganz schummrig im Kopf ist. Auf dem Rückweg zum Hotel giggelt er sehr zufrieden und entschuldigt sich wiederholt – auch für seine leicht schwankende Fahrweise. Wir erreichen das Hotel gesund und sehr munter und bedanken uns herzlichst für den sehr anregenden interkulturellen Austausch. ;-)
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  • Tanah Lot - Götterhaus im Meer

    May 22, 2022 in Indonesia ⋅ ⛅ 30 °C

    Ein Ort, den ich vermisst hatte, ohne jemals zuvor dort gewesen zu sein

    Bei Flut schlagen die Wellen tosend gegen die Felsen und bilden eine natürliche Festung um den Tempel, bei Ebbe jedoch kann man auf den dunklen, felsigen Untergrund die Anlage näher erkunden: Dazu gehört die heilige Süßwasserquelle, die von den Brahmanen ständig bewacht, aber gegen eine geringe Spende auch zum Trinken oder zur Reinigung für Besucher freigegeben wird. Ich bekomme anschließend eine Blüte ins Haar und das traditionelle Reismark auf die Stirn. Den Zugang zum Tempel selbst ist nur Hindus vorbehalten, ich bin eben nur ein Zaungast. Zu den weiß getreiften Wächtern des Tempels, den giftigen Seenattern, traue ich mich erst beim letzten Besuch. Streicheln inklusive! Angeblich hätten diese göttlichen Wesen jedoch auch noch nie einen Tempelbesucher gebissen, wird mir versichert, als der Brahmane eines der Tiere aus seinem Schlaf reißt und mir entgegenstreckt. Zeigefinger auf Schlangenhaut zählt, sage ich mir und suche schnell das Weite.

    Ich genieße es, mehrfach und zu unterschiedlichen Zeiten die Tempelanlage zu besuchen. Zwei Mal bin ich abends zum Sonnenuntergang hier, einmal mittags und einmal morgens, als die Anlage kaum Touristen aufweist. Ich werde nicht müde, die Küstenwege entlang zu schlendern und genieße jeden Aussichtspunkt. Zudem bin ich hier ein Star, denn zahlreiche Indonesier aus Java oder Sumatra wollen ein Bild mit mir machen, wodurch ich nun stilles Mitglied zahlreicher Familienbilder geworden bin. ;-) Am schönsten jedoch ist es am Abend, wo alle der Sonne entgegen stehen und das Farbenspiel verfolgen, das den Tempel erneut zu weihen scheint.

    Da die traditionellen Ketac-Tänze am Tempel noch wegen Covid ausfallen, organisiert Waian am Abend eine traditionelle Tanzaufführung, die von Jugendlichen des Dorfes einstudiert wurde. Sie zeigen eine recht humorvolle verkürzte Variante des Ketuc Tanzes, bei dem die Königstochter getäuscht und entführt, jedoch durch die Unterstützung des Affengottes wieder mit ihrem Liebsten vereint wird.
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  • Der lange Weg nach Krimunjawa

    July 1, 2022 in Indonesia ⋅ ⛅ 32 °C

    Als ich endlich auf der Fähre nach Karimunjawa saß, hoffte ich inständig, dass die Strapazen, die diese Anreise mit sich gebracht hatte, es auch wirklich wert seien. Denn hinter mir lag eine regelrechte Odyssee: Ich startete am 1. Juli um 19 Uhr von Malang aus und wie bei Homo Faber wurden meine Verkehrsmittel mit dem Fortschreiten der Zeit und des Weges langsamer und minderwertiger.

    Zunächst startete ich komfortabel mit einem Taxi, danach winkte der „Schnellbus“ nach Surabaya, der gut klimatisiert und recht bequem war. An der Zwischenstation angekommen aber, zeigte sich, dass wieder einmal nichts wie zugesagt war: Der nächste Bus fuhr nicht direkt nach Japara, der Hafenstadt, zu der ich wollte. So wurde mir empfohlen, kurz vor der Endhaltestelle auszusteigen und von dort aus mit einem Taxi weiterzufahren. So ging es also los, die Straßen wurden zunehmend holpriger, sodass ich kaum Schlaf fand. Der Busfahrer überfuhr die empfohlene Stadt, obwohl ich mehrfach um einen Halt bat. Dann wurde ich schließlich nachts um 4.30 Uhr irgendwo in einem Dorf an einer Kreuzung hinausgelassen... Natürlich gab es dort weder Grab noch Gojek noch sonst irgendwelche konventionellen Taxis. Der Hafen 1h Autofahrt entfernt... Um 7 würde die Fähre ablegen!

    Da stand ich nun, vereinzelt saßen ein paar Einheimische herum, die mich jedoch kaum beachteten. Ich startete also zunächst zu Fuß, beide Rucksäcke tragend, und versuchte mich vergeblich mit Trampen. Alles raste an mir vorbei. Toll, denke ich, Fotos machen sie gern mit mir, aber niemand nimmt mich mit... Gerade rechtzeitig machte mich eine Frau auf den Bus aufmerksam, der glücklicherweise Japara zum Ziel hatte. Ich zwang mich in das enge, abgewrackte Gefährt, der Schaffner verlangte den dreifachen Preis von mir (mal wieder!), denn mein Rucksack läge ja auf einem Sitz. Ich hielt es erst für einen Scherz, wies die Forderung zurück. Dann platzierte ich das Gepäck in den Gang, was auch nicht recht war. Ich stellte mich letztlich selbst hin, die anderen Fahrgäste lachten, wer weiß warum genau. Nachdem ich zahlte, blieb ich demonstrativ im Gang stehen, bis ich überzeugt wurde, dass dies sowieso der Preis für 2 Plätze war. Die anderen Fahrgäste juchzten erfreut auf und lachten, als ich mich wieder setzte. Ich selbst konnte nicht so richtig lachen, fühlte mich wieder einmal abgezockt, vor allem als ich den Rucksackletztlich auf den Schoß nahm, damit ein älterer Herr sich setzen konnte. Zudem ging es kaum vorwärts – meist fuhren wir im Schritttempo. Um 6.30 Uhr wusste ich, dass die Fähre wohl ohne mich ablegen würde.

    Als der Schaffner dann noch fragte, ob ich ein Bild mit ihm machen wollte, sagte ich zum erneuten Amüsement der anderen Fahrgäste nein, er aber schoss einfach heimlich eines. Danach rief er kurzerhand jemanden an und streckte mir das Handy entgegen. Die Frau am anderen Ende hielt sich die Hand vor den Mund, als könnte sie es nicht fassen, dass sie gerade mit der Königin von England telefoniert. Ich konnte es irgendwie auch nicht fassen. Noch weniger, als ich in Jepara an einer Straßenecke, aussteigen musste – viel zu weit vom Hafen entfernt.

    Es war zehn vor 7 und das einzig zur Verfügung stehende Verkehrsmittel war: Trommelwirbel - eine Rikscha. „Dann wohl das“, seufzte ich innerlich. Als mein Fahrer schließlich auch noch begann, heftig zu schnaufen und ich befürchten musste, dass er gleich kollabierte, schrieb ich schon einmal meiner Unterkunft, dass ich wohl einen Tag später kommen werde. Ich sah mich vielmehr selbst die Rikscha fahrend, den Fahrer ins Krankenhaus radeln, und musste nun unweigerlich an Homo faber denken, der seine Tochter nach einem Ritt auf einem Esel letztlich selbst ins Krankenhaus trug. Doch als wir zu meinem Erstaunen kurz nach 7 Uhr endlich das Hafenterminal erreichten (zu einem horrenden Preis, versteht sich!), war die Fähre jedoch noch da! Aber erst nachdem der olle Frachter dann nach einem kompliziertem Ticketkauf und meinem sprintartigem Boarding mit Verspätung ablegte, atmete ich erleichtert auf. Geschafft! Yippiyeah!

    Beim Versuch mich zu entspannen jedoch, steckte mir ein Mann seine schmutzigen Füße entgegen. Er hatte es sich – obwohl zahlreiche Bankreihen frei waren und er zunächst woanders saß, plötzlich neben mir bequem gemacht und seine Frau wollte Geld von mir. Da ich sie zunächst ignorierte, meinte sie dann auf mich zeigend: „Good money!“ - „I am not good money“, erwiderte ich entnervt. „I am Katrin!“ Ich packte mein Zeug erneut und zog aufs Deck hoch, rollte die Isomatte aus und dann endlich – den Horizont im Blick – begann ich den letzten Teil der Reise zu genießen und entschlummerte ein wenig.

    Als wir 5 Stunden später endlich anlegten, hielt ich nach meinem Fahrer Ausschau. Es war doch nicht etwa der dort hinten, der fröhlich auf und ab hüpfte?! Er war es! Dieser „flummi-nale“ Empfang entschädigte mich für alles, denn ich wurde so begeistert begrüßt, gedrückt und umhegt, dass mein Herz auch zu hüpfen begann. Das Retreat Alam Kita (dt. „Unsere Natur“) tat dann noch das Übrige, indem der dortige Wald mich wie mit einem grünen Mantel umfangend, ganz und gar umarmte. Es war der 2. Juli, Viertel nach 2 als ich endlich, aber dafür ganz und gar, angekommen war!
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  • Karimunjawa - DAS Naturparadies

    July 3, 2022 in Indonesia ⋅ ⛅ 27 °C

    Wenn du dich zwischen Meer, Dschungel und Bergen entscheiden müsstest, was würdest du wählen? - Hm... Ich verstehe die Frage nicht! Denn ich bin doch auf Karimun! Hier hast du all dies an einem Ort vereint – quasi die Essenz aus allen Naturparadiesen, ein episches Kunstwerk, das irgendwie Wirklichkeit wurde.

    Dieses aus 28 Inseln bestehende Archipel nördlich von Java lässt mit seinen weißen Sandstränden, seinen mit üppigen Urwäldern begrünten Bergen, den Mangroven und Korallenriffen mein Herz höher schlagen. Karimun bietet einfach alles! Rund 8000 Einwohner zählt die Insel, die größtenteils kaum besiedelt ist. Fast das gesamte Gebiet steht als Nationalpark unter Schutz und kostet deshalb verhältnismäßig viel Eintritt – besonders für Touristen (10.000 Rp Einheimische – 150.000 Rp Ich). Meine anfängliche Freude über den Naturschutz ist jedoch bald verflogen, denn ich erfahre, dass die hiesigen Baumwoll- und Cashew-Plantagen als auch die Schrimpszuchtbecken alles andere als nachhaltig oder naturschonend bewirtschaftet werden – ungeachtet von der Menge an Einwegplastik-Müll, der zudem hier täglich produziert wird.

    Die Inseln büßen jedoch an ihrer Schönheit kaum etwas ein – die Bilderbuchstrände und Korallenriffe machen mir die Zeit hier unvergesslich und sind vergleichsweise gut erhalten. Und so geht es nach einer sehr erholsamen Nacht (Ich war mit Kleidern und Licht an um 9 auf dem Bett eingeschlafen...) mit einer von der Unterkunft organisierten Schnorcheltour. Mit dabei ein Paar aus den Niederlanden und eine indonesische Familie. Unsere beiden Bootsführer und Schnorchelguides schippern uns mit einem traditionellen Boot umher und versorgen uns mit allem Nötigen.

    Die Korallen an unserem ersten Stopp sind so schön und bunt, sie leuchten neonblau, -grün, gelb und pink und durch die Toastbrotstückchen, das wir in die See werfen, werden hunderte von bunten Fischen angezogen. Unter Wasser verfolge ich aber einen blau-grünen Snapper, der gemütlich seine Touren dreht. Dass es solche farbenfrohen Tiere wirklich gibt! Es ist herrlich!

    Fast alle sind in langer Montur, nur ich nicht! Hier ist ja alles muslimisch, aber ich hatte nicht dran gedacht, mich für das Wasser ein wenig mehr zu bedecken. Das wird auf der kleinen Insel so richtig eklatant, die wir danach zum BBQ ansteuern. Hier sind alle mit langen Kleidern im Wasser, teilweise sogar nicht nur mit kurzem Kopftuch, sondern auch langem Schleier. Ich passe mich an so gut es geht, aber natürlich falle ich sowieso mal wieder auf... Fotosession mit Fremden, wie immer.

    Das Baden hier ist dennoch herrlich, genauso wie der frische Fisch, der uns dann kredenzt wird. Aber ich entdecke, als ich dessen Zähne näher inspiziere, dass es ein blauer Snapper ist! Noooo! Dennoch schlemmen wir noch so richtig, als die grauen Wolken, dunkelgrau werden und schließlich einen Regenschauer bringen. Alle retten sich zunächst unter die kleinen Stände, aber dann leert sich die Insel schnell. Auch für uns geht es zurück, der zweite Stopp entfällt.

    Als das Boot wild hin- und herschaukelt, von oben der Regel prasselt, von vorne die Wellen auf das Boot prallen, das ordentlich schaukelt, ist von schlechter Laune keine Spur. Vor Freude schreiend, geben wir alle dem Wettergott kontra und so wird aus dem Heimweg eine kleine lustige Abenteuerfahrt. Vor meinem inneren Auge tritt Kapitän Ahab auf das kleine Deck und schreit wie ein Irrer dem Regen entgegen, und ich muss lachen, weil ich mich wundere, woher meine Assoziation zu diesem Roman wohl herrühren mag. Ich belasse es bei dem Wunsch, bald Moby Dick zu lesen, bekomme aber angesichts der guten Laune bei dem unruhigen Seegang ein unglaubliches Gefühl der Stärke und Sicherheit. Plötzlich weiß ich, dass alles gut werden wird. Und damit meine ich nicht die Überfahrt. Sondern einfach alles. Mein ganzes Leben. Und so schreie ich wie eine Irre dem Regen entgegen und bin ergriffen von dem Gedanken, so lebendig zu sein, und allem gewachsen, was da kommen mag! Yiiiiha!
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