Helly On Worldtour

*Verfasst von Kelly

18.10.23 - Mit dem Boot nach Tortuguero

Am Nachmittag kommen wir in La Pavona an, wo wir unseren Mietwagen abstellen und mit einem Boot rüberfahren auf die Insel Tortuguero. Die Bootsfahrt ist wahnsinnig aufregend. Ich schaffe es gar nicht, meine Augen von der Natur abzuwenden, nach jeder Kurve erwartet man wilde Tiere. Und tatsächlich sehen wir verschiedenste Vögel und Kaimane. Es ist unglaublich!

In Tortuguero angekommen, werden wir von einem Guide abgeholt, der uns zum Hostel begleitet und uns auf dem Weg dorthin den Aufbau der Insel erklärt. Die Hauptstraße, auf der wir laufen, zieht sich über die ganze Insel. Alles Wichtige ist links und rechts von ihr zu finden, und am Ende der Straße befindet sich der Nationalpark. Er zeigt uns noch, in welcher Travel Agency er arbeitet und erzählt uns, dass wir dort Kanu- sowie Kajaktouren buchen können.

Im Hostel angekommen, checken wir ein und bezahlen. Im Anschluss gehen wir erstmal zum Strand, der keine fünf Gehminuten entfernt ist. Er ist wirklich schön und erstreckt sich kilometerweit in beide Richtungen. Wir laufen ein wenig am Wasser entlang, in stiller Hoffnung, auf eine kleine Schildkröte zu treffen. Das große Schlüpfen war wohl ein Tag zuvor, wo hunderte kleine Babyschildkröten ihren Weg ins Meer gefunden haben 🌊🐢

Tortuguero ist einer der weltweit wichtigsten Nistplätze für Meeresschildkröten. In den Monaten Juni bis Oktober kommen tausende der langsamen Riesen mühsam aus dem Meer gekrochen, um am Strand ihre Eier abzulegen.*

Da es bald darauf dunkel wird, gehen wir zurück und laufen zu der empfohlenen Agency, um eine Kajaktour für den nächsten Tag zu buchen. Im Anschluss geht's zurück zum Hostel, wo es bald darauf Abendessen gibt. Online noch schnell die Nationalparkkarten für den nächsten Tag gekauft, und dann geht's ab ins Bett.

Im Laufe der Nacht wache ich auf, weil Henne sich laut mit einer im Raum stehenden Person unterhält. Verwirrt und ein wenig orientierungslos erkundige ich mich, was los sei. "Er pinkelt gerade ins Zimmer."
Die Aussage braucht kurz, bis sie ankommt und verarbeitet wird. Ich bin plötzlich hellwach und frage nochmal, ob ich es richtig verstanden habe. Und tatsächlich - der Franzose, der mit uns im Dormroom schläft, steht völlig besoffen neben seinem Bett und pinkelt mitten in den Raum. Gefährlich nah neben meinen Backpack. Ich bin fuchsteufelswild und frage, was mit ihm nicht stimmt. Er entschuldigt sich einige Male, holt ein Handtuch und wischt alles auf. Ich kontrolliere meinen Backpack auf eventuelle Urinspritzer (kaum zu glauben, dass das mal sein muss) und wir legen uns alle wieder schlafen.

19.10.23 - Nationalpark Tortuguero & Babyschildkröten

Der Wecker klingelt bereits um 5 Uhr, denn wir treffen uns um kurz vor 6 Uhr zum Kajakausflug. Vor dem Losgehen checken wir nochmal unsere Sachen und machen uns dann auf den Weg zur Agency. Mit uns kommt ein weiteres Pärchen aus Frankreich und der Guide. Nachdem wir alles Wichtige geklärt haben, geht's auch schon los. Boote ins Wasser und auf ins Abenteuer. Wir paddeln los, am Anfang etwas unkoordiniert, doch mit der Zeit wird es glücklicherweise besser. Wir paddeln gemütlich zum Eingang des Nationalparks, an dem wir dann doch länger warten müssen, weil das andere Pärchen online nur eine statt zwei Eintrittskarten gekauft hat. Nachdem 20 Minuten später alles geklärt ist, geht es endlich weiter in den Nationalpark.

Die Tour durch den Park dauert ungefähr zwei Stunden, und wir sehen viele verschiedene Vögel, Affen, ein Baumstachler-Baby (eine Art baumbewohnendes Stachelschwein), welches im Baum schläft, und einige Kaimane. Wir paddeln durch den Dschungel und erleben die Natur hautnah. Es ist wunderschön 🌴🛶🦜
Kurz vor Ende unserer Tour fängt es an zu tröpfeln und nach wenigen Minuten regnet es in Strömen. Das waren wohl die Minuten, die wir zu Beginn zu lange gebraucht haben. Zum Glück kommen wir nach weiteren zehn Minuten wieder an Land an. Völlig durchnässt bringen wir die Kajaks zurück zur Agency, bevor wir uns auf den Rückweg zum Hostel machen.

Obwohl die Frühstückszeit bereits vorbei ist, ist unsere Gastgeberin so lieb und bereitet uns noch Toast mit Eiern zu. Wir ziehen uns fix trockene Klamotten an und frühstücken mit großen Appetit. Im Anschluss schauen wir uns noch unsere gemachten Fotos und Videos an und ruhen uns ein wenig aus, bevor es gegen Mittag wieder in den Nationalpark geht.

Auch hier verbringen wir nochmal einige Stunden und treffen auf unterschiedliche Tiere wie Affen, Vögel, Frösche und allerlei Insekten. Irgendwann biegen wir zum Strand ab und treffen auf eine riesige tote Meeresschildkröte, welche umgeben ist von unzähligen Geiern. Wir bleiben entsetzt stehen. Die Szenerie ist verstörend. Wir fragen uns, was mit ihr geschehen ist, und laufen weiter. Wir finden noch weitere tote Schildkröten und wir werden immer trauriger. Solch majestätische Wesen tot am Strand liegen zu sehen, übersät mit Fliegen und Geiern, stimmt uns ziemlich deprimiert.

Nach einiger Zeit treffen wir auf Volunteers der Schildkröten-Auffangstation, welche weiter unten am Strand ist, und fragen sie, was den toten Schildkröten zugestoßen ist. Sie erzählen uns, dass das der im Nationalpark lebende Jaguar gewesen sei.

Über 400 Meeresschildkröten werden rund um Tortuguero jedes Jahr vom Jaguar getötet. Manche sehen es positiv, denn es ist ein Hinweis darauf, dass die Jaguarpopulation hier noch stabil ist. Lässt nur zu hoffen, dass die Schildkrötenpopulation dadurch nicht zu sehr leidet, denn noch immer kommen jede Nacht Schildkröten an Land, um ihre Eier im Sand abzulegen. Das üppige Nahrungsangebot sorgt von Juli bis Oktober sogar für kurze Zeit dafür, dass die Reviergrenzen verschwimmen und auch aus entfernteren Gegenden Jaguare nach Tortuguero kommen.

Die Volunteers laufen jeden Tag den Strand und den NP ab und dokumentieren die toten Schildkröten sowie die Todesursachen.

Wir treten den Rückweg am Strand entlang an, die Stimmung ist gedämpft, jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach. Nach einigen hundert Metern finde ich eine auf dem Rücken liegende Babyschildkröte. Ich kann mein Glück kaum fassen. Sie scheint die letzte ihres Nests zu sein. Ich drehe sie um und gebe ihr Hilfestellung auf dem Weg ins Meer. Sie scheint recht schwach zu sein - wer weiß, wie lange sie schon auf dem Rücken gelegen hat 🫣 Stück für Stück begleiten wir sie auf ihrem schier endlosen Weg ins Meer. Als sie von einer kräftigen Welle erfasst und ins Wasser gezogen wird, gebe ich ein kleines Stoßgebet ab, dass sie ihren langen Weg durchs endlos wirkende Meer schafft.

Beseelt laufen wir weiter und nach ca. einer halben Stunde sehe ich erneut etwas kleines Schwarzes, was sich recht zügig den Strand entlang Richtung Meer fortbewegt. Aufgeregt renne ich hin und tatsächlich... noch eine Babyschildkröte 💚 Sie ist stark, koordiniert und verdammt schnell auf dem Weg zum Meer. Ich beobachte sie gebannt und mache ein Video von ihrem Sprint ins Meer 😅 Bei ihr sieht alles ganz anders aus als bei der kleinen Schildkröte zuvor. Sie scheint genau zu wissen, wo sie hin muss, und lässt sich von nichts aufhalten. Es ist großartig. Als auch sie von einer Welle kräftigen Welle erfasst wird, sehe ich ihren kleinen Kopf noch ein letztes Mal, als sie Luft holt, und dann ist auch sie weg. Was für ein wundervoller Moment. Bei ihr bin ich mir sehr sicher, dass sie zu den wenigen Prozent gehört, die es in einigen Jahrzehnten zurückschaffen wird, um im zarten Taschenlampenlicht eines Touristenguides ihre eigenen Eier an diesen Strand zu legen. Sie war so klein und doch so willensstark. Das hat mich tief beeindruckt.

Nach diesem Ereignis laufen wir die restlichen Meter zurück zu unserem Hostel, wo wir bis zum Abend bleiben. Als es dunkel wird, schließen wir uns zwei Mädels aus Holland an, welche zu einer kleinen Nachtwanderung aufbrechen. Faultiere und Frösche, die zu dieser Abendzeit aktiver sind als tagsüber, sehen wir leider nicht, aber dafür einige interessante Insekten. Nach ungefähr einer Stunde treten wir den Rückweg an, denn die Mädels haben noch eine Schildkrötennachttour gebucht - dabei werden Weibchen beobachtet, die an den Strand kommen und ihre Eier legen. Aus unterschiedlichsten Gründen entscheiden wir uns dagegen, doch irgendwann möchte ich dieses Naturspektaktel auch noch erleben ☺️

20.10.23 Strandspaziergang & Abschied

Der Wecker klingelt wieder sehr früh und wir quälen uns aus dem Bett, um an unserem letzten Morgen nochmal an den Strand zu gehen, in der Hoffnung, doch noch ein paar Babyschildkröten zu sehen. Leider schlüpft an diesem Morgen nichts, doch der Spaziergang ist dennoch schön.

Zurück im Hostel packen wir unsere Sachen, frühstücken und machen uns dann auf den Weg zum Boot, welches uns zurück nach La Pavona bringt. Die Bootsfahrt ist ähnlich wie die Hinfahrt super spannend und niemand traut sich, während der Fahrt die Augen vom Wasser abzuwenden. Bloß keine Tiersichtung verpassen 😅 nach ca. 1h kommen wir auf dem Festland an und fahren mit dem Auto weiter. Nächster Halt: Der Nebelwald in Monteverde 💚Read more