Coco on Rails

January - March 2024
Kein Ziel
Keinen Plan
Flucht nach vorn
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  • Day 34–36

    Shkoder

    March 2 in Albania ⋅ ⛅ 16 °C

    Nach der Grenze verteilt der Busschaffner die zuvor eingesammelten Pässe. Ganz pragmatisch geht er den Stapel durch und ruft jeden Namen auf. Sarola (mit scharfem S) - hier!

    Der Bus kämpft sich durch das Gebirge und dann sind wir im Flachland in Küstennähe - und plötzlich ist das Grün wieder da. Hallo Palmen, Hallo Zitrus- und Olivenbäume!
    Außerdem jede Menge Nutztiere, vor allem Hühner, so viele Hühner. Jedes Haus scheint seine eigene Eierquelle im Garten zu haben.

    Shkodra City Center hat nach dem letzten beiden Städten ein wenig Kleinstadt Flair, finde ich ganz angenehm. Was mir schon auf meinem Marsch in Richtung Hostel auffällt: es sind super viele mit dem Rad unterwegs. Später lese ich, dass es zu Zeiten des Kommunismus das einzige Fortbewegungsmittel war und gerade die alten Leute nutzen es auch heute noch ganz gerne, insbesondere als Transportmittel: an jeder Seite des Lenkers zwei Plastiktüten mit den Einkäufen und ab geht’s.

    Das Hostel ist super interessant eingerichtet - nicht gerade mein Stil, aber man merkt, dass jemand seinen persönlichen Geschmack hier eingebracht und nicht für die Besucher dekoriert hat. Die Besitzerin des „mi casa es tu casa“ hat zwar einen Brief über die Entstehungsgeschichte hinterlassen, aber ist zur Zeit gar nicht da. Stattdessen gibt es diverse Leute, die da arbeiten (für Geld oder gegen Übernachtung), aber an Gästen ist außer mir nur ein schottisches Paar da, welche ich allerdings nur einmal 5 min sehe. In meinen Schlafsaal bin ich die erste Nacht alleine und die zweite Nacht hab ich Besuch von der Katze des Hauses.

    Ich wollte eigentlich nur einen Tag bleiben und dann mit dem Nachtbus weiter, aber der online Verkauf wird beendet, bevor ich mich entschieden habe, ob ich das Ticket wirklich kaufe. Ich möchte nicht nachts um halb 11 an einer Straßenecke auf einen Fernbus warten, von dem ich nichtmal weiß, ob er mich mitnimmt und kaufe deswegen ein Ticket für den darauf folgenden Nachmittag. Dennoch ist mir die Zeit in Shkodra zu kurz, um einen Ausflug nach Theth für eine größere Wanderung zu machen, zumal ich mir inzwischen ziemlich sicher bin, dass ich hier in die Gegend nochmal kommen möchte.

    Am ersten Nachmittag schaue ich mir die Innenstadt an, insbesondere die Fußgǎngerzone ist recht nett hergerichtet und am Samstagabend auch gut belebt, aber trotzdem beschaulich - keine Partystadt. Selbst rund ums Fußballstadion kurz vor Anpfiff geht es gesittet zu, die Leute gehen neben, vor und zwischen den rollenden Autos und das klappt alles reibungslos.

    Am nächsten Tag leihe ich ein Fahrrad im Hostel aus, weil ich zur alten osmanischen Brücke fahren möchte. Ich komme erst spät los, weil es vormittags noch regnet, und dann muss ich nochmal umkehren, weil das erste Rad wirklich kaum fahrbar ist. Und dann mittenrein ins Chaos, im ersten Kreisverkehr weiß ich gar nicht, wie es alles funktioniert und fahre also einfach drauf los - ich glaube genau so funktioniert es auch. Am Stadtrand auf einmal ein Mulifohlen, mitten auf der Straße ohne Strick oder so. Dann sehe ich die Mutterstute, die ist angebunden und das Fohlen wird also auch an Ort und Stelle bleiben. Es wird ländlicher und spannender, auf dem Gehweg treibt jemand einen mächtigen schwarzen Ochsen an eine Art Langzügel vor sich her. Ich will nicht immer Fotos machen, weil ich es unhöflich finde; ich will auch nicht immer so glotzen, aber letzteres klappt wohl nicht immer.

    Dass die Brücke toll aussieht, hatte ich schon vorher auf Fotos gesehen, aber dass es so schönes klares Wasser gibt, überrascht und begeistert mich. Ein sehr netter Ort, den auch eine Handvoll Einheimische für ihren „Sonntagsspaziergang“ nutzen.

    Auf dem Rückweg will ich auf der anderen Seite vom Fluss fahren und weiche von meinem Komoot Track ab.
    Da ist doch ein Weg, das sehe ich ja auf der Karte! Es wird noch ländlicher und die einzelnen Kühe, die sonst manchmal im eingezäunten Vorgarten oder klassisch am Pflock mit Strick gehalten wurden, stehen hier mit Glocke um den Hals einfach irgendwo rum. Schafe und Ziegen in kleinen Herden haben aber immer einen Hirten dabei. Ein Bauer und seine Frau kommen auf der Pferdekutsche entgegen. Zwischen den ganzen Hütten immer mal eine größere Residenz, blickdicht abgeschottet hinter meterhohem Zaun. Und jede Menge Kinder auf den Straßen. Die mag ich, sie glotzen mich genauso an wie ich Albanien anglotze. Manche rufen „Hellu!“ und winken (ich auch), manche sind auch mit dem Rad unterwegs und überholen mich, um dann stehen zu bleiben, damit ich sie wieder überhole usw.. Einmal habe ich sogar den Eindruck, dass ich angekündigt werde in der Nachbarschaft. Der Weg wird immer schlechter und ich muss schieben. Es wird noch schlechter und ich muss auf den Trampelpfad ausweichen, der sich neben dem Weg gebildet hat, nachdem die eigentliche Straße vom Fluss übernommen worden zu sein scheint. Ich denke nicht, dass hier noch Autos fahren können. Das sah auf der Karte anders aus! Ich muss das Fahrrad stellenweise tragen, aber ich kann jetzt halt nicht umkehren und den gleichen Weg zurück fahren und nochmal allen Hellu! zurufen. Irgendwann geht es nochmal halb über eine Müllkippe rüber und dann bin ich endlich wieder auf einer normalen asphaltierten Straße.

    Ich fahre wieder nach Shkodër rein und am Kastell vorbei. Das will ich mir morgen ansehen, erstmal möchte ich am Ufer des See entlang in den Ort Shiroka fahren und vielleicht noch bis nach Montenegro, es soll einen kleine Weg über die Grenze ohne richtigen Grenzübergang geben, habe ich zuerst auf Komoot gefunden. Ich hole mir noch ein Picknick (Kekse und Eiskaffee), aber bevor ich überhaupt das Ufer des Sees erreiche gibt es einen heftigen Regenguss. Unter dem Dach einer Tankstelle finde ich Schutz, nehme meine Kekse aus dem Rucksack und packe sie direkt wieder weg, weil ich von einem Hund angebettelt werde - ich mag ihm keinen Keks geben, weil ich denke, dass es nicht gesund für ihn ist (was dumm ist, die fressen großteils, was sie im Müll finden). Während ich noch mit dem Hund diskutiere, kommt ein Albaner auf dem Rad, der auch vor dem Regen Schutz sucht und haut raus „Ist dein Hund, ne?“ Er will mir nicht so richtig verraten, wie lange und wo in Deutschland er gelebt hat, aber er spricht ziemlich gut deutsch und wir plaudern eine Weile. Als der Regen weniger wird, fahren wir zusammen zurück in die Innenstadt und er zeigt mir die guten Wege (gibt einige neu ausgebaute Radstreifen) sowie den richtigen Style (im Kreisverkehr gegen den Strom). Als ich im Hostel bin, scheint wieder die Sonne, aber ich habe jetzt keine Lust mehr nochmal mit dem Rad rauszufahren.

    Abends gehe ich essen, nachdem ich in den letzten Tagen 500g Spaghetti gegessen hatte und jetzt wirklich mal wieder was anderes wollte. Es gibt einen großen Salat, ein mit Cheddar gefülltes Pljeskavica vom Grill und Kartoffeln. Danach bin ich kugelrund und zufrieden, gehe nach Hause und schnarche mit der Katze um die Wette.

    Ich habe noch einen halben Tag in Shkodra und heute hat das Museum „Site of Witness und Memory“ auch wieder auf. In dem ehemaligen Gefängnis befindet sich im vorderen Teil eine Ausstellung über die kommunistische Ära, die Zerstörung der Kirchen und Moscheen, die Opfer des kommunistischen Regime und die wie es gelang, das Regime zu stürzen. Im hinteren Teil sind Briefe und persönliche Gegenstände von Opfern und schließlich die Original Zellen zu sehen. Es handelt sich Zellen für Untersuchungshaft und auch der Verhörraum mit Folterinstrumenten sind zu sehen. Es ist bedrückend und ich freue mich, dass danach eine albanische Schulklasse die Räume betritt. Sie verhalten sich wie Teenager es eben tun, sie sind laut und kauen Kaugummi und sie werden’s nicht vergessen, was sie hier sehen und fühlen.

    Danach mache ich mich auf den Weg zum Kastell. Mir geht’s psychisch nicht so top. Zuerst hatte ich morgens einen Bericht von jemandem gelesen, der gerade gestern gar nicht so weit von mir entfernt mit dem Rad unterwegs war und viel bedeutendere Begegnungen gemacht hat. Dann dieses Museum und das Wissen, dass Terror und Unterdrückung anderswo noch nicht Vergangenheit ist. Und ich? Mache hier einfach nur Urlaub, ohne Konzept, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen, ohne eine Hilfe für irgendjemanden zu sein. Ich weiß zwar, dass es auch in Ordnung ist, etwas einfach nur zum persönlichen Vergnügen zu tun, wenn’s niemandem schadet. Und ich spüre auch, dass die Reise mir sehr viel gebracht hat, eine Art (Ur-)Vertrauen (wieder) zu bekommen. Aber wenn das Gefühl der Nutzlosigkeit einschlägt, muss ich aufpassen, dass es nicht alles andere überdeckt.
    Oben am Kastell ist es leichter, auf andere Gedanken zu kommen. Ich dachte, es würde sich nur wegen der Aussicht lohnen, aber finde es auch so sehr nett, ein relativ großes Gelände mit Ruinen und dazwischen wildes Grün. Unten im Souvenirladen kaufe ich eine Ansichtskarte für meine ehemalige Therapeutin.

    Ich muss zum Bus und hatte mich schon gefragt, wie alles klappt, da es keinen Busbahnhof gibt und einfach nur eine Position an der Straße angegeben war, und es ist sehr gut organisiert: es steht einer da, der gut englisch spricht und alle einweist und in den richtigen Bus schickt. Mein Bus hat Verspätung und ich fotografiere für 10 min alle auf meiner Straßenseite vorbei fahrenden Radler. Ist eine nette Sammlung zusammen gekommen.
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  • Day 32–34

    Pristina und Bear Sanctuary

    February 29 in Kosovo ⋅ ☁️ 12 °C

    Also im Kosovo war ich definitiv zu kurz. In einem vorherigen Plan war neben Pristina auch noch Peja und Prizren auf dem Zettel, aber jetzt sitzt halt leider doch die Zeit im Nacken. Was ich mir selbst (und den Einheimischen, die fragen, warum ich schon wieder fahre) zum Trost sage: ich möchte gerne wieder kommen und dann auch länger bleiben - aber im Frühjahr oder Sommer, wenn die Natur sogar noch schöner ist.

    Hier ist mir alles nochmal ein bisschen leichter gefallen, weiß nicht ob es daran liegt, dass ich mehr im Balkan “angekommen” bin oder daran, dass ich im Verlauf des Lebens so viele Menschen aus dem Kosovo in Deutschland kennen gelernt habe. Ich erkenne Gesichtszüge und Namen wieder und denke an verschiedene Menschen, die meinen Weg gekreuzt haben. Und andersrum werde ich hier (noch häufiger als sonst) als Deutsche erkannt und (gerne auf deutsch) angesprochen. Viele möchten unbedingt erzählen, wann sie wo gelebt haben haben und wie toll es war und sie verbinden so viel Positives mit meinen Heimatland, dass sie sich einfach freuen, mich zu sehen.

    In der Hauptstadt angekommen fällt mir auf, dass alles bisschen moderner ist, die Menschen sind anders gekleidet, die Autos nicht ganz so herunter gekommen. Von letzteren gibt es allerdings zu viel, auf den kleineren Straßen ist praktisch Tag und Nacht Stau (neben meinem Hostel ist auch en 24/7 Supermarkt) und an den Zebrastreifen ist es teilweise sehr unangenehm. Hab eigentlich schon seit Italien das zögerliche Rumgedruckse an den Überwegen abgelegt und geübt, mit bestimmtem Schritt und forscher Körperhaltung drauf los zu gehen, aber hier finde ich es noch ein bisschen knapper und bin auch mal rückwärts wieder vom Zebrastreifen runter. An einigen Stellen gibt es aber auch Ampeln. Ich mag Ampeln, oh ja, ich gehe gerne einen kleinem Umweg, wenns dafür eine Ampel gibt.

    Leider hat meine Walking Tour nicht geklappt (Guide ist nicht aufgetaucht) und so bin ich die Innenstadt nur alleine abgelaufen: die Nationalbibliothek, das Heroinat Denkmal und das Newborn Monument, die Mutter Theresa Kathedrale und die Moscheen. Im Zentrum stehen mehrere dicht beisammen und so stimmen die Muezzine eine Art Kanon an. Ich mag den Klang, auch der Ruf bei Sonnenaufgang stört mich nicht. Die Innenstadt ist überschaubar, wegen des doch recht unangenehmen Verkehrs laufe ich meistens in der Fußgängerzone und damit immer die gleiche Straße entlang. Ein paar mehr Informationen selbst zu recherchieren wäre wahrscheinlich eine gute Idee gewesen.

    Am Nachmittag fahre ich zum bear sanctuary. Die Busfahrt an sich finde ich schon aufregend. Es ist gewissermaßen ein Linienverkehr zur nächsten großen Stadt, verkehrt alle 20 min, allerdings in Form eines Reisebusses (mit kleinem screen vorne, so dass man zu dem albanischen Kitschpop auch noch das Video anschauen kann). Beim Einsteigen will ich beim Busfahrer ein Ticket kaufen, er winkt etwas unwirsch ab und zeigt nach hinten: ich soll mich einfach da hin setzen wie alle anderen und die Klappe halten. Also setze ich mich hin und beobachte: Nach Abfahrt kommt der “Schaffner” mit einer tragbaren Ticketmaschine und Kasse und ich sage mein Ziel und bezahle einen Euro. Wenn man Aussteigen möchte (es gibt weder Durchsagen oder Anzeigen noch Haltewunschtasten) stellt man sich in den Gang und der Busfahrer wird die nächste Haltebucht anfahren. Klappt einwandfrei. Auf dem Rückweg stehe ich in der Haltebucht (es gibt keine Schilder, die darauf hinweisen würden , dass hier eine Haltestelle ist) und als der Bus kommt, macht er schon während der Fahrt die hintere Tür auf. Zwar hat er deutlich verlangsamt, aber als ich kapiere, dass er nicht unbedingt anhalten wird, “springe” ich in den rollenden Bus. Finde es schon wieder ziemlich wildwest hier im Osten, gefällt mir.

    Die Busfahrt und ein Teil des Fußmarsches zu den Bären verläuft entlang eines Sees, an dessen Ufer sammelt sich naturgemäß extra viel Müll an. Ich hatte schon auf facebook gelesen, dass die Organisation “4 Pfoten”, die auch die Bären gerettet hat, eine Müllsammelaktionen startet und sehe auch ein paar gut gelaunte Menschen mit Mülltüten und Zangen. Ich bin froh, dass die sich so unbeirrt an die einschüchternde Menge an Arbeit machen.

    Im Bärensanctuaey gibt es 20 Bären, von denen die Hälfte zur Zeit noch Winterschlaf macht und die andere Hälfte gerade keine Lust hat, sich zu zeigen. Was mir bewusst war und natürlich vollkommen in Ordnung ist. Es gibt auch absichtlich keine Schaufütterungen o.ä, weil es ja kein Zoo ist. Hauptpriorität ist, dass es den geretteten Bären gut geht, obwohl sie ihre schlimme Vergangenheit nie vergessen werden. Die meisten wurden vorher als Attraktion in Restaurants unter unwürdigen Bedingungen gehalten. Im Sanctuary sollen sie ein bestmögliches Leben haben, Besucher werden nur aus pädagogischen Gründen in das Paradies gelassen, und natürlich um bei der Finanzierung zu unterstützen.
    Ich trinke noch einen Kaffee und spiele ein bisschen mit den Hunden. Einer begleitet mich über 2 km in Richtung Bushaltestelle, rennt mal vor mir, mal hinter mir, mal im Gebüsch und mal im See. Eine verrückte Nuss. Bin bisschen traurig, als das vertraute Trapsen auf dem Asphalt ausbleibt.

    Ich hatte meiner Lieblingskollegin, die aus Albanien kommt, Glückwünsche zum Geburtstag geschrieben. Als sie erfährt, dass ich gerade in Pristina bin, schickt sie mich zum Essen zu einem Grill in der Innenstadt. Ich nehme die Empfehlung beim Wort und bereue es nicht: ein sehr netter Abend! Absolut untouristischer Laden, die Karte ist nur auf albanisch und ich habe kein Internet, was mir übersetzen könnte. Peja kenne ich, das ist ein Bier. Unter der Überschrift 'Salat' stehen fünf Sachen, ich zeige einfach auf eine. Unter der Überschrift 'Grill' kann ich nichts lesen außer Suxhuk und entscheide mich dafür. Denke es wird schon irgendeine Wurst sein (war es auch, allerdings nicht vergleichbar mit Sucuk, wie man sie in Deutschland kennt). Ingesamt ein sehr köstliches Essen. Senior sitzt die meiste Zeit in der Ecke und raucht, nur als ich mir die Bilder an den Wänden ansehe, die das alten Pristina darstellen (50er bis 80er) erzählt er ein bisschen von Ex-Jugoslawien. Die beiden Jungs (erinnern sehr an meine Schüler) bedienen mich, machen das Essen und freuen sich, dass mir alles so gut schmeckt.

    Am Abend sitze ich noch bisschen im Hostel im Dachgeschoss und der Betreiber erzählt von einer Komination von Radtour und Wanderung, die er diesen Sommer machen will. Die Natur soll einfach unvergleichlich schön sein im Dreiländereck Kosovo, Albanien und Montenegro. Es lässt mich nicht los.

    Pristina verlasse ich morgens früh um 8, auf dem Weg zum Busbahnhof früh morgens zeigt sich die Stadt wieder ein anderes Gesicht und ich bin mal wieder ein bisschen wehmütig. Wir haben fast eine Stunde Aufenthalt in Prizren, wo ich in ein Cafe & Grill gehe und einen Macchiato und Köfte im Fladenbrot frühstücke. An der Grenze zu Albanien steht eine braune Kuh neben einem Grenzhäuschen und dann liegt Kosovo wieder hinter mir.
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  • Day 30–32

    Skopje und Matka Canyon

    February 27 in North Macedonia ⋅ ☁️ 14 °C

    Wenn ich das nächste Mal die Stadt besuche, geht’s wieder in das “Hi Skopje” Hostel. Es liegt zwar etwas außerhalb (was ich bei der Ankunft verflucht habe, hatte nicht gedacht, dass ein Taxi wirklich nicht mehr als 200 denar/ 3 € kosten würde und außerdem will ich aus Prinzip schon den ersten Weg in einer neuen Stadt zu Fuß gehen), aber dafür in einer sehr angenehmen und ruhigen Nachbarschaft und ich werde einfach sehr nett willkommen geheißen - nicht nur vom Hostelhund Zhele. Am ersten Abend bisschen am Kamin sitzen mit selbst gebackenen Kuchen, Rotwein und Raki. Während einer Diskussion mit paar Briten, ob ein Ausflug zum Millennium Kreuz oben auf dem Berg mit der Seilbahn sich lohnen würde, sagt einer: “you can see the whole city and some of the hinterland.” Als ich Überraschung äußere, dass das ein englisches Wort ist, will er mir erklären, was es bedeutet, entgegne ich, dass es mir das nun wirklich nicht erklören müsse, es sei ein deutsches Wort. Ich finde es lustig. Er schaut verwirrt und stellt fest, dass sein liebstes deutsches Fremdwort “schadenfreude” ist. Touché.

    Für den nächsten Tag plane ich direkt den Matka Canyon ein. Ich teile mit meiner Zimmernachbarin aus Istanbul ein Taxi zum Busbahnhof, von dort fährt man 40 min nach Matka. In den Bus steigt eine Schülerin mit einem selbst gebastelten Plakat ein, hält es ganz vorsichtig in der Hand. Aus irgendeinem Grund rührt es mich immer wieder zu Tränen, wie die Jugend überall in Europa mit Klemmbrettern und Plakaten tapfer loszieht, um sich der Komplexität der Welt zu stellen und sich zu bilden.

    Am Eingang des Canyon gibt’s ein Café, Paddelbootverleih und es werden Bootsfahrten zur Höhle angeboten. Meine Begleitung entscheidet sich für letzteres und ich möchte gerne weiter wandern. Ich genieße neben den schönen Aussichten vor allem die Ruhe in Canyon. Wie schön muss es erst sein, wenn alle Bäume grüne Blätter haben. Allerdings könnte die Ruhe verloren gehen, jetzt in der Nebensaison hört man nur alle 20 min ein Boot zur Höhle runter knattern und Fußgänger treffe ich auch nur eine Handvoll.

    Eine davon kommt mir entgegen und erklärt, dass man die Höhle zu Fuß gar nicht sehen kann, dafür hätte man ein Boot nehmen müssen. Während sie redet, tritt sie in ein Loch und rutscht fast den steilen Abhang runter. Wir müssen beide vor Schreck quietschen und dann erleichtert lachen, weil sie sich doch noch am Zaun festhalten konnte. Ich gehe den Wanderweg bis zu Ende (von der Höhle kann man wirklich nicht viel sehen) und den gleichen Weg zurück.
    Nach gut 7 km Wanderung bin ich wieder am Café, tappe in die Tourifalle und esse einen Kuchen, der noch halb gefroren ist, für das Doppelte des ortsüblichen Preises. An der Bushaltestelle treffe ich das Mädel von vorhin wieder, sie kommt aus Japan und ist Reiterin, wie sich heraus stellt, als ich sie darauf anspreche, dass meine Reitstiefel genauso aussehen wie ihre “Wanderschuhe” (weiß nicht, wie sie geschafft hat in den Botten so weit zu laufen).

    Im Bus zeigen wir uns gegenseitig Pferde Fotos auf unseren Handys und ich bin überrascht, dass ein Stall in Japan genauso aussieht wie jeder andere Stall, den ich bisher gesehen habe - mein Bild von dem Land ist wohl doch sehr von Gadget Videos auf YouTube geprägt. Danach reden wir darüber, was man sich noch in Skopje anschauen sollte und als wir aus dem Bus aussteigen, sagt sie “Ich glaube, wir müssen da lang“. Ok cool. Es bleibt beim “wir” für die nächsten drei Stunden, wir schauen uns den alten Bazaar an, insbesondere der Bereich mit den Lebensmitteln, alle schön zu Pyramiden aufgetürmt, ist beeindruckend. Danach Freddo bzw. Chimney Cake auf einer der Straßen des alten Bazaar, während langsam die Lichter an gehen, sehr stimmungsvoll. Dann auf der alten Steinbrücke über den Vardar in die andere Seite der Stadt. Hier stehen die überdimensionalen Statuen und Fassaden, wegen derer der Stadt Kitsch und Surrealismus nachgesagt wird. Zum Sonnenuntergang ruft nicht nur Muezzin, sondern riesige Scharen von Vögeln sammeln sich auf den Dächern der hohen Gebäude. Meine Begleitung verspricht mir, Hitchcocks Vögel zu sehen. Danach stolpern wir noch über dasd Mutter Theresa Gedenkhaus und schauen uns die Ausstellung innen an. Dort finde ich vor allem die vielen handgeschriebenen Originale (Briefe, Notizen...) von ihr interessant. Insgesamt sind meine japanische Freundin und ich aber sehr müde und jede will in ihr Hostel und wir verabschieden uns. Es ist die Reisebekanntschaft, mit der ich mich bisher am besten verstanden habe, gab ernste Themen und auch viel zu lachen, aber ausgerechnet mit dieser habe keinen Kontakt ausgetauscht. Aber was soll’s, manchmal ist die Erinnerung am Schönsten.

    Später am Abend hatte ich mich mit meiner Zimmernachbarin aus Istanbul verabredet, in eine Bar zu gehen. Wir werden begleitet von einer Niederländerin und einem Koreaner, die zwischenzeitlich angereist sind. Der Koreaner wohnt inzwischen in Kambodscha und die anderen finden das alles total spannend, und so bestimmt Asien das Gespräch, was mich nervt, ich bin doch gerade vom Balkan genug gefordert, warum soll ich mich jetzt in einen anderen Kontinent reindenken? Unüberraschenderweise arbeitet er in der Bekleidungindustrie: “We produce clothes. Real and fake”. Er bestätigt, was man über die schlechten Arbeitsbedingungen hört, nämlich dass ein Arbeiter 1000 Dollar im Jahr verdient und Schulbildung über das 13. Lebensjahr hinaus 500 pro Jahr. Er versucht uns zu erklären, dass es trotzdem gut so sei, denn die Arbeiter seien froh, überhaupt einen Job zu haben. Aber sein Englisch und meine Kenntnis über kulturelle Gepflogenheiten sind nicht gut genug, als dass ich mich auf die Diskussion einlassen sollte. Es ist besser, dass sich der Abend bald auflöst.

    Kaum acht Stunden später bin ich schon wieder im gleichen Laden, denn es ist auch ein Workspace und ich habe Lust bekommen, ein bisschen an meinem Laptop zu arbeiten. Ich bekomme die mazedonische Karte, und da ich die englische Karte am Abend vorher schon studiert habe, finde ich die pochierten Eier wieder und bestelle mein Frühstück in der Landessprache, was den Keller richtig freut.

    Aber nach zwei Stunden muss ich schon wieder gehen, da ich gerne noch an einer free walking tour teilnehmen will. Am Treffpunkt wartet schon der Guide und andere Touristen - und unser Hütehund. Ein Straßenhund hat sich dazu gesellt, sobald eine Gruppe von Menschen da stand, und er wird uns die halbe Tour lang begleiten und beschützen. Sehr süß. Unser Guide sagt zwar, dass er auch schonmal Straßenkatze gerissen hat, aber ich hoffe, das gehört in den Bereich der Legenden. Alle anderen Geschichten erscheinen sehr fundidert, er erklärt drei Stunden an verschieden Stationen Besonderheiten der Stadt, in der er seit über 50 Jahren lebt. Vor allem geht es um das Projekt "Skopje 2014", ein Prestige Programm der damaligen Regierung, durch das die Stadt ihr Gesicht komplett verändert hat. Wegen Kritik und Korruptionsvorwürfen wurden die Bauprojekte bei Regierungswechsel gestoppt und deswegen stehen seit sechs Jahren mehrere halbfertige Großprojekte in der Stadt rum. Er zeigt auch die "Berlin"-Ecke der Stadt - Brandenburger Tor und Siegessäule hätte ich ohne entsprechenden Hinweis nicht erkannt. Die Tour ist kurzweilig und eine schöne Abrundung, um die Stadt ein bisschen besser zu verstehen. Insgesamt fand ich Skopje entgegen vieler Warnungen gar nicht so "schlimm". Ich glaube, mit ein bisschen Chaos kann ich in einer Großstadt auch besser umgehen als in eher ländlichen Gegenden. Dass ich hier das erste Mal bettelnde Kinder gesehen habe, ist allerdings auch nicht zu leugnen. Und im Kontrast dazu die Einkaufsmeilen, in denen man sich in Bezug auf Geschäfte und Ausstattung direkt nach Westeuropa versetzt fühlt - die kotzen mich eigentlich noch mehr an als die Skopje 2014 Projekte. Nach einem kurzen Abstecher zum alten Bahnhof, Mahnmal für das Erdbeben 1963, muss ich wirklich zurück zum Hostel, um mein Gepäck zu holen. Ich möchte einen Zug um kurz nach 16 Uhr nehmen oder falls es den nicht mehr gibt, habe ich einen Bus um 16:30 gesehen. Die Besitzerin fährt eh gerade in die Stadt, und nimmt mich im Auto mit. Ich frage im Bahnhof, ob es einen Zug nach Pristina gibt (online ist er noch zu finden), aber ich werde auf den Bus verwiesen. Ich bin viel zu früh, aber habe Glück und der nächste Bus fährt schon in 10 min, um 15 Uhr. Manchmal ist es am besten, sich ohne Ticket auf den Weg zur Station zu machen.

    Es ging ein am Ende alles ein bisschen schnell und auf dem Weg aus Skopje raus versuche ich mich auf ein neues Land einzustellen. Das geht halt wirklich ein bisschen schnell hier auf dem Balkan, man muss nicht weit fahren und schon ist man in einem neuen Land, mit neuer Sprache und neuer Kultur.
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  • Day 29–30

    Ohrid

    February 26 in North Macedonia ⋅ ☁️ 11 °C

    Der Bus nach Ohrid ist ein Kleinbus mit ca. 25 Plätzen und fährt fast drei Stunden durch wunderschöne Berglandschaft. Besiedelte Gebiete bestehen aus stehen gelassenen Ruinen, halbfertigen Häusern und dann wieder richtigen Palästen. Zaun drum und außerhalb des Grundstücks geht das Chaos weiter. Dass Müll am Straßenrand liegt, war mir schon klar, aber es gibt auch wilde Deponien mit richtigen Müllbergen. Die Straßenhunde kommen gefährlich nah zum Bus gerannt und versuchen ihn mit Gebell anzuhalten. Immerhin ist auf dieser Fahrt keiner angefahren worden. Wir erreichen Ohrid und ich muss erstmal an einer größeren Straße Richtung Innenstadt laufen. Ich hasse Autos schon, wenn sie die EU Normen erfüllen, aber jetzt sehe und höre ich, was für Dreckschleudern es sein können.

    Im Zentrum ist es ruhiger und hübscher. In Ohrid ist für bzw. durch den Tourismus einiges aufpoliert worden. Es ist die größte Stadt am Ohridsee, welcher unfassbar glasklares Wasser hat und an dessen Uferseiten Berge stehen, die teilweise schneebedeckte Gipfel haben. Einfach wunderschönes Panorama. Und man bekommt einfach Lust in den See rein zu springen. Aber momentan ist es einfach zu kalt - ich höre später, dass es letzte Woche auch hier sonnig war und mache einen kurzen Sprung ins Wasser gesagt haben. Die Altstadt ist sehr hübsch und schmiegt sich an einen kleinen Hügel, an dessen Gipfel die Festung von Samuel steht. Weiterhin gibt es noch paar schöne historische Kirchen. Und eine kleine Uferpromenade und eine Fußgängerzone.

    Am ersten Nachmittag schlendere ich bisschen durch die Innenstadt und die Parkanlage rund um die Festung und ich sehe, dass es alles ganz hübsch ist, aber werde trotzdem nicht so richtig warm mit dem Ort. Auch im Hostel fühle ich mich nicht so super wohl. Der Besitzer ist cool und witzig, hat alle Tipps zur Hand (von Essen gehen und Besichtigungen bis zu der Info an welchem Automaten man gebührenfrei Geld abhebt), die Räume und Flure sind dekoriert mit einem Sammelsurium an Sachen, die wahrscheinlich jeder mag: eine Reliefkarte von Mazedonien neben Banksys Trolley Hunters neben einem Leon the Professional Plakat. Es ändert nichts daran, dass das ganze Hostel so runtergerockt und dreckig ist, dass für mich keine Wohlfühlatmosphäre aufkommen kann.

    Auch die Beziehung zu den Mitbewohnern ist sehr zwiegespalten. Eine Chinesin hat mich sehr beeindruckt: sie ist vor acht Monaten nach Schweden gegangen, eigentlich nur für zwei Monate, aber jetzt möchte sie in Europa bleiben, lebt in Spanien, aber ist jetzt im Balkan (u.a. wegen der Aufenthaltsdauer im Schengen Raum). Sie will nie wieder nach China, und hofft bald fest in Europa zu wohnen, um ihre Tochter zu sich zu holen. Als sie von den Auswirkungen ihrer Lebensentscheidungen auf die Beziehung zu ihrer Mutter erzählt, weint sie fast. Andere Mitreisende kommen mir vor wie die super traveler: kennen sich mit allem aus, haben alles auswendig im Kopf, wohin man wie kommt und scheinen im Gegensatz zu mir nie Schwierigkeiten gehabt zu haben, sich zurecht zu finden. Und sind dabei selbstredend kaum mehr als halb so alt wie ich. Nicht dass jemand mich hätte spüren lassen, dass ich zu alt und zu doof wäre, aber ich werde trotzdem das Gefühl nicht los, in der falschen Liga zu spielen. Jedenfalls ist klar, dass ich nur eine Nacht im Ohrid bleibe und am nächsten Tag abreise. Es gibt mehrere Busse täglich nach Skopje, also kann ich spontan entscheiden.

    Der zweite Tag in Ohrid verläuft unerwartet richtig super. Ich starte mit Joggingrunde rund um die Festung (wegen der vielen Treppen und Steigungen dort eher wandern als joggen) und die Uferpromenade entlang. Dann sitze ich beim Frühstück im Hostel mit einem Data Science Studenten aus Tübingen und es ist sehr nett. Wir verschieden uns, ich gehe duschen und packe meine Gepäck zusammen und will noch in die Festung gehen (war gestern geschlossen). Dort treffe ich meine Frühstücksbekanntschaft wieder und wir gehen zusammen weiter durch den Ort. Er hatte unseren Host nach einem Museum gefragt und dessen Tipp verfolgen wir und gehen in das Haus Robev. Ich hatte es gestern schon gesehen, aber als langweilig empfunden, weil ich dachte es sei nur das ehemalige Wohnhaus einer reichen Handelsfamilie. Tatsächlich enthält es auf drei Stockwerken noch viel mehr als das (durchaus auch sehenswerte) Wohnhaus, nämlich eine Ausstellung der Kleidung und Trachten, der aräologischen Funde der Gegend sowie der woodcarving Technik, ein Handwerk Ohrids. Das beste ist, dass wir eine kostenlose (im Eintritt von 150 denar enthalte) 1,5-stündige Führung bekommen. Unser Guide ist Archäologe und daher wird besonders der Teil der lebendig, in dem er von den Ausgrabungen erzählt, die 2008 durchgeführt wurden und er zeigt uns die Teile, die er selbst gefunden hat. Aber auch die Holzarbeiten im dritten Stock sind einfach sehr beeindruckend. Insgesamt war es toll, einen Einblick in die kulturelle Geschichte des Gegend zu bekommen und mitzuerleben, mit welchem Stolz das präsentiert wird. Hat mich in meiner arroganten Haltung, ein bisschen mitleidig auf die vielen momentanen Baustellen zu schauen, gerade gerückt. Meine Begleitung und ich sind total begeistert von dem Erlebnis und ich für meinen Teil auch etwas geschafft von den ganzen Informationen und Eindrücken.

    Um den Tag abzurunden, gehe ich auf Empfehlung zum Mittag noch in ein Restaurant, welches die Ohridforelle anbietet, und diese ist einfach köstlich. Frisch gebraten kommt sie auf den Teller, am Stück natürlich, aber sehr einfach zu essen. Dazu Reis und Pommes und Salat und es schmeckt nicht nur gut, sondern ist auch wahrscheinlich das gesündeste und vitaminreichste, was ich in den letzten Tagen zu mir genommen habe. Anschließend hole ich mein Gepäck, verabschiede mich im Hostel und verlasse Ohrid sehr zufrieden mit der Stadt und den Erinnerungen daran.
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  • Day 28–29

    Bitola

    February 25 in North Macedonia ⋅ ☁️ 10 °C

    Mein Taxifahrer ist etwas konsterniert über das wahrscheinlich schlechteste Verhandlungsgespräch seiner Taxikarriere, aber er nimmt mich mit. Auf der griechischen Seite wird die Straße durch hohe Zäune abgeschirmt und es gibt Bärenwarnschilder. Ich bin nochmal froh, dass er direkt mit dem Taxi da stand und ich mich nicht im Hitchhiken versuchen musste. Es ist auch wenig Verkehr, der mich hätte mitnehmen können. An der Grenze eine für mich skurrile Szene, als zwischen den Grenzhäuschen (Passkontrolle, Zoll) irgendwelche komischen Vögel rumstolzieren, vielleicht Pfauen? und im Streit mit einem Straßenhund einen spitzen Schrei lassen. Nach der Grenze weist der Taximann mit einer ausladenden Handbewegung auf alles vor uns liegende und sagt “North Macedonia”!

    Ja tatsächlich, ich bin in diesem Land, von dessen immerhin schon über fünf Jahre existierenden Namen ich vor paar Monaten das erste Mal gehört habe, als das Land im Handball gegen Deutschland gespielt hat. Umbenennung hin oder her, auch zu dem alten Namen Mazedonien habe ich wenig Assoziationen, also genau genommen weiß ich nur, dass Skopje Hauptstadt ist und dass ich aber auch nach Ohrid fahren sollte, habe ich erst zwei Tage zuvor von einem Mitreisenden erfahren.

    Aber zunächst ist Bitola das Ziel und mein Taximann möchte mich zum Hotel bringen. Ich hatte schon vorher Screenshots von booking gemacht - eigentlich nur aus dem Grund, dass ich so die Infos schneller griffbereit habe. Das erweist sich jetzt aus anderen Gründen vielleicht nicht als Gold, aber immerhin viele Euros wert: an der Grenze kam die SMS, dass 100 kB ab jetzt 1,20 € kosten, netterweise beschränkt auf maximal 59 € im Monat. Ups! Wir tippen die Adresse in sein Navi ein, aber das Gerät findet die Straßen nicht. Vielleicht Probleme mit verschiedenen Transkriptionen. Ich gebe ihm zu verstehen, dass er mich irgendwo im Centrum raus lassen kann und finde anhand der skizzenhaften Karte auf meinem Screenshot tatsächlich recht schnell das Grand Central Hotel. Ich checke ein und bin begeistert über die Qualität, die ich für das kleine Geld erhalten habe.

    Ich gehe auch noch ein bisschen spazieren, es gibt den alten Bazaar direkt um die Ecke (um die Uhrzeit alle Geschäfte geschlossen, aber nette Gassen) und ansonsten bisschen Innenstadt, paar Bars, bisschen was los, nette Stimmung. Es bleibt nicht aus, dass mir sofort auffällt, dass hier drinnen rauchen normal ist, weil es auch jeder tut. Weiterhin stechen mir die vielen Knotenpunkte von elektrischen Leitungen ins Auge. Da alle oberirdisch verlaufen und es ein dicht besiedeltes Gebiet ist, kommen da ganz schön große (und verworrene) Knoten zusammen. Weiterhin ist das Stadtbild geprägt von byzantinischen Kirchen einerseits und kleinen Moscheen andererseits. Letztere haben nur ein Minarett, meistens mit Lautsprechern, aber manchmal auch mit rundum laufendem Balkon hoch oben, aber ich habe keinen Muezzin weder live noch vom Band gehört.

    Den Rest des Abends verbringe ich hauptsächlich in meinem schönen Zimmer, genieße ein ordentliches Badezimmer mit toller Dusche und das große Bett. Zum Abendessen gibt’s Cheetos und ein Bifteki, was ich gestern in der Taverna nicht geschafft und mitgenommen habe - mit schlechten Gewissen, Einfuhr von tierischen Produkten ist verboten. Ich freue mich, ein Zimmer für mich allein zu haben und telefoniere über das WLAN mit zuhause.

    Am nächsten Morgen gibt es Frühstück im Hotel, man wählt zwischen fünf verschiedenen Varianten und ich nehme halb experimentell das mit lokalem Käse und Wurst und Oliven und zwei hart gekochten Eiern, aber die Einheimischen haben alle einen Eintopf, der in einer geschmückten Suppen Terrine an den Tisch gebracht und dort aufgefüllt wird.

    Ich gehe zum Busbahnhof, es ist ein ganz schön trüber Tag und außerdem habe ich irgendwo zwischen Athen und hier ja definitiv die Grenze zwischen mediterranem und kontinentalem Klima überschritten und damit sind die Orangen, Zitronen, Palmen und Oliven verschwunden. Was im Winter bedeutet, dass alles Grüne verschwunden ist. Und ehrlich gesagt finde ich auch die Menschen ganz schön ‘winterlich’ bisher, ich muss mich vielleicht noch an die Balkan-Mentalität gewöhnen.
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  • Day 28

    Reisetag über Paleofarsalos und Florina

    February 25 in Greece ⋅ ☁️ 10 °C

    Es zieht mich weiter und ohne es groß in Frage zu stellen, war bislang Thessaloniki der nächste Stop - zumal man auch gut dahin und von dort wieder weg kommt. Beides kann aber nicht ausschlaggebend dafür sein, in eine Stadt zu fahren. Natürlich soll es ein interessanter Ort sein, aber mich zieht es momentan nicht dahin. Und bevor ich nur eine Nacht in Saloniki bin (womit man den Ort nicht geht werden würde) werfe ich am Abend vorher meinen Plan um und beschließe, es dieses Mal komplett auszulassen. Fühle mich nach einer Woche Griechenland bereit, das Land hinter mir zu lassen und habe Lust, möglichst viel Zeit in den Balkanländern zu verbringen, bevor es mich nach Hause zieht. Florina ist die griechische Stadt an der Grenze zu Nordmazedonien, die noch mit der Bahn erreichbar ist. Von da aus kommt man mit Öffentlichen zwar nicht weiter, aber über die Grenze bis nach Bitola sind es nur 30 km und das soll auch mit dem Taxi gut zu machen sein.

    Von Meteora muss man erstmal den Bus nach Paleofarsalos nehmen, um an die Bahnstrecke Athen - Thessaloniki zu kommen nehmen. Die Gastgeberin im Hostel rät mir von der Kombination Bus + Zug ab, ich solle lieber einen durchgehenden Bus nehmen (zu dem Zeitpunkt war Thessaloniki als nächste Station geplant), da man sonst zwei Stunden in Paleofarsalos warten muss. Ich will aber mein Interrail Ticket nutzen und der Ort sieht auf Google Maps auch ganz nett aus - ab in ein kleines Café und die Wartezeit ist schnell rum.
    Ich nehme morgens früh um 7:15 den Bus, und bin gegen 9 in Paleofarsalos. Am Bahnhof ist alles voller Rauch und stinkt nach Diesel oder so, jedenfalls wird mir schlecht. Ich gehe schnell Richtung Ort, aber da ist es ein bisschen trostlos. Die Hälfte der Häuser sind leer stehend und halb verfallen. Von den anderen Häusern sind einige ganz schick renoviert, aber stehen inmitten von baufälligen Schuppen und Scheunen. Jeder hier arbeitet in der Landwirtschaft und nicht mehr genutzte Maschinen bleiben stehen, so steht Schrott von mehreren Jahren in der Gegend rum. Die auf Google Maps eingezeichneten Orte existieren gar nicht mehr. In dem ganzen Ort höre ich nur einmal Stimmen, aber umso mehr Gebell von den Hunden, die im eingezäunten Bereich ums Haus rum wohnen und sich freuen, dass mal jemand vorbei kommt.

    Also gehe ich zurück zum Bahnhof, am Bahnsteig riecht es immer noch nach Diesel, also ab ins Café, obwohl es verraucht und ungemütlich dunkel ist. Das Mädel an der Theke ist nett und sie erklärt mir, dass heute der Strom ausgefallen ist - anscheinend haben sie daher gerade den Notstrom Generator angeworfen, das erklärt den Gestank. Sie kocht mir einen Kaffee auf dem Gaskocher und ich verbringe eine Stunde im ‚zwielichtigen‘ Bahnhofscafé zwischen einem Opi, der in voller Lautstärke ein Reel nach dem anderen schaut und zwei Kette rauchenden Bahnangestellten. Bzgl. Rauchen in Lokalen hatte mich der Wanderguide aufgeklärt: natürlich ist es offiziell verboten, das ist EU Gesetz. Aber in den Dörfern wird in allen Cafés geraucht, und wenn ein Polizist von einem anderen Dorf kommt, kann sein dass es er ahndet - wenn ein lokaler Polizist kommt, fragt er nach einem Aschenbecher.

    Im Intercity nach Thessaloniki nutze ich nochmal die Gelegenheit, das Bordrestaurant zu nutzen. In Platy muss ich umsteigen, und es geht in einem kleinen Triebwagen durch ziemlich verlassene Gegenden, der Blick aus dem Fenster ist häufig trostlos. Allerdings ist es heute auch richtig regnerisch und grau, das gibt der Landschaft und den abgehängten Ortschaften wohl den Rest. Hier sind die Bahnhöfe nicht mehr zweisprachig beschriftet und auch die Durchsagen sind nur auf Griechisch. Eine Schaffnerin kommt zu mir und klärt mich auf, dass ich jetzt den Zug verlassen muss, es geht mit dem Bus weiter, was ich natürlich verpasst hätte, denn auf meinem Ticket steht nichts dergleichen. Inwiefern die Probleme mit dem griechischen Schienennetz mit den schlimmen Zugunfall im März letzten Jahres zu tun haben, weiß ich nicht. Sicherlich ist der Wartungsaufwand auch sehr hoch in bergiger Landschaft mit den ganzen schönen Brücken (die ich vom Bus aus besser gesehen habe als wenn ich mit dem Zug drüber gefahren wäre). Weiterhin ist der Bedarf wohl einfach nicht so groß: der Zug nach Florina fährt nur zwei mal am Tag und in dem Ersatzbus sitzen mit mir nur zehn Passagiere.

    Bei Ankunft in Florina sehe ich ein mazedonisches Taxi und damit ist mein Griechenland Abenteuer zu Ende.
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