Afrika und mehr

February 2019 - May 2024
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    October 1, 2019 in Germany ⋅ 🌧 14 °C

    Seit mehr als sechs Wochen bin ich nun wieder zurück. Zurück zuhause, zurück in Bielefeld. Viele fragen mich, ob mir die Eingewöhnung nicht schwer fällt nach dieser langen Reise, nach den Abenteuern in der großen, weiten Welt. Nein, tut es nicht. Was mich ehrlich gesagt selber ein wenig verwundert.

    Ich glaube dafür folgende Erklärung gefunden zu haben: Es war ich und nur ich alleine, die das Ende der Reise bestimmt hat. Ich habe gemerkt, dass ich keine große Lust mehr verspürt habe, bei dem Gedanken z.B. noch ein weiteres Land zu bereisen. Dass ich keine Lust mehr hatte, meinen Koffer zu packen, mich auf neue Leute,Länder, Umgebungen einzustellen. Ich habe an zuhause gedacht, an den Sommer dort, an Unternehmungen mit meinen Freunden und dabei ein wenig Sehnsucht empfunden. Und das ist doch letztlich eine schöne Art, so eine Reise zu beenden. Mit dem Gefühl, dass es nun genug ist und Zeit nach Hause zu kehren. Was für ein Luxus, diese Freiheit zu haben.

    Ob ich gefunden habe, was ich suchte, werde ich ebenfalls oft gefragt. Nun, dies ist eine komplexe Frage, finde ich. Dafür brauche ich zunächst einmal Klarheit darüber, ob und was ich denn überhaupt "suchte" auf meiner Reise. Ich wollte Abstand. Ich wollte raus in die Welt, ich wollte Abenteuer. Ich wollte absolute Freiheit. Ich wollte lernen mehr meinem Bauch und meinem Gefühl zu folgen statt meinem Verstand. Der kräht nämlich immer ziemlich laut im Oberstübchen und soll auch mal die Klappe halten. Ich wollte wieder die schönen Seiten des Lebens spüren.

    All das ist mir gelungen. Dennoch war diese Reise nicht nur geprägt von Heiterkeit und Sonnenschein. Das konntet ihr ja mitverfolgen. Man kann bis ans andere Ende der Welt reisen, aber egal, wie weit man geht, die eigenen Dämonen hat man immer im Gepäck. Und man weiß nie, wo und wie sie einen vielleicht überraschen. Es gab einige solcher Situationen, in denen ich zu kämpfen hatte. In denen ich mich traurig, einsam und verlassen fühlte. Einmal war ich kurz davor, das Handtuch zu schmeißen. Aber ich habe es nicht getan. Ich wusste mir dann doch immer irgendwie zu helfen.

    Aus diesen Erfahrungen habe ich neuen Mut geschöpft. Vertrauen in mich selbst und darin, dass es irgendwie weitergeht. Dass ich schmerzliche Situationen aushalten kann, dass ich trotzdem handlungsfähig bleibe. Und mich hoffentlich nie wieder so unglaublich hilflos und ausgeliefert fühlen werde wie nach der Trennung. Ich glaube, ich bin gelassener geworden und weniger ängstlich.

    Und diese Reise zu unternehmen, mir diesen Traum zu erfüllen trägt einen nicht unerheblichen Teil zu meiner inneren Zufriedenheit bei. Ich hatte immer irgendwo diesen Idee, diesen Gedanken an eine längere große Reise im Hinterkopf. Ich habe Reiseblogs gelesen und Auswanderersendungen geschaut. Und immer war da dieser fiese kleine Stachel in mir, der mich gepiekst hat. Und diese Stimme, die mir zuflüsterte: "Das willst du auch!". Und dann meldete sich sofort der Verstand, der da sagte: "Ja, aber...." Und ihm fielen ganz viele Gründe ein, warum das nun leider nicht mehr geht und ich mich bis zu Rente wohl gedulden müsse. Dem hab ich's gezeigt!

    Ich hoffe sehr, dass ich dies über meine Reise hinaus mit in meinen Alltag übernehmen kann. Dinge einfach zu machen, auszuprobieren, erleben. Und nicht in Ausflüchten, Sorgen, und Ja-Abers hängen zu bleiben.

    Mir hat das Schreiben dieses Blogs immer unglaublich Spaß gemacht. Ich habe gern über meine Erlebnisse berichtet. Die schönen, aber insbesondere auch die schweren, unangenehmen, anstrengenden. Mit etwas Abstand sind es für mich immerhin lustige Stories, die ich zum besten geben kann. Es war und ist mir wichtig, kein oberflächliches Bild von eitel Sonnenschein zu kreieren. Dafür gibt's Instagram.
    Es hat mir sehr viel bedeutet, dass so viele von euch mir gedanklich auf meiner Reise gefolgt sind. Dass ihr Anteil genommen habt, hat das Ganze nochmal schöner gemacht. Es hat mir Spaß gemacht, euch mitzunehmen und mit euch zu teilen. Und ich habe mich über jede Rückmeldung, jeden Kommentar, jedes Lesen eines Eintrags gefreut.

    Und wer weiß, vielleicht war dies ja nicht mein letztes Abenteuer.
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  • Day 191

    Sprint bis Auckland

    August 10, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 17 °C

    Ich sitze bereits im Flieger nach Frankfurt, als ich diesen Post verfasse. Noch 1,5 Stunden bis zur Landung. Rechts im Fenster sehe ich schon die Sonne aufgehen. Ich bin ganz kribbelig und freue mich. Singe leise „Maria Magdalena“ vor mich hin. Das Lied lief in der 80er Playlist und ich hab seither nen Ohrwurm.

    Meine letzten Tage habe ich in Auckland im Hostel verbracht. Ich habe mich bereits eine Nacht früher dort eingemietet, weil mir die Enge des Vans dann am Ende doch ziemlich auf die Nerven ging. Es hat so viel geregnet. Es war kalt und ungemütlich. Jedes Mal, wenn ich zur Toilette oder in die Campingküche wollte, musste ich wieder rein in die Boots und den Regenmantel, und durch das nasse Gras stiefeln. Die Räume waren auch meist nicht beheizt, also auch nicht viel angenehmer, nur trocken halt. Im Sommer ist campen toll - frei sein, draußen sein, unabhängig sein. Aber ich habe gelernt, Wintercamping ist nicht mein Fall.

    Ich wollte also nach meinem Besuch bei den Thermalquellen schnell nach Auckland. Einen letzten spontanen Stopp habe ich auf der Strecke dann aber doch noch eingelegt und eine kleine Wanderung gemacht. Und was soll ich sagen, wieder habe ich neues Moos entdeckt, das ich vorher noch nicht gesehen hatte 😊. Die Strecke führte an ehemaligen Bergwerkstollen vorbei, einen Abschnitt kann man sogar noch begehen und die alten Gleise liegen teilweise noch.

    In Auckland selber habe ich zugegebenermaßen nicht mehr viel unternommen. Ich habe mir ein Fitnessstudio gesucht und war dort, um mich vor meinem langen Flug körperlich ein wenig zu betätigen. Das bedeutet nun aber auch, dass dies meine letzten Bilder aus Neuseeland sind. Dass dies überhaupt die letzten Bilder dieser Reise sind. Das ist für mich alles noch gar nicht so richtig greifbar. Ich werde es an dieser Stelle daher ersteinmal dabei belassen, und alles etwas wirken lassen. Und dann mit vielleicht sowas wie einem Rückblick abschließen.
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  • Day 191

    Der Champagnerpool

    August 10, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 14 °C

    Wie gern wäre ich mal in den Champagnerpool gehüpft. Aber er hält nicht so wortwörtlich das, was der Name verspricht. Diejeniegen, die jetzt ein dekadentes Prickelbad erhofften, muss ich leider enttäuschen. Bei einer Wassertemperatur von 74 Grad wird man da drin eher gegart als erfrischt. Dafür brilliert besagter Pool mit unglaublichen Farben. Und sein Wasser blubbert beständig kleine Champagnerbläschen, daher der Name.

    Noch nie habe ich so sattes Grün, knallgelbes Wasser oder rot-gelb gefärbte Steine gesehen. Die Färbungen entstehen wohl durch Sulfurablagerungen. Dieses Thermalgebiet liegt nicht weit von Wai-O-Tapo, wo es die Schlammbäder gab. Es ist meine zweite Station an diesem Tag, der sozusagen unter dem Motto „geothermales Sightseeing“ steht. Das klingt auch so schön bildungsbürgerlich, geothermal.

    Einige Wanderrundwege führen durch das naturbelassene Gebiet. Es gefällt mir hier noch viel besser, als in dem vorherigen Park, mit seinen Shows und asphaltierten Gehwegen. Die Farben sind nochmal spektakulärer. Und als ich um die Ecke ging und diesen gelb gefärbten Kratersee erspähte, entfuhr mir ein lautes „Oh la la“. ( Okay, es war in Wahrheit ein „Boah, krass“, aber das klingt ja zu assig und passt nicht zum Tagesmotto.)
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  • Day 190

    Lucifers Vorgarten

    August 9, 2019 in New Zealand ⋅ 🌧 12 °C

    Mein Auto, meine Klamotten riechen nach faulen Eiern. Und nein, das ist nicht das Resultat meiner etwas eingeschrenkten Campinghygiene. Es liegt dieser beißende Geruch in der Luft: Schwefel. Aus der hügeligen Landschaft vor mir, aber auch neben der Straße, auf der ich fahre, steigt weißer Rauch aus dem Wald empor. Ist hier das Tor zur Hölle? Es würde jedenfalls eine glaubhaft höllische Kulisse abbilden.

    Hier in Wai-O-Tapu kann man eine Idee davon bekommen, wie des Teufels Vorgarten wohl so gestaltet sein könnte. Ein paar ausladende, graubraune Schlammteiche, in denen es blubbert und immer wieder kleine Matschfontänen aufstoßen. Tiefe Krater, aus denen heißer Dampf aufsteigt, seltsame Felsformationen, an denen das Wasser herunterläuft. Es ist Neuseelands Vulkangebiet und ein Wunderland der tausende Jahre langen geothermalen Aktivität.

    Das Gebiet ist touristisch erschlossen, heißt, man muss Eintritt zahlen und kann zwischen verschiedenen Touriangeboten wählen. Shows mit Maoritänzen inkl. überm Schlammbad gegartem Essen sind der Renner. Es gibt kostenlose Touren und ich schließe mich einer an. Allerdings labert der Typ mir von Anfang an viel zu viel für mich uninteressantes Zeug. Geschichte und so. Klar, Reisen bildet, aber ich will ja nicht als Einstein wiederkommen. Meine Ungeduld siegt und bereits nach wenigen Minuten schleiche ich mich davon und gehe lieber auf eigene Faust los.

    Auch wenn mich der ein oder andere nun für einen Kulturbanausen halten mag: die Maorikultur interessiert mich irgendwie nicht. Ich habe keinen Zugang dazu. Diese wilden, bedrohlich wirkenden Schnitzfiguren. Die Tattowierungen im Gesicht, dieser Kriegstanz, bei dem die Männer ständig ihre Zungen raus strecken. Das alles wirkt immer so kriegerisch und kämpferisch, aggressiv auf mich. Mich fasziniert viel mehr die einmalige Natur und was sie alles zu bieten hat.
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  • Day 189

    Unter der Erde

    August 8, 2019 in New Zealand ⋅ 🌧 10 °C

    Unter der Erde ist es gar nicht so langweilig, wie wir vielleicht immer gedacht haben. Gleich drei Tropfsteinhöhlen habe ich vor einigen Tagen in Waitomo besichtigt. In zweien davon waren besagte Glühwürmchen zahlreich vorhanden. Aber auch beeindruckende Stalagmiten und Stalaktiten wachsen dort. Dafür brauchen sie mehrere Hunderttausende von Jahren. Ein Stalagtit beispielsweise wächst einen Quadratzentimeter - ungefähr die Größe eines Zuckerwürfels - in 10 (oder waren es 100?) Jahren.

    In Neuseeland gibt es zahlreiche Höhlen und häufig wurden sie eher zufällig entdeckt. Da es dabei nicht ohne Konflikte zwischen Staat und Landeigentümer um die Besitzansprüche blieb, wurde ein Gesetz erlassen. Die Höhle geht in Privatbesitz, wenn sie mit mehr als 75 Prozent der Fläche unter eben jenem privat besessenen Land liegt. Die Entscheidung, ob die Höhle öffentlich zugänglich gemacht - also kommerzialisiert - wird, obliegt dann dem Besitzer. So eine interessante Einnahmequelle ist mir auch noch nicht untergekommen.
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  • Day 188

    Exkurs: Moos

    August 7, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 10 °C

    Herzlich Willkommen zur Biostunde, 7. Klasse. Heute möchte ich mit euch über Moos sprechen. Wenn ihr jetzt innerlich in Erwartung vollkommener Langeweile zusammensackt, kann ich euch das nicht verübeln. Erst Schafe, jetzt Moos. Gähn....

    Ich kann es mir auch nicht so richtig erklären, aber ich habe hier das Moos als eine spannende Sache entdeckt. Vielleicht wird man, wenn man zu lange allein reist, doch irgendwie schrullig? Ganz ehrlich, ich erwische mich schon das ein oder andere Mal, wie ich Selbstgespräche führe. Naja, ein Gespräch ist es nicht wirklich. Ich rede, aber mir antwortet niemand. Nichtmal ich selber. Ich habe mir jetzt sogar den Siri-Sprachassistenten konfiguriert und rufe während der Fahrt ab und zu einfach laut „Hey Siri“ ins Auto ohne mir überlegt zu haben, was ich eigentlich von Siri will. Hauptsache, es reagiert mal jemand. Aber ich schweife ab. Zurück zum Moos.

    Moos ist nämlich nicht gleich Moos, müsst ihr wissen. Es gibt hellgrünes Moos, dunkelgrünes Moos, grau schimmerndes Moos, kurz gewachsenes Moos. Moos, das in Fäden herunterhängt, sich um Äste schlingelt, an Zaunpfählen empor kriecht, ganze Bäume bevölkert oder den Boden glitschig macht. Und ich habe Gefallen daran gefunden, dieses Moos aufzuspüren und zu fotografieren. Ja, ich habe jetzt eine Moos-Fotokollektion. Schräg, oder?

    Man kann über Moos aber auch hervorragend Witze machen. Zum Beispiel den hier: „ Neulich hat man einen Russen operiert und in seinem Bauch Moos gefunden. -„wie kann das sein?“ - Muss wohl ein Moskauer gewesen sein.“
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  • Day 188

    The fabulous life of the Glühwürmchen

    August 7, 2019 in New Zealand ⋅ ☀️ 13 °C

    Es gibt Dinge, die verlieren bei Tageslicht betrachtet ihren Schrecken. Glühwürmchen zählen definitiv nicht dazu. Der niedliche Name täuscht. Bei Nacht und Dunkelheit sind sie wunderschön anzusehen. Wie ein märchenhafter Sternenhimmel. Knipst man aber das Licht an, offenbart sich das Grauen. Nur im Larvenstadium glühen die „Würmchen“ und kleben wie lange dünne, schrumpelige Würstchen an der Decke. Und es gibt noch einiges Ekliges mehr über sie zu berichten. Hier kommen meine top Ekelfakten über Glühwürmchen (Fachterminus Arachnocampa luminosa - das klingt nach einer Mischung aus Spinnenart und Harry Potter Zauberspruch):

    1. Das neuseeländische Glühwürmchen ist gar kein Wurm, sondern eine Mückenart. Und zwar eine Langhornmücke. Sie heißt so wegen ihrer langen, gekrümmten 16-gliedrigen Antennen.

    2. Glühwürmchen angeln mit ihrem Pipi nach Beute. Im Larvenstadium spinnen sie über ihren Mund Seidenfäden, die von der Höhlendecke herabhängen. Da diese Fäden allein noch nicht klebrig sind, fügen sie ein Gemisch aus Harnstoff und Eiweiß hinzu. Klebt in millisekundenschnelle und ist so super biologisch, dass sogar der Verband Farbe und Lack aufmerksam wurde und eine Nachahmung des Glühwürmchensekrets erwägt. Da geht bei mir schon wieder das Kopfkino los...

    3. Glühwürmchen sind Kannibalen. Sie fressen, was sich in ihren klebrigen Fäden verfängt. Und wenn das halt der schon zur Mücke herangereifte Großcousin ist.

    4. Glühwürmchen leuchten mit dem Arsch. Dort befinden sich nämlich die Leuchtzellen, genannt Laternen. Hmmm.... jetzt denken wir mal kurz ne Runde nach - was passiert wohl bei einem strahlenden Hinterteil? Riiiiiichtig. Die geilen Glühwürmchenmachos fliegen auf den hellsten Hintern. Ist quasi wie Glühwürmchen-Tinder. Wer am besten mit dem Arsch wackelt, kriegt die meisten Likes. Und wie nebenbei imitieren die Leuchtkünstler auch noch einen Sternenhimmel in der Nacht. Insekten, die sich in die Höhle verirren, fliegen nach oben und enden widerum im Pipifaden. Den frisst die Glühwürmchenlarve dann genüsslich in sich hinein.

    Wenn das jetzt nicht die Spitze des Ekels ist, dann weiß ich es auch nicht. Jedenfalls werdet ihr Glühwürmchen nie wieder so sehen können wie vorher. Ich habe lange überlegt, wie man das Ganze wieder zu einem schönen abschließenden Bild führen kann. Mir fällt da immer nur dieser eine Postkartenspruch ein, der in meinen Augen die perfekte Analogie bildet:

    Die Küche sieht aus wie sau. Hab das Licht ausgemacht, jetzt geht´s wieder.
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  • Day 187

    Verloren in der Vergessenen Welt

    August 6, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 12 °C

    Es ist stockdunkel. Ich habe keinen Handyempfang, schon seit Stunden nicht mehr. Meinen Van habe ich von innen verriegelt, die Vorhänge zugezogen. Stirnlampe aufm Kopf, Pfefferspray und den Taschenalarm griffbereit in der einen, den Autoschlüssel in der anderen Hand.
    Ich habe mitten im Nichts auf einem kleinen Parkplatz direkt neben der Straße mein Nachtquartier aufgeschlagen, weil ich keinen Campingplatz gefunden habe.

    Nun fährt ein Auto vor, ein Mann steigt aus. Gut, denke ich, der muss wohl mal pinkeln. Wenige Minuten später hält ein zweites Auto, Musik dröhnt aus dem Inneren, ein weiterer Typ steigt aus. Ich luke durch meine Vorhänge. Dann ein drittes Auto und ein dritter Mann. So, denke ich, jetzt wird‘s komisch. Trifft sich hier die Landjugend zum Besäufnis? Im Kopf gehe ich verschiedene Möglichkeiten durch. Soll ich aussteigen und mich bemerkbar machen? Sie bitten, ruhiger zu sein, weil mein Mann da im Auto schlafen will? Gibt es eine App mit bösem Hundegebell? Ach nee, hab ja keinen Empfang! Soll ich mich nach vorne durch quetschen, auf den Fahrersitz und das Weite suchen? Aber wohin dann? Hier gibt es ja nix! Außderdem hab ich schon meine Tablette für die Nacht eingenommen und es wird nicht mehr lange dauern, bis ich nicht mehr fahrtüchtig bin.

    Einige Stunden vorher: ich habe in New Plymouth an der Westküste übernachtet. Gerade habe ich meine Vorräte aufgefüllt und den Wagen vollgetankt. Ich werde den Forgotten World Highway fahren - die Straße der vergessenen Welt. Eine 150 km lange Strecke durch das Landesinnere. Keine Tankstellen und keine Supermärkte. Auch kein Handyempfang. Dafür verspricht er grandiose Landschaften, einen Wasserfall, alte Tunnel. Schnell schicke ich noch meiner Mama und meiner Freundin eine Nachricht, in der ich sie über meinen Plan informiere. Damit auch jemand weiß, wo ich ungefähr bin, falls ich nicht wieder auftauche (ja, ich leide immernoch an den Folgen der Videos).

    Ich habe eine grobe Straßenkarte aus einem Flyer dabei und Screenshots von (angeblichen) Campingmöglichkeiten gemacht. Ach, und ein Youtube-Video geschaut, wie man Reifen wechselt. Denn ein 12km langer Abschnitt ist Schotterpiste. Darf ich laut Mietbedingungen eigentlich gar nicht fahren, aber das Risiko gehe ich ein. Denke an Namibia zurück, da gibts kaum geteerte Straßen und da platzt auch nicht ständig ein Reifen.

    Ich mache mich also auf den Weg und schon bald entfaltet diese Route ihre fasziniernde Wirkung. Es geht steil bergauf, es ist kurvenreich, ich fahre im Durchschnitt wohl so 30kmh. Und bleibe natürlich wieder oft stehen zum gucken. Im Reiseführer steht, man soll etwa vier Stunden einplanen. Ich bin um zwei Uhr gestartet. Es vergeht eine Stunde und noch eine. Ich fahre, gucke, mache Pause, fahre weiter. Dann ist es fünf, die Dämmerung setzt ein und ich habe höchstens die Hälfte der Strecke geschafft. Noch ein paar Kilometer weiter, dann beginnt die Schotterpiste. Die möchte ich im Dunkeln nicht fahren. Außerdem liegt hier auch noch ein Abstecher zu dem zweitgrößten Wasserfall, den will ich gern sehen.

    Ich erreiche den Tunnel und mir kommt ein Wohnmobil entgegen. Andere Autos sieht man hier selten. Die Gelegenheit ergreife ich und mache den beiden Insassen Zeichen zum anhalten. Ich frage sie, ob sie einen Campingplatz gesehen haben. Sie haben eine App, die auch offline funktioniert und dort sind noch mind. zwei eingetragen, einer davon angeblich direkt an der Straße. War ja auch meine Information. Also fahre ich weiter, um den zu finden. Aber an der Straße ist weit und breit kein einziger. Gut, dann ist die Entscheidung getroffen und ich drehe um, steuere zurück auf den kleinen Parkplatz mit der grandiosen Aussicht. Werde ich morgen früh wenigstens mit einem schönen Panorama wach.

    Und nun lieg ich hier und weiß plötzlich wieder, warum ich eigentlich nicht wild campe. Ich beobachte das Geschehen draußen weiter. Interesse an meinem Auto oder mir scheinen die nicht zu haben. Die Situation ist mir zwar nicht angenehm, aber mein Bauchgefühl rät jetzt auch nicht zur panikartigen Flucht. Ich verhalte mich also ruhig und warte ab. Zu trinken scheinen sie auch nicht. Nach vielleicht 20 min macht sich einer wieder auf den Weg. Etwas später startet ein anderer sein Auto und fährt ebenfalls weg. Jetzt steht nur noch eins dort. Mit laufendem Motor, Licht an. Und ein paar Minuten später dann endlich - auch der letzte düst ab. Ich bin erleichtert. Doch dann kommt ein neuer Gedanke: jetzt wissen die ja, dass hier ein einsamer Campervan steht. Was, wenn die sich jetzt doch besaufen und im Suff wiederkommen? Aber das würde doch schon einiges an krimineller Energie voraussetzen und dafür sind die Neuseeländer allgemein jetzt nicht bekannt. Ich beschließe, auf das Gute zu vertrauen. Das hat mir mal eine Freundin gesagt.

    Am nächsten morgen wache ich auf. Es ist alles gut gegangen. Ich genieße einen herrlichen Ausblick auf die vom Morgennebel umwobenen Hügel und lausche dem Gesang der Vögel.
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  • Day 186

    Exkurs: Ich liebe Schafe

    August 5, 2019 in New Zealand ⋅ ☁️ 6 °C

    Neuseeland und seine Schafe - das gehört zusammen wie Topf und Deckel. Nach Angaben des Fachmagazins Schafzucht (nachgeschlagen in Schafzucht online) verzeichnete man zwischen den Jahren 1982 und 2017 einen geradezu dramatischen Rückgang der Schafspopulation von 70 Millionen auf 27 Millionen Schafe. Auf einen Einwohner kamen damals noch 22 Tiere, heute sind es nur noch sechs. Einwohner zählt Neuseeland lediglich ca 4,8 Millionen.

    Gefühlt sind sie dennoch überall. Sie grasen links und rechts der Straße, manchmal stehen sie auch auf der Straße und wenn sie in der Masse auftreten haben sie natürlich immer Vorfahrt. Neben Schafen trifft man auch schonmal Kühe, Ziegen oder Fasane auf der Fahrbahn.
    Ich weiß auch nicht wieso, aber ich finde diese Schafsmassen toll. Ich würd am liebsten jedes Mal ein Foto machen. Es gibt sogar kleine Lämmchen und da ist auch das ein oder andere schwarze dabei.

    Die Schafzüchter fahren mit Quads durch die Gegend, hinten drauf meist drei bis vier Hütehunde, die sich lautstark Gehör verschaffen und die Rasselbande zusammenhalten. Vor mir laufen sie aber weg. Schade, würd sie so gern knuddeln. So bleibt mir nur, ihnen ein geflötetes „Guten Morgen, ihr Schäflein“ hinterher zu rufen.
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  • Day 185

    Ein Nachmittag am See

    August 4, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 10 °C

    Eher aus der Not heraus bin ich hier am Lake Mangamahoe zwischen Stratford und New Plymouth gelandet. Mein ursprünglicher Plan sah vor, in Richtung Mount Taranaki, einem Stratovulkan, zu fahren und dort ein wenig zu wandern. Aber der Winter macht mir einen Strich durch die Rechnung. Die Straßen sind aufgrund von Schnee und Glatteis gesperrt. Kein Durchkommen.

    Ich werfe einen Blick in meine Camperapp und schaue, was andere Reisende in der Gegend so empfehlen, und so entdecke ich den See. Ich habe gerade meinen Van geparkt, da bricht die Sonne durch die Wolken. Ich schlüpfe trotzdem in Regenhose und Jacke und mache mich auf Erkundungstour. Es gibt einige Wege, die in den dichten Wald hinein führen und ich folge einem davon. Dabei achte ich peinlich genau auf meine Umgebung, auf Wiedererkennungszeichen am Wegesrand etc. Ich bin ein bisschen paranoid. Habe in den letzten Tagen zu viele Youtubevideos gesehen, in denen Leute sich im Outback oder im Grand Canyon verlaufen und tagelang ohne Wasser und Nahrung herumirren und erst gefunden wurden, als sie dem Tod näher waren als dem Leben. Also bleibe ich schön in der Nähe des Autos!

    Als ich schließlich wieder zurück bin, regnet es erneut. Ich habe keine Lust, weiterzufahren. Ich kuschel mich lieber mit einem Buch in meine Schlafsäcke und genieße die Aussicht auf den See. So verbringe ich den Nachmittag und fahre erst später zu einem Campingplatz, um dort men Nachtlager aufzuschlagen.
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