• JRonTour
May – Aug 2025

Nord-Süd-Trail 2025

🇩🇪 Einmal durch Deutschland von Nord nach Süd…
🇺🇸 Through Germany from North to South...
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  • Tag 73: Sankt Martin - Annweiler

    July 15 in Germany ⋅ ☁️ 19 °C

    Der heutige Tag war bzgl. Höhenmetern identisch zu gestern. Hatte nicht ganz damit gerechnet, aber gut. Dafür war die Luft heute dicker als gestern. 😊 Es kam mir so vor, als würde eine Dunstglocke über mir sein, die die feuchtwarme Luft über mir hält.
    Gleich zu Beginn kommen dazu die unzähligen Kurven hinauf zum Schwalbenfelsen. Mission geschafft: Wanderer komplett nass. Gut, dass es danach erstmal flach weiter geht. Am Triefenbach führt der Weg idyllisch zum Hilschweiher, frei nach „über 7 Brücken musst du gehen“ im steten Wechsel auf der linken oder rechten Seite. Am Hilschweiler kommt kurzes Pragser Wildsee Gefühl auf, auf dem See treiben ein paar Ruderboote, nur die Berge im Hintergrund fehlen. Ich hoffe, mit diesem Vergleich fluten nicht 1.000 Influencer den See. 😜
    Schon von weitem höre ich, dass an der St. Anna Hütte was los ist. Und tatsächlich stolpere ich in die Wallfahrt. Da ist hier oben einiges los. (https://www.annakapelle.de/wallfahrt.html) Zum Einkehren ist mir zu viel los. Ich genieße die absolut geniale Aussicht von der Kapelle und gehe weiter. Wenig später zweigt der NST vom Pfälzer Weinsteig ab, um der Walddusche in Gleisweiler die Ehre zu erweisen. Ich wähle die andere Variante und bleibe auf dem Weinsteig.
    Die Trifelsblickhütte hält, was sie verspricht. Die Aussicht auf die Burg ist himmlisch. Dahinter stapeln sich unzählige Pfälzer Berge. Ich nehme das übliche und ein älteres Paar lädt mich an ihren Tisch ein. Wir kommen länger ins Gespräch. Sie sind total begeistert von meiner Wanderung. Als ich gehe, höre ich nur im Hintergrund, wie sie anderen Anwesenden davon erzählen. Unweit der Hütte endet Kilometer 2.800. 🥰
    Beide Varianten vereinen sich wieder an der Landauer Hütte. Einmal um den Orensberg führt der Weg zum Orensfels. Dieser Fels ist ein absolutes Muss im Pfälzer Wald, er bietet eine Aussicht auf das Dreigestirn von Burg Trifels, Anebos und Scharfenberg. Alle drei werde ich morgen passieren.
    Die letzten 11 Kilometer haben es dann noch mal in sich. Es geht hinab nach Dernbach. Von da nach Eußerthal, Gräfenhausen und final nach Annweiler. Allerdings befindet sich dazwischen jeweils ein saftiger Anstieg, der auf der anderen Seite auch wieder hinab gestiegen werden muss. An der Holderquelle treffe ich auf eine junge Wandererin. Ich spreche sie an. „No German.“ Auf Englisch kommen wir ins Gespräch. Hailee ist Australierin und wandert gerade den NST inoffiziell. Sie ist vor einigen Tagen in Kirchheimbolanden gestartet und will den Trail bis zum Ende gehen. Wir verlieren uns in Wandertalk. Irgendwann muss ich aber weiter.
    Vom Krappenfelsen hat man noch mal eine geniale Aussicht auf Annweiler mit der hoch darüber aufragenden Burg Trifels. Der Trail führt durch die hübsche Altstadt. Bevor ich zum Naturfreundehaus gehe, gönne ich mir noch eine 40 cm Pizza. Nicht, dass ich heute Nacht noch Hunger bekomme. 😜
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  • Tag 74: Annweiler -Schweigen-Rechtenbach

    July 16 in Germany ⋅ ⛅ 18 °C

    Vorausschauend habe ich die Öffnungszeiten der Burg Trifels nachgesehen, so spare ich mir einen unnötigen Anstieg ganz zum Sonnenberg rauf. Dieser wird heute Morgen seinem Namen gerecht, er wird in schönes Sonnenlicht getaucht. Vom Naturfreundehaus war es ein ordentlicher Anstieg, der sich weiter fortsetzt. Da ich mich hier auskenne, mache ich noch einen kleinen Schlenker zum Anebosfels, da von dort der Blick auf die Burg Trifels genial ist. In der Nähe befindet sich auch ein Aussichtspunkt mit Blick auf Fensterfels, Münzfels und Scharfenberg.
    Berauscht von dieser Natur geht es rüber zur Burgruine Neukastel. Die Sicht auf die Rheinebene ist genial. Gerade als ich die beachtliche Madenburg erreiche, fängt es an zu regnen. Erfreulicherweise nur leicht. Leider ist die Burg noch geschlossen. Als ich die Burg Landeck erreiche, stoppt der Regen. Zeit für Weizen und Kuchen. Leider fängt es gleich wieder an. Als ich die Burg verlasse, kommt mir ein Mann entgegen. Auf meinem Hinweg tummeln sich gerade zahlreiche Wildschweine, deshalb ist er auf die Straße ausgewichen. 🐗 Ich überlege, ob ich mal nachsehen soll, aber das ist mir dann doch zu riskant.
    Dann geht es eben doch wieder in Regenklamotten weiter. Als es stärker zu regnen beginnt, mache ich nochmals ne Wrappause in einem Unterstand oberhalb von Bad Bergzabern. Immer dann, wenn ich überlege, ob ich das Regenzeugs ausziehen soll, wird es wieder schlimmer. In Bad Bergzabern hört es kurz auf, aber kurz nach Dörrenbach kommt es eimerweise runter. Wenig später finde ich Unterschlupf an der Kolmerberg-Kapelle, da bin ich aber schon komplett durch. Dörrenbach ist ein idyllisches, kleines Weindörfchen. Irgendwann hört der Regen auf, es kommt sogar die Sonne durch.
    Vom Stäffelsbergturm gibt es eine mystische Stimmung, immer noch wird Regen quer geweht. Irgendwie kommt mir das alles hier bekannt vor, und ja, auch hier war ich schon mal. Ich erinnere mich an den steilen Aufstieg zur Ruine Guttenberg hoch, er hat in der Zwischenzeit leider nicht an Steilheit verloren. Von oben hat man eine herrliche Sicht auf die Vogesen. Darüber sieht das Wetter noch sehr dunkel aus.
    Von hier geht es nach Schweigen-Rechtenbach hinab. Ich laufe den Pfälzer Weinsteig bis zum südlichen Weintor zu Ende. Das südliche ist übrigens um einiges älter und attraktiver als das nördliche. Einen Abstecher zum Supermarkt wollte ich auch noch machen. Und dann mache ich mich auf die Suche nach Essen. Der geplante Imbiss hat leider zu, also noch mal durch das halbe Dorf. 🙈 Danach freue ich mich umso mehr auf meine Dusche.
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  • Tag 75: Schweigen-Rechtenbach- Karlsruhe

    July 17 in Germany ⋅ 🌙 19 °C

    Da ich wusste, dass heute ein kilometermäßig langer Tag ansteht, bin ich heute Morgen extra früh los. Um sieben stand ich schon beim Bäcker und habe drei Brötchen verdrückt. Leider musste ich die Berge der Pfalz heute hinter mir lassen. Diese werden übermorgen durch die Berge des Schwarzwalds ersetzt. Dazwischen ist es weitestgehend flach, die Rheinebene muss durchquert werden.
    Mit jedem Schritt werden die Berge im Hintergrund kleiner und kleiner. Zuerst laufe ich entlang von Streuobstwiesen, Erdbeerfeldern und Ackerbau. Nach Kapsweyer betrete ich den Bienwald. Darüber hatte ich schon einiges gehört: es kann viele Mücken geben, sehr langweiliger, quadratisch angelegter Wald. Mücken hatte ich nicht viele, dafür aber mal wieder meine geliebten Bremsen. 🤬 Und tatsächlich vermeidet der Weg die breiten Forstwege, sondern führt meist auf Single Trails. Leider sind diese an manchen Stellen total zugewuchert und ich kämpfe mich durch menschenhohen Farn. Auf dem Naturwaldpfad wird es teilweise sogar weglos. Dies liegt scheinbar daran, dass der Weg gesperrt ist, da aufgrund einer Pilzerkrankung die Bäume einfach so umkippen könnten. Leider steht der Hinweis erst am Ende. 🤷‍♂️
    Mehrere Stunden bin ich im Wald. Sobald ich Wörth am Rhein erreiche wird es deshalb Zeit für eine Stärkung: 500 ml Eis und 2 Colas. Bis zum Rhein ist der Weg nicht wirklich ansprechend. Er führt an einer vielbefahrenen Straße entlang. Der Rhein bildet hier die Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Passend zum Rhein wechsle ich auf den Rheinauenweg. Von dem habe ich auch schon mehrere Abschnitte gemacht. Persönlich kann ich die Rheinauen bei Karlsruhe empfehlen, auch wenn mein heutiger Abschnitt nicht die besten Abschnitte zeigt. Aber spannend ist der Abschnitt am Dampfkraftwerk vorbei, eine beeindruckende Anlage. In den Rheinauen vollende ich auch Kilometer 2.900, unglaublich.
    Auch das letzte Stück Richtung Karlsruher Hauptbahnhof weiß mich zu begeistern. Meist gehe ich auf dem Radweg entlang der Alb. Hier ist am späten Nachmittag sehr viel los, vor allem Radler zieht es hier lang. Ich komme am „Das FEST“ Gelände vorbei. Hier wird fleißig aufgebaut, da nächste Woche das Festival stattfindet. In einem Teich entdecke ich sogar Nutrias.
    Ich verbringe die Nacht bei guten Freunden in der Karlsruher Innenstadt. Meine Klamotten sind jetzt auch endlich mal wieder sauber. Das sollte doch fast bis ans Ende reichen 😜 Leider geht der Abend viel zu schnell zu Ende.
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  • Tag 76: Karlsruhe - Pforzheim (48,65 km)

    July 18 in Germany ⋅ ☀️ 22 °C

    Abende mit Herzensmenschen sind einfach unersetzlich. Da ich bei meinen Freunden schon nen Kaffee bekommen hatte, nahm ich mir beim Bäcker ums Eck nur zwei Riesen-Paninis auf die Hand mit. Diese habe ich dann gemütlich verschlungen (ist das jetzt ein Oxymoron?!), als ich den Weg durch die Stadt gelaufen bin, den ich gestern mit der Straßenbahn zurückgelegt habe.
    Eine Frau mit ihrem Hund spricht mich an und wir gehen ein paar Meter zusammen. Sie wollte mir unbedingt eine alternative Route nach Pforzheim vorschlagen, da es Unsinn sei, erst ein Stück nach Norden zu gehen. Da mag sie Recht haben, aber so verläuft halt der NST. Das wollte sie nicht verstehen.
    Ich war froh, als ich den Trubel der Stadt hinter mir lassen konnte. Meine Reaktionen werden langsam. Ein Reh schaut mich an, wie schon einige die letzten Wochen, aber ich bin mit der Kamera einfach zu lahm. Mist. 😜 Um Wolfartsweier und Durlach ist mir auch vieles zu bekannt, alles zu nah zur Heimat. Deshalb bin ich froh, als der Weg Kurs auf Pforzheim nimmt. Inzwischen habe ich auch ein Mittel gefunden, wie man mich stoppen kann, einfach sehr viele reife Brombeeren am Wegesrand platzieren. Ich komme aus dem Naschen kaum raus. Yummy.
    Die erste Hälfte verläuft größtenteils durch Wald, nichts Spektakuläres. Die zweite meist entlang von Streuobstwiesen und Weinbergen. Hier bieten sich regelmäßig geniale Fernblicke. Im Hintergrund erheben sich die ersten Hügel des Schwarzwalds. In Ellmendingen begegnet mir ein Mann auf der Suche nach seinem Hund. Auf meine Frage, ob er öfter davon läuft, meint er nur. Er hat eben was erlebt. Genaueres habe ich aber nicht erfahren.
    Die letzten Kilometer verlaufen durch Pforzheim. Die Stadt ist aus dem Auto heraus schon nicht schön, zu Fuß wird es nicht besser. Ab morgen beginnt der Westweg. Viele Teile habe ich sicherlich schon auf Tagestouren gemacht, aber so mehrere Tage am Stück wird ne andere Erfahrung. Ich freue mich drauf.
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  • Tag 77: Pforzheim - Langmartskopfhütte

    July 19 in Germany ⋅ ☁️ 19 °C

    Heute Morgen ist großes Treiben in Pforzheim, es ist Flohmarkt. Doch als ich an der Enz ankomme, bin ich wieder ganz alleine. Hier fließen Enz und Nagold zusammen. An der Nagold entlang geht es zum Startpunkt des Westwegs, die goldene Pforte. Hier endet auch der GPS Track des westlichen Abschnitts vom NST, ich lade den letzten Track NST Süd. Mein GPS Gerät zeigt mir eine verbleibende Länge von 702 km an. Da steht es schwarz auf weiß, krass.
    Außerdem treffe ich an der Pforte einen anderen Wanderer, der den Westweg läuft. Er meint, am Parkplatz wäre eine Menge los. Das mag erklären, dass in Dobel alles ausgebucht war. Aber auf der Strecke bin ich komplett alleine. Zwischen Pforzheim und Neuenbürg laufe ich an der friedlich dahinplätschernden Enz entlang. Ich stelle mir die Frage: „Will ich, dass der Weg endet?“ Ich komme zu einer zweischneidigen Antwort. Ja klar, ich möchte endlich wieder mehr Zeit mit meiner Liebsten und meiner Familie und Freunden verbringen. Außerdem ist es ja körperlich schon ein wenig fordernd. 😜 Auf der anderen Seite könnte ich ewig so weiter marschieren, nicht auf deutschen Premium-Wohlfühl-Wegen sondern gerne etwas mit mehr Thrill, aber letztes Jahr habe ich die Entscheidung getroffen, dass ich so etwas viel öfter machen will. Wie immer hat auch diese Frage zwei Seiten.
    Mir kommt ein Wanderer, Jochen aka Gonzo, entgegen und ich sage irgendwas Saloppes. Da dreht er um und sagt, ich begleite dich noch ein Stück. Und als wir dann an ner Hütte vorbei kommen, bietet er mir ein Getränk an. Er organisiert ein 24h Wanderevent für den lokalen Schwarzwaldverein Straubenhardt. Und natürlich interessiert er sich auch für meine große Wanderung. Später an der Schwanner Warte treffe ich ihn noch mal kurz. Davor wird aber das Neuenbürger Schloss erklommen, wieder ins Tal abgestiegen und dann geht es Meter für Meter bergauf zur Warte. Der Anstieg geht weiter bis auf den Heuberg, den höchsten Berg des Enzkreises.
    Da ich heute Abend keine Lust habe, in der Hütte was zu kochen, nutze ich Soulboy‘s Empfehlung und mache in Dobel einen Abstecher zum Imbiss First Kitchen. Der Cajun Burger mit Ananas und Jalapeños war genial, man merkt, dass sie die Saucen selbst machen. Ich hatte nur ein Problem: wie komme ich voll gefressen den Berg hoch?! 😜
    Der Himmel wird immer dunkler, es könnte bald ein Gewitter kommen. Aber auf den nächsten Kilometern komme ich an zahlreichen Hütten vorbei, wo ich mich zur Not unterstellen könnte. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke Richtung Rheinebene, allerdings ist alles ziemlich dunkel und die Sicht dadurch nicht so genial. Kurz vor der Hahnenfalzhütte beginnt es tatsächlich zu tröpfeln, aber ich bleibe optimistisch und lasse das Regenzeug weg. Und tatsächlich wird es nicht stärker und hört auch wieder auf, als ich meine Bleibe für die Nacht erreiche. Schade, die Natur bräuchte es.
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  • Tag 78: Langmartskopfhütte - Mummelsee

    July 20 in Germany ⋅ 🌧 19 °C

    Ich sitze gestern Abend noch so in der Hütte und sinniere vor mich hin. Was ist denn dieses Kratzen? Als ich mich in meinen Schlafsack lege und so auf die Deckenbalken schaue, schauen mich mehrere große Augenpaare an. Hier wohnen im Dach wohl einige Siebenschläfer, ich bin die Nacht also doch nicht alleine. 🥰 Aber die süßen Dinger haben mein Gepäck in Frieden gelassen.
    Ich habe erstaunlich gut geschlafen. Dennoch war ich recht früh wach. Also konnte ich kurz nach 7 aufbrechen. Leider war ich vieeeel zu früh für das Infozentrum Kaltenbronn, die schlafen so früh morgens noch tief und fest. Der Aufstieg zum Hohlohsee mit seinem Moor weckt meine müden Geister. Von dort bin ich gleich am Hohlohturm. Dieser markiert auch Kilometer 3.000! 🎉🥰
    Über den Latschig Pavillon geht es in zig Kehren steil nach unten. Oberhalb von Gausbach treffe ich ein wanderndes Pärchen. „Bist auf dem Westweg unterwegs?“ „Nein, ich wandere einmal komplett von Nord nach Süd durch Deutschland.“ „Auf dem NST?! Du bist der erste Wanderer, den wir treffen.“ Er hat Soulboy‘s Wanderung auf YouTube verfolgt und ist total begeistert.
    Am Bahnhof Forbach wartet Patricia, eine Freundin von mir, die mich die restliche Strecke zum Mummelsee begleitet. Nach ner kurzen Pause beim Bäcker geht’s los. Und gleich richtig. Der Aufstieg zur Wegscheid-Hütte hat es in sich. Und wie soll es anders sein, danach geht es runter zur Schwarzenbach-Talsperre. Aktuell führt der See relativ wenig Wasser. Kein Wunder, so wenig, wie es die letzte Zeit geregnet hat. Damit wir nicht frieren, geht es noch steiler als zuvor hoch zum Seekopf und dann weiter zur Badener Höhe mit dem Friedrichsturm. Genau diesen Abschnitt bin ich vor ein paar Monaten exakt so gelaufen. Vom Turm sieht man in der Ferne schon das aufziehende Gewitter.
    Wir fahren weiter Achterbahn. Runter nach Sand, hinauf zum Hochkopf. Wieder runter nach Unterstmatt und dann final hoch zur Hornisgrinde. Gut, dass ich mich hier auskenne und das Wanderheim Ochsenstall schätze, der perfekte Ort für eine Stärkung. Die Schwarzwälder Kirschtorte hat es in sich, da merke ich fast die letzten Meter hoch nicht mehr. 😜 Das Plateau der Hornisgrinde ist geprägt von seinem Hochmoor. Bei klarer Sicht hat man einen perfekten Blick über die Rheinebene in die Vogesen. Direkt unterhalb liegt mein heutiges Ziel, der Mummelsee.
    Erstaunlicherweise blieben wir heute trocken. Aber beim Abendessen öffnet sich der Himmel und es regnet. Gerne darf es heute Nacht viel regnen, damit es morgen trocken bleibt. 😊
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  • Tag 79: Mummelsee - Freiersberg

    July 21 in Germany ⋅ ⛅ 19 °C

    Heute und morgen sind heftige Regenschauer vorhergesagt. Deshalb habe ich mich bemüht, das komplette Frühstücksbuffet zu leeren, habe es aber nicht ganz geschafft. Ob dies ein schlechtes Omen bzgl. Wetter ist?! 😜
    Tatsächlich bin ich bei komplett grauem Himmel gestartet, in allen möglichen Schattierungen. Direkt am Hotel wird das hauseigene Holzofenbrot gebacken. Der Schornstein hat ganz schön geraucht. Ich dachte, die räuchern den Wald. 🤣 Der Weg heute Wasser insgesamt sehr zahm und teilweise monoton zu gehen. Zu Beginn ahne ich noch nichts davon, vorbei am Seibelseckle marschiere ich zur Darmstädter Hütte. Hier durch die Kernzone des Nationalparks führt der schmale Pfad durch sich selbst überlassenen Wald. Vom Wildsee ist aber von hier oben nicht viel zu sehen.
    Am Ruhestein steht das moderne Nationalparkzentrum. Patricia meinte gestern, dass es sehr lohnenswert ist. Aber so beim wandern ist mir nicht der Sinn nach Besuch. Also weiter Richtung Schliffkopf. Mir kommt der Weg hier bekannt vor. Da fällt mir ein, dass ich die Strecke vom Schliffkopf bis zum Lotharpfad schon mal gegangen bin. Der Lotharpfad ist ähnlich zum Kyrillpfad im Sauerland. Vor einigen Jahren hat hier Sturm Lothar gewütet, dessen Schäden man auf dem Pfad erleben kann.
    Inzwischen laufe ich viel auf breiten Forstwegen ohne große Abwechslung. Ab und zu bieten sich Ausblicke Richtung Rheinebene. Der Himmel möchte mein Gemüt erhellen, es zeigt sich immer mehr Sonne. Ich hadere mit mir: wenn ich mich jetzt eincreme, dann ändert sich das Wetter wieder. Und tatsächlich: irgendwann höre ich Donner, über mir ist der Himmel aber immer noch strahlend blau. Am nächsten Aussichtspunkt sehe ich eine Gewitterfront oberhalb von Oppenau.
    Nach meiner nächsten Pause ist das Gewitter schon näher, ich spekuliere aber, dass es vorbei zieht. Dennoch beschleunige ich meinen Schritt etwas. Im Gegensatz zum Wildsee vorher, habe ich auf den Glaswaldsee eine perfekte Sicht. Noch zwei Kilometer bis zum Freiersberg. Dort werde ich von Thomas abgeholt, meinem heutigen Trail Angel. Er hatte sich Ende Mai bei mir gemeldet und mich eingeladen. 300 m vor seinem Auto fängt es an zu regnen. Kaum habe ich im Auto Platz genommen, streckt mir Thomas eine Flasche rüber: „Darf es ein kaltes Bier sein?“ 🥰 Thomas und seine Frau Birgit sind perfekte Gastgeber. Da Thomas schon oft in den Pyrenäen wandern war, diese auch komplett überschritten hat, macht er mich mit seinen Erzählungen noch neugieriger, als ich es eh schon war. Danke dafür! 😊
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  • Tag 80: Freiersberg - Schonach

    July 22 in Germany ⋅ ⛅ 13 °C

    Ich laufe stoisch vor mich hin. Mein Blick ist auf den Boden gerichtet, damit ich nirgends ausrutsche. Die Haut meiner Hände ist aufgeweicht, als hätte ich drei Stunden gebadet. Der Regen trommelt auf meine Kapuze. Ich laufe nicht mehr auf Pfaden, sondern in kleinen Bächen, die den Weg hinab laufen. Dabei hatte heute Morgen alles so optimistisch begonnen.
    Thomas hatte recherchiert, dass der kleine Regenschauer noch durch muss, dann ist es erst mal geschafft. Als ich aus dem Auto aussteige, nieselt es nur schwach. Als ich am Harkhof vorbei komme, ist es tatsächlich komplett trocken. Doch wenig später fängt es richtig an und regnet heftig. Da fragt man sich dann doch mehrmals, warum man sich das freiwillig antut. 😜 Fragt mich bitte nicht, wie oft ich heute die Regenjacke aus- und wieder angezogen habe. Fotos mit dem Handy sahen teilweise wie verlaufene Aquarellbilder aus. Deshalb kommt immer wieder die Kamera aus der Tasche und zig mal wieder rein.
    Am Spitzfelsen oberhalb von Hausach hat man eine hübsche Sicht auf die Stadt mit der Burg Husen darüber. Thomas hatte mich auch vorgewarnt, dass es der Anstieg hinter Hausach in sich hat. Und tatsächlich wird der heutige Tag einer der anstrengendsten der bisherigen Tour, etwas mehr als 1.800 Höhenmeter kommen auf die Uhr. Unter anderem der wirklich steile Anstieg von Hausach auf den Farrenkopf, teilweise geht es da ohne Kurven auf den Berg hoch. Bis zum heutigen Ziel kommen noch weitere dieser Anstiege dazu.
    Am Huberfelsen befindet sich der Mittelpunkt des Westwegs, von da sind es in beide Richtungen 123 km. Hier war ich schon mal vor einigen Jahren, als ich den Zweitälersteig gewandert bin. Kurz vor dem Felsen erreiche ich Zielmarke 3.100. Nach einem weiteren steilen Anstieg auf den Karlstein werde ich oben zumindest mit einer genialen Aussicht und etwas Sonne, ja richtig gelesen, entlohnt. Tatsächlich klart es ein wenig auf. Die nächsten Kilometer zur Wilhelmshöhe geben mir dann auch eine der Antworten, warum ich freiwillig bei jedem Wetter mehrere Wochen am Stück wandere: der hübsche Wald wird durchsetzt von moosbewachsenen Bäumen, einfach idyllisch. Und es gibt einen süßen Getränkebrunnen. Kurz vor dem Ende kommt mir Daniel, mein heutiger Trail Angel entgegen. Da ich keinen Empfang hatte, konnte ich ihm nicht wie versprochen Bescheid sagen. Der Abend ist sehr kurzweilig. In den ersten 5 Minuten haben wir zahlreiche Trails identifiziert, die wir beide mögen und so gingen uns die Themen nie aus. 🥰
    Der heutige Tag hat mich wieder vieles gelehrt, aber vor allem eins: ich bin körperlich und mental so stark, dass mich nichts mehr vom Erreichen des Ziels abbringen kann. Grenzstein 147 mache dich bereit.
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  • Tag 81: Schonach - Titisee (44,81 km)

    July 23 in Germany ⋅ ☁️ 16 °C

    Heute Morgen starte ich bester Laune. Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich tatsächlich wieder Sonnenstrahlen. Und dazu das leckere Frühstück bei Daniel und Andrea. So startet ein genialer Tag. Fast vergessen wir die Zeit.
    Je südlicher ich komme, desto Schwarzwald-typischer wird die Landschaft und die Häuser. Ich liebe diese riesigen Höfe. Am Anfang läuft der Westweg parallel zum Wasserweltensteig. Der reizt mich auch schon lange. Ich laufe auf einem schön angelegten Holzpfad übers Blindenmoor. Am Blindensee treffe ich auf ein Pärchen, das die nächsten 6 Tage auf dem Westweg nach Basel läuft.
    Zahlreiche Milane kreisen in der Thermik. Gut, dass es keine Geier sind, sonst hätte ich die Befürchtung, sie warten, bis ich auf dem Weg verende. 😜 Ich mache einen kleinen Schlenker zur Donauquelle, die hier oben entspringt. Unglaublich, dass aus so einer unscheinbaren Quelle ein so großer Fluss entspringt. Vorbei an den Günterfelsen, erreiche ich den Brend mit seinem Aussichtsturm. Von ihm kann ich schon den Feldberg in der Ferne sehen, den ich morgen überqueren werde. Den Feldberg sehe ich heute noch unzählige Male.
    So schön der Weg heute auch ist, er führt lange Stücke an der B500 entlang, man hat also oft Straßenlärm. Aber das hat auch was Gutes. Mein Magen knurrt schon eine Weile. Da kommt der Parkplatz am Lachenhäusle an der B500 gerade richtig. Dort esse ich den wahrscheinlich besten Burger des bisherigen Trips. Und dazu eine herrliche Aussicht.
    Auf dem Weg zum Thurnerpass hole ich ein belgisches Pärchen ein. Sie erkundigen sich, wo ich schlafe, weil sie unsicher sind bzgl der legalen Situation in Deutschland. Aber ich denke, ich konnte die Bedenken ausräumen. Mit jedem Gipfel komme ich dem Feldberg und damit meinem heutigen Ziel näher. Als ich die Sprungschanze Hinterzarten sehen kann, ist es nicht mehr weit nach Titisee.
    Meine gute Laune wankt kurz, als ich die Wettervorhersage der nächsten Tage sehe. Es soll schon wieder regnen. Leute, esst eure Teller leer. Ich will das nicht! 😂
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  • Tag 82: Titisee - Wiedener Eck

    July 24 in Germany ⋅ ☁️ 13 °C

    Als ich im Bett aufwache, höre ich starken Regen. Gleich denke ich mir, ich bleibe einfach den ganzen Tag liegen. 😜 Aber als ich dann los laufe, ist es trocken. Zumindest für die nächsten zwei Minuten. Dann tröpfelt es leicht und ich denke mir, nein, ich bleibe im Trockenoutfit, hört eh gleich wieder auf. Am Ortsrand wird es dann doch so stark, dass ich alles weg packe inklusive mir. Und was habe ich gesagt: nach 10 Minuten hört es auf.
    Gestern aus der Ferne, heute ganz nah bewundere ich die Skisprungschanze oberhalb von Hinterzarten. Gleich nehme ich Kurs auf dem Feldberg. Am Häuslebauer gibt es am Getränkebrunnen so viel Auswahl, da muss ich einfach was nehmen. Kurz vor dem Feldsee biege ich auf einen steileren Pfad ein. Dieser bringt mich durch idyllischen Wald hinauf zum Feldberg-Plateau. Hier oben wechseln alle paar Minuten die Konditionen. Das gibt schöne Bilder. Ich gehe nicht direkt zum Gipfel, sondern biege noch mal auf den Seebuck ab. Auf dem war ich noch nie. Die wollen echt 8€ für den Turm?! Na gut. Leider habe ich oben nur kurz Sicht, dann zieht alles zu und ich stehe in den Wolken. Ich bleibe ewig auf dem Turm, um doch noch mal freie Sicht zu bekommen, aber Fehlanzeige.
    Über den Feldberggipfel marschiere ich zur St. Wilhelmer Hütte. Zeit für Essen, aber Lust auf Wraps habe ich nicht. Meine Lust siegt über den Verstand. Denn ich weiß, ich werde es beim Weitergehen bereuen. Ich bestelle Käsespätzle und ne Schwarzwälder Kirschtorte. Die kommenden Kilometer führen meist auf Fahrwegen durch den Wald. Es bieten sich aber immer wieder hübsche Aussichten.
    Kurz vor meinem heutigen Ziel, dem Wiedener Eck, eröffnen sich in alle Richtungen nochmal geniale Blicke. Sogar die Vogesen erspähe ich. In der Ferne ist der Himmel ganz dunkel, der sich später sogar mit Hagel entlädt. Vor dem Abendessen nehme ich noch eine Runde Sauna mit. Zum Abschluss des Tages verwöhne ich mich mit einem über leckeren 4-Gänge-Menü.
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  • Tag 83: Wiedener Eck - Lörrach

    July 25 in Germany ⋅ ⛅ 17 °C

    Fast hätte ich mit dem Satz beginnen können „Täglich grüßt das Murmeltier“. Aber nur fast. Heute habe ich beim Frühstück den Platz mit der direkten Sicht aufs Tal und somit das Wetter. Und es hat gut geregnet. Wie gestern. Als ich die Unterkunft verlasse war es für zwei Minuten trocken, wie gestern. Dann begann es mal mehr, mal weniger stark zu regnen, wie gestern. Aber es hat eine sehr lange Zeit nicht mehr aufgehört, nicht wie gestern. Und ich bin anders damit umgegangen. Ich habe nie meine Regenjacke angezogen.
    Über den alpinen Steig geht es hinauf Richtung Belchengipfel. Kurz bevor ich den Gipfel erreiche, macht der Weg eine Biegung zum Belchenhaus. Die Berge von gestern hängen in dunklen Wolken. Vom Belchenhaus hat man ein geniales Panorama des Alpenhauptkamms, aber nicht heute. Der Belchengipfel hängt in den Wolken, die letzten Meter Aufstieg kann ich mir damit ersparen. Durch das Nebel- und Wolkenmeer steige ich ab. Dabei hole ich einen älteren Herrn ein, mit dem ich mehrmals ein Stück wandere. Er wohnt im Kinzigtal und wandert bis Basel.
    Wir verlieren uns mehrmals, z.B. als ich meine Essenspause mache, aber dann hole ich ihn später wieder ein. Am Kreuzweg vollende ich Kilometer 3.200. Oft führt mich der Weg auf schmalen Pfaden durch hübschen Wald. An der Egerten-Hütte habe ich kurz einen Moment von Star-Gefühlen. In der Hütte treffe ich 20 Schüler:innen im Alter von vielleicht 10-12 Jahren und 4 Betreuer. Es handelt sich um eine Trekkingklasse aus Donaueschingen (https://www.trekkingklasse.de), die den kompletten Westweg in 16 Tagen gehen. Die Klasse hat sogar für diese Zeit die Handys abgegeben. 👍 Wir haben ein Bild mit dem Führungsteam gemacht und dann durften mir alle Fragen stellen. Plötzlich war ich von ganz vielen Neugierigen umgeben. In deren heutigem Tagesbericht habe ich sogar einen extra Abschnitt bekommen.
    Aber ich muss weiter auf den Blauen. Auch der ist komplett in den Wolken, keine Aussicht. Doch später von der Sausenburg steht der Gipfel vor blauem Himmel, zumindest kurzzeitig. Immerhin bekomme ich von der Burg herrliche Wolkenbilder. Kurz vor Kandern kommt die Sonne raus, kaum zu glauben. Die bringt mir noch bessere Laune. Scheinbar wurde meine Kamera doch ein wenig feucht heute. Denn als ich die beeindruckenden Felsen der Wolfsschlucht fotografieren wollte, merke ich, dass das Objektiv beschlagen ist. Also doch mal aufs Handy zurückgreifen.
    Nach Hammerstein rollt doch noch mal ein heftiges Gewitter ran. Ich komme gerade an einer Scheuemne vorbei und kann mich unterstellen. Heftige Regenmengen kommen runter. Nach 15 Minuten lässt der Regen nach, ich laufe weiter. Die nächsten Kilometer begleitet mich aber immer noch Donnergrollen. Oberhalb von Lörrach steht die hübsche Burg Rötteln. Da ich recht spät dran bin, ist der Eingang schon geschlossen. Hier ist einiges los, es sind Burgfestspiele. Von der Burg ist es nicht mehr weit zu meiner nächtlichen Bleibe.
    Zum Schluss noch ein kleiner Ausblick: am Donnerstag erreiche ich den Bodensee, wo dann am Freitag für die letzten Tage meine Freundin noch mal dazu kommt! 🥰
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  • Tag 84: Lörrach - Wehr (34,62 km)

    July 26 in Germany ⋅ 🌧 19 °C

    Heute war ein gemütlicher Tag. Auf dem Weg zum Wiedereinstieg am Westweg gehe ich zum Bäcker, mal wieder Leute gucken. Die Verkäuferin wundert sich, dass ich zum Frühstück zwei belegte Brötchen und nen Kuchen essen will. Zugegeben, das macht mich dann auch drei Stunden satt. 😜 Gleich zu Beginn treffe ich eine andere Wanderin: Lydia, auch aus Heidelberg. Sie hat schon den PCT gemeistert und andere kleinere Wege und war die vergangenen 11 Tage auf dem Westweg unterwegs. Vor lauter Trail Talk verpasse ich fast die Abzweigung, an der ich den Westweg verlasse.
    Es geht einmal schnurstracks nach Lörrach runter, durch die Stadt und auf der anderen Seite wieder hoch. Gestern Abend hatte ich von drüben den Blick auf diese Seite, heute umgekehrt. Auf meist schmalen Pfaden geht es durch Wald. Dazwischen auf Radwegen vorbei an Feldern und Streuobstwiesen. Immer wieder kann ich Richtung Schweiz und nach Norden zu den Erhebungen des Schwarzwalds blicken. Überall hängen tief dunkle Regenwolken, nur über mir ist ein kleines Stück blauer Himmel.
    Höchster Punkt ist heute der Hohe Flum Turm. Auch wenn ich keine komplett freie Sicht habe, ist die Aussicht von hier oben aufs Wiesental schön. Bei klarer Sicht hat man sicherlich Alpenpanorama. Ich frage mich, wann diese ganzen Wolken ihre Schleusen öffnen werden. Der Tag verläuft schön unspektakulär, Zeit zum Durchatmen.
    An der letzten Hütte vor Wehr trinke ich noch mal was. Kaum habe ich diese verlassen, fallen die ersten Regentropfen. Unbeirrt laufe ich weiter, rechne jederzeit damit, dass es gleich aus Eimern regnet. Doch als ich die Stadt erreiche, hat es schon wieder aufgehört. Ich gönne mir drei Kugeln Eis, während ich zur Unterkunft gehe. Während ich diese Zeilen schreibe, ist der Himmel wieder komplett gewittrig eingefärbt und es fängt an zu regnen. Gerne die ganze Nacht, sofern es morgen früh aufhört.
    Ich freue mich schon auf die kommenden drei Tage Schluchtensteig. Die ersten beiden Etappen habe ich vor etlichen Jahren mal gemacht, ein überaus genialer Wanderweg. Ich bin gespannt, was mich erwarten wird.
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  • Tag 85: Wehr - Klosterweiher (37,59 km)

    July 27 in Germany ⋅ 🌧 13 °C

    Ich hatte ja hohe Erwartungen an den Schluchtensteig und er hat abgeliefert, aber sowas von. Ans Wetter hatte ich keine Erwartungen und ich wurde positiv überrascht. Stellt euch vor, irgendwann habe ich sogar Sonnencreme benötigt. Unglaublich! 😜
    Von Wehr folge ich dem Fluss Wehra bis zu seiner Quelle. In der Stadt führt ein angenehm zu gehender Weg am Fluss entlang bis zur Staumauer. Der Wehra-Stausee ist von bewaldeten Bergen umgeben. An einer der Flanken wandere ich auf einem schmalen Pfad Schritt für Schritt Meter für Meter immer höher. Immer wieder plätschern kleine Bächlein über moosbewachsene Steine Richtung Stausee.
    Ich wechsle auf die andere Seite des Tals und steige durch den Hagenmattgraben weiter hinauf. Meist gehe ich auf einem Pfad direkt an der Kante entlang. Wunderschön. Hier kommen mir heute einige Wanderer entgegen. Mal sehen, ob es morgen auch voller ist oder nur am Sonntag. Oberhalb von Todtmoos steht eine Reha-Klinik der deutschen Rentenversicherung, imposanter Bau. Beste Lage. Weithin sichtbar erhebt sich die Wallfahrtskirche über Todtmoos. Heute ist hier einiges los, es findet „Hamburger Fischmarkt on Tour“ statt. Original Marktschreier aus Hamburg bieten laut ihre Waren an. Dazu noch so ein Billig-Klamotten-Markt.
    Viel wohltuender für meine Seele ist dann schon Hohwehraschlucht. Hier plätschert die Wehra als Bächlein über Stock und Stein, einfach nur idyllisch. Ich kann förmlich das Moos und das frische Wasser riechen. Der darauf folgende steile Anstieg zur Wehra-Quelle ist da weniger angenehm. Als ich wenig später den Wald verlasse, höre ich schon Donnergrollen. 7 km vor Ende des Tages beginnt ein Wettlauf mit dem Wetter. Wer wohl gewinnen wird?!
    Tatsächlich fängt es ziemlich bald an zu regnen. Ich komme gerade auf einer Weide an einem großen Baum vorbei, der perfekt Schutz bietet. Ich kann mich trocken unterstellen. Da sehe ich, dass in einer Einbuchtung im Stamm über mir ein Wespennest ist. Aber die verhalten sich friedlich. Der Regen geht nicht lange. 5 Minuten später kommt wieder ein kleiner Regenschauer, auch hier bietet mir ein Baum Schutz. Weiter geht’s. An einem Aussichtspunkt in die Schwarzwälder Bergwelt sehe ich, wie dort alles schwarz ist und heftig regnet. Leider kommt diese Front immer näher. Und ich muss gerade jetzt eine Weide kreuzen. Warum stehen viele dieser Rinder entlang des Wegs? Und warum die Kälber auf dem Weg? Ich habe ja keine Angst vor Kälbern, will aber vermieden, dass Mama meint, sie muss ihre Kalb verteidigen. Aber erst als ich jeweils ein Meter vor dem Kalb stehe, bewegen sie sich weg. Als dann noch der Macho der Herde mit seinen übergroßen Eiern auf mich zugeht, verlasse ich den Weg und mache einen großen Bogen. 🙈 Der Himmel ist inzwischen schwarz. Aber gerade als es anfängt zu regnen, steht da ein überdachter Infostand über den Schluchtensteig. Dieses Mal ist der Regen super stark und länger. Nur noch 3 km bis zum Klosterweiher. Als die Sonne raus kommt, bekomme ich gute Laune. Das Wetter hat mich nicht erwischt. Aber ich sehe, dass es nur eine kleine Lücke ist, danach kommt schon die nächste dunkle Front. Und tatsächlich fängt es 500 m vor der Unterkunft wieder an. Es wird wieder heftig, so dass ich mich 100 m vor der Unterkunft noch mal kurz unterstelle und komme dann final doch nass an, wenn auch nur oberflächlich. 🙈
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  • Tag 86: Klosterweiher - Schattenmühle

    July 28 in Germany ⋅ 🌙 13 °C

    Was hat mir eben die Bedienung gesagt? Diese Wetterfront soll bis 06. August anhalten?! Hoffen wir mal nicht. So langsam kann ich alle verstehen, die letzten Sommer reihenweise den Nord Süd Trail abgebrochen habe, als es nur geregnet hat.
    Ich starte heute Morgen in voller Regenmontur. Als ich aber einen Schritt vors Haus setze, ist es trocken. Also gleich wieder weg Kamera raus. Nach ein paar Metern passiere ich Kilometer 3.300. 🍾 Dort befindet sich auch ein Alpenausblick. Heute aber nur schön dampfende Wälder. Natürlich gehe ich trotz schlechter Sicht auf den Lehenkopfturm. Gar keine so schlechte Aussicht. Beschwingt erreiche ich St. Blasien. Schon aus einiger Entfernung dominiert der kolossale Dom die Sicht. Wow, was für ein Brummer. Ich will nen kurzen Abstecher zum Supermarkt machen, meine Tagesvorräte sind fast leer. Doch den Supermarkt gibt es nicht mehr. Panik steigt in mir auf. Was esse ich nun die kommenden 3 Tage tagsüber?! 😱 Beim Bäcker löse ich dieses Problem für heute. Morgen habe ich ein Wanderpaket. Gut, dass ich das nicht abbestellt habe. Am Ortsausgang von St. Blasien fängt es dann zu regnen an. Gerade in der idyllischen Windbergschlucht. Typisch Schluchtensteig mit schönen moosbewachsenen Felsen und zahlreichen kleinen Wasserfällen. Danach wird der Regen heftig. Und der Weg steigt gut an. Ich bin also außen und innen nass.
    Der Weg wird aufgrund von Holzarbeiten umgeleitet. Hier fehlt die Kamera nicht, bis zum Schluchsee ist wenig zu sehen außer Forstwege und Wald. Als es abwärts geht und mein Körper sich abkühlt, wird mir richtig kalt. Vom mit Stöcke laufen läuft mir teilweise Wasser in den Ärmel. 🙈 Obwohl es die letzte Zeit doch ordentlich geregnet hat, ist der Schluchsee immer noch sehr niedrig. Erst als ich den Bildstein erreiche, hört der Regen auf. Dafür ist alles von Wolken eingehüllt, es gibt keine Sicht.
    Auf dem Weg nach Lenzkirch verlegen sie gerade irgendwelche Kabel, der matschige Weg ist komplett gesperrt. Aber eine Umleitung haben sie nicht ausgeschrieben. Na dann gehe ich eben durch. Wenn ich da jetzt ausrutsche, gibt es ne Sauerei. 🙈 Aber es geht alles gut. Am unteren Ende haben sie auch ne Umleitung angegeben. Na toll! 👍 Aber es kommt ganz leicht die Sonne raus. Außerdem entdecke ich in Lenzkirch noch einen Supermarkt, perfekt.
    Und das Sahnestück des heutigen und morgigen Tages kommt ja noch, die Wutachschlucht. Ich könnte ausrasten, die Kamera dauerhaft im Anschlag halten. Ich kenne zwar schon den morgigen Teil, bin aber dennoch hin und weg. Einer meiner absoluten Lieblingsabschnitte des ganzen Trails. Ich habe einzig das permanente Auf und Ab am Ende unterschätzt, da komme ich dann doch noch mal aus der Puste.
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  • Tag 87: Schattenmühle - Watterdingen

    July 29 in Germany ⋅ ☁️ 15 °C

    Heute bin ich nur vom Schwitzen nass geworden, das Wetter und ich machen Fortschritte! 😂 Außerdem war heute ein Tag des Hungers und vieler netter Begegnungen. Aber von vorne. Das Frühstück war für eine Wanderunterkunft mickrig. Gut, dass es noch ein Wanderpaket mit gab. Ich habe mit zwei Wanderern gequatscht, die auch den Querweg wandern. Heute habe ich sie nicht mehr gesehen, evtl. morgen noch mal.
    Die Wutachschlucht ist einfach super genial. Durch die ganzen Niederschläge plätschern am Wegesrand zahlreiche kleine Bäche entlang, es gab zwei Wasserfälle, mächtige Felswände und einiges mehr. Einziger Wermutstropfen: es war der bisher meist frequentierte Wanderabschnitt. Als ich die Wutachmühle erreiche, falle ich über das Essenspaket her.
    Direkt vor Blumberg komme ich noch am hübschen Schleifenbachwasserfall vorbei. Nur der Weg ist durch den Matsch sehr rutschig. In Blumberg halte ich mich nicht lange auf und kämpfe mich die letzten Meter zum Buchberg hinauf. Von hier oben gibt es ein prächtiges Panorama und tatsächlich zeigt sich die Sonne! 🌞 Als ich weitergehen will, fragt mich ein Wanderer, Klaus, aus der Hütte, welchen Weg ich gehe. Als er hört, dass ich den Nord Süd Trail mache, ist er total aus dem Häuschen. Er will den nächstes Jahr gehen. Wie geil das wir uns treffen. Da er aus der Nähe der Schwanner Warte kommt, kennt er auch Gonzo, der mich damals an der Enz auf ein Getränk eingeladen hat. Liebe Grüße! 😊
    Kurz danach trennen sich der Schluchtensteig und Querweg und ich folge nun dem Querweg. Der Querweg verbindet Freiburg mit dem Bodensee. Oberhalb von Epfenhofen kann man die Bahnstrecke der Sauschwänzlebahn überblicken. Die Landschaft ist wieder komplett anders als die letzten Etappen auf dem Schluchtensteig. Angenehme Abwechslung. Oberhalb von Tengen bietet sich ein geniales Panorama. Das Hegau liegt zu meinen Füßen. Ein Paar sitzt auf der Bank und spricht mich an. Wir reden ein paar Minuten über meine Wanderung und kommen ins Philosophieren. Kurz vor Watterdingen kommen mir noch zwei Frauen entgegen, die mich auf mein Gepäck ansprechen. Die eine ist am Ende so begeistert, dass sie sich gleich mal nach Trail Angeln erkundigen will und sich evtl. selbst anmeldet. Von hier muss ich nur noch in den Ort hinab steigen.
    Mit einem Bärenhunger trotz eines weiteren Snacks zwischendurch komme ich an. Ich stelle fest, dass hier keine Essensoption offen hat, also brauche ich die Vorräte in meinem Rucksack auf, die brauche ich eh nicht mehr.
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  • Tag 88: Watterdingen - Singen (40,50 km)

    July 30 in Germany ⋅ 🌙 15 °C

    Ich habe das Hegau unterschätzt, sowohl landschaftlich als auch bezüglich der Höhenmeter. Das Hegau wird auch als Burgen- und Vulkanlandschaft bezeichnet, da viele seiner Kegelberge vulkanischen Ursprungs mit Burgen gekrönt sind. Schon gestern konnte man diese Berge teilweise von Tengen aus in meinen Bildern sehen.
    Als ich von Watterdingen wieder auf den Weg komme, bewundere ich einige dieser Kegelberge, nichtsahnend, dass ich sehr viele davon heute erklimmen werde. Von hier kann ich auch schon in der Ferne den Bodensee sehen. Und hey, ganz schwach sehe ich die Silhouette der Schweizer Berge. Die zwei Schalen Porridge halten genau eine Stunde, bevor sich in meinem Magen ein tiefes bärenähnliches Grummeln bemerkbar macht. Also schnell in Engen den nächsten Supermarkt mit Bäckerei ansteuern. Ich bestelle unschuldig zwei Riesenbrötchen und einen Mangokuchen. Der Mann neben mir schaut mich musternd von oben bis unten an: „Ist das alles für dich?“ Als ich ihm erklärte, dass ich nach über 3.000 km noch mehr essen könnte, kamen wir noch ein wenig ins Gespräch.
    Wenig später schließe ich wieder auf die Jungs von der Schattenmühle auf, die ich heute noch mehrmals treffen sollte. Am ersten der Vulkankegel, dem Hohenhewen, realisiere ich, dass die Anstiege heftig sind und es heute doch anstrengender wird als gedacht. Aber dennoch geht es jeweils rauf bis zur Burg. Auf dem Hohenhewen gibt es auch noch einen Aussichtsturm. Beim Abstieg nehme ich eine Abbiegung nicht und befinde mich plötzlich auf dem Bike Track. Ganz schön rutschig mit dem Matsch. Aber irgendwie bleibe ich auf den Beinen.
    Als nächstes nehme ich den Hohenstoffeln in Angriff. Eigentlich liegt der Gipfel nicht auf dem Querweg, aber was sind schon 1,2 km extra. Oben sehe ich langsam Regen kommen. Und in der Tat beim Abstieg erwischt mich ein kleiner Schauer. Die nächsten beiden Burgen lasse ich auch nicht aus. Zu Fuß erobere ich den Mägdeberg und den Hohenkrähen. Zwischen Singen und mir befindet sich nur noch eine Burg. Da sich mein Tacho aber schon den 1.500 hm nähert, hab ich nicht wirklich Lust noch auf den Hohentwiel zu wandern. Und gerade als ich abbiegen müsste, nimmt mir der Trail die Entscheidung ab, es beginnt stark zu regnen. Ich nehme also Kurs auf Singen. In der Stadt wird der Regen sturzbachartig, sodass ich mich noch kurz unterstelle. Ich bin zwar schon gut nass, aber muss ja nicht komplett alles durchnässen.
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  • Tag 89: Singen - Sipplingen (37,91 km)

    July 31 in Germany ⋅ ⛅ 16 °C

    Gestern Abend habe ich die verbleibenden Tage organisiert. Damit ist das kommende Ende recht greifbar für mich, aber so richtig fassen kann ich es aktuell noch nicht. Aber dafür verbleiben ja noch einige Tage.
    Heute war ein Tag voller Begegnungen fürs Herz. Das erste Stück nach Singen verläuft wenig spektakulär durch Wald. Das einzig Erwähnenswerte: ich sehe Sonnenstrahlen. Das darf gerne den ganzen Tag so bleiben. Nach einem kurzen Supermarktsbesuch in Steißlingen erobere ich die Ruine Homburg. Das erste Mal habe ich eine richtig gute Sicht auf den Bodensee. Beim Abstieg gehe ich über einen Steg mit runden Holzpaneelen und denke mir nur, das könnte glatt sein. Und kaum habe ich einen Fuß draufgesetzt, liege ich wie ein Käfer auf dem Rücken und zappele mit allen vieren. 😜
    Um die Mittagszeit komme ich durch Liggeringen. Der Trail kommt direkt am Haus meines Cousins vorbei. Ich schaue kurz vorbei und bekomme Kuchen. Genug, um mich über den Berg zu bringen. Auf dem Plateau wähne ich mich kurz in einer Prärie. Hier werden Bisons gezüchtet. Von der Ruine Altbodman genieße ich die Aussicht auf den See. Ich kann sogar schon mein heutiges Ziel sehen.
    Aber dafür muss ich erst mal ein Stück um den See rum. Als ich Bodman erreiche, findet gerade eine Trauung unter freiem Himmel statt. Auf dem Bodensee-Rundweg wandere ich durch die Stockacher Aach Niederung nach Ludwigshafen. Hier tummeln sich auch zahlreiche Wasservögel. Am Ortsrand verlasse ich den Rundweg erstmal wieder. Es soll ja noch ein bisschen bergauf gehen. Der Abstecher lohnt sich. Meist gehe ich auf einen schmalen Pfad durch Wald, mitunter geht es schon mal steiler hoch und runter. An zahlreichen Stellen bietet sich ein herrliches Bodensee-Panorama.
    An der Zimmerwiese verlasse ich den Weg für heute, mein absolutes Highlight wartet in Sipplingen auf mich. Als ich in Neuseeland war habe ich Birgit und Günter auf einem Campingplatz kurz vor dem Ende meiner Wanderung kennen gelernt. Wenige Tage später habe ich die beiden dann nochmal zufällig beim Whale Watching getroffen. Scheinbar habe ich so nachhaltig Eindruck hinterlassen, dass sie mich zu sich eingeladen haben. Kulinarisch wurde ich umsorgt wie eine Gans, die gemästet werden soll. 🥰 Und dazu das Schwelgen in gemeinsamen Neuseeland-Erinnerungen, einfach schön, dass aus so einer flüchtigen Urlaubsbekanntschaft so eine herzliche Beziehung entstehen kann. Danke euch beiden von ganzem Herzen! ❤️
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  • Tag 90: Sipplingen - Friedrichshafen

    August 1 in Germany ⋅ 🌧 17 °C

    Nach einem reichhaltigen Frühstück mache ich mich auf den Weg. Zuerst geht es wieder zurück auf den Trail. Der einzige nennenswerte Auf- und Abstieg heute. Oberhalb von Hödingen befindet sich der gleichnamige Tobel, ein tiefer Taleinschnitt. Über einen schmalen Pfad geht es hinab nach Überlingen. Den restlichen Tag laufe ich nun fast immer direkt am See entlang.
    Heute ist richtig gutes Wetter, endlich startet der Tag mal mit Sonne. Aber schon bald tauchen am Horizont Gewitterwolken auf. Als ich zur Birnauer Basilika komme, ist der Himmel tiefdunkel. Ich denke mir, gleich geht es los. Aber irgendwie zieht die Front an mir vorbei, puh, Glück gehabt. So schön, wie der Bodensee Rundweg ist, allein ist man hier nie. Tausende Fahrräder rasen von hinten und von vorne an mir vorbei, natürlich alle mit e-Antrieb. Meine nächste Fernwanderung mache ich dann mit Exoskelett. 🤣
    Bei Unteruhldingen komme ich an den berühmten Pfahlbauten vorbei. Die ich aber nicht besuche, dafür ist mir zu viel los. Der Weg macht einen kurzen Schlenker durch die Meersburger Altstadt, sehr schöne historische Gebäude. Am Wegesrand ziehen sich nun wieder ewige Weinberge den Hang hinauf. Dazwischen erhebt sich eine Gedenkstätte für Kriegsopfer. Bei Hagnau sitzen viele Menschen in kleinen Weinlokalen und gönnen sich einen kühlen Wein. Ich hole mir da lieber ein großes Eis.
    Von Immenstaad bekomme ich nicht viel mit, es hat leicht angefangen zu regnen. Doch wenig später hört es schon wieder auf. Dennoch befinden sich ringsum dunkle Gewitterwolken. Der Weg zwischen Immenstaad und Fischbach läuft direkt neben der Straße, die Geräuschkulisse nervt etwas. Aus der Ferne sehe ich zwei Wanderer mit großem Gepäck. Vladi und seine Freundin laufen mit ihrem Sohn mehrere Tage im den Bodensee. Der Sohn fährt mit dem Rad nebenher. Sie sind total begeistert von meiner Wanderung und träumen von einem Jahr Auszeit. Wahrscheinlich sehe ich sie morgen noch mal.
    Am Ortsrand von Friedrichshafen holt mich doch noch das Gewitter ein, für wenige Minuten regnet es heftig. Erst überlege ich mir, genervt zu sein, doch dann sehe ich den Regenbogen über der Stadt, ein geniales Motiv. Ich bin besänftigt. Außerdem halte ich wenige Minuten später meine Freundin in den Armen. Was gibt es Schöneres?
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  • Tag 91: Friedrichshafen - Lindau

    August 2 in Germany ⋅ 🌧 15 °C

    Heute begegnet uns fast niemand, die Wege sind wie ausgestorben. Der Grund: es regnet die meiste Zeit ziemlich stark. Im Gegensatz zu den Tagen zuvor ist es nicht wechselhaft, sondern dauerhaft geschlossene Wolkendecke. Schon als wir den Bäcker verlassen, regnet es Bindfäden. Deshalb stellen wir uns direkt noch mal unter und wollen warten, ob es etwas geringer wird. Da wir ja nicht ewig warten wollen, brechen wir irgendwann auf und nehmen den Regen so hin.
    Von der gegenüberliegenden Seeseite ist leider nichts zu sehen. Auch sonst laufen wir einfach so vor uns hin. Auf der Brücke über den Fluss Schussen machen wir hinter Kilometer 3.500 einen Haken. Erst kurz vor Kressbronn hört es auf. Bis dahin sind wir beide komplett durch nass. Ich bin eigentlich bedient. Die letzten Tage haben ordentlich an meiner Laune gedreht. Aber zu zweit motivieren wir uns gegenseitig.
    Wenig später erreichen wir die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Wir befinden uns nun im letzten Bundesland auf dem NST. Es ist lustig. Zu Beginn gab es viele erste Male, nun immer mehr letzte Male. Von weitem fällt uns schon die Kirche von Wasserburg ins Auge. Die Gebäude auf der Wasserburger Landzunge sind auch von nah ein absoluter Hingucker.
    Im Lindenhofpark in Bad Schachen entdeckt Hang zahlreiche Steinpilze. Leider können wir diese nicht mitnehmen. Zu guter letzt drehen wir noch eine Runde über die Lindauer Insel. Hier bieten sich zahlreiche optische Attraktionen. Aktuell findet hier auch eine Hundertwasserausstellung statt, eine lange Schlange davor zeigt das große Interesse. Ist aber auch das Beste, was man bei so einem Wetter machen kann. Gerade als wir die Tür der Unterkunft schließen, fängt es draußen wieder zu regnen an.
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  • Tag 92: Lindau - Oberstaufen (47,25 km)

    August 3 in Germany ⋅ ☁️ 13 °C

    Heute war ein anspruchsvoller Wandertag. Am Ende stehen knapp 1.600 hm und 47 km auf der Uhr. Das Wetter war leider nur ein wenig besser als die letzten Tage, aber die hübschen Abschnitte haben uns gepusht, bis zum Ende motiviert zu bleiben.
    Die erste Tageshälfte war das Wetter wie im April. Regen, kein Regen, Niesel, Sonne, Regen, kein Regen usw. Immer als wir dachten, die Wende ist geschafft, kam gleich wieder der Wechsel. Oberhalb von Sigmarszell laufen wir durchs Leiblachtal am gleichnamigen Fluss entlang. Aktuell hat sie einen relativ hohen Wasserstand, dadurch gute Strömung und eine dreckig braune Farbe. Oberhalb von Scheidegg liegt das Geister-Feriendorf Saarland. Eine Ferienanlage, die 1966 für die Arbeitskammer des Saarlandes errichtet wurde, um Arbeitern erschwinglichen Urlaub im schönen Allgäu zu ermöglichen. (https://www.ardmediathek.de/video/sr-retro-hueb…)
    Als wir durch Lindenberg kommen, meldet sich das erste Hungergefühl. Gestern dachte ich noch so, ich kann heute ja in Lindenberg einkaufen. Hier fällt es mir wie Schuppen von den Augen, es ist ja Sonntag. 😱 Ich Dödel. So essen wie auf dem Marktplatz meine letzten beiden Wraps. Für den restlichen Tag bleiben uns noch zwei Müsliriegel. 🙈 Die Hausbachklamm bei Weiler verzaubert uns beide, Hang bekommt vor Staunen den Mund kaum noch zu. Über zig Kilometer laufen wir entlang des Bachs bis hinauf zu dessen Quellgebiet.
    An der Grenze zu Österreich, ein paar Meter gehen sie sogar im Nachbarland, queren wir das hübsche Wildrosenmoor. Den nun einsetzenden Nieselregen ignorieren wir, er prallt förmlich an uns ab. Bis Oberstaufen geht es noch zwei Mal ins Tal und wieder hinauf. Vom letzten Gipfel, Kapf, sehe ich einige Gipfel der Nagelfluhkette. Hier bedauere ich am meisten, dass heute immer noch schlechte Sicht herrscht, die Aussichten in die Bergwelt vermisse ich.
    In Oberstaufen gibt es nur ein Ziel, schleunigst was essen. Und natürlich jeden Teller leer putzen, damit es hoffentlich morgen noch stabiler wird, da überqueren wir nämlich die Nagelfluhkette.
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  • Tag 93: Oberstaufen - Balderschwang

    August 4 in Germany ⋅ 🌙 12 °C

    Wir sitzen gerade auf unserem Zimmer und essen Bergkäse aus dem Lebensmittelautomaten und die eingekauften Backwaren. Hier gibt es heute Abend sonst keine Verpflegung. Bevor wir es die nächsten Tage ruhig angehen lassen, hat heute noch mal ein absoluter Kracher auf uns gewartet. Mit 2.300 hm Aufstieg war es der Tag mit den meisten Höhenmetern. Aber die waren es Abfolge wert. Obwohl die Wettervorhersagen anders aussahen, hat es nach dem Frühstück mal wieder geregnet. Ihr könnt euch vorstellen, wie meine Laune war. 😊
    Zum Aufwärmen erklimmen wir zu Beginn den Hündlekopf. Kurz vor der Bergstation queren wir eine Kuhweide. Auch ein paar Pferde gibt es. Die Pferde nähern sich Hang. Und das eine knabbert gleich mal ihre Regenjacke an. Hang konnte diese dem Pferd kaum wieder entreißen. Ein Vorteil hatte der Regen. An den Buchenegger Wasserfällen waren wir alleine. Was für ein wunderbarer Ort.
    Von da an wird es ernst. Erst an der Talstation der Hochgratbahn hört der Regen auf. Perfekter Zeitpunkt. Auf 3-4 km steigen wir die 1.000 Meter hinauf auf den Gipfel des Hochgrat. Dabei geht es durch die Brunnenau. Zahlreiche Wasserfälle und die Bergflanken verbunden mit dem satten Grün der Bäume und Wiesen sind genial anzuschauen und lenken von den Strapazen ab. Oben weht ein eisiger Wind. Die Sicht ist aber besser als befürchtet. Und sie soll nun Stunde um Stunde besser werden. In der Ferne erblicken wir den Bodensee, wo wir vorgestern noch waren. In der Bergstation nehmen wir ein spätes Mittagessen zu uns.
    Vorbei an zahlreichen Alpen steigen wir ins Autal ab. Dort verweilen wir nicht lange, es geht gleich wieder steil bergauf auf den Heidenkopf. Jetzt ist die Weitsicht richtig genial und wie kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Hier ahnen wir noch nicht, wie anstrengend es noch wird. An mehreren Stellen muss gekraxelt werden. Auf einer Kuhweide stehen nur junge Rinder, die irgendwie alle auf mich zulaufen und als wir vorbei sind folgen sie uns einige Meter. Die Kühe haben den matschigen Pfad auch so zertrampelt, dass wir ordentlich hin und her rutschen. Gut, dass die Bergpanoramen ablenken. Immer wieder höre ich begeisterte Rufe von Hang, wenn sie mal wieder einen Steinpilz entdeckt oder riesige Heidelbeeren pflückt.
    Der Abstieg nach Balderschwang geht nochmal ordentlich in die Beine und zieht sich. Daher freuen wir uns, als wir an unserer Unterkunft ankommen. Und noch besser: inzwischen ist der Himmel wolkenfrei, was auf einen hübschen Tag morgen hoffen lässt.
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  • Tag 94: Balderschwang - Ofterschwang

    August 5 in Germany ⋅ 🌧 15 °C

    Eigentlich sollte es heute ein entspannter Tag werden, deshalb habe ich extra die Etappe in Ofterswang beendet. Die großen Steigungen habe ich bei der Planung auch berücksichtigt, aber Kleinvieh macht leider doch auch Mist und so haben sich die Höhenmeter doch wieder zu einer ordentlichen Etappe aufaddiert. Aber so schnell sind wir ja nicht unterzukriegen.
    Als ich heute Morgen aus dem Fenster geschaut habe, glaube ich, mich tritt ein Pferd. Wir haben strahlend blauen Himmel. So beschwingt starten wir mit bester Laune. Gleich zu Beginn schrauben bzw. schnauben wir schnurstracks hinauf auf den ersten Gipfel. Durch herrlichen Wald geht es über hübsche Wurzelpfade. Hang findet einige große Steinpilze und Hexenröhrlinge. Natürlich kommen diese stolz ins Gepäck. Vom Hochschelpen genießen wir feinstes Bergpanorama, besonders hervorstechend der Hohe Ifen und der Hochvogel.
    Durch Moorlandschaft steigen wir wieder ab. Was gestern die Kuhmatschscheiße war ist heute das Moor, wir bekommen schön schlammige Schuhe. Wir steigen gleich wieder Richtung Piesenkopf auf und durchschreiten hier die riesige Moorlsndschaft. Hier kommen die Kühe dann dich wieder ins Spiel. So ist es ein einziges Vabanquespiel, ob man in ein Moorloch oder Matsch oder Kuhscheiße tritt. Aber die Landschaft ist herrlich. Mittag machen wir an der Alpe Dinjörgen und gönnen uns zwei Kuchen. Am Nachmittag ziehen dunkle Wolken auf, die an den hohen Bergen hängen bleiben, aber irgendwie ziehen alle an uns vorbei, wir haben lange Sonnenschein.
    Und dann dachten wir, es wartet der letzte Aufstieg auf uns. Von Grasgehren geht es hoch aufs Riedberger Horn. Ein schöner, relativ angenehm ansteigender Gipfel. Bis oberhalb von Ofterschwang folgen wir nun dem Gratweg über die Hörner. Vom Riedberger Horn geht es den Großen Ochsenkopf, Weiherkopf, Rangiswanger Horn zum Ofterschwanger Horn. Und dazwischen meist immer 100 m rauf und runter. Besonders der Abschnitt zwischen Riedberger Horn und Ochsenkopf hat es in sich. Nicht umsonst weist ein Schild auf alpine Gefahren hin. Teils sind Stuten zu überwinden, wo ich meine Hände an den Fels nehmen muss, um nicht abzuschmieren. Aber die Ausblicke sind einfach traumhaft. Vor allem der Grünten, der Wächter des Allgäus, sticht markant hervor.
    Am Ende holt uns dann doch noch der Regen ein, aber während es drumherum heftig regnet, tröpfelt es nur ein wenig. Fast kerzengerade steigen wir die 700 m nach Ofterschwang ab und freuen uns auf ein leckeres Abendessen. Da die Pilze wahrscheinlich bis Ende der Woche kaputt gegangen wären, schenken wir diese der Hotelküche. Morgen wird es wirklich entspannt, versprochen!
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  • Tag 95: Ofterschwang - Oberstdorf

    August 6 in Germany ⋅ ☁️ 16 °C

    So früh war ich schon lange nicht mehr mit einer Tagesetappe fertig. Wie angekündigt war heute eine kurze Etappe geplant. Die war nach den vergangenen beiden Tagen auch gut.
    In Schleifen wandern wir heute auf Oberstdorf zu und haben dabei immer die Berge am Ende des Tals im Blick. Wir starten bei Sonne aber immer mehr Wolken sammeln sich um die Gipfel. Von Ofterschwang steigen wir noch die restlichen Meter hinab ins Tal. Moore, Wiesen und Wald wechseln sich auf unseren Weg zur Iller ab. Glasklar fließt diese mit ordentlicher Strömung durch ihr Bett. In Fischen machen wir eine gemütliche Pause.
    Anstatt direkt weiter nach Oberstdorf zu gehen, machen wir einen Bogen über das Örtchen Obermaiselstein. Danach wartet noch mal ein kurzer aber steiler Aufstieg auf uns. Vom höchsten Punkt geht es genauso steil wieder runter. Sobald wir wieder an der Iller ankommen, herrscht reger Verkehr. Wanderer und Radler teilen sich den schönen Weg entlang des Flusses. An deren Ursprung kommen wir wenig später vorbei, hier vereinen sich Trettach, Stillach und Breitach und fließen nun als Iller durchs Tal. Genau am Ursprung passiere ich die letzte 100 km Marke, 3.600 km liegen jetzt hinter mir.
    In Oberstdorf steuern wir gleich die erste Eisdiele an. Eis gab es schon ne Weile nicht mehr. Aber hier sind einfach zu viele Leute. Also nix wie raus aus der Fußgängerzone Richtung Unterkunft. Morgen sind es noch etwas mehr als 20 km zum südlichsten Punkt Deutschlands, das Ziel, welches ich schon drei Monate vor Augen hatte. Noch geht nicht allzu viel in mir vor, mal sehen, wie es morgen in mir aussieht.
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  • Tag 96: Grande Finale

    August 7 in Austria ⋅ ☀️ 21 °C

    Was für ein genialer Abschluss heute. Das Wetter ist perfekt, strahlend blauer Himmel und Sonne. Munter laufen wir aus Oberstdorf raus. Direkt bleibt mir die Spucke weg. Berge sprechen mich doch mehr an als Mittelgebirge.
    Durch hübschen Wald geht es vorbei am Freibergsee und der Skisprungschanze. Ein kleiner Hügel zum warm laufen. Ab der Fellhornbahn wird es voll. Nicht sehr viele Wanderer, dafür aber umso mehr Radfahrer. Eigentlich laufen wir die ganze Zeit relativ geradlinig durchs Tal und haben so unser Ziel meist im Blick.
    Irgendwie fliegen die Kilometer nur so dahin. Am Berggasthof Einödsbach machen wir eine Pause und gönnen uns einen Germknödel. Ich liebe diese Dinger! 🥰 Und der Blick von der Terrasse auf die Mädelegabel ist genial. Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht einfach sitzen bleiben. Auf dem Weg Richtung Talende passieren wir noch zwei weitere Einkehrmöglichkeiten. An der Schwarzen Hütte lade ich noch zwei kühle Bier in den Rucksack, für das Ziel später. Ab da wird der Weg sportlicher, die Steigungen steiler und die Blicke immer genialer. Je näher ich dem Ziel komme, desto mehr wird mir bewusst, was ich die letzten Wochen geleistet habe. Mich überwältigen immer wieder die Emotionen. Sowas kann man nicht beschreiben, dazu muss man einen so langen Trail mal gemacht haben, glaube ich.
    Als ich den Grenzstein 147 erreiche fällt der ganze Druck ab. Es ist vollbracht. Am 02. Mai bin ich mit Laserjupp auf Sylt gestartet und nach 96 Wandertagen und 2 Pausentagen erreiche ich das Ziel. Mein Körper hat mich diese 3.700 km durch ganz Deutschland getragen. Natürlich wird das mit einem Shoey gefeiert. Das Panorama von hier oben ist grandios. Wir genießen es in aller Ruhe und steigen danach nach Österreich ab. Mit dem Bus geht es nach Reutte, von wo wir morgen unsere Heimfahrt antreten.
    An so einem Tag möchte ich einfach mal DANKE sagen. Zuallererst meinem Körper für diese unglaubliche Leistung. Dann meinen Eltern, die mir daheim immer den Rücken frei halten. Meinem Schatz Hang, die mich oft begleitet hat und immer in den richtigen Momenten motiviert hat. Meinen Freunden dafür, dass sie mir diese langen Abwesenheiten verzeihen und danach immer wieder für mich da sind. Soulboy, ohne dich hätte es diesen langen Weg nie gegeben. Und ein großer Dank an alle lieben Trail Angel, die diese Reise zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ohne euch wäre ich nie hier angekommen. Und auch den weiteren Menschen, die mich virtuell begleitet haben. Ihr alle seid einfach großartig.
    Seid euch sicher, bei mir ist nach dem Trail vor dem Trail. Genauere Pläne habe ich noch nicht. Aktuell steht der High Scardus Trail hoch im Kurs, aber auch zahlreiche andere wie die Via Transilvanica oder der GR20 auf Korsika. Es würde mich freuen, wenn ihr auch in der Zukunft wieder dabei seid.
    Wenn ihr Fragen habt, ist jetzt genau die richtige Zeit, diese zu stellen. Egal welche, ich versuche alle eure Fragen zu beantworten. Also her damit!
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    Trip end
    August 8, 2025