Zwei auf Weltreise

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  • Day 52

    Wo man Koks noch von Dächern schmeisst

    March 9, 2018 in Bolivia ⋅ ⛅ 14 °C

    La Paz, 2-Millionen-Metropole auf über 3’500m. Eine andere Welt. Die Luft ist dünn. Der Nachtbus wie auch unser Hostel sind aber definitiv von dieser Welt und unerwartet erstklassig. Wir werden um 06:00 und für die Uhrzeit äusserst freundlich empfangen, umgehend in ein geräumiges Doppelzimmer einquartiert und eingeladen, uns nach einem 2h-Power-Nap noch am Frühstücksbuffet vom dazugehörigen Hotel gütlich tun. Und das zum Preis von umgerechnet zwei Bananen und drei Tafeln Schokolade. Ok, gekauft im Globus. Wir absolvieren als erstes eine dieser allseits beliebten, informativen und unterhaltsamen City-Walking-Tours, auf welcher wir ua erfahren, dass ein Grossteil der regionalen Kokain-Produktion im städtischen Gefängnis erfolgt, welches direkt im Stadtzentrum liegt, von den Insassen selbst verwaltet wird und zu welchem auch die Frauen und Kinder der Insassen freien Zugang haben. Führungen gibt es leider keine mehr, nachdem zwei Touristen unfreundlich abgestochen wurden. Schade wie ich finde. Sue teilt das Bedauern nicht.

    Die für die Produktion notwendigen Chemikalien werden ganz unspektakulär in grossen Lastwagen angeliefert, das Endprodukt in Windeln verpackt etwas spektakulärer und für alle sichtbar jeweils vom Dach geworfen. Aufheben sei nicht ratsam, wie uns versichert wird. Lustige Welt. Wie wir im Anschluss an die Tour beim zweiten Betreten unseres Hostel-Zimmers wenig begeistert feststellen, ist die vorherrschende Temperatur ca. 10 Grad - gefühlt 0 Grad. Heizung? Nope. War ja klar, dass das mit dem Schoggi/Bananen-Preis einen Haken haben musste. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als uns im Pub um die Ecke an Kelchen voller Hauswein aufzuwärmen. Das klappte aber aufgrund der einschlägigen Erfahrung auch in dieser Welt erwartungsgemäss ganz gut.

    Und dann waren wir ja noch mit unseren 4x4-Companieros zu Dinner und Party verabredet. Da die ca. 20 Minuten zu Fuss zum Restaurant nachts „not save“ wären - als ob sich jemand trauen würde, zwei MMA-Fighter ähnliche Gestalten wie uns anzugehen -, lässt man sich eben ein Taxi rufen, mit welchem der Transfer alles in allem und dank unendlich verstopfter Strassen 50 Minuten dauert. Wer mich kennt, weiss, „I was not amused“. Spiele ich eben Samschtig-Jass. Und verliere. Scheiss Leben. Ein Bier später war die Lebensfreude wieder da und der Abend entwickelte sich prächtig. Sogar Hangover-Alan versucht ein paar Worte Englisch mit mir zu reden. Leider nichts was ich verstanden hätte. Also lächle ich, bestelle ihm noch einen Whiskey-Cola und hoffe die Situation damit zu entschärfen. Auch das klappte ganz gut.

    Die Menschen hier und wahrscheinlich in ganz Bolivien sind überaus freundlich und zuvorkommend. Zumindest zu uns. Zu Recht wie ich finde. Das liegt wohl auch an den Coca-Blättern die hier Tag ein Tag aus gekaut und als Tee geschlürft werden. Das Zeug schmeckt allerdings grässlich und wurde umgehend von meinem Speise- und Snackplan gestrichen. Wobei die versammelte Snus-Fraktion in unseren Breitengraden - zu der ich nicht gehöre - die jeweils durch Kontakt mit Speichel entstehende braune Kack-Grütze ja auch nicht stört, wenn man(n) sich einen Stinkbeutel nach dem anderen unter die ausgehöhlte Oberlippe schiebt und das sonst sympathische Lächeln in ein grenz-debiles Grinsen verwandelt. Jaja, auf der ganzen Welt der gleiche Scheiss. Wobei die Abfalllastwagen, welche die Strassen - eigentlich ein einziger grosser Markt - neben dem müffeligen Gestank mit lauter Klaviermusik eindecken, kennen wir in unserer Welt noch nicht. Die Idee gefällt aber!

    Unser nächster Reiseschritt nennt sich Peru-Hop. Eine Busreise in mehreren Etappen von La Paz nach Lima. Grösster Halt wird mit 6 Tagen Cusco sein, von wo aus wir den 5-tägigen und wohl ziemlich anstrengenden Salkantay-Trek zum Machu Picchu absolvieren werden. Gejammer vorprogrammiert. Mal schauen von wem. Ich freu mich.
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  • Day 54

    Wenn aus non-Hipstern Hopster werden

    March 11, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 15 °C

    Kaum in La Paz angekommen, geht es auch schon wieder weiter. Weiter, weiter, weiter. Es ist nicht ganz einfach, die perfekte Balance zwischen erleben / entspannen und „let’s get around the globe at least once“ zu finden. In jeder bisherigen Destination hätten wir problemlos doppelt so lange und länger verweilen können, ohne dass uns auch nur im Ansatz langweilig geworden wäre. Ok, ausser bei Crazy-Cat-Lady, da war die Zeit bis zum Äussersten ausgereizt. In ganz vereinzelten Momenten fühlt sich unser Trip ein wenig nach „High-Paced-Turbo-Traveling“ an. Heute Morgen ist so ein Moment. Und was macht man beim kleinsten Anflug von völlig übertrieben empfundenem Stress? Genau, man bucht Ferien. In unserem Fall fünf Tage im wohl geilsten Hostel der Welt. Und zwar in exakt zwei Monaten. Anders kann man diese Bleibe nämlich nicht buchen. Mehr verraten wir aber noch nicht. Sind schliesslich unsere Ferien. Und wir teilen ja sonst (fast) alles.

    Auch die lieben Freunde von Bolivia-/Peru-Hop - deren Motto „Safe-Flexible-Fun“ Ferienspass à la Club Med verspricht - starten früh, 06:30. Die überpünktlichen Guides sind top organisiert und genauso zuvorkommend und freundlich wie scheinbar ganz Bolivien. Coca-Blätter sei Dank. Zur Wiedererkennung gibt es sogar diese dämlichen All-inclusive-Armbändeli. Beim reflexartigen und unkontrollierten Versuch, das eben verklebte Bändeli wieder vom Handgelenk zu säbeln, verfehle ich die Pulsader nur knapp. Hm, dann bleibt es eben dran. Wir sind Team „Yellow“, was auch immer das heisst. Ich hoffe auf artgetechten VIP-Lounge-Zugang. Irgendwo. Ausserdem sind wir nun offiziell „Hopster“, wie wir vom vor Energie strotzenden Guide (/Animateur) erfahren. Echt jetzt?! Naja, Hauptsache All-inclusive. Aber morgendliche Wassergymnastic mach ich definitiv nicht mit! Jetzt will ich Kaffee. Der ist an der Tanke allerdings trotz „Hopster Team Yellow“ nicht inclusive. Es wird leider nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir unseren Konsum selber berappen. Scheiss Bändeli.

    Unsere erste Etappe führt von La Paz nach Copacabana - genau, „nach“, nicht „an die“ -, von wo wir per Boot die wunderschöne Isla del Sol im bolivianischen Teil des Titicacasees besuchen, bevor wir Bolivien hinter uns lassen und nach Puno in Peru weiterreisen. Leider begrüsst uns Peru äusserst unfreundlich. Nachdem wir die Grenze zu Fuss passiert hatten, ging die Reise in einem peruanischen Doppelstöcker-Bus weiter. Wie üblich schaffe ich es im Leader-Trio den Bus zu besteigen, um uns die beliebtesten Plätze zu sichern. Sue klettert wie gewohnt im Schlussgrüppchen in den Bus und freut sich ebenfalls wie gewohnt über die ergatterten Plätze in der vordersten Reihe. Die Freude wärt aber nur bis zum Sonnenuntergang. Wie die Dunkelheit enthüllt, verfügt der Bus lediglich über funktionierende Standlichter, während der Chauffeur (Ramon) ganz offensichtlich über keinerlei Nachtsichtfähigkeiten verfügt. Was ihn aber zum Entsetzen einiger nicht an allerlei waghalsiger Überhohlmanöver hindert. Das konnte nicht gut gehen. Ich bin durchaus froh, dass Ramon der Stümper am Steuer ein massives Schlagloch und kein massives Hindernis erwischte. Ich sehe das positiv. Der Wechsel des geplatzten Reifens verlängerte die Reise um etwa eine Stunde, unser Leben aber wohl um einige Jahrzehnte. Sue fand das nicht lustig. Scheiss Plätze die ich da ausgesucht habe. Zur Aufheiterung gabs Pizza und einmal mehr haben alle überlebt.

    Nach einem weiteren eindrücklichen Ausflug auf ein auf dem peruanischen Teil des Titicacasees schwimmendes Dorf, werden wir bereits sehnlichst in Cusco erwartet. Denke ich.

    Ein Video dazu findet ihr hier: https://youtu.be/Ll5C_rw2m38
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  • Day 61

    Inka-Town - Wo Wolken auf Wolken regnen

    March 18, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 0 °C

    Cusco ist gross. Viel grösser als erwartet. Im Zentrum kolossal kolonial. Ausserhalb grün und voller Inka-Zeugs. Die schönste Stadt die wir in Südamerika bisher gesehen haben. Wir checken im Hostel VIP House ein. Vielleicht bringt der gelbe Armreif ja doch noch was. Der Name verspricht ja Einiges. Und hält wenig. Grund genug, das lästige Papierbändeli definitiv zu entsorgen. Vorerst. Der nächste Guide/Animateur wird ja sicher wieder eines zur Hand haben und mir ohne Bändeli den Buseinstieg verweigern, wenn wir in ein paar Tagen weiterreisen in Richtung Lima. Uns bleibt ein Tag in Cusco, bevor wir zum Salkantay Trek aufbrechen, der seinen Höhepunkt am fünften Tag auf dem Machu Picchu finden wird. Vorausgesetzt, Sue macht auch mit. Bzw ihr Magen. Anstatt mit mir die Stadt zu erkunden und so allerlei Dinge zu erledigen, liegt sie flach im Hostel und hofft auf die Wunderwirkung von Bioflorin und Kamillentee. Und dann heisst es immer, ich sei das schwache Glied. Tss. Natürlich hoffe ich mit ihr. Ehrlich.

    Und wer hätte es gedacht? Auch diese Tour startet quasi mitten der Nacht, 04:30. Ich verspreche mir, wenigstens noch ein Mal in diesem Leben schlafe ich aus. Heute nicht. Der schönen Sue geht es trotz unmenschlicher Uhrzeit tatsächlich besser. Ein Hoch auf Bioflorin und Kamillentee! Schön, das freut mich. Ehrlich. Wir halten also an Plan A fest und starten die Tour wie geplant und gemeinsam. In den fünf Tagen werden wir als zwei von etwa 25 Leuten in zwei Gruppen mit je einem Guide 75km zurücklegen zwischen 1‘800 und 4‘625 Meter über Meer. Natürlich gibt es noch diverse andere Wandergruppen, welche die Wege verstopfen. Ist ja Touri-Land hier. Noch bevor es richtig los geht, sind die ersten noch zurückhaltenden Gruppen-Diskussionen bezüglich wer über welche Agentur gebucht und wie viel für das Trekking bezahlt hat äusserst interessant und aufschlussreich. Resultat? Obwohl Sue und ich 70 Dollarios mehr bezahlt haben als der Schnitt der Gruppe, gibt es keine Sonderbehandlung. Da hilft auch Sue‘s Hopster-Bändeli nichts. So eine Frechheit! Aber auch diesen Fall wollte unsere Rechtsschutzversicherung auf Anfrage nicht übernehmen. War ja klar. Wir vereinbaren also per Handschlag, dass wir uns maximal fünf Minuten aufregen und die Welt verteufeln, bevor wir das Abenteuer einfach geniessen. Das klappte ganz gut. Wird halt beim Trinkgeld geknausert.

    Der Trek startet mit der Aufteilung in die beiden Gruppen. Unser Guide heisst Edgar. Das stimmt ausnahmsweise sogar. Er ist knapp so gross wie seine Wanderstöcke lang sind und findet es toll, wenn als Erstes jeder seinen Namen, sein Alter und seine Nationalität vorträgt. Jede Bekanntmachung wird mit einem kleinen Gruppenapplaus honoriert. Hm, Club Med zum Zweiten?! Wobei, nein, eher anonyme Alkoholiker. Egal, auch wenn man sich die individuellen Steckbriefe nicht auf Anhieb merken kann, sind die geteilten Informationen durchaus aufschlussreich. Zwei Drittel der Gruppe besteht aus Deutschland und die Hälfte der Gruppe ist ziemlich genau halb so alt wie ich. Was auf den ersten Blick und über die fünf Tage durchaus auf die Nerven gehen könnte, entpuppt sich als unterhaltsame und spannende Jungs&Mädels-Truppe mit allerlei Sprachtalent und Reiseerfahrung. Meinen Telomeren (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Telomer) nach zu urteilen, liegt mein biologisches Alter ja auch eher knapp über Zwanzig. So sind wir uns denn alle schon vor Beginn einig, dass der Salkantay-Trek wohl zu den zehn schönsten Wanderungen der Welt gehören soll. Die Aussichten atemberaubend und dank diverser Klimazonen extrem abwechslungsreich mit dem grossen Finale Machu Picchu bei Sonnenaufgang. So sagt man zumindest. Um es vornweg zu nehmen, wir sehen nicht viel davon. Also eigentlich gar nichts. Es hat Nebel. Und regnet. Wir bewegen uns entweder unter oder in den Wolken. Und wenn wir eine Wolke komplett durchschreiten, findet sich darüber bestimmt noch eine. Was das für die Bodenbeschaffenheit bedeutet, ist ja auch klar. Schlamm. Viel Schlamm. Ich finds irgendwie geil. Keine Ahnung wieso. Eher ungewöhnlich. Es entfacht eine kleine Diskussion zwischen Sue und mir. Denn im Gegensatz zu mir gefällt der kleinen Prinzessin die Situation gar nicht. Jetzt sei schliesslich „Ende Regenzeit“ und im „Spätsommer“ wäre es ja jeweils auch noch schön. Ich schaue sie wortlos an und hoffe ganz fest und zum Wohle unserer Beziehung, dass sie innerhalb nützlicher Frist ihrem eigenen Gedanken folgen kann. Zum Glück tat sie das nach rund fünf schwer erträglichen und doch hochspannenden Sekunden. Danke Sue.

    Tag 1 des Treks soll uns wohl auf den anstrengenderen Tag 2 vorbereiten. Schon nach drei Stunden erreichen wir das erste Camping-Lager, von wo aus nach dem Lunch noch ein Round-Trip zu einer 300m höher gelegenen Lagune ansteht. Der Start des Aufstiegs verläuft chaotisch und spontan. Irgendwann sind dann alle unterwegs und pflügen sich durch den Matsch. Den Rest kennen wir. Allerlei Ausreisser setzen sich ab und an die Spitze, nur um kurz danach kläglich einzubrechen und nach Luft japsend zu pausieren. Jaja, die Luft ist dünn hier oben. Wie es ausgeht kennen wir auch schon. Ich ziehe meine glorreiche Pace durch und stehe als Erster an der Lagune. Ich, auf dem Papier der Älteste beider Gruppen. Tag 2 ist wandertechnisch bereits der Tag der Tage. 22km inklusive Salkantay Pass auf 4‘625m. Veranschlagt bis zum besagten Gipfel sind vier Stunden. Diverse Gruppen ziehen los, auf unterschiedlichen Pfaden. Die Frage, ob man zu Beginn den Short-Treck nimmt oder sich doch die beschwerlicheren „Seven Snakes“ antut, war schnell geklärt. Keine Frage, zeigt her die Schlangen! Kurz vor den steilen Sieben-Schlangen-Serpentinen legen wir einen letzten Gruppen-Halt ein, danach wollte ich nicht mehr. Also nicht mehr warten. Ich geniesse die Ruhe und die ach so glorreiche Pace. Ohne weitere Pause und nach insgesamt 2,5h war es dann bereits geschafft. Von allen Gruppen sind an diesem Tag lediglich zwei andere Wanderer vor mir da, aber die sind ziemlich sicher mit dem Hubschrauber angereist. Mr Bergpreis eben. Für etwa 5 Minuten fand ich das total lässig, dann wurde mir kalt. Richtig kalt. Und es sollte noch elend lange 40 Minuten dauern, bis der Zweite aus der Gruppe und eine ganze Stunde, bis das restliche Feld dazu stiess. Man habe jeweils aufeinander gewartet, wie sich das für eine Gruppe gehört. Jaja, "lueg du für du"! Ich hatte mir bereits eine Höhle gebaut, ein Feuer gemacht und irgendwelche Tiere für den wärmenden Verzehr gejagt. Zumindest in Gedanken. Stark unterkühlt horchte ich noch Edgars mir grösstenteils bereits bekannten Erläuterungen zur Inka-Kultur, bevor es nach knapp 1,5h auf dem verdammten Pass dann endlich in Richtung Lunch-Camp weiterging. Aber damit ist nun auch genug heroischer Quatsch erzählt und die vom pummeligen Jungen, der beinahe durch die Fahrradprüfung gefallen wäre, geschriebenen zwei Abschnitte, kommen zu einem Ende. Er braucht das einfach ab und zu. Armer Junge.

    Tag 3 sollte wieder etwas einfacher werden. Ein paar Stunden entspannt dem Fluss entlang zum zweiten Camping-Camp wo es zuerst Lunch gibt und von wo aus wir die noch entspannenderen Hot-Springs für ein kleines Erholungsbad besuchen werden. So der Plan. Der viele Regen der letzten Tage hat über Nacht diverse Hänge abrutschen und Wege verschütten lassen. Auf Nachfrage wird mir versichert, dass dies immer nur in den Momenten passiert, in denen just keine Menschen zugegen sind. Das leuchtet mir weder ein noch beruhigt es mich. Aber das lasse ich mir nicht anmerken. So folgen wir der Strasse dem reissenden Fluss entlang, was Sue’s Gemüt neben der Schlechtwetterlage noch ein wenig weiter trübt. Wer will schon auf Strassen wandern? Natürlich lässt mich das nicht kalt und ich kümmere mich rührend und äusserst erfolglos um die schöne Sue. So schiebt die Holde zwischen meinen Aufheiterungsküssen weiter heiter ihre Krise, bis die Geschichte eine dramatische Wendung nimmt. An einem Punkt ist die Strasse vor uns komplett verschwunden, ein Weiterkommen unmöglich. Die Alternative? Eine luftige Transport-Pritsche über den reissenden Fluss zu einem anderen Pfad. Nervenkitzel garantiert. Schau Video. Die Maultiere passen leider nicht auf die Pritsche, also heisst es alle Taschen selber buckeln. Und auch auf der eben erreichten gegenüberliegenden Seite bleibt der Hike „spannend“. So müssen diverse fehlende Hänge und Pfade teils akrobatisch (oder mit Hilfe eines Schaufelbaggers) überwunden werden. Sue‘s Stimmung verbessert sich ob der ganzen Aufregung schlagartig und so zeugen auch ein paar ihrer fotografischen Impressionen von diesem Abenteuer. Ausser die wenige Meter hinter uns auf die Strasse donnernden Felsbrocken, deren fotografische Dokumentation im Schock untergegangen ist. So viel zu „nur wenn keine Menschen zugegen sind“. Und man ahnt es wohl schon. Auch an diesem sehr viel längeren Tag als geplant haben einmal mehr alle überlebt. Wenn auch knapp.

    Tag 4 ist dann im Vergleich wirklich langweilig. Ein paar Kilometer/Stunden auf den Füssen ohne nennenswerte Ereignisse, bis wir Aguas Calientes erreichen, von wo aus es am nächsten Tag um 04:00 auf den Machu Picchu geht. Tag 5 startet also früh, sehr früh. Die Vorfreude auf den atemberaubenden Sonnenaufgang inmitten der Inka Stadt wird zügig und mit Regen aus Eimern den Gulli runter gespült. Der Aufstieg zum 400m höher gelegenen Eingang entwickelt sich dank besagtem Wetter und schlecht kombinierter Ankleide denn auch zur grössten Plackerei der gesamten Tour. Bereits nach 10 Minuten war ich trotz Regenjacke und Zwergen-Regen-Poncho (also dem kleinen Edgar passte das ausgezeichnet, für mich war es eher eine Art Plastik-Sombrero) so nass wie nie zuvor. Wirklich. Also ausser vor zwei Tagen im Thermalbad, aber das ist was anderes. Die triefenden Hosen fügen jedem Schritt gefühlte 10kg Widerstand hinzu. Diesen Bergpreis sollte ich also nicht gewinnen. Irgendwann war es dann aber geschafft und wir standen geschafft inmitten einer der Wolken, die uns die letzte Stunde mit hektoliterweise Wasser bedacht hatte. Sicht gleich null. Geil. Scheiss Finale! Zum Glück lichten sich die Wolken in den darauf folgenden Stunden zumindest teilweise und ich kann ein wenig abtropfen, während Sue ein paar halbwegs klare Fotos schiesst. Versöhnt mit der Welt machen wir uns kurz vor Mittag an den Abstieg.

    Auch die abschliessende Rückfahrt nach Cusco blieb leider nicht ereignislos. Und für diesen letzten Teil werde ich auf meine übliche unterhaltsame Schreibweise verzichten. Der Kleinbus, der kurz vor uns mit einigen unserer Gruppen-Kameraden abfuhr, wurde bei voller Fahrt seitlich von herabfallenden massiven Felsbrocken getroffen. Der beschädigte Bus blieb zum Glück auf der schmalen Strasse stehen, dennoch gab es einige Verletzte aufgrund geborstener Scheiben. Eine Argentinierin, die nicht zu unserer Gruppe gehörte und deren Namen wir nicht kennen, wurde im Wrack eingeklemmt. Wie wir am nächsten Tag erfahren, ist die junge Frau auf dem Weg ins oder im Spital verstorben. Leider haben für einmal nicht alle überlebt, was uns zwei und auch den Rest unserer Gruppe tief getroffen und erschüttert hat. Wir hatten ein kleines Abenteuer gebucht und von der Natur ein grosses Abenteuer mit tragischem Ende bekommen. Trotz versierter Guides und allen möglichen Vorsichtsmassnahmen, kann die Natur unberechenbar und grausam sein. Überall auf der Welt. Das haben wir an diesem Tag mit Bestürzung erfahren. Wir werden auch weiterhin aufeinander aufpassen und versuchen, Risiken richtig zu beurteilen. Aber ob auf Reisen oder in der Heimat, das Leben selber ist ein ständiges Risiko und wir wissen alle wie es ausgeht. Trotzdem oder gerade deshalb haben wir an unserem letzten Tag in Cusco nochmals mit unserer Gruppe auf das Leben angestossen und das Leben und den Moment zusammen gefeiert. Das sollten wir alle tun. Denn es ist das Einzige das wirklich ist. Das Einzige was wirklich zählt. Der Moment. Das Jetzt.

    Be Happy!
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  • Day 64

    Das tiefe Tal der Anden-Maskottchen

    March 21, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 21 °C

    Nach nur einem Tag in Cusco, ging es für uns weiter mit dem Nachtbus nach Arequipa. Wir werden um 05:00 sicher im Hostel abgeladen, von wo aus um 07:30 bereits unsere nächste Tour ins Colca Valley, dem zweittiefsten Canyon der Welt, startet. Ich hoffe zum wiederholten Mal, dass wir irgendwann auch Länder besuchen, in welchen Pick-ups/Drop-offs/Tour-starts und dergleichen von Gesetzes wegen erst nach 09:00 erlaubt sind. Das hält ja sonst kein Mensch aus/durch. Unser Guide Victor Hugo - der heisst wirklich so - empfiehlt uns bei unserem ersten Stop auf 4’912m einen Steinturm für die Götter zu bauen, was uns einen Wunsch eröffnen würde. Why not? Kaum steht der wacklige Haufen, haut Sue den eben erworbenen Joker auch schon raus. Sie wünscht uns eine lange und sichere Reise. Naja, angesichts des eben durchlebten Salkantay-Abenteuers eine durchaus nachvollziehbare Wahl. Trotzdem, ich wollte ja lieber wieder einen Tesla. Aber ok, staple ich halt irgendwann nochmals ein paar Steinchen. Hat ja genug hier.

    Wie die Tage zuvor, regnet es auch hier die meiste Zeit. Und kalt ist es auch. Zum Glück gibt es auch im Colca Valley ein paar natürliche Hot Springs und deren Besuch ist Teil des Masterplans. Sehr zur Freude der zwar schönen aber oft auch frierenden Sue. Bei 39 Grad Wassertemperatur ist das Wetter nämlich scheiss egal. Die eigentliche Mission im Colca Valley sind aber die Maskottchen / Wappentiere der Andenstaaten Bolivien, Chile, Ecuador und Kolumbien, die Kondore. Victor Hugo ermahnt schon zu Beginn der Tour alle zu positivem Denken und massivem Coca Konsum, das würde das Wetter günstig stimmen. Alles klar. Ich konsumiere also aufopferungsvoll und unermüdlich Coca-Blätter und -Candies. Soll heissen ein paar Blätter im Tee und so ein Bonbon. Ansonsten wurden die Blätter aufgrund grässlichen Geschmacks ja bekanntlich vom Speiseplan gestrichen. Und positiv bin ich ja sowieso. Immer. Ok, meistens. Und siehe da, der Morgen könnte kaum schöner sein. Ideale Bedingungen wie Victor Hugo nach dem Frühstück verheissungsvoll verkündet. Haste jut jemacht.

    In der Folge kreisen tatsächlich bis zu acht - das sind ganze 20% der ansässigen Population - der gefiederten Giganten gleichzeitig über unseren Köpfen. Majestätische Gleiter mit einer Spannweite von über 3m die es ohne einen einzigen Flügelschlag bis auf 7km Flughöhe schaffen. Zum Glück leben diese Aasfresser in Peru, das BAZL hätte den tierischen Kleinflugzeugen wohl schon längst die Flugerlaubnis entzogen. Viel zu gefährlich in der kleinen Schweiz. Und wenn nicht, würden wohl spätestens zum WEF dem Robin seine Kampf-Jet-Gschpändli den schwarzen Kolossen mittels Gatling-Salve (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gatling_(Waffen…) die Flügel stutzen. Peru macht so was nicht. Ich mag Peru. So bleiben wir denn auch noch ein Weilchen hier. Nach einer weiteren regnerischen Nacht in Arequipa geht es im Club Med Bus weiter nach Huacachina. Geht auch ohne all-inclusive Bändeli. War ja klar. Und ja, klar, Pick-up ist um 05:00. Wahnsinn! Scheiss Peru.
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  • Day 66

    Für ein Mal keine Steuer-Oase

    March 23, 2018 in Peru ⋅ 🌧 18 °C

    Der nächste Halt ist kurz. Ein Tag in der Spass-Oase Huacachina. Das ist wirklich eine Oase. Eine Art Teich mit Pedalos, romantischen Ruderbötchen und einer verträumten Promenade. Wir buchen zur Abwechlsung ein Ho(s)tel mit Pool, den wir denn auch für einen illegalen Morgenschwumm um 08:00 nutzen. Erlaubt wäre ab 09:00. Livin’ on the edge! Kosten für ein Doppelzimmer mit eigenem Bad? Unverschämt günstige CHF 17.-, dank Hopster-Bändeli. Endlich. Da für ein Mal der Spass im Vordergrund steht, kriegt Sue auch ihre heiss geliebte Pizza (zugegebenermassen die Beste die wir in Südamerika bisher gefunden haben) und ich meine noch heisser geliebte Montecristo zum Dinner. Ansonsten tun wir uns aus lauter Spass ein Wein- und Pisco-Tasting sowie Sand-Boarding an. Water-Boarding war ausverkauft. Zum Glück.

    Peruaner lieben alles was süss ist. Richtig süss. Der Typ hat erklärt wieso, irgendwas mit den Inkas, die sind hier an allem Schuld. Und falls nicht, waren es die Spanier. Habe aber nach einigen an Sirup und Port erinnernde „Weine“ alles wieder vergessen. Weine mit bis zu 17% Alkohol! Der Teil gefällt. Der Geschmack weniger. Grässlich, grässlich süss. Dafür macht das Motto der Stadt total Sinn: „If you are in Ica and don’t drink wine, what the fuck are you doin‘ in Ica?!“

    Noch geiler als das Ica-Motto ist allerdings die Fahrt im Sand-Buggy und der Ritt bäuchlings auf dem Sand-Board. Bereits nach wenigen Minuten schmerzen die Ohren aufgrund unentwegten Grinsens. Man kann gar nicht anders. Was ein Spass! Man trägt zwar ein paar blaue Flecken und einen Haufen Sand in allen Ritzen davon, aber der Spassfaktor ist enorm. Das wars dann aber auch schon wieder mit dem Spass. Also ab zum Hopster-Bus der uns nach Paracas bringt. Noch eine Idee für einen witzigen Abschluss des Abschnitts? Nein.
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  • Day 67

    Bei Seelöwen-Babys hört der Spass auf

    March 24, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 23 °C

    Nach dem ganzen Oasen-Gaudi heisst der nächste One-Night/Day-Stop Paracas, laut Hopster-Guide nach Cusco die zweitbeliebteste Touri-Destination Perus. Ich glaube ihm zwar kein Wort, aber das tut hier nichts zur Sache. Voller Touris ist der kleine Hafenort sowieso. Eine der Attraktionen hier sind die „Poor Man’s Galapagos“ genannten Islas Ballestas voller Seelöwen und allerlei Gevögel. Also vielerlei Vögel. Und ja, wir haben sie schon wieder gefunden, die Pinguine. Und dann ist da auch noch ein Strand übervoll mit Seelöwen-Babys. Der Anblick weckt bei den meisten weiblichen Bootsinsassen - allen voran Sue - die selben Gefühle wie dreizehnjährige Mädchen an einem Justin Bieber Konzert erleben. Schlimm.

    Noch mehr in Wallung (und Schräglage) kommt der Östrogen-Tanker als unser Kapitän eine Mutterkuh und ihr Kleines beim Schwimmunterricht ansteuert. Vereinzelt wird gekreischt und geschubst. Schlimm. Captain Blaubär und weitere Schiffe kommen dem MuKi-Schwimmen dann aber so nahe, dass die Mutter irgendwann gestresst abtaucht und das kleine Ding zurück lässt, wonach der kleine Racker panisch anfängt zu grunzen (keine Ahnung wie man den Lauten von Seelöwen-Babys sagt, wohl nicht grunzen, aber es klingt irgendwie ähnlich bis quitschig). Kurze Zeit später kommt die völlig genervte Mutter zurück und lotst das Kleine im Eilzugstempo zurück zum Strand. Scheiss Aktion, da hört der Spass auf. Guide und Kapitän lachen und die Mädels hyperventilieren immer noch vor unfassbarem Glück. Kein Wunder geht die Welt vor die Hunde. Gut, das ist jetzt vielleicht etwas weit gefasst. Trotzdem, scheiss Aktion. Ich vertrete daher ab heute die Meinung, dass alle Natur Reservate nicht mehr zu betreten und Uferschutzzonen von mindestens 300m einzuhalten sind. Ab 2019. Sue und ich wollen dieses Jahr ja noch die Galapagos Inseln und andere einmalige Natur Reservate besuchen. Aber danach ist Schluss. Finde ich.

    Unsere letzte Hopster-Etappe führt uns nach Lima, von wo wir am nächsten Tag zu den lustigen Krabbeltieren im Dschungel von Iquitos fliegen. Na dann, Prost ...
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  • Day 67

    Lorem ipsum Lima Post

    March 24, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 24 °C

    Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipisici elit, sed eiusmod tempor incidunt ut labore et dolore magna aliqua. Ut enim ad minim veniam, quis nostrud exercitation ullamco laboris nisi ut aliquid ex ea commodi consequat. Quis aute iure reprehenderit in voluptate velit esse cillum dolore eu fugiat nulla pariatur. Excepteur sint obcaecat cupiditat non proident, sunt in culpa qui officia deserunt mollit anim id est laborum.

    Das verstehen jetzt wahrscheinlich nur die Polygrafen, Medienschaffenden und sonst ganz Schlaue. Aber egal, Hauptsache die Reiseroute ist dokumentiert. Hasta.
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  • Day 70

    Ob Tarzan davon wusste?

    March 27, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 26 °C

    Nach all dem Bus Gehopse durch Peru fliegen wir zur Abwechslung. Nach Iquitos, der grössten Stadt die nicht über Strassen zugänglich ist? Was auch immer das heisst. Wie man uns erklärt, werden die 500‘000 Dschungel-Einwohner (fast) ausschliesslich über Schiffe versorgt. Cool, wir fliegen trotzdem hin. Allerdings läuft bereits der Check-In in Lima nicht ganz nach Plan. Unsere roten Pässe sind zwar gern gesehen und unsere Sitzplätze bereits gebucht, ohne ausgedrucktes Ticket könne man uns aber nicht in den Flieger lassen. Natürlich würde der Scheisskerl am CheckIn-Schalter das nur zu gerne für uns drucken - für USD 15 -, denn unsere PDFs auf dem Handy wären völlig wertlos. Ihr System sei anders und ihre Scanner würden keine Tickets von Handys lesen. Ich geb dir gleich anderes System! So einen Quatsch habe ich ja noch nie gehört! Die beste Option zu diesem Zeitpunkt war aus meiner Sicht eine physische Auseinandersetzung. Andere Anwesende, inklusive der körperlich eindeutig unterlegene Scheisskerl - und Sue, schlugen aber vor, das Ticket doch im gegenüberliegenden Hotel auszudrucken. Widerwillig willigte ich ein und trottete, während Sue beim Gepäck wartete, zum Front-Desk in der Hotel-Lobby, neben welchem tatsächlich ein PC und ein Drucker standen. Auf die Frage ob ich denn im Hotel nächtigen würde, antwortete ich mit einem verschmitzten bis gar hinterhältigen Lächeln und blitzschnell ... „Nein“. Ganz toll. Gut gemacht, der PC ist natürlich nur für Gäste. Der schnittige Typ hinter dem Tresen hatte aber einen Deal für mich im Köcher. Schiess los! Wenn ich was an der Bar konsumieren würde, hätte ich einen Print frei. Barkonsumation? Geil, darin bin ich gut. Und so schafften wir es dank meiner aufopferungsvollen und einsamen Konsumation eines Gin/Tonics - oder waren es zwei?! - doch noch auf unseren Flug nach Iquitos.

    Nach der unflätigen Salkantay-Abzocke nahmen wir uns einen ganzen Tag Zeit, um vor Ort den besten Deal für eine Dschungel-Tour zu buchen. Die übliche Frage woher wir kommen würden, beantworteten wir jeweils mit Slowenien. Einfach um das Herkunftsland als Grund für überhöhte Preise auszuschliessen. Nach etwa fünf Stunden (gefühlten acht), zwei Bierpausen und zig Mal die gleiche Leier anzuhören, bekommt Wilfried (oder so ähnlich) den Zuschlag. Für 600 Soles pro Person, etwa CHF 175.-, soll es für 4 Tage in eine einfache all-inclusive Jungle-Lodge mit allerlei Tages-, Nacht-, Land- und Wasser-Exkursionen gehen. Ein Arm-Bändeli gibt es zum Glück nicht. Wie wohl üblich werden wir aber ermahnt, bloss niemandem von diesem einmaligen Schnäppchen-Deal zu erzählen, da dies andere Reisende frustrieren könnte. Jaja, klar, ich geb dir gleich Schnäppchen! Im Bus in den Dschungel treffen wir dann auf drei Mitreisende aus Miami mit eigenem Guide. Kurz vor Abfahrt herrscht ein kurzes konspiratives Tuscheln mit dem Tour-Boss und es wurde auch hier offensichtlich nochmals auf die Stillschweigevereinbahrung hingewiesen, deren Bruch zur sofortigen Erschiessung mittels Moskito-Kanone führt. Aber hey, wir haben 4 Tage Zeit, im Dschungel, wäre ja gelacht wenn wir das nicht rausbekommen. Moskito-Kanone hin oder her, unsere Mission für die nächsten Tage war geklärt. Ich setze also mein sympathisch-investigatives Lächeln auf und warte auf den richtigen Moment.

    Unser Dschungel-Guide heisst Flavio. Wirklich. 27, gutes Englisch. Auf die Frage ob wir Abenteuer mögen, gibt es natürlich nur eine Antwort. Wir sind Abenteuer! Keine Stunde später waten wir auf der Suche nach Anakondas und sonst allerlei Getier in langen Hosen und Long-Sleeve mit Wasser bis zu den Nippeln (wirklich, schau Foto) durch den dichten Dschungel. Zum Glück tragen wir Gummistiefel. Ganz wichtig beim Schwimmen. Die erhoffte Anakonda zeigte sich hingegen leider nicht. Aber hab ich schon erwähnt, wie viele Moskitos es hier gibt? Fantastillionen! Mindestens. Beim Bootsausflug zum Avatar-Baum fällt dann dem Flavio auch noch die Schraube ab. Also beim Boot, zur Abwechslung hat er nämlich keine locker. Zum Glück hat der schlaue Fuchs keine Paddel dabei, das wäre ja viel zu einfach und so gar nicht Abenteuer. Blöder Arsch. Irgendwann haben wir es dann auch mit einem Brättli und Ästen zurück zur Lodge geschafft. Für den Rest des Tages verordnete der amtende Schamane für das bevorstehende Ayahuasca-Ritual dann strickte Ruhe und Entspannung. Rauchen hingegen wäre sowohl gut gegen Moskitos als auch zur Einstimmung auf die Zeremonie. Und wenns der Onkel Doktor sagt, legt man sich eben auf die faule Haut und pafft ein paar Zigarren. Auch darin bin ich gut ...

    Der Konsum von Ayahuasca, eine Amazonas-Dschungel-Brühe auf Basis einer Liane (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ayahuasca), verspricht eine etwa zweistündige von Schamanen-Gesängen begleitete psychedelische und reinigende Dschungel-Reise mit direkter Verbindung zu Pachamama - Mutter Erde - und dem Universum. Zur Reinigung (bzw weil die Brühe toxisch und somit unverdaulich ist) gehört es auch, sich während der Zeremonie zu übergeben. Nach einem Tag fasten und mentaler Vorbereitung, was man denn vom Universum gerne wissen möchte, sitzen wir also mit drei weiteren Reisenden und besagtem Schamanen in einer kleinen Hütte im Kreis. Mitten im Dschungel. Ohne Licht. Als illusionierter Arbeitsloser mit subtilem Kinderwunsch und ungewisser Zukunft, lautete meine konkrete Frage was und wer mir denn wirklich wichtig ist im Leben. Die gute Nachricht? Ihr gehört alle dazu. Die schlechte Nachricht? Gibt es nicht. Ich stieg motiviert und enthusiastisch in die Zeremonie ein und sicherte mir den undotierten Preis des „Erst-Reinigers“, ein wunderbares Gefühl. Wirklich. Ich bin rückblickend denn auch etwas weiter gereist als die schöne Sue, die sich den Teil der Reinigung für nach der Zeremonie in unserer Privat-Hütte aufgespart hat. Als es dann soweit ist, freue ich mich aber leidenschaftlich mit der kotzenden bzw sich innerlich reinigenden Sue. Eine wirklich spezielle Erfahrung dieses Ayahuasca an diesem wirklich speziellen Ort.

    Der Ort ist wirklich ausserordentlich. Noch nie habe ich eine grössere Artenvielfalt zu Wasser, Land und Luft erlebt als hier. Ich kann gar nicht alles aufzählen, weil ich zu faul dazu bin. Fotos haben wir aufgrund schwieriger Wetter- und Sicht-Verhältnisse nur wenige, aber das ist auch egal. Erlebnisse wie nächtliche Tarantel-Suche oder Kaiman-Jagd, Piranha-Fischen, mit Delphinen im Amazonas schwimmen, Affen-Kuscheln, Faultiere ausbuhen und Vieles mehr, werden wir auch sonst nicht so schnell vergessen. Irgendwie haben uns die vier Tage dann aber auch gereicht. Das gebuchte Abenteuer-Programm dauerte gerne von 06:00 bis 22:30 und wie nach mehrtägigem Museums-Marathon mit hunderten von interessanten Dingen und Namen, ist man irgendwann einfach nur müde und die Aufnahmefähigkeit nimmt rapide ab. Zumindest bei normalen Menschen. Also bei mir auch, als Ausnahme. Scheisse war ich müde am letzten Tag. Während der letzten Fusswanderung - es ging wiederum um 06:00 los - stieg denn auch die Vorfreude auf die baldige Rückkehr in die Zivilisation und den Besuch einer Wäscherei. Verstärkt wurde das Gefühl dann noch durch die hundertste Spinnwebe im Gesicht, die mir Flavio, der wie in Peru üblich nur knapp so gross wie seine Machete lang ist, beim Vorausgehen nicht aus dem Weg geräumt hat und den sechshundertvierzigmilliardsten Moskito, der einem an die Rübe will. Schön wars trotzdem. So schön, dass wir unsere ursprüngliche Mission komplett aus den Augen verloren. Wir haben also keine Ahnung, was andere für das Abenteuer bezahlt haben und es ist uns dank Schamanen-Reinigung auch scheiss egal. Gut für uns.

    Nun geht es zurück nach Lima, von wo wir uns schon bald in Richtung Ecuador bewegen. Ziel: Galapagos Inseln. Im Flieger nach Lima treffen wir dann zufälligerweise noch auf eine junge Amerikanerin, die am Tag unserer Ankunft in der Jungle-Lodge diese, nach den ebenfalls gebuchten 4 Tagen, gerade verliess. Sie zahlte 850 Soles. Sieg! Frohe Ostern!
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  • Day 74

    Flugzeuge in Lima günstig abzugeben

    March 31, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 22 °C

    Das Dschungel-Abenteuer gut überstanden, geniessen wir die warme, wasserreiche und moskitofreie Dusche in Lima. Wir haben sogar einen ganzen Tag Zeit, uns die Stadt anzusehen, bevor es mit Speed-Traveling weitergeht. Wie üblich folgen wir einer Free-Walking-Tour, mit der kleinen Besonderheit, dass diese um 11:00 mit Frei-Bier startet. Wie geil ist das denn? Dachten wir. Kaum am Tresen steht denn auch schon das Frei-Bier da, 1dl. In einem 3dl Glas. Wat?! Also doch kein Frei-Rausch. War ja klar. Muss wohl eine Art Probiererli bzw Probierbierli sein. Zugegebenermassen ziemlich lecker. Ich bestelle mir also ein „Kleines“ und freue mich auf ein volles Glas. Und was kommt? Wieder 1dl! Stellt sich heraus, das Mittlere sind 2dl und ein „Grosses“ 3dl. Kosten? Sechs Stutz für eine Stange! In Peru. Zur Mittagszeit. Krass! Erinnert mich irgendwie an einen City-Trip zu sechst nach Oslo. Vor etwa 20 Jahren. Jede Runde Bier kostete astronomische hundert Stutz! Wir waren natürlich trotzdem knallvoll. „Was ihr möged heusche, möge mir no lang zahle“ war das Motto. Damals.

    Als weitere kleine Retrospektive verdient Viva Air Peru, Südamerikas Kack-Airline #1, eine weitere Erwähnung. Dass zusammen Reisende nicht zusammen sitzen, hat bei den Kack-Affen ja bekanntlich System. Sitzplatzbuchungen und -umbuchungen sind natürlich möglich - und kosten. Wer also sicher zusammensitzen will, kann sich das gerne kaufen. Alle anderen warten bis das Boarding abgeschlossen ist, um dann kurz vor Take-Off noch hektisch die Plätze zu tauschen. Ich wollte zwar nicht bei Sue sitzen, aber definitiv weg vom Mittelsitz auf einen mit deutlich mehr Bein- und Ellenbogenfreiheit. Und siehe da, der Fensterplatz beim Notausgang war noch frei und in guter Sprint-Distanz. Kaum habe ich meine Beine gestreckt, attackiert mich auch schon eine giftige Stewardess von wegen Boardingcard und Sitzplatznummer. Überfreundlich und warmherzig erkläre ich der doofen Sau, dass ich selbstverständlich nicht diesen Platz gebucht hätte, dieser aber ja ganz offensichtlich nicht besetzt wäre und sich soeben zwei Drittel der Passagiere irgendwie umgesetzt hätten. Ihr schien das egal, sie mochte mich aus mir unerfindlichen Gründen offensichtlich einfach nicht. So erklärte sie mir (in gutem Englisch), dass die Plätze am Notausgang nur für Personen wären, die Spanisch sprechen. Wat?! Ich geb dir gleich Spanisch! Ausserdem gleiche ich Enrique Iglesias wie kaum ein Zweiter. Finde ich. Der gleiche verlogene Quatsch wie mit den Handy-inkompatiblen Ticket-Scannern. Die Frage ob eine allfällige und natürlich gebührenpflichtige Sitzplatzbuchung via Internet ebenfalls meine Sprachkenntnisse in Frage gestellt hätte, bleibt erwartungsgemäss unbeantwortet. Wohl in erster Linie weil ich diese nicht laut gestellt, sondern mich brav zu Sue gesetzt habe, nachdem sie den kleinen verbalen Schlagabtausch mitverfolgt und mich eindringlich zu sich gebeten hat. So kam aufgrund meines vernünftigen Handelns auch bei diesem Flug niemand ernsthaft zu Schaden. Aber eines ist klar, diese Airline gehört zwangsliquidiert und gespendet!

    Und so verlassen wir Lima bereits wieder, um von Piura aus per Nachtbus Guayaquil in Ecuador zu erreichen.
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