Radtour zum Nordkapp

May - June 2023
A 32-day adventure by Jens Read more
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  • Day 32

    "You are welcome"

    June 17, 2023 in Germany ⋅ ⛅ 19 °C

    Diese Antwort erhält man fast täglich in Norwegen. Du fragst die Verkäuferin im Supermarkt nach dem Milchregal und bedankst dich anschließend für die Hilfe und die Antwort ist: "you are welcome!" Das Land ist nicht nur wunderschön, auch die Menschen sind unheimlich freundlich! Gestern morgen wollte ich in Travemünde mit der Personenfähre die Trave überqueren. Barsch wurde mir mitgeteilt, ob ich nicht lesen kann und deutete auf ein Schild vor der Fähre: "Fahrräder und Rollstühle können derzeit nicht transportiert werden!" Also umgedreht und 2 km weiter zur Autofähre. Dort bin ich dann als fährenerfahrener Norwegenradler wie selbstverständlich auf die Fähre gerollert (kurz zur Erklärung: in Norwegen dürfen Radler und Fußgänger immer als erstes auf die Fähre und alle Überfahrten sind für diese Gruppen grundsätzlich kostenfrei. Norwegen fördert damit umweltfreundliche Fortbewegung). Na da hat ich ja was gemacht! Ob ich nicht lesen könne (die Frage kam mir irgendwie bekannt vor!)? Fahrräder sind zu schieben! Und ob ich einen Fahrschein hätte? Natürlich nicht. Also wieder runter zum Ticketautomaten, 1€ und 10ct eingeworfen, zurück zur Fähre, Fähre weg! Fängt gut an! "You are welcome!" hört man hier nicht! Nach dem holprigen Start bin ich dann 170 km bis Malchow geradelt und dort hat mich Maren - Gott sei Dank - abgeholt. War das mal wieder schön im Auto und dann erstmal zu Hause in Pelzkuhl. Ein Traum!
    Jetzt ziehe ich mal ein kleines Fazit: schon lange hatte ich von einer Radtour zum Nordkapp geträumt, aber immer wieder aus irgendwelchen Gründen verschoben. Sicherlich ist das auch nicht ganz einfach umzusetzen. Unbezahlten Sonderurlaub, ein wenig Kleingeld (Norwegen ist kein Land für Schnäppchenjäger!), die passende Ausrüstung und ein gutes Rad! Aber es lohnt sich total. Die Landschaft ist wirklich einmalig. Mit dem Fahrrad erlebst du alles 100 mal intensiver. Man lernt so viele nette und freundliche Menschen kennen, allein der ständige "Daumen hoch" in den entgegen kommenden Autos lässt einen noch motivierter die Berge hoch steamen und dann die Ankunft am ersehnten Ziel, dem Nordkapp. Das hat wirklich was Magisches und ich bin super glücklich, diese spinnerte Idee umgesetzt zu haben. Insgesamt waren es mehr als 2500 km mit über 40000 Höhenmetern in meist durchnässter Kleidung. Die selbstgekochte Pasta mit Tomatensauce und die Dose Feierabendbier waren jeden Abend ein Highlight!
    So, jetzt hab ich genug rumgesponnen, ich muss jetzt meine Hunde füttern und noch ein eiskaltes Hefeweizen trinken! Mein Lied der Tour: "Starman" von David Bowie!
    Machts gut Nachbarn und Feierabend
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  • Day 30

    Will ich wirklich zurück?

    June 15, 2023 in Germany ⋅ ☀️ 21 °C

    Die Nacht auf der Fähre war die Hölle. Hab mir in meiner überheizten, fensterlosen und vollklimatisierten Dreckskabine eine feine Erkältung eingefangen. Bis 4 Uhr morgens hab ich wach gelegen und vor lauter Langeweile eine 2 stündige Dokumentation über King Charles und die Zukunft des Empires Empire geguckt. Da gurkt man einen Monat meist völlig durchnässt und frierend an den Fjorden entlang und ist immer gesund und kaum in der Zivilisation erwischts einen. Nachdem ich mich von meinen Motorradkumpels verabschiedet hatte (hab ihnen noch erklärt, wo es in Deutschland das beste Bier und das leckerste Essen gibt, nämlich in Unterfranken!), ging es durch Kiels Innenstadt Richtung Südwesten. In Kiel dachte ich, die falsche Fähre genommen zu haben (Istanbul vielleicht!), da waren keine Deutsche! Erst weiter draußen auf dem Land nahm der deutsche Bevölkerungsanteil stetig zu. Dafür riefen sich andere typisch deutsche Eigenschaften wieder in Erinnerung. Telefon- und Internetempfang waren sofort weg. Oben am Nordkapp, wo nun wirklich keine Sau wohnt, konnte ich Ritter der Kokosnuss auf Youtube während der Fahrt am Handy schauen, hier unmittelbar in der Nähe der Bundesland-Hauptstadt nicht mal telefonieren!
    Die dritte typisch deutsche Eigenschaft stellte ich dann in der Fußgängerzone von Plön fest. Obwohl ich mit nicht mal Schrittgeschwindigkeit durch die fast leere Fußgängerzone rollerte, sprang mir gleich ein vor Wut geifernder Opa vors Fahrrad und brüllte das hier geschoben werden muss. Das internationale Zeichen für Kehle-Durchschneiden besänftigte ihn dann etwas!
    Da war Norwegen doch ein ganz anderer Schnack! So lässig!
    Nach 75 km bin ich dann im schönen Travemünde angekommen, hab im Hotel "Deutscher Kaiser" (geht doch!) ein tolles Zimmer bezogen und bei einem gebratenen Steinbutt und dem ersten Hefeweizen seit vier Wochen mich wieder mit der Welt versöhnt! Lege mich gleich ins Bettchen (halb acht) und hole den versäumten Schlaf nach!
    Mein Lied des Tages: "Piano man" von Billy Joel
    Guts Nächtle miteinand
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  • Day 29

    Adios Norge

    June 14, 2023 in Sweden ⋅ ☀️ 21 °C

    Leider hab ich auf der Fähre kein Netz und kann also den Google translator nicht fragen, was "Auf Wiedersehen" auf norwegisch heißt.
    Jetzt ist es also soweit, Norwegen liegt hinter mir und obwohl ich mich auch wieder echt auf Deutschland und vor allem auf das schöne Pelzkuhl freue, bin ich doch ein wenig wehmütig! Nur ungern verlasse ich diese einmalige Landschaft, zumal das Wetter in den letzten Tagen doch endlich mal radelfreundlich geworden ist. Hilft ja nix, also ab zum Hafen. In Oslo herrschen heute auch knapp 30 Grad und bei den Liegewiesen kurz vor dem Kai der Fähre muss ich mich voll auf den Weg konzentrieren, um nicht in einen der vielen Blumenkübel zu stürzen. Das ist wirklich ein Volk hübscher Menschen, diese Norweger!!
    Vor der Fähre muss ich mich dann in der Biker-Reihe anstellen. Über 100 Motorräder aller Marken und aus allen Ländern stehen in der Reihe und ich als einziger ohne Motor. Schnell hab ich mich mit ein paar norwegischen Harleyfahrern angefreundet. Man, sind das Brocken! Normalerweise wechselst Du bei deren Anblick ganz schnell die Straßenseite, aber die sind wirklich gut drauf und auf dem Weg nach Süddeutschland. Sie freuen sich wie Kinder auf gutes Essen und gutes Bier. Und schon haben wir was gemeinsam! Bei meiner Antwort auf ihre Frage, was ich denn in Norge gemacht habe und wo ich gewesen bin, haben sie mir als Anerkennung permanent mit ihren Pranken auf die Schultern gehauen! Man, da war ich echt mal stolz. Leider wurde unser Gruppenfoto nichts, weil in dem Augenblick der Startbefehl zur Auffahrt an Bord kam. Schade, für das Foto hätte ich einiges gegeben!
    Auf der Fähre gibt es zwei große Gruppen Menschen. Die eine Gruppe besteht aus Deutschen Anglern, die meisten mit speziellen t-shirts (Aufschrift oft "angelnfressensaufen" oder so ähnlich und darüber die Norwegenflagge. Fast alle schon vor der Auffahrt zur Fähre granatenvoll! Rute raus - der Spaß beginnt!
    Die andere große Gruppe besteht ebenfalls aus Deutschen, aber älteren Semesters. Die stürzen sich sofort wie die Fregattvögel auf die freien Liegestühle am sonnigen Achterdeck und verteidigen die errungene Beute bis aufs Messer. Selten hab ich so verbissene Kämpfe gesehen!
    Hoffentlich bin ich bald von dieser Fähre runter und kann endlich wieder Rad fahren!
    Inzwischen hab ich mit meinen Rockerkumpels im Pub ein kaltes Pils getrunken (die Größe 0,6 Liter gefällt mir echt gut!), eine Pizza gegessen und sitze relativ allein auf dem sonnigen Achterdeck (der böige Wind hat die Fregattvögel vertrieben) und lese Tadellöser & Wolff von Walter Kempowski. Immer wieder ein Vergnügen!
    Lied des Tages: "I sail this ship allone" von the beautiful south. Wenn es man so wäre!
    Bis morgen auf deutschem Boden!
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  • Day 28

    Ein schöner Tag

    June 13, 2023 in Norway ⋅ ☀️ 21 °C

    Bei der Tour de france nennt man so einen Tag wie heute "Überführungsetappe" und da ich mich nicht gemüßigt fühlte, mich einer Ausreißergruppe anzuschließen, döste ich den ganzen Tag im Zug vor mich hin. Auch mal schön! Sitze jetzt hoch oben über der Stadt Oslo im Garten meiner airbnb Wohnung und trinke ein schönes kaltes Dosenbier. Ansonsten gibt es wirklich nicht viel zu berichten, also lasse ich es auch!
    Weil das heute so ein schöner ruhiger Tag war, ist das Lied heute von LaBrassBanda "Scheena Dog".
    Man muss auch mal ein Auge zudrücken können!
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  • Day 27

    "Der Weg ist versperrt" sagt Gandalf

    June 12, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 12 °C

    Eigentlich ein absolut öder Tag! Heute morgen um 5 Uhr in meinem Hotelzimmer aufgestanden, alles fertig verpackt und mit dem Rad ca. 300m (evtl. meine einzige Radstrecke heute) zum Hurtigruten-Kai gefahren. Um 6 Uhr 25 saß ich im beqemen Sessel auf dem Panorama-Deck, sitze da eigentlich immer noch und tüftele die ganze Zeit nach Varianten wie es weitergehen soll. Zur Erklärung: die Hurtigruten sind wie ein Bus. Man kann mit dem Rad einfach einchecken und zu einem der nächsten Häfen fahren. Der Clou dabei ist, wenn man unter 24 Stunden fährt, muss man keine Kabine buchen und die Fahrt ist relativ günstig. Als Beispiel meine heutige Fahrt von Ørnes nach Rørvik kostet mich ohne Kabine 82€. Mit Kabine hätte sie 950€ gekostet!!!
    Vielleicht kann ich die Damen an der Rezeption überreden, mich noch länger bis Trondheim mitzunehmen, das entscheidet sich aber erst im Hafen von Rørvik. Von Trondheim könnte ich dann weiter Richtung Bergen radeln und von dort mit der Fähre nach Hirthals und dann wieder mit dem Rad durch Dänemark Richtung Pelzkuhl. Dies war eigentlich immer nur die Maximalvariante, wenn Zeit und Budget es noch hergeben. Zwischendurch war das aber die einzige Möglichkeit, weil in den Zügen Trondheim - Oslo auf absehbare Zeit alle Fahrradplätze ausgebucht waren! Jetzt sind kurzfristig im oben genannten Zug morgen früh um 10 Uhr 2 Fahrradplätze freigeworden. Ich kann aber nicht buchen, weil ich bis 21 Uhr nicht weiß, ob das Schiff mich noch weiter bis Trondheim mit nimmt. Vertrackte Situation! Erschwerend hinzu kommt, dass ich egal wie ich mit dem Rad weiterfahren will (ob Trondheim - Bergen oder Trondheim - Oslo einige Pässe von über 1000m zu erklimmen sind!). Sollte ich morgen früh um 6 Uhr in Trondheim ankommen und der Zug nach Oslo um 10 Uhr mein mein Fahrrad mitnehmen und dann noch übermorgen ein Platz auf der Fähre Richtung Kiel frei sein, wäre ich in drei Tagen wieder in Deutschland! Und da ich allen Kollegen versprochen habe, den Regen möglichst schnell mit rüber zu bringen, wäre diese Eile angemessen. Außerdem freue ich mich mal wieder auf einen leckeren Wildschweinbraten, eine Wurst vom Grill und soviel Bier bis nix mehr rein passt! Aber alles steht und fällt jetzt mit der Entscheidung der Hurtigruten-Crew!
    Ich weiß, dies ist ein langweiliger und ziemlich verworrener Post, aber glaubt mir: hier ist es noch viel langweiliger! Ihr hört von mir morgen Abend also entweder aus Oslo oder von irgendeinem 1000-Meter-Pass wahrscheinlich im Regen!
    Mein Lied des Tages: "Monotonie" von Ideal
    Tschüss zusammen (ich muss jetzt weiter die spannende Kanaster-Runde am Nebentisch verfolgen. Nach 6 Stunden nonstop scheint jetzt - dem Gegacker nach - das Finale eingeläutet zu werden!)
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  • Day 26

    Knappe 60 km radeln. Ein Witz...!!

    June 11, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 10 °C

    War das schön! Richtig gut und lange geschlafen in meiner etwas altbackenen, aber total gemütlichen Hütte! Nix zu sehen und zu hören außer Möwen und Austernfischer! Am liebsten wäre ich noch etwas geblieben, aber was solls! Ich habe ja den vielfachen Auftrag bekommen, den dringend benötigten Regen mit nach Hause zu bringen, also los! Schnell noch online ein Hotel im 60 km entfernten Ørnes gebucht, weil da morgen früh um 6 Uhr mein Hurtigruten-Schiff ablegt. Heute kann ich mir mal richtig Zeit lassen und bei tollem Wetter ein paar schöne Bilder schießen. Die anstehenden Berge kannte ich ja schon und inzwischen machen die mir auch längst keine Angst mehr! Nach dem unglaublichen Trubel auf den Lofoten ist es hier richtig ruhig und landschaftlich wirklich toll. Vielleicht nicht ganz so spektakulär, aber für mich wunderschön! An einem der vielen Sandstrände hab ich mal ganz mutig die Füße ins klare Fjordwasser gesteckt. Mir sind fast die Plomben rausgefallen! Das überlassen wir besser Härteren!
    Auf der Hälfte der Strecke wurde der Gegenwind zunehmend stärker, selbst bergab musste ich ordentlich treten um nicht stehen zu bleiben! Aber ich hatte ja Zeit, niedrigen Gang einlegen, Musik aus dem Kopfhörer und immer fleißig kurbeln. Dann kam ich aus dem Inland an die Küste und der starke Wind wurde zum Sturm. Und zwar schräg von vorn und von der Seite! Alle Parkplätze waren voll von Holländern mit angehängtem Wohnwagen, auch die ganz großen und windanfälligen Wohnmobile trauten sich nicht mehr auf die Küstenstraße. Am liebsten hätte ich mich auch eingeschoben, aber ich hatte ja schon das Hotel gebucht und wer weiß, ob der Sturm nicht noch stärker wird. Wenigstens regnet es nicht!
    Noch 20 km!!
    Um eine Felsnase herum, traf mich der Sturm mit voller Wucht! Zuerst habe ich noch versucht mich mit dem Rad zwischen den Beinen vorwärts zu rollern. Klappte nur ein paar 100 Meter. Also schieben! So alle 30 Sekunden kam eine mächtige Böe, dass ich stehen bleiben musste und das Rad kaum halten konnte. Wenn die Böe nachliess, schnell 60 bis 80 m zügig gehen, dann kam die nächste!
    Die Wohnmobilbesatzungen auf den Seitenstreifen fragten fast alle, ob ich nicht zu ihnen ins Warme kommen wollte und warten bis der Sturm vorbei ist. Gibt auch Kuchen!! Aber eigentlich fand ich das Ganze gar nicht so schlimm, eher spannend! So schob ich dann in Sprung-auf-Marsch-Marsch über 10 km mein inzwischen hochgeliebtes Böttcher-Evolution- Fahrrad. Und dann kam der Regen! So heftig, dass ich mir ein Tuch vors Gesicht binden musste, weil die Tropfen so weh taten als ob jemand mit Kieselsteinen wirft. Aber dafür ließ der Wind ein ganz wenig nach, so dass ich mit 30% Schräglage und in Schlangenlinien weiter radeln konnte.
    Inzwischen sitze ich in meinem Hotelzimmer, esse meine vorgekochten kalten Nudeln und dazu die wohlweislich aufgesparten Dosen Nordlands Pils. Weil das Zimmer ordentlich teuer ist, habe ich erstmal eine volle Stunde heiß geduscht! Das Bad hat Fußbodenheizung und da liegen jetzt fein alle meine nassen Klamotten zum trocknen.
    Mein Lied des Tages: "take the long way home" von der Bloodhound Gang.
    Winkewinke
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  • Day 25

    Lofoten ade

    June 10, 2023 in Norway ⋅ ☀️ 13 °C

    Die Nacht war grausam! Isomatte platt, ständig die knirschenden Schritte der Bettflüchter und meine Zeltnachbarn sägten auch ganz vortrefflich! Eigentlich war ich froh, als um 5 Uhr der Wecker klingelte. Erstens weil mein Rücken weh tat und zweitens, weil sich ja in Kürze ca. 200 bis 300 Leute um die drei Duschen kloppen werden. So früh hatte ich wenigstens alles für mich allein. Und weil nördlich vom Polarkreis die Sonne ja auch nachts nicht untergeht, wurden sogar meine gewaschenen Hemden rechtzeitig trocken. Auf der Fähre von den Lofoten nach Bodø hab ich dann drei Stunden ganz prima geschlafen! Nach dem Anlegen schnell runter vom Schiff und gleich zum Bahnhof, da mein anvisierter Zug von Bodø nach Trondheim auch gleich abfahren sollte. Alles just in time. Ja, wer gut plant, der gewinnt!!
    Irgendwie hab ich es aber nicht so mit gewinnen, der Zug war gecancelt! Und weil's so schön ist, waren bei allen folgenden Zügen die Radstellplätze ausgebucht. Murphie das Arschloch und sein blödes Gesetz! Und außerdem, was sind denn das für Radfahrer, die nur mit dem Zug fahren und alle Plätze blockieren? Die sollen gefälligst draußen die Berge hochgurken!!
    Also, es ging nicht anders, ab aufs Rad. In kurzen Hosen, T-Shirt und Sandalen! Auch mal schön bei 20°! Das Wetter lockte jetzt aber auch alles raus, was irgendwie Sport machen konnte. Jogger, Inlinescater und vor allem die Langlaufskifahrer auf Rollen tummelten sich auf den Radwegen. Auch die Radfahrer mit Gepäck begegneten mir jetzt immer häufiger, hatten wohl den Zug verpasst!
    Durch die Sonne sah die Gegend jetzt ganz anders aus, also eigentlich gar nicht so schlimm, dieselbe Strecke rückwärts zu fahren. Allerdings sind die Berge trotz des schönen Wetters mindestens genauso hoch! Langsam wurde ich müde und fand über Google maps tatsächlich noch einen kleinen Kaufladen abseits der Straße. 15 Uhr 58 war ich da, Ladenschluss 16:00! Es kann ja nicht immer alles schief gehen! Weil morgen Sonntag ist und in Norwegen ja an diesem schönen Tag kein Alkohol verkauft werden darf, kaufte ich mir 4 Dosen (in Worten: vier) Bier auf Vorrat und Käse und Milch und Wiener Würstchen und Orangensaft. Das wird ein Fest! Der Luxuseinkauf machte mein ohnehin schon schweres Rad noch schwerer und ich kam gar nicht mehr in Tritt. Plötzlich tauchte ein Schild auf: Campingplatz in 1 km. Nix wie hin! Da ich keinen Bock mehr hatte, nach dem Loch In meiner Isomatte zu forschen und zu flicken, fragte (oder heißt das "frug"?) ich nach einer Hütte. Ja, sie hätten aber nur noch eine große Hütte frei, ich könnte sie aber zum Preis der kleinen haben! Jetzt sitze ich hier auf einer meiner zwei Holzterrassen, die Füße in der Sonne und trinke Bier. Murphie ist gar nicht so ein großes Arschloch!
    Mein Lied des Tages: "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo". Quatsch, aber der "Glaspalast" von Spliff hat mir heute viel Spaß gemacht!
    Macht's gut Nachbarn
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  • Day 24

    Vom arktischen Winter in die karibik

    June 9, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 8 °C

    Da hatte ich mir heute ordentlich was vorgenommen. 5 Uhr aufgestanden, alles gepackt und schnell die versiffte Hütte verlassen. Ziel war es 130 km bis 14:45 Uhr zu schaffen. Da startet die Fähre von den Lofoten zum Festland. Eine weitere Nacht auf einem überteuerten Campingplatz wollte ich mir nicht leisten! Obwohl das Navi wenig Berge angegeben hatte, fuhr ich die ganze Zeit Berg hoch, Berg runter. Dazu ein leichter Gegenwind und schon war mein Plan dahin! Schon nach einer Stunde merkte ich, dass ich so niemals pünktlich bei der Fähre ankommen werde, also einen Gang zurück schalten, Nebenwege fahren und die traumhafte Landschaft genießen. Biegt man einmal von der die Lofoten längst durchschneidenden Bundesstraße ab, ist man plötzlich völlig allein. Kein LKW, kein Wohnmobil gar nix. Und die Landschaft da ist noch viel schöner, weil die Nebenstraßen meist an der zerklüfteten Küste lang führen. Noch ein kurzer Einschub zu den Wohnmobilisten: die steigen an den schönen Stellen meist gar nicht mehr aus, sondern drücken noch im Rollen auf den Auslöser und treten das Pedal gleich wieder durch! Die Beifahrerinnen haben sowieso immer das Handy vor sich und nehmen alles auf Video auf! Der Urlaubsfilm wird anschließend zu Hause bestimmt den Freunden vorgespielt! Titel: "Unsere Reise durch Finnland!" 4000 km Richtung Norden ohne eine Kurve!
    Die armen Freunde!!
    Auf den Nebenstrecken heute folgte ein Highlight dem anderen. Man kann gar nicht beschreiben wie toll und abwechslungsreich die Landschaft ist! Phänomenal!
    Auf halber Strecke im netten Städtchen Leknes gab's zwei leckere Stückchen Kuchen. Im Freien! Also draußen! In der Sonne! Man, war das schön nach dem ewigen frieren! Beim zweiten Küchlein setzte sich ein Schweizer Radler an meinen Tisch. Top sportlich, sympathisch und mit ganz wenig Gepäck am schnittigen Gravelbike. Etho war sein Name, er ist mit dem Flugzeug zum nordkapp geflogen und fährt jetzt praktisch meine Strecke rückwärts. Da er nur in Hotels übernachtet, benötigt er kaum Gepäck. Das macht schon ein wenig neidisch! Kaum ins Gespräch vertieft, kam noch ein junger Däne mit uraltem Rennrad und Hänger. Im Hänger saß ein 8 Monate alter Husky-Mischling. Tolles Gespann. Da wir denselben Weg hatten, wollten wir ein Stück zusammen fahren. Gerade aufs Rad gestiegen, kam noch ein Italiener dazu, von Kopf bis Fuß in Neonquietschegelb. Was für eine geile Truppe, wie die vier Stadtmusikanten! Die nächsten Kilometer waren geprägt von einem lauten Geschnatter in allen Sprachen, dazu Hände und Füße! Radfahren verbindet!!
    Angekommen bin ich dann um 18 Uhr an einem Campingplatz kurz vor der Fähre, die ich morgen früh um 7 entern darf. Meine Zeltheringe habe ich inzwischen in einer meiner diversen Taschen wieder gefunden, dafür verliert meine arschteure Isomatte Luft. Da hier ca. 200 Wohnmobile stehen und mein Zelt neben einem Kiessweg steht, der direkt zum Klo führt, kann ich sowieso nicht schlafen (selbst wenn die Matte Luft hätte!). Da muss man wohl durch!
    Und weil ich so eine Maschine bin, habe ich folgendes Lied als Tageslied bestimmt: "Maschin" von Bilderbuch.
    Tschüss zusammen
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  • Day 23

    Lofoten, die Trauminseln

    June 8, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 6 °C

    Nix da! Pustekuchen! Jetzt kommt nicht das tägliche Gejammer über das Dreckswetter! Es schien nämlich fast durchgehend die Sonne! Es reichte zwar nicht für mehr als 6°, aber trotzdem für die kurze Hose!
    Der letzte Abschnitt auf den Vesteralen war toll, schöne Landschaften, wenig Verkehr. Dann ging es rüber zu den Lofoten. Wenn ich bis jetzt dachte, landschaftlich ist das bisher Gesehene nicht mehr zu toppen, so wurde ich eines Besseren belehrt. Sicherlich sind Senja und die Vesteralen auch wunderschön und nicht umsonst ein Geheimtipp bei vielen Norwegenfans, aber die Lofoten treffen einen mit voller Wucht. Wie aus dem Nichts wachsen da plötzlich 1000m hohe Felsen in den Himmel und im Hintergrund noch höhere schneebedeckte Gipfel. Dazu die engen Fjorde mit dem türkisgrünen Wasser und die Straße schlängelt sich an deren Rand Kurve um Kurve dahin! Gut, dass es hier weder Mücken noch Fliegen gibt, ich hab den Mund vor Staunen gar nicht zu bekommen! Und es riss nicht ab! Hinter jeder Kurve ein neuer phänomenaler Ausblick, der absolute Wahnsinn!
    Aber wie das so ist, alles Gute ist nie beisammen. Während in den anderen Teilen Norwegens der Straßenverkehr dünn und verhalten war, hier ist es umgekehrt. Wohnmobil an Wohnmobil zieht an einem vorbei, von vorne oder von hinten. Holland und große Teile Deutschlands dürften in diesem Augenblick menschenleer sein! Der Verkehr ist zwar lästig, aber nur ganz selten gefährlich. Norweger fahren sowieso generell sehr rücksichtsvoll und auch die meisten Wohnmobilisten fahren ziemlich bedacht! Trotzdem, die norwegische Ruhe ist dahin, zumal hier jetzt auch die Ferien beginnen! Daher gibt es für mich keinen großen Aufenthalt und außerdem lockt das warme Wetter im südlichen Norwegen! Die heutige Etappe endete nach etwas mehr als 100 km auf einem sündhaft teuren Campingplatz. Die angefragte Hütte (es gibt überall in Norwegen auf den Campingplätzen einfache Hütten für Radfahrer oder Wanderer mit Bett, Tisch, Heizung und kleiner Kochnische meist für 55 bis 60 €) kostet hier 100€. Zu teuer! Also endlich mal wieder zelten. Stellplatz fürs Zelt 35€, anstatt der üblichen 12 bis 18 €. Beim Zelt aufbauen stellte ich fest, dass ich meine Heringe verloren habe. Also doch die teure, aber dafür völlig verwahrloste und runtergekommene Hütte gemietet. Das schmerzt und hat den Lofoten erheblich den Flair gekostet! Die tägliche Dosis Pasta musste ich mir in der versifften Gemeinschaftsküche köcheln, war auch kein Vergnügen! Wenigstens auf die beiden Dosen Nordlands Pils ist Verlass!
    Mein Lied des Tages: Driftin' back von Neil Young
    Gute Nacht Muchachos, ich muss morgen ganz früh los!!
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  • Day 22

    Vesteralen, die Trauminseln

    June 7, 2023 in Norway ⋅ 🌧 5 °C

    ... wenn es nicht ständig regnen würde!
    Heute sagte der Wetterbericht nur Gutes vorher und beim Beladen des Fahrrades schien wie angesagt die Sonne. Anstatt also wie sonst in komplettem Nässeschutz, gab es heute die leichte Freibierkollektion in kurzer Hose und dünner Jacke. Mein seit dem Nordkapp mich begleitender holländischer Radkollege Jan (von mir aber nur Rudi genannt, weil er nicht nur aussieht wie Rudi Carrel, sondern auch genauso spricht!) war ebenso gut gelaunt wie ich und voller Vorfreude auf die schönen Vesteralen.
    Nach 10 Minuten Radfahren trübte es etwas ein, nach 15 Minuten fing es an zu nieseln und nach 20 Minuten an zu schütten! Eigentlich wollte ich den joke nicht ziehen, aber ich kann nicht anders: "Gott sei Dank hat es heute nur einmal geregnet! Allerdings von 9 bis 19 Uhr!" Komisch nicht??!!
    Meine Förster-Kollegen schreiben mir fast täglich, ich soll ihnen mal ein wenig Regen rüber schicken (Mecklenburg leidet schon seit Wochen unter einer extremen Dürre). Ich sag ihnen dann: nur Geduld. Über mir ist eine Wolke, die verfolgt mich jetzt schon seit Wochen. Sie heißt Cloudy und hat mich ganz doll lieb! Sicherlich beschützt sie mich auch weiterhin vor den schrecklichen und ungesunden Sonnenstrahlen und begleitet mich auch auf der Heimreise. Also keine Angst da unten in MV, Cloudy und ich sind auf dem Weg!
    Von der Reise gibt es nicht sonderlich viel zu berichten. Die Landschaft ist schon toll, die Wohnmobildichte Richtung Lofoten steigt ständig und es begegnen uns auch immer mehr Radreisende (so 4 bis 5 am Tag).
    Ich habe eine behagliche Hütte mit zwei Heizungen, Pasta und zwei Dosen Nordlands Pils, was will man mehr??! Draußen schüttet es, Cloudy ist also noch wach und freut sich schon auf mich, wenn es morgen früh wieder losgeht!
    Da fällt mir auch heute schon ein Arbeitstitel für den morgigen footprint ein: "Lofoten, die Trauminseln" ...!
    Weil mir folgendes Lied heute in einer zugigen Bushaltestelle die Snickers-Pause versüßt und mir die gute Laune wieder zurück gebracht hat, heute das Lied des Tages: "Tiptoe through the tulips" von Tiny Tim!!! Hört mal rein, lohnt sich!
    So, jetzt nachdem ich 1 kg Pasta mit 6 reingeschnippelten Wiener Würstchen vertilgt habe, gute Nacht Ben (das war jetzt das letzte Kind der Waltons!)
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