Von Montevideo nach Lima

December 2022 - March 2023
In zwei Monaten von der südamerikansichen Atlantikküste an die Pazifiküste Read more
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  • Day 22

    Cabo Polonio und Laguna de Rocha

    January 18, 2023 in Uruguay ⋅ ⛅ 25 °C

    Ein paar Ausflüge haben wir dann doch gemacht. Der erste führt nach Cabo Polonio. Das Cabo (Kap), wie es meistens genannt wird liegt in einem Nationalpark. Aus einem kleinen Fischerort hat sich mittlerweile eine Hippie/Aussteigersiedlung entwickelt. Ohne Autos, ohne Strom und mit nur eingeschränkt fließendem Wasser ist das Leben hier in jeder Hinsicht alternativ. Am Eingang des Parks lässt man sein Auto stehen und fährt mit überdimensionierten Safaritrucks durch die Dünen etwa 30 Minuten in den Ort. Allein die Fahrt ist schon ein Erlebnis. Wir drehen eine Runde durch den Ort, schauen bei der Seelöwenkolonie am Leuchtturm vorbei und trinken in einer der Hippibars einen Kaffee mit Hafermilch. Für mehr Caboerlebnis müsste man schon übernachten, aber das ist im Sommer unglaublich teuer.
    An unserem letzten Tag haben wir eine Bootsfahrt auf der Laguna de Rocha organisiert. Pepe ein örtlicher Fischer fährt einem mit seinem Fischerboot über die Lagune. Dort gibt es unter anderem Flamingos, Schwarzhalsschwäne und Kormorane. Die eigentliche Attraktion ist aber Pepe. Eigentlich ein wortkarger Fischer, wie man sich das vorstellt (allein die Buchung war schon zäh) hat er ein großes Bedürfnis den Touristen seine Art zu Leben näher zu bringen. Eine Stunde tuckern wir über die Lagune und er erzählt uns ein bisschen was: übers Fischen, die Lagune, die Vögel und wie man so lebt am Ende einer Schotterpiste mitten im Nirgendwo zwischen der Lagune und dem Meer.
    Abends kommen wir nochmal zurück um in der Cocina de la Barra bei fangfrischem Fisch den Sonnenuntergang über der Lagune zu bewundern, Die Cocina wir von den örtlichen Fischern betrieben und schließt nach Sonnenuntergang.
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  • Day 24–25

    Carneval in Montevideo

    January 20, 2023 in Uruguay ⋅ ⛅ 29 °C

    Der Abschied von der Casa del Mar fällt schwer. Wir nehmen die Ruta 10 immer an der Küste entlang und stoppen unterwegs im schicken José Ignacio und in Punta del Este, dem Miami Beach von Südamerika. Hier treffen sich an der Punta Salinas der Rio de la Plata und der Atlantik. Beide Orte zeichnen ein ganz anderes Bild von Uruguay als die entspannten eher rustikalen Badeorte im Departement Rocha. Zwei Welten zwischen Aussteigertum und Jetset. Kaum zu glauben, dass das gleiche Land ist. Uruguayisch entspannt geben wir den Mietwagen 1,5 Stunden zu spät ab. Angekündigt habe ich das natürlich über WhatsApp. Als Antwort auf meine Frage obs okay ist wenn wir später kommen gibt es Herzchen. Die gesprungene Windschutzscheibe (ein Tribut an die Schotterpisten) kostet uns 100 Euro, aber sonst wird nichts bemängelt. Mit dem Taxi fahren wir an der 38 km langen Rambla (Strandpromenade) ins Hotel in der Altstadt. Montevideo ist für uruguayische Verhältnisse eher unsicher und vor allem die Altstadt ist nachts nicht unbedingt empfehlenswert. Da aber hier auch das Fährterminal ist haben wir uns trotzdem für dieses Hotel entschieden. Zu unserem Glück - denn wie wir erst jetzt erfahren, hat am Tag vorher der Karneval begonnen und heute ist Sambaumzug. Der Hin- und Rückweg ist zwar etwas gruselig, aber der Umzug ist definitiv ein Erlebnis. Obwohl wir total müde sind halten wir fast bis Mitternacht durch. Die Sambaschulen Montevideos ziehen an uns vorbei und die Stimmung ist bombastisch.
    Am nächsten Tag drehen wir eine Runde durch die Altstadt, fahren an den hippen Stadtstrand in Pocitos und essen Mittag im Mercado del Puerto. Der Markt besteht hauptsächlich aus Grillrestaurants, aber essen kann man hier sehr gut. Die Szene wie wir vor unserem gegrillten Rindfleisch sitzen und neben dem Restaurant eine Candombetruppe spielt hat definitiv Traumschiffqualitäten. Tatsächlich ist Montevideo ein frequentierter Kreuzfahrthafen und gerade der Bereich um den Mercado del Puerto, der in der Nähe des Kreuzfahrtterminals liegt, ist entsprechend hergerichtet. Die Fußgängerzonen sind mit Palmen bepflanzt und von netten Cafés gesäumt. An jeder Ecke steht Polizei. Abseits davon ist die Altstadt eher runtergekommen. Viele Läden stehen leer und in manchen Straßen fühlt man sich auch tagsüber nicht wohl. Argentiniens Krisen treffen auch Uruguay jedes Mal und gerade in Montevideo zeigt sich das. Wieder fühlen wir uns fast wie in einem anderen Land. Neben Jetset, Hippies und Gauchos gibt es natürlich auch in Uruguay Armut und soziale Ungleichheit. Um 19.30 Uhr geht unsere Fähre nach Buenos Aires. Das Schiff Papa Francisco von Buquebus gehört zu den schnellsten Fähren der Welt. In unter 3 Stunden schafft es die Distanz zwischen Montevideo und Buenos Aires. Leider hat die Fahrt dadurch den Charme eines Kurzstreckenfluges. Nach draußen kann man nicht, dafür gibt es einen riesigen Duty Free Shop.
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  • Day 26–27

    Buenos Aires - La Recoleta

    January 22, 2023 in Argentina

    Vor unserer Weiterfahrt nach Paraguay haben wir noch einen Tag in Buenos Aires. Für ein bisschen Kontrast zum letzten Aufenthalt haben wir dieses Mal eine Unterkunft in La Recoleta gebucht. La Recoleta ist der Stadtteil der Schönen und Reichen und hat außerdem ein sehr aktives Nachtleben. Müde und hungrig schieben wir uns nach unserer Ankunft um Mitternacht durch die Partygänger und landen schließlich bei McDonalds. Überall anders hat die Küche schon geschlossen. Am nächsten Morgen muss ich nach mehreren entnervenden Telefonaten feststellen, dass meine Bankkarte gesperrt wurde. Der Grund ist unklar. Scheinbar weil ich drei Wochen zuvor eine Rückbuchung veranlasst hatte. Über die Konsequenzen wurde ich leider nicht aufgeklärt und irgendwie hatte man mir auch vergessen Bescheid zu geben. Die neue Karte liegt bereits in München in unserer Wohnung bereit - wie praktisch. Wir versuchen uns davon nicht die Laune verderben zu lassen und ziehen los. Ganz Recoleta-like frühstücken wir in einem französischen Café, das Mehl und Butter aus Frankreich importiert. Das merken wir erst als wir schon bestellt haben...dekadenter gehts kaum. Das Straßenbild ist geprägt von schick gekleideten Menschen mit sehr kleinen Hunden. Der Stadtteil ist bei Touristen vor allem wegen des historischen Friedhofs bekannt, auf dem unter anderem Evita Perón begraben ist. Der ist auch unser erstes Ziel. Zwischen den riesigen Mausoleen ist die Hitze kaum zu ertragen und irgendwie sind wir nicht in Friedhofsstimmung. Wir verlassen ihn daher fluchtartig unter Protest des Wachmanns durch den Eingang. Ein paar Meter weiter versöhnt uns das Centro Cultural de la Recoleta wieder mit dem Stadtteil. Ehemalige Klostergebäude sind zu einem rieseigen Public Space umgebaut worden. Der Zugang ist gratis und für alle offen. Es gibt Ausstellungsräume, klimatisierte Aufenthaltsbereiche, Bastelecken für Kinder, Proberäume und Tanzsäle. Von dort laufen wir durch die glühende Hitze zur Biblioteca Nacional, der Asphalt ist so heiß, dass man ihn durch die Schuhsohlen spürt. Die Bibliothek ist in einem tollen brutalistischen Bau untergebracht, aber leider den ganzen Januar geschlossen.
    Wir fahren mit der Metro nochmal ins El Ateneo, weil wir unsere Einkäufe dort bei der letzten Abfahrt im Taxi liegen gelassen hatten. Im Café, dass auf der ehemaligen Bühne des Theaters eingerichtet ist, erholen wir uns bei Klaviermusik ein bisschen von der Hitze. Bei der Bezahlung wird die Karte meines Freundes ebenfalls abgelehnt. Nun sind wir doch etwas gestresst. Mit Mühe überzeugen wir die Kellner, dass wir mit Euro zahlen können - zu einem unterirdischen Kurs. Abends geht es wieder nach Retiro zum Busbahnhof. Um 20.00 Uhr treten wir die 12,5 h lange Fahrt nach Posadas an der paraguayischen Grenze an. Wir haben die Superluxusvariante mit 180° klappbaren Sitzen gewählt und lassen uns vom Bus in den Schlaf schaukeln.
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  • Day 28

    Über die Grenze nach Encarnación.

    January 24, 2023 in Argentina ⋅ ☀️ 36 °C

    Abends um 20.00 Uhr sind wir in Buenos Aires eingestiegen, morgens um 05.30 Uhr weckt uns die Sonne auf dem platten Land in den Subtropen. Palmen, rote Erde und einfach sehr viel Platz umgeben uns. Als wir um 08.00 Uhr in Posadas aussteigen ist es bereits warm und feucht. Wir nehmen einen der Servicios Internacionales, Stadtbusse die über den Paraná und damit über die Grenze nach Encarnación fahren. An der Grenze müssen alle aussteigen. Das argentinische Grenzzentrum hat Toiletten (hochwillkommen bei uns) und ist in einem klimatisierten Gebäude untergebracht. Auf der anderen Seite der Brücke erwartet uns eine andere Welt: in der prallen Sonne stehen wir mit unserem ganzen Gepäck an ein paar Baracken an. Die Einreise verläuft dann aber problemlos. Unser Bus ist allerdings weg und wir müssen auf den nächsten warten (ist so eingeplant). Dieser schiebt sich dann durch das Gewühl hinter der Grenze. Das ganze Viertel schein ein einziger Markt und auf den umherflitzenden Motos werden die unglaublichsten Dinge transportiert. Verkehrsregeln sind eher nicht erkennbar. Etwas weg von der Grenze ist es deutlich ruhiger und um 10.30 Uhr kommen wir am Busterminal an. Wir tauschen unsere letzten Euro in Guaraní um die Weiterfahrt zu bezahlen. Zu spät sehen wir, dass es auch einen Geldautomaten gegeben hätte. Um uns die Stunde bis zur Weiterfahrt zu vertreiben spazieren wir als gute Touristen zur einzigen Sehenswürdigkeit - der Strandpromenade mit Blick auf Posadas. Der Fluss ist hier extrem breit und es gibt sogar einen kleinen Strand. Aber es ist einfach nur sehr heiß und wir schleppen uns zurück zum Bus. Wie wir feststellen müssen haben wir uns für eine sehr einfache Busgesellschaft entschieden. Der Bus hat keine Klimaanlage, dafür pustet der Wind durch die offenen Fenster. Die Stoßdämpfer sind hin und Passagiere werden quasi überall aufgenommen. Schicksalsergeben und übermüdet schaukeln wir mit Stopps alle paar Kilometer durch die paraguayische Landschaft. Bis vor ein paar Jahrzehnten war das Land vollständig bewaldet. Heute ist ein Großteil abgeholzt um Platz für Vieh und Soja zu schaffen. Größere Ansammlungen von Bäumen sind meistens Eukalyptus und Fichten, schnellwachsendes Holz zum Bauen und für die Papierherstellung. Nach 3,5 Stunden sind wir endlich in San Ignacio. Es ist mittlerweile 15.00 Uhr - vor 19 Stunden sind wir in Buenos Aires gestartet. Gott sei Dank warten schon ein paar Taxifahrer und wir müssen nur noch 20 Minuten ins idyllische Santa Maria hinter uns bringen.Read more

  • Day 29–31

    Santa Maria de Fe von der Hängematte aus

    January 25, 2023 in Paraguay ⋅ ☀️ 35 °C

    Santa Maria de Fe ist ein kleines Dorf in Provinz Missiones. Ich kenne Santa Maria, weil ich vor ein paar Jahren hier für ein Forschungsprojekt mit zwei Kolleginnen die Holzskulpturen des örtlichen Museums untersucht habe. Santa Maria wurde von den Jesuiten im 17. Jahrhundert als Guaraní Mission gegründet. Die Struktur der Mission ist weitgehend erhalten, die Gebäude leider nicht. Nur direkt an der Plaza gibt es noch ein paar Wohnhäuser in denen ursprünglich höher gestellte Guaranífamilien lebten. An der Plaza gibt es auch das einzige Hotel. Das Santa Maria Hotel hat nur fünf Zimmer und ist ein wirkliches Kleinod. Die Zimmer sind liebevoll mit lokalen Handwerksprodukten eingerichtet und es gibt einen wunderschönen Garten mit einer Hängematte, die in einem alten Mangobaum hängt. Nach 19 Stunden Busfahrt machen wir erstmal nichts anderes als faul "rumzuhängen". Da es in Santa Maria kein Restaurant gibt, kann man Essen ins Hotel bestellen, das von einer Frau aus dem Dorf gekocht wird. Vorher raffen wir uns noch kurz auf den Sonnenuntergang am Dorfrand anzuschauen. Die Straßen sind mit kleinen Steinen gepflastert und uns begegnen Kühe, Hühner und Hunde. Die Leute starren einen an als wär man ein Alien, ein freundliches zwar, aber trotzdem ein Alien. Das Lustige ist, dass man trotzdem immer wieder auf Englisch angesprochen wird. Für ein Dorf in Paraguay ist das schon ziemlich kurios, wenn man bedenkt, dass die erste Sprache der meisten hier Guaraní ist. Das liegt an einer Engländerin, die hier schon ewig lebt und mit ihrer Stiftung kostenlosen Englischunterricht für die Dorfjugend anbietet. Ihr ist auch das Hotel zu verdanken, dass von einem ehemaligen Stipendiaten der Stiftung geführt wird.
    Noch vor dem Frühstück treffen wir am nächsten Morgen auf der Plaza die örtliche Brüllaffenhorde. Sie lebt in den Bäumen der Plaza und im Garten des Museums. Die Gemeinde hat einen eigenen Affenbeauftragten, der sie einmal in der Woche mit Bananen versorgt. Sie lassen sich füttern sind aber sonst nicht sehr zutraulich oder gar aggressiv. Den Rest des Tages hängen wir wieder in der Hängematte rum. Laura, der gute Geist des Hotels macht uns Terere. Das ist die paraguayische Form des Mate. Man gießt den Mate, der oft mit Kräutern wie Minze oder Boldo gemischt ist, mit eiskaltem Wasser auf. In das Wasser werden ebenfalls frische Kräuter und Wurzelsude gegeben. Diese kann man am Straßenrand bei den Yuyeras kaufen. Für jedes erdenkliche Leiden oder Bedürfnis wird eine extra Mischung zusammengestellt. So lässt sich die absurde Hitze gut ertragen. Nur ich bin kurz gestresst, weil ich versuche unsere Bustickets nach Brasilien online zu buchen, kein Vergnügen, wenn man Ausländerin ist. Um unsere Weiterfahrt nach Asunción kümmert sich netterweise Laura. Am Nachmittag haben wir einen kurzen Aktivitätsschub und machen eine Führung durch das kleine Museum. Hier sind die Skulpturen ausgestellt, die ursprünglich in der Missionskirche standen. Auch hier kann man Führungen in tadellosem Englisch bekommen. Wir spazieren noch ein bisschen durchs Dorf und Essen wieder im Hotel.
    Am nächsten Morgen geht es nach San Ignacio. Von hier geht unser Bus nach Asunción. Wir essen im La Arcadia, dem besten Restaurant in der Region. Es gehört der Frau eines lokalen Künstlers und man bekommt typisch paraguayisches Essen: Chipa Guazu (eine Art Maissouffle mit Käse und Zwiebeln), Sopa Paraguaya (ein Maiskuchen), Chastaka (Trockenfleisch mit Frühlingszwiebeln und Paprika) oder Madió Chyryry (Mandioka mit Ei und Speck). Außerdem isst man in Paraguay auch viel gegrilltes Rindfleisch und Flussfisch wie Surubí. Die Lokale auf dem Land haben meistens nur Mittags auf, da eher Geschäftsleute oder Menschen, die zur Arbeit in der Stadt sind Essen gehen. Abends bekommt man höchstens Fastfood. Vor unserer Weiterfahrt gehen wir noch in das Museum von San Ignacio. Auch San Ignacio wurde als Mission gegründet. Erhalten sind nur ein paar Häuser an der Plaza und die ehemaligen Werkstätten. Hier ist ebenfalls eine große Sammlung an Skulpturen aus der ehemaligen Dorfkirche ausgestellt. Danach warten wir ewig bei 38° auf unseren Bus. An den leichten Schweißfilm auf der Haut und die rote Erde, die alles verfärbt muss man sich hier einfach gewöhnen. Das die Klimaanlage im Bus tatsächlich läuft merken wir erst als wir im noch heißeren Asunción völlig durchgeschwitzt aussteigen. Auch Nachts sind es noch über 28°C. Bus fahren in Paraguay kann sehr nervig sein. Die Busse halten ständig, damit Leute ein und aussteigen können, dadurch sind die Zeiten eher unkalkulierbar, wir schaffen es aber trotzdem in gut vier Stunden nach Asunción wo wir von Freunden abgeholt werden, die ich aus dem Projekt kenne.
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  • Day 30–33

    Asunción - im Schmortopf

    January 26, 2023 in Paraguay

    Unsere Freunde wohnen eigentlich in Lambaré einem Vorort von Asunción, allerdings merkt man die Übergänge von Asunción zu den vielen Vortorten in der Realität nicht wirklich. Als wir ankommen gibt es Pizza und wir haben uns erstmal viel zu erzählen. Am nächsten Tag machen wir ganz paraguayisch eine Stadtrundfahrt mit dem klimatisierten Auto. Da meine Freundin weiß, dass komische Europär:innen wie wir gerne zu Fuß auf eigene Faust eine Stadt erkunden, werden wir doch irgendwann rausgelassen. Die Familie fährt wieder nach Hause eher ungläubig, dass wir uns das bei der Hitze wirklich antuen wollen (mehrere besorgte WhatsApp Nachrichten, ob wir nicht doch lieber nach Hause in den Pool kommen wollen folgen). Wir schlagen uns erst tapfer, irren dann aber doch eher wie schlecht gelaunte, überhitzte Zombies ziellos durch die Innenstadt. Sobald man sich hinsetzt, wird man belagert von Menschen, die Zigaretten oder Geld möchten, geht man ist man sofort klatschnass geschwitzt. Eigentlich wollte ich nie wieder um diese Jahreszeiten nach Paraguay, aber was tut man nicht alles um der Freundschaft willen. Wir versuchen es mit Museen, aber leider haben die nicht unbedingt eine Klimaanlage und drinnen ist es dann noch schlimmer. Ungefragt bekommen wir jedes Mal eine Führung und so lernen wir etwas über das Eisenbahnmuseum, das Unabhängigkeitsmuseum, das Nationalarchiv und das Stadtmuseum - alles schwitzend. Mittags essen wir im Bolsi, meinem Lieblingsrestaurant und einer Institution in der Innenstadt. Mit vollem Magen und nach dem kühlen Restaurant ist es noch schlimmer und wir sind kurz davor aufzugeben. Aber gute Touristen die wir sind, geben wir nicht auf. Ein doppelter Espresso im Lido, dem zweiten Traditionslokal gibt uns wieder Energie und wir laufen noch zur Manzana de la Rivera. In dem Block, der aus mehreren historischen Häusern besteht ist heute ein Kulturzentrum untergebracht. Von dort geht es zur Loma San Geronimo, einem "Barrio Popoular", das sich zum ersten Touristenviertel Paraguays erklärt hat. Die engen Gassen des Viertels sind bunt bemalt und in einigen Häusern gibt es Bars und einen Aussichtsturm. Leider ist gerade nichts los. Die Menschen machen das alles nach ihrer Arbeit daher sind die "Attraktionen" nur sporadisch geöffnet. Ein netter Spaziergang ist es trotzdem.
    Abends machen wir ein Asado. Gegrillt wird im Garten, aber gegessen wird drinnen. Zum einen weil es draußen zu heiß ist, zum anderen grassieren in Paraguay regelmäßig Dengue und andere tropische Fieber. Unsere Freunde haben ein drei Monate altes Baby, das noch kein Mückenspray verträgt und für das Dengue gleichzeitig tödlich verlaufen kann. Wenn es irgendwie geht bleibt es daher im Haus. Auch für den achtjährigen Sohn ist Dengue eine ernste Sache. Jedes Mal wenn wir das mit Moskitonetzen bestückte Haus verlassen sprühen wir uns alle ein. Der Nahverkehr ist chaotisch und deswegen fährt man wenn es geht überall mit dem Auto hin. Auf der Straße spielen oder alleine zum Schwimmunterricht gehen ist da eher nicht möglich. Schon eine ganz andere Kindheit, als wir sie hatten.
    Am nächsten Morgen fahren wir alle zusammen auf den Cerro Lambaré, von hier aus hat man einen tollen Ausblick auf die Stadt und den Fluss. Zum Mittagessen gibt es Chipa Guazu, ein Maisoufflee mit Käse und Zwiebeln. Nachmittags fahren wir auf den Mercado 4. Der Mercado 4 war ursprünglich eine Markthalle, der Mercado Municipal no. 4. Heute hat er sich über das ganze Viertel ausgebreitet. In einem unüberschaubaren Gewirr aus Gassen und Ständen kann man wirklich alles kaufen. Obst, Gemüse, Fleisch, aber auch lebende Tiere, Pflanzen, Kleidung, Videospiele und allerlei illegales. Teilweise sind es Marktstände im Freien, teilweise sind es kleine Einkaufspassagen in Gebäuden. Ich verliere innerhalb kürzester Zeit die Orientierung. Viele Waren wie Öl, Waschmittel oder Windeln werden aus Argentinien geschmuggelt und sind daher um ein vielfaches billiger als im Supermarkt. Unsere Freunde kommen deshalb für den wöchentlichen Großeinkauf her. Für die paraguayische Mittelschicht ist es schwer bei den Gehältern ihren Lebensstandard zu halten. Nur mit solchen halblegalen "Ausgleichsmärkten" ist das überhaupt möglich. Besonders toll ist der Kräutersektor, aus allen Läden hier strömt ein unglaublicher Duft. Bei den Bolivianern, die ganze Straßenzüge belegen und ihre andine Kultur samt Prozessionen zur Ehren einer eigenen Jungfrau pflegen, gibt es zum Beispiel warme Kleidung zu kaufen. Die braucht man in Paraguay nur an wenigen Tagen im Jahr, aber manchmal halt doch. Auch eine koreanische Community gibt es. Sie betreiben meist Import-Export Geschäfte und ihre Häuser sind häufig Lager und Wohnung zugleich. Auf dem Markt wurde übrigens der international prämierte Film "7 Cajas" (7 boxes) gedreht.
    An unserem letzten Morgen gibt es Mbeyu, ein Fladen aus Mandiokastärke, Käse und Butter und Chipas. Das ist ein traditionelles Gebäck aus Mandiokmehl, Maismehl und Käse. Der Abschied fällt uns allen schwer, als wir um 13.00 Uhr den Bus nach Ciudad del Este besteigen. Im Gepäck haben wir Chipas, Mbeyu, Chipa Guazu und selbstgemachte Empanadas.
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  • Day 32

    Grenzübertitt für Fortgeschrittene

    January 28, 2023 in Paraguay ⋅ ☀️ 34 °C

    Nach einer typisch paraguayischen Busfahrt mit vielen Stopps, einziges Highlight war eine kleine Bergkette (!), die wir kurz hinter Asunción überwinden mussten, kommen wir nach über 6 Stunden in Ciudad del Este an. Über die Stadt hatten wir schon viel gehört: gefährlich, wuselig, chaotisch, schwer bewaffnete Wachen vor den Geschäften. Schließlich ist sie die größte Freihandelszone Südamerikas und zieht daher alle möglichen Menschen an. Einige Berühmtheit erlangte sie vor ein paar Jahren durch einen spektakulären Banküberfall. Eine bewaffnete Gruppe griff simultan mehrere Polizeistationen in der Stadt an, eine weitere sprengte in dieser Zeit ein Loch in den Tresorraum einer großen Bank und floh mit dem erbeuteten Geld über die Grenze nach Brasilien. Aber als wir am Terminal ankommen wirkt es eher, naja - tot, die Umgebung ländlich, eigentlich sehr friedlich. So friedlich, dass wir erst Bedenken haben ob wir von hier überhaupt weiterkommen. Als wir dann sofort ein Taxi bekommen, dass uns über die Grenze nach Foz do Iguacu fahren kann, sehen wir uns schon mit Caipirinhas auf der Dachterasse unseres Hotels sitzen, sind ja nur 30 Minuten Fahrt. Als der Taxifahrer hört, dass wir nach Brasilien einreisen müssen (bei Tagestrips geht das auch ohne Einreise), runzelt er kurz die Stirn und meint wenn er lange warten muss, müssen wir etwas mehr zahlen. Wieviel? 3 Euro. Ach so, kein Problem. Wir fahren durch die menschenleere Stadt. Für paraguayische Verhältnisse wirkt sie eher modern, mit hohen Gebäuden und breiten Straßen. Die Geschäfte sind schon alle geschlossen. Scheinbar haben die nur bis mittags auf. Gotham City schläft. Die Ausreise aus Paraguay ist schnell erledigt. Die Beamten sitzen in einem unscheinbaren Gebäude mit angeschlossener Touriinfo. Weiter geht´s über die Puente de la Amistad über den Paraná nach Brasilien. Dort erwartet uns eine riesige Grenzanlage, die einen eher an die USA denken lässt: Absperrungen, Flutlicht, martialische aussehende Grenzbeamte mit schusssicheren Westen - und eine lange Schlange. Langsam verstehen wir, was der Taxifahrer meinte mit "in Brasilien gibt es nur eine", das meint einen Grenzbeamten für alle Ein- und Ausreisenden. Als der Taxifahrer die Schlange sieht, sagt er gleich, es wäre besser für alle wir zahlen jetzt und nehmen auf der anderen Seite ein neues Taxi. Ehe wir uns versehen sind wir draußen mit unserem Gepäck. Wie lang die Schlange ist, sehen wir erst jetzt. Zwei Stunden warten wir in der Hitze bis wir endlich dran sind. Inzwischen ist es 22.00 Uhr und dunkel. Die Einreise ist völlig unspektakulär, der Beamte will nichts von uns sehen außer unseren Pässen. Wir hätten ohne Probleme den ganzen Rucksack voller Drogen haben können. Erstmal lässt er uns aber ein paar Minuten stehen und scherzt mit seinen Kollegen, holt sich was zu trinken. Man könnte fast denken, das Ganze sei reine Schikane.. Zu Fuß laufen wir über die Grenze. Dort ist alles dunkel und verlassen, der Taxistand hat geschlossen. Nur eine Bar ist noch geöffnet aus der laute Musik kommt, ein paar betrunkene Männer sitzen davor. Es gibt nur Motorradtaxis, die uns aber wegen des Gepäcks nicht mitnehmen können. Der nette Mototaxista versucht uns ein Taxi zu rufen hat aber keinen Erfolg. Er empfiehlt uns die vierspurige Straße zu überqueren und im Stau, der sich bei der Einreise nach Paraguay bildet ein paraguayisches Taxi zu suchen, das nochmal umdreht. Wir finden nur ein besetztes brasilianisches Taxi. Der Taxifahrer verspricht uns auf der Rückfahrt aufzusammeln, zum Abschluss meint er noch wir sollen bei den Mototaxis warten, es wäre gefährlich hier. Wie beruhigend. Kurz kommt uns der Gedanke einfach ins beschauliche Paraguay zurückzulaufen. Bange 15 Minuten warten wir mit unserem ganzen Gepäck in der unwirtlichen Gegend. Dann kommt der Taxifahrer wie versprochen und wir brausen durch die menschenleeren Straßen von Foz. Foz ist eine relativ gesichtslose Stadt mit breiten Straßen und hohen Gebäuden. Unser Hotel ist im Zentrum, das auch nur aus einer vierspurigen Straße und vielen Bars besteht. Als wir ankommen ist es 23.00 Uhr und wir sind ziemlich am Ende, denn es ist immer noch heiß. Hungrig sind wir trotzdem und so suchen wir in der Partymeute nach etwas zu essen. In einem OpenAir Foodcourt, der sich in einer Art Käfig befindet, wer hier vor wem geschützt wird ist unklar, warten wir quälend lang auf unser Fastfood. Aus den Bars dröhnt in voller Lautstärke Funk Carioca, ein Musikstil aus den Favelas von Rio, nervig ist er trotzdem.
    Die Moral von der Geschichte: entweder man kommt morgens in Ciudad del Este an oder man bucht gleich einen durchgehenden Bus nach Foz.
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  • Day 33–35

    Iguazu in 1,5 Tagen

    January 29, 2023 in Brazil ⋅ ☁️ 31 °C

    Die Wasserfälle des Iguazu gehören mit den Victoria Falls und den Niagarafällen zu den größten Wasserfällen der Erde. Sie sind in jedem Fall die breitesten. Die Grenze zwischen Brasilien und Argentinien verläuft mitten durch den Iguazu. Die meisten der Fälle sind in Argentinien, den Panoramablick hat man aber von Brasilien aus. Auf beiden Seiten gibt es einen Nationalpark, um beide Seiten zu sehen muss man aber außen herum über die Grenze fahren. Theoretisch ist das in einem Tag möglich, da die brasilianische Seite eigentlich in 1,5 - 2 Stunden zu besichtigen ist. Wir hatten 1, 5 Tage. Etwas gerädert von unserem nächtlichen Grenzübertritt kommen wir morgens nur sehr langsam in die Gänge. Um 10.15 Uhr stehen wir an der Haltestelle um mit dem Bus nach Argentinien zu fahren. Irgendwie meinen wir verstanden zu haben, dass man damit direkt zum Parkeingang fährt. Als der Bus nach einer halben Stunde kommt, stellen wir fest, dass er nur nach Puerto Iguazu, also in die Stadt auf argentinischer Seite fährt und wir von dort ein anderen Bus nehmen müssen. In einer blödsinnigen Kurzschlussreaktion steigen wir wieder aus und wollen jetzt doch ein Taxi nehmen, weil es schon so spät ist. Der Taxifahrer verlangt 40 Euro ungefähr 10mal so viel wie der Bus, aber der ist ja jetzt weg. Der Taxifahrer erklärt uns, wir müssten aus Brasilien aus und nach Argentinien einreisen. Wir haben das anders in Erinnerung, aber er ist sich ganz sicher. Als wir keine 24 Stunden später wieder in einer Schlange an der brasilianischen Grenze stehen und der verschmähte Bus dann einfach an uns vorbei fährt ohne auch nur anzuhalten, lasse ich mich trotz meines rudimentären Portugiesisch nochmal auf eine Diskussion mit dem Taxifahrer ein. Unser Trauma sitzt tief. Irgendwann bekommt ein anderer Taxifahrer unseren Streit mit und klärt auf: wir müssen nicht aus Brasilien ausreisen, nur in Argentinien einreisen, wenn wir nur zu den Wasserfällen wollen und am gleichen Tag zurück sind. Okay. Also alle wieder rein ins Taxi. In Argentinien müssen wir nicht aussteigen, sondern können im Taxi sitzen blieben. Fast eine Stunde später sind wir am Parkeingang. Online konnten wir leider keine Tickets kaufen, weil die Seite unsere Kreditkarten nicht akzeptiert. Also stellen wir uns brav an. Als wir dran sind heißt es: Barzahlung nur in Argentinischen Pesos (ham wir nicht) und Visa funktioniert heut nicht (ham wir). Wir können im Laden tauschen, sagt die Dame wenig freundlich. Im Laden sagt man mir, man wäre keine Wechselstube, ich müsste schon was kaufen, dann tauschen sie meine Reales. Als ich mit ein paar Flaschen Wasser zurückkomme muss ich feststellen, dass der Wechselkurs so absurd schlecht ist, dass ich nicht genug Reales für den Eintritt habe. Die Verkäuferin merkt wohl, dass ich kurz vor dem Nervenzusammenbruch bin und flüstert mir verschwörerisch zu, ich solle mal die Taxifahrer fragen, da wäre der Kurs besser. Also ab zu den Taxifahrern. Einer von ihnen führt mich in ein kleines Kabuff in dem sehr filmreif ein übergewichtiger Typ in weißem Hemd hinter einem klapprigen Holztisch sitzt umringt von weiteren übergewichtigen Typen in weißen Hemden. Natürlich alles Taxifahrer, die Szene könnte aber auch aus "Der Pate" sein. Für meine Reales bekomme ich jetzt den Eintritt plus noch etwas oben drauf. Ich finde noch ein paar paraguayische Guaraní. Ob ich die auch tauschen kann? Klar! Alles besser als Pesos, die täglich an Wert verlieren. Der Eintritt und die Rückfahrt sind also gesichert. Im Park werden dann natürlich wieder alle denkbaren Zahlungsmittel akzeptiert.
    Der argentinische Park ist deutlich naturbelassener und weniger auf Erlebnis getrimmt als der brasilianische. Es gibt mehrere kleine Wanderwege und man kann dort ohne Probleme 1-2 Tage verbringen. Minimum sind 4-5 Stunden. Die Hauptattraktion ist eigentlich der Steg zum oberen Teil der Garganta del Diabolo, dem höchsten Wasserfall. Der ist wegen Hochwasser aber leider geschlossen. Wir begnügen uns deshalb mit den anderen Wegen, die einmal oberhalb und einmal unterhalb der anderen kleineren Fälle entlangführen. Mittags machen wir an einem der Kioske Pause. Dort zu essen ist gar nicht so einfach. Da Coatis (Nasenbären) und Affen von den Touristen so angefüttert wurden, dass sie jede Scheu verloren haben und teilweise ziemlich aggressiv werden. Die Coatis sind dabei einfach penetrant und versuchen mit scharfen Zähnen und Krallen zu "überzeugen", die Affen sind vor allem sehr schnell. Ein Mitarbeiter warnt immer wieder davor, dass sie nicht nur Essen und Getränke (wie verlieren fast eine Coladose an sie), sondern auch Kameras, Sonnenbrillen und anderes entwenden.
    Um 17.00 Uhr schließt der Park auf unserem Rückweg begegnet uns noch ein Tukan und ein paar etwas schüchternere Affen. Zurück fahren wir mit dem Bus.
    Am nächsten Morgen machen wir uns auf zum brasilianischen Parkeingang. Diesmal gleich mit dem Taxi. Wir haben Tickets für 10.00 Uhr online gekauft. Am Eingang steigt man gleich in einen Doppeldeckerbus und wird an den Anfang des Panoramawegs gefahren. Dieser führt ein paar Kilometer immer mit Blick auf die argentinischen Fälle bis zur Garganta del Diabolo, die man hier von unten sehen kann.
    Um 14.00 Uhr sind wir wieder mit dem Bus am Hotel angekommen. Vor der Weiterfahrt springen wir noch kurz in den Dachterrassenpool unseres Hotels. Um 16.45 Uhr geht es weiter mit dem Nachtbus nach Campo Grande.
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  • Day 35–37

    Pantanal

    January 31, 2023 in Brazil ⋅ 🌧 30 °C

    Die Nacht im Bus ist ziemlich anstregend. Die Klimaanlage ist extrem kalt eingestellt und ungefähr 1 mal die Stunde hält der Bus. Das wird jedes Mal laut angesagt. Einziges Highlight ist der Abendessenstopp irgendwo im nirgendwo wo nachts um halb 12 noch ein all-you-can-eat Buffet an Truckerfahrer serviert wird. Da können wir nicht widerstehen und essen auch nochmal. Um 06.30 Uhr kommen wir in Campo Grande, der Hauptstadt von Matto Grosso do Sul, an. Wir nehmen als erstes ein Taxi zum Flughafen um unseren Mietwagen anzunehmen. Dann geht es weiter in Richtung Pantanal. Der Pantanal ist das größte Binnenfeuchtgebiet der Erde. Er liegt zum größten Teil in Brasilien, aber auch teilweise in Paraguay und Bolivien. Wir müssen etwa vier Stunden fahren, was nach der Nacht eine ziemliche Herausforderung ist. Alle 45 Minuten gibt es deswegen einen Kaffee Stopp. Wir lernen dabei alle Formen der brasilianischen Raststätten kennen: von der skurrilen Rodobar, die eher an einen kitschig dekorierten Kiosk erinnert, über das Ausflugsrestaurant mit Souvenirshop bis hin zum Tank und Rast Pendent. Als wir kurz hinter Miranada nochmal am Straßenrand halten erwartet uns ein Überfallkommando - aus Mücken. Innerhalb von Sekunden sind wir völlig zerstochen und das ganze Auto ist voll davon. Verzweifelt versuchen wir gleichzeitig zu fliehen, sie zu erschlagen und uns einzusprühen. Von außen vermutlich ziemlich witzig, vor allem weil wir fast am Mückenspray ersticken.
    Kurz vor dem Ziel biegen wir auf die Estrada do Parque ein. Die Straße führt direkt durch den Pantanal und ist nicht geteert. Natürlich fängt es an zu schütten, sodass man die Schlaglöcher gar nicht mehr sieht. In regelmäßigen Abständen gibt es Holzbrücken, die aussehen wie Eisenbahnbrücken ohne Schienen. Man muss ein bisschen Zielen um die Spur zu treffen. Es ist trotzdem sehr schön - Tukane fliegen über die Straße und im Straßengraben liegen kleine Kaimane. Kurz bevor wir die Unterkunft erreichen müssen wir über den Passo do Lontra, die einzige große Brücke auf der Straße. Die Armierung der Fahrbahn liegt frei und man muss aufpassen, dass man sich nicht die Reifen aufsticht. Unsere Unterkunft liegt direkt am Rio Miranda. Unser Zimmer hat eine kleine Veranda mit Flussblick und Mosquitonetzen, sodass wir ungestört draußen sitzen können. Der erste Programmpunkt (wir haben zum Zimmer gleich noch Programm gebucht) ist Piranhafischen. Jede Menge Vögel stehe schon bereit um den Fang der Touris zu verspeisen. Mir tut es irgendwie Leid die Fische nur so zum Spaß zu angeln. Ein Regenguss beendet dann das Programm für den Tag. Am nächsten Morgen ist Frühstück um 06.30 Uhr angesagt. Um 07.30 Uhr sitzen wir schon im Safaritruck und fahren die Estrada do Parque weiter. Plötzlich stoppt unser Guide Max das Auto und springt ganz aufgeregt vom Truck. Ohne zu schauen ob wir überhaupt folgen läuft er querfeldein auf eine Weide. Ein großer Ameisenbär, flüstert er. Gegen den Wind pirschen wir uns heran. Die Tiere sehen quasi nichts und so kommen wir ganz nah heran. Sogar Max zückt sein Handy. Große Ameisenbären sind vom Aussterben bedroht, u.a. weil sie nicht schnell genug sind um vor den Buschfeuern zu fliehen. In dieser Gegend gibt es kaum noch welche. Ein Vogel bemerkt uns schließlich und schlägt mit seinem Warnschrei den Ameisenbär in die Flucht. Auf dem Rückweg sehen wir noch ein kleines Gürteltier. Nachmittags fährt Max mit uns den Fluss hinauf und wir lassen uns im Wasser zurück zur Lodge treiben. Gruselfaktor durch Kaimane inklusive. Um 18.00 Uhr machen wir eine Bootstour. Ein paar Tage zuvor war ein Jaguar in der Gegend, morgens haben wir auch Spuren auf der Straße gesehen. Abends suchen wir ihn vergeblich, aber der Sonnenuntergang ist trotzdem sehr schön. Und zum Trost gibt es Affen und Capibaras. Am nächsten Morgen gibt es noch eine Bootssafari. Der Jaguar bleibt verschwunden, aber wir treffen ein paar Riesenotter. Nach dem Mittagessen geht es für uns mit dem Auto schon weiter nach Bonito.
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  • Day 39–42

    Bonito

    February 4, 2023 in Brazil ⋅ ☁️ 28 °C

    Nach dem Mittagessen geht es auf nach Bonito. Die Fahrt dauert etwa drei Stunden. Kurz nach dem wir losfahren säumen vor allem Sojaplantagen die Straße. Nur ein paar Hügel, die aus der Ebene ragen sind noch bewaldet. Am Straßenrand wird auch weiter fleißig abgeholzt um mehr Platz für Soja zu schaffen. Bonito ist ein kleiner Ort in der Nähe der paraguayischen Grenze und hat sich in den letzten Jahren zu der Ökotourismusdestination Brasiliens entwickelt. Matto Grosso do Sul ist ein Agrarstaat. Fast alles Land ist privat und in riesige Fazendas aufgeteilt. Nur der Pantanal ist als UNESCO Weltnaturerbe staatlich geschützt. Rund um Bonito hat man in den 90er Jahren begonnen, die Farmer davon zu überzeugen Teile ihres Landes oder teilweise auch die ganze Fläche freiwillig zu privaten Naturschutzgebieten zu erklären. Dieser Schutzstatus gilt dann für immer. Und so gibt es rund um Bonito ein paar Inseln in der Sojawüste, die allerdings alle auf privatem Farmland liegen. Die Farmer verdienen ihr Geld nun mit der touristischen Nutzung. Es sind immer nur eine begrenzte Anzahl an Touristen pro Tag erlaubt um einen möglichst sanften Tourismus zu garantieren. Der Boden rund um Bonito ist sehr kalkhaltig. Es gibt daher viele Tropfsteinhöhlen, Karsttrichter (Dolinen) und durch die Filterwirkung des Kalks gehören die Flüsse rund um Bonito zu den klarsten der Welt. Insgesamt gibt es einfach sehr viel Wasser, da es große unterirdische Süßwasserspeicher gibt. Die einzelnen "Passeios" muss man über Tourveranstalter in der Stadt buchen, den Transport organisiert man selbst oder man bucht ihn wieder einzeln dazu. Den Eintritt bezahlt man direkt an die Farmer, eine kleine Kommission geht an die Agentur.
    Unsere Unterkunft liegt in einem großen Garten und direkt vor unserem Zimmer gibt es Papageien und Tukane. Als wir am ersten Morgen aufwachen geht vor der Tür die Welt unter. Es gießt wie aus Eimern. Da unsere erste Station eine Höhle ist, machen wir uns darüber erstmal keine Gedanken. An der Gruta do Lago Azul angekommen, stehen wir trotzdem vor verschlossenen Türen. Nach einem kurzen Disput über WhatsApp (was sonst) mit der Agentur buchen sie uns einen Ersatz. Die Gruta Catedral. Dort angekommen dürfen wir erstmal das skurrile Museum bewundern in dem ein chaotisches Sammelsurium aus Schreibmaschinen, Autos und sonstigem Kram ausgestellt ist. Nach einer langatmigen Sicherheitseinweisung geht es los in die Höhle. Der Rest der Tour wird dominiert von der Lieblingsbeschäftigung vieler Menschen auf diesem Kontinent: "Tirarse Fotos", also Fotos machen. Ich meine Fotos machen wir ja alle, aber hier hat das nochmal ganz andere Ausmaße. Alle werden in den unterschiedlichsten Posen und Konstellationen an derselben Stelle fotografiert. Geduldig nimmt unsere Führerin Handys entgegnen und schießt Fotos - auf jeder einzelnen Treppe. Wir anderen warten brav in der Schlange bis wir dran sind. Die Höhle, die man gut in 30 Minuten besichtigen könnte wird so zu einer 1, 5 Stunden (Tor)tour. Eine Familie - wir nennen sie Familie Instagram - ist besonders fleißig beim posieren. Auch ein paar Brasilianer:innen sind genervt. Am Schluss drängeln wir uns einfach vor um nicht wieder ewig an der letzten Treppe zu warten, wir wollen ja auch gar keine Fotos. Am Nachmittag haben wir die größte Doline Südamerikas "gebucht". Durch den Wald drumherum und die steilen Felswände ist sie ein ideales Brutgebiet für rote Aras. Von den Aussichtsplattformen sieht man große Schwärme und wenn sie plötzlich auffliegen ist das ein ziemliches Spektakel. Am nächsten Tag sind wir den ganzen Tag in der Serra da Bodoquena, einem kleinen Gebirgszug. Die insgesamt 8 km lange geführte Wanderung (alles ist hier nur mit Guide möglich) führt an mehreren Wasserfällen vorbei und unterwegs kann man immer wieder in dem extrem klaren Wasser baden. Der Hauptwasserfall ist leider wegen Regenmangel ausgetrocknet. An unserem letzten Tag gehen wir in einem der Flüsse schnorcheln. Der Weg dorthin führt über 18 km Schotterpiste und teilweise fühlt es sich an wie in einem Computerspiel, wenn man versucht die Schlaglöcher zwischen die Reifen zu bekommen. Ich rase schon mit 80 km/h über die Straße und werde trotzdem noch überholt. Links oder Rechtsverkehr ist egal, man fährt dort wo die Straße es zulässt. Das Ganze hat irgendwie Rallyfeeling und wir sind ganz froh ohne Platten und sonstige Schäden anzukommen. Insgesamt ist in Bonito, ähnlich wie auf der brasilianischen Seite der Iguazufälle, für meinen Geschmack alles etwas überorganisiert. An jedem Passeio gibt es einen aufwendigen Empfangsbereich mit Pool, Restaurant und Hängematten. Die Wege sind alle akkurat angelegt und alles streng reglementiert. So der richtig unmittelbare Kontakt mit der Natur fehlt irgendwie, aber es scheint genau dass zu sein was die Menschen wollen. Bonito ist ein sehr beliebtes Sommerferienziel für Menschen aus Brasilien und dem benachbarten Paraguay.
    Mein Freund fliegt am Nachmittag von Bonito nach Sao Paulo, ich fahre mit dem Mietwagen zurück nach Campo Grande um meine Schwester zu treffen. Auf dem Weg gibt es Sojaplantagen so weit das Auge reicht und in jedem Ort eine Bayerniederlassung. An den Feldern stehen Werbeschilder für das verwendete Saatgut und große Werbetafeln für Pestizide. Zu allem Überfluss fliegt auch noch ein pestizidsprühendes Flugzeug über die Straße. In regelmäßigen Abständen sind auf dem Grünstreifen neben der Straße kleine Camps zu sehen die im vorhinein durch Straßenschilder angekündigt werden. Die Hütten bestehen nur aus ein paar Latten und großen Plastikplanen. Irgendwann verstehe ich, dass es sich um Camps indigener Communitys handelt. Der Streifen neben der Straße ist das einzige Land, das nicht in Privatbesitz ist. Irgendwie hinterlässt Bonito einen schalen Geschmack bei mir, auch wenn die erhaltenen Flecken Natur wirklich sehr schön sind.
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