Aus dem Alltag - In das Leben

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  • Dag 51

    Rainbow Colours over Sydney

    17. februar 2019, Australia ⋅ 🌬 30 °C

    Um uns herum viel nackte Haut, Männer mit freien Oberkörpern, Frauen und Männer in skurrilen Kostümen (nein, ich hatte keine Flügelchen an 😂), Regenbogenflaggen und bunte Buden soweit das Auge reicht, händchenhaltende Paare, putzige geschmückte Hunde, chilligen Beats, Technomusik und reichlich gute Stimmung. Wir lassen uns durch den Viktoria Park im Stadviertel Chippendale (wie passend 😊) treiben, wo heute mit einer Open-Air Veranstaltung das „Mardi Gras Festival“ eingeläutet wird, eines der weltweit größten Homosexuellen-Festivals, welches jährlich zwei Wochen lang mit Paraden, Veranstaltungen und Konzerten die Metropole Sydney ziert und Magnet für tausende von Homosexuellen, aber natürlich auch für tolerante Heteros ist. Schließlich geht es um Offenheit und die Nachricht ist klar: „No discrimination“, egal in welcher Form. Und das spürt man sofort um sich herum, jeder kann an diesem Tag sein wie er möchte, muss sich nicht verstecken oder mit komischen Blicken rechnen. Hier kommen jung und alt zusammen, vom Teenager, der gerade ein Gefühlskarussel seiner Sexualität erlebt, bis zum Rentner, der sich im reifen Alter nochmal neu entdeckt. Eine absolut interessante Mischung aus Menschen aller Schichten, Alterklassen und Nationen und ein friedliches, fröhliches Miteinander, das zeigt wie schön Toleranz sein kann.
    Wir verbringen hier einen entspannten eindrucksvollen Nachmittag bevor wir uns am Abend zu einem weiteren (etwas konservativeren) Farbenspiel begeben. Unser Ziel ist die berühmte Sydney Opera, deren skurrile Dächer jeden Abend von einer künstlerischen Laserprojektion geschmückt werden. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen und so erreichen wir pünktlich um 21 Uhr die monumentalen Stufen des Gebäudes, von denen man den besten Ausblick auf dieses Spektakel hat. Auch ohne Lasershow ist die Abendstimmung in der Hafenbucht bereits ein Highlight: entlang des Hafens schaffen Straßenmusiker mit ihren Stücken eine verträumte Atmosphäre, in die eine Richtung stets die erhabene inzwischen dezent beleuchtete Harbor Bridge und der bunt beleuchtete Luna Park im Blick, in die andere Richtung die hell erstrahlte Skyline Sydneys. Nach einem anstrengenden Tag voller Eindrücke gönnen wir unseren Füßen endlich eine wohlverdiente Pause, lehnen uns auf den Stufen zurück und genießen schließlich die bunte Show an der wohl berühmtesten Oper der Welt.
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  • Dag 52

    It's all about the ocean

    18. februar 2019, Australia ⋅ 🌬 32 °C

    „You stand on the beach and taste the salty smell of the wind that comes from the ocean, and inside you feel the warmth of never ending freedom, and on your lips the bitter, tear-soaked kiss of you lover. You‘ve never been to the ocean? Don’t you know what happens when you get to heaven? In heaven, all they talk about is the ocean. How gorgeously beautiful it is. They talk about all the sunsets they have seen. They talk about how the sun turned blood-red before it set. And they talk about how they felt when the sun is loosing its power. And how the cool water splashed forward and the only fire left was the fire in their souls.“

    (Zitat, Knockin‘ on Heaven‘s Door, 1997)

    In den letzten Wochen haben wir so viele unzählige schöne und trotzdem einsame Strände in Australien gesehen, die Kraft des Ozeans gespürt und die Sonne dabei beobachtet, wie sie im schier endlosen Wasser versunken ist. Man könnte meinen, irgendwann hat man sich daran satt gesehen, aber Ozean und Sonne üben eine nicht verschwindende Faszination aus. Es sind diese einzigartigen Momente, an denen man einfach nur wortlos aufs Meer starrt, geblendet vom Glitzern der Sonnenstrahlen, das tosende Rauschen der brechenden Wellen hört, den heftigen Wind auf seiner Haut und in seinen Haaren spürt und wie hypnotisiert für einen kleinen Moment alles um sich herum vergessen kann 😊
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  • Dag 55

    Oh Blue Mountains, where are you?

    21. februar 2019, Australia ⋅ 🌫 13 °C

    Der Wecker klingelt um 5:30 Uhr morgens, so früh wie seit Wochen nicht mehr. Ich fluche etwas beim Aufstehen, warum tun wir uns das an? Ich weiß, dass es Susi nicht anders geht und sie gekonnt versucht das Klingeln des Weckers zu überhören. Keine Chance, wir müssen raus. Schließlich haben wir für heute einen geführten Ausflug in die Blue Mountains gebucht, eine Art „Grand Canyon“ etwa 90 km nördlich von Sydney. Wir hören, dass es draußen ordentlich regnet, das steigert natürlich nicht sonderlich die Motivation, das warme Bett zu verlassen. Was für ein Mist, die Wettervorhersage hat gestern doch noch vorhergesagt, dass es heute mit hoher Wahrscheinlichkeit trocken sein soll. Nur 15% Regenwahrscheinlichkeit, wobei ich eigentlich nie richtig verstanden habe, was das tatsächlich heißt. Ich gehe aber mal davon aus, dass es somit nicht den ganzen Tag regnen soll. Wir raffen uns also auf und nehmen die nächste Bahn zu unserem Treffpunkt im Zentrum Sydneys. Zumindest bekommen wir auf diese Weise mal den alltäglichen Berufsverkehr mit und die schwachen Erinnerungen ans Berufsleben kehren für einen kurzen Moment zurück. Als wir die Harbor Bridge überqueren, können wir am Horizont sehen, wie sich einige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke drücken. Der Regen hat inzwischen auch aufgehört. Das macht doch Hoffnung für den Tag.
    Am Treffpunkt angekommen gönnen wir uns natürlich erstmal eine kleine Koffeinspritze und sind schließlich bereit für die Blue Mountains. Ein paar Minuten später treffen wir auch schon unseren Guide Peter, einen sympathischer australischen Lehrer um die 50, der auch gerade eine kleine Auszeit macht und die freie Zeit nutzt, um Besuchern die Schönheit der Blue Mountains zu zeigen. Zu unserer Runde gesellt sich dann auch noch Emma, eine Chinesin in etwa unserem Alter, die aus San Francisco kommt, bei AirBnB arbeitet und gerade Sydney bereist. Unsere kleine Gruppe ist damit schon komplett und wir starten unsere Fahrt Richtung Norden auf eine Höhe von bis zu 1000 m. Doch die Wetteraussichten sind inzwischen nicht wirklich vielversprechend. Es wird wohl den ganzen Vormittag regnen, wenn nicht sogar den ganzen Tag. Ich stelle mich also auf eine feuchtfröhliche Wanderung ein, bin aber noch motiviert, denn wir sind ja mit Regenjacke und wasserdichten Schuhen gut gerüstet. Peter ist auch noch guter Dinge, das Wetter hier könne schnell umschlagen, bei Wolken haben die Blue Mountains einen ganz besonderen Charme und die Natur zeigt Facetten, die man an sonnigen Tagen so nicht sehen kann. Am ersten Ausblickspunkt angekommen holt uns allerdings die Realität ein, und Peter kann uns leider nur mit Worten schildern wie wir jetzt eigentlich über die Blue Mountians in die Weite des Tals blicken würden. Wir sind inzwischen von einer dichten Nebelwolke umgeben, die die Sichtweite auf schätzungsweise knapp 50 m einschränkt. Peter ist noch optimistisch, dass sich der Nebel im Laufe des Tages noch lösen wird oder er uns zu Aussichtspunkten bringen kann, die eine freie Sicht gewähren werden. Was er zu diesem Zeitpunkt sicherlich selbst noch nicht weiß: wir werden die Blue Mountains an diesem Tag leider überhaupt nicht zu Gesicht bekommen 😩
    Wir verbringen die nächsten Stunden damit von einem Aussichtspunkt zum nächsten zu fahren, immer wieder auszusteigen, mal ein paar Schritte zu gehen, zu versuchen, eine Sicht auf die Blue Mountains zu erhaschen. Es ist wie verhext: die Wettervorhersage wird von Stunde zu Stunde schlechter und kurze Momente der Hoffnung mit Regenpause und etwas Licht am weißem Himmel werden kurze Zeit später durch einen weiteren Regenschauer oder eine dichte Nebelbank wieder zerstört. Am frühen Nachmittag muss schließlich auch Peter eingestehen, dass nichts mehr zu machen ist und gibt auf. Ein solches Wetter habe er seit Monaten nicht mehr erlebt. Volltreffer!!!
    So verwunderlich es klingt, wir erleben trotz allem einen abwechslungsreichen, interessanten und erlebnisreichen Ausflug. Peter erzählt uns viel über die australische Natur und die Blue Mountains, wir schnüffeln an verschiedenen Eukalyptusbäumen und Teebaum-Pflanzen, wandern durch mystische nebelige Wälder, machen Pause an eindrucksvollen Gesteinsformationen, diskutieren über die hohe Baristakunst in Australien, besichtigen bunte Street Arts, Susi darf auf einem antiken alten Flügel spielen und wir schauen uns eine lokale Kunstgalerie mit tollen Bildern an (unter anderem natürlich auch von den Blue Mountains, so dass wir sie indirekt ja doch irgendwie sehen können 😉). Peter macht wirklich einen tollen Job, uns trotz des miserablen Wetters bei Laune zu halten und zu motivieren (man merkt, dass ihn die Gegend persönlich wirklich begeistert und seine Leidenschaft ist).
    Alles in allem hat sich das frühe Aufstehen also dennoch gelohnt und vielleicht soll uns ja auch diese Naturschönheit Australien am heutigen Tag bewusst verborgen bleiben, damit wir einen guten Grund haben, irgendwann nochmal nach Sydney zurückzukehren 😊
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  • Dag 57

    Let's go surfing

    23. februar 2019, Australia ⋅ 🌬 18 °C

    Ich stehe am Bondi Beach, Australiens berühmtesten Strand. Es ist Samstag Nachmittag und normalerweise tummeln sich hier um diese Zeit
    tausende von Sonnenanbetern und Wassersportlern, um ihr Können und ihre Körper zur Schau zur stellen oder einfach nur um Spaß zu haben. Doch jetzt gerade lassen sich nur ein paar einsame Gestalten am Strand sichten, hauptsächlich eine kleine Gruppe von unerschrockenen Surfern. Kein Wunder, dass es menschenleer ist, es schüttet wie aus Kübeln und der Wind peitscht. Und was mache ich? Ich stehe da in meinem engen Wetsuit und warte auf meine allererste Surfstunde, eines meiner Must Do‘s für Australien. Da wir morgen Australien verlassen, ist heute die allerletzte Gelegenheit hierfür. „Warum tue ich mir das an?“ geht es mir für einen kurzen Moment durch den Kopf. Vor ein paar Minuten musste ich noch ein Formular unterzeichnen, welches die Surfschule von jeglichen Schadenseratzforderungen im Falle eines Unfalls freispricht, unter anderem Knochenbrüche, Quallenstiche, Haiattacken und Ertrinken. Das hat jetzt nicht gerade wirklich ermutigt. Aber dann denke ich wieder positiv: Nass werde ich ja sowieso und zumindest habe ich den ganzen Strand heute fast für mich alleine 🙂 Neben mir stehen noch vier weitere Surf-Opfer: ein Engländer und drei junge Chinesen. Komplettiert wird unsere Gruppe durch unseren heutigen Coach, eine Surffigur wie aus dem Leerbuch, ein Sunnyboy mit langen blonden Locken und guter Laune. „Let‘s go surfing“, ruft er und bevor wir wirklich nachdenken können, stürmen wir auch schon durch den Regenschauer Richtung Strand. Nach einem spartanischen zweiminütigen Aufwärmprogramm folgt die Sicherheitsunterweisung: unser Coach erzählt uns etwas von den gefährlichen Strömungen im Meer und wie wir uns verhalten sollten, um nicht zu ertrinken. In den Gesichtern der drei Chinesen sehe ich nur Fragezeichen, weil sie unseren Coach weder sprachlich noch akustisch (der Wind stürmt recht laut) richtig verstehen können. Auch der Coach merkt, dass weitere Erklärungsversuche hier vergeudete Zeit wären und ändert die Strategie: „Okay guys, let‘s just stay together, it‘s all fine“. Ach ja, dann folgt nebenbei noch seine letzte Warnung: Momentan seien einige „Blue Bottles“ im Wasser (eine Quallenart, deren Stiche ziemlich schmerzhafte Schwellungen hinterlassen), daher sollten wir besser möglichst zügig durch das seichte Wasser laufen, wo diese hauptsächlich anzutreffen seien. „Das wird ja immer besser“ denke ich.
    Schließlich ziehen wir unsere Surfbretter mit schnellen Schritten Richtung Wasser und ich glaube meinen Augen kaum. Im Sand sind bereits hunderte von Blue Bottles angeschwemmt und ich muss mich merklich konzentrieren nicht in eine von ihnen zu treten. Wie soll das nur im Wasser werden? Ich versuche meine Gedanken frei zu machen und stürme ins Wasser und kämpfe mich Schritt für Schritt immer weiter vorwärts durch die Brandung, in der Hoffnung durch irgend einen glücklichen Zufall von den schmerzhaften Stichen verschont zu bleiben. Und dann kommt der entscheidende Moment: ich richte mein Surfbrett in Richtung der nächsten Welle aus, lege mich flach aufs Brett, nehme mit ein paar rudernden Armbewegungen Impuls auf, werde von der Welle erfasst und wie im Schwebezustand in Richtung des Ufers getragen. „Wow, das macht tatsächlich Spaß“. Alle Sorgen, das schlechte Wetter, die gefährlichen Strömungen und auch die fiesen Quallen sind plötzlich vergessen. Wieder und wieder stürze ich mich in die Wellen, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Ich falle, überschlage mich, schlucke Salzwasser. Aber das Gefühl von den Wellen getragen zu werden kompensiert alles. Ich habe Blut geleckt...
    Das Glück scheint dennoch nicht mit allen Teilnehmern zu sein. Einer nach dem anderen humpelt mit Schmerzen aus dem Wasser, die Blue Bottles haben zugeschlagen. Nachdem es schließlich alle bis auf mich erwischt hat, beschließt der Coach die Surfstunde vorzeitig abzubrechen. Er scheint selbst wenig Interesse an den unangenehmen Quallenstichen zu haben. So bekomme ich heute leider doch nicht mehr die Chance, einmal aufrecht auf dem Brett über die Wellen zu gleiten. Aber halb so wild: ich durfte heute die berühmtesten Wellen Australiens spüren, hatte meinen ersten Kontakt mit dem Surfbrett und gehe ohne Schwellungen nach Hause (ein Souvenir, auf das ich durchaus verzichten kann). Alles in allem haben es gerade die ungewöhnlichen Umstände zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht. Und wer weiß, vielleicht wartet ja bereits das Meer in Neuseeland auf mich und gibt mir die Gelegenheit, mein Surftraining noch zu beenden 😉
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  • Dag 59

    Im Land der Hobbits, Schafe und Kiwis

    25. februar 2019, New Zealand ⋅ ☀️ 9 °C

    Am Abend starten wir unseren Landeanflug auf Queenstown in Neuseeland und durchdringen dabei mit dem Flieger eine dichte dunkle Wolkendecke. Der Anblick, der uns darunter erwartet, ist absolut atemberaubend. Eine weite Landschaft mit Hügeln und hohe Bergen, die von den restlichen Sonnenstrahlen in ein goldglänzendes Meer verwandelt wird. Besser hätte uns Neuseeland kaum empfangen können... 😀

    Nur drei Stunden Flug haben wir von Sydney hinter uns, aber gegenüber Australien erwartet uns hier eine ganz neue Welt. Das spüren wir insbesondere, als wir über den Stairway das Flugzeug verlassen. Frische, kühle Luft weht uns entgegen wie wir sie in den letzten zwei Monaten nicht mehr erlebt haben. Im Vergleich zu der feuchten Wärme der vergangenen Wochen absolut belebend. Ein kurzer Blick auf Google Maps lässt uns einen kurzen Moment ehrfürchtig innehalten. Wir sind 18200 km von der Heimat entfernt. Wahnsinn, wir haben tatsächlich das andere Ende der Welt erreicht 😊

    Die Anreise zu unserer ersten Unterkunft in Queenstown gestaltet sich an diesem Abend etwas abenteuerlich. Da Susi und ich zu geizig sind, für 40 Dollar ein komfortables Taxi mit ca. 10-minütiger Fahrzeit zu nehmen, entscheiden wir uns für den lokalen Bus (der nur 2 Dollar pro Person kostet). Ein kurzer Blick auf den Routenplaner von Google deutet auch an, dass die Anreise per Bus zwar etwas länger dauert, aber durchaus möglich sein sollte. Bei meiner etwas oberflächlichen Recherche übersehe ich allerdings, dass wir zum einen umsteigen müssen und zum anderen, dass die Bushaltestelle ca. 1,5 km von unserer heutigen Unterkunft entfernt ist. Kurzum, wir finden uns erst ca. zwei Stunden später in unserer doch etwas entlegenen Unterkunft ein, nachdem wir letztendlich unser schweres Gepäck bei Eiseskälte entlang einer stockdunklen Landstraße ziehen mussten. Aber ist ja immer noch alles gut gegangen... 😊

    Wir nutzen die ersten Tage, um in aller Ruhe Queenstown und Umgebung zu erkunden. Mit Mietwagen ausgestattet sind wir auch ausreichend mobil, um ungewollte nächtliche Wanderungen wie am ersten Abend vermeiden zu können. Inzwischen haben wir auch unsere Unterkunft gewechselt und wohnen über AirBnB im Haus eines sehr netten Pärchens aus Malaysia, die ausgesprochen gastfreundlich sind und uns mit allen nützlichen Informationen zu Aktivitäten in und um Queenstown versorgen. Queenstown gilt zu Recht als weltweite Hauptstadt für Adrenalinjunkies. In der recht überschaubaren, aber sehr schönen Stadt tummeln sich Backpacker und Touristen aus aller Welt, in den Straßen überschlagen sich die Angebote für Bungee Jumping, Paragliding, Downhill Mountainbike, Speedboat fahren und sonstige Zeitvertreibe, die den Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen lassen. Ausreichend volles Portemonnaie allerdings vorausgesetzt, denn billig ist der Spaß meist nicht, was übrigens auch für Unterkünfte, Lebensmittel und Kneipenbesuche gilt. Wir merken schnell, dass wir hier besonders gut mit unserem Budget haushalten werden müssen.

    Das Wetter ist uns gut gestimmt und wir wachen an unserem ersten Tag bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein auf. Der Blick aus dem Fenster belohnt uns mit einem herrlichen Bergpanorama, welches sich rund um einen riesigen blauschimmernden See erstreckt. Unsere Reise in Neuseeland könnte durchaus schlechter starten. Die Sonnenstrahlen nutzen wir direkt, um einen Ausflug auf den Stadtberg von Queenstown zu machen. Um ein paar Dollar zu sparen (aber auch, um unsere müden Muskeln mal wieder in Gang zu bringen), erklimmen wir zu Fuß den ca. 1000 m hohen Berg anstatt die bequeme Gondel zu nehmen. Wir müssen ganz schön schnaufen und spüren, dass unsere Kondition doch etwas unter dem vielen Reisen der letzten Wochen gelitten hat. Wir kämpfen uns dennoch zum Gipfel durch und werden mit einem tollen Blick über Queenstown und den angrenzenden See belohnt. Am Gipfel erwartet uns außerdem eine Art Sommerrodelbahn mit Panoramaaussicht, der wir nicht widerstehen können (und schließlich haben wir ja auch die Gondelfahrt eingespart) und so liefern sich Susi und ich weniger später ein rasantes kurzweiliges Wettrennen (der Sieger wird nicht verraten 😉).

    Wieder am Fuße des Berges im Stadtkern von Queenstown angekommen, flanieren wir durch die Gassen und die schöne Hafenbucht. Bei den vielen leckeren Angeboten der chilligen und hippen Restaurants, Cafés und Imbissbuden fällt es schwer zu widerstehen. Neben dem inzwischen obligatorischen Cappuccino gönnen wir uns eine Kugel Cookie Dough (praktisch roher Cookieteig... süß und mächtig, aber sehr sehr lecker 😋) und am Abend den berühmten Fergburger (eine Institution in Queenstown, an der praktisch rund um die Uhr eine gut 20 Meter lange Schlange geduldig darauf wartet, einen der wirklich leckeren Burger in Empfang zu nehmen). Mit dem kostbaren Fergburger in unseren Händen begeben wir uns schließlich in die trendige Floating Bar, einem kleinen Kutter im Hafenbecken vom Queenstown, der zu einer Kneipe umfunktioniert wurde und gestattet, sein eigenes Essen mitzubringen. Bei einem kühlen Bierchen und tollem Ausblick könnte der Burger kaum besser schmecken... 🙂

    Um die Landschaft von Neuseeland näher zu erkunden, machen wir am folgenden Tag einen kleinen Ausflug mit dem Mietauto zum etwa 50 km entfernten Dörfchen Glenforchy. Die Strecke dorthin könnte kaum malerischer sein: eine schmale hügelige gewundene Straße entlang des Ufers mit unschlagbaren Blicken auf den See und die anliegende Berglandschaft sowie weite Felder mit großen Schafsherden. Die Landschaft um Neuseeland ist wunderschön. Als Europäer meint man mmer wieder, ähnliche Ausblicke schon einmal irgendwie in der Heimat gesehen zu haben: mal fühlt man sich wie am Gardasee oder Tegernsee, dann im nächsten Moment wie in der Toskana, dann wieder wie in der Schweiz oder aber doch wie in Skandinavien. Aber letztlich ist es gerade die Mischung aus all dem, die den Reiz von Neuseeland ausmacht und wir haben gerade erst einen Bruchteil dieses tollen Landes gesehen. Umso mehr sind wir gespannt, was wir in den kommenden Wochen so alles entdecken werden 😀
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  • Dag 63

    Sounds of Milford

    1. mars 2019, New Zealand ⋅ ☀️ 12 °C

    Wir stehen um 5:30 Uhr morgens auf, um rechtzeitig unseren heutigen Ausflug zu starten. Um 8:30 Uhr haben wir einen Cruise für eine der berühmtesten Szenerie Neuseelands gebucht: Milford Sounds, die atemberaubende Fjordlandschaft mit den höchsten Steilklippen (bis zu 1600 m) und tiefsten Gewässern (bis zu 400 m) der südlichen Hemisphäre. Wer schon einmal den ersten Teil von Herr der Ringe gesehen hat, wird nur allzugut die charakteristische Landschaft wiedererkennen. Das frühe Aufstehen fällt schwer, es ist noch stockdunkel draußen und für uns ungewohnt bitterkalt (nur wenige Grad). Dafür ist es sternenklar und somit ein echtes Geschenk, denn die Gegend von Milford Sounds ist bekannt für schwere und häufige Regenfälle und somit ist ein klarer Himmel wie ein kleiner 6er im Lotto 🙂 Zudem ist die Landschaft im Morgengrauen besonders stimmungsvoll. Die Straßen sind noch menschenleer und im Tal zerfließen noch die allmorgendlichen Nebelschwaden. Die knapp zweistündige Fahrt von Te Anau durch den Fjordland National Park ist für sich genommen bereits ein tolles Erlebnis und schlängelt sich durch die Täler der weiten Fjordlandschaft, eingerahmt von steilen Bergen und entlang kristallklarer Flüsse. In Milford Sounds angekommen erwartet uns bereits der berühmte Ausblick auf den „Mitre Peak“, der sich majestätisch aus dem tiefblauen glatten Wasser erhebt. Die nächsten zwei Stunden erwartet uns eine wunderschöne Bootstour, die uns entlang der Fjorde bis zur Tasmanischen See führt. Susi und ich verbringen fast die gesamte Fahrt auf Deck, um die einzigartige Szenerie in uns aufzusaugen, eingemümmelt in unsere dicksten Klamotten (endlich kommt auch mal die Daunenjacke zum Einsatz, die wir die letzten zwei Monate wie Ballast mit uns rumgeschleppt haben). Entlang unserer Fahrt erwarten uns riesige Kreuzfahrtschiffe (die trotz ihrer Größe wie Spielzeugboote vor den hohen Klippen wirken), wuchtige Wasserfälle und verspielte Seelöwen. Susi widmet diesem Erlebnis später noch ein kleines Klavierstück, um die Atmosphäre zumindest annähernd einzufangen (siehe Video).
    Am frühen Mittag treten wir wieder unsere Rückfahrt an. Da der Tag jedoch noch jung ist und das Wetter einfach zu schön, um es nicht gebührend auszunutzen, beschließen wir den Tag noch mit einer knapp dreistündigen Wanderung im Nationalpark zu krönen. Der Weg führt uns entlang einer Etappe des sogenannten Routeburn Treks, eines bekannten mehrtägigen Treks durch die Fjorde. Unser Ziel für heute ist jedoch lediglich der „Key Summit“ ein kleiner etwa 1000 m hoher Gipfel, der einen Aufstieg von knapp 600 m von uns abverlangt. Doch die Mühen werden belohnt und am Gipfel erwartet uns ein wunderbarer weiter Blick über den Nationalpark. Erneut fühlen wir uns auch wieder ein kleines bisschen nach Europa zurückversetzt und haben für einen Moment das Gefühl, einen Hike durch unsere wohlbekannten Alpen zu machen. Irgendwie auch schön, soweit von zu Hause irgendwie auch ein Stück Heimat zu erleben... 😊
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  • Dag 65

    Go Solo at Roys Peak

    3. mars 2019, New Zealand ⋅ ☀️ 18 °C

    Ein letzter Blick in den Rückspiegel, ein letztes Winken und dann trennen sich unsere Wege erstmal für die nächsten zwei Wochen. Susi hat sich dafür entschieden einen zweiwöchigen Sprachkurs in Christchurch zu belegen, während ich in der Zwischenzeit weiter durch Neuseeland kurven werde. Nachdem wir die letzten beiden Monate praktisch 24 Stunden am Tag zusammen verbracht haben, wird das eine ungewohnte Form des Reisens für uns, der wir mit Spannung entgegengehen. In zwei Wochen werden wir uns in Kaikoura wieder treffen, um uns dort gemeinsam auf die Suche nach Pottwalen zu begeben. Eine aufregende Zeit liegt vor uns...

    Somit tritt Susi heute mit einem Mietwagen eine lange Fahrt nach Christchurch an, während ich selbst nur eine mickrige Stunde Fahrt von Queenstown auf mich nehmen muss, um den Nachbarort Wanaka zu erreichen. Wanaka ist ähnlich wie Queenstown wunderschön an einem großen See gelegen, umgeben von tollem Bergpanorama, allerdings insgesamt etwas ruhiger und gelassener als Queenstown. Ich habe mir vorgenommen, heute den Roys Peak zu besteigen, eine beliebte Tagestour. Angeblich sehr anstrengend, aber der Ausblick soll für alle Strapazen entlohnen. Da ich erst gegen 11:30 Uhr am Startpunkt der Route ankomme und für die 16 km lange Tour 6 Stunden veranschlagt werden, darf ich keine Zeit verlieren. Und so mache ich mich im Marschschritt auf zur Besteigung. Der Himmel ist wolkenlos und die Sonne knallt erbarmungslos. Man wurde gewarnt, dass die Strecke auch keinerlei Schattenplätze bietet, was den Aufstieg nicht wirklich leichter macht. Aber ich habe reichlich Wasserreserven im Gepäck, mich mit Müsliriegeln ausgestattet und fühle mich in guter Form (anders noch als beim Tiki Trail in Queenstown, der uns ordentlich zu schaffen gemacht hat). In Rekordzeit erklimme ich den gut ausgebauten, aber doch sehr steilen Weg und erreiche ohne Pause bereits nach weniger als 2 Stunden den Gipfel (von den zahlreichen Fotopausen einmal abgesehen, denn der Ausblick wird mit jedem Höhenmeter spektakulärer). Ich bin fast ein wenig stolz auf meine Fitness, die ich in den vergangenen Wochen schon fast verloren geglaubt habe 🙂 Da ich reichlich Zeit beim Aufstieg eingespart habe, lasse ich mir am Gipfel dafür umso mehr Zeit, um das Panorama zu genießen und reichlich Fotos zu schießen. Das Zusammenspiel aus steilen Bergen und tiefblauen Seen ist wirklich einmalig und habe ich in dieser Form noch nirgendwo sonst auf der Welt erlebt.

    Beeindruckt und zufrieden trete ich wieder den Abstieg an und erreiche eine gute weitere Stunde später wieder meinen Startpunkt: erschöpft, brennende Füße, einen glühenden Kopf, Wasservorräte und Müsliriegel vollständig aufgebraucht. Jetzt habe ich mir erstmal einen schönen Cappuccino verdient, den ich an der Strandpromenade von Wanaka zu mir nehme. Hier chille ich an einem schattigen Plätzchen und beobachte das Treiben der vielen Touristen im Wasser. Immer wieder höre ich deutsche Stimmen. Vielmehr noch als Australien scheint Neuseeland eines der Top Reiseziele von deutschen Reisewilligen aller Altersklassen mit viel Fernweh zu sein. In diesem Maße hätte ich das so hier nicht erwartet und bei aller Schönheit Neuseelands schmälert dies ein wenig die wilde Romantik des Reisens. Ich gebe zu, dass ich es eher mag, auf der Reise unter Einheimischen zu wandeln als mich unter eine Gruppe von Touristen zu mischen. Aber wie das überall in der Welt so ist, sind die schönsten Fleckchen einfach auch touristisch gut erschlossen und ich weiß, dass ich diese Schönheit auch bereit sein muss zu teilen.

    Um dem Touri-Trubel allerdings etwas zu entkommen, habe ich für heute Abend zumindest ein AirBnB in einem etwas entlegeneren Nachbarort gebucht. Hier werde ich eine Nacht in einem kleinen Gartenhüttchen einer einheimischen Familie verbringen (wirklich klein, es passt praktisch nur mein kleines Einzelbett hinein). Das Anwesen ist sehr alternativ und offen gestaltet und eine belebende Abwechslung von den sonstigen aufgestylten Unterkünften. Ein idealer Fleck, um einen intensiven Tag ausklingen zu lassen und zur Ruhe zu kommen. Ich graule noch ein bisschen die süße verspielte Katze der Familie und begebe mich anschließend mit einem Lächeln im Gesicht in die Horizontale 😊
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  • Dag 67

    Von Türkisblau bis Tiefschwarz

    5. mars 2019, New Zealand ⋅ 🌙 10 °C

    Es ist nicht immer leicht, Eindrücke in Worte zu fassen oder in Bildern festzuhalten und die Gefühle zu transportieren, die bestimmte Erlebnisse erzeugen. So geht es mir gerade in diesem Moment als ich an einem Ausblickspunkt auf dem Weg zum Mount Cook entlang des Lake Pukaki einen Stopp einlege, mich auf ein Bänkchen setze und das reinste leuchtendste Türksblau in mich aufsage, welches ich bisher irgendwo in der freien Natur erlebt habe. „Die pure Definition von Türkisblau“ denke ich als ich aufs Wasser starre. Die Szenerie um den See herum setzt dem Ganzen nur noch das Sahnehäubchen auf, denn im Hintergrund leuchten die schneeweißen Berge des Mount Cook National Park. Eine gute halbe Stunde führt mich die Straße entlang des Sees mit nichtendenden Ausblicken auf dieses unglaubliche unwirkliche Türkisblau. Ich lasse mir heute Zeit. Immer wieder fahre ich mit dem Auto kurz ran, um diese Bilder genießen zu können und in mein Gedächtnis zu brennen. Ein Maler hätte wohl kaum schönere intensivere Farben gewählt.

    Gegen Mittag erreiche ich dann schließlich Mount Cook Village, ein kleines Dörfchen aus Lodges und Herbergen, um begeisterten Wanderern einen guten Ausgangspunkt für Hiking Touren zu bieten. Da alle Unterkünfte bereits ausgebucht bzw. unbezahlbar waren, werde ich hier nur einen kleinen Hike machen. Der nette Ranger am Infocenter empfiehlt mir eine dreistündige Wanderung durch das Hooker Valley ohne allzuviel Steigung. Da der gestrige Aufstieg zum Roys Peak mir noch in den Muskeln sitzt, bin ich da auch nicht allzu traurig drüber. Mit Wasser und Kamera gerüstet ziehe ich also los. Der Weg führt entlang des Gletscherflusses durch das tiefe weite Tal, ständig mit Blick auf den thronenden weißen Mount Cook, der mit über 3700 m der höchste Berg Neuseelands ist. Die Wanderung ist tatsächlich sehr schön, auch wenn unglaublich viele Touristen auf dem Weg unterwegs sind (wahrscheinlich weil der Weg nicht allzu anstrengend ist 😉). Zudem weht heute ein ordentliches Windchen, das mich teilweise fast von den Socken reißt. Insbesondere auf den Hängebrücken entlang des Weges sorgt der Windstoß für eine besonders wackelige Angelegenheit und lässt den Adrenalinspiegel ein wenig in die Höhe schnellen (zum Glück machen die Hängebrücken einen sehr stabilen Eindruck). Der Hike endet schließlich am gräulich weißen Gletschersee, der im Hintergrund vom Mount Cook überragt wird. Eine schöne Gelegenheit, hier eine Rast einzulegen (wenn der Wind doch nicht so blasen würde). Bevor ich Mount Cook Village schließlich wieder verlasse, mache ich vor der Rückfahrt noch einen kurzen Abstecher ins Nachbartal zum Tasmanian Glacier. Ein leicht zu erklimmender Aussichtspunkt bietet eine schöne Sicht auf das Tal und den Gletscher bzw. auf das was von ihm noch übrig ist. Leider zieht sich durch die Klimaerwärmung der Gletscher jährlich um 800 m zurück, so dass der Aussichtspunkt, an dem vor 20 Jahren noch hohe dichte Eismassen thronten, inzwischen nur noch von einem Gletschersee umgeben ist, in dem zahlreiche Eisschollen treiben. Lediglich in der Ferne lässt sich noch die scharfe Kante des Gletschers erspähen.

    Um 19 Uhr komme ich nach einem langen Tag schließlich in der Unterkunft an, eine schöne Lodge auf dem Land mit mehreren Zimmern und großzügigen Gemeinschaftsräumen wie Küche, Wohnzimmer und Billiardraum. Der Abend zeigt auf kennzeichnende Weise wie unterschiedlich Begegnungen mit anderen Reisenden sein können. In der Unterkunft übernachten noch ein Pärchen aus der Schweiz in etwa meinem Alter, ein jüngeres Pärchen aus Hongkong und eine alleinreisende Frau um die 30. Das Pärchen aus der Schweiz begrüßt mich freundlich, wir kommen ins Gespräch und ich werde spontan zum Essen eingeladen, das sie gerade zubereiten. Wir verbringen einen netten Abend und tauschen uns über Reiseabenteuer und Tipps aus. Das Pärchen aus Hongkong sagt kurz „Hi“, stellt noch die obligatorische Frage „Where are you from?“, dann startet er seine Drohne im Garten, macht noch ein paar Fotos von der Unterkunft und die beiden verschwinden wortlos in ihrem Zimmer. Mit der Alleinreisenden verhält es sich ähnlich. Auf mein freundliches „Hi, how are you?“ wird nur ein kurzes „Hi“ erwidert, dann ward sie nimmermehr gesehen 🙂 Es zeigt mir einmal mehr, dass nicht jeder Reisende auch Kontakt sucht, aber das durchaus auch nette Bekanntschaften erfolgen können, wenn man die nötige Offenheit mitbringt. Ich bin gespannt, was mich da die nächsten Wochen noch so erwarten wird...

    Es ist inzwischen 22 Uhr, ich bin seit 7 Uhr morgens unterwegs und doch soll der Tag noch nicht enden. Für heute Nacht habe ich noch eine Star Gazing Tour am Lake Tekapo gebucht. Das Gebiet ist als sogenanntes Dark Sky Reserve ausgewiesen, ein Zertifikat für besonders wenig künstliche Lichteinflüsse und daher ideal zum Sternengucken geeignet. Diese Gelegenheit will ich nicht verpassen. Ich mache mich also nochmal auf den Weg zum Lake Tekapo, der leider 50 km von meiner Unterkunft entfernt ist. Es ist stockdunkel draußen und das Gebiet macht seiner Auszeichnung wirklich alle Ehre. Außer den Scheinwerfern meines Autos ist nichts zu sehen und auf der gesamten Fahrt kommen mir insgesamt nur eine Hand voll Autos entgegen. Es fühlt sich an, wie in absoluter Leere zu treiben, irgendwie beeindruckend aber auch ein wenig angsteinflößend. Ich muss auch sofort an die unzähligen kleinen hasengroßen Nagetiere denken, deren Kadaver in Vielzahl die Straßen Neuseelands schmücken. Nachts sind sie besonders aktiv und tatsächlich dauert es keine Minute, bis ich die ersten leuchtenden Augen über die Straße huschen sehe. Ich drücke fest die Daumen, dass die kleinen Vierbeiner heute Nacht flink und achtsam genug sind, meiner rollenden Walze zu entkommen. So fies es klingt, mache ich mir in diesem Moment ehrlicherweise weniger Sorgen um das Leben der Nager als um mein Auto, denn ich habe keine Versicherung abgeschlossen, die mir eine Tierkollision erstatten würde... Ich soll in dieser Nacht Glück haben. Auch wenn ich noch einige Nager entlang des Weges wuseln sehe, bleibt mein Auto und damit auch das Leben der Kleinen verschont 😀 Der nächtliche Ausflug ist schließlich alle Anstrengungen wert. So viele Sterne habe ich noch nie am Himmel gesehen. Die Milchstraße erstreckt sich als helles Band deutlich bis zum Horizont, wir können unzählige Sternzeichen betrachten, sehen sogar mit bloßem Auge ferne Galaxiewolken, betrachten mit Hilfe eines großen Teleskops verschiedene Sternennebel und rote Riesen und können zum Ende der Tour auch noch den Aufgang des Jupiters am Horizont erleben. Das Erlebnis wird lediglich von einer Gruppe Asiaten gestört, die vehement versuchen, die Schönheit des Nachthimmels mit ihrer Handykamera festzuhalten (bitte, bitte, bitte niemals versuchen!!!). Insgesamt ist die Tour der krönende Abschluss eines wahnsinnig intensiven Tages und ein absolutes MustDo für jedermann, der einmal die Gelegenheit für etwas Ähnliches bekommen sollte.
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  • Dag 67

    New Zealand is different!

    5. mars 2019, New Zealand ⋅ ☀️ 27 °C

    Nach den gestrigen Strapazen habe ich mir vorgenommen, es heute erstmal ruhig angehen zu lassen. Ich schlafe also erstmal aus und genieße die großzügige Unterkunft für mich alleine, denn alle anderen Gäste haben sich bereits auf den Weg gemacht. Ich mache mir also erstmal ein schönes Frühstück in der riesigen Küche, chille auf den bequemen Ledersofas und streune etwas über das schöne gepflegte Grundstück. Doch lange halte ich es draußen nicht aus. Die Sonne knallt heute ungewöhnlich stark für Neuseeland und so blöd es klingt, zieht es mich erstmal wieder in den Schatten, wo ich entspannt Hörbuch höre, im Internet nach neuen Zielen in Neuseeland surfe und die Abholung meines Campervans in Christchurch organisiere. Ich habe gestern soviel tolles gesehen, dass mir heute fast die Motivation fehlt etwas zu unternehmen. „Was soll mich heute schon erwarten, was ich nicht schon gestern gesehen hätte?“ denke ich.

    Dennoch raffe ich mich auf gegen frühen Nachmittag nochmal die 45 Minuten zum Lake Tekapo zu fahren. Gestern in der schwarzen Nacht hab ich ihn ja nicht bestaunen dürfen. Und alleine der Gedanke daran, in den kühlen klaren See zu springen, treibt mich an aufs Gaspedal zu treten. Ich parke mein Auto an der der berühmten „Church of the Goods Shepheard“, eine kleine schnuckelige Kapelle direkt am türkisblauen Lake Tekapo. Das Highlight der Kapelle ist ein großes Fenster im Innenraum direkt hinter der Kanzel mit unschlagbarem Blick auf den leuchtenden See. Wenn das mal kein Magnet für einen vollen Gottesdienst ist... 😀 Wie es nun mal wieder so mit schönen Sehenswürdigkeiten ist, ist die Kapelle aber auch Ziel unzähliger Ausflugsbusse und so wimmeln Herrscharen von Touristen über das Gelände um einen Schnappschuss mit dem berühmten Bauwerk zu schießen. Der ganze Trubel nervt mich inzwischen etwas und so schön Neuseeland auch ist, merke ich hier gerade besonders stark die Konzentration des Tourismus. Auf den Bildern wirkt Neuseeland häufig wild, unerschlossen, einsam und verlassen. Ein Reiseziel so abgelegen, dass man es noch für sich alleine haben kann. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Neuseeland verfügt über ein ausgezeichnetes, aber sehr überschaubares Straßennetz. Alle Orte sind exzellent erreichbar und machen es selbst unerfahrenen Reisenden extrem leicht. Es ist richtig, dass man entlang der Straßen endlose Felder und Landschaften sieht, allerdings handelt es sich in den meisten Fällen hier um privates eingezäuntes Farmland, d.h. es gibt nicht allzuviele Möglichkeiten abseits der Hauptverkehrsroute zu reisen. Vielmehr als in Australien, wo man teilweise als menschenleeren Stränden wandeln konnte, ist jeder schöne Aussichtspunkt in Neuseeland von Besuchern belagert. Während ich in Australien noch das Gefühl der vollen Entspanntheit hatte und die wenigen Reisenden, denen man begegnet ist, immer einen freundlichen Gruß und ein Lächeln auf den Lippen hatten, nehme ich hier eine unterschwellige Unruhe und Anonymität war. Dabei sollte die Hochsaison bereits vorbei sein. Zudem höre ich seit Tagen überall deutsche Stimmen. Das Land scheint nur so von deutschen Reisenden überflutet zu sein, obwohl kein Ziel auf der Welt weiter entfernt sein könnte. „Bin ich wirklich soweit gereist um wieder unter Meinesgleichen zu wandeln?“ Etwas frustriert über diesen Tumult ziehe ich weiter ans Ufer des Lake Tekapo, weiche dabei den unzähligen Hobby-Fotografen aus und suche mir eine ruhige Stelle am Wasser. Damit ich nicht missverstanden werde: ich gönnen jedem ein schönes Urlaubsfoto, ich bin ja da nicht anders und irgendwie süchtig danach, meine Erlebnisse auch in Bildern festzuhalten. Ich merke nur, dass es viele nicht mehr schaffen, den Ort als solches überhaupt zu genießen, weil sie zu sehr mit Posen beschäftigt sind. Das wohlbekannte Vorurteil asiatischer Fotogruppen bestätigt sich hier einfach ungemein. Mit Fotoapparaten, Handys und Selfie-Stangen bewaffnet stürmen sie meist für 10 Minuten in Gruppen aus ihren Ausflugsbussen, belagern die Umgebung, wuseln hektisch hin und her, geben wilde Zeichen und Anweisungen, hüpfen in ausgefallene Posen und sind dann plötzlich wieder genauso schnell wieder verschwunden. Vermehrt sehe ich auch Touris, die die Welt scheinbar gar nicht mehr mit eigenen Augen wahrnehmen und die mit vorgehaltenem Handy durch Ihre Umwelt wanken. Ich frage mich manchmal ernsthaft, was die Welt mit all dieser Datenmenge an Bildmaterial anfangen soll und ob wir irgendwann einmal Gefahr laufen sollten ein digitales Datenmüll Problem zu haben...

    Um wieder einen freien Kopf zu bekommen, springe ich erstmal in den eiskalten Lake Tekapo. „Springen“ ist etwas übertrieben ausgedrückt, denn ich muss barfuß über die groben glitschigen Steine wanken, nachdem ich wenige Minuten zuvor meine Flip Flops auf dem Weg verloren habe (ich kann mir immer noch nicht erklären, wie ich das geschafft habe 😄). Zudem ist das Wasser wirklich eiskalt, also so richtig eiskalt. Kein Wunder, denn der See wird ja direkt von Gletscherwasser gespeist. Meine Füße brennen vor Kälte und nur mit äußerster Überwindung weg ich es, für wenige Sekunden in dem kühlen Nass unterzutauchen. Mir bleibt fast die Luft vor Kälte weg, so dass ich in Windeseile wieder ans Ufer krabbele und die warmen Sonnenstrahlen Leben in meinen Körper zurückbringen. Die Kälte hat dennoch ungemein gut getan und ich bin wieder motiviert für den Rest des Tages. Ich stehe noch eine Weile am See und schnipse ein paar flache Steine über das Wasser. Eine Gruppe älterer Chinesinen scheint mich beobachtet zu haben und versucht sich nun ebenfalls am Steineschnippsen. Ich muss innerlich laut lachen als eine von ihnen einen klumpigen großen Steinbrocken nimmt und wenige Meter vor sich ins Wasser wirft... da fehlt wohl noch etwas Übung und Grundlagenunterricht in Aerodynamik 😂

    Ich habe mir vorgenommen, am späten Nachmittag noch den Mount John zu erklimmen, der unmittelbar ans Ufer des Lake Tekapo angrenzt. Mit etwas Glück kann ich vielleicht sogar einen spektakulären Sonnenuntergang genießen. Einen kurzen Moment zögere ich wieder, ob sich der Aufwand lohnt, denn der Gipfel ist prinzipiell auch einfach per Auto erreichbar und ich befürchte, dass ich mal wieder nicht der Einzige sein werde, der diese grandiose Idee hat. Ich raffe mich dennoch auf und starte den recht steilen, aber dafür kurzen Hike. Nach weniger als 45 Minuten bin ich am Gipfel, wo mich bereits die charakteristischen weißen Kuppeln des Mt John Observatory erwarten, eine Astronomie Station der University of Canterbury. Was mich aber außerdem noch erwartet, kann ich kaum glauben: absolute Ruhe, denn neben mir tummeln sich nur noch eine Hand voll anderer Wanderer im weiten Gelände. Und der Ausblick ist einfach unbeschreiblich und absolut unerwartet: Auf der rechten Seite der Blick über den großen Lake Tekapo und die hügelige Landschaft. Auf der anderen Seite jedoch eine unglaubliche Weite und ganz am Horizont die hohen dunklen Silhouetten der Neuseeländer Alpen, in denen ich erst gestern noch gewandert bin. Die ganze Landschaft strahlt in einem braungoldenen Licht, übersähet von hohen goldgelben Gräsern, an denen ich mich nicht satt sehen kann, getränkt durch das wunderbar warme Licht der Spätnachmittagssonne. Ich bin überwältigt von dieser Landschaft, die mir in diesem Moment so vielseitig und vollkommen erscheint. Ich schieße ein paar Fotos, nutze die Ruhe und Zeit auch für ein paar Selfies (😉). Dann setze ich mich auf einen Stein und genieße nur noch den sagenhaften Ausblick...
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  • Dag 70

    Allein irgendwo im Nirgendwo

    8. mars 2019, New Zealand ⋅ 🌧 8 °C

    Nachdem ich heute Mittag mein neues Zuhause für die nächsten 9 Tage in Empfang genommen habe (ein kleiner gut ausgestatteter Campervan), erreiche ich gegen 18 Uhr „Andrews Shelter“, einen kleinen Campingplatz kurz vor dem Arthur‘s Pass, welcher die Ostküste mit der Westküste verbindet. Bei der Fahrt habe ich mich heute extra beeilt und keine Pause eingelegt, um möglichst früh den Campingplatz zu erreichen. Da laut Wikicamps der Platz recht begrenzt ist und die Campingstelle durchaus beliebt, hatte ich Bedenken nachher kein Plätzchen mehr für mich zu finden. Meine Bedenken stellen sich als absolut unbegründet heraus, nur ein einzelnes weiteres einsames Auto steht auf dem abgelegenen Örtchen, ansonsten komplett verlassen. Ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und stelle den Motor ab. „Hier bin ich jetzt, und nun?“ denke ich.

    Es hat gerade angefangen zu regnen, so dass es mich nicht wirklich aus dem Camper zieht. In meinem Außenspiegel erkenne ich, dass mein Heck bereits von einer Gruppe Bienen umkreist wird und an der Scheibe sammeln sich nach wenigen Minuten eine Horde von Sand Flies. Hier kriegen mich jetzt keine zehn Pferde nach draußen. Mit einigen Verrenkungen winde ich mich aus der Fahrerkabine nach hinten in den „Wohnbereich“, um nicht den eigentlich erforderlich Gang um den Camper herum tätigen zu müssen und Sandflies und Bienen unnötige Angriffsfläche zu bieten. Dann öffne ich erstmal die Fenster, um etwas frische Luft hereinzulassen (zumindest die mit Fliegengittern). Super, das erste Fenster ist schonmal beschädigt und lässt sich von Innen nicht mehr öffnen. Zumindest das zweite kann ich dann einen Spalt kippen und kühle Luft strömt herein. Auf der Herdplatte entdecke ich kurze Zeit später eine kleine Pfütze. Aus dem Fensterrahmen sehe ich, wie sich langsam aber stetig Tropfen bilden. „Das kann jetzt nicht wahr sein“ denke ich. Mein in die Jahre gekommene Camper ist also auch noch inkontinent!!! Für einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, den Motor einfach wieder anzuschmeißen und bis in die nächste Stadt weiterzufahren. Ich will auf mein Handy schauen, um die Entfernung zum nächsten Ort zu prüfen. Fehlanzeige! Natürlich habe ich an diesem abgelegenen Platz auch kein Netz. Jetzt bin ich wirklich abgeschieden und allein. Ich kann noch nicht mal Susi eine Nachricht schreiben, um ihr meinen Aufenthaltsort mitzuteilen, mein Leid zu klagen und etwas Trost einzusammeln. Vor morgen Vormittag werde ich wohl keinen Empfang haben und ihr ein Lebenszeichen geben können. Ich hoffe, dass sie sich nicht zu viele Sorgen machen wird...

    Ich entscheide mich letztendlich zu bleiben. Ich wollte ja schließlich etwas Abenteuer und in den Genuss von Freedom Camping kommen, an abgelegenen Orten rasten, losgelöst vom touristischen Trubel, aus der digitalen Abhängigkeit entkommen und einfach mal Zeit fürs Nichtstun zu haben. Alle Voraussetzungen sind jetzt und hier erfüllt. Außerdem ist der Kühlschrank gut mit Leckereien gefüllt, ich habe genug Wasservorräte und es wartet später sogar eine Dose gut gekühltes Bier auf mich. Ich mache mir erstmal schöne Musik an und richte mich in meinem neuen zu Hause so gut es geht ein, verschlinge einen Schokoriegel und öffne mir eine Tüte Gummibärchen, um den Glückshormonspiegel wieder in die Höhe treiben zu lassen. Dann werfe ich mich auf meine Sitzecke und überlegen, was ich als nächstes Tun muss. Aber da ist Nichts. Ich bin einfach hier, nur ich, ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne Internet, ohne Verpflichtungen, ohne Aufgaben. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt in einer solchen Situation war. Ich schließe die Augen und lasse die Ruhe auf mich wirken...

    Add-on: Als ich mir etwas später mit meinem Gaskocher einen warmen Tee machen will, muss ich leider feststellen, dass anscheinend von der Vermietung vergessen wurde, den Gaskanister zu befüllen. Nach einem kurzen Zischen herrscht leider vollständige Stille. Wird also auch nix mit einem schönen warmen Teechen. Muss halt doch das Bierchen herhalten... 😉 (es kostet mich heute tatsächlich einiges an positivem Denken, um nicht in eine kleine Depression zu verfallen)
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