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  • Dag 72

    Wer suchet, der findet.

    4 maart, Colombia ⋅ ☁️ 23 °C

    Wie so oft steht die Nacht auf wackeligen Beinen. Diesmal sind es drei dickbrüstige Gören in der Airbnb-Wohnung unter uns, die sich im Whirlpool auf der Terrasse die Kante geben und uns die Ohren mit verfickter spanischer Teeniemucke wegballern. Leider kann ich den Fön aus unserem Badezimmer nicht einfach in deren Pool werfen, denn dafür ist das Elektrokabel zu kurz. Auch der direkte guad bayerische Anschiss aus dem Fenster verpufft, da kommt die Online-Nachfrage von unserem Vermieter, ob denn alles in Ordnung sei, gerade recht. Nein, ist es nicht & ihr Kolumbianer geht mir auf den Sack. Keine zwei Minuten später ist Ruhe im Wohnkomplex. Deutscher Biedermann vs. Lateinamerikanische Rücksichtslosigkeit 1:0.

    Nach dem Äuglein öffnen, schaffen wir es tatsächlich unsere Karre schadensfrei aus dem Duplextiefgaragenterror zu befreien, aber geschwitzt haben alle Beteiligten. Danach gibt es erneut drei Stunden Straßenkrieg und Verkehrsterror - wenn Du den Tag mit dem Verlassen einer südamerikanischen Großstadt beginnst, kannst Du in Zukunft auch mit dem Klappradl im Berufsverkehr über die A9 in die Münchner Innenstadt pendeln - es ist im Vergleich auf jeden Fall entspannt.

    Zur Belohnung begrüßt uns gegen Mittag die weiße Stadt Popayan. Gut gefrühstückt, Innenstadtbereich abgelaufen, Lissys obligatorischen Magneten gekauft und weiter "auf der Straße nach Süden" bis El Bordo. Dort ruft das Nachtquartier als Stoppover und ist - wie sollte es auch anders sein - mal wieder komplett mit dem falschen Standort auf allen bekannten Plattformen verzeichnet. Also wieder mal Heckmeck, wieder Hilflosigkeit, wieder Schreibarbeit - und dann steht halt ein Motorrad vor Deinem Auto, dass Dich zum Hotel 5km entfernt führt. Langsam glaube ich die machen das mit purer Absicht.

    Zum Ausgleich sind wir die einzigen Gäste, springen noch für ne Stunde in den Pool, führen einen kurzen aber effektiven Kampf gegen die Ameisenplage im Zimmer (50% Deet, Beste!) und lassen danach relativ schnell das Sandmännchen seine Arbeit machen.
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  • Dag 71

    Partner in Crime

    3 maart, Colombia ⋅ ☁️ 24 °C

    Ich mag ja technischen Fortschritt. Aber wenn man die gemeinschaftliche Waschmaschine im Hochhaus nur noch per Kreditkarte über eine spanische App bezahlen kann... dann bleiben die Klamotten eben vorerst einfach dreckig.

    Jetzt also ein morgendliches Hallo nach Cali. Die letzte kolumbianische Großstadt unserer Landdurchquerung und die, die bis zum Schluss auf der Kippe stand. Allgemein steht die Stadt bei Touris aktuell nicht besonders hoch im Kurs. Die Kriminalitätsrate ist hoch, gemessen an der Anzahl der Morde pro Einwohner war Cali jahrelang Top10-Anwärter der gefährlichsten Städte der Welt. Witzig was es alles für Statstiken gibt. Da uns gegen Ende des Sabbaticals 1-2 Tage übrig bleiben, fährt man da halt trotzdem hin. Die Stadt des Salsas. Als wäre ich auch nur entfernt ein Tanzbär. Und Mörder ja nur in Gedanken. Da aber in Massen ;)

    Trotz Sonntag ist der Innenstadtbereich den gesamten Tag über gespenstisch leer. Allgemein ist die Atmosphäre der Stadt dubios. Wenig Streetlife, menschenleere Straßenzüge, jedes noch so kleine Café und jeder noch so kleine Laden ist komplett vergittert - Du kommst nur rein, wenn Du am Eingang darum bittest. Vermutlich eine Folge der unzähligen bewaffneten Überfälle, auch hier finden sich eigene "gun robbery" Bestlisten im Netz. Es liegt also tatsächlich eine ungute Schwere über der Stadt, während wir uns dem Mindestprogramm an Sightseeing widmen. Nach roundabout zwei Stunden haben wir uns durch ein paar Parks, Kirchen und das Citycenter gearbeitet, während das einzige Highlight, die Christusstatue mit Aussichtsplattform, wegen Umbauarbeiten eh geschlossen ist. Gruß an den Christo Redentor und Rio, dort war ohnehin beeindruckender. Cali kann weg.

    Wenn gar nix mehr geht, geht - richtig! - Fußball. Lissy springt mir vor Begeisterung um den Hals, kann ihre gutgemeinte Wachhund-Mentalität aber nicht ablegen, also geht es für zwei Touris zum Spiel Atletico FC vs. Atletico Huila. Klingt scheiße, ist es vor Ort dann auch wirklich. Ein grauenvoller Kick zwischen Barfuß Bethlehem und Klapperl Eckfahne, äußerst übersichtliche 400 Zuschauer, aber immerhin ein fast 40.000er Allseater und Papiertickets für den Sammler bei gut 3 Euro Eintritt. Vergessen wir den Rest.

    Cali hat uns mittlerweile so unmotiviert zurückgelassen, dass wir selbst die Suche nach einer guten Kneipe fürs Abendessen in den Sand setzen. So richtig "heimelig" ist es nirgends, deshalb gehen wir mit wenig Elan einfach ins Marriott. Richtig, nicht unsere Welt und Steak und Ziegenkäse-Salat sind auch mehr so überteuerte Pseudospeisen mit Hypefaktor, aber die finanzielle Belastung hält sich bei Gesamtkosten von 140.000 Pesos (33 Euro) wenigstens in Grenzen. Wiederholung sehr unwahrscheinlich.

    Am Ende reißt den Abend der Käsekuchen aus dem kleinen Café nebenan herum. Bombe. Aber dafür nochmal knapp 10.000km zwischen Deutschland und Kolumbien zurücklegen? Man wächst mit seinen Aufgaben.
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  • Dag 69

    Nepper, Schlepper, Bauernfänger

    1 maart, Colombia ⋅ ☁️ 24 °C

    Die Nacht ist stressig. Viele Moskitos klopfen an unsere Wadl, werden aber vom Moskitonetz vertrieben. Das gilt leider nicht für die stattliche Anzahl von Hähnen, die hier im Anwesen herumkrakelen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es spätestens um 4 Uhr Früh zum Frühstück sehr frische Chicken McNuggets gegeben.

    Die gibt es natürlich nicht, dafür fliegt mir beim Eier-Proteinloading fast die Gabel aus der Hand, weil überall um uns herum kleine Kolobris ihre Runden drehen. Danke, dafür haben wir gestern im Kolibrireservat 90 Minuten zusätzlichen Fußweg und horrenden Eintritt in Kauf genommen. Murphy ist ein Arschloch.

    Vor dem CheckOut wollen wir zum Tubing. Großer schwarzer Reifen, Arsch rein, den Fluss runter. Klingt super, aber die Sparfüchse vom Bayern wollen natürlich die 20.000 Pesos für Transport und Miete der Reifen nicht bezahlen. Wir klugscheißern uns also eine Stunde durch Dreck und Bergauf selbst zum Startpunkt, nur um dort festzustellen, dass es natürlich keinen Einheimischen gibt, der dort spontan nur die Reifen verscherbelt. Als Resultat werden und die Reifen nach einem Telefonat direkt aus dem Dorf nachgeliefert und wir bezahlen... 20.000. Wir sind schon Blitzbirnen. Und alles wegen 4,68 Euro.

    Egal, das Geplansche macht auch so Spaß. Leider ist der Wasserstand ziemlich niedrig und das Hinterteil bleibt immer mal wieder an einem Stein stecken, aber es ist eine erfrischend andere Variante zum regulären Rafting in der Gruppe.

    Langsam drängt die Zeit und die Hostel-Mama ruft zum CheckOut. Hier natürlich mal wieder Jalajala in Sachen Abrechnung, weil Nein wir zahlen keine Steuern und Nein wir zahlen keine Booking-Gebühren. Dafür verdoppelt sich der Preis fürs Abendessen, aber nach sechs Wochen Kolumbien verlierst Du auch einfach irgendwann den Kampfgeist. Der kehrt wenig später beim nächsten lautstarken Streitgespräch im Bezug auf die Parkplatzkosten dafür umso schneller wieder zurück. Letztlich knallen wir die Hälfte der Summe auf den Tisch und zischen mit quietschenden Reifen unter lautstarken Geschimpfe der örtlichen Mafia ab - bevor der Knüppel um die Ecke biegt. Ihr mich auch! Ich parke doch nicht gegen Geld im Parkhaus der Allianz Arena.

    Am Ende bleibt ein denkwürdiger Tag. Sehr viel Badespaß, relativ viel Heckmeck Drumherum. Da passt der fast stehende Verkehr in Richtung Cali dann sogar noch ins Reisegepäck, von der Tiefgarage mit Duplexaufzug am Penthouse-Airbnb ganz zu schweigen. Ich behauptet mal, ich bin beim Autofahren nicht die größte Niete der Nation, aber die drei Kreuzzeichen nach dem Einparken ohne Blechschaden gehen auf meine Kappe. Fragt sich nur, wie wir diesen Hutschachtel-Bunker jemals wieder mit Auto verlassen sollen.
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  • Dag 69

    Der Zug hat keine Bremse.

    1 maart, Colombia ⋅ 🌧 29 °C

    Manchmal, aber selten sind Übergangstage ein unerwartetes Juwel.

    Heute war ursprünglich Kaffeeplantagentag, der bekanntlich gecancelt wurde. Auf der Stelle treten mag der Thomas aber überhaupt nicht, also gibt es einen Spontabstecher direkt an die Pazifikküste. Messerscharfe 250km westlich, ziemlich verschlafenes "less touristic" Kaff und mit dem San Cipriano einen Naturspot, der uns bei Ankunft aus den Socken haut.

    Die Hautfarbe der Kolumbianer wechselt hier von Latinobraun in dunkles Schwarz. Da fällt der Mozzarella-Touri freilich noch mehr auf, wenn er aus dem Auto steigt. Den Chevrolet nämlich lassen wir am Eingang zwangsläufig zurück, das kleine Dorf im Inneren hat keinen Zugang per Straße.

    Aber - Tara - es ist viel, viel besser. Warum auch immer liegen hier seit Jahren staatliche Eisenbahngleise brach in der Gegend herum, deren ursprüngliche Nutzung von den Einheimischen zweckentfremdet wurde. Und in was für einer geilen Art. Holz-Palette mit Rollen aufs Gleis gezimmert, ein paar Sitze draufgeschraubt, leistungsstarkes Motorrad an die Seite gestellt - und schon wird mit Vollgas durch die Prärie geheizt.

    Oh wie ich das Liebe, Du fühlst Dich sofort wie Indiana Jones auf der Suche nach den Tempelrittern und die Sicherheitsvorkehrungen dürften sehr ähnlich, also schlichtweg nicht vorhanden, sein. Könnte ich stundenlang damit im Kreis fahren.

    Leider endet der wilde Ritt erstmal nach 20 Minuten. Dann trennt uns von der Unterkunft nur noch ein kristallklarer Fluß, an dem wir per Holzkanu übersetzen. An dieser Stelle habe ich dann in eher unerwarteter Situation meinen ganz persönlichen Dummy Crashtest, denn mir zieht es am glitschigen Steinufer dermaßen die Haxn weg, bevor ich meinen Torso richtig gepflegt einmal "durchprelle". Immerhin federt der Backpack den Rücken, trotzdem werde ich von dieser Sekundeneinlage einige Tage etwas haben. Großes Aua.

    Wenigstens folgt die Wiedergutmachung gleich auf dem Fuß. Mama yeya raices - das Paradies auf Erden. Zwei Hütten, maximal vier Gäste, Landschaft zum "selbst erobern", kristallklares Wasser und Essen von der Mama, wie von einem anderen Stern. Das nutzt die angereiste Currywurst-Bande am Abend gleich schamlos aus, also bitte her mit dem großen Kochtopf voller Flusskrebse und Langusten. Den Hauptprotagonisten haben wir noch nie in unserem Leben am Stück gefuttert, entsprechend sieht der Tisch und der Gast nach dem Prozedere dann auch aus. Am Ende zerhauen wir Panzer und Schere mit einem Stein - so viel Spaß und guten Appetit für umgerechnet 21 Euro. Das reicht in Deutschland dann in naher Zukunft nicht mehr für ein Convenience-Fischstäbchen von Nordsee.

    Ungefähr zeitgleich erkämpft der glorreiche FC Bayern in Freiburg ein 2:2. Ich kann meine Trauer ob meiner Abwesenheit kaum verbergen.
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  • Dag 68

    Life is better... under the palm.

    29 februari, Colombia ⋅ ☁️ 16 °C

    12km-Hike Tag im Valle de Cocora. Da müssen nochmal die Siebenmeilenstiefel ran. Der Nationalpark hier ist großer Tourispot, weil gleichzeitig Heimat der riesigen und vom Aussterben bedrohten Wachspalmen. Die meisten Besucher lassen sich Vormittags der Willys zum Eingang schippern - also auf der Ladefläche von Jeeps. Wir heizen unseren Chevrolet bis zum Ort des Geschehens, was nicht völlig selbstverständlich ist- vor zwei Wochen war die Anfahrt noch einige Zeit gesperrt, weil ein Felsrutsch Teile der Zufahrtsstraße verschüttet hatte. Da werden die Kolumbianer dann allerdings fleißig und schnell - geht ja auch das Geld der Touris flöten.

    Inkl. einem kleinen Umweg zum örtlichen Kolibri-Reservat sind wir gut sieben Stunden am wandern - das ist bekanntlich ja des Müllers Lust, nicht aber die des Schusters. Zumindest dann nicht, wenn die Wege kilometerweit von Pferden zugeschissen sind, weil sich faule Fettärsche lieber durch den Rundweg tragen lassen. Aber auch dieses Übel hat irgendwann ein Ende und über Stock, Stein, Hängebrücken und verschlungene Pfade kämpfen wir uns zu den einzelnen Aussichtspunkten. Dabei kreuzen wir unseren Weg immer wieder mit einem 81jährigen Ami, der sich mit Gehstock bewaffnet ebenfalls in diesen Wahnsinn stürzt und die Runde am Ende kaputt aber erfolgreich beendet. Mein Respekt. Leben bis zum letzten Tag. Love it.

    Nach der Arbeit das Vergnügen - diesmal zur Abwechslung mit Lasagne und Chicken Curry. Salento ist in dieser Hinsicht ein Selbstläufer, die hungrigen Mäuler aus aller Welt wollen und müssen gestopft werden.

    Ich muss freilich im Supermarkt noch Katzenfutter kaufen, denn die fette Nachbarskatze der Finca nebenan hat sich gestern Abend billigst in Lissys Herz miaut. Zurück an der Finca lässt sich das dumme Vieh natürlich nicht mehr sehen, stattdessen ist die Terasse von Vogelfedern übersät. Wenig später wissen wir auch warum, da hat sich ein unvorsichtiger Bruchpilot an der Verglasung der Finca nämlich kurzerhand das Genick gebrochen. Tote Vögel begleiten unsere Sabbatical-Auszeiten in Südamerika - in Argentinien flog uns ja ein gefiederter Freund schnurstracks in den Kühlergrill um dort Kopf voraus steckenzubleiben. Heute schieben wir die sterblichen Überreste einfach hinter den nächstbesten Blumenkübel und sagen der Vermieterin Bescheid - ist ja sonst auch blöd, wenn der nächste Touri die Tür öffnet. So aber schließt sich der Kreis zu Nachbars Katze. Erstens lag ihr Futter unmittelbar aus der Natur auf dem Präsentierteller und Zweitens wäre mein Reisegepäck jetzt dann ohne Whiskas Nassfutter! Danke für Nichts.

    Zum Ausgleich plündern wir noch den Garten der Finca und sacken Limetten und Advocados ein. Was nicht ausdrücklich verboten ist, kann ja eigentlich nur erlaubt sein.

    Vokabel des Tages:

    robo de boca = Mundraub
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  • Dag 67

    Erstmal Kaffee. Danach die Welt.

    28 februari, Colombia ⋅ ⛅ 24 °C

    So geil die Blockhütte auch ist, in der Nacht wird es zapfig kalt. Ein kleiner 1600 Watt Heizstrahler liefert sporadisch Wärme für den kleinen Zeh und lässt die Stromrechnung des Hosts nach dem ununterbrochenen Betrieb wahrscheinlich explodieren, kann aber nicht verhindern, dass wir erbärmlich bibbern. Hauptsache ich finde am nächsten Tag die warme Wolldecke im Schrank. Hätte mich vor 70 Jahren fehlgeleitete Ideologie nach Sibirien abkommandiert, ich wäre schon bei der ersten Schneeflocke elendig kreppiert.

    Weiter und tiefer rein geht es heute ins kolumbianische Kaffeeviertel. Salenta gilt als Mekka der Koffein-Junkies, also müssen wir da hin. Nun gut, ich eigentlich nicht, aber meine Ehefrau hat bekanntlich ein besonderes Verhältnis zum ekelhaften Gesöff und am Motto "happy wife, happy life" führt ja eh kein Weg vorbei.

    Das Chaos um die gecancelte Kaffeetour ist mittlerweile vom Tisch, denn auch andere Mütter haben schöne Töchter - sprich auch andere Fincas und Farmen schöne Anbaugebiete. Gut zwei Stunden dackeln wir über Feld, Wald, Wiese und ich bekomme einen Input, der mich zum sofortigen Barista-Meister befördert. Trotzdem führt kein Weg am Paulaner Spezi und Flötzinger vorbei, also könnt ihr euren sündhaft teuren Bohnenquatsch gerne sonstwohin verkaufen. Dachte sich Thomas und trägt 1,5kg vergoldete Bohnen zum Kofferraum des Mietwagens. Happy wife und so, wir erinnern uns.

    Wieder erwarten übersteht der Chevrolet die heutige Tortur dem ersten Anschein nach unbeschadet. Mittlerweile sind wir frei nach Beckenbauer gute Freunde, die niemand trennen kann. Aber der Frieden steht auf wackeligen Beinen.

    Am Abend zieht es uns in eine kleine Finca direkt in den Kaffeebergen. So lässt es sich leben. Ob mir Deutschland fehlt? An solchen Abenden definitiv nicht. Nur a' Leberkässemmel könnte von Lieferando mal schnell geliefert werden, wäre mir sogar einen Schekel Tringeld wert.
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  • Dag 66

    Viva la vida

    27 februari, Colombia ⋅ ☁️ 24 °C

    Aufwachen, aufs Handy schauen, kotzen. So ein schwindliger Kolumbianer cancelt uns die lange geplante Kaffeetour drei Tage vor dem Termin. Da platzt Dir der Kopf. Im Endeffekt kannst Du gleich danach das Handy zur Seite legen und einfach weiterschlafen. Sagt die Vernunft. Kann ich natürlich nicht und der WhatsApp Verlauf endet in einer wüsten Schimpftirade. Deeskalation ist mein zweiter Vorname.

    Passend zum Thema geht es heute in die Kaffeeregion rund um Jardin und Jerico. Vermutlich der friedlichste und entspanntes Teil Kolumbiens, fernab von jeglicher Müll- und Kriminalitätsproblematik. Sogar der Straßenverkehr ist hier ruhig, von den üblen Serpentinen und Bergpässen einmal abgesehen.

    Die Policia ruft heute zur zweiten Kontrolle, mit der Thematik "no espanol" löst sich aber auch das in 20 Sekunden. Im Endeffekt wird es denn Cops dann selbst zu kompliziert und die Gringos dürfen schnell das Weite suchen.

    Jardin ist geil. Kleines Dörfchen, ringsherum von Fincas und Kaffeeplantagen umzingelt. Wir geben uns einen kleinen Hike zum nächsten Aussichtspunkt und stehen natürlich mal wieder alleine auf weiter Flur in der Pampa. Eine baufällige und wackelige Brücke überleben wir noch, plötzlich steht allerdings ein sprichwörtliches Pferd im Flur und versperrt uns den Weg. Ich mag solche Viecher ja gar nicht. Eigentlich mag ich überhaupt keine Viecher, dir mir übers Knie gehen. Husch, husch, weg mit Dir und wenn Du schon trittst, dann bitte meine Begleitung. Glücklicherweise sucht der blöde Gaul ohne Interesse das Weite.

    Das Nachtquartier liegt weitere zwei Stunden Autofahrt entfernt in Jerico. Auch Kaffeeregion, auch nett, aber das Highlight ist die einsame und nagelneue Blockhütte ganz für uns alleine und in trauter Einsamkeit am Dorfeingang. Sicherheitsvorkehrungen Null, in anderen Teilen dieses Landes komplett unvorstellbar.

    Schnell noch einen Burger zwischen die Kiemen geschoben und mit dem Airbnb-Host das Problem der unterbrochenen Warmwasserversorgung geklärt, schon geht es zufrieden für ein paar ruhige Stunden ins Bett. Wenn nicht wieder irgendeine Untergang-WhatsApp eintrudelt.

    Nachtrag: schreibt mir doch heute so ein kolumbianischer Fettfinger auf die Beifahrerseite des Chevrolet glatt das Wort "Lavame" in den staubigen Lack. Wasch mich! Mir, dem deutschen Beamten. Was 'ne bodenlose Frechheit.
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  • Dag 65

    Du kommst hier nicht rein.

    26 februari, Colombia ⋅ ☁️ 25 °C

    Unsere Airbnb-Vermieterin nervt, weil am heutigen Vormittag ein Hampelmann des zentralen Energieversorgers in unsere Wohnung will. Klar, ich buche mich hier ein, um dann während eines mehrstündigen Zeitslots den Tür-Kasper zu spielen und das Loft nicht zu verlassen. Kurzer Schlagabtauch per Airbnb-Plattform und der Zugang wird "nicht authorisiert", wir sind ja hier nicht bei der Heilsarmee.

    Immerhin kann ich wieder laufen. So einigermaßen zumindest, den Rest regelt die Kniebandage, durch die das Drama etwas an Stabilität gewinnt. Das Alter fordert seinen Tribut, dabei bin ich tief im Innersten keine 30. Ab in die Stadt.

    Zum Frühstück geht es wieder in den Nobelhobel hier in der Nachbarschaft. Speis und Trank ist hier Bombe, gleichzeitig treffen sich das reiche Kolumbien und stinkend reiche Touris hier auf ein Stelldichein, zwei Straßen weiter ist der innerstädtische Golfplatz. Da ich mein Handicap nicht bei einer gemütlichen Runde mit Kalle, Uli oder Oli verbessern will, reicht es aber nur für ein paar pochierte Eier - ich gehöre halt doch "nur" in die gutbürgerliche Kaste der Mittelschicht.

    Danach ubern wir nochmal zum biologischen Garten, diesmal mit Fotoapparat, denn die vorhandene Flora und Fauna ist den Aufwand wert. Blöd nur, dass wir am geschlossenen Eingang nur auf eine Truppe Rentnerinnen beim Frühsport treffen - Montag ist nämlich Ruhetag und man kehrt den Dreck des besucherstarken Sonntags zusammen. Steht freilich dick und fett bei Google, müsste man natürlich auch mal lesen.

    Also sofort wieder ab ins nächste Cafe, die Zeit bis zur gebuchten Comuna13-Tour muss überbrückt werden und so viel Relaxareas hat die Innenstadt dann nicht wirklich zu bieten. Fortan bewundern wir ganzkörpertätowierte Bodybuilder beim Schaulaufen, hier in der Nähe scheint ein ganzes Nest dieser Typen zu sein. Ab und an blitzt auch ein weibliches Dekolleté mit formvollendeter Plastikkunst im die Ecke, zumindest war für reiflich Abwechslung gesorgt.

    Um 2pm wandern wir zur Gruppentherapie. Mit uns werden insgesamt 13 Hanseln vom zugewiesenen Guide in die ehemals gefährlichste Neighbourhood gebracht... und es ist scheiße. Tatsächlich benötige ich keinen Erziehungsberechtigten, der mich in die Geheimnisse des öffentlichen Verkehrsnetzes in Medellin einführt und fair, sicher und gelassen durch die Straßen führt. Fehlt nur noch die obligatorische Zweiergruppe im Gänsemarsch. Auch die Comuna13 ist eine Enttäuschung, nix mit Guerilla, Clan, Drogen, Escobar, Waffen und Gewalt, sondern ein touristisch komplett erschlossenes Souvenir-Viertel ohne Glanz und Gloria. Spätestens als wir dann zur miesen Breakdance-Nummer der Comuna13-Jugend gebracht werden, hat der Spaß ein Loch.

    Am Abend bleiben gute Graffitis, überwiegend Enttäuschung und passend zum Tag der erste Regen Kolumbiens während unseres gesamten Aufenthalts. Was lobe ich mir dagegen die Favelas von Rio und da schien sogar die Sonne.

    Adiós Medellin, war schön bei Dir. Am Ende kannst Du ja nochmal arbeiten.
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  • Dag 64

    Never to old... for a rock.

    25 februari, Colombia ⋅ ☁️ 17 °C

    Guatape-Tag, ab zum El Penon. Ein riesiger Steinhaufen inmitten einer Insellandschaft, knappe zwei Stunden Autofahrt von Medellin entfernt. Nach 675 Stufen oben angekommen, kann man nicht nur wie Rocky Balboa die Fäuste gen Himmel recken, sondern vor einem liegt auch noch die angeblich schönste Aussicht Kolumbiens. Behaupten können die Latinos ja viel, da überzeugen wir uns doch gleich mal selbst davon.

    Um 8am öffnet das Tor zur Plattform, also sind wir um 7.45 Uhr mit als erste Touris vor Ort. Menschenmassen vermeiden und so. Vor lauter Hektik ballern wir allerdings an der vierspurigen (!) Parkplatzauffahrt vorbei und sind eine Abzweigung weiter wieder mal kurz davor, die Chevrolet Schadensbilanz um ein neues Kapitel zu erweitern. Wir bekommen allerdings sprichwörtlich noch die Kurve, reißen das Unterbodenblech nicht erneut ab und finden zurück in die Zivilisation. Wie blind kann man sein?

    Eine Stunde später ist das Thema gegessen. 25.000 Pesos je Person abdrücken, in sportlichen 20 Minuten rauf und schon ist der Aussichtsground da oben gemacht - und tatsächlich gut. Bilderbuchromantik und so, allerdings nicht lange, denn dann fallen die Kolonnen der Tagestouristen wie die Heuschrecken über den ollen Steinhaufen her. Husch, husch ins Auto und ab ins nahe Dörfchen Guatape und... echt kitschig, schon wieder Bilderbuch.

    Folklore, Farbe und nette Gässchen können die Kolumbianer mindestens so gut wie Lärm, Dreck, Elend und Kriminalität, nur sollte das Land die Prioritäten etwas anders gewichten. Plötzlich stehst Du in einem Kaff, in dem Du Dir gefühlt ohne Gefahr einen 100 Dollar Stein ans Hirn kleben könntest und 70km weiter tobt die traurige Realität.

    Sportskanone Thomas verdreht sich gegen Mittag auf einem Barhocker dummerweise so dermaßen blöd das Knie, dass er wenig später kaum noch laufen kann. Lissy ist als Fahrerin für den Mietwagen nicht eingetragen und hat in einem Anflug geistiger Umnachtung ihren Führerschein in Bavaria zurückgelassen - ergo geht es mit Hinkebein und Standgas mehr schlecht als recht zurück in die Stadt. Dort bekommt das Sorgenkind als Liegepatient Voltaren und eine Kniebandage aus der Farmacia und wird danach den gesamten Abend liebevoll von seiner Ehefrau gepflegt. Von wegen, die hat mich einfach liegenlassen ;)

    Die für den nächsten Tag geplante Escobar/Comuna13 Tour wird freilich trotzdem gebucht. 4 Stunden bergauf/bergab Fußmarsch durch Favela-Kriegsgebiet. Ich such schon mal die Schmerztabletten.
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  • Dag 63

    Keep calm and relax.

    24 februari, Colombia ⋅ ⛅ 21 °C

    Medellin erleben und verlieben. Noch vor 30 Jahren die gefährlichste Stadt der Welt, mittlerweile in großen Teilen befriedet und touristisch akzeptabel erschlossen. Trotzdem bei vielen Touris ein schwarzer Fleck auf der kolumbianischen Landkarte, weil "geht-nicht". Der lange Schatten von Pablo Escobar und zeitweise bis zu 7.000 Mordopfern in den Hochzeiten der 80'er und 90'er Jahre zeigen bis ins Jahr 2024 Nachwirkungen. Sehen wir die Sache daher mal ganz pragmatisch - die Blauen haben ca. 25.000 Mitglieder, bei dem Engagement wäre die Sache in knapp vier Jahren erledigt.

    Hochmotiviert geht es recht früh on Tour. Medellin hat die modernste Metro inkl. Cabelcar-Erweiterungen Südamerikas und die Stammstrecke erschließt uns alle sehenswerten Ziele zum Spottpreis von umgerechnet 85 Cent je einfacher Fahrt. Also Handy in die Hosentasche, Augen auf Wachsamkeitsmodus und mitten hinein in den knapp 3 Millionen Einwohner Moloch, der in real viel, viel wuchtiger und größer wirkt.

    Acht Stunden später hat der Tag einen grünen Haken. Wir leben noch. Keine Heroinspritze steckt im Arm. Alle Wertsachen noch an Mann und Frau. Keine Lebendopfer für illegale Organspenden. Nicht einen Revolver bekommen wir zu Gesicht. Fast schon langweilig.

    Stattdessen Street Life der ehrlichen Art, offene und nette Menschen, für südamerikanische Verhältnisse erstaunlich wenig Müll und Elend und selbst in den Außenbezirken weniger Scum, Polizeipräsenz und unmittelbare Bedrohung, wie eigentlich erwartet und befürchtet. Aber - keine Frage - auch hier alles kein Ponyhof, der erste Eindruck kann sich auch hier extrem schnell ins Gegenteil verkehren.

    Nach einem Abstecher zur längsten Cablecarstrecke der Stadt, Schildkröten, Eichhörnchen und Leguanen im wunderschönen & kostenlosen botanischen Garten, den unvermeidbaren Fernando Botero Skulpturen mit seinen ausladenden Proportionen und einem Fernblick auf die boring Kathedrale verschieben wir die komplette Escobar/Comuna13 Thematik auf einen der nächsten Tage und gönnen uns zum Abendessen aufopferungsvoll einen unfassbaren Berg Hummus mit frisch gebackenem arabischen Brot und die vielleicht schärfsten creolischen Kartoffeln unseres Lebens.

    Auch in dieser Hinsicht überrascht Medellin also uneingeschränkt positiv.
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